Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Nov. 2015 - 5 K 6187/14
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird der Bescheid vom 20. August 2014 über die Festsetzung der Schmutz- und Niederschlagswassergebühren des Jahres 2012 für das Grundstück N.----straße 000 in L. aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Beklagten, gegenüber der Klägerseite für das Jahr 2012 Abwassergebühren in der satzungsmäßig vorgesehenen Höhe und zwar Schmutzwassergebühren in Höhe von 3,64 Euro/m³ und Niederschlagswassergebühren in Höhe von 0,93 Euro/m² zu erheben.
3Die Beklagte kommt ihrer wasserrechtlichen Abwasserbeseitigungspflicht nach, indem sie die erforderlichen Anlagen der Abwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellt (§ 1 Abs. 1 der städtischen Entwässerungssatzung). Das Anlagenvermögen des Entwässerungsnetzes steht im Eigentum der Beklagten. In der Gebührenbedarfsberechnung werden die kalkulatorischen Abschreibungen für diese Anlagen nach dem Anschaffungs-/Herstellungswert bemessen. Dessen kalkulatorische Verzinsung erfolgt auf der Basis des Anschaffungsrestwertes, der um den beitragsfinanzierten Anteil bereinigt ist; im Veranlagungszeitraum erfolgte die Verzinsung nach einem Zinssatz von 7 %.
4Mit der Abwasserbehandlung (Abwasserklärung) hat die Beklagte durch Vertrag vom 15. August 1989, ergänzt durch Vertrag vom 21. Dezember 2005, die F. Entsorgungsgesellschaft L. mbH & Co. KG (F. ) beauftragt. Mit weiterem Ergänzungsvertrag vom 26. September 2008 vereinbarten die Vertragspartner als Entgelt für die Abwasserbehandlung in den Jahren 2010 – 2013, also auch für das hier in Rede stehende Veranlagungsjahr, einen Selbstkostenfestpreis in Höhe von jährlich 30.932.823,11 EUR einschließlich Umsatzsteuer. In dem Preis ist ein „Risiko-/Unternehmerlohn“ von 3,5 % pro Jahr enthalten. Die Abwasserbehandlungsanlagen stehen nicht im Eigentum der Beklagten.
5Seit dem Jahre 1992 ist die T. Stadtwerke L. AG bzw. ist die T. Energie GmbH, die zum 1. Januar 2001 mit dem Aufgabenfeld „Versorgung“ aus der T. Stadtwerke L. AG ausgegliedert worden ist, – für den hier allerdings nicht gegebenen Veranlagungsregelfall – mit der technischen Bescheiderstellung und dem Versand der Gebührenbescheide beauftragt.
6Im Übrigen besorgte die Beklagte die Abwasserbeseitigung bis zum Jahre 2003 über einen städtischen Regiebetrieb.
7Auf der Grundlage der Ratsbeschlüsse vom 12. Dezember 2002 (Vorlage Nummer 0000/02) und vom 17. Juli 2003 (Vorlage Nummer 0000/03) ordnete die Beklagte mit Wirkung zum 1. Januar 2004 die Erfüllung ihrer Entwässerungsaufgabe mit Ausnahme der Abwasserbehandlung neu; die dabei gewählte Organisation der Aufgabenerledigung hatte auch im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum Bestand.
8Im Rahmen der Neuordnung schuf die Beklagte zum einen die „Stadtentwässerung L. “, eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung (im Folgenden verkürzt als Eigenbetrieb bezeichnet). In diesen Eigenbetrieb brachte sie das städtische Entwässerungsanlagevermögen ein. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 der Betriebssatzung der „Stadtentwässerung L. “, die der Rat der Stadt Beklagten in der Ursprungsfassung am 17. Juli 2003 beschlossen hatte und die im Amtsblatt vom 18. Dezember 2003 veröffentlicht worden ist, wird der/die Betriebsleiter/-in vom Rat der Stadt bestellt. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 der im Veranlagungszeitraum geltenden Fassung der Betriebssatzung konnte zum Betriebsleiter nur bestellt werden, wer gleichzeitig Geschäftsführer der T. B. GmbH, L. , ist. Ein entsprechender Betriebsleiter war bestellt. Ansonsten beschäftigte der Eigenbetrieb – bis zu einer erst im Laufe des Jahres 2015 erfolgten Umorganisation – kein eigenes Personal.
9Ferner bedient sich die Beklagte seit der Neuordnung bei der Erfüllung ihrer Entwässerungsaufgabe – wie in § 1 Abs. 1 S. 3 der städtischen Entwässerungssatzung vorgesehen – der privaten T. B. GmbH, die am 20. Dezember 2000 in das Handelsregister eingetragen worden ist. Die T. B. GmbH ist eine 100-%-ige Tochter der Stadtwerke L. AG, deren Anteile wiederum der Beklagten gehören.
10Im Zuge der Neuorganisation schlossen die Beklagte und die T. B. GmbH am 18. Dezember 2003 einen „Betriebsführungsvertrag“ (im folgenden: BFV). In der Präambel zu dem Vertrag stellten die Vertragspartner klar, dass die Stadt die Stadtentwässerung im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben als eigenbetriebsähnliche Einrichtung führe und der Vertrag sich nicht auf die Aufgabe der Abwasserbehandlung bezöge. Des Weiteren war in dem Vertrag unter anderem Folgendes vereinbart:
11Die Stadt überträgt der T. B. GmbH die Betriebsführung der städtischen Abwasseranlagen und sonstigen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung gemäß diesem Vertrag und seinen Anlagen 1 – 3 (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Die T. B. GmbH ist verpflichtet, die Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht im Rahmen der jeweiligen Planungen der Stadt unter Wahrung der Gewässerschutzziele und der Wirtschaftlichkeit der Einrichtung eigenverantwortlich sicherzustellen. Soweit hierfür Entscheidungen der Stadt erforderlich sind, wird die T. B. GmbH alle hierfür erforderlichen Maßnahmen in die Wege leiten (§ 1 Abs. 3 S. 1 und 2 des Vertrages). Die Betriebsführung umfasst die Planung, den Bau und den technischen Betrieb der Anlagen und Einrichtungen sowie die kaufmännische Betriebsführung der Stadtentwässerung L. , die im wesentlichen durch Anl. 2 bestimmt werden (§ 1 Abs. 4 des Vertrages). Die Stadtentwässerung L. ist berechtigt, der T. B. GmbH Anweisungen zur Durchführung des Betriebs zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt L. erforderlich ist (§ 1 Abs. 7 des Vertrages).
12Die T. B. GmbH übernimmt das bisher bei der Stadt beschäftigte Personal nach Maßgabe vertraglicher Vereinbarung zwischen ihr, der Stadt und jedem einzelnen Arbeitnehmer unter Zugrundelegung eines zwischen den Parteien dieses Betriebsführungsvertrages abzuschließenden Personalüberleitungsvertrages (§ 2 Abs. 1 des Vertrages). Neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden von der T. B. GmbH eingestellt (§ 2 Abs. 2 des Vertrages).
13Mit Inkrafttreten dieses Vertrages übernimmt die T. B. GmbH die in der Anl. 1 bezeichneten Abwasseranlagen und Nebeneinrichtungen in dem Zustand, in dem sie sich zu diesem Zeitpunkt befinden, zum Betrieb. Eigentümer dieser Anlagen und Einrichtungen bleibt die Stadtentwässerung L. (§ 3 Abs. 1 des Vertrages). Der Stadtentwässerung zuzurechnendes Umlaufvermögen, insbesondere Vorräte, sowie das bewegliche Anlagevermögen werden nach Maßgabe eines gesonderten Vertrages an die T. B. GmbH zum fortgeschriebenen Buchwert veräußert (§ 3 Abs. 2 des Vertrages).
14Die Stadtentwässerung L. trägt die Kosten des Betriebs der Abwasseranlagen gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages (§ 4 Abs. 1 des Vertrages). Die T. B. GmbH hat die Anlagen unter Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Anforderungen wirtschaftlich und sicher zu führen sowie in einem nachhaltig betriebsfähigen Zustand zu halten (§ 4 Abs. 2 des Vertrages).
15Die sich aus dem Abwasserbeseitigungskonzept ergebenden Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen werden in ihrer zeitlichen Abfolge im Einvernehmen mit der Stadt festgelegt und in den Wirtschaftsplan der Stadtentwässerung L. aufgenommen. Die weitere Planung obliegt der T. B. GmbH (§ 5 Abs. 1 S. 1 und 2 des Vertrages). Neu erstellte Anlagen gehen mit Fertigstellung in das Eigentum der Stadtentwässerung L. über (§ 5 Abs. 7 des Vertrages).
16Die laufende Überwachung, Wartung und Inspektion der Anlagen und Einrichtungen obliegen der T. B. GmbH (§ 6 Abs. 1 des Vertrages).
17Die T. B. GmbH beschafft alle zum Betrieb der Anlagen erforderlichen Hilfs- und Betriebsstoffe, Material (einschließlich Ersatz- und Verschleißteile) und Fremdpersonal für Reparaturen und Instandhaltung sowie Investitionsgüter und Bauleistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Die hierfür entstandenen Kosten werden Bestandteil des Betriebsführungsentgeltes nach § 11 Abs. 1 mit Ausnahme der Kosten für Investitionsgüter und Bauleistungen; diese werden gemäß § 12 abgerechnet (§ 8 Abs. 1 des Vertrages).
18Die Stadt zahlt an die T. B. GmbH eine jährliche Pauschalvergütung auf Selbstkostenbasis, mit der die Leistungen der T. B. GmbH nach diesem Vertrag abgegolten sind (Selbstkostenfestpreis). Das Entgelt umfasst insbesondere auch die von der T. B. GmbH gemäß § 8 Absatz 1 zu beschaffenden Hilfs- und Betriebsstoffe, Material (einschließlich Ersatz- und Verschleißteile) und Fremdpersonal für Reparaturen und Instandhaltung (§ 11 Abs. 1 S. 1 und 2 des Vertrages). Nicht Gegenstand des Betriebsführungsentgelts sind die Aufwendungen, die der T. B. GmbH für die Beschaffung von Bauleistungen und Investitionsgütern Sinne des § 5 entstehen (§ 11 Abs. 2 des Vertrags). Das Entgelt hat den jeweils geltenden preisrechtlichen Vorschriften zu entsprechen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sind dies die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen – VO PR Nr. 30/53 – mit Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten – LSP, Anlage zur VO PR Nr. 30/53. Sollte eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist, so gilt das preisrechtlich höchstzulässige Entgelt als vereinbart (§ 11 Abs. 3 S. 1 und 2 des Vertrages). Zu den Entgelten tritt die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe hinzu (§ 11 Abs. 4 des Vertrages). Das Entgelt gemäß Abs. 1 beträgt für das Wirtschaftsjahr 2004 5.900.000,- Euro (§ 11 Abs. 5 des Vertrages). Das Entgelt nach Abs. 1 wird jährlich zum 01. Januar nach Maßgabe der Preisgleitklausel gemäß Anl. 3 angepasst. Bei wesentlichen Änderungen der Kostenstruktur oder wesentlichen Abweichungen der tatsächlichen Kostenentwicklung von der Entwicklung der gewählten Parameter werden die Vertragspartner eine Anpassung der Preisgleitklausel vereinbaren, um das bei Festlegung der Klausel vorausgesetzte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen (§ 11 Abs. 6 S. 1 und 2 des Vertrages). Außerhalb der Preisanpassung nach Abs. 6 erfolgt eine Anpassung des Entgelts gemäß Abs. 1 ausschließlich wegen neuer oder nachweislich höherer Betriebskosten aufgrund von Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen oder behördlichen Auflagen oder aufgrund von Wünschen oder Weisungen der Stadtentwässerung L. , durch die der vertragliche Leistungsumfang erweitert wird (§ 11 Abs. 7 S. 1 des Vertrages). Die ausschließliche Veränderbarkeit der Festpreisvereinbarung gemäß Abs. 1 über die Preisgleitklausel nach Anl. 3 gilt nicht, wenn Ersatzbeschaffungen für solche beweglichen Anlagegüter vorgenommen werden müssen, die beim Erwerb durch die T. B. GmbH im Rahmen des Kaufvertrages vom heutigen Tage auf einen Erinnerungswert abgeschrieben waren und deswegen keine kalkulatorischen Kosten auslösten. Das Betriebsführungsentgelt wird in Höhe der kalkulatorischen Abschreibungen unter Berücksichtigung einer 6,5-%-igen kalkulatorischen Verzinsung für diese beweglichen Anlagegüter einschließlich eines Zuschlags für das allgemeine Unternehmerwagnis in Höhe von 3 % auf die vorgenannten kalkulatorischen Kosten erhöht. Abs. 4 gilt entsprechend (§ 11 Abs. 9 S. 1 - 3 des Vertrages).
19Für Bauleistungen und Investitionsgüter gemäß § 11 Abs. 2, die unmittelbar in das Eigentum der Stadt übergehen, zahlt die Stadt an die T. B. GmbH einen Kaufpreis in Höhe der nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzüglich eines Managemententgelts in Höhe von 2 % und eines Zuschlags für das allgemeine Unternehmerwagnis in Höhe von 1 %. Hinzu tritt die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe (§ 12 Abs. 1 S. 1 und 2 des Vertrages).
20Auf das pauschale jährliche Entgelt gemäß § 11 Abs. 1 leistet die Stadt an die T. B. GmbH monatlich bis zum 3. Werktag jedes Monats Abschlagszahlungen in Höhe von 1/12 des vereinbarten jährlichen Entgelts (§ 13 Abs. 1 des Vertrages).
21Der Vertrag tritt zum 1.1.2004 in Kraft und ist mit einer Frist von 24 Monaten jährlich kündbar, erstmals jedoch zum 31.12.2010 (§ 16 Abs. 1 des Vertrages).
22In Umsetzung des Vertrages bereitete die T. B. GmbH u.a. den aktuellen Generalentwässerungsplan und die aktuelle (5.) Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes (2012-2017) vor. Wie die Beklagte in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015 zu I. A. a. – c. dargelegt hat, wurden die der Beschlussfassung über Generalentwässerungsplan und das Abwasserbeseitigungskonzept durch den Rat je zu Grunde liegenden, von der T. B. GmbH vorbereiteten Vorlagen durch die Betriebsleitung des Abwasserbetriebes, den Kämmerer, den zuständigen Beigeordneten und den Oberbürgermeister der Beklagten vor der Zuleitung an den Rat geprüft. In einem entsprechenden Verfahren (Vorbereitung durch die T. B. GmbH, Prüfung durch die o.g. Personen, Beschlussfassung durch den Rat) wird auf der Grundlage des Wirtschaftsplanes der Stadtentwässerung L. über die Frage, welche Baumaßnahmen an der öffentlichen Entwässerungseinrichtung durchgeführt werden sollen, entschieden.
23Gemäß Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015 zu I. A. d. – e. nahm die Beklagte die ihr nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BFV zustehenden Kontrollrechte in den Jahren 2012 und 2013 nicht in Anspruch. Mit Blick auf die Kontrollrechte nach § 9 Abs. 3 BFV wurden die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Stadtentwässerung L. in den Jahren 2012 und 2013 durch eine Beratungsgesellschaft geprüft; eigene technische Kontrollen der Anlagen führte die Beklagte nicht durch. Auch führte sie keine einzelnen Kontrollen der Erfüllung der (Betriebsführungs-)Pflichten der T. B. GmbH im Sinne des § 4 BFV durch.
24In Umsetzung des Vertrages übernahm die T. B. GmbH das bisher in der Stadtentwässerung eingesetzte bewegliche Anlagevermögen von der Beklagten zu den Buchwerten. Des Weiteren wurden die bisher im Bereich „Kanal“ des städtischen Tiefbauamtes bzw. im Regiebetrieb „Stadtentwässerung“ tätigen Beamten (vorgesehen waren 8 Beamte) der T. B. GmbH zugewiesen; die dort tariflich Beschäftigten (vorgesehen waren 52 Beschäftigte) wurden auf die Auftragnehmerin übergeleitet.
25Wie die Beklagte in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015 zu I. C. a. dargelegt hat, wurden die im Zusammenhang mit der Entwässerung stehenden hoheitlichen Aufgaben weiterhin in erster Linie von den zugewiesenen Beamten und vereinzelt auch von übergeleiteten Beschäftigten ausgeführt. Dabei handelte es sich vor allem um den von diesen Mitarbeitern verantworteten Erlass von Bescheiden zur Gebührenerhebung und zur Kostenerstattung nach § 10 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG), den Erlass von Entwässerungsgenehmigungen und von Bescheiden im Zusammenhang mit dem Anschluss an die Entwässerungsanlage und deren Benutzung. Die Kosten auch dieser Tätigkeiten sind in das Betriebsführungsentgelt eingeflossen. Wie die Beklagte in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015 zu I. C. b. dargelegt hat, belief sich der Kostenanteil an dem Basis-Betriebsführungsentgelt nach § 11 Abs. 5 BFV von 5.900.000.- Euro netto, der auf diese hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf insgesamt 666.000,- Euro netto bzw. 772.600.- Euro brutto (anteilig entfallend auf die Positionen: Personalaufwand, Sachaufwand, sonstige betriebliche Aufwendungen, „Overhead“, Gewerbesteuer, Wagnis und Umsatzsteuer im Bruttopreis).
26Insgesamt ist in die Gebührenkalkulation für das Jahr 2012 ein Betriebsführungsentgelt der T. B. GmbH in Höhe von 9.065.851,88 Euro eingeflossen, dass sich aus den Kosten nach § 11 Abs. 5, 6, 7 und 9 BFV zzgl. 19 % Umsatzsteuer zusammensetzt.
27Dabei ist das Basis-Betriebsführungsentgelt nach § 11 Abs. 5 BFV von 5.900.000.- Euro zuzüglich der im Veranlagungsjahr vorgeschriebenen Umsatzsteuer (d.s. bei einem Umsatzsteuersatz im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum von 19 % = 7.021.000,- Euro) ab dem Jahre 2005 nach der Preisgleitklausel in § 11 Abs. 6 BFV fortentwickelt worden. Bis zum Jahre 2012 führte die Preisgleitung zu einer Erhöhung des Betriebsführungsentgeltes nach § 11 Abs. 5 und 6 BFV auf 8.688.482,20 Euro brutto (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 2. März 2015 in dem Verfahren 5 K 5707/14, Bl. 223, oder die Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015 zu I. E.c. - dort ist der Nettobetrag ohne 19 % Umsatzsteuer genannt).
28Preisanpassungen, die auf der Grundlage des § 11 Abs. 7 oder des § 11 Abs. 9 BFV erfolgten, sind demgegenüber bislang keiner Preisgleitung unterworfen worden.
29Von der Preisanpassungsregel in § 11 Abs. 7 BFV ist erstmals für das Betriebsführungsentgelt des Jahres 2012 Gebrauch gemacht worden. Grundlage der Preiserhöhung war ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen, wonach auch nicht leitungsgebundene Ableitungen von Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage eine Gebührenpflicht auslösen können. In Auswertung dieses Beschlusses weitete die Beklagte den Gebührentatbestand in ihrer Abwassergebührensatzung entsprechend aus. Damit war auch eine Ausweitung der Betriebsführungsleistungen verbunden, die insbesondere in der Feststellung der betroffenen weiteren Ableitungsflächen besteht. Für die Erbringung dieser zusätzlichen Leistung hat die T. B. GmbH für das Jahr 2012 Kosten in Höhe von insgesamt 104.702,12 Euro netto bzw. 124.595,52 EUR brutto vorkalkuliert, die in dieser Höhe in die Gebührenkalkulation eingeflossen sind. Grundlage dieser Kalkulation waren für das Jahr 2012 erwartete Personalkosten wegen zweier für die Erbringung der neuen Leistung zusätzlich geschaffener Stellen (rund 91.600,- Euro netto), notwendige Arbeitsplatzkosten für die beiden neuen Arbeitnehmer (rund 8.600.- Euro netto) und Kraftfahrzeugkosten wegen der zusätzlichen Außendiensttätigkeit (rund 4.500,- Euro netto). Ein allgemeiner Wagniszuschlag wurde für diese Leistung nicht kalkuliert. Weitere Erhöhungen des Betriebsführungsentgeltes nach § 11 Abs. 7 BFV hat es seit Vertragsbeginn nicht gegeben. Dies findet nach den Angaben der Beklagten seinen Grund darin, dass der quantitative Umfang der Abwasserbeseitigungsanlagen sich seither auf einem nahezu konstanten Niveau befindet, da Erweiterungen der Anlage auch Abgänge gegenüber stünden. In den Jahren 2012 und 2013 sind die hier in Rede stehenden Leistungen nach Angaben der Beklagten auf der Grundlage eines Selbstkostenerstattungspreises abgerechnet worden (vgl. zum Vorstehenden die Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 1. Juli 2015 zu I. E.).
30Für jede Ersatzbeschaffung nach § 11 Abs. 9 BFV wird nach Angaben der Beklagten für das Jahr der Anschaffung das Entgelt gemäß § 11 Abs. 9 BFV vorkalkuliert; die sich nach Maßgabe der tatsächlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten ergebenden Kosten werden bei der Weiterführung über die Vertragslaufzeit wie ein Festpreis behandelt. In die Gebührenkalkulation für das Jahr 2012 sind Kosten nach § 11 Abs. 9 BFV in Höhe von 212.415,26 Euro netto oder 252.774,15 Euro brutto eingeflossen (vgl. zum Vorstehenden die Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 1. Juli 2015 zu I. E.).
31Infolge der Überleitung des Personals des Tiefbauamtes bzw. des Regiebetriebes auf die T. B. GmbH hatte die Beklagte in der Vergangenheit Abwassergebühren erhoben, indem sie Heranziehungsbescheide durch Mitarbeiter hatte verantworten lassen, die rechtlich bei der T. B. GmbH beschäftigt, d.h. dieser zugewiesen waren. Diese Art der Abgabenerhebung war rechtswidrig, weil Abgabenbescheide nicht durch Private erlassen werden können, wie das erkennende Gericht in einem Klageverfahren über einen Kostenersatzbescheid nach § 10 KAG festgestellt hatte (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2014 – 5 K 2034/13 –).
32Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 20. August 2014, der demgegenüber von einem städtischen Mitarbeiter, Herrn N1. , unterzeichnet worden ist, zog die Beklagte die Klägerseite wegen des im Tenor genannten Grundstückes zu den Schmutzwassergebühren und zu den Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2012 nach Maßgabe der o.g. Gebührensätze heran.
33Am 22. September 2014 hat die Klägerseite Klage gegen diesen Bescheid erhoben. Zur Begründung hat die Klägerseite bzw. haben die Kläger paralleler Verfahren sinngemäß Folgendes ausgeführt:
34Der Heranziehungsbescheid sei formell rechtswidrig. Denn er sei nach wie vor der T. B. GmbH und nicht der Beklagten zuzurechnen. Der Beklagten fehle eigenes städtisches Fachpersonal für die Abwassergebührenverwaltung.
35Abgesehen davon sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig.
36Die in der städtischen Abwassergebührensatzung für die Entwässerungsleistungen festgesetzten Gebührensätze seien fehlerhaft. Die Gebührenkalkulation sei von Mitarbeitern durchgeführt worden, die bei der T. B. GmbH beschäftigt seien und deren Weisungsrecht unterlägen; die Zuweisung der Beamten an die T. B. GmbH sei rechtswidrig gewesen. Die Beklagte habe weder ein Interesse daran noch mangels einschlägig tätigen Personals die Kompetenz dazu, die durch die T. B. GmbH aufgestellte Gebührenkalkulation zu prüfen. Die Gebührensätze seien zudem fehlerhaft kalkuliert; sie verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Folgende Kosten seien überhöht angesetzt:
37a . Zum Betriebsführungsentgelt der T. B. GmbH:
38Das Betriebsführungsentgelt sei in rechtswidriger Weise in die Kalkulation eingestellt worden.
39Der Betriebsführungsvertrag mit der T. B. GmbH sei unwirksam. Die seinerzeit noch nicht angemeldete T. B. GmbH habe mit dem seinerzeit noch nicht genehmigten Eigenbetrieb keinen wirksamen Vertrag schließen können. Die Beklagte habe den Betriebsführungsvertrag mit der T. B. GmbH ohne vorherige europaweite öffentliche Ausschreibung abgeschlossen. Eine Preisprüfung sei nicht erfolgt. Ohne Ausschreibung und Preisprüfung hätte kein wirksamer Vertrag geschlossen werden können.
40Die Kosten der privaten Betriebsführung seien wegen des privatisierungsbedingten Mehraufwandes (z.B. wegen der Umsatzsteuerpflicht, der Gewerbesteuerpflicht, des Unternehmerwagniszuschlags) nicht erforderlich. Die Behauptung, dass durch die private Betriebsführung im Vergleich zur Führung des Betriebes in öffentlicher Regie Kosten eingespart würden, habe sich bislang nicht als zutreffend erkennen lassen.
41Das mit der T. B. GmbH vereinbarte Betriebsführungsentgelt verstoße gegen preisrechtliche Vorschriften.
42Nicht ansatzfähig seien vor allem die im Betriebsführungsentgelt enthaltenen Personalkosten, die auf die städtischen Beamten entfielen, die die Beklagte der T. B. GmbH als Mitarbeiter zugewiesen habe und die dort durch den Erlass von Gebührenbescheiden rechtswidrige Tätigkeiten ausgeübt hätten. Entsprechendes gelte für Personalkosten wegen sonstiger hoheitlicher Tätigkeiten, die die T. B. GmbH als Private nicht ausüben dürfe.
43Die eigenbetriebsähnliche Einrichtung habe kein eigenes Personal. Die Betriebsleiterin, die zugleich Geschäftsführerin der T. B. GmbH sei, sei nicht befugt, hoheitlich zu handeln.
44Angesichts des geringen Risikos der T. B. GmbH, die sich auch in der vertraglichen Risikoverteilung zwischen den Vertragspartnern niederschlage, sei ein Unternehmerwagnis in Höhe von 3 %, das in den Selbstkostenfestpreis einkalkuliert ist, zu hoch angesetzt. Diese Bedenken gälten erst recht für den Unternehmerwagniszuschlag gemäß § 11 Abs. 9 S. 2 des Betriebsführungsvertrages.
45Die vereinbarte Preisgleitklausel sei rechtswidrig.
46Der dreiprozentige Zuschlag auf das Entgelt für Investitionen nach § 12 Betriebsführungsvertrag sei überhöht. Außerdem bestehe der Verdacht einer Doppelvergütung. Die bei der Herstellung und Anschaffung der dort genannten Güter ausgeübten Tätigkeiten der T. B. GmbH dürften bereits mit dem Betriebsführungsentgelt abgegolten sein, welches auf der Basis der Selbstkosten des ehemaligen Regiebetriebes festgesetzt sein solle.
47Gewinne, die die Beklagte aus der Beteiligung an der T. B. GmbH selbst ziehe und die aus der Entwässerungsbetriebsführung herrührten, seien in der Kalkulation insoweit gebührenmindernd anzurechnen.
48b . Zu den sonstigen Kostenpositionen:
49aa. Es habe kein Unterdeckungsausgleich stattgefunden.
50bb. Die Kosten für die Erstellung und Versendung von Gebührenbescheiden durch die T. Energie GmbH, die unter die „übrigen Aufwendungen“ der Gebührenkalkulation fielen, seien bedenklich, da der Bescheiderlass hoheitliche Tätigkeit sei. Zudem bestehe die Gefahr, dass diese Kosten auch im Betriebsführungsentgelt enthalten seien und damit doppelt berücksichtigt würden.
51cc. Es sei nicht erkennbar, dass die Kosten der Entwässerung der öffentlichen Verkehrsflächen ordnungsgemäß von den Kosten der Grundstücksentwässerung getrennt seien, die allein den Gebührenzahlern angelastet werden könnten.
52dd. Die angesetzten kalkulatorischen Kosten seien aus folgenden Gründen überhöht:
53- Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert dürften nicht mit kalkulatorischen Zinsen zum Nominalzins verbunden werden;
54- der Zinsnutzen des Rückflusskapitals sei gebührenmindernd zu berücksichtigen;
55- die kalkulatorische Verzinsung sei zu einem überhöhten Zinssatz erfolgt;
56- sich (aus dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten) ergebende Bilanzgewinne dürften nicht zulasten der Gebührenzahler gebührenwirksam kalkuliert werden;
57- Zinsaufwendungen seien mit vorhandenen Rückstellungen zu verrechnen;
58- Bilanzgewinne dürften nicht zur Sanierung des allgemeinen städtischen Haushalts verwandt werden;
59- die kalkulatorischen Kosten seien von der Beklagten haushaltsrechtlich fehlerhaft behandelt worden.
60Im Laufe des Verfahrens hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als er auch gegen den Kläger zu 2. gerichtet war. Insoweit haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
61Soweit das Verfahren danach noch anhängig ist, beantragt die Klägerseite,
62den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2014 aufzuheben.
63Die Beklagte beantragt,
64die Klage abzuweisen.
65Sie tritt der Klagebegründung unter Bezugnahme auf ihren Bescheid entgegen und führt ergänzend aus:
66Aufgrund der Beanstandungen, die das erkennende Gericht gegenüber der bisherigen Praxis bei dem Erlass von Abwassergebührenbescheiden unter Einbeziehung der T. B. GmbH geltend gemacht habe, solle der Bescheiderlass künftig neu organisiert werden. Im Rahmen einer Interimslösung würden gemäß Anordnung des Oberbürgermeisters in den Fällen, in denen die bisherigen Veranlagungen von dem erkennenden Gericht für rechtswidrig erklärt bzw. die Beklagte die bisherigen Veranlagungen aufgehoben habe, Abgabenbescheide wie folgt erstellt:
67Der Gebührenbescheid werde in einem ersten Schritt durch den unselbstständigen Verwaltungshelfer, die T. B. GmbH, der die Grundlagendaten (Wassermengen und Zählerstände) vorlägen und die sie zusammen trage, manuell vorbereitet. In einem zweiten Schritt werde der vorbereitete Bescheid an den städtischen Fachbereich Umwelt weitergeleitet und dort formal und inhaltlich geprüft. In einem dritten Schritt werde der Gebührenbescheid bei dem städtischen Fachbereich 00 (zentraler Finanzservice und Liegenschaften) nochmals geprüft und von dem Fachbereichsleiter, Herrn N1. , unterschrieben und versandt.
68Diese Handhabung resultiere aus der Organisationshoheit des Oberbürgermeisters der Beklagten. Sie sei in vorliegendem Fall angewandt worden und stelle sicher, dass der streitgegenständliche Bescheid durch einen weisungsgebundenen Mitarbeiter der Beklagten erlassen worden sei.
69Das vereinbarte Betriebsführungsentgelt sei in der Gebührenkalkulation als Fremdleistungsentgelt ansatzfähig.
70Entgegen der klägerseits vertretenen Auffassung sei der Betriebsführungsvertrag nicht nichtig. Die T. B. GmbH sei bereits im Jahr 2000 in das Handelsregister eingetragen worden und die Anzeige der Eigenbetriebsgründung sei gegenüber der Bezirksregierung Düsseldorf am 18. Juli 2003 erfolgt. Zwar habe keine europaweite Ausschreibung des Betriebsführungsauftrages stattgefunden, dies führe aber nicht zur Nichtigkeit des Vertrages.
71Der im Jahre 2003 getroffenen Entscheidung, die bisherige Führung der Entwässerungseinrichtung durch einen stadteigenen Regiebetrieb aufzugeben und einen privaten Betriebsführer zu beauftragen, habe ein Wirtschaftlichkeitsvergleich über einen Zeitraum von 20 Jahren zu Grunde gelegen. Dieser Vergleich habe gezeigt, dass die Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung durch eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung in Verbindung mit der Beauftragung der T. B. GmbH als Verwaltungshelfer auf Dauer wirtschaftlicher durchzuführen wäre als dies bei Beibehaltung des bestehenden Regiebetriebes möglich sei. Der Wirtschaftlichkeitsvergleich sei auf der Grundlage des im Betriebsführungsvertrag vereinbarten Betriebsführungsentgeltes erfolgt. Bei dem Betriebsführungsentgelt handle es sich um einen Selbstkostenfestpreis, der den preisrechtlichen Vorgaben der VO PR Nr. 30/53 entspreche. Grundlage der von zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften begleiteten Vorkalkulation des Betriebsführungsentgeltes seien die betriebswirtschaftlichen Unterlagen und Nachweise des Regiebetriebs der Beklagten gewesen, der bislang für die Stadtentwässerung zuständig gewesen sei. Der Ansatz eines 3-%-igen Unternehmerwagnisses auf den Selbstkostenfestpreis sei angesichts der Vertragslaufzeit angemessen. Das Betriebsführungsentgelt werde gemäß § 11 Abs. 1 des Betriebsführungsvertrages jährlich zum 1. Januar nach Maßgabe der Preisgleitklausel gemäß Anl. 3 des Vertrages angepasst. Die gewählte Preisgleitklausel sei keinen Bedenken ausgesetzt. Sie berücksichtige durch die Gewichtung der herangezogenen Indices (Bundesmanteltarif für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe bzw. den Index der Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise) in den Veröffentlichungen des statistischen Bundesamtes Wiesbaden) zu je 50 % die Veränderung der Personalkosten und die Veränderung der Kosten für Reparatur und Instandhaltung angemessen. Bisher sei von der Anpassungsklausel in § 11 Abs. 6 Satz 2 des Betriebsführungsvertrages kein Gebrauch gemacht worden.
72Von dem für das Jahr 2012 kalkulierten Betriebsführungsentgelt in Höhe von insgesamt 9.065.851,88 Euro einschließlich Umsatzsteuer sei lediglich der Selbstkostenfestpreis nach § 11 Abs. 5 BFV nach der Preisgleitklausel fortentwickelt worden. Die übrigen Steigerungen des Betriebsführungsentgeltes beruhten auf Preisen nach § 11 Abs. 7 bzw. Abs. 9 des Betriebsführungsvertrages, die keiner Preisgleitung unterzogen worden seien.
73Bei der Bewertung der Preissteigerung seit dem Jahr 2004 sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Umsatzsteuersatz für Leistungen der hier in Rede stehenden Art zum 1. Januar 2007 von 16 % auf 19 % erhöht habe.
74Die Personalkosten der der T. B. GmbH zugewiesen Beamten und der dorthin übergeleiteten tariflich Beschäftigten, die auch die im Zusammenhang mit der Entwässerung stehenden hoheitlichen Aufgaben ausführen sollten, seien in das Betriebsführungsentgelt eingeflossen. Zu der klägerseits beanstandeten Doppelberechnung von Personalkosten sei es nicht gekommen. Die Kosten für die Datenerhebung, die Gebührenkalkulation und die Bescheiderstellung seien nur einmal in die Gebührenkalkulation eingeflossen. Unerheblich sei, wer diese Tätigkeiten durchgeführt habe, entscheidend sei deren Ansatzfähigkeit in der Gebührenkalkulation. Die Kosten der Interimslösung seien nicht in die Gebührenkalkulation eingegangen.
75Die Klägerseite gehe unzutreffenderweise davon aus, dass die Beklagte Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vornehme. Dies sei aber nicht der Fall; sie schreibe nach dem Anschaffungs(-rest-)wert ab. Handelsrechtliche Gewinne seien von keiner Bedeutung für die Gebührenkalkulation. Die kalkulatorischen Zinsen seien nach einem Zinssatz von 7 % berechnet worden.
76Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
77Entscheidungsgründe:
78Nachdem die Beteiligten das Verfahren für teilweise in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war es in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO insoweit einzustellen, als es ursprünglich auch die – im Laufe des Verfahrens durch die Beklagte aufgehobene – Abgabenfestsetzung gegenüber dem Kläger zu 2.) betraf.
79Soweit danach die Klage im Umfang der Gebührenfestsetzung gegenüber der Klägerin zu 1. noch anhängig ist, ist die zulässige Klage begründet.
80Der angefochtene Bescheid ist entgegen der klägerseitig vertretenen Auffassung zwar formell rechtmäßig (A.), er ist aber materiell rechtswidrig und verletzt die Klägerseite in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt sowohl für die Veranlagung zu den Schmutzwassergebühren (B.) als auch für die Heranziehung zu den Niederschlagswassergebühren (C.).
81A.
82(Zur formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides)
83Der angefochtene Bescheid begegnet keinen durchgreifenden formellen Bedenken. Entgegen der klägerseitig vertretenen Auffassung ist er von dem Oberbürgermeister der Beklagten als der für die Erhebung der Abwassergebühren zuständigen Behörde erlassen worden.
84Berechtigt zur Erhebung der Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwassereinrichtung ist gemäß § 1 Abs. 1 und § 6 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) die beklagte Gemeinde, die die öffentlichen Abwasseranlagen betreibt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der städtischen Entwässerungssatzung).
85Der Veranlagungsbescheid ist nach den hier gegebenen besonderen Erlassumständen, die allerdings im Zusammenspiel zwischen Beklagter und T. B. GmbH bei dem Erlass von Gebührenbescheiden bislang im Regelfall so nicht praktiziert wurden, kein nichtiger „Scheinverwaltungsakt“, sondern ein dem Oberbürgermeister der Beklagten als deren allgemeiner Behörde (§ 41 Abs. 3 Gemeindeordnung (GO)) zurechenbarer wirksamer Verwaltungsakt, der auch nicht mit Blick auf den Umfang der Mitwirkung der privaten T. B. GmbH bei seinem Erlass (formell) rechtswidrig ist.
86Bei der Mitwirkung Privater an der Erstellung von Abgabenbescheiden kann es sich – sofern diese Mitwirkung gewisse rechtliche Grenzen nicht überschreitet – um eine grundsätzlich zulässige Verwaltungshilfe handeln.
87Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 31. Dezember 2013 - 9 E 1060/12 -; veröffentlicht u.a. in juris und nrwe, s. dort Rdnrn. 16 ff.
88Werden die Grenzen der zulässigen Verwaltungshilfe überschritten, was der Fall ist, wenn die abgabenerhebende Behörde den (konkreten) Inhalt des Abgabenbescheids nicht kennt und ihn vor seinem Erlass nicht auf seine Richtigkeit hin überprüft hat, sie also intern keine eigene konkrete Erlassentscheidung getroffen hat, sondern diese Entscheidung auf der Grundlage allgemeiner Vorgaben dem Privaten überlässt,
89vgl. in diesem Sinne wohl: BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, s. a. juris, dort insbesondere Rdnr. 9,
90ist nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern unter Umständen sogar die Wirksamkeit der Gebührenfestsetzung Zweifeln ausgesetzt.
91Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 31. Dezember 2013 - 9 E 1060/12 -; veröffentlicht u.a. in juris und nrwe, s. dort Rdnrn. 16 ff.
92Sollte ein beauftragter Privater die (konkrete) Erlassentscheidung intern nach Maßgabe allgemeiner Vorgaben der Behörde getroffen haben, so ist dies für die Wirksamkeit des Abgabenbescheides allerdings unschädlich, wenn der Veranlagungsbescheid nach außen die abgabenerhebende Behörde als Entscheidungsträger ausweist. Wurde ein solcher Bescheid durch den Privaten auf Veranlassung der Behörde erlassen, ist er wirksam, weil der Erlass ihr zurechenbar erfolgte. Der auf der konkreten Erlassentscheidung des Privaten beruhende Abgabenbescheid ist aber rechtswidrig, es sei denn, dass das maßgebliche Landesrecht diese Form des Erlasses durch einen Privaten zuließe.
93Vgl. in diesem Sinne: OVG NRW a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245.
94Mangels gesetzlicher Grundlage ist ein Privater in Nordrhein-Westfalen aber nicht als "Beliehener" zum Erlass von Kommunalabgabenbescheiden befugt.
95Vgl. OVG NRW a.a.O.
96Wird der „Bescheid“ von dem Privaten, wenngleich ggf. auch auf Anweisung der Behörde, erlassen und tritt nach außen der Private als Entscheidungsträger in Erscheinung, handelt sich um einen sog. Scheinverwaltungsakt,
97vgl. OVG NRW a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 30. August 2006 - 10 B 38.06 -juris,Rn. 6,
98der nicht in Bestandskraft erwachsen und auch nicht Grundlage einer Verwaltungsvollstreckung sein kann.
99Vgl. OVG NRW a.a.O.
100Denn Verwaltungsaktqualität kann nach der Begriffsbestimmung in § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG in Verbindung mit § 118 AO nur eine Maßnahme haben, deren Entscheidungsträger nach außen erkennbar eine Behörde ist.
101Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Bescheid liegt kein bloßer Scheinverwaltungsakt vor, weil der Veranlagungsbescheid nach außen die abgabenerhebende Behörde, d.i. der Oberbürgermeister der Beklagten, als Entscheidungsträger und Zurechnungssubjekt des Abgabenerhebungsbescheides hinreichend deutlich ausweist. Im Kopf des Abwassergebührenbescheides ist der Oberbürgermeister der Beklagten benannt. Daher ist das Schreiben verständigerweise nur dem Oberbürgermeister und der Beklagten als seinem Rechtsträger zuzurechnen und nicht der T. B. GmbH, die in dem Bescheid an keiner Stelle explizit erwähnt ist. Ob sie tatsächlich als Zahlstelle fungiert, ist für die Frage, wem der Erlass des Bescheides zuzurechnen ist, unerheblich.
102Die Mitwirkung der T. B. GmbH bei dem Erlass des streitgegenständlichen - der abgabenerhebenden Behörde als Entscheidungsträger zurechenbaren und daher wirksamen - Bescheides hielt sich aber auch in den Grenzen zulässiger Verwaltungshilfe in dem oben genannten Sinne. Denn der Oberbürgermeister der Beklagten als abgabenerhebender Behörde, d.h. die von ihm mit dieser Aufgabe betrauten städtischen Amtswalter kannten den Inhalt des angefochtenen Abgabenbescheids, hatten ihn vor seinem Erlass auf seine Richtigkeit hin überprüft und wollten ihn auch mit diesem Inhalt gegenüber der Klägerseite selbst erlassen. Die Mitwirkung der T. B. GmbH bei dem Erlass beschränkte sich hier auf tatsächliche Vorbereitungsmaßnahmen ohne regelnde Außenwirkung, d.h. auf den Verwaltungsinnenbereich, in dem sie bloße Hilfsleistungen gegenüber der Verwaltung erbringt.
103Diese Einschätzung beruht auf den Darlegungen der Beklagten zum Ablauf des Erlasses des angefochtenen Bescheides.
104Auf der Grundlage einer entsprechenden Organisationsanordnung des Oberbürgermeisters der Beklagten, die im vorliegenden Veranlagungsfall angewandt wurde, wurde der angefochtene Abgabenbescheid wie folgt erstellt:
105In einem ersten Schritt wurde der Gebührenbescheid durch die T. B. GmbH manuell vorbereitet. Das bedeutet, die T. B. GmbH trug die ihr vorliegenden bzw. ihr bekannten erhebungsrelevanten Grundlagendaten/Tatsachen zusammen – d.s. grundstücksbezogene gebührenmaßstabgebende Wassermengen bzw. Flächen im Veranlagungszeitraum, Gebührensätze, Abgabeschuldner – und wertete sie aus, indem sie sie in einen „Bescheidentwurf“ umsetzte. Dabei handelte es sich um einen bloßen „Entwurf“, weil die so vorbereitete „Unterlage“ in einem zweiten Schritt an den städtischen Fachbereich Umwelt weitergeleitet und dort formal und inhaltlich geprüft und in einem dritten Schritt bei dem städtischen Fachbereich 00 (zentraler Finanzservice und Liegenschaften) nochmals geprüft und erst danach von dem Leiter dieses Fachbereichs, Herrn N1. , unterschrieben und versandt wurde. Bei dieser Verfahrensweise beschränkte sich die Mitwirkung der T. B. GmbH bei der Erstellung des Bescheides auf interne, rechtlich unverbindliche Vorarbeiten und damit auf bloße Verwaltungshilfe. Denn die Prüfung und Entscheidung, ob ein Veranlagungsbescheid des streitgegenständlichen Inhaltes gegenüber der Klägerseite erlassen, d.h. die Abgabe ihr gegenüber in der streitigen Höhe in rechtsverbindlicher Weise festgesetzt werden sollte, lag allein bei den eigenen weisungsgebundenen Amtswaltern/Bediensteten der Beklagten in den Fachbereichen „Umwelt“ und „Zentraler Finanzservice und Liegenschaften“ und damit in der Hand des Oberbürgermeisters der Beklagten und nicht länger in der Hand der privaten T. B. GmbH, d.h. der ihr zugewiesenen und ihren Weisungen unterliegenden Mitarbeiter.
106An der Feststellung, dass der Oberbürgermeister als abgabenerhebende Behörde der Beklagten bei dem Erlass des Abgabenbescheides „das Heft in der Hand gehabt hat“, änderte es nichts, wenn sich dessen Bedienstete bei der Prüfung des „Bescheidentwurfes“ der T. B. GmbH auf deren dortige Angaben zu den erhebungsrelevanten Grundlagendaten, soweit sie sich nicht – wie der anzuwendende Gebührensatz – ohnehin unmittelbar aus der Gebührensatzung ergeben, „verlassen“ hätten. Denn bei der Ermittlung dieser Daten/Tatsachen bedient sich die Beklagte der Hilfe der T. B. GmbH, die sie sich durch den Betriebsführungsvertrag gesichert hat. Dies ist insoweit nicht zu beanstanden, da es sich dabei um bloße Hilfstätigkeiten bei der Ermittlung erhebungsrelevanter Tatsachen handelt und die T. B. GmbH einschlägig sachkundig ist, da sich ihr Personal i.W. aus den Mitarbeitern des früheren (Entwässerungs-)Regiebetriebes der Beklagten rekrutiert.
107Im Übrigen ist es für die Beantwortung der hier in Rede stehenden (formalen) Frage, ob „der Zuständige“ den Bescheid – dessen konkreten Regelungsgehalt kennend und wollend selbst – erlassen hat, unerheblich, ob der von dem Zuständigen mit diesem Inhalt erlassene Bescheid auch materiell rechtmäßig ist. Letztere Frage umfasst hier die Gesichtspunkte des Umfangs der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung nach Maßgabe der verwirklichten Maßstabseinheiten, der Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und der Gebührenschuldnerschaft der Klägerseite. Die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides bleibt unabhängig von der Frage zu prüfen, ob der rechtlich Befugte (= Zuständige) den Bescheid erlassen hat.
108Der nach allem formell rechtmäßige Bescheid ist aber materiell rechtswidrig.
109B.
110(Zur Schmutzwassergebühr)
111Die Festsetzung der Schmutzwassergebühr ist materiell rechtswidrig.
112Als Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu den Abwassergebühren für das Jahr 2012 kommen zwar §§ 1, 2, 4 und 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit den Bestimmungen der „Satzung der Stadt L. über die Erhebung von Abwassergebühren (Abwassergebührensatzung)“ vom 11. Dezember 2003 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 06. Dezember 2011 (EGS) in Betracht. Die Beklagte darf für die von ihr gebotene Entwässerungsleistung grundsätzlich auch Benutzungsgebühren im Sinne des § 6 KAG erheben. Zur Zeit fehlt es ihr aber für das Jahr 2012 an einer wirksamen Satzungsregelung über den Schmutzwasser-Gebührensatz, die nach § 2 Abs. 1 KAG für eine rechtmäßige Veranlagung erforderlich wäre. Der in der „Satzung der Stadt L. über die Erhebung von Abwassergebühren (Abwassergebührensatzung) vom 11. Dezember 2003 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 06. Dezember 2011 (EGS) festgesetzte Gebührensatz von 3,64 Euro/m³ ist wegen Verstoßes gegen das für Benutzungsgebühren geltende Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG rechtswidrig und damit unwirksam.
113Für die Inanspruchnahme der von ihr den Nutzern zur Verfügung gestellten öffentlichen Abwasseranlagen darf die beklagte Gemeinde gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 1 und 4 Abs. 2, 2. Alt. KAG Benutzungsgebühren im Sinne des § 6 KAG erheben. Die Berechtigung zur Gebührenerhebung wird durch die hier im Veranlagungszeitraum festzustellende Organisation der Entwässerungsaufgabe durch die Beklagte nicht in Frage gestellt. Insoweit hält es die Klägerseite zwar für bedenklich, dass die private T. B. GmbH nach Maßgabe des Betriebsführungsvertrages mit der Entwässerungsbetriebsführung beauftragt ist, während die eigenbetriebsähnliche Einrichtung der Beklagten „Stadtentwässerung L. “, die die städtischen Entwässerungsanlagen hält, im Veranlagungszeitraum nur mit einer Betriebsleiterin, die zugleich Geschäftsführerin der T. B. GmbH ist, ausgestattet war und ansonsten kein weiteres Personal hatte. Nach Auffassung der Klägerseite ist die Beklagte damit im Entwässerungszusammenhang nicht mehr selbst handlungsfähig. Tatsächlich hat die T. B. GmbH – wie weiter unten auszuführen ist – im Rahmen der Ausführung des Auftrages neben den überwiegenden rein verwaltungshelferischen Tätigkeiten teilweise auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt, ohne dazu rechtlich befugt zu sein (Stichwort: von Mitarbeitern der Auftragnehmerin verantworteter Erlass von Abgabenbescheiden, von Entwässerungsgenehmigungen und von Bescheiden im Rahmen von sonstigen Anschluss- und Benutzungsfragen). Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Beklagte eine öffentliche Abwasseranlage zur Nutzung bereitstellt, deren Finanzierung die Gebührenerhebung berechtigterweise dient. Denn die Beklagte nimmt ihre hoheitliche Aufgabe der Beseitigung des auf ihrem Gebiet anfallenden Abwassers (§ 53 Abs. 1 S. 1 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG)) wahr, indem sie nach Maßgabe ihrer „Satzung der Stadt L. über die Entwässerung der Grundstücke (Entwässerungssatzung)“ vom 11. Dezember 2003 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 6. Dezember 2011 (EWS) dem Entwässerungszweck gewidmete öffentliche Abwasseranlagen unterhält und betreibt (§ 1 Abs. 1 EWS) und zur Benutzung zur Verfügung stellt (§§ 2 und 3 EWS). Durch das der „Stadtentwässerung L. “ in dem Betriebsführungsvertrag vorbehaltene Recht, der T. B. GmbH Anweisungen zur Durchführung des Betriebes zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt erforderlich ist (§ 1 Abs. 7 BFV), ist hinreichend sichergestellt, dass die Beklagte die den Anschlussnehmern nach Maßgabe ihrer Entwässerungssatzung durch die öffentliche Abwasseranlage gebotene Nutzungsmöglichkeit gegenüber dem Betriebsführer ggf. auch durchsetzen kann. Dem steht nicht entgegen, dass der Betriebsleiter der „Stadtentwässerung L. “ im Veranlagungszeitraum zugleich Geschäftsführer der T. B. GmbH war und nach der seinerzeit geltenden Betriebssatzung auch sein sollte. Unzweifelhaft ist eine Trennung dieser Funktionen, die die Beklagte im Übrigen zwischenzeitlich, d.h. im Laufe des Jahres 2015 durch eine Umorganisation vorgenommen hat, im allseitigen Interesse vorzuziehen, sie ist aber rechtlich nicht zwingend erforderlich. Denn als Betriebsleiter der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung ist die dazu bestellte Person Amtswalter der Beklagten und hat in dieser Rolle rechtlich allein deren Interessen wahrzunehmen.
114Die in der Gebührensatzung für das streitige Veranlagungsjahr derzeit getroffene Regelung über den Gebührensatz für die Schmutzwasserbeseitigung begegnet aber durchgreifenden materiell-rechtlichen Bedenken.
115Entgegen der klägerseits vertretenen Auffassung rechtfertigt allerdings nicht bereits der Umstand, dass die der Festsetzung der Gebührensätze zu Grunde liegende Gebührenkalkulation hier durch zugewiesene Mitarbeiter der mit der Entwässerungsbetriebsführung beauftragten T. B. GmbH aufgestellt worden ist, die Feststellung, dass der Gebührensatz rechtswidrig ist. Die in der Gebührensatzung derzeit getroffene Regelung über den Gebührensatz für die Schmutzwasserbeseitigung ist (nur) rechtswidrig, weil sie gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG verstößt. Nur an diesem Verbot muss sich der satzungsmäßig festgelegte Gebührensatz messen lassen. Für die Prüfung des Kostenüberschreitungsverbots ist allein maßgeblich, ob der vom Rat der Beklagten satzungsmäßig festgestellte Gebührensatz im Ergebnis überhöht ist oder nicht.
116Das Kostenüberschreitungsverbot besagt, dass das - im maßgeblichen Prognosezeitpunkt der Gebührenbedarfsberechnung für den kommenden Veranlagungszeitraum (= Kalkulationszeitraum) vorkalkulatorisch - veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung in der Regel decken, sie aber nicht überschreiten soll. Das heißt, in der Gebührenkalkulation (Gebührenbedarfsberechnung), auf deren Grundlage der Gebührensatz ermittelt wird, sind die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung (Kostenmasse - Dividend) und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten, auf die die Gesamtkosten zu verteilen sind (Verteilungsmasse - Divisor), in der Weise zu veranschlagen, dass weder unzulässige oder überhöhte Kostenansätze noch eine zu geringe Zahl von Maßstabseinheiten angesetzt werden. Unerheblich sind dabei Kostenüberschreitungen von bis zu 3 %, wenn die Überschreitung nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruht. Zudem ist nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen davon auszugehen, dass der Gebührensatz lediglich im Ergebnis den Anforderungen des Kostenüberschreitungsverbotes entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass fehlerhafte Kostenansätze dann keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden (ggf. gerichtlichen) Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie die fehlerhaften Ansätze ausgleichen. Es ist insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode - noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens - aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
117Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428 (434) = KStZ 1994, 213, und Beschluss vom 1. Juli 1997 - 9 A 3556/96, in: NWVBl. 1998, 118.
118Vom Satzungsgeber selbst vorgegebene sog. „Kalkulationsziele“ sind allerdings bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten und können nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
119Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 128 ff.
120Für die Überprüfung der Massen- und Kostenansätze in einer Gebührenkalkulation gilt zum Umfang der Amtsermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO) und der die Amtsermittlung mitgestaltenden Mitwirkungspflicht der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO) nach den Erkenntnissen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, die es insbesondere in seinen Urteilen vom 1. Juli 1997 ‑ 9 A 6103/95 ‑ und 19. September 1997 - 9 A 3373/96 - dargelegt hat, Folgendes:
121“Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Auffassung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat auf Grund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 GG grundsätzlich davon aus, dass dessen Auskünfte über die maßgebenden Massen bzw. die zu den einzelnen Kostenpositionen angefallenen Kosten der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler oder mit höherem Recht unvereinbare Kostenansätze nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei, insbesondere die anwaltlich vertretene Partei, insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen, beschränkt sie sich vielmehr auf schlichtes Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder auf Spekulationen hinsichtlich der zutreffenden Höhe dieser Ansätze und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden (vgl. OVG NW, Beschluss vom 11. Juni 1996 - 9 A 1864/94 -)“.
122Das erkennende Gericht hat sich in ständiger Rechtsprechung dieser Auffassung angeschlossen, nach der sich der Umfang der Amtsermittlung der Sache nach danach (begrenzend) bestimmt, ob nach dem „(Streit-)Stand der Dinge“ für das Gericht Anlass zu weitergehenden - hier die Richtigkeit der Gebührensatzkalkulation betreffenden - aufklärenden Sachverhaltsermittlungen besteht.
123Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist hier ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot insbesondere mit Blick auf das den Streitstand maßgeblich mitgestaltende klägerische Vorbringen festzustellen; es bestehen durchgreifende Bedenken gegen die allein maßgebliche Ergebnisrichtigkeit des festgesetzten Gebührensatzes im Rahmen des 3-%-Spielraums.
124AA.
125(Zum Fremdleistungsentgelt der T. B. GmbH)
126Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes, der der Gebührenerhebung zugrundeliegen, ergeben sich zum einen daraus, dass in die Gebührenbedarfsberechnung für das streitgegenständliche Jahr 2012 an die T. B. GmbH zu zahlende Betriebsführungsentgelte in der vollen Höhe von 9.065.851,88 Euro einschließlich 19 % Umsatzsteuer, d.h. genauer mit dem davon auf die Schmutzwasserbeseitigung entfallenden 49-%-Anteil eingeflossen sind. Dieser Ansatz war zu einem Teil nicht rechtens.
127Die in die Vorkalkulation des Gebührenbedarfs für den hier streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum eingestellten Zahlungsansprüche der T. B. GmbH beruhen auf dem „Betriebsführungsvertrag“, den die Beklagte und die T. B. GmbH am 18. Dezember 2003 geschlossen haben.
128Dieser Vertrag ist zwar insoweit (teil-)unwirksam, als die Beklagte die T. B. GmbH rechtswidriger Weise auch mit der Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten betraut hat; soweit sie sie überwiegend mit der Ausführung nicht-hoheitlicher Hilfstätigkeiten beauftragt hat, ist der Vertrag aber wirksam (1.). Das hat zur Folge, dass der auf den unwirksamen Teil des Vertrages entfallende Anteil des Betriebsführungsentgeltes nicht gebührenwirksam kalkulierbar ist. Demgegenüber ist der auf den wirksamen Vertragsteil entfallende Entgeltanteil als Fremdleistungsentgelt gebührenwirksam, soweit das Entgelt insoweit erforderlich und preis- und preisgleitrechtlich zulässig ist (2. – 4.4). Denn i n s o w e i t sind die Kosten für entwässerungsbezogene Fremdleistungen von den einrichtungsfinanzierenden Abwassergebührenzahlern zu tragen, weil die hier (noch) in Rede stehenden verwaltungshelferischen Betriebsführungsleistungen betriebsbedingte Kosten verursachen, die den Nutzern die Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ermöglichen und ihnen damit zugutekommen, und die Beklagte diese (Fremd-)Leistungen insoweit auch gebührenrechtlich bedenkenfrei bezogen und in zulässiger Höhe zu entgelten versprochen hat.
1291.
130(Zur Wirksamkeit des Vertrages)
131Die klägerseitig erhobenen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Betriebsführungsvertrages mit der T. B. GmbH greifen zwar teilweise durch. Der Vertrag ist aber nicht insgesamt unwirksam (1.1. – 1.3), sondern lediglich teilunwirksam (1.4.).
1321.1. Die Wirksamkeit des Vertrages wird nicht durch den Vortrag in Frage gestellt, die T. B. GmbH sei bei Vertragsschluss noch nicht existent gewesen und mit dem seinerzeit noch nicht genehmigten Eigenbetrieb habe sie keinen wirksamen Vertrag schließen können. Dem ist entgegenzuhalten, dass die T. B. GmbH bereits im Jahre 2000 in das Handelsregister eingetragen war (vgl. den der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Handelsregister) und der Betriebsführungsvertrag durch die Stadt abgeschlossen worden ist (vgl. den von der Beklagten in Kopie vorgelegten Betriebsführungsvertrag). Da der Vertrag stadtseitig von zwei vertretungsberechtigten Beamten bzw. Angestellten unterzeichnet ist, sind die nach § 64 Abs. 1 der Gemeindeordnung (GO) in der seinerzeit geltenden Fassung vom 14. Juli 1994 gestellten Anforderungen an die Wirksamkeit von Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, erfüllt. Mithin hat sich auch die Beklagte, der nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 KAG als Abgabenerhebungsberechtigter die Benutzungsgebühren zur Deckung der Kosten ihrer Entwässerungseinrichtung zustehen, durch den Vertrag wirksam verpflichtet. Am Rande sei darauf hingewiesen, dass Entscheidungen der Gemeinde über die Führung von Einrichtungen entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Buchst. f) Gemeindeordnung (GO) gegenüber der Aufsichtsbehörde nur anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungsbedürftig sind. Nach Angaben der Beklagten ist die Anzeige an die Bezirksregierung am 18. Juli 2003 erfolgt.
1331.2. Auch die Rüge, dass die Beklagte bei der Vergabe des Betriebsführungsauftrages die Vergaberegelungen der §§ 97 ff. GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) nicht eingehalten habe, greift nicht durch. Selbst wenn ein solcher Verstoß gegen die Bestimmungen über das Vergabeverfahren nach dem GWB vorgelegen haben sollte, führte dies nicht zur Nichtigkeit des Leistungsvertrages. Dies ergibt sich aus § 13 der – inzwischen durch eine vergleichbare Regelung in § 101b GWB abgelösten – Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 11. Februar 2003 (BGBl. 2003 I, 169). Dort waren Informationspflichten geregelt, die öffentliche Auftraggeber im Vergabeverfahren gegenüber nicht berücksichtigten Bietern trafen. In § 13 S. 6 der Verordnung war zwar bestimmt, dass ein unter Verstoß gegen diese Informationspflichten abgeschlossener Vertrag nichtig sei. Mit dieser Regelung war als Rechtsfolge von Verstößen gegen Bestimmungen im Vergabeverfahren aber nur eine (teleologisch reduzierte) relative Unwirksamkeit in dem Sinne gewollt, dass eine „Nichtigkeit“ eines Vertrages in der Regel nur eintreten sollte, wenn ein in seinen Informationsrechten verletzter unterlegener Bieter den Verstoß gegen das Vergaberecht in einem Nachprüfungsverfahren geltend machte,
134vgl. Dippel in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, § 13 VgV, Rdnr. 20, unter Darstellung der entsprechenden BGH-Rechtsprechung unter Rdnr. 23,
135woran es hier jedenfalls fehlte.
136Der Leistungsvertrag ist daher gemäß dem Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge Geltungskraft genießen („pacta sunt servanda“), und mangels Erfüllung der hier in Rede stehenden gesetzlichen Unwirksamkeitsvoraussetzungen nicht wegen unterlassener Ausschreibung ungültig.
137Unter gebührenkalkulatorischen Gesichtspunkten ist in diesem Zusammenhang zudem auf die seit langem bestehende Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hinzuweisen, dass etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die Gebührenkalkulation unerheblich sind, solange die von dem beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten nicht außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die Auftragsvergabe als rein willkürliche, die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt.
138Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 - 9 A 3342/98 -, S. 38 des Urteilsabdruckes m. w. N. aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
139Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte, s o w e i t das in die Gebührenkalkulation eingestellte Entgelt als erforderlich und als ein preis- und preisgleitrechtlich nicht zu beanstandender Selbstkostenpreis zu bewerten ist.
1401.3. Entgegen der klägerseits vertretenen Auffassung ist auch eine Preisprüfung durch die Preisaufsichtsbehörde im Sinne des § 9 der „Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (Bundesanzeiger 0000 Nr. 000)“ (VO PR Nr. 30/53), die zuletzt durch Art. 70 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, keine Voraussetzung für die Wirksamkeit eines öffentlichen Auftrages. Für eine solche Annahme bietet das Preisrecht keine Grundlage. Selbst eine Überschreitung des preisrechtlich zulässigen Höchstpreises für die öffentlich beauftragte Leistung führte nämlich nicht zu einer Unwirksamkeit/Nichtigkeit des Auftrages. Zwar ist in § 1 Abs. 3 VO PR Nr. 30/53 bestimmt, dass für Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge höhere Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden dürfen, als nach den Bestimmungen dieser Verordnung zulässig ist. Ein Verstoß gegen dieses gesetzliche Verbot, das heißt die Vereinbarung eines preisrechtlich unzulässigen Preises, hat aber nicht zur Folge, dass das Rechtsgeschäft im ganzen nichtig wäre (§ 134 BGB), sondern bewirkt lediglich, dass das Rechtsgeschäft als zu dem zulässigen Preis zustande gekommen gilt.
141Vgl. Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), zu § 1 VO PR Nr. 30/53 Rn. 95 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH.
1421.4. Der Vertrag ist allerdings aus einem anderen Grund teilunwirksam.
143Der Betriebsführungsvertrag umfasst neben der – überwiegenden, unbedenklichen und daher wirksamen – Beauftragung des T. B. GmbH mit nicht-hoheitlichen, rein verwaltungshelferischen Tätigkeiten (= „funktionelle Privatisierung“; vgl. zu deren Unbedenklichkeit des Näheren die Ausführungen unter 2.2.1.) teilweise aber auch deren – rechtswidrige und daher insoweit unwirksame (§ 134 BGB) – eigenverantwortliche Betrauung mit hoheitlichen Aufgaben (= „materielle Privatisierung“).
144Die Beklagte hat der T. B. GmbH bei der Übertragung der Entwässerungsbetriebsführung über intern-unterstützende Hilfstätigkeiten hinaus auch die konkret-außenwirksame Wahrnehmung einzelner hoheitlicher Aufgaben in eigener Entscheidungsverantwortung überlassen; insoweit ist die T. B. GmbH über ihre Eigenschaft als Verwaltungshelfer hinausgehend tätig geworden. Eine solche hoheitliche Tätigkeit lag im eigenverantwortlichen Erlass von Abgabenbescheiden, soweit der Erlass – anders als der des hier streitgegenständlichen Bescheides – durch die von der Beklagten an die T. B. GmbH zugewiesenen Beamten oder durch privatrechtlich übergeleitete Mitarbeiter zwar im Namen des Oberbürgermeisters der Beklagten, aber nur durch diese „übergegangenen“ Beamten/Mitarbeiter verantwortet erfolgte. Da diese Beamten/Mitarbeiter nicht mehr dem Weisungsrecht der Beklagten, sondern allein dem der T. B. GmbH unterlagen, war/ist der Erlass von Abgabenbescheiden durch diese Beamten/Mitarbeiter eine rechtwidrige hoheitliche Tätigkeit, weil die konkrete Erlassentscheidung damit durch einen zur Ausübung von hoheitlicher Gewalt nicht befugten Privaten erfolgte.
145Vgl. so VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2014 – 5 K 2034/13 –, in einem Fall, in dem die T. B. GmbH im Namen des Oberbürgermeisters der Beklagten durch Mitarbeiter der in Rede stehenden Art einen Abgabenbescheid nach § 10 KAG erlassen hatte.
146Gleiches gilt für die durch die „übergegangenen“ Beamten/Mitarbeiter verantwortete Erteilung von Entwässerungsgenehmigungen und anderen Bescheiden im Rahmen von sonstigen Anschluss- und Benutzungsfragen, die gemäß Anl. 2 zum Betriebsführungsvertrag ebenfalls zum übertragenen Aufgabenkreis gehörten.
147Soweit der T. B. GmbH durch den Betriebsführungsvertrag damit auch die Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten aus dem Bereich der Abwasserbeseitigung übertragen worden ist, war dies rechtswidrig. Die Abwasserbeseitigung ist gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Landeswassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG) eine hoheitliche Aufgabe der Gemeinde, für deren „materielle“ Privatisierung es an einer Rechtsgrundlage fehlt.
148Soweit der Vertrag mit Blick auf die unzulässige, gesetzeswidrige Übertragung von hoheitlichen Tätigkeiten unwirksam ist (§ 134 BGB), berührt die Unwirksamkeit dieses Teils der Vereinbarung die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen aber nicht. Es liegt aus folgenden Gründen ein Fall einer bloßen Teilnichtigkeit des Vertrages vor.
149Der Vertrag ist teilbar; das gilt insbesondere für die Vertragsessentialien der Aufgabenzuweisung, die sich ohne weiteres in hoheitliche – auf den eigenverantwortlichen Erlass von Verwaltungsakten durch die T. B. GmbH gerichtete – Tätigkeiten und in nicht-hoheitliche (Hilfs-)Tätigkeiten unterteilen lässt, und deren je anteilige Entgeltung. Der Vertragsteil, der sich auf die nicht-hoheitlichen Tätigkeiten bezieht, bleibt daher für sich vollziehbar.
150Der verbleibende Teil begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Rechtswidrigkeit der „materiellen“ Privatisierung hoheitlicher Aufgabenteile ändert nichts an der grundsätzlichen rechtlichen Zulässigkeit der „funktionalen“ Privatisierung durch Übertragung der übrigen nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten an die T. B. GmbH (s. dazu 2.2.1.), die eindeutig im Zentrum der Aufgabenzuweisung steht.
151Die (Teil-)Fortgeltung des Vertrages entspricht auch dem Parteiwillen, wie sich aus der Bestimmung in § 18 Abs. 2 BFV ergibt. Danach soll die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrages nicht berührt werden, sollten Bestimmungen des Vertrages unwirksam sein oder werden oder aus Rechtsgründen nicht durchgeführt werden können. Diese Vertragsregelung war im Übrigen auch Gegenstand der Willensbildung und inhaltlichen Zustimmung des Rates der Beklagten bei seinem Beschluss vom 17. Juli 2003 zur Neuorganisation der Entwässerungsbetriebsführung. Daher ist davon auszugehen, dass die Beklagte und ihr Rat auch die ggf. nur alleinige Übertragung der nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten gewollt hat. [NB: Diesem Vertragswillen entsprechend waren von der Umorganisation, die die Beklagte im Laufe des Jahres 2015 vorgenommen hat (Rückführung der hoheitlichen Tätigkeiten und der dafür verantwortlichen Mitarbeiter an die Beklagte bzw. auf die eigenbetriebsähnliche Einrichtung „Stadtentwässerung L. “), auch nur die hoheitlichen Tätigkeiten betroffen.]
1522.
153(Zur grundsätzliche Ansatzfähigkeit der auf die nicht-hoheitlichen Tätigkeiten entfallenden Teile des Fremdleistungsentgeltes nach Grund und Umfang)
154Die Rechtswidrigkeit der „materiellen“ Privatisierung stellt zwar die Zulässigkeit des Ansatzes der Kosten, die für diese Leistungen (= Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten) anteilig in das Betriebsführungsentgelt eingeflossen sind, in Frage (s. dazu des Näheren unten 4.1.2.1.), nicht aber die grundsätzliche Ansatzfähigkeit des Betriebsführungsentgeltes, soweit es für die Wahrnehmung nicht-hoheitlicher (Hilfs-) Tätigkeiten vereinbart ist. Auf die grundsätzliche Ansatzfähigkeit der auf die nicht-hoheitlichen Tätigkeiten entfallenden Teile des Betriebsführungsentgeltes beziehen sich die folgenden Ausführungen im Wesentlichen.
155Bei dem an die T. B. GmbH aufgrund des mithin (teil-)wirksamen Vertrages für die (öffentlich beauftragte Entwässerungs-)Betriebsführung zu zahlenden Entgelt handelt es sich – vorbehaltlich der auf den unwirksamen Teil entfallenden Kosten – dem Grunde nach um Kosten, die als Fremdleistungsentgelt in der Gebührenbedarfsberechnung ansatzfähig sind.
1562.1. (zum Fremdleistungsbegriff) Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG in der Gebührenbedarfsberechnung ansatzfähigen Kosten gehören auch Entgelte, die die gebührenerhebende Körperschaft oder Anstalt für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der gebührenerhebenden Körperschaft oder Anstalt rechtlich getrennten Person im Rahmen der Erstellung der gebührenpflichtigen Leistung an diese erbracht werden. Ist der Fremdleister eine juristische Person des Privatrechts, ist es für die Qualifizierung als Fremdleistung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG unerheblich, ob und in welchem Umfang die jeweilige Gemeinde an dem Fremdleister beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
157Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 41; Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 – 9 B 144/98 –, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
158Die T. B. GmbH ist eine gegenüber der beklagten Stadt selbstständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt gemäß Präambel und § 1 des Betriebsführungsvertrages die Aufgabe der Betriebsführung der städtischen Abwasseranlagen und sonstigen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung (ohne Abwasserbehandlung) nach näherer Maßgabe des Vertrages und erbringt damit abwassergebührenrelevante Fremdleistungen.
1592.2. (zu den allgemeinen Voraussetzungen des Fremdkostenansatzes) Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG nur die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten, d.h. insbesondere nur die im Rahmen der Leistungserstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche vertragsgemäßen Entgelte, die für die zu erbringenden Leistungen nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
160Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 44; Urteil vom 24. November 1999 – 9 A 6065/96 –, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
161Zudem muss sich auch der Ansatz von Fremdleistungsentgelten an dem Grundsatz der Erforderlichkeit der Kosten messen lassen.
162Vgl. zu diesem Grundsatz: Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 69 ff. (Stand: März 2004/September 2014).
163Die gebührenerhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen in ihre Gebührenkalkulation übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der „Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (Bundesanzeiger 0000 Nr. 000)“ (VO PR Nr. 30/53), die zuletzt durch Art. 70 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, sowie die in den zugehörigen Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
164Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 46.
165Der der gebührenerhebenden Körperschaft oder Anstalt eröffnete Prognosespielraum wird (allerdings erst) dann überschritten und lässt die Kalkulation fehlerhaft werden, wenn bei der nach den vorstehenden Kriterien durchzuführenden Prüfung aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung der Forderung des Dritten bereits absehbar ist und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozessrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als ein bestimmter niedrigerer Kostenansatz unvertretbar, mithin also ermessensfehlerhaft gewesen wäre.
166Vgl. für einen Fremdleisterfall: OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2012 – 9 A 1064/10 –, juris Rn. 23.
167Da nach dem oben bereits Dargelegten der Gebührensatz lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss, kommt es für die Frage, ob der Gebührensatz den Anforderungen des Kostenüberschreitungsverbotes genügt, letztlich aber nicht darauf an, ob die Beklagte die Entgeltforderung des Fremdleistungen tatsächlich geprüft hat oder nicht. Entscheidend ist allein, ob das in der Gebührenkalkulation angesetzte Fremdleistungsentgelt nach dem Kenntnisstand im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zu Recht in die Kalkulation eingestellt worden ist,
168vgl. in diesem Sinne: OVG NRW, Beschluss vom 17. August 2007 – 9 A 2238/08 –, S. 2 f. Des Urteilsabdruckes,
169d.h. der Ansatz nicht als unvertretbar zu bewerten ist.
170Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist der Ansatz des Betriebsführungsentgeltes in der Gebührenkalkulation hier insoweit zu beanstanden,
171- als in den Basis-Selbstkostenfestpreis nach § 11 Abs. 1, 4 und 5 des Vertrages Kosten für hoheitliches Handeln eingeflossen sind (eigenverantwortlicher Erlass von Gebührenbescheiden, von Entwässerungsgenehmigungen, von Bescheiden im Zusammenhang mit Anschluss- und Benutzungsfragen etc. durch zugewiesene/übergeleitete Mitarbeiter der T. B. GmbH – vgl. dazu Nr. 4.1.2.);
172- als das Entgelt nach § 11 Abs. 1, 4 und 5 des Vertrages gegenüber dem Basis-Selbstkostenfestpreis einschließlich 19 % Umsatzsteuer nach Maßgabe der Preisgleitklausel des § 11 Abs. 6 des Vertrages erhöht worden ist (vgl. dazu unter Nr. 4.1.3.).
173Im Übrigen ist das Betriebsführungsentgelt – ev. vorbehaltlich des vollen Ansatzes des Entgeltes nach § 11 Abs. 7 BFV nach einem Selbstkostenerstattungspreis (vgl. Nr. 3.2.1.) und des vollen Ansatzes Entgeltes nach § 11 Abs. 9 BFV (vgl. Nr. 3.2.2.) – keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
1742.2.1. (zur Rechtfertigung der rein privatisierungsbedingten Mehrkosten) Sind dem privaten Fremdleister übertragene Entwässerungsdienstleistungen zuvor – wie hier – von der Gemeinde selbst durch einen Regiebetrieb (o.ä.) erbracht worden, ist regelmäßig mit kostensteigernden Folgen einer Privatisierung der Betriebsführung zu rechnen; zu den allein durch die private Form der Erbringung der Leistung verursachten Kosten in diesem Sinne (= rein privatisierungsbedingte Kosten), die bei einer Aufgabenwahrnehmung in öffentlich-rechtlicher Organisationsform nicht anfielen, gehören z.B. die auf das Betriebsführungsentgelt entfallenden Umsatzsteuern oder höhere Gewinnanteile (Unternehmerlohn/Zuschläge für Unternehmerwagnis). Mit Blick auf den gebührenrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit von Kosten bedarf die Privatisierungsentscheidung wegen dieser Folgen einer besonderen Rechtfertigung, damit in einer Gebührenkalkulation über das Fremdleistungsentgelt auch die rein privatisierungsbedingten Kostenanteile angesetzt werden dürfen und diese Kostenanteile nicht mangels Erforderlichkeit abgesetzt werden müssen.
175Die Entscheidung der Beklagten im Jahre 2003, ab dem Jahre 2004 unter Aufgabe des Regiebetriebes die (bereits seit längerem bestehende) private T. B. GmbH mit der „Betriebsführung der städtischen Abwasseranlagen und sonstigen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung“ (mit Ausnahme der Abwasserbehandlung) zu beauftragen (vgl. § 1 Abs. 1 und Präambel des Betriebsführungsvertrages), begegnet – mit Ausnahme der Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten – unter dem gebührenrechtlich relevanten Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der privatisierungsbedingten Kostenerhöhungen keinen rechtlichen Bedenken.
176Öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge müssen nicht zwingend im Rahmen öffentlich-rechtlicher Organisationsformen wahrgenommen werden. Die Entscheidung einer kommunalen Körperschaft, ob und inwieweit sie für den fraglichen Bereich die Daseinsvorsorge mit den Gestaltungsmitteln des öffentlichen Rechts (Regiebetrieb, Eigenbetrieb, eigenbetriebsähnliche Einrichtung, Anstalt des öffentlichen Rechts) oder in Formen des Privatrechts betreiben will, ist eine vom Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG umfasste Organisationsentscheidung, bei deren Ausübung der Gemeinde im Rahmen der Gesetze ein weites Organisationsermessen zusteht.
177Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, (174); Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 128 (Stand: September 2014).
178Die Freiheit, sich bei der Erbringung der hoheitlichen Entwässerungsaufgabe in ermessensgerechter Weise für eine rechtlich – und insbesondere auch fachrechtlich, d.h. hier wasserrechtlich – zulässige Form der Privatisierung zu entscheiden, darf vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund nicht über das kommunale Gebührenrecht faktisch gänzlich ausgeschlossen werden, selbst wenn der Einsatz Privater Mehrkosten (z.B. Steuern, Gewinn) mit sich bringt.
179Vgl. allgemein: Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 128 (Stand: September 2014).
180Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Ansatz der rein privatisierungsbedingt entstehenden Kosten der privatisierten Entwässerungsbetriebsführung, soweit die Beklagte der T. B. GmbH nicht-hoheitliche (Hilfs-)Tätigkeiten übertragen hat, vor dem Grundsatz der Erforderlichkeit gerechtfertigt, weil die Beklagte i n s o w e i t eine zulässige Form der Privatisierung, nämlich eine sogenannte „funktionale Privatisierung“, gewählt hat (a.) und sie bei der Privatisierungsentscheidung – soweit sie auf die „funktionale Privatisierung“ von Hilfstätigkeiten zielte – das ihr zustehenden Organisationsermessen in gebührenrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt hat (b.).
181a. (zur Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung der nicht-hoheitlichen Tätigkeiten) Der Ansatz der rein privatisierungsbedingten Kosten ist bzgl. der Teile des Betriebsführungsentgeltes, die auf die nicht-hoheitlichen Tätigkeiten entfallen, gebührenrechtlich nicht deswegen bedenklich, weil die Beklagte (auch) insoweit eine unzulässige Form der Privatisierung gewählt hätte. Denn bei der Beauftragung der T. B. GmbH mit der Betriebsführung handelte es sich ganz überwiegend, d.h. mit Ausnahme der Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten, um eine sog. „funktionale Privatisierung“. Bei dieser Art der Privatisierung wird der Private nur als Verwaltungshelfer bzw. Erfüllungsgehilfe des öffentlich-rechtlichen (hier: Entwässerungs-)Aufgabenträgers tätig. Eine solche „funktionale Privatisierung“ ist grundsätzlich zulässig. Es steht im Ermessen des Hoheitsträgers, inwieweit er sich bei der Wahrnehmung seiner hoheitlichen Aufgaben der (intern-)unterstützenden Hilfe privater Dritter bedienen will. Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung müssen allerdings bei ihm verbleiben, d.h. er darf sich seiner Letztentscheidungsverantwortung nicht begeben, und er muss sich hinreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte vorbehalten.
182Vgl. zur Zulässigkeit funktionaler Privatisierungen: Schmitz in Stelkens u.a., Kommentar zum VwVfG, 8. Auflage, 2014, zu § 1, Rdnr. 134; s. auch OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, (175), BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 – 8 C 10/08 –, juris Rn. 33.
183Hier hat die Beklagte die genannten Grenzen „funktionaler Privatisierung“ in den den Schwerpunkt der Betriebsführungsleistung bildenden Bereichen der nicht-hoheitlichen (Hilfs-)Tätigkeiten eingehalten; soweit sie in Teilbereichen dem Privaten auch die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben überlassen hat, ist dies für die (gebührenkalkulationsrelevante) Rechtfertigung der funktionalen Übertragung der nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten unschädlich, weil letztere die ganz überwiegende „Leistungsmasse“ ausmachen. Dies zeigt schon die Relation der Kosten der nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten zu denen der hoheitlichen Tätigkeiten. Das Verhältnis liegt bezogen auf das vereinbarte Basis-Betriebsführungsentgelt von 5.900.000.- Euro netto ausweislich der Darlegungen der Beklagten nämlich bei 5.234.000.- Euro netto zu 666.000,- Euro netto oder ca. 89 % zu 11 %.
184Soweit die Beklagte bei der Privatisierung die T. B. GmbH mit nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten beauftragt hat, hat sie die Grenzen „funktionaler Privatisierung“ nicht überschritten, weil sie dem Privaten nicht die Entwässerungsaufgabe als solche und damit die Aufgabenverantwortung (mit Wirkung nach außen, insgesamt) übertragen hat. Dies wäre, da es sich bei der Abwasserbeseitigung um eine Pflichtaufgabe der Gemeinde handelt (vergleiche § 53 Abs. 1 S. 1 Landeswassergesetz NRW – LWG), unzulässig. Vielmehr hat sie die T. B. GmbH bzgl. der ganz überwiegenden „Leistungsmasse“ der nicht-hoheitlichen Hilfstätigkeiten nur mit der tatsächlich/faktisch unterstützenden Durchführung der Entwässerungsaufgabe betraut, ohne ihr insoweit hoheitliche Letztentscheidungsbefugnisse zu übertragen.
185Wie der Aufgabenkatalog in Anl. 2 zum Betriebsführungsvertrag belegt, handelt es sich bei den an die T. B. GmbH übertragenen Aufgaben ganz überwiegend um die Erfüllung von vorbereitenden/unterstützenden Hilfsaufgaben bei der technischen Betriebsführung (Planung und Bau, Unterhaltung und Betrieb der Abwasseranlage), bei der kaufmännischen Betriebsführung (z.B. Kostenstellen- und -trägerrechnung, Gebührenkalkulation) und sonstigen Betriebsführungsaufgaben (Vorbereitung von behördlichen Entscheidungen/Satzungsfragen).
186Die Letztentscheidung über die Art und Weise der Aufgabenerfüllung verbleibt dabei regelmäßig bei der Beklagten. Dies ergibt sich mit hinreichender Klarheit aus der Pflicht der T. B. GmbH, die Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht im Rahmen der jeweiligen Planungen der Stadt sicherzustellen (§ 1 Abs. 3 BFV) und alle öffentlichen und privaten Rechte, Genehmigungen, Erlaubnisse und Gestattungen im Auftrag der Stadt zu beschaffen (§ 4 Abs. 5 BFV), der Vorgabe, dass die sich aus dem Abwasserbeseitigungskonzept ergebenden Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen in ihrer zeitlichen Abfolge im Einvernehmen mit der Stadt festgelegt werden (§ 5 Abs. 1 BFV), dem auf die Erfüllung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht gerichteten Weisungsrecht der „Stadtentwässerung L. “, d.h. der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung der Beklagten, bzgl. der Durchführung des Betriebes (§ 1 Abs. 7 BFV), aber etwa auch aus der nur vorbereitenden Zuständigkeit der T. B. GmbH für die Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes (§ 1 Abs. 5 BFV).
187Dementsprechend hat nach Darlegung der Beklagten die T. B. GmbH auch den aktuellen Generalentwässerungsplan und die aktuelle 5. Fortschreibung des Abwasserbeseitigungskonzeptes (2012-2017) nur vorbereitet. Die rechtsverbindliche Beschlussfassung über Generalentwässerungsplan und das Abwasserbeseitigungskonzept erfolgte durch den Rat auf der Grundlage von Vorlagen, die von der T. B. GmbH vorbereitet und durch die Betriebsleitung, den Kämmerer, den zuständigen Beigeordneten und den Oberbürgermeister der Beklagten vor der Zuleitung an den Rat geprüft worden waren. In einem entsprechenden Verfahren (Vorbereitung durch die T. B. GmbH, Prüfung durch die o.g. Personen, Beschlussfassung durch den Rat) wird auf der Grundlage eines Wirtschaftsplanes der Stadtentwässerung L. auch über die Frage, welche Baumaßnahmen an der öffentlichen Entwässerungseinrichtung durchgeführt werden sollen, entschieden.
188Damit liegt die Letztentscheidung über und die Letztverantwortung für Gestalt, Entwicklung, Bau und Ausbau der Entwässerungseinrichtung – wie im Übrigen auch die Letztentscheidung über die Höhe der Abwassergebühren durch die satzungsmäßige Festsetzung der Gebührensätze – bei der Beklagten.
189In § 9 des Vertrages hat sich die Beklagte zudem hinreichendeKontrollrechte bzgl. der Betriebsführung vorbehalten. Danach hat die T. B. GmbH der Beklagten jederzeit Einsicht in das Betriebstagebuch und die betrieblichen Aufzeichnungen der Mess- und Kontrolleinrichtungen zu gewähren (§ 9 Abs. 2 BFV); vor allem ist die Beklagte jederzeit berechtigt, die Ordnungsgemäßheit und Wirtschaftlichkeit des Betriebes selbst oder durch Dritte zu prüfen (§ 9 Abs. 3 BFV).
190Insbesondere durch das Weisungsrecht bzgl. der Durchführung des Betriebes hat sich die Beklagte auch hinreichende Einwirkungsrechte gesichert. Unschädlich ist es, dass nach § 1 Abs. 7 BFV dieses Weisungsrecht der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung vorbehalten ist und nach § 3 Abs. 1 S. 2 der Betriebssatzung zum Betriebsleiter nur bestellt werden kann/konnte, wer gleichzeitig Geschäftsführer der T. B. GmbH ist. Denn gemäß § 3 Abs. 2 der Betriebssatzung des Eigenbetriebes vollzieht die Betriebsleitung die Beschlüsse des Rates der Beklagten und des Betriebsausschusses sowie die Entscheidungen des Oberbürgermeisters, der gemäß § 6 Abs. 1 der Betriebssatzung zudem im Interesse der Einheitlichkeit der Verwaltungsführung der Betriebsleitung Weisungen erteilen kann. Abgesehen davon wird die Person, die zugleich Betriebsleiter und Geschäftsführer der T. B. GmbH ist, in ihrer Rolle als Betriebsleiter als berufener Amtswalter der Beklagten und nicht als Privater tätig.
191Unerheblich für die Beantwortung der hier zu betrachtenden Frage, ob die im Jahre 2003 getroffene Privatisierungsentscheidung der Beklagten gebührenrechtlich relevanten Bedenken ausgesetzt ist, ist es, ob und in welchem Umfang die Beklagte ihre vertraglich bestehenden Kontrollrechte im Veranlagungszeitraum tatsächlich ausgeübt hat. Dies dürfte nicht der Fall gewesen sein. Denn die Beklagte hat selbst Folgendes angegeben:
192Die Kontrollrechte nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BFV wurden in den Jahren 2012 und 2013 von ihr nicht in Anspruch genommen. Mit Blick auf die Kontrollrechte nach § 9 Abs. 3 BFV wurden (nur) die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Stadtentwässerung L. in den Jahren 2012 und 2013 durch eine Beratungsgesellschaft geprüft; eigene technische Kontrollen der Anlagen wurden von ihr nicht durchgeführt. Auch wurden keine einzelnen Kontrollen der Erfüllung der (Betriebsführungs-)Pflichten der T. B. GmbH im Sinne des § 4 BFV durchgeführt.
193Dies ändert aber nichts daran, dass nach dem Vertrag hinreichende Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten der Beklagten gegenüber der Betriebsführerin bestehen, die jederzeit aktiviert werden können.
194Mithin hat nach allem die Beklagte die Wahrnehmung ihrer Entwässerungsaufgabe insoweit in zulässiger Weise „funktional“ privatisiert, als sie die hier in Rede stehenden nicht-hoheitlichen (Hilfs-)Tätigkeiten auf die Betriebsführerin übertragen hat, weil sie sich insoweit der Letztentscheidungsverantwortung für die Erfüllung der Entwässerungsaufgabe nicht begeben und sich auch hinreichende Kontroll- und Einwirkungsrechte bzgl. der Entwässerungsbetriebsführung vorbehalten hat. Denn insoweit hat die Beklagte durch die vertraglichen Letztentscheidungs-, Kontroll- und Einwirkungsvorbehalte sichergestellt, dass sie bei der Privatisierung das „Heft des Handelns“ in einer ihrer Aufgabenverantwortung genügenden Weise in der Hand behält. Das hat zur Folge, dass insoweit eine statthafte „funktionale Privatisierung“ vorliegt und der T. B. GmbH die hoheitliche Entwässerungsaufgabe nicht (rechtswidrigerweise) auch materiell übertragen ist.
195b. (zur ordnungsgemäßen Ausübung des Organisationsermessens bzgl. der nicht-hoheitlichen Tätigkeiten) Die Beklagte hat auch das ihr zustehende Organisationsermessen bei ihrer Privatisierungsentscheidung, soweit diese sich auf die Übertragung nicht-hoheitlicher (Hilfs-)Tätigkeiten auf die T. B. GmbH bezieht und sie sich damit auf die zulässige „funktionelle Privatisierung“ beschränkt, in gebührenrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
196Ist eine funktionelle Privatisierung – wie aus den genannten Gründen hier die auf die nicht-hoheitlichen Tätigkeiten beschränkte Aufgabenübertragung – dem Grunde nach keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt, hat die Gemeinde im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Wahl zwischen den rechtlich zulässigen Organisationsformen der Daseinsvorsorge eine Abwägung zwischen sämtlichen Vor- und Nachteilen dieser Organisationsformen vorzunehmen, die gerichtlicherseits nur auf Willkür geprüft werden kann.
197Vgl. in diesem Sinne zu der vergleichbaren Frage des Umfanges der Ermessensprüfung, wenn ein „wichtiges Interesse“ im Sinne der gemeindewirtschaftsrechtlichen Anforderungen an die Gründung eines privaten nichtwirtschaftlichen Unternehmens und dessen Beauftragung mit der Daseinsvorsorge zwecks Beauftragung mit der Daseinsvorsorge besteht: OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, (174, 175).
198Im Rahmen der Organisationsentscheidung zwischen rechtlich zulässigen Formen der öffentlichen und privaten Aufgabenerfüllung sind die eventuellen Mehrkosten einer Privatisierung wegen des bestehenden weiten Organisationsermessens lediglich ein von der Gemeinde zu berücksichtigendes „Abwägungselement“, aber kein für sich allein ausschlaggebendes Argument gegen eine Privatisierung.
199Ist die Abwägungsentscheidung willkürfrei zugunsten der Privatisierung erfolgt, d.h. beruht die Privatisierungsentscheidung auf sachlich abgewogenen Gründen, ist der Ansatz rein privatisierungsbedingter Kosten vor dem – in dem vorliegenden rein gebührenrechtlichen Prüfungszusammenhang allein maßgeblichen – gebührenrechtlichen Grundsatz ihrer Erforderlichkeit gerechtfertigt.
200Zu den Nachteilen, die gegen eine Privatisierung sprechen können, zählen – neben steuerrechtlichen oder sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen – eine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung und der damit verbundene Verlust von Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der demokratisch legitimierten Vertretungskörperschaft. Als weitere beachtliche Elemente bei Privatisierungsentscheidungen können Versorgungs-, Entsorgungs- und Nachsorgesicherheit, Zuverlässigkeit der Aufgabenwahrnehmung, Umweltverträglichkeit der Aufgabenerledigung, Sozialverträglichkeit des Entgelts, Wettbewerb und Verhinderung von Monopolen, Haftung und strafrechtliche Verantwortlichkeit in Betracht kommen. Für die Ermessensentscheidung zugunsten einer privaten Organisationsform kann ein wirtschaftliches Interesse, nämlich die kostengünstigere Aufgabenerledigung durch Einschaltung eines Privatrechtssubjektes sprechen. Ein hinreichend wichtiges Interesse der Gemeinde an der Beauftragung eines Privaten mit der funktionellen Aufgabenerledigung kann sich aber auch aus anderen als Kostenüberlegungen ergeben. Insoweit sind z.B. zu erwähnen größere Autonomie und Flexibilität bei der Aufgabenerfüllung, Abkoppelung vom öffentlichen Dienst-, Organisations- und Haushaltsrecht, leichtere Gewinnung qualifizierten Fachpersonals, wirtschaftliche Einbindung privater Dritter und dadurch mögliche Nutzbarmachung technischer oder wirtschaftlicher Spezialkenntnisse sowie erleichterte Aufbringung von Investitionsmitteln für Großvorhaben.
201Vgl. in diesem Sinne im Zusammenhang mit der Frage, ob ein „wichtiges Interesse“ im Sinne der gemeindewirtschaftsrechtlichen Anforderungen an die Gründung eines privaten nichtwirtschaftlichen Unternehmens und dessen Beauftragung mit der Daseinsvorsorge besteht und welche Anforderungen an die einschlägige Ermessenausübung bestehen: OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, (174, 175).
202Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ihr Organisationsermessen willkürlich ausgeübt hätte, bestehen jedenfalls bzgl. der hier in Rede stehenden Entscheidung, mit der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher (Hilfs-)Tätigkeiten eine private Betriebsführerin zu betrauen, d.h. mit anderen Worten, diesen Teil der Aufgaben funktional zu privatisieren, vor folgendem Hintergrund nicht.
203Ausweislich der Begründungen zu den Ratsbeschlüssen zur Neuordnung der Stadtentwässerung vom 12. Dezember 2002 (Drucksache 0000/02) und vom 17. Juli 2003 (Drucksache 0000/03) war die Entscheidung, die Erfüllung der Entwässerungsaufgabe neu zu ordnen und mit ihr die eigenbetriebsähnliche Einrichtung unter Einschaltung der T. B. GmbH als privatem Betriebsführer zu betrauen, eine strategische Entscheidung der Stadt zur Stärkung der stadteigenen T. -Gruppe. Dabei handelt es sich um kein willkürlich-sachfremdes Motiv. Eine Gemeinde darf nach der Gemeindeordnung privatrechtliche Unternehmen gründen und sich daran beteiligen (vgl. § 108 GO heutiger Fassung) und ein solches Unternehmen soll auch einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird (§ 109 Abs. 1 GO). Daher darf sie sich bei den ihr Unternehmen betreffenden Entscheidungen auch vom Motiv der Stärkung des Unternehmens leiten lassen. Hinzu kommt, dass der Rat der Beklagten ausweislich der Ratsvorlage vom 12. Dezember 2002 bei der Grundsatzentscheidung zur Überführung der Stadtentwässerung in eine neue Organisationsform nach dem Betriebsführungsmodell mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb oder zwischengeschalteter Anstalt öffentlichen Rechts auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher Untersuchungen die zu erwartenden „positiven Synergie-Effekte“ und Kostensenkungspotenziale der neuen Organisationsform gegen die mit ihr verbundenen „negativen Synergien“ und gegen die Nachteile der Ausgliederung der Stadtentwässerung aus der Ämterverwaltung abgewogen hat. Ferner sollten nach der Begründung mit der Zusammenfassung von Abwasserbeseitigungs- und Wasserversorgungsaufgaben bei der T. B. GmbH innerhalb der T. -Gruppe (Holding) unter anderem die Entwicklung zum integrierten Infrastrukturdienstleister gefördert, Markt- und Entwicklungschancen (im regionalen Bereich) genutzt, die Wettbewerbsfähigkeit auch durch Nutzen von Kostendegressionen gesteigert und zusätzliche Deckungsbeiträge generiert werden. Mit der Bündelung von Abwasserbeseitigungs- und Wasserversorgungsaufgaben in einer Hand sollten nicht zuletzt auch Vorteile für den „Kunden“ entstehen mit der Folge der Kundenbindung und damit eines Beitrages zur Sicherung von Marktanteilen auch anderer T. -Sparten.
204Dies sind insgesamt keine willkürlich-sachfremden Erwägungen. Sie sind auch geeignet, die Entscheidung, eine private Betriebsführerin mit der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher (Hilfs-)Tätigkeiten zu betrauen, unabhängig von der weitergehend beabsichtigten Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten zu tragen. Denn die Hilfstätigkeiten bilden die „Leistungsmasse“, die kostenmäßig mit einem Gewicht von fast 90 % zu Buche schlägt, so dass sich die dargelegten Erwägungen im Wesentlichen auf diesen Leistungsbereich erstrecken.
205Da sich die Frage nach der Rechtfertigung/Vertretbarkeit der Privatisierungsentscheidung hier nur vor dem Hintergrund der engeren Frage stellt, ob privatisierungsbedingte Kosten gebührenwirksam kalkuliert werden dürfen, spricht für die – in dem vorliegenden, allein durch den Rechtsschutz vor überhöhten Gebührenforderungen bestimmten Prüfungszusammenhang letztlich allein relevante gebührenrechtliche – Unbedenklichkeit der Privatisierungsentscheidung aber vor allem, dass es der Beklagten bei ihr nicht um „Preistreiberei“ zulasten der Gebührenzahler ging. Ausweislich der Begründungen zu den Ratsbeschlüssen vom 12. Dezember 2002 und vom 17. Juli 2003 war die Privatisierungsentscheidung nämlich unter anderem an die Vorgabe geknüpft, dass es (im Ergebnis) keine privatisierungsbedingten Gebührensteigerungen geben solle (vgl. Drucksache 0000/02, S. 1 der Begründung und Drucksache 0000/03, S. 2 der Begründung), d.h. mit anderen Worten, dass sich die Folgen der Privatisierung als „gebührenneutral“ erweisen sollten.
206Die Beklagte durfte bei der Privatisierungsentscheidung aus folgenden Gründen prognostisch auch davon ausgehen, dass bei einer Privatisierung im Modell „Eigenbetrieb mit zwischengeschaltetem privatem Betriebsführer“ die Vorgabe der „Gebührenneutralität“ erfüllt werde.
207Die T. AG hatte im Vorfeld der Ratsentscheidung über die Privatisierung zwei Wirtschaftsprüfergesellschaften (X. und C. ) mit der gemeinsamen „Entwicklung eines wasserwirtschaftlichen Unternehmenskonzeptes für die T. B. GmbH“ beauftragt. Nach dem – von der Beklagten im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten – Abschlussbericht über dieses Entwicklungsprojekt empfahlen die Wirtschaftsprüfer das (von der Beklagten letztlich auch gewählte) Betriebsführungsmodell mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb als das zu bevorzugende Privatisierungsmodell. Dabei war bei der Untersuchung der Gestaltungsalternativen für den Abwasserbereich – nach den Alternativen: Betriebsführungsmodelle, gegebenenfalls in der Form Betriebsführer mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb / zwischengeschalteter AöR, Betriebsüberlassungsmodelle, Betreibermodelle – vorgabegemäß das Entscheidungskriterium „Gebührenneutralität“ prioritär (vgl. Abschlussbericht, Hauptteil Bl. 13). Im Rahmen ihrer Untersuchung stellten die Wirtschaftsprüfergesellschaften u.a. Vergleichsberechnungen zwischen dem Gebührenbedarf im „Status quo“ (Regiebetrieb) für die Jahre 2003/2004 und dem Bedarf nach der Neuordnung für das Jahr 2004 (im Neuordnungsmodell „privater Betriebsführer mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb oder AöR“), d.h. unter Einbeziehung des Brutto-Selbstkostenpreises der T. B. GmbH, an. Dieser Selbstkostenpreis wurde auf der Grundlage der Kosten des Regiebetriebes für die zu übernehmenden Aufgaben ermittelt. Die Vergleichsberechnungen zwischen dem „Status quo“-Regiebetrieb und dem Neuordnungsmodell ergaben dabei einen Gebührenbedarf für das Jahr 2004 von insgesamt je 49.885.000,- Euro (vgl. etwa Anlagen 4 – 6 zu der Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 18. März 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14, d.s. die Unterlagen „Gebührenkalkulation für das Jahr 2003“, „Status quo: Stadtentwässerung – Regie Regiebetrieb 2003/2004“ und „Gebührenbedarfsberechnung Neuordnung 2004“). Die dazu angestellte Prognose des Gebührenbedarfs für das Jahr 2004 im Modell „Regiebetrieb“ basierte auf der Fortentwicklung der Gebührenbedarfsberechnung für das Jahr 2003. Diese Fortentwicklung gibt zu Bedenken keinen Anlass, da sie keine auffälligen Kostensteigerungen ausweist. Soweit die kalkulatorische Verzinsung des im städtischen Anlagevermögen gebundenen Kapitals für das Jahr 2004 gegenüber dem Vorjahr um rund 800.000,- Euro erhöht berücksichtigt ist, ist dies schon im Ansatz ungeeignet, privatisierungsbedingte Kostensteigerungen zu „verschleiern“. Denn kalkulatorische Zinsen für das im städtischen Anlagevermögen gebundene Kapital sind in annähernd gleicher Höhe auch in die vergleichende Gebührenbedarfsberechnung zur Neuordnung eingegangen; die Differenz von rund 100.000,- Euro findet ihre Erklärung zwanglos darin, dass das bewegliche Anlagevermögen des Regiebetriebs ab dem Jahre 2004 auf die T. B. GmbH übergehen sollte.
208Damit war die „Gebührenneutralität“ einer Privatisierung im Modell „privater Betriebsführer mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb“ dargetan. Denn der durch die sachverständigen Wirtschaftprüfer angestellte Vergleich des Gebührenbedarfs für das Jahr 2004 hatte mithin ergeben, dass sich gegenüber der bisherigen Führung als Regiebetrieb der Gebührenbedarf durch die Neuordnung unter Einschaltung des privaten Betriebsführers prognostisch nicht erhöhen würde. Mit anderen Worten, die Leistungserbringung durch die T. B. GmbH zu dem vereinbarten Selbstkostenfestpreis führte trotz der privatisierungsbedingten Kostenanteile, die bei dem Regiebetrieb nicht angefallen wären, unter dem Strich zunächst zu keiner privatisierungsbedingten Erhöhung des Gebührenbedarfs.
209Die Absicht, mit der Privatisierung keine „Preistreiberei“ zu verbinden, wird zudem daran kenntlich, dass die Beklagte ihrer Privatisierungsentscheidung nicht nur eine punktuelle Prüfung der Auswirkungen der Neuordnung für das Jahr 2004 zugrunde legte. Vielmehr beruhte die in den Jahren 2002/2003 getroffene Neuordnungsentscheidung auf der Grundlage eines Wirtschaftlichkeitsvergleichs über einen Zeitraum von 20 Jahren. Denn nach dem o.g. Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfergesellschaften erwies sich bei der Betrachtung des prognostizierten Gebührenanstieges auch über einen Zeitraum von 20 Jahren das Betriebsführungsmodell mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb als „gebührenneutral“ (vgl. Hauptteil Bl. 13). Ausweislich des von der C. verantworteten Erläuterungsteiles D. des Abschlussberichtes erfolgte diese Feststellung auf der Grundlage eines Vergleiches zwischen dem Gebührenbedarf nach dem Status quo, also dem Gebührenbedarf bestehend aus den Kosten des Regiebetriebs abzüglich Nebenerträgen, und dem Gebührenbedarf nach der Neuordnung, bestehend aus den Entgelten der T. B. GmbH und den bei der Stadt verbleibenden Kosten und Nebenerträgen (vgl. Abschlussbericht Teil D., S. 2, 3). Die vergleichenden Modellrechnungen wurden über einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahren geführt (vgl. Abschlussbericht Teil D., S. 3). Sie ergaben für das Betriebsmodell mit zwischengeschaltetem Eigenbetrieb keinen Gebührenmehrbedarf gegenüber dem Status quo (vgl. Abschlussbericht Teil D., S. 13). In dem Abschlussbericht wurde dieses Ergebnis im Wesentlichen damit begründet, dass die vorhandenen Entwässerungsanlagen im öffentlich-rechtlichen Bereich verblieben, so dass die dafür zu verrechnenden kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen auch künftig im Gebührenhaushalt ohne Umsatzsteuerbelastung anfielen und neuordnungsbedingte Mehrbelastungen durch die Nutzung von Synergien und Kostensenkungspotenzialen kompensiert bzw. überkompensiert würden (vgl. Abschlussbericht Teil D., S. 14).
210Anhaltspunkte dafür, dass sich an diesen von den Wirtschaftprüfern sachverständig ermittelten prognostischen Annahmen in den nächsten Jahren nach der Neuordnung etwas ändern müsste, bestanden auch nicht.
211Kosten werden nach Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt. Die T. B. GmbH hat sich durch die Vereinbarung eines Selbstkostenfestpreises im Sinne der „Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen“ (VO PR Nr. 30/53) für die vertragsgemäße Leistungserbringung über die Vertragslaufzeit bezüglich der Menge der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste im Wesentlichen an die 2004 vorkalkulierten Leistungsmengen gebunden. Mengensteigerungen, die für die Leistungserbringung künftig möglicherweise erforderlich werden (z.B. durch erhöhten Unterhaltungsaufwand bei steigenden Kanallängen – mit einer Verringerung der Kanallängen ist in absehbarer Zeit im Übrigen kaum zu rechnen), werden bei ihr nicht notwendig kostenwirksam, demgegenüber würden bei der unmittelbaren Leistungserbringung durch einen Regiebetrieb oder eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung solche Mengensteigerungen ohne weiteres kostenwirksam.
212An der Einschätzung, dass sich in den nächsten Jahren nach der Neuordnung keine nennenswerten privatisierungsbedingten Kostensteigerungen – bei Vergleich mit einem hypothetisch fortgeführten Regiebetrieb – ergeben müssten, musste auch die Vereinbarung einer Preisgleitung nichts Entscheidendes ändern. Denn durch eine rechtmäßige und damit – wie weiter unten auszuführen bleibt – allein preiswirksam werdende Preisgleitung sollen tendenziell nur die Änderungen im Preisniveau abgebildet werden, die in einer längerfristigen Leistungsbeziehung die für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste treffen. Vergleichbaren Änderungen im Preisniveau wäre aber auf Dauer auch ein – dieselbe Leistung wie der private Betriebsführer unmittelbar erbringender – Regiebetrieb/Eigenbetrieb der Beklagten ausgesetzt.
213Die dargelegten Erwägungen sind schließlich auch geeignet, die Entscheidung, eine private Betriebsführerin mit der Wahrnehmung nicht-hoheitlicher (Hilfs-)Tätigkeiten zu betrauen, unabhängig von der weitergehend beabsichtigten Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten (isoliert) zu tragen. An dem Ergebnis der für die Organisationsentscheidung maßgeblichen Prognose der („prioritären“ – s.o.) Gebührenneutralität, nach der sich der Gebührenbedarf bei einer Privatisierung im Vergleich zur Gebührenentwicklung im Status quo eines Regiebetriebes nicht erhöhen sollte, dürfte nämlich ein „Wegfall“ der Übertragung hoheitlicher Tätigkeiten nichts Entscheidendes ändern. Denn die Hilfstätigkeiten bilden die „Leistungsmasse“, die kostenmäßig mit einem Gewicht von fast 90 % zu Buche schlägt, so dass sich die dargelegten Erwägungen im Wesentlichen auf diesen Leistungsbereich erstrecken. Abgesehen davon wären die Kosten der hoheitlichen Tätigkeiten erst Recht im Bereich des Regiebetriebs – und zwar ohne die „dämpfende“ Wirkung durch einen auf die Vertragsdauer geltenden Selbstkostenfestpreis, den die Betriebsführerin bietet, – angefallen.
2142.2.2. (zum Umfang des Ansatzes der Fremdleistungskosten) Ist die Beauftragung der T. B. AG durch die Beklagte mit den Leistungen der funktional-privatisierten Entwässerungsbetriebsführung, d.h. ohne die Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten, nach allem (gebührenkalkulations-)rechtlich unbedenklich, hat dies zur Folge, dass damit grundsätzlich sämtliche von der Gesellschaft für die (funktionale nichthoheitliche Entwässerungs-)Betriebsführung vereinbarungsgemäß in Rechnung gestellten (und preisrechtlich zulässigen) Entgelte – einschließlich der rein privatisierungsbedingt entstehenden Kosten – auch berücksichtigungsfähige Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 KAG sind.
215Da die an das Unternehmen zu zahlenden Fremdleistungsentgelte tatsächliche – hier durch die Erbringung der (durch die Gebühren zu finanzierenden) Entwässerungsleistung verursachte und damit „betriebsbedingte“ – Kosten darstellen, kommt es bei deren Einstellung in die Gebührenkalkulation in der Regel weder zu Kostenüberdeckungen noch gar zur Erschließung illegaler Finanzquellen. Eine Einschränkung gilt nur mit Blick darauf, dass es sich bei diesen Kosten – wie bereits oben angesprochen – um vertragsgemäße, betriebsnotwendige Kosten handeln muss, deren Bemessung letztlich nicht zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip führt.
216Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Dezember 2004 - 9 A 4187/01 -, NWVBl. 2005, 219-222 und vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, 175, 176.
217Wollte man die Ansatzfähigkeit von (privatisierungsbedingten) Kosten seitens eines Fremdleisters der hier in Rede stehenden Art verneinen, bedeutete dies im Ergebnis, dass Gemeinden von der ihnen eingeräumten Befugnis, private Dritte zur Aufgabenerfüllung einzuschalten, praktisch keinen Gebrauch machen könnten. Kaum eine Gemeinde würde einen solchen Weg wählen, wenn dadurch zwangsläufig anfallende Kosten nicht in die Gebührenkalkulation einbezogen werden könnten. In diesem Fall hätte nämlich der allgemeine Verwaltungshaushalt für die durch Gebühren nicht gedeckten Kosten aufzukommen. Dies wäre weder mit dem Kostendeckungsgebot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW noch mit den in § 77 Abs. 2 GO NRW geregelten Grundsätzen der Einnahmebeschaffung vereinbar, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen, soweit vertretbar und geboten, aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und erst im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat.
218Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, 175.
219Ausgehend von diesen Erwägungen sind auch privatisierungsbedingte unternehmensspezifische Kosten wie Umsatzsteuer, Aufwandsentschädigungen für Aufsichtsratsmitglieder oder Aufwendungen für die Erstellung des Jahresabschlusses - diese Kosten gehen letztlich auf gesetzliche Verpflichtungen zurück - dem Grunde nach ohne weiteres berücksichtigungsfähig,
220vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 – NWVBl. 1995, 173 (175, rechte Spalte),
221so dass eine entsprechende Übernahme dieser Kosten in die Gebührenbedarfsberechnung nicht fehlerhaft ist.
2222.2.3. (zu den Folgen der Beteiligung der Beklagten an dem Fremdleister) Der Berücksichtigungsfähigkeit des Fremdleistungsentgeltes steht es auch nicht entgegen, dass es auf vertraglichen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten gegenüber einer juristischen Person beruht, an der sie (mittelbar) beteiligt ist; dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine deutliche Mehrheitsbeteiligung handelt – wie es hier der Fall ist, da die Beklagte mittelbar an der T. B. GmbH beteiligt ist, die eine hundertprozentige Tochter der L1. Stadtwerke AG ist, deren Anteile ihrerseits der Beklagten gehören. Wollte man die Ansatzfähigkeit von Kosten der hier in Rede stehenden Art verneinen, bedeutete dies – entsprechend den soeben genannten Gründen – im Ergebnis, dass Gemeinden von der ihnen gesetzlich in § 108 GO eingeräumten Befugnis, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Unternehmen in der Rechtsform des privaten Rechts zu gründen oder sich daran zu beteiligen, praktisch keinen Gebrauch machen könnten.
223Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 – NWVBl. 1995, 173 (175),
224Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte an der T. B. GmbH nicht nach § 108 GO (mittelbar) hätte beteiligen dürfen, bestehen nicht. Die dortigen Anforderungen an das „wichtige Interesse“ der Gemeinde an Gründung oder Beteiligung an einem privaten Unternehmen und an die dazugehörigen Ermessenserwägungen entsprechen den Anforderungen, die oben an die Rechtfertigung der funktionalen Privatisierung gestellt wurden.
225Vgl. zu der Frage, wann ein „wichtiges Interesse“ im Sinne der gemeindewirtschaftsrechtlichen Anforderungen an die Gründung eines privaten nichtwirtschaftlichen Unternehmens und dessen Beauftragung mit der Daseinsvorsorge besteht und welche Anforderungen an die einschlägige Ermessenausübung bestehen: OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, (174, 175).
226Daher gilt das oben zu dieser Frage Ausgeführte hier entsprechend.
2273.
228(Zu den preisrechtlichen Anforderungen an das Betriebsführungsentgelt mit Blick auf den angewandten Preistyp)
229Das auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung in der Gebührenkalkulation eingestellte Betriebsführungsentgelt ist auch preisrechtlich vom Ansatz her nicht zu beanstanden, soweit es um das („betriebsbedingte“) Entgelt für die Ausübung der nichthoheitlichen (Entwässerungshilfs-)Tätigkeiten der T. B. GmbH geht.
230Bei der Feststellung des preisrechtlich zulässigen Preises, der nach dem oben Ausgeführten der Preis ist, zu dem das Rechtsgeschäft als zustande gekommen gilt, ist zu beachten, dass sich aus den Bestimmungen in §§ 1 und 4 bis 7 der VO PR Nr. 30/53 eine bestimmte Rangfolge der Preistypen ergibt, die entscheidend für die Wahl des zulässigen Preistyps ist.
231Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
232Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 47.
233Bei den von der T. B. GmbH erbrachten (verwaltungshelferischen Betriebsführungs-)Leistungen im Rahmen der öffentlichen Abwasserbeseitigung handelt es sich nicht um marktgängige Leistungen,
234vgl. zur fehlenden Marktgängigkeit der von privaten Betriebsführern erbrachten Entwässerungsleistungen: OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2004 – 9 A 4187/01 –, Urteilsabdruck Seite 13,
235so dass hier kein Marktpreis in Betracht kommt.
236Kommt kein Marktpreis in Betracht, so ist der zulässige Preis in absteigender Stufenfolge als Selbstkostenfestpreis (§ 6 Abs. 1 und 2 VO PR Nr. 30/53), als vorläufiger Selbstkostenpreis (Selbstkostenrichtpreis – § 6 Abs. 3 VOPR Nr. 30/53) und schließlich als Selbstkostenerstattungspreis (§ 7 VO PR Nr. 30/53) zu ermitteln; sind die Voraussetzungen für einen „ranghöheren“ Preistyp erfüllt, so darf ein „rangniederer“ Preistyp nicht vereinbart werden (sog. „Preistreppe“). Für die Preisbildung ist allein der zulässige Preistyp maßgeblich.
237Vgl. Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), § 1 VO PR Nr. 30/53, Rn. 70 und 77, und OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 47.
2383.1. (zum Preistyp des Selbstkostenfestpreises nach § 11 Abs. 1, 4, 5 und 6 BFV) Das in § 11 Abs. 1, 4 und 5 des Betriebsführungsvertrages für die (Entwässerungs-) Betriebsführung vorgesehene Entgelt trägt unter Berücksichtigung der hier bestehenden Verhältnisse den Anforderungen an die Rangfolge der Preistypen Rechnung.
239Die Vertragspartner haben die Entgeltregelung im Kern auf die preisrechtlich zutreffende Basis eines Selbstkostenfestpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53, d.h. des nach dem hier nicht einschlägigen Marktpreis ranghöchsten Preistyps, gestellt. Gemäß § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 (in Verbindung mit LSP Nr.6 lit. a.) ist der Selbstkostenfestpreis aufgrund von (Vor-)Kalkulationen zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen.
240Hier sind unter Berücksichtigung des Charakters des Betriebsführungsvertrages als langfristig angelegtem Dauerschuldverhältnis diese Anforderungen erfüllt, da der Preis für die Leistungserbringung bei Vertragsschluss als fixes jährliches Entgelt ab dem Jahr 2004 vereinbart worden ist (§ 11 Abs. 1, 3, 4 und 5 des Vertrages). Dieser Basis-Selbstkostenfestpreis 2004 ist zwar mit einem Preisvorbehalt gekoppelt. Denn das Entgelt soll von dieser Basis aus bis zum Ende der Vertragslaufzeit jeweils zum 1. Januar der folgenden Jahre nach Maßgabe der vereinbarten Preisgleitklausel in vorab genau festgelegten Bahnen fortentwickelt werden (§ 11 Abs. 6 des Vertrages in Verbindung mit Anl. 3 (Formel der Preisgleitklausel)). Dabei ist die Preisgleitklausel mit einem Stand der Bezugsbasis, „Juni des der Entgeltanpassung vorangehenden Jahres“, so gestaltet, dass der Umfang der Fortentwicklung für das kommende Leistungs-/Veranlagungsjahr bereits im (Gebühren-)Kalkulationszeitpunkt und damit auch bezogen auf die jährliche Leistungserbringung im voraus feststeht.
241Diese Vereinbarung begegnet mit Blick auf die Rangfolge der Preistypen keinen Bedenken. Auch Selbstkostenfestpreise können nämlich mit Preisvorbehalten (Preisgleitklauseln) gekoppelt werden; es besteht kein preisrechtliches Verbot, solche Klauseln zu vereinbaren. Sie finden ihre Rechtfertigung auch preisrechtlich in der Erwägung, dass Kostenänderungen einen (unzumutbar) großen Umfang annehmen können, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Kalkulation und der Zeit der Leistungserstellung größere Zeiträume liegen.
242Vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, zu § 1 VO PR Nr. 30/53 Rn. 43, 45, 48 und 57 f.
243Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarung eines Selbstkostenfestpreises mit Preisgleitklausel hier wegen der langen, unbefristeten Vertragslaufzeit dem Preistyp nach nicht zu beanstanden.
2443.2. (zum Preistyp der Selbstkostenpreise nach § 11 Abs. 7 und 9 BFV) Bzgl. der ergänzenden Entgeltabreden in § 11 Abs. 7 und 9 des Vertrages bzw. deren Handhabung durch die Vertragsparteien bestehen unter folgenden Gesichtspunkten preisrechtliche Bedenken.
2453.2.1. (zum Preistyp in § 11 Abs. 7 BFV) In § 11 Abs. 7 des Vertrages ist an sich eine Selbstverständlichkeit geregelt. Danach erfolgt außerhalb der Preisanpassung nach Abs. 6 eine Anpassung des Entgeltes gemäß Abs. 1 wegen neuer oder nachweislich höherer Betriebskosten, wenn der vertragliche Leistungsumfang aufgrund von Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen oder behördlichen Auflagen oder aufgrund von Wünschen oder Weisungen der Stadtentwässerung L. (nachträglich) erweitert wird. Auch das Entgelt für die zusätzlichen Leistungen ist selbstverständlich gemäß den preisrechtlichen Vorschriften zu kalkulieren, d.h. hier als Selbstkostenfestpreis.
246Dem dürfte die bisherige tatsächliche Handhabung der Preisermittlung für die einzige bisher hinzugekommene zusätzliche Leistung im Sinne des § 11 Abs. 7 BFV (Ermittlung der Flächen nicht leitungsgebundener Niederschlags(ab-)wasserableitungen in die öffentliche Anlage) nicht entsprechen. Denn die Beklagte gewährt der T. B. GmbH nach eigenen Angaben für diese Zusatzleistung einen Selbstkostenerstattungspreis (vgl. Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015 zu I. E. a. und b.). Dies ist der nach §§ 1, 4 – 7 VO PR Nr. 30/53 letztrangige (!) Preistyp, der auf einer (jährlichen) Nachkalkulation der Kosten nach Erbringung der Leistung beruht (§ 7 VO PR Nr. 30/53, LSP Nr. 6). Ein solcher Preis darf hier aber nicht gewährt werden. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass eine andere Preisermittlung nach einem vorrangigen – vorkalkulatorischen – Preistyp nicht möglich wäre (vgl. § 7 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53; LSP Nr. 6). Dagegen spricht, dass die seit dem Jahre 2012 nach Maßgabe des § 11 Abs. 7 BFV zusätzlich zu erbringenden Leistungen ersichtlich dauerhafter und nach der eingesetzten Arbeitsmenge vor der jährlichen Leistungserbringung vor allem auch übersehbarer Natur sind (vgl. zu letzterem Kriterium für die Ermittlung eines Festpreises: § 6 Abs. 3 VO PR Nr. 30/53). Da für die Leistungserbringung seit dem Jahre 2012 offenbar zwei neue Mitarbeiter nebst Arbeitsplatz-/ Fahrzeugausstattung fest vorgesehen sind, ist das Entgelt für diese Leistung in einen vorrangigen vorkalkulatorischen Preistyp zu überführen und in Höhe des sich dabei ergebenden Betrages zu leisten, solange die Zusatzleistung erbracht wird.
247Im Übrigen entspricht ein Selbstkostenerstattungspreis auch nicht der vertraglichen Vereinbarung. Dagegen spricht die Regelung in § 11 Abs. 7 S. 2 BFV. Danach sollen die Gewichtungsfaktoren in der Preisgleitklausel auf Verlangen eines Vertragspartners angepasst werden, wenn zusätzliche Kosten im Sinne des § 11 Abs. 7 BFV zu einer Veränderung der in der Preisgleitklausel zugrundegelegten Kostenzusammensetzung führen. Diese Regelung spricht vielmehr dafür, dass die nach Maßgabe der Kalkulationsvorgaben in § 11 Abs. 7 BFV (Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit) berechneten Kosten der betroffenen Leistungserweiterungen – gegebenenfalls nur für den beschränkten Zeitraum einer zeitlich begrenzten Leistungserweiterung – den (vorkalkulatorischen) Selbstkostenfestpreis nach § 11 Abs. 5 BFV der Leistungserweiterung entsprechend „anwachsen“ lassen sollen und sich die weitere Kostenentwicklung auch dieser Leistungen in der Folgezeit nur nach der Gleitklausel nach § 11 Abs. 6 BFV richten sollte. Andernfalls ist nicht erkennbar, wie „solche zusätzlichen Kosten zu einer Veränderung der in der Preisgleitklausel zugrundegelegten Kostenzusammensetzung“ führen sollten, wenn Preisveränderungen durch Leistungserweiterungen im Sinne des § 11 Abs. 7 BFV keinerlei Auswirkungen auf den der Preisgleitung unterliegenden Festpreis nach Abs. 5 haben, sondern sich (ohne Preisgleitung) unabhängig von ihm im Wege eines Erstattungspreises entwickeln sollten.
248Angesichts der geringfügigen Höhe der Kosten im Sinne des § 11 Abs. 7 BFV, die in die Gebührenkalkulation eingeflossen sind (ca. 125.000,- Euro brutto – vgl. die Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 1. Juli 2015 zu I. E. c.), und vor allem der Tatsache, dass bereits die weiter festzustellenden Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, braucht hier allerdings der Frage nicht weiter nachgegangen zu werden, ob und in welchem Umfang mit der Ermittlung des Preises für die Leistungen nach § 11 Abs. 7 BFV nach den Grundsätzen der Selbstkostenerstattung statt im dargelegten Wege der „(vorkalkulatorischen) Anwachsung des Selbstkostenfestpreises“ auch tatsächlich eine Kostenüberschreitung verbunden war. Dies ist nicht zwingend der Fall, da auch die in der Gebührenbedarfsberechnung angesetzten Selbstkosten vorkalkulatorisch vor dem Leistungsjahr (!) und nach Angaben der Beklagten ohne Zuschlag für das allgemeine Unternehmerwagnis ermittelt wurden. Im Folgenden wird daher mangels Entscheidungserheblichkeit davon ausgegangen, dass der Ansatz von Kosten im Sinne des § 11 Abs. 7 BFV nicht zu reduzieren ist.
2493.2.2. (zum Preistyp in § 11 Abs. 9 BFV) In § 11 Abs. 9 des Vertrages wird die Festpreisabrede für den Fall ergänzt, dass Ersatzbeschaffungen für solche beweglichen Anlagegüter vorgenommen werden müssen, die beim Erwerb durch die T. B. GmbH (vom Regiebetrieb im Zuge der Überleitung der Betriebsführung) auf einen Erinnerungswert abgeschrieben waren und deswegen (bei Vertragsschluss) keine kalkulatorischen Kosten auslösten. Nach der Vereinbarung wird das Betriebsführungsentgelt in Höhe der kalkulatorischen Abschreibungen unter Berücksichtigung einer 6,5-%-igen kalkulatorischen Verzinsung für diese beweglichen Anlagegüter einschließlich eines Zuschlages für das allgemeine Unternehmerwagnis in Höhe von 3 % auf die vorgenannten kalkulatorischen Kosten und zuzüglich anteiliger Umsatzsteuer erhöht.
250Diese Zusatzentgeltabrede ist preisrechtlichen Bedenken ausgesetzt; im Folgenden wird aber mangels Entscheidungserheblichkeit davon ausgegangen, dass der Ansatz von Kosten im Sinne des § 11 Abs. 9 BFV nicht zu reduzieren ist.
251Die Zusatzentgeltabrede in § 11 Abs. 9 BFV ist preisrechtlich bedenklich, weil sie das durch § 11 Abs. 1, 3, 4, 5 und 6 BFV vorgegebene Festpreisgefüge, das grundsätzlich auch für die durch den Einsatz von Anlagevermögen verursachten kalkulatorischen Kosten gelten soll, untergräbt; sie dürfte daher nicht einer Preiskalkulation entsprechen, die den Anforderungen der LSP Nr. 4 Abs. 2 genügt, d.h. in der nur diejenigen Kosten berücksichtigt werden, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Herstellung der Leistung entstehen.
252Die vertragliche Entgeltabrede in § 11 Abs. 1, 3, 4, 5 und 6 BFV ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten für die unbefristete Vertragsdauer einen jährlichen Selbstkostenfestpreis vereinbart haben. Dabei repräsentieren Menge und Wert der für die (jährliche) Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste (vgl. LSP Nr. 4 Abs. 1) des Jahres 2004 zugleich Menge und Wert der für die Leistungserstellung für jedes einzelne Folgejahr verbrauchten Güter mit der Ausnahme, dass gemäß § 11 Abs. 6 BFV das Preisniveau dem Preisvorbehalt durch eine Preisgleitungsabrede unterliegen soll. Der Kalkulation des langfristig vereinbarten Selbstkostenfestpreises liegt mit anderen Worten die Annahme zu Grunde, dass die für die Leistungserstellung des Jahres 2004 kalkulierten Kosten den jährlichen Kosten entsprechen, die der Auftragnehmerin auch in den Folgejahren entstehen, wenn die zu erwartenden Änderungen des Preisniveaus über die Preisgleitklausel aufgefangen werden. Gerade auch für die hier bedeutsamen, durch den Einsatz von Anlagevermögen verursachten Kosten der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen bedeutet dies, dass die Abschreibungs- und Verzinsungsbasis – wie im Übrigen auch der auf der Basis dieser Kosten anfallende anteilige Wagniszuschlag und die anteilige Umsatzsteuer vorbehaltlich der Preisgleitung – für die Vertragsdauer auf dem Niveau des Jahres 2004 „eingefroren“ bleibt, obwohl im Laufe der Jahre das die fortdauernde Abschreibungsbasis nach seinem Anschaffungs-/Herstellungswert bildende Anlagevermögen (vgl. LSP Nrn. 37 ff.) des Jahres 2004 nach und nach aus dem Betrieb ausscheiden wird und der die fortdauernde Basis der kalkulatorischen Verzinsung bildende Anschaffungs-/Herstellungsrestwert des Anlagevermögens (vgl. LSP Nr. 45 Abs. 1) des Jahres 2004 sich jedes Jahr verringert, ohne dass dies zu entsprechenden Kostenänderungen, d.h. Kostensenkungen, führte. Der – vorbehaltlich der Preisgleitung – jährlich gleichmäßige Ansatz der kalkulatorischen Kosten mag seine Rechtfertigung in der langfristigen Preisbindung finden, solange andererseits auch neu erworbenes Anlagevermögen keine kalkulatorischen Kosten auslöst und insbesondere auch die Ersatzbeschaffung der in § 11 Abs. 9 BFV angesprochenen, bereits bei Vertragsschluss abgeschriebenen Altanlagen ihrererseits zu keinen Kostenänderungen, d.h. Kostensteigerungen, führt. Die über die Preisabrede in § 11 Abs. 1, 3, 4, 5 und 6 BFV – vorbehaltlich der Preisgleitung – erfolgte „Stillstellung“ der kalkulatorischen Kosten des beweglichen Anlagevermögens auf der Grundlage der Abschreibungs- und Verzinsungsbasis des Jahres 2004 mag es rechtfertigen, dass an sich kostensenkende Änderungen (durch Wegfall von Anlagegütern und ihre Werte) sowie an sich kostensteigernde Änderungen (durch Neuerwerb von Anlagegütern) gleichermaßen in der Erwartung festpreismäßig „neutralisiert“ werden, d.h. in der Erwartung ohne Auswirkung auf das Entgelt bleiben sollen, dass die „stillgestellten“ Grundlagen die über die Jahre der langfristig vereinbarten Vertragsdauer anfallenden kalkulatorischen Kosten hinreichend zutreffend abbilden mögen, weil die Kostenfolgen des Wechsels im Anlagenbestand und vor allem in seinen Anschaffungs-/Herstellungswerten und -restwerten durch die Neutralisierung über die gesamte Vertragsdauer in der Gesamtsicht ausgeglichen werden mögen.
253Vor diesem Hintergrund unterliegt die Zusatzentgeltabrede in § 11 Abs. 9 BFV jedenfalls deswegen durchgreifenden preisrechtlichen Bedenken, weil die – die „Stillstellung“ der kalkulatorischen Kosten des beweglichen Anlagevermögens in § 11 Abs. 1, 3, 4, 5 und 6 BFV allenfalls rechtfertigende – „ausgleichende Neutralisierung“ durch das in Rede stehende Zusatzentgelt in preisrechtlich nicht mehr hinzunehmender, d.h. in unzumutbar kostentreibender Weise gestört wird. Denn während einerseits das Entgelt nach § 11 Abs. 1, 3, 4, 5 und 6 BFV gegenüber einer Verminderung oder einem künftigen Wegfall von Teilen des Anlagevermögens stets „unempfindlich“ für eine Kostensenkung bliebe, würde bei einer preisrechtlichen Wirksamkeit der Regelungen § 11 Abs. 9 BFV demgegenüber andererseits der Neuerwerb von Anlagevermögen als Ersatz für Vermögen, das bei Erwerb durch die T. B. GmbH zu Vertragsbeginn auf einen Erinnerungswert abgeschrieben war, stets kostensteigend wirksam.
254Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es vor dem hier angedeuteten Hintergrund der Schwierigkeiten einer angemessenen Kalkulation der – hier nur einen geringfügigen Teil der Selbstkosten ausmachenden – kalkulatorischen Kosten des beweglichen Anlagevermögens nach Maßgabe einer „stillgestellten“ Basis den Vertragsparteien jedenfalls für die Zukunft unbenommen sein dürfte, ihre Entgeltabrede in § 11 BFV, soweit sie sich auf die kalkulatorischen Kosten des beweglichen Anlagevermögens (Abschreibungen und Verzinsungen) sowie die darauf anfallenden anteiligen Wagniszuschläge und die anteilige Umsatzsteuer bezieht, dahingehend zu ändern, dass für diese Kostenarten vor dem Jahr der jeweiligen Leistungserbringung ein eigener Selbstkostenfestpreis ermittelt wird, der auf der Vorkalkulation der für das Jahr der Leistungserbringung konkret zu erwartenden kalkulatorischen Kosten beruht.
2554.
256(Zu den Ansätzen im Betriebsführungsentgelt im Einzelnen)
257Der Ansatz des Betriebsführungsentgeltes der T. B. GmbH in der Gebührenbedarfsberechnung begegnet der eingeflossenen Höhe nach aus den im folgenden dargelegten Gründen teilweise preisrechtlichen Bedenken.
258Bei der Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass sich das für das Jahr 2012 angesetzte Betriebsführungsentgelt in Höhe von 9.065.851,88 Euro brutto gliedert in den – unter Anwendung der Preisgleitklausel fortentwickelten – Selbstkostenfestpreis im Sinne des § 11 Abs. 1, 4, 5 und 6 BFV (4.1.) sowie die Preisanpassungen auf der Grundlage des § 11 Abs. 7 BFV (4.2.) und des § 11 Abs. 9 BFV (4.3.).
2594.1. (zu den Maßstäben der Selbstkostenpreisermittlung bezogen auf den Preis nach § 11 Abs. 1, 4, 5 und 6 BFV) Der Basis-Selbstkostenfestpreis im Sinne des § 11 Abs. 1, 4, 5 BFV von 5.900.000.- Euro (vor Umsatzsteuer) ist unter Anwendung der Preisgleitklausel nach § 11 Abs. 6 BFV auf das Jahr 2012 fortentwickelt und in der Kalkulation mit einem Betrag in Höhe von insgesamt (7.301.245,55 Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer =) 8.688.482,20 Euro brutto angesetzt worden (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 2. März 2015 und Anlage in dem Verfahren 5 K 5707/14 – Bl. 221 ff. der Gerichtsakte, oder die Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1.Juli 2015 zu I. E.c. - dort ist der Nettobetrag ohne 19 % Umsatzsteuer genannt).
260Zur Ermittlung des (zulässigen) Selbstkostenpreises sind nach § 8 VO PR Nr. 30/53 die der Verordnung als Anlage beigefügten Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) anzuwenden. Das heißt für die Ermittlung von Selbstkostenfestpreisen insbesondere, dass die preisrelevanten Kosten durch Vorkalkulation (Nr. 6 Buchst. a) LSP) aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
261Erfolgt die Kontrolle der preisrechtlichen Zulässigkeit des Betriebsführungsentgeltes wie hier im Rahmen einer Prüfung, ob in einer Gebührenkalkulation ein Fremdleistungsentgelt in rechtmäßiger Höhe angesetzt worden ist, ist der eingeschränkte gebührenkalkulatorische Prüfungsmaßstab zu beachten. Der der gebührenerhebenden Stelle bei der Kalkulation eröffnete Prognosespielraum ist – wie oben dargelegt – erst dann überschritten, wenn bei der Prüfung des angemeldeten Anspruches auf Fremdleistungsentgelt aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung der Forderung des Dritten bereits absehbar ist und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozessrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als ein bestimmter niedrigere Kostenansatz unvertretbar, mithin also ermessensfehlerhaft gewesen wäre.
262Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist hier Folgendes auszuführen:
263Ausgangspunkt der Prüfung ist die beklagtenseits vorgelegte „Vorkalkulation Betriebsführungsentgelt 2004“ in ihrer spezifizierten Übersichtsfassung (vgl. etwa Anlagen 4 und 5 zu dem Schriftsatz vom 21. November 2014 in dem Verfahren 5 K 5707/14).
264Vor dem genannten Prüfungshintergrund ist die Übernahme des dort gefundenen Basispreises von 5.900.000,- Euro zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer, d.h. des für das Jahr 2004 als Gegenleistung für die Betriebsführung vereinbarten Basis-Selbstkostenfestpreises, der für die folgenden Jahre Ausgangspunkt der Preisfortentwicklung nach Maßgabe der Preisgleitklausel sein soll, nur in Teilbereichen zu beanstanden.
2654.1.1. (zu den Grundlagen der Preisermittlung) Gemäß Darlegung der Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung durch den anwesenden und an der Kalkulation seinerzeit beteiligten Mitarbeiter einer der beteiligten Wirtschaftsprüfungsfirmen bestätigt wurde, waren Grundlage der Vorkalkulation dieses Festpreises Mengen und Werte der für die Erstellung der Entwässerungsleistungen verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste, wie sie sich für den Regiebetrieb der Beklagten als seinerzeit „gebührenrechnender Einheit“ nach dessen betriebswirtschaftlichen Unterlagen ergaben. Durch diesen Regiebetrieb hatte die Beklagte vor der zum Jahre 2004 erfolgenden Privatisierung die entwässerungsbezogenen Aufgaben erfüllen lassen, die sie mit dem Betriebsführungsvertrag auf die T. B. GmbH übertragen hat. Die in Rede stehende Vorkalkulation spiegelt i.W. die Kosten wider, die nach den betriebswirtschaftlichen Erfahrungen der Vergangenheit bei dem Regiebetrieb für die von der Übertragung betroffenen entwässerungsbezogenen Aufgaben im Jahre 2004 angefallen wären. Wie bereits oben dargelegt, begegnet die zu Vergleichszwecken vorgenommene vorkalkulatorische Fortentwicklung der für das Jahr 2003 kalkulierten Kosten des Regiebetriebes auf das Jahr 2004 keinen Bedenken. Die T. B. GmbH hat von dem Regiebetrieb die übertragenen entwässerungsbezogenen Aufgaben, das bei dem Regiebetrieb eingesetzte bewegliche Vermögen (vgl. § 11 Abs. 9 BFV) und i.W. auch das bisher dort einschlägig beschäftigte Personal (vgl. § 2 BFV) übernommen; mit anderen Worten, sie ist in den Betrieb umfänglich eingetreten. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die bei dem Regiebetrieb für die Erfüllung der Aufgaben, die auf die T. B. übergingen, angefallenen/anfallenden Mengen und Werte auch das Mengen- und Wertgerüst (= Preisgerüst) widerspiegeln, das auch die T. B. GmbH für die Erstellung der entsprechenden Entwässerungsleistungen an Güterverbrauch und in Anspruch genommenen Diensten aufzuwenden hat. Denn es bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass der Regiebetrieb unwirtschaftlich gearbeitet hätte, noch dafür, dass die – den Regiebetrieb gleichsam übernehmende – T. B. GmbH gegenüber diesem Betrieb in den Jahren 2003/4 weitere besondere Kostenvorteile gehabt hätte, die über die Vorteile hinausgingen, durch die sie die rein privatisierungsbedingt entstehenden „Mehrkosten“, d.h. insbesondere die Belastung ihres Preises durch Umsatzsteuer und Unternehmerwagnis, zu kompensieren gedachte.
266Bedenken gegen die Vorkalkulation des Basis-Selbstkostenfestpreises 2004 ergeben sich auch nicht daraus, das darin ein Personalaufwand in Höhe von 3.219.100.- Euro angesetzt ist, während nach der angestellten Vergleichsrechnung für einen „Regiebetrieb im Status quo“ unter der Position „Personalausgaben“ für die Jahre 2003/2004 lediglich 2.746.500.- Euro bzw. 2.774.000.-Euro angesetzt waren (vgl. etwa Anlagen 4 – 6 zu der Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 18. März 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14, d.s. die Unterlagen „Gebührenkalkulation für das Jahr 2003“, „Status quo: Stadtentwässerung – Regie Regiebetrieb 2003/2004“ und „Gebührenbedarfsberechnung Neuordnung 2004“). Diese Differenz erklärt sich ausweislich der Erläuterungen der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015 zu I.B. (vgl. z.B. Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14) daraus, dass die T. B. GmbH nicht nur das in der Vergleichsrechnung für einen „Regiebetrieb im Status quo“ unter der Position „Personalausgaben“ abgebildete Personal, sondern zudem auch zu wesentlichen Teilen das Personal übernommen hat, das in der Vergleichsrechnung unter der Position „Innere Verrechnungen FB-Overhead 66 (Tiefbauamt)“ abgebildet war. Soweit der in der Vorkalkulation des Basis-Selbstkostenfestpreis angesetzte Personalaufwand um rund 160.000.- Euro unter der Summe der Personalkosten liegt, die in der Vergleichsrechnung für einen „Regiebetrieb im Status quo“ unter den Positionen „Personalausgaben“ und „Innere Verrechnungen FB-Overhead 66 (Tiefbauamt)“ abgebildet waren, erklärt sich dies nach Darlegung der Beklagten daraus, dass nicht alle in der Vergleichsrechnung erfassten Mitarbeiter „real übergegangen“ sind.
267Vor dem oben genannten Prüfungshorizont (Stichwort: Unvertretbarkeit des Ansatzes) durfte und darf die Beklagte bei ihrer Gebührenkalkulation daher davon ausgehen, dass die – nach wie vor für das Betriebsführungsentgelt als Basis maßgebliche – Selbstkostenkalkulation der T. B. GmbH aus dem Jahre 2003 für das Jahr 2004 in Bezug auf Menge und Wert des Güterverbrauches und der in Anspruch genommenen Dienste den preisrechtlichen Anforderungen grundsätzlich – d.h. vorbehaltlich der noch anzusprechenden Ausnahmen, d.s. vor allem die Kosten der Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten durch die T. B. GmbH, – entsprach. Dies gilt umso mehr, als die Entwicklung des Selbstkostenpreises der T. B. GmbH auf der Grundlage der Kosten des Regiebetriebes durch eine sachverständige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erfolgte und sich der Festpreis zudem unter dem Strich „gebührenneutral“ auswirkte.
2684.1.2. (zu den rechtlich bedenklichen Ansätzen) Durchgreifende Bedenken gegen die preisrechtliche Zulässigkeit des Basis-Selbstkostenpreises von 5.900.000,- Euro netto hätten sich der Beklagten mit kalkulationswirksamer Dringlichkeit aber in folgendem Umfang aufdrängen müssen:
2694.1.2.1. (Personalkosten) Soweit in die Kalkulation des Selbstkostenpreises unter der Kostenart „Personalkosten“ auch Kosten für Mitarbeiter der T. B. GmbH eingeflossen sind, die rechtswidriger Weise hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt haben, sind diese Kosten aus dem zulässigen Selbstkostenpreis auszuscheiden. Ihr Ansatz widerspräche der preisrechtlichen Anforderung, dass in der Preisermittlung nur Kosten zu berücksichtigen sind, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Die hier in Rede stehenden Kosten sind für eine ordnungsgemäße Leistungserstellung durch die T. B. GmbH als nicht betriebsnotwendig zu bewerten, da diese als nicht beliehene Private keine hoheitlichen Tätigkeiten ausüben darf.
270Soweit allerdings die der T. B. GmbH zugewiesenen Beamten im Rahmen der Entwässerungsaufgabenerfüllung der Auftragnehmerin nicht-hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt haben, bleiben deren Personalkosten insoweit als betriebsnotwendig ansatzfähig. Offen bleiben kann dabei, ob die klägerseitige Behauptung zutrifft, die erfolgte Zuweisung der Beamten an die T. B. GmbH sei durch § 123a Abs. 2 Beamtenrechtsrahmengesetz nicht gedeckt. Jedenfalls ist die Zuweisung wirksam und damit in dem hier in Rede stehenden Rahmen kostenrelevant.
271Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Personalkostenanteil an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf 452.300,- Euro ohne Umsatzsteuer. Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um diesen Betrag (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
272Sonstige Bedenken gegen den Personalkostenansatz sind nicht ersichtlich.
2734.1.2.2. (Abschreibungen für bewegliches Anlagevermögen) Bedenken gegen den Ansatz dieser Kosten sind nicht ersichtlich. Gemäß Nrn. 37 ff. LSP sind Anlageabschreibungen preisrechtlich zulässig.
274Die Abschreibung der von der T. B. GmbH übernommenen beweglichen Anlagegüter ist ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. D. (vgl. z.B. Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14) – unter Fortschreibung der vom Regiebetrieb übernommenen Werte – auch in Übereinstimmung mit Nr. 38 LSP nach Maßgabe der auf den Nutzungszeitraum verteilten Anschaffungs-/Herstellkosten erfolgt.
2754.1.2.3. (Sachaufwendungen) Das soeben unter 4.1.2.1. Ausgeführte gilt entsprechend für Sachaufwendungen, soweit die eingeflossenen Sachkosten durch hoheitliche Tätigkeiten von Mitarbeitern der T. B. GmbH verursacht sind.
276Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Kostenanteil für Sachaufwendungen an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf 42.200,- Euro ohne Umsatzsteuer. Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um diesen Betrag (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
277Sonstige Bedenken gegen den Sachkostenansatz sind nicht ersichtlich.
2784.1.2.4. (Sonstige Aufwendungen, Kostenerstattung Betriebshof, „Geschäftsbesorgungsentgelt T. AG“) Das soeben unter 4.1.2.1. Ausgeführte gilt hier entsprechend, soweit eingeflossene Kosten durch hoheitliche Tätigkeiten von Mitarbeitern der T. B. GmbH verursacht sind.
279Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Kostenanteil für „sonstige betriebliche Aufwendungen“ und „Overhead“ an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf insgesamt 149.400.- Euro ohne Umsatzsteuer. Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um diesen Betrag (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
280Sonstige Bedenken gegen den diesbezüglichen Kostenansatz sind nicht ersichtlich. Zwar sind unter diesen Positionen auch leistungsfremde Kosten erfasst, um die die Preiskalkulation aber über den Nebenertragsabzug ersichtlich wieder bereinigt wurde (vgl. z.B. die Kostenposition „Kosten für die Sanierung von Hausanschlüssen“ und die kostenmindernd berücksichtigte Ertragspositionen „Kostenersatz für die Sanierung von Hausanschlüssen“).
2814.1.2.5. (Kalkulatorische Zinsen) Bedenken gegen den Ansatz dieser Kosten sind nicht ersichtlich.
282Gemäß Nrn. 43 ff. LSP ist der Ansatz kalkulatorischer Zinsen für die Bereitstellung des betriebsnotwendigen Kapitals (BNK) preisrechtlich zulässig, wobei preisrechtlich nicht zwischen Eigenkapital und Fremdkapital unterschrieben wird (Nr. 43 Abs. 3 LSP). Das betriebsnotwendige Kapital besteht gemäß Nr. 44 Abs. 1 LSP aus dem betriebsnotwendigen Vermögen vermindert um das Abzugskapital, dass aus zinslos zur Verfügung gestellten Vorauszahlungen und Anzahlungen durch öffentliche Auftraggeber und solchen Schuldbeträgen besteht, die dem Unternehmen im Rahmen des gewährten Zahlungsziels von Lieferanten zinsfrei zur Verfügung gestellt werden. Zum betriebsnotwendigen Vermögen gehören alle Vermögensteile, die zur Leistungserstellung erforderlich sind, insbesondere das Anlagevermögen, dass gemäß Nr. 45 Abs. 1 LSP mit dem kalkulatorischen Restwert nach Maßgabe der preisrechtlichen Vorschriften für die Abschreibungen zu Anschaffung- oder Herstellungskosten (Nrn. 37 ff. LSP) anzusetzen ist. Der Zinsfuß für die kalkulatorischen Zinsen ist gemäß Nr. 43 Abs. 2 LSP i.V.m. § 1 Buchst. a) der Verordnung PR Nr. 4/72 über die Bemessung des kalkulatorischen Zinssatzes vom 17. April 1972 (Bundesanzeiger Nr. 78) auf 6,5 % beschränkt.
283Vgl. zum Vorstehenden: Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), LSP Nr. 43 Rn. 3 ff., 8, Nr. 44 Rn. 2 ff., Nr. 44 Rn. 3 ff. und Anhang 9.
284Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. D. b. (d.i. z.B. der Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), ist ein (als solcher zulässiger) kalkulatorischer Zinssatz von 6,5 % auf die Verzinsungsbasis der Anschaffungs-/Herstellungskosten der nach der Vorkalkulation des Basis-Betriebsführungsentgeltes 2004 für die Leistungserbringung eingesetzten beweglichen Anlagegüter angewandt worden. Auch die Verzinsungsbasis wurde zutreffend gewählt. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, war Basis der angesetzten kalkulatorischen Zinskosten der Anschaffungs- und Herstellungsrestwert des im Betrieb eingesetzten beweglichen Anlagevermögens. Für die Richtigkeit dieser Angabe spricht insbesondere, dass nach § 3 Abs. 2 BFV auch bewegliches Anlagevermögen der Stadtentwässerung nach Maßnahme dabei eines gesonderten Vertrages an die T. B. GmbH zum fortgeschriebenen Buchwert veräußert werden sollte.
2854.1.2.6. (Gewerbesteuer) Das soeben unter 4.1.2.1. Ausgeführte gilt hier entsprechend, soweit eingeflossene Kosten für die Gewerbesteuer durch hoheitliche Tätigkeiten von Mitarbeitern der T. B. GmbH verursacht sind.
286Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Kostenanteil für die Gewerbesteuer an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf 2.800.- Euro ohne Umsatzsteuer. Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um diesen Betrag (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
287Sonstige Bedenken gegen den Ansatz dieser Kosten sind nicht ersichtlich. Der Ansatz der Gewerbesteuer ist nach Nr. 30 Buchst. a) LSP preisrechtlich zulässig.
2884.1.2.7. (Zuschlag für das allgemeine Unternehmerwagnis) Das soeben unter 4.1.2.1. Ausgeführte gilt hier entsprechend, soweit eingeflossene Kosten für das Wagnis durch hoheitliche Tätigkeiten von Mitarbeitern der T. B. GmbH verursacht sind.
289Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Kostenanteil für das Wagnis an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf 19.300.- Euro ohne Umsatzsteuer. Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um diesen Betrag (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
290Sonstige Bedenken gegen den Ansatz dieser Kosten bestehen nicht. Insbesondere gegen den vereinbarten Wagnisansatz von 3 % der Nettoselbstkosten, der nach dem Bezug seiner Kalkulation auf den Nettoselbstkostenpreis eindeutig ein Zuschlag für das allgemeine Unternehmerwagnis ist (vgl. dazu LSP Nr. 47 Abs. 2 und Nr. 52 Abs. 1) und aufgrund seiner Berechnungsweise kein Zuschlag für Einzelwagnisse sein kann (vgl. dazu LSP Nr. 47 Abs. 3, Nr. 49), bestehen keine Bedenken.
2914.1.2.7.1. Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des für Entwässerungsgebührenfragen zuständigen Senats des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) geklärt.
292Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 99 unter Berufung auf OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
293Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse (= Verlustrisiken) ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören daher z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
294Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl., 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
295Vorliegend ist im vereinbarten Selbstkostenfestpreis ein kalkulatorischer Gewinn nach einem Hundertsatz vom Umsatz, nämlich in Höhe von 3 % der Nettoselbstkosten (= Selbstkostenpreis ohne Umsatzsteuer) angesetzt.
296Vgl. zu diesem Umsatzbegriff in Nr. 52 LSP: Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl., 2010, Nr. 52 LSP Rn. 5.
297Gegen den Wagnisansatz in Höhe von 3 % bestehen keine Bedenken.
298Für Selbstkostenfestpreise privater Fremdleister, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der zuständige Senat des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren (allgemeinen Unternehmer-)Wagnisses bislang regelmäßig für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
299Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
300Die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, ist letztlich aber eine Frage des Einzelfalles.
301Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 109.
302Daher hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem zuletzt zitierten Urteil die Auffassung vertreten, dass das allgemeine Unternehmerwagnis in der dort vorliegenden Konstellation anders als in den anderen dort genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten sei und ein Betrag von mehr als 1 % Prozent der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden könne. Zur Begründung hat der Senat darauf abgestellt, dass
303- sich die Ermittlung des Selbstkostenpreises in dem dort entschiedenen Fall nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren bezog und es daher an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten könnten, fehlte;
304- Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen könnten;
305- nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) nicht ersichtlich seien;
306- dem Fremdleister durch die im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden seien.
307Der vorliegende Fall ist aber mit dieser Konstellation nicht vergleichbar. Zwar sind auch hier nennenswerte Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit angesichts des öffentlichen Auftraggebers oder infolge Veränderung des Marktes nicht ersichtlich. Diese Gesichtspunkte allein haben das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aber regelmäßig nicht gehindert, ein 3-%-Wagnis für angemessen zu halten.
308Zweck des Ansatzes des allgemeinen Unternehmerwagnisses ist es, auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken zu sichern, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
309Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, 175, juris Rn. 25; Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), LSP Nr. 51 Rn. 6.
310Daher ist es für die Überzeugung des erkennenden Gerichtes, ein 3-%-Wagniszuschlag sei auch für das hier zu prüfende Betriebsführungsentgelt angemessen, entscheidend, dass sich die T. B. GmbH durch den unbefristet gültigen Betriebsführungsvertrag sehr langfristig an ihren vorkalkulierten Gesamtpreis für die von ihr vertragsgemäß zu erbringenden Leistungen gebunden hat. Der vereinbarte Gewinnzuschlag rechtfertigt sich vor diesem Hintergrund aus dem gesteigerten Unternehmerrisiko, dass die T. B. GmbH übernommen hat, indem sie einen dauerhaften Selbstkostenfestpreis vereinbart hat, der sich nach Maßgabe des im Wesentlichen fixen (Leistungs-)Mengengerüsts 2004 und der Preisindexierung bestimmt und der insoweit keiner Nachkalkulation zugänglich ist.
311Der Auftragnehmer ist mit dieser langen Bindung ein allgemeines unternehmerisches Preiswagnis eingegangen, das darin besteht, dass die dem festen Preis zu Grunde liegende Vorkalkulation die später tatsächlich entstehenden Kosten nicht zutreffend berücksichtigt haben könnte. Dieses Wagnis kann sich sowohl auf Mengenabweichungen als auch auf Wert-/Preisabweichungen beziehen.
312Vergleiche zum „Preiswagnis“: Michaelis/Rhösa, Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen, Loseblattkommentar zu LSP Nr. 47 Seite 6 (Stand: Juli 2012).
313Dem Risiko, das sich bei langfristigen öffentlichen Aufträgen aus Änderungen des Preisniveaus ergibt, kann durch die Vereinbarung von Preisgleitklauseln gesteuert werden.
314Vgl. Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), LSP Nr. 8 Rn.11.
315Da dies in dem Betriebsführungsvertrag durch die Vereinbarung einer Preisgleitklausel unternommen worden ist, rechtfertigt das Risiko von Änderungen des Preisniveaus hier keinen höheren Zuschlag für das allgemeine Unternehmerwagnis.
316Eine Preisgleitklausel steht der preisrechtlichen Zulässigkeit eines 3-%-Wagnisansatzes aber auch nicht entgegen. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Blick auf das mit einem Selbstkostenfestpreis verbundene höhere Wagnis einen Gewinnzuschlag von 3 % auch in einem Fall für rechtlich unbedenklich gehalten, in dem zudem eine Preisgleitklausel vereinbart war.
317Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 –, Seite 27 des Urteilsabdrucks –, juris Rn. 106; ausweislich des Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 1. Dezember 2005 – 13 K 2039/04 – war in dem Entsorgungsvertrag eine Preisgleitklausel vereinbart, juris Rn. 22.
318Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass eine Preisgleitklausel keinen Ausgleich bietet, wenn nach dem Charakter der zu erbringenden Leistung bei langfristig geltenden Festpreisen auf Dauer die Gefahr mengenbezogener Leistungssteigerungen besteht, die aber „festpreisunwirksam“ bleiben. Die Gefahr derartiger (Mengen-)Änderungen ohne Preisauswirkung besteht hier, da die im Rahmen der Betriebsführung zu erbringenden (Leistungs-)Mengen auf die Verhältnisse des Jahres 2004 fixiert sind, obwohl durch den weiteren Ausbau der Entwässerungsanlage – d.h. etwa durch die Ausweitung des Kanalnetzes einschließlich Sonderbauten) – insbesondere die (Leistungs-)Mengen im Bereich Unterhaltung und Betrieb der Abwasseranlage steigen können. Diese Gefahr betrifft einen wesentlichen Leistungsbereich, da allein die in der Vorkalkulation 2004 angesetzten Kosten für die Unterhaltung des Kanalnetzes und der Sonderbauwerke mit rund 2.068.000,- Euro netto zu Buche schlagen. Dieses langfristig vom Unternehmen zu tragende Preisrisiko, das in der Gefahr mengenbezogener Kostensteigerungen liegt, rechtfertigt den vereinbarten Zuschlag.
319An dem gesteigerten Risiko, dass in der langfristigen Bindung an den Selbstkostenpreis liegt, ändert es nichts, dass der Vertrag erstmals zum 31. Dezember 2010 hätte gekündigt werden können. Diese Kündigungsmöglichkeit bietet nämlich für die Auftragnehmerin keine realistischen Aussichten auf eine Dämpfung ihres Unternehmerrisikos. Im Hinblick darauf, dass Gegenstand des Unternehmens – neben der Wasserversorgung – im Wesentlichen die Abwasserbetriebsführung für die Beklagte ist, ist es der T. B. GmbH kaum zumutbar, von dieser Kündigungsmöglichkeit alsbald Gebrauch zu machen.
320Auch die in § 11 Abs. 7 und 9 des Betriebsführungsvertrages vereinbarten Preisänderungsregeln mindern das Risiko nicht entscheidend.
321§ 11 Abs. 7 betrifft ohnehin nur Leistungen, durch die der vertragliche Leistungsumfang (explizit) erweitert wird; dazu zählen Kostensteigerungen, die etwa durch die (mengenmäßige) Ausweitung des Kanalnetzes einschließlich Sonderbauten verursacht werden, nicht.
322§ 11 Abs. 9 betrifft nur ein punktuelles Problem in dem für die Höhe des Selbstkostenpreises hier ohnehin nachrangigen, da lediglich ca. 1/20 der Betriebskostensumme umfassenden Kostenbereich „Abschreibungen (für bewegliches Vermögen)“; auch nach den Kostenverhältnissen der Jahre 2012/3 machen die Kosten nach § 11 Abs. 9 BFV nur ca. 2 % des Betriebsführungsentgeltes aus.
323Die in § 4 Abs. 3 BFV vorgenommene Risikoverteilung lässt keine erhebliche Minderung des allgemeinen Unternehmerrisikos erkennen. Nach § 4 Abs. 3 S. 1 BFV trägt nämlich die T. B. GmbH alle Risiken und Lasten einschließlich der Verkehrssicherungspflichten, die sich im Rahmen der Aufgaben bei Erfüllung dieses Vertrages ergeben. Nur im Übrigen trägt die Beklagte das Risiko, d.h. das Risiko der Gefahren, Risiken und Lasten, die sich außerhalb der übertragenen Aufgaben aus dem Vorhandensein und dem Betrieb der Abwasseranlagen und der Abwassereinrichtungen ergeben. Dass die Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 BFV die T. B. GmbH im Rahmen ihres eigenen Versicherungsschutzes von Ansprüchen aus Gefährdungshaftung freistellt, soweit dieser kein Verschulden zur Last fällt, beinhaltet auch keine besondere Risikoentlastung der Auftragnehmerin, da es selbstverständlich ist, dass die Beklagte für die Gefährdungshaftung für ihre eigenen Entwässerungsanlagen selbst einsteht. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Haftungsfreistellungen nach § 14 Abs. 3 und 4 BFV für die Fälle, dass die Auftragnehmerin auf schriftliche Anweisung der Beklagten handelt oder auf deren Einspruch hin Maßnahmen unterlässt, deren Notwendigkeit sie der Beklagten zuvor dargelegt hat. Eine besondere Risikoentlastung stellt ebenso wenig die Regelung in § 8 Abs. 2 BFV dar, wonach die Beklagte die Kosten der im Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlagen entstehenden Betriebshaftpflichtversicherung über das Betriebsführungsentgelt gemäß § 11 Abs. 1 trägt. Wie sich der Regelung in LSP Nr. 48 Abs. 2 S. 2 entnehmen lässt, ist ein Ansatz von Wagniskosten in der Preiskalkulation nicht zulässig, soweit die Wagnisse durch Versicherungen gedeckt sind; daher sind Prämien zur Versicherung gegen leistungsbedingte Wagnisse preisrechtlich ohne Weiteres ansatzfähig.
324Vgl. Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, zu LSP Nr. 48 Rn. 2.
325Nach der Vorkalkulation des Basis-Selbstkostenfestpreises 2004 sind Schadensversicherungskosten mit 0.- Euro angesetzt (!), sind also in den vereinbarten Preis nicht einmal eingeflossen.
3264.1.2.7.2. An dieser Stelle sei angemerkt, dass preisrechtlich zulässige Gewinne und allgemeine Unternehmenswagnisse des Fremdleisters in der Gebührenkalkulation auch dann ansatzfähig sind, wenn gemeindeeigene private Gesellschaften mit Fremdleistungen beauftragt werden.
327Vgl. zur Bejahung der Ansatzfähigkeit des Gewinns/allgemeinen Unternehmenswagnisses bei Beauftragung von Eigengesellschaften mit Entsorgungsleistungen in der Gebührenkalkulation: OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, 175 und vom 4. Oktober 2001 - 9 A 2737/00 -, NVwZ-RR 2002, 684,685 f.. Das erkennende Gericht folgt aus den oben im Anschluss an den 9. Senat des OVG NRW ausgeführten Erwägungen zu den Anforderungen an die Ansatzfähigkeit von Fremdleistungsentgelten nicht der zum Beitragsrecht vertretenen Auffassung des 15. Senats des OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2005 - 15 A 873/04 -, nach der eine nichtwirtschaftliche Einrichtung wie eine mit der Abwasserbeseitigung befasste private Eigengesellschaft einer Gemeinde nach dem nordrhein-westfälischen Kommunalrecht keine Gewinne erwirtschaften dürfe. Das erkennende Gericht vermag insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nach § 77 Abs. 2 GO NRW mit dem Beschaffungsvorrang von Finanzmitteln aus speziellen Entgelten für gemeindliche Leistungen, die hier durch die zulässigerweise mit dem Unternehmensgegenstand der Abwasserbeseitigung betraute private Eigengesellschaft erbracht werden, und das Gebot in § 109 Abs. 1 Satz 1 GO, nach dem auch nichtwirtschaftliche Einrichtungen so zu führen sind, dass sienachhaltig - d.h. unter Sicherung ihrer technischen und wirtschaftlichen Fortentwicklungsmöglichkeit - den öffentlichen Zweck erfüllen können, den Schluss nicht zu teilen, dass der Gesetzgeber mit der Soll-Regelung einer Mindestgewinnpflicht für wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden in § 109 GO zugleich ein Verbot der Gewinnerwirtschaftung für nichtwirtschaftliche gemeindliche Einrichtungen des privaten Rechts aussprechen wollte. Diese Auffassung hätte im Übrigen die bemerkenswerte Folge, dass Gemeinden auch mit ihren mehrheitlich eigenen Messegesellschaften privaten Rechts als nichtwirtschaftlichen Einrichtungen im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO keine Gewinne machen dürften.
328Ist die Beteiligung der Gemeinde an dem Privatunternehmen nach §§ 107 und 108 GO zulässig, was hier für die (mittelbare) Beteiligung der Beklagten an der T. B. GmbH unter Zugrundelegung der Anforderungen aus dem Urteil des OVG NRW vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 – an das „wichtige Interesse“ an der Gründung des Privatunternehmens oder der Beteiligung daran und den Ermessenserfordernissen,
329vgl. zu diesen Anforderungen OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173 – 175, juris Rn. 5 ff.,
330jedenfalls nicht zweifelhaft ist, weil diese Anforderungen denen entsprechen, die oben zu der Frage der Zulässigkeit der Auftragsvergabe an den Privaten erörtert worden sind (Rechtfertigung der Privatisierung), so ist auch die Erzielung eines vereinbarten - und preisrechtlich zulässigen - Gewinnes eine privatisierungsbedingte Folge, deren entsprechende Übernahme in die Gebührenbedarfsberechnung, auch soweit der Gewinn auf den gemeindlichen Beteiligungsanteil entfällt, nicht fehlerhaft ist.
331Dies hat das erkennende Gericht bereits mehrfach, so etwa mit Urteil vom 24. November 2010 in dem Verfahren – 5 K 983/09 – für einen vergleichbaren, eine andere Gemeinde betreffenden Fall entschieden. Daran hält das Gericht in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des für das Gebührenrecht zuständigen Senats des OVG NRW,
332s. dazu OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, S. 20 des Urteilsabdruckes unter Hinweis auf die Urteile vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 - und vom 4. Oktober 2001 - 9 A 2737/00 -,
333fest, zumal hier Gesellschafter der T. B. GmbH nicht unmittelbar die beklagte Stadt selbst, sondern die T. AG ist, deren Anteile nur wiederum der Beklagten gehören, so dass die eventuellen Gewinne der Stadt ohnehin nicht unmittelbar zugutekommen. Gegen eine gebührenmindernde Berücksichtigung des auf die beklagte Stadt nach ihrem Anteilseigentum an der T. AG „entfallenden Teils“ des Gewinnzuschlages zum Selbstkostenpreis der T. B. AG spricht in der hier gegeben Situation einer Selbstkostenfestpreisvereinbarung insbesondere aber auch, dass die beklagte Stadt als (mittelbarer) Anteilseigner wie jeder andere (mittelbare) Anteilseigner auch an dem Unternehmer(-verlust-)risiko beteiligt ist, das u.a. in der Festpreisvereinbarung liegt und das durch das allgemeine Unternehmerwagnis mit abgegolten wird. Dementsprechend ist die Beklagte wie jeder andere Anteilseigner auch an dem Insolvenzrisiko des privaten Unternehmens beteiligt.
3344.1.2.8. (Zusammenfassung zu 4.1.2.) Gemäß den vorstehenden Ausführungen wäre das vereinbarte Basis-Betriebsführungsentgelt nach § 11 Abs. 1, 4 und 5 des Betriebsführungsvertrages in Höhe von 5.900.000,- Euro netto aufgrund durchgreifender preisrechtlicher Bedenken um die Personalkosten, Sachaufwendungen, sonstigen betrieblichen Aufwendungen, Overhead-Aufwendungen, Gewerbesteuer-Aufwendungen und Wagnis-Aufwendungen zu kürzen, die durch die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der T. B. verursacht sind. Das Brutto-Basis-Betriebsführungsentgelt einschließlich Umsatzsteuer wäre zudem um den Umsatzsteueranteil zu kürzen, der auf die Kosten entfällt, die durch die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten seitens der T. B. verursacht sind.
335Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. C. b. (d.i. z.B. Bl. 296 der Gerichtsakte in dem Verfahren 5 K 5707/14 oder Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), belief sich der Kostenanteil für die Umsatzsteuer an dem Basis-Betriebsführungsentgelt, der auf die Wahrnehmung der hier in Rede stehenden hoheitlichen Aufgaben entfiel, auf 106.600.- Euro. Die hier in Rede stehenden Kürzungsbeträge summieren sich ausweislich der genannten Mitteilung der Beklagten auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 666.000.- Euro netto bzw. 772.600.- Euro brutto, d.h. einschließlich Umsatzsteuer.
336Angesichts der Tatsache, dass bereits weiter festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen, bleibt bei den folgenden Berechnungen die an sich erforderliche Reduktion des Kostenansatzes um die hier in Rede stehenden Beträge (einschließlich Umsatzsteuer) mangels Entscheidungserheblichkeit außer Betracht.
337Bei den folgenden Berechnungen wird daher mangels Entscheidungserheblichkeit davon ausgegangen, dass der Ansatz der Basis-Selbstkostenfestpreises von 5.900.000,- Euro netto bzw. von 7.021.000,- brutto nicht weiter zu reduzieren wäre.
3384.1.3.
339(Zur Preisgleitklausel – Kostenelementeklausel)
340Der Ansatz des Betriebsführungsentgeltes der T. B. GmbH auf der Grundlage des § 11 Abs. 1, 4, 5 und 6 BFV ist (auch) insoweit preisrechtlich fehlerhaft, als das Basis-Betriebsführungsentgelt 2004 nach Maßgabe der vereinbarten (nicht genehmigten) Preisgleitklausel in § 11 Abs. 6 BFV auf das streitgegenständliche Kalkulationsjahr fortentwickelt worden ist.
341Grundsätzlich ist es preisrechtlich zwar nicht zu beanstanden, dass die T. B. GmbH und die Beklagte den Selbstkostenfestpreis in dem Betriebsführungsvertrag einer Preisgleitung unterstellt haben. Preisrechtlich besteht für Selbstkostenfestpreise wegen der mit ihnen verbundenen vorkalkulatorischen Unsicherheiten bzgl. der Preisentwicklung kein grundsätzliches Verbot, einen Preisvorbehalt (= Preisgleitklausel) zu vereinbaren; dies muss umso mehr gelten, wenn sich die Vertragsbindung – wie hier – auf eine lange Dauer erstreckt. Inhaltlich bezieht sich die preisrechtliche Prüfung des Preisvorbehaltes auf die Vertretbarkeit der Gleitfaktoren der Preisklausel.
342Vgl. Ebisch/Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage (2010), zu § 1 VO PR Nr. 30/53 Rn. 55 und 56.
343Aufgrund der unterschiedlichen, jedenfalls nicht deckungsgleichen Zwecke von Preisgleitklauseln und kalkulatorischem Gewinn (Unternehmerwagnis) können grundsätzlich auch beide Instrumente nebeneinander in der Selbstkostenfestpreiskalkulation eingesetzt werden.
344Vgl. OVG NRW, Beschluss 30. Juli 2010 - 9 A 459/09 -, S. 7 des Beschlussabdruckes.
345Die Instrumente decken unterschiedliche Wagnisse. Preisgleitklauseln zielen auf einen angemessenen Ausgleich der Teuerungsrate und decken damit das bei langfristig laufenden Verträgen gesteigerte Inflationsrisiko ab. Demgegenüber deckt der kalkulatorische Gewinn vor allem das Unternehmerwagnis (vgl. Nr. 48 Abs. 1 LSP) und damit Risiken ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP).
346Ungeachtet der Frage der preisrechtlichen Vertretbarkeit der Preisklausel verstößt die hier verwendete ungenehmigte Klausel aber anderweitig gegen höherrangiges Recht.
347Der für ihre Leistung in dem hier betroffenen Veranlagungsjahr von der T. B. GmbH geltend gemachte Selbstkostenfestpreis ist ausgehend von dem im Jahre 2004 vereinbarten (Basis-)Selbstkostenfestpreis gemäß § 11 Abs. 6 BFV i.V.m. Anl. 3 nach Maßgabe einer sog. „Kostenelementeklausel“ fortentwickelt worden. Nach der vereinbarten Preisgleitklausel wird der Basis-Selbstkostenpreis so behandelt, als ob er sich lediglich aus den beiden Preiskomponenten/Kostenelementen „Personalkosten“ und „Kosten für Reparatur und Unterhaltung“ zusammensetzte; sonstige Preiskomponenten oder gar eine feste Preiskomponente sind nicht vorgesehen. Die beiden variablen Komponenten werden der Kostengleitung nach einem je spezifischen (Preisentwicklungs-)Index unterworfen. Anknüpfend an die Entwicklung, die diese Indices in einem bestimmten Zeitraum nehmen, soll das Basisentgelt angepasst werden. In die Berechnung der indexbasierten Preisanpassung fließen beide Preiskomponenten gleich gewichtet zu je 1/2 ein.
348Diese Art der Preisgleitregelung ist allerdings nach den hier festzustellenden Preisbildungsumständen rechtswidrig, so dass daraus abgeleitete Entgeltansprüche mangels rechtlicher Grundlage derzeit unbegründet sind.
349Kostenelementeklauseln wurden zwar durch § 1 Nr. 3 der Preisklauselverordnung vom 23. September 1998 (BGBl. I, 1998, 3043 – PrKV), die bei Vereinbarung der Klausel im Jahre 2003 galt, vom gesetzlichen Verbot von Preisklauseln nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 9. Juni 1998 (BGBl. I, 1998, 1242, 1253) ausgenommen. Bei der vorliegenden „Kostenelementeklausel“ handelt es sich aber gerade nicht um eine genehmigungsfrei zulässige und daher wirksame „echte“ Kostenelementeklausel, sondern um eine andere, dem allgemeinen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterfallende Preisklausel im Sinne des § 2 Abs. 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes in der vom 1. Januar 1999 bis zum 13. September 2007 geltenden Fassung. Die vereinbarte Preisklausel ist daher mangels Genehmigung unwirksam und bedürfte ggf. einer ergänzenden Vertragsauslegung zwecks Anpassung an eine zulässige Preisgleitklausel.
350Vgl. zur ev. Notwendigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer Preisgleitklausel: BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 – VII ZR 13/05 –, veröffentlicht in juris (dort insbesondere Rdnrn. 20 ff.).
351Eine solche ergänzende Vertragsauslegung durch das Gericht kommt hier aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Vertragsparteien sich in § 18 Abs. 2 S. 2 BFV darauf geeinigt haben, unwirksame Bestimmungen durch andere Regelung zu ersetzen, die dem mit den unwirksamen Bestimmungen angestrebten Zweck oder der wirtschaftlichen Zielsetzung gerecht werden. Nach dem Willen der Vertragsparteien gebührt damit vorgängigen eigenen Bemühungen der Parteien um eine gesetzeskonforme Preisgleitregelung der Vorrang vor gerichtlicher Entscheidung.
352Genehmigungsfreie Kostenelementeklauseln sind nach der Bestimmung in § 1 Nr. 3 PrKV Klauseln, nach denen der geschuldete Betraginsoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen.
353Von einer „echten“ Kostenelementeklausel kann demnach nur gesprochen werden, wenn nach der vereinbarten Gleitklausel in die Anpassung des Leistungsentgelts die Preisentwicklung eines bestimmten Kostenelementes des Selbstkostenpreises des Auftragnehmers einfließen soll, die nach einem Preisindex bemessen ist, der die Preisentwicklung gerade dieses Kostenelementes „unmittelbar“ wiederspiegelt. Denn nur bei einer solch engen Verknüpfung von Kostenelement und zugeordnetem Index zeigt sich der Selbstkostenpreis bzgl. des betroffenen Kostenelements von der Indexentwicklung als „unmittelbar“ beeinflusst, wie die Regelung es fordert. Dabei reicht es wegen der mit jeder Indexanknüpfung notwendig verbundenen Pauschalierung allerdings aus, wenn der gewählte Index die Preisentwicklung des betroffenen Kostenelementes hinreichend repräsentativ wiederspiegelt. Demgegenüber genügt eine lediglich „lose“ Verknüpfung zwischen der Preisentwicklung eines Kostenelements und zugeordnetem Index für eine zulässige Kostenelementeklausel nicht. Denn in diesem Fall wäre der gewählte Index ein nur „mittelbares“ und damit von dem hier anwendbaren, bei Vereinbarung der Preisgleitung geltenden Preisklauselrecht als unzulänglich bewertetes „Indiz“ für die Preisentwicklung des Selbstkostenelementes.
354Die hier zu betrachtende Preisklausel erfüllt die dargelegten Unmittelbarkeitsanforderungen offenkundig nicht. Zwar mögen die unmittelbaren „Personalkosten“ und die unmittelbaren „Kosten für Reparatur und Unterhaltung“, die der T. B. GmbH entstehen und als Kostenelemente in die Kalkulation des (Basis-) Selbstkostenpreises für die Entwässerungsbetriebsführung eingeflossen sind, durch die in der Klauselvereinbarung je vorgesehenen Indices (Anknüpfung an die Entwicklung bestimmter tarifvertraglicher Regelungen für einen „Eckarbeitnehmer“ – Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen mit bestimmten Merkmalen – bzw. an den Index der „Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte“ nach Maßgabe einer bestimmten Veröffentlichung des statistischen Bundesamtes) von der Indexentwicklung je selbst „unmittelbar“ beeinflusst sein. Mit den Kostenpositionen „Sachaufwendungen“, „Kostenerstattung Betriebshof“, „Geschäftsbesorgungsentgelt T. AG“, aber teilweise auch mit der Kostenposition „Sonstige Aufwendungen“, soweit es dort um nicht (anlagen-) unterhaltungsrelevante Kosten geht, sind in die Kalkulation des Selbstkostenpreises aber noch „weitere“ Kostenelemente eingeflossen, deren preisliche Entwicklung sich keineswegs unmittelbar in den gewählten Indices widerspiegelt. So werden etwa Selbstkostenpositionen der T. B. GmbH, die aus anderweitig bezogenen Dienstleistungen resultieren und deren Höhe daher (mittelbar) von der Entwicklung der dort gezahlten Gehälter, d. h. von „Fremdlohnkosten“ abhängig sein mögen, durch die Entwicklung des für das Kostenelement „Personalkosten“ gewählten Indexierungsmaßstabs (Entlohnungsverhältnisse des „Eckarbeitnehmers“ der T. B. GmbH – Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen mit bestimmten Merkmalen –) nicht unmittelbar beeinflusst. Da nach der vereinbarten Preisgleitformel die „weiteren“ Kostenelemente keiner Preisgleitung nach eigenständigen sachnahen Indices unterworfen werden und sie auch nicht etwa als fixer Kostenanteil von der Preisgleitung ausgenommen sind, sondern im rechnerischen Ergebnis der gesamte (Basis-)Selbstkostenpreises nach der – im Verhältnis 1:1 gewichteten – Preisentwicklung der Lohnkosten des „Eckarbeitnehmers“ und der „Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte“ fortentwickelt wird, genügt die vereinbarte Preisgleitklausel den rechtlichen Anforderungen an eine „echte“ Kostenelementeklausel im Sinne des § 1 Nr. 3 der Preisklauselverordnung nicht. Da die genannten „weiteren“ Kostenelemente mehr als 10 % der kalkulierten Betriebskosten umfassen, kann deren fehlerhafte Fortentwicklung über unzulässige Indices auch nicht unter Pauschalierungsgesichtspunkten vernachlässigt werden.
355Die – offensichtlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßende, durch die Vertragsparteien (noch) nicht durch eine rechtskonforme Klausel ersetzte und damit nach § 134 BGB – nichtige Preisgleitklausel ist bei der Kalkulation des zulässigen Selbstkostenpreises außer Acht zu lassen. Mit Blick auf die Regelung in § 18 Abs. 2 S. 2 BFV führt die Nichtigkeit der verabredeten Gleitklausel allerdings nicht zur Gesamtnichtigkeit der Preisvereinbarung; den Vertragspartnern bleibt es unbenommen, eine rechtskonforme Gleitklausel zu vereinbaren. Sollte eine neue Kalkulation des Gebührensatzes für den streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum durchgeführt werden, können sie auch rückwirkend eine Preisgleitklausel vereinbaren, die der Rechtslage entspricht, die in dem Zeitpunkt, bis auf den sich die Rückwirkung beziehen soll, galt.
356Nach allem hätte die Beklagte in der Gebührenkalkulation den Selbstkostenpreis nach § 11 Abs. 1, 4 und 5 BFV – vorbehaltlich des oben unter 4.1.2.1. ff. Ausgeführten, d.h. – allenfalls in Höhe von 7.021.000,- Euro [= 5.900.000,- Euro (preisrechtlich zulässiger Basis-Selbstkostenfestpreis unter Außerachtlassung der o.a. weiteren Kürzungsbedürfnisse) + 19 % Umsatzsteuer] anstatt in Höhe von 8.688.482,20 Euro (angesetzter, preisentwickelter Netto-Selbstkostenfestpreis nach § 11 Abs. 1, 4, 5 und 6 des Betriebsführungsvertrages in Höhe von 7.301.245,55 Euro + 19 % Umsatzsteuer – vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 2. März 2015 in dem Verfahren 5 K 5707/14, S. 223 der Gerichtsakte, oder die Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1.Juli 2015 zu I. E.c. - dort ist der Nettobetrag ohne 19 % Umsatzsteuer genannt) ansetzen dürfen, was eine Differenz von 1.667.482,20 Euro brutto ergibt.
3574.2.
358(Preisanpassungen auf der Grundlage des § 11 Abs. 7 des Vertrages)
359In der Gebührenkalkulation ist auf der Grundlage der Preisanpassung nach § 11 Abs. 7 BFV ein Betrag in Höhe von insgesamt 124.595,52 Euro (= 104.702,12 Euro + 19 % Umsatzsteuer – vgl. die Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 1. Juli 2015, Teil I. E. (d.i. z.B. der Schriftsatz vom 16. September 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), – angesetzt worden. Bedenken gegen diesen Ansatz bestehen allenfalls in dem oben unter 3.2.1. angesprochenen Umfang, können hier aber aus den dort genannten Gründen vernachlässigt werden.
3604.3.
361(Preisanpassungen auf der Grundlage des § 11 Abs. 9 des Vertrages)
362In der Gebührenkalkulation ist auf der Grundlage der Preisanpassung nach § 11 Abs. 9 BFV ein Betrag in Höhe von insgesamt 252.774,15 Euro (= 212.415,26 Euro + 19 % Umsatzsteuer – vgl. die Beantwortung der Anfrage des Gerichts vom 1. Juli 2015 zu I. E.) angesetzt worden. Bedenken gegen diesen Ansatz bestehen allenfalls in dem oben unter 3.2.2. angesprochenen Umfang, können hier aber aus den dort genannten Gründen vernachlässigt werden.
3634.4
364(Zusammenfassung 4.1.- 4.3)
365Insgesamt hätte die Beklagte in der Gebührenkalkulation den Selbstkostenpreis nach § 11 Abs. 1, 4, 5, 6, 7 und 9 BFV – vorbehaltlich des oben Ausgeführten (vgl. insbesondere 3.2.1., 3.2.2., 4.1.2.8., 4.2 und 4.3) – allenfalls in Höhe von 7.398.369,67 Euro [= 7.021.000,- Euro (Basis-Selbstkostenfestpreis brutto, d.h. einschließlich 19 % Umsatzsteuer, nach § 11 Abs. 5 BFV) + 124.595,52 (Selbstkostenpreis brutto nach § 11 Abs. 7 BFV) + 252.774,15 Euro (Selbstkostenpreis brutto nach § 11 Abs. 9 BFV)] anstatt in Höhe von 9.065.851,88 Euro (angesetzter, preisentwickelter Selbstkostenfestpreis nach § 11 Abs. 1, 4, 5, 6, 7 und 9 BFV) ansetzen dürfen, was eine Differenz und Kostenüberschreitung von 1.667.482,21 Euro ergibt.
366Die aus dem Betriebsführungsentgelt der T. B. GmbH herrührende Kostenmasse verteilt sich nach der Zurechnung, die die Beklagte in ihrer Kalkulation zu Grunde gelegt hat und gegen die Bedenken nicht ersichtlich sind, auf die Kostenträger „Niederschlagswasser/Grundwasser“ und „Schmutzwasser“ im Verhältnis 51 % (Niederschlagswasser/Grundwasser) zu 49 % (Schmutzwasser). Dementsprechend entfällt ein Betrag der Überdeckung in Höhe von [49 % von 1.667.482,21 Euro (Gesamtbetrag der Überdeckung) =] 817.066,28 Euro auf den Kostenträger „Schmutzwasserbeseitigung“. Die restliche Überdeckung in Höhe von (1.667.482,21 Euro - 817.066,28 Euro =) 850.415,93 Euro entfällt auf den Kostenträger „Niederschlagswasser/Grundwasser“.
367BB.
368(Fremdleistungsentgelt F. – Abwasserbehandlung)
369Gegen die Rechtmäßigkeit des Kostenansatzes des in dem weiteren Betriebsführungsvertrag mit der „Entsorgungsgesellschaft L. mbH & Co. KG“ (F. ) vom 15. August 1989 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 21. Dezember 2005 und vom 26. September 2008 als Selbstkostenfestpreis vereinbarten Entgeltes für die Abwasserbehandlung in den Jahren 2010 - 2013 bestehen insoweit durchgreifende preisrechtlich begründete Bedenken, als darin auch Kosten für das Unternehmerwagnis in Höhe von 3,5 % des Nettoselbstkostenpreises angesetzt sind.
370Der 3,5-%-ige Zuschlag ist als Zuschlag für das allgemeine Unternehmerwagnis im Sinne von LSP Nr. 47 Abs. 2 zu bewerten. In der Kalkulation ist er zwar als „Risiko-/Unternehmerlohn“ bezeichnet; seine Berechnung nach Maßgabe eines bestimmten Prozentsatzes von den Nettoselbstkosten (= Umsatz ohne Umsatzsteuer; LSP Nr. 47 Abs. 2 und Nr. 52 Abs. 1) zeichnet ihn aber als Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis aus. Gegen den Charakter des Zuschlages als preisrechtlich zulässiger Ausweis eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes, der gemäß LSP Nr. 22 Abs. 2 preisrechtlich allerdings grundsätzlich zulässig wäre und nicht nur unter den Personalkosten, sondern auch unter den kalkulatorischen Kostenarten ausgewiesen werden könnte, spricht zudem Folgendes: Gemäß LSP Nr. 24 Abs. 3 S. 1 ist der kalkulatorische Unternehmerlohn in der Höhe des durchschnittlichen Gehaltes eines Angestellten mit gleichwertiger Tätigkeit in einem Unternehmen gleichen Standorts, gleichen Geschäftszweiges und gleicher Bedeutung oder mit Hilfe eines anderen objektiven Leistungsmaßstabs zu bemessen. Die Größe des Betriebs, der Umsatz und die Zahl der in ihm tätigen Unternehmer sind dabei zu berücksichtigen (LSP Nr. 24 Abs. 3 S. 2). Diese Faktoren sind aber kein je für sich allein ausschlaggebender Anknüpfungspunkt der Bemessung.
371Gegen den so verstandenen Wagnisansatz bestehen Bedenken, soweit er über 1 % der Nettoselbstkosten hinausgeht.
372Nach Maßgabe der bereits oben zur Beurteilung der Angemessenheit des Ansatzes von Wagnissen der in Rede stehenden Art angeführten Kriterien (4.1.2.7.1.) ist das allgemeine Unternehmerwagnis in der hier vorliegenden Konstellation eher als gering zu bewerten, so dass ein Betrag von mehr als 1 % Prozent der Nettoselbstkosten nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Denn bei der Ermittlung von Selbstkosten(-fest-) preisen, die sich – wie hier – nur auf einen kurzen Zeitraum von vier Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die bei einer längeren Preisbindung typischerweise durch Fehlkalkulationen entstehen können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit bestehen angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht. Infolge der Kürze der Preisbindung sind auch ernstliche wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes, das heißt hier insbesondere wegen nennenswerter, über die vorsorglich ohnehin einzukalkulierenden üblichen Schwankungen hinaus eintretender Veränderungen der zu bewältigenden Abwassermassen, nicht ersichtlich. Hinzu kommt weiter risikomindernd, dass der Auftragnehmerin während der Vertragslaufzeit wegen der Eigenart der Leistung (Betrieb der örtlichen Kläranlagen) Konkurrenz ernstlich nicht entstehen kann.
373Vgl. zu den vorstehenden Erwägungen: OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 109 ff.
374Aber auch der Umstand, dass gemäß Nr. 9.4 des Betriebsvertrages in den Fassungen der Ergänzungsvereinbarungen vom 21. Dezember 2005 und vom 26. September 2008 das für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 vereinbarte Entgelt in monatlich gleich hohen Raten zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer jeweils zum 1. eines Monats fällig ist, der Auftraggeber also insoweit in Vorleistung tritt, mindert das unternehmerische (Vorfinanzierungs-)Risiko.
375Ist demnach der Wagniszuschlag für die Abwasserbehandlung nicht ansatzfähig, soweit er über 1 % der Nettoselbstkosten hinausgeht, so ist er in die Selbstkostenfestpreiskalkulation für die Jahre 2010 - 2013 überhöht eingegangen und zwar um [4.330.899.- Euro (Nettosumme des 3,5-%-igen Wagnisansatzes in der Vorkalkulation des Selbstkostenfestpreises für 4 Jahre) : 3,5 % = 1.237.399,71 Euro (Nettosumme eines 1-%-igen Wagnisansatzes in der Vorkalkulation des Selbstkostenfestpreises für 4 Jahre); 4.330.899.- Euro – 1.237.399,71 Euro =] 3.093.499,29 Euro netto.
376Zu berücksichtigen ist allerdings ausgleichend, dass der Auftragnehmer wohl zu Unrecht Zinserträge in Höhe von 562.757.- Euro netto kostenmindernd berücksichtigt hat. Preisrechtlich sind Zinserträge nämlich nur als Nebenerträge aus Teilen des betriebsnotwendigen Kapitals als Gutschriften zu behandeln (LSP Nr. 43 Abs. 4). Hier hat die Auftragnehmerin der Berechnung der kalkulatorischen Verzinsung ohnehin nur das in Anlagen und Vorräten gebundene betriebsnotwendige Vermögen zugrunde gelegt. Kapital, das in betriebsnotwendigen Liquiditätsreserven gebunden war, hat sie daher bei den „Zinskosten“ nicht berücksichtigt. Dementsprechend muss sie auch Zinsen, die sie aus betriebsnotwendigen Liquiditätsreserven nebenbei durch eine betriebsfremde Geldanlage erwirtschaften konnte, nicht kostenmindernd berücksichtigen; es bedarf keiner Kürzung der kalkulatorischen Verzinsung um eine leistungsfremde, aber ertragbringende Nutzung einer betriebsnotwendigen Liquiditätsreserve, weil die Liquiditätsreserve schon nicht kostenrelevant geworden ist.
377Vgl. zur Behandlung der Nebenerträge aus Teilen des betriebsnotwendigen Kapitals: Ebisch/Gottschalk u.a., Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, LSP Nr. 43 Rn. 12 ff.,
378Somit vermindert sich der in die Vierjahreskalkulation überhöht eingegangene Betrag und zwar auf (3.093.499,29 Euro - 562.757.- Euro =) 2.530.742,29 Euro netto.
379Aufgrund dieser Überhöhung ist auch der in die Gebührenbedarfsberechnung eingegangene Ansatz für die „Betriebskosten F. – Kläranlage“ von 30.932.823,11 Euro brutto letztlich überhöht und zwar um [2.530.742,29 Euro netto : 4 Jahre = 632.685,57 Euro/jährlich x 1,19 (19 % Umsatzsteuer) =] 752.895,83 Euro brutto.
380Die aus dem Betriebsführungsentgelt der F. herrührende Kostenmasse verteilt sich nach der Zurechnung, die die Beklagte in ihrer Kalkulation zu Grunde gelegt hat und gegen die Bedenken nicht ersichtlich sind, auf die Kostenträger „Niederschlagswasser/Grundwasser“ und „Schmutzwasser“ im Verhältnis 10 % (Niederschlagswasser) zu 90 % (Schmutzwasser). Dementsprechend entfällt ein Betrag der Überdeckung in Höhe von [90 % von 752.895,83 Euro (Gesamtbetrag der Überdeckung)=] 677.606,25 Euro auf den Kostenträger „Schmutzwasserbeseitigung“ und in Höhe von 75.289,58 Euro auf den Kostenträger „Niederschlagswasser-/Grundwasserbeseitigung“.
381CC.
382(Zu den kalkulatorischen Kosten des städtischen Anlagevermögens)
383Nach Angabe der Beklagten sind die kalkulatorischen Abschreibungen auf der Basis des Herstellungs-/Anschaffungswertes des städtischen Anlagenvermögens und die kalkulatorische Verzinsung auf der Basis der Anschaffungsrestwerte des – um die beitragsfinanzierten Kapitalanteile verminderten – städtischen Anlagenvermögens mit einem Zinssatz von 7 % berechnet worden. Dies ist lediglich wegen der Höhe des Zinssatzes bedenklich.
3841. (zur Methode der Ermittlung kalkulatorischer Kosten) Die von der Beklagten angewandte Methode zur Berechnung der kalkulatorischen Kosten ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des OVG NRW wäre sogar eine Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen auf der Basis der Wiederbeschaffungszeitwerte in Verbindung mit einer kalkulatorischen Verzinsung auf der Basis der Anschaffungsrestwerte des – um die aus Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachten Eigenkapitalanteile verminderten – städtischen Anlagenvermögens rechtlich zulässig.
385Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428 ff.
3862. (zur Abschreibungsbasis) Der Ansatz kalkulatorischer Abschreibungen, über die der leistungsbedingte Wertverzehr neu erstellter bzw. nach technischem Verbrauch sanierter Entwässerungsanlagen (vgl. dazu die Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 1. Juli 2015, Teil I. F. a.) kostenrechnerisch erfasst wird, ist auch insoweit keinen Bedenken ausgesetzt, als die der Abschreibung zugrunde liegenden Anschaffungs-/Herstellungskosten für die städtischen Entwässerungsanlagen, die unter Geltung des Betriebsführungsvertrages seit 2004 neu erstellt bzw. saniert worden sind, auf der Grundlage der §§ 5 und 12 BFV entstanden sind. Entsprechendes gilt für die kalkulatorische Verzinsung nach dem Herstellungs-/Anschaffungsrestwert des in diesen Anlagen gebundenen Kapitals. Diese Erkenntnis beruht auf folgenden Erwägungen:
387Gemäß § 11 Abs. 2 BFV sind die Aufwendungen, die der T. B. GmbH für die Beschaffung von Bauleistungen und Investitionsgütern im Rahmen der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen (an den städtischen Entwässerungsanlagen) im Sinne des § 5 BFV entstehen, nicht Gegenstand des Betriebsführungsentgelts nach § 11 Abs. 5.
388Gemäß § 5 BFV ist die T. B. GmbH bezüglich der sich aus dem Abwasserbeseitigungskonzept ergebenden Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen (§ 5 Abs. 1 Satz 1) oder der sonst im Einzelfall notwendig werdenden Sanierungsleistungen (§ 5 Abs. 5) für die (weitere) Planung (§ 5 Abs. 1 Satz 2), die Erarbeitung der Ausschreibungsunterlagen, die Auswertung der Angebote und die Vergabe der Bauleistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung (§ 5 Abs. 2) sowie für die Überwachung der Bauausführung, die Abnahme der Anlagen und die Übernahme zum Betrieb zuständig (§ 5 Abs. 3). Die neu erstellten Anlagen gehen gemäß § 5 Abs. 7 mit Fertigstellung in das Eigentum der Beklagten (Stadtentwässerung L. ) über.
389Diese Leistungen werden der T. B. GmbH nach Maßgabe des § 12 BFV gesondert entgolten. Vereinbart ist gemäß § 12 Abs. 1 ein „Kaufpreis“ in Höhe der nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzüglich eines Managemententgelts in Höhe von 2 % und eines Zuschlags für das allgemeine Unternehmerwagnis in Höhe von 1 % (§ 12 Abs. 1 S. 1). Hinzu tritt die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe (§ 12 Abs. 1 S. 2). Mit der widmenden Indienststellung der einzelnen Anlage durch die Beklagte, die jedenfalls in der Zahlung auf die gemäß § 12 Abs. 2 BFV seitens der T. B. GmbH gegenüber der Stadtentwässerung L. nach Abschluss der Maßnahme zu stellenden Rechnung hinreichenden Ausdruck finden dürfte, wird dieser „Kaufpreis“ als Herstellungs-/Anschaffungswert städtischer Entwässerungsanlagen relevant für die Entstehung (betriebsbezogener) kalkulatorischer Kosten (= kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung).
390Der von der Beklagten für die Leistungen der Auftragnehmerin zu zahlende (Anlagen-) „Kaufpreis“ ist mit allen seinen Elementen, d.s. die „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ der T. B. AG, das „Managemententgelt“ und das „allgemeine Unternehmerwagnis“ nebst Umsatzsteuer, preisrechtlich unbedenklich.
391Die preisrechtlichen Vorschriften der VO PR Nr. 30/53 sind auch auf den hier in Rede stehenden „Sanierungs- und Erweiterungsauftrag“ anwendbar. Zwar gilt diese Verordnung nach ihrem § 2 Abs. 5 nicht für Bauleistungen im Sinne der dort genannten Baupreisverordnungen, die zuletzt durch die im Laufe des Jahres 1999 ersatzlos aufgehobene Verordnung PR Nr. 1/72 ersetzt waren.
392Vgl. zur Regelungsgeschichte der Baupreisverordnungen und zum verbleibenden Sinn des § 2 Abs. 5, die Anwendung der VO PR Nr. 30/53 auf Aufträge über Bauleistungen auszuschließen: Ebisch/Gottschalk und andere, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, zu § 2 VO PR Nr. 30/53 Rn. 73 ff.
393Bei den hier in Rede stehenden Leistungen der T. B. GmbH im Sinne der §§ 5, 11 Abs. 2 und 12 BFV handelt es sich aber nicht um Bauleistungen, die vom Anwendungsbereich der VO PR Nr. 30/53 ausgeschlossen wären. Gemäß § 3 Abs. 1 der VO PR Nr. 1/72, die zur Auslegung des Begriffes „Bauleistungen“ im Sinne des § 2 Abs. 5 VO PR Nr. 30/53 nach wie vor heranzuziehen ist,
394vgl. Ebisch/Gottschalk und andere, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, zu § 2 VO PR Nr. 30/53 Rn. 77,
395sind Bauleistungen alle Bauarbeiten, soweit sie mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen dienen. Da nur unmittelbar der Herstellung usw. von baulichen Anlagen dienende Maßnahmen als Bauleistungen anzusehen sind und z.B. Architektenleistungen als nur mittelbare Leistungen nicht dazu gezählt werden,
396vgl. Ebisch/Gottschalk und andere, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Auflage, 2010, Anhang 16 (Kommentierung zum aufgehobenen § 3 VO PR Nr. 1/72) Rn. 11, 12,
397ist die hier nach §§ 5, 11 Abs. 2 und 12 BFV vereinbarte Tätigkeit der T. B. GmbH, die im Vorfeld der unmittelbaren baulichen Herstellung der Entwässerungsanlagen entfaltet wird und Architekten- und Bauträgerleistungen vergleichbar ist, nicht als Bauleistung im Sinne des § 2 Abs. 5 VO PR Nr. 30/53 zu bewerten. Der (weitere) vergaberechtliche Bauauftragsbegriff in § 99 Abs. 3 GWB (vgl. insbesondere § 99 Abs. 3, 3. Alt. GWB) bleibt davon unberührt.
398Preisrechtliche Bedenken gegen den vereinbarten „Kaufpreis“ nach § 12 BFV für die in das Eigentum der Beklagten übergehenden neu erstellten bzw. sanierten städtischen Entwässerungsanlagen, deren Herstellung auftragsgemäß durch die T. B. GmbH im eigenen Namen und für eigene Rechnung vergeben wurde, bestehen nicht. Das für die diesbezüglichen Leistungen der T. B. GmbH zu zahlende Entgelt dürfte nämlich die im Verkehr üblichen Marktpreise im Sinne des § 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 nicht erkennbar überschreiten.
399Die in § 12 Abs. 1 BFV als Kaufpreiselement genannten „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ spiegeln mit den darin enthaltenen Baukosten ohne weiteres einen Marktpreis wider, weil der je zugehörige Bauauftrag gemäß § 5 Abs. 2 BFV auf der Grundlage einer Ausschreibung und Angebotsauswertung, das heißt wettbewerblich vergeben wird.
400Auch das „Managemententgelt“ von 2 % auf die „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ für die investiven Maßnahmen im Sinne des § 12 BFV sowie die unmittelbar in den „Kaufpreis“ einfließenden (investitions-)vorhabenbezogenen Planungs-/Ingenieurkosten der T. B. GmbH begegnen keinen Bedenken.
401Ausweislich der Mitteilung der Beklagten in ihrer Antwort auf die gerichtliche Verfügung vom 18. März 2015, Teil II. c. (d.i. z.B. der Schriftsatz vom 23. Juni 2015 in dem Verfahren 5 K 6187/14), dient der Managementaufschlag der Deckung von Gemeinkosten, die im Rahmen der Betriebsabrechnung der T. B. GmbH (noch) keine Berücksichtigung in der Abrechnung für die investiven Maßnahmen gegenüber der Beklagten gefunden haben, d.h. nicht bereits in die „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ eines konkreten Bauvorhabens einfließen. Dies sind insbesondere Kosten für die Aufwendungen, die vor der eigentlichen Investitionsmaßnahme liegen und dieser nicht direkt zugeordnet werden. Im Rahmen der (investiven) Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen im Sinne der §§ 5 und 12 BFV hat die T. B. GmbH alle Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu erbringen. Einschlägig sind hier insbesondere die Regelungen in §§ 41 ff. HOAI, die Ingenieurbauwerke betreffen, zu denen u.a. Bauwerke und Anlagen der Abwasserentsorgung zählen. Die vorbereitenden Leistungsphasen rechnet die T. B. GmbH mangels Konkretisierung noch nicht projektscharf einzelnen investiven Maßnahmen zu. Erst wenn die Maßnahmen im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs konkretisiert worden sind, erfolgt bei der T. B. GmbH die Auftragsvergabe und eine maßnahmenscharfe Zuordnung der Kosten – mit der Folge, dass die (Ingenieur-)Kosten dieser Leistungsphasen bereits in die „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ des konkreten Vorhabens einfließen. Der Managementaufschlag soll die in den Leistungsphasen zuvor entstehenden (Planungs-)Kosten abdecken.
402Dahinstehen mag, ob die vorbereitenden Leistungsphasen tatsächlich nicht maßnahmenscharf zugerechnet werden könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der pauschale 2-%-Aufschlag auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten für die in diesen Phasen erbrachten Leistungen so unangemessen wäre, dass der der Beklagten bei der Gebührenkalkulation nach dem oben Dargelegten eröffnete Prognosespielraum unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozessrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten bei Ansatz dieses Zuschlages überschritten wäre, bestehen nicht. Auch die in diesen Phasen erbrachten objektbezogenen Leistungen werden am Markt entgolten. Bereits die vorbereitenden Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 2 (Vorplanung) der Objektplanung, die nach den Erkenntnissen der Beklagten nicht bereits über das Kaufpreiselement „Anschaffungs-/Herstellungskosten“ in das Entgelt nach § 12 BFV einfließen, können sogar einen über 15-%-igen Honoraranteil nach der HOAI (vgl. § 43 HOAI) bzw. nach der zuvor geltenden AIHonO (§ 55 AIHonO) umfassen. Daher erscheint ein pauschaler 2-%-Zuschlag auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten für derartige Leistungen nicht erkennbar unangemessen, zumal die einschlägigen Honorarregelungen sich ebenfalls an der Höhe der Herstellungskosten orientieren (vgl. §§ 4 und 45 HOAI bzw. § 56 AIHonO).
403Anhaltspunkte dafür, dass die (Ingenieur-)Kosten der nachfolgenden Leistungsphasen, die in die „nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ des konkreten Vorhabens einfließen, im Sinne eines marktgerechten Preises unangemessen wären, bestehen ebenfalls nicht.
404Schließlich stellt auch der 1-%-ige Zuschlag für das „allgemeine Unternehmerwagnis“ die Marktpreisgerechtigkeit des vereinbarten Entgelts angesichts des von der T. B. GmbH übernommenen Risikos im Ergebnis nicht ernstlich infrage. Zwar hat die Beklagte der Auftragnehmerin die Zahlung der nachgewiesenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzüglich eines Managemententgelts i.H.v. 2 % für die unmittelbar in das Eigentum der Beklagten übergehenden Anlagen versprochen. Dies entspricht im Kern einer Selbstkostenerstattung und mindert damit das unternehmerische Risiko. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ist aber auch bei vereinbarten Selbstkostenerstattungspreisen von einem verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Restrisiko auszugehen; im vorliegenden Einzelfall besteht kein Anlass zu der Annahme, dass das Restrisiko mit 1 % der Nettoselbstkosten nicht angemessen bewertet wäre.
405Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 –, in NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 61, und vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 –, juris Rn. 105 zur Höhe des allgemeinen Unternehmerwagnisses bei Selbstkostenerstattungspreisen.
406Anhaltspunkte dafür, dass bei Marktpreisen ein solches Risiko nicht eingepreist würde, bestehen ebenfalls nicht.
407Die klägerseits angesprochene Gefahr, dass die T. B. GmbH der Beklagten Kosten für Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen im Sinne der §§ 5, 11 Abs. 2 und 12 BFV in Rechnung stellen könnte, die bereits über das Betriebsführungsentgelt nach § 11 Abs. 5 entgolten werden, d.h. Kosten damit insoweit teilweise doppelt in Rechnung gestellt sein könnten, besteht nicht. Denn das Betriebsführungsentgelt ist ohne Kosten im Sinne des § 12 des Betriebsführungsvertrages kalkuliert worden. Dies ergibt sich aus der Vorkalkulation des Basis-Betriebsführungsentgeltes 2004.
408Soweit in dieser Vorkalkulation Baukosten über die Position „Sanierung von Hausanschlüssen“ als Aufwand angesprochen sind, ist die Kalkulation des Betriebsführungsentgelts um diese Kosten bereinigt. Denn zur Ermittlung des Selbstkostenfestpreises ist dieser Aufwand durch den Abzug von Nebenerträgen über die Position „Kostenersatz für die Sanierung von Hausanschlüssen“ neutralisiert worden. Ansonsten sind Baukosten dort allenfalls als Teil der Kosten für Unterhaltungsmaßnahmen an den Entwässerungsanlagen angesetzt; zu den Unterhaltungsmaßnahmen gehört gemäß § 6 BFV die Durchführung aller laufenden Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten; diese Arbeiten sollen gerade über das Betriebsführungsentgelt nach § 11 Abs. 1, 4, 5 BFV entgolten werden. Baukosten für Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen an städtischen Anlagen sind in der Vorkalkulation des Betriebsführungsentgeltes im Sinne des § 11 Abs. 1, 4, 5 nicht enthalten. Gemäß den Darlegungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16. September 2015 (I. F. a.) werden Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten auch tatsächlich nur über das Betriebsführungsentgelt und nicht separat entgolten.
409Soweit sonstige Kosten, das heißt insbesondere Personalkosten, die für investive Maßnahmen im Sinne des § 12 BFV bei der T. B. GmbH anfallen, bei der Vorkalkulation des Basis-Betriebsführungsentgeltes 2004 in die kalkulierte Summe der Betriebskosten einbezogen worden sein mögen, ist der Selbstkostenpreis um diese Kosten bereinigt worden, indem bei seiner Berechnung über die Nebenerträge von der Summe der Kosten die „Kostenerstattungen für Bauabnahmen“ und die „Erstattungen von Bauleitungs- und Bauplanungskosten“ in Abzug gebracht wurden.
4103. (zum kalkulatorischen Zinssatz) Der von der Beklagten bei der Berechnung der kalkulatorischen Verzinsung eingestellte Zinssatz von 7 % entspricht den rechtlichen Anforderungen allerdings nicht.
411Der Zinssatz bestimmt sich nicht nach den in der jeweiligen Gebühren(-erhebungs-) periode am Kapitalmarkt (voraussichtlich) herrschenden Verhältnissen. Denn kalkulatorisch verzinst wird das in der Anlage langfristig gebundene Kapital, das sich im gesamten Restbuchwert widerspiegelt; dieser Wert erfasst Anlagegüter unterschiedlichsten Alters – und damit Kapitalbindungen unterschiedlichster Dauer. Da der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion zukommt, einen Ausgleich für die finanziellen Belastungen zu bieten, die die Gemeinden für die Aufbringung des in der Anlage langfristig gebundenen Kapitals zu tragen haben,
412vgl. zu dieser Funktion des kalkulatorischen Zinses: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 1. September 1999 - 9 A 3342/98 -, KStZ 2000, 90 (92 – rechte Spalte),
413sind für die Höhe des Zinssatzes maßgebend die langfristigen Durchschnittsverhältnisse am Kapitalmarkt. Diese Verhältnisse können nach der Rechtsprechung des OVG NRW abgelesen werden am langjährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten.
414Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 - 9 A 3120/03 – mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.
415Die Zinskalkulation ist mithin zu messen an den langfristigen Durchschnittsrenditen dieser Emissionen, die bei Kalkulationserstellung bekannt waren, d.h. unter Berücksichtigung der Renditen, die angefallen waren in den vergangenen Jahren bis hin zum Vorvorjahr des Jahres, für das die Gebühren kalkuliert und erhoben werden sollen. Dieser langjährige Durchschnittswert darf nach der zitierten Rechtsprechung des OVG NRW um bis zu 0,5 %-Punkte erhöht werden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass wegen der die Anlagezinsen regelmäßig übersteigenden Kreditzinsen ein etwaiger Fremdkapitalanteil zu einem höheren Zinssatz zu berücksichtigen ist.
416Da gemeindliches Anlagenvermögen im Entwässerungsbereich vornehmlich aus Anlagen – wie z.B. aus der Kanalisation und Sonderbauwerken; gegebenenfalls auch aus Klärwerkseinrichtungen – besteht, die sehr langfristig genutzt und abgeschrieben werden und in denen daher Kapital sehr langfristig gebunden ist, wird die Durchschnittsrendite ebenfalls nach einem sehr langfristigen Betrachtungszeitraum bemessen, nämlich einem 50-Jahres-Zeitraum.
417Dem OVG NRW wie dem erkennenden Gericht sind die Sätze der in Rede stehenden Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten seit dem Jahre 1955 bekannt. Die Sätze aus den Jahren 1955 bis 2002 ergeben sich aus einer von der Deutschen Bundesbank erstellten, dem erkennenden Gericht in einem früheren Klageverfahren mitgeteilten Übersicht vom 12. Januar 2004; die Werte für die Folgezeit sind auf der Internetseite der Deutschen Bundesbank (www.bundesbank.de, Sachgebiet; Volkswirtschaft – statistische Beihefte – Kapitalmarktstatistik: dort unter: Festverzinsliche Wertpapiere inländischer Emittenten) veröffentlicht (gewesen).
418Ausgehend von den (im Kalkulationszeitpunkt bekannten) Emissionsrenditen der genannten Finanzanlagen in dem 50-Jahres-Zeitraum bis zu dem Vorvorjahr des Jahres, für das die Gebühren kalkuliert und erhoben werden sollen, ergibt sich unter Einbeziehung des Zuschlages von 0,5 %-Punkten für die Gebührenkalkulation des streitigen Veranlagungsjahres 2012 ein zulässiger Zinssatz von 6,94 %; der in der Kalkulation angesetzte Wert von 7 % ist damit überhöht.
419Statt einer kalkulatorischen Verzinsung von 14.965.678.- Euro hätte die Beklagte in der Gebührenkalkulation 2012 daher kalkulatorische Zinsen in Höhe von lediglich (14.965.678.- Euro ./. 7,0 % × 6,94 % =) 14.837.400,- Euro ansetzen dürfen. Der Ansatz kalkulatorischer Zinsen war also um (14.965.678.- Euro – 14.837.400,- Euro =) 128.278,- Euro überhöht.
420Die aus der kalkulatorischen Verzinsung herrührende Kostenmasse verteilt sich nach der Zurechnung, die die Beklagte in ihrer Kalkulation zu Grunde gelegt hat und gegen die Bedenken nicht ersichtlich sind, auf die Kostenträger „Niederschlagswasser/Grundwasser“ und „Schmutzwasser“ im Verhältnis 42,6 % (NW) : 57, 4 % (SW) (= 6.370.307,60 Euro (NW) : 8.595.370,40 Euro (SW)). Dementsprechend entfällt ein Betrag der Überdeckung in Höhe von [57,4 % von 128.278,- Euro (Gesamtbetrag der Überdeckung)=] 73.631,57 Euro auf den Kostenträger „Schmutzwasserbeseitigung“ und in der restlichen Höhe von 54.646,43 Euro auf den Kostenträger „Niederschlagswasser-/Grundwasserbeseitigung“.
421DD.
422(Sonstige Kosten)
423Gegen die Richtigkeit der sonstigen Kostenansätze in der Gebührenkalkulation im Übrigen (Abwasserabgabe, übrige Aufwendungen, Unter-/Überdeckungsausgleich, Gewinne/ Gewinnverwendung) sind Bedenken allenfalls bzgl. der unter der Position „übrige Aufwendungen“ kalkulierten Kosten wegen „Erstattungen an die T. (Inkasso Abwassergebühren)“ ersichtlich. In diesem Zusammenhang sei lediglich Folgendes ausgeführt:
4241.
425(Zum Über-/Unterdeckungsausgleich)
426Entgegen der klägerseits teilweise vertretenen Auffassung hat die Beklagte in der Kalkulation auch einen nach § 6 Abs. 2 S. 3 KAG geforderten Unter-/Überdeckungsausgleich durchgeführt. Vor dem Hintergrund, dass nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen der gesetzlichen Konzeption des Unter-/Überdeckungsausgleichs die Absicht zu Grunde liegt, nur den Ausgleich ungewollter Planungs- oder Prognose-„fehler“ bei dem kalkulatorischen Ansatz der Kosten oder der Bemessungseinheiten vergangener Kalkulationszeiträume, d.h. den Ausgleich (in diesem Sinne) ungewollter Abweichungen zwischen der ihrer Natur nach mit Abschätzungsrisiken verbundenen Prognose dieser Faktoren für den Kalkulationszeitraum und der tatsächlichen Entwicklung der Faktoren im Kalkulationszeitraum innerhalb eines Vier-Jahres-Zeitraumes zu ermöglichen, aber keine Ausgleichsmöglichkeit und –pflicht für jene Kalkulationsfehler früherer Veranlagungszeiträume zu begründen, die nicht auf prognosebedingten Unwägbarkeiten beruhen,
427vgl. in diesem Sinne: OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2010 – 9 A 1496/08 – (S. 8 f. des Urteilsabdruckes) und Beschluss vom 30. November 2010 – 9 A 1579/08 – (S. 3 ff. des Urteilsabdruckes),
428bestehen hier keine Anhaltspunkte dafür, dass die Über-/Unterdeckungsansätze in der Kalkulation fehlerhaft wären.
4292.
430(Zu den „übrigen Aufwendungen“ im Sinne der Gebührenkalkulation)
431Ob die unter der Position „übrige Aufwendungen“ kalkulierten Kosten wegen „Erstattungen an die T. (Inkasso Abwassergebühren)“ zu beanstanden sind, soweit sie für die (rein technische) Erstellung und Versendung von Gebührenbescheiden durch die T. Energie GmbH angefallen sind, kann offen bleiben. Zwar mag sich einerseits die Frage der Erforderlichkeit dieser Kosten stellen, soweit und solange der Erlass von Bescheiden – anders als in dem hier vorliegenden Fall (siehe oben A.) – rechtswidrigerweise nicht durch die Beklagte, sondern allein durch der T. B. GmbH zuzurechnende Mitarbeiter veranlasst und verantwortet ist. Andererseits handelt es sich hierbei um Kosten, die unabhängig von der Frage, wer den (ggf. rechtswidrigen, aber wirksamen – s.o. zu A.) Bescheid letztlich erlässt, allein durch die rein verwaltungshelferische Tätigkeit der Vorbereitung und postalischen Versendung der Bescheide entstehen. Diese Frage kann mangels Entscheidungserheblichkeit aber dahinstehen, da bereits andere festzustellende Kalkulationsfehler zu relevanten Kostenüberschreitungen von mehr als 3 % führen.
4323.
433(Zu den Gewinnen des Abwasserbeseitigungsbetriebes und der Gewinnverwendung)
434Der Abwasserbeseitigungsbetrieb der Beklagten erwirtschaftet infolge der – kostenrechnerisch zulässigen (!) – kalkulatorischen Verzinsung des aufgewandten Kapitals Gewinne/Überschüsse; schriebe er die städtischen Anlagen statt – wie es hier geschieht – nach dem Herstellungswert nach dem Wiederbeschaffungszeitwert ab, erzeugte auch dies Gewinne.
435Gewinne gemeindlicher Abwasserbeseitigungsbetriebe entstehen, wenn in der gebührenrechtlichen Kostenrechnung eine Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis des Wiederbeschaffungszeitwertes – soweit eine solche erfolgt – und eine (kalkulatorische) Verzinsung des aufgewandten Eigen- und Fremdkapitals auf der Basis von Anschaffungsrestwerten in Verbindung mit einem angemessenen Nominalzinssatz vorgenommen wird. Bei dieser Kostenberechnungsmethode ergeben sich aus kostendeckenden Gebühreneinnahmen handelsrechtlich Gewinne. Nach § 242 Abs. 2 HGB erfolgt in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und der Erträge des Geschäftsjahres. In die Erträge des Entwässerungsbetriebs fließen über die Gebühreneinnahmen die damit abgegoltenen „kalkulatorischen Kosten“, nämlich die – ggf. – nach Wiederbeschaffungszeitwert ermittelten Abschreibungen des Anlagevermögens und die Verzinsung des aufgewandten Eigen- und Fremdkapitals nach angemessenem Nominalzinssatz ein. Handelsrechtlich stehen diesen „kalkulatorischen Kosten“ auf der Aufwandsseite aber nur „gegenüber“: Abschreibungen des Anlagevermögens, die gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HGB nach Maßgabe der voraussichtlichen Nutzungsdauer höchstens von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bemessen werden, und die (im Geschäftsjahr) angefallenen Zinsen für das in Anspruch genommene Fremdkapital (vgl. z.B. § 275 Abs. 2 Nr. 13 HGB). In der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung ergibt sich bei Betrachtung der Abschreibungen und der Zinsbehandlung auf Aufwands- und Ertragsseite demnach ein Überschuss, weil die kostenrechnerisch erzielbaren Abschreibungsrückflüsse bzw. Zinszuflüsse, soweit auf der Ertragsseite durch entsprechende Gebührenveranlagungen realisiert, über die handelsrechtlich als Aufwand gegenzurechnenden Abschreibungen nach § 253 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HGB bzw. Zinszahlungen für Fremdkapital hinausgehen.
436Anders als die Klägerseite meint, stellt aber die Tatsache, dass aufgelaufene Gewinne/Überschüsse nicht zu Gunsten der Gebührenschuldner in die Kalkulation eingestellt werden, sondern ggf. sukzessive in den allgemeinen städtischen Haushalt ausgeschüttet werden, keinen Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot dar. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte aufgelaufene Gewinne/Überschüsse des städtischen Entwässerungsbetriebes nicht kostenmindernd in der Gebührenkalkulation angesetzt hat.
437Die Erwirtschaftung von Überschüssen ist Folge der Zulässigkeit von kalkulatorischer Verzinsung nach Nominalzinsen und kalkulatorischer Abschreibung auf der Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten.
438Der Gemeinde steht es im Rahmen ihres weiten Organisationsermessens sowie allgemeiner haushaltsrechtlicher Grundsätze grundsätzlich – d. h. bis zur erforderlichen Wiederbeschaffung von Anlagevermögen – frei, das durch Abschreibungen und Verzinsung entstehende Kapital für (andere) allgemeine Haushaltszwecke zu nutzen. Dementsprechend ist in § 26 Abs. 3 S. 2 der Eigenbetriebsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen auch geregelt, dass der Rat der Gemeinde mit der Feststellung des geprüften Jahresabschlusses des Eigenbetriebes über die Verwendung des Jahresgewinns oder die Behandlung eines Jahresverlustes beschließt.
439Für Gemeinden in Nordrhein-Westfalen besteht nach den derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen keine Zweckbindung bei der Verwendung von Gebühreneinnahmen, d. h. keine Verpflichtung, die Gebühreneinnahmen für bestimmte Ausgaben zu reservieren.
440Dass verfassungsrechtlich keine Zweckbindung von Gebühreneinnahmen geboten ist, ist in der juristischen Lehre allgemein anerkannt.
441Vgl. Gawel, in: Der Gemeindehaushalt, 10/2011, S. 217 (218) und Fn. 15 m.w.N. zu den Meinungen in der verfassungsrechtlichen Literatur.
442Auch einfach-gesetzlich besteht in Nordrhein-Westfalen mangels entsprechender Regelungen im KAG NRW sowie der Gemeindehaushaltsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GemHVO NRW) kein rechtliches Gebot zur Reservierung der Gebühreneinnahmen für bestimmte Zwecke.
443Vgl. Gawel, in: Der Gemeindehaushalt, 10/2011, S. 217 (218).
444Insbesondere durch die Regelungen des KAG NRW, namentlich durch § 6 KAG sollen keine rechtlichen Zweckbindungen begründet werden. Der Landesgesetzgeber hat nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG die zurückfließenden Abschreibungs-/Verzinsungsbeträge und die hiermit etwaig erwirtschafteten Gewinne allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen mit der Folge, dass diese einer Nutzung zu Gunsten des allgemeinen städtischen Haushaltes entzogen sind. Denn die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpft sich in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
445Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil vom 16. November 1967 – III OVG A 111/65 -, KStZ 1968, 77, wonach selbst die Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Werteverzehr berücksichtigt; OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 56 f..
446Nichts anderes gilt für die kalkulatorische Verzinsung.
447Sind die Verzinsung des aufgewandten Kapitals sowie die Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert in ihrer gebührenrechtlichen Funktion auf eine reine periodengerechte Kostenverteilung beschränkt,
448vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 63, 66, 76,
449ist ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zwingender Grund nicht erkennbar, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, dass das Eigenkapital (wie auch das Fremdkapital), das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Kommune (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der Kommune dem allgemeinen Haushalt entzogen wird.
450Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 65.
451Dass die Funktion der kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungen auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkt und durch sie die weitere Verwendung der eingenommenen Beträge nicht festgelegt werden sollte, zeigt sich auch darin, dass der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden – und nicht etwa des Gebührenhaushalts – ansah.
452Vgl. Ausschussprotokoll Nr. 1246/69, S. 2; OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 78 f..
453Auch die Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert sollte nach dem Willen des Landesgesetzgebers der Steigerung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinden dienen.
454Vgl. Ausschussprotokoll Nr. 1126/69, S. 28; OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98, Juris Rn. 80.
455Die gesetzliche Festlegung der weiteren Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, wie etwa durch die schon im Gesetzgebungsverfahren (ursprünglich) diskutierte,
456vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
457und klägerseits teilweise geforderte Zuführung der Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage war mithin (im Ergebnis) nicht Regelungsgegenstand des § 6 KAG NRW und damit der gemeindlichen Kostenrechnung.
458Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 61.
459Bestehen keine rechtlichen Zweckbindungen von Gebühreneinnahmen, ist die Kommune folglich – im Grundsatz – berechtigt, über die hereinfließenden Mittel im Rahmen des Haushaltsrechts frei zu verfügen.
460Diese Annahme rechtfertigt sich (auch) daraus, dass die Kommune ihr Eigenkapital (oder auch aufgenommenes Fremdkapital), anstatt es in den Bau von Kanälen zu investieren, auch in anderer Weise hätte einsetzen können, etwa als zinsbringende Anlage. Dann hätte sie selbstverständlich über die Zinsen verfügen dürfen. Nichts anderes kann gelten, wenn sich beispielsweise das in den Kanälen gebundene Kapital durch Abschreibungen (nach Abzug etwaiger Tilgungsleistungen) wieder in frei verfügbares Kapital umwandelt. Die infolge kalkulatorischer Abschreibungen und Verzinsung zurückgeflossenen Finanzmittel stehen daher der Gemeinde zur freien Verwendung, nicht aber dem Gebührenhaushalt und damit dem Gebührenschuldner zu.
461Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 54 ff., 83; OVG NRW, Urteil vom 21. März 1997 – 9 A 1921/95 -, Juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 05.08.1994 – 9 A 1248/92 -, Juris Rn. 46; Gawel, in: Der Gemeindehaushalt, 10/2011, S. 217 (219).
462Es handelt sich dabei einzig um Kapital der Gemeinde, nicht um solches der Gebührenschuldner.
463Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 83; Gawel, in: Der Gemeindehaushalt, 10/2011, S. 217 (219).
464Dementsprechend ist auch der Zinsnutzen des Rückflusskapitals nicht gebührenmindernd zu berücksichtigen.
465Ebenso wenig wie in der Privatwirtschaft ein zahlender Kunde durch Entrichtung des Kaufpreises (über die darin enthaltenen kalkulatorischen Kostenelemente) zum (stillen) Teilhaber des leistenden Unternehmens wird, wird der Gebührenzahler zum Teilhaber des Entwässerungsbetriebs. Darf die Kommune im Rahmen ihres Organisationsermessens und der haushaltsrechtlichen Grundsätze über diese Finanzmittel frei disponieren, so besteht ein Anspruch des Gebührenschuldners auf Verwendung der Einnahmen zu einem bestimmten Zweck – wie dargelegt – nicht. Die Ansprüche des Gebührenschuldners erschöpfen sich vielmehr in dem Anspruch aus dem Benutzungsverhältnis zu der Entwässerungseinrichtung auf Leistung (Abwasserbeseitigung sowie Sicherstellung der Ersatzbeschaffung der Einrichtungsgegenstände) und in dem Anspruch auf leistungsadäquate Gebührenbemessung (d. h. darauf, dass die Gebührenhöhe an den durch die Leistungsabgabe konkret verursachten Werteverzehr geknüpft ist).
466Vgl. Gawel, in: Der Gemeindehaushalt, 10/2011, S. 217 (218 f.).
467Die Kommune ist dementsprechend zwar verpflichtet, am Ende der Nutzungsdauer der jeweiligen Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung oder Sanierung bereitzustellen,
468vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999 – 9 A 3342/98 -, Juris Rn. 54 ff., 74; OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 -; VG Köln, Urteil vom 12. Juni 2007 – 14 K 411/05 -, Juris Rn. 37 ff.;
469die kalkulatorischen Kosten, die aus der Nutzung der (mit Mitteln aus dem gemeindlichen Haushalt) erneuerten Anlagen neu entstehen, fallen aber wiederum den Nutzern zur (Gebühren-)Last.
4704.
471Schließlich sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Gebührenkalkulation um eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung handelt. Deren Richtigkeit kann nicht durch Hinweise auf handelsrechtliche Bilanzen und/oder gemeindehaushaltsrechtliche Bilanzierungsregeln in Frage gestellt werden, weil diese Instrumente andere Funktionen haben als eine Kostenrechnung.
472EE.
473(Zusammenfassung und Kalkulationsfehlerfolgen)
474Nach allem summieren sich die überhöhten Kostenansätze in der Kalkulation der Schmutzwassergebühren für das Jahr 2012 insgesamt auf zumindest [817.066,28 Euro (zumindest überhöhter Ansatz Betriebsführungsentgelt T. B. GmbH – vgl. AA. 4.4) + 677.606,25 Euro (überhöhter Ansatz der Betriebskosten F. – Kläranlage – vgl. BB a.E.) + 73.631,57 Euro (überhöhter Ansatz der kalkulatorischen Verzinsung städtischen Anlagenvermögens – vgl. CC. a.E.) =] 1.568.304,10 Euro.
475Selbst wenn sich die nicht zu beanstandenden Kostenansätze in der Entwässerungsgebührenbedarfsberechnung damit auf insgesamt [46.273.018,34 Euro (kalkulierter Gesamtgebührenbedarf Schmutzwasser) – 1.568.304,10 Euro (zumindest überhöhte Kostenansätze Schmutzwasser) =] 44.704.714,24 Euro (Gesamtgebührenbedarf Schmutzwasser ohne zumindest überhöhte Ansätze) beliefen, wäre der kalkulierte Gebührenbedarf von 46.273.018,34 Euro zu beanstanden, da er sich nicht im Rahmen der nach der 3-%-Bagatell-Rechtsprechung zu tolerierenden Höhe hält, die bei allenfalls (44.704.714,24 Euro x 1,03 =) 46.045.855,67 Euro läge.
476C.
477(Niederschlagswassergebühren)
478Auch die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr ist materiell rechtswidrig.
479Der Erhebung der Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2012 ermangelt es an der für eine rechtmäßige Veranlagung nach § 2 Abs. 1 KAG erforderlichen wirksamen Satzungsregelung über den Gebührensatz. Der in der „Satzung der Stadt L. über die Erhebung von Abwassergebühren (Abwassergebührensatzung) vom 11. Dezember 2003 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 06. Dezember 2011 (EGS) festgesetzte Gebührensatz von 0,93 Euro/m² ist wegen Verstoßes gegen das für Benutzungsgebühren geltende Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG rechtswidrig und damit unwirksam.
480Das – bereits oben angesprochene – Kostenüberschreitungsverbot besagt, dass das in der Gebührenkalkulation veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung in der Regel decken, sie aber nicht überschreiten soll. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen ziehen nur erhebliche oder gröbliche Verletzungen des Kostenüberschreitungsverbots die Nichtigkeitsfeststellung nach sich.
481Die Grenze zur Erheblichkeit ist überschritten, wenn das veranschlagte Gebührenaufkommen, das sich nach der der Satzungsregelung zu Grunde liegenden Gebührenbedarfsberechnung ergab, das zu veranschlagende Gebührenaufkommen das sich nach Bereinigung der Kosten- und/oder Verteilungsmassenvolumen um fehlerhafte Kosten- und/oder Verteilungsmassenansätze ergibt, um mehr als 3 % übersteigt.
482Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 1995 – 9 A 2474/94 –, KStZ 1997, 57.
483Eine gröbliche Verletzung liegt – ungeachtet der prozentualen Höhe der Kostenüberschreitung – vor, wenn die Kostenüberschreitung auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen, oder auf schwer oder offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruht.
484Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, KStZ 1994, 213, und zum Vorstehenden insgesamt: Beschluss vom 30. Oktober 2001 – 9 A 3331/01 –.
485Eine gröbliche Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots liegt aber auch dann vor, wenn die Ermittlung des Gebührensatzes schwer und offenkundig falsch ist, weil schon auf der Grundlage der Annahmen der Vorkalkulation das veranschlagte Gebührenaufkommen den veranschlagten kostendeckenden Gebührenbedarf übersteigt.
486So liegt der Fall hier, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt.
487In der Gebührensatzung der Beklagten sind verschiedene Gebührensätze für die Kostenträger „Niederschlagswasserbeseitigung“ und „Grundwasserbeseitigung“ vorgesehen; die Gebühren werden nach verschiedenen Maßstäben erhoben (Niederschlagswassergebühr: „je m² angeschlossener überbauter und/oder befestigter Grundstücksfläche“; Grundwasser: „je m³ Grundwasser“). Die durch diese satzungsgemäß unterschiedenen Leistungen verursachten Kosten sind nach sachgerechten Kriterien dem jeweiligen Kostenträger zuzuordnen, weil aus dem jeweiligen Gebührenbedarf die Kosten auszuscheiden sind, die nicht durch die (je) gebührenpflichtige Leistung bedingt sind. Die Beklagte hat in ihrer Gebührenkalkulation die auf die Kostenträger „Niederschlagswasserbeseitigung“ und „Grundwasserbeseitigung“ entfallenden Kostenmassen gemeinsam vorkalkulatorisch ermittelt. Dabei ist sie für das Jahr 2012 zu einem gesamten Gebührenbedarf für diese beiden Leistungen in Höhe eines Betrages von 16.722.076,64 Euro gelangt; dass dieser Bedarf aus den oben unter B. dargelegten Gründen teilweise zu hoch angesetzt sein dürfte, kann hier außer Betracht bleiben.
488Zur Berechnung der getrennten Niederschlagswasser- und Grundwassergebührensätze hat die Beklagte diesen gesamten Betrag jeweils durch eine Gesamtverteilungsmasse geteilt, die neben den vorkalkulatorisch erwarteten Maßstabseinheiten der „zugehörigen“ Verteilungsmasse auch die vorkalkulatorisch erwartete Maßstabseinheiten der „anderen“ Verteilungsmasse enthielt; deren vorkalkulierte Maßstabseinheiten (m² bzw. m³) waren dazu – nach Maßgabe der durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmenge in mm/m² – auf den jeweiligen anderen Maßstab umgerechnet worden. Dies geschah zum Zwecke der erforderlichen Verteilung der Kosten auf die beiden Kostenträger. Durch die gegenseitige Berücksichtigung der umgerechneten, je anderen Verteilungsmasse bei der Ermittlung des jeweiligen Gebührensatzes sollte eine gleichmäßige Verteilung der Kosten nach Nutzungsanteilen erzielt werden.
489Die gewählte Methode der Verteilung auf die Kostenträger nach reinen Nutzungsanteilen erscheint auf den ersten Blick zwar sachgerecht, da sich der Entsorgungsaufwand für Niederschlags(ab-)wasser und Grundwasser nach den örtlichen Verhältnissen offenbar nicht erheblich unterscheidet.
490Die gewählte Methode führte aber für das Jahr 2012 zur Ermittlung grob fehlerhafter Gebührensätze, weil das nach Maßgabe dieser Gebührensätze zu veranschlagende Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der „Niederschlagswasserbeseitigung“ und der „Grundwasserbeseitigung“, d.h. den veranschlagten Gebührenbedarf offensichtlich übersteigt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
491Das vorkalkulierte/veranschlagte Gebührenaufkommen errechnet sich aus der Vervielfältigung des Gebührensatzes mit den vorkalkulierten Maßstabseinheiten.
492Die Beklagte hatte
493a. aus der Veranlagung zu den Niederschlagswassergebühren auf der Grundlage des errechneten Gebührensatzes von 0,93 Euro/m² und einer vorkalkulatorisch erwarteten Verteilungsmasse aus der Inanspruchnahme der Leistung der Niederschlagswasserbeseitigung von 17.500.000 m² (ohne umgerechnete „Grundwasserflächen“) mit einem Gebührenaufkommen in Höhe von (17.500.000 m² x 0,93 Euro/m² =) 16.275.000.- Euro und
494b. aus der Veranlagung zu den Grundwassergebühren auf der Grundlage des errechneten Gebührensatzes von 1,32 Euro/m³ und einer vorkalkulatorisch erwarteten Verteilungsmasse aus der Inanspruchnahme der Leistung der Grundwasserbeseitigung von 400.000 m³ (ohne umgerechnete „Niederschlagswassermengen“) mit einem Gebührenaufkommen in Höhe von (400.000 m³ x 1,32 Euro/m³ =) 528.000,- Euro
495zu rechnen.
496Das auf der Grundlage der Vorkalkulation zu erwartende Gesamtgebührenaufkommen für diese beiden Leistungen summiert sich damit auf einen Betrag in Höhe von insgesamt (16.275.000.- Euro + 528.000,- Euro =) 16.803.000,- Euro. Dieser Betrag übersteigt den von der Beklagten selbst veranschlagten Gebührenbedarf in Höhe von 16.722.076,64 Euro um rund 80.000,- EUR oder rund 0,5 %. Die von der Beklagten festgesetzten Niederschlagswasser- und Grundwassergebührensätze führen damit zu einem offensichtlich überhöhten Gebührenaufkommen gegenüber dem von ihr selbst errechneten Bedarf. Der Fehler ist offensichtlich, weil er bei der von der Beklagten unterlassenen, hier nachgeholten Gegenprobe der Gebührenbedarfsberechnung ohne weiteres aufgefallen wäre.
497Der Frage, ob beide oder nur einer der beiden hier in Rede stehenden Gebührensätze überhöht ist, braucht nicht weiter nachgegangen zu werden. Da die Beklagte die Berechnung der beiden Gebührensätze durch die Einbeziehung der jeweils „anderen Verteilungsmasse“ in die Gebührensatzberechnung eng miteinander verknüpft hat, zieht die Nichtigkeit des einen Gebührensatzes die Nichtigkeit des anderen nach sich. Es kann nämlich vor dem Hintergrund, dass die Beklagte kostendeckende Gebühren erheben will, und der hier – wegen der gewählten Methode der Kostenträgerzurechnung über gemeinsame Verteilungsmassen – gegebenen Abhängigkeit der beiden Gebührensätze voneinander nicht davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen der Beklagten bei Nichtigkeit des einen (überhöhten) Gebührensatzes der andere (ev. zu niedrige) Gebührensatz Bestand haben soll.
498Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich die von der Beklagten gewählte Methode der Kostenträgerzurechnung über die Verteilungsmasse statt über die vorzuziehende Zurechnung über die verursachungsgerechte Kostenmassenverteilung als letztlich ungeeignet erweist, weil sie ungenaue, verzerrende Ergebnisse nach sich zieht. Wie dargelegt führte die von der Beklagten gewählte Methode für das Jahr 2012 zu einer Überdeckung des sich selbst unter Zugrundelegung der Kostenansätze der Beklagten ergebenden gesamten Gebührenbedarfs für die Kostenträger „Niederschlagswasserbeseitigung“ und „Grundwasserbeseitigung“ in Höhe von rund 80.000,- Euro. Demgegenüber führte sie für das Jahr 2013 bei Unterstellung der Richtigkeit der Kostenansätze der Beklagten zu einer „Unterdeckung“ für die Kostenträger „Niederschlagswasserbeseitigung“ und „Grundwasserbeseitigung“ in Höhe von rund 46.000,- Euro, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:
499Die Beklagte hatte für das Jahr 2013
500a. aus der Veranlagung zu den Niederschlagswassergebühren auf der Grundlage des errechneten Gebührensatzes von 0,96 Euro/m² und einer vorkalkulatorisch erwarteten Verteilungsmasse aus der Inanspruchnahme der Leistung der Niederschlagswasserbeseitigung von 17.765.000 m² (ohne umgerechnete „Grundwasserflächen“) mit einem Gebührenaufkommen in Höhe von (17.765.000 m² x 0,96 Euro/m² =) 17.054.400.- Euro und
501b. aus der Veranlagung zu den Grundwassergebühren auf der Grundlage des errechneten Gebührensatzes von 1,37 Euro/m³ und einer vorkalkulatorisch erwarteten Verteilungsmasse aus der Inanspruchnahme der Leistung der Grundwasserbeseitigung von 400.000 m³ (ohne umgerechnete „Niederschlagswassermengen“) mit einem Gebührenaufkommen in Höhe von (400.000 m³ x 1,37 Euro/m³ =) 548.000,- Euro
502zu rechnen.
503Das auf der Grundlage der Vorkalkulation zu erwartende Gesamtgebührenaufkommen für diese beiden Leistungen summiert sich damit auf einen Betrag in Höhe von insgesamt (17.054.400.- Euro + 548.000,- Euro =) 17.602.400,- Euro. Dieser Betrag unterschreitet den von der Beklagten veranschlagten Gebührenbedarf für „Niederschlags(ab-)wasser/Grundwasser“ in Höhe von 17.648.628,28 Euro um rund 46.000,- Euro.
504Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
505Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 11. Nov. 2015 - 5 K 6187/14
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Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2013 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer der bebauten und an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Grundstücke mit den postalischen Bezeichnungen „J. Straße 232, „J. Straße 234“ und „J. Straße 236“ in L. .
3Ab dem Sommer 2010 ließ die Beklagte unter anderem im Bereich der klägerischen Grundstücke Kanalsanierungsmaßnahmen durch die ihr gehörende T. B. GmbH durchführen. Im Vorfeld dieser Maßnahmen ließ die T. B. GmbH die Grundstücksanschlüsse dieser Grundstücke durch die Fa. S. (Rohr & Kanalreinigung) mittels Kamerabefahrungen auf Schäden untersuchen.
4Mit Schreiben vom 12. bzw. 15. Dezember 2011, gefertigt durch die T. B. GmbH, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Untersuchungen ergeben hätten, dass dessen o.g. Anschlüsse Schäden aufwiesen, die eine Sanierung notwendig machten. Die entstehenden Kosten trüge nach § 4 der Satzung der Stadt L. über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen vom 11. Dezember 2003 der jeweilige Eigentümer des Grundstücks. Die Sanierungskosten würden zwar vorerst durch die T. B. GmbH übernommen, nach Fertigstellung und Abrechnung der Sanierungsmaßnahmen würden diese Kosten aber von ihm, dem Kläger, zurück gefordert.
5Die Beklagte ließ darauf hin, ihrer Ankündigung gemäß, durch die T. B. GmbH, die hierzu einen Bauunternehmer beauftragte, die Anschlüsse des Klägers sanieren. Der Bauunternehmer stellte der T. B. GmbH hierfür insgesamt 3.552,03 Euro in Rechnung.
6Mit auf § 4 der Satzung über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen der Stadt L. vom 11. Dezember 2003 gestützten Bescheiden vom 17. Januar 2013 zog die Beklagte den Kläger nach Abschluss der Arbeiten zu einem entsprechenden Kostenersatz in der Höhe von 1200,59 Euro für das Grundstück J. Straße 232 und jeweils 1175,72 Euro für die Grundstücke J. Straße 234 bzw. 236, insgesamt 3.552,03 Euro, heran.
7Die Bescheide enthalten im Briefkopf das „Logo“ der Stadt L. mit dem Zusatz „Stadt T1. T2. “ und als erlassende Stelle den Oberbürgermeister, Stadtentwässerung L. .
8Die Bescheide waren tatsächlich von der Mitarbeiterin der T. B. GmbH, Frau L1. , vorbereitet und durch den ebenfalls bei der T. B. beschäftigten städtischen Beamten, Stadtamtsrat N. , geprüft und unterschrieben worden und sind dann dem Kläger durch die T. B. GmbH mittels Aufgabe zur Post bekannt gegeben worden.
9Stadtamtsrat N. war vor ca. 10 Jahren, wie weitere bei der T. B. GmbH beschäftigte städtische Beamte der Beklagten (Stadthauptsekretärin E. und Stadtamtsinspektorin K. ), durch entsprechende auf § 123a BRRG gestürzte Zuweisungsverfügungen der T. B. GmbH zugewiesen worden. Faktisch sind diese Beamten nach Angaben der Beklagten aber überwiegend für die Stadtentwässerung L. , die kein eigenes Personal besitzt, tätig, und den Weisungen der dortigen Betriebsleiterin, die zugleich Geschäftsführerin der T. B. GmbH ist, unterworfen. Sie sind dementsprechend von der T. B. GmbH für die Zeit, in der sie für die Stadtentwässerung tätig sind, freigestellt.
10Der Kläger hat am 16. Februar 2013 Klage erhoben, zu deren Begründung er unter anderem geltend macht, dass eine Sanierungsbedürftigkeit seiner Anschlüsse wohl überhaupt nicht bestanden habe bzw. etwaige doch vorhandene Schäden durch die Bauarbeiten am Hauptkanal verursacht worden seien.
11Zudem sei es unzulässig, dass die angefochtenen Bescheide von der T. B. GmbH „erlassen“ worden seien. Das Recht zum Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes dürfe ohne eine gesetzliche Ermächtigung nicht an eine private Person übertragen werden, da es sich hierbei um eine hoheitliche Aufgabe handele. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. verstoße somit gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft, wenn er, wie hier, die T. B. GmbH, mit dem inhaltlichen Erlass von Festsetzungsbescheiden beauftrage.
12Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens werden die klägerischen Schriftsätze in Bezug genommen.
13Der Kläger beantragt,
14die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2013 aufzuheben.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages trägt sie vor, dass es unzutreffend sei, dass die Bescheide von der T. B. GmbH „erlassen“ worden seien. Bei deren Vorbereitung habe die Angestellte der T. B. GmbH, Frau L1. , vielmehr lediglich als Verwaltungshelferin fungiert. Gegen den Einsatz eines Verwaltungshelfers für die Vorbereitung eines Hoheitsaktes sei aber nichts einzuwenden, wenn letztlich der Hoheitsträger die Aufgabendurchführung und Überwachung mit eigenem fachlich geeigneten Personal gewährleiste. Dies sei hier der Fall, weil Stadtamtsrat N. die streitgegenständlichen Bescheide in der Folge geprüft und deren Richtigkeit durch seine Unterschrift dokumentiert und damit deren Erlass durchgeführt habe. Als insoweit legitimiertes Personal des Hoheitsträgers kämen auch grundsätzlich alle Amtsträger der Behörde in Betracht. Die Behörde, die für den Erlass des Kostenersatzbescheides zuständig sei, sei die Stadt L. , diese vertreten durch ihren Oberbürgermeister. Alle dem Oberbürgermeister nachgeordneten Ämter und somit alle Bediensteten, die seiner Weisung unterlägen, seien legitimiert, entsprechende Aufgaben wahrzunehmen. Dies gelte damit auch für die Leiterin des Eigenbetriebes Stadtentwässerung L. und die derzeit von der Stadt L. der T. B. GmbH zugewiesenen Beamten, da die Zuweisung an der Dienstherreneigenschaft der Stadt L. bzw. des Oberbürgermeisters der Stadt L. nichts ändere. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. habe kein eigenes Personal, da die Zuweisung der die hoheitlichen Aufgaben erfüllenden Beamten der Stadt L. auf die T. B. GmbH erfolgt und die Betriebsleiterin zugleich deren Geschäftsführerin sei. Die Personenlosigkeit des Eigenbetriebes schade aber nicht, da der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. handlungsfähig sei. Er handele in erster Linie durch seine Betriebsleitung. Die Betriebsleiterin des Eigenbetriebes Stadtentwässerung sei weisungsgebunden gegenüber dem Oberbürgermeister der Stadt L. . Hinsichtlich der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben bestehe ein Weisungsrecht der Betriebsleiterin gegenüber den der T. B. GmbH zugewiesenen Beamten. Die hoheitlichen Aufgaben des Eigenbetriebes Stadtentwässerung würden von den genannten Beamten wahrgenommen, die im Übrigen auch nahezu keine anderweitigen Funktionen für die T. B. GmbH übernähmen. Auch stehe die Ordnungsgemäßheit der entsprechenden Zuweisungen nach § 123a Abs. 2 BRRG außer Zweifel.
18Zusammenfassend sei abschließend klargestellt, dass alle hoheitlichen Aufgaben aus dem Abwasserbereich von den zugewiesenen Beamten verantwortlich bearbeitet würden. Organisatorisch gesehen sei dies innerhalb der T. B. GmbH das Team „satzungsnahe Aufgaben“. Verantwortlicher Teamleiter des gesamten Bereiches sei Stadtamtsrat N. .
19Die Kammer hat dem Berichterstatter den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. November 2013 zur Entscheidung übertragen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend der Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge in Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Kostenersatzbescheide vom 17. Januar 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
23Die auf § 10 Abs. 1 KAG NRW gestützten Festsetzungen von Kostenersatz sind bereits aus den nachstehenden formellen Gründen rechtswidrig, so dass es auf die übrigen Einwendungen des Klägers hiergegen nicht mehr ankommt.
24Zur Erhebung des Kostenersatzes ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW und § 2 Abs. 1 der Satzung über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen der Stadt L. vom 18. Dezember 2003 allein die Gemeinde (d.h. hier: die Beklagte) berechtigt. Gemäß § 12 Abs. 3, 1 Nr. 4 b) KAG NRW i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO wird der Kostenersatz, soweit, wie hier, nichts anderes bestimmt ist, durch Abgabenbescheid festgesetzt. Abgabenbescheid ist gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 AO der nach § 122 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt, also die Maßnahme einer Behörde, vgl. § 12 Abs. 3, 1 Nr. 3 b) KAG NRW i.V.m. § 118 Abs. 1 AO. Für die Gemeinde handelt als Behörde der Bürgermeister, vgl. § 63 Abs. 1 GO NRW. Auf den Briefköpfen der mit der Klage angefochtenen Bescheide ist zwar auch der (Ober-)bürgermeister als erlassende Behörde ausgewiesen, da indes tatsächlich die T. B. GmbH - eine juristische Person des Privatrechts - die Bescheide erlassen und dem Kläger bekannt gegeben hat, liegt ein zur Rechtswidrigkeit dieser Bescheide führender Verstoß vor, der den Kläger in seinen Rechten verletzt.
25Zwar kann es sich bei der Mitwirkung Privater an der Erstellung von Bescheiden (Verwaltungsakten) – sofern diese Mitwirkung gewisse rechtliche Grenzen nicht überschreitet - um eine rechtlich grundsätzlich zulässige Verwaltungshilfe handeln.
26So für Abgabenbescheide OVG NRW, Beschluss vom 31. Januar 2013, - 9 E 1060/12 -, juris, unter Hinweis auf u.a. VG Köln, Urteil vom 24. Mai 2011, - 14 K 1092/10 -, juris,
27Weist indes – wie hier – die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger aus, hat aber intern, auf Veranlassung der Behörde, ein Privater die Maßnahme getroffen, so ist der Bescheid zwar wirksam, aber rechtswidrig.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, OVG NRW und VG Köln, a.a.O., Hessischer VGH, Beschluss vom 17. März 2010, - 5 A 3242/09.Z -, juris, NVwZ 2010, 1254 f., Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009, - 4 EO 26/09 -, juris, ZfW 2011, 47 – 53 sowie Urteil vom 14. Dezember 2009, - 4 KO 482/09 -, juris, DVBl. 2010, 1123 (Leitsatz)m und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. März 2006, - 2 LB 9/05 -, juris, BauR 2006 (Leitsatz).
29Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, die streitgegenständlichen Bescheide seien von Stadtamtsrat N. geprüft und unterschrieben und damit von einem ihrer städtischen Beamten mit der Folge erlassen worden, dass deren Erlass in rechtlich einwandfreier Weise ihr bzw. ihrem Oberbürgermeister zuzurechnen sei. Denn Stadtamtsrat N. ist – wie auch Stadthauptsekretärin E. und Stadtamtsinspektorin K. - ausweislich der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2013 exemplarisch vorgelegten Kopie der an ihn gerichteten beamtenrechtlichen Verfügung vom 19. Dezember 2003 schon vor ca. 10 Jahren der T. B. GmbH gemäß § 123a Abs. 2 BRRG zur Dienstleistung zugewiesen worden. Mit dieser Zuweisung ist zwar gemäß § 123a Abs. 3 BRRG seine Rechtsstellung als Beamter unberührt geblieben, was bedeutet, dass er sämtliche Rechte und Pflichten gegenüber seinem Dienstherrn, der Beklagten, behalten hat. Davon ausgenommen war aber dessen so genanntes konkret-funktionelles Amt, d.h. sein geschäftsplanmäßiger Aufgabenbereich innerhalb der Stadtverwaltung – sogenannter Dienstposten - , welchen er dementsprechend seinerzeit mit der Zuweisung verloren hat.
30Vgl. zu der entsprechenden Nachfolgevorschrift des § 20 Beamtenstatusgesetz, Rieger in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar, Band C 22, Stand Januar 2012, Anm. 8.1 zu § 20 Beamtenstatusgesetz.
31Damit einhergehend hat die Beklagte auch das ihr gegenüber Stadtamtsrat N. bestehende fachliche Weisungsrecht verloren. Deshalb sind die Beamten N. , E. und K. seit ihrer Zuweisung an die T. B. GmbH zugleich aus dem Kreis der Beamten, deren Handeln nach außen rechtlich einwandfrei für die Beklagte wirkt, ausgeschieden und konnten dementsprechend seither nicht mehr ihr zuzurechnende Rechtsakte in die Welt setzen.
32Auch der Umstand, dass die Beamten N. , E. und K. durch die Geschäftsführerin der T. B. GmbH weitgehend von Tätigkeiten für diese freigestellt und überwiegend Tätigkeiten für die Stadtentwässerung L. , eine in die Stadtverwaltung eingegliederte eigenbetriebsähnliche Einrichtung nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO, ausgeübt haben, führte nicht dazu, dass diese durch ein Handeln für die Stadtentwässerung wieder für die Beklagte einwandfreie Hoheitsakte setzen konnten. Mit der Zuweisung an die T. B. GmbH entstand kraft Gesetzes zwischen den Beamten N. , E. und K. einerseits und der T. B. GmbH andererseits ein sogenanntes Zuweisungsverhältnis, das - wenn auch unter Bezugnahme auf § 12 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DBGrG) und § 123a BRRG - sehr klar durch eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg,
33Beschluss vom 26. Januar 1995, - 4 S 3368/9 -,
34formuliert wird:
35„...wie eine Einzelzuweisung nach § 123a BRRG – ein beamtenrechtliches Institut, mit der dem betroffenen Beamten unter Wahrung seiner Rechtsstellung (§ 12 Abs. 4 Satz 1 DBGrG) und daraus folgendem Fortbestand der beamtenrechtlichen Rechtslage oder Pflichtenlage kraft Gesetzes die Tätigkeit bei der Beklagten (Anm. des Gerichts: Einrichtung zu der zugewiesen wurde) als Dienstaufgabe übertragen wird, zu deren ordnungsgemäßen Erfüllung er gegenüber seinem Dienstherrn verpflichtet ist. Zugleich entsteht kraft Gesetzes zwischen dem Beamten und der Beklagten ein sogenanntes Zuweisungsverhältnis, im Rahmen dessen der Beamte seine Tätigkeit für die Beklagte ausübt und die Beklagte nach § 12 Abs. 4 Satz 2 DBGrG zur Ausübung des an sich dem Dienstherrn zustehenden Weisungsrechts befugt ist, soweit die Dienstausübung im Betrieb des Beklagten es erfordert.“
36Damit entstand zwar ein von der Anstellungskörperschaft an die aufnehmende Einrichtung – hier die T. B. GmbH - delegiertes fachliches Weisungsrecht.
37So sinngemäß Rieger, a.a.O., Anm. 8.2..
38Dieses ist auch konkret in der Zuweisungsverfügung vom 19. Dezember 2003 bestimmt, in der es heißt:
39„Das fachliche und im Rahmen des rechtlich Zulässigen auch das dienstliche Weisungsrecht liegen nunmehr bei der T. B. GmbH.“
40Da es sich bei der T. B. GmbH aber um eine privatrechtliches Unternehmen handelt und dieses dementsprechend keine hoheitlichen Befugnisse hat, konnte die, eine Freistellung von Tätigkeiten bei der T. B. GmbH bzw. damit korrespondierende Zuweisung von Aufgaben bei der Stadtentwässerung L. beinhaltende Weisung durch die Geschäftsführerin der T. B. GmbH an die betroffenen Beamten nicht eine (hiermit verbundene) Übertragung der Befugnis zur Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben für die Beklagte beinhalten.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks S. weg 15 in R. , das an die städtischen Einrichtungen der Abwasser- und Abfallbeseitigung angeschlossen ist.
3Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 16. Januar 1995 zog der Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu Abwasser- und Abfallbeseitigungsgebühren heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
4Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.
5Während des Klageverfahrens setzte der Rat der Stadt R. mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 den Grenzwert für den Abzug der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen unter anderem rückwirkend für das Jahr 1995 auf 20 cbm/Jahr herab (§ 2 Abs. 4 Satz 4 in der Fassung des § 1 Nr. 1 der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996).
6Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger, soweit diese sich gegen die Erhebung der Abwasserbeseitigungsgebühren gerichtet hat, geltend gemacht, daß die Gebühren, insbesondere im Vergleich zu süddeutschen Städten, überhöht seien.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Grundbesitzabgabenbescheid vom 16. Januar 1995 hinsichtlich der festgesetzten Abwasserbeseitigungsgebühren und Abfallentsorgungsgebühren und den Widerspruchsbescheid vom 3. März 1995 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
10Er hat die Auffassung vertreten, daß der Gebührensatz gemäß den insoweit geltenden rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden und der auf dieser Grundlage erlassene Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
11Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot stattgegeben. Hinsichtlich der Abwasserbeseitigungsgebühren hat es zur Begründung ausgeführt, daß das Abzugskapital zu gering bemessen worden sei, da Kanalanschlußbeiträge insoweit nicht berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots auch deshalb vor, weil die hier zur Anwendung gelangte Kalkulationsmethode der Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer kalkulatorischen Verzinsung mit einem Nominalzinssatz nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig sei. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12Hiergegen richtet sich die in bezug auf die Abwasserbeseitigungsgebühren zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung macht er im wesentlichen folgendes geltend: Entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts seien die Kanalanschlußbeiträge bei der Erstellung der Gebührenbedarfsberechnung dem Abzugskapital zugeordnet und somit bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen nicht dem zu verzinsenden Kapital zugerechnet worden. Die angewandte Kalkulationsmethode entspreche den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des Berufungsgerichts. Die Umlage der Personalkosten für das Leitungspersonal erfolge nach dem Gesamtkostenverfahren, einem vereinfachenden Alternativverfahren, das ebenfalls von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung als praxisnahes Verfahren anerkannt sei. Soweit geltend gemacht worden sei, daß bergbaubedingte Schäden und Belastungen unzulässigerweise auf die Gebührenpflichtigen abgewälzt würden, sei darauf hinzuweisen, daß weder im Haushaltsplan noch in der Gebührenbedarfsberechnung Schadensersatzleistungen für Bergbauschäden kalkuliert würden. Die Stadt R. mache gleichwohl Schadensersatz gegenüber dem Bergbau geltend. Dieser werde aber seitens des Bergbaus nicht in Geld, sondern im Wege der sog. Naturalrestitution geleistet. Die Festlegung der mutmaßlichen Nutzungsdauer der Abwasseranlagen auf 50 Jahre sei in der Siedlungsverdichtung, der Werkstoffbeschaffenheit und der Zunahme von allgemeinen Haftungsansprüchen begründet. Bei der kalkulatorischen Verzinsung sei ein Nominalzinssatz von 8 % in Ansatz gebracht worden, der sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Berufungsgerichts rechtfertige. In seinem Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - habe das Berufungsgerichts für den langfristigen Zeitraum von 1952 bis 1992 einen derartigen Zinssatz für zulässig erachtet. Die Durchschnittsverhältnisse, die bei der Ermittlung des Zinssatzes für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum 1995 zugrundezulegen seien, hätten angesichts des lediglich um drei Jahre erweiterten Betrachtungszeitraums eine Herabsetzung des langfristigen durchschnittlichen Zinssatzes nicht geboten. Abschließend werde auf das nunmehr vorliegende Betriebsergebnis hingewiesen, das eine Kostenunterdeckung ausweise.
13Der Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage gegen die Heranziehung zu Abwasserbeseitigungsgebühren abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Zur Begründung macht er im wesentlich folgendes geltend: Es bestehe der Verdacht, daß der Beklagte die Kosten für das Leitungspersonal nicht entsprechend den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, sondern willkürlich umgelegt habe. In den vergangenen Jahren, also auch im Veranlagungsjahr 1995, habe die Stadt R. auf Schadensersatzforderungen gegenüber dem Bergbau ganz oder fast ganz verzichtet, die durch die Beseitigung von Bergbauschäden verursachten Kosten jedoch zu Lasten des Gebührenzahlers in der Gebührenkalkulation bei verschiedenen Kostenarten (Unterhaltung der Abwasseranlagen, Abschreibung, Verzinsung) in Ansatz gebracht. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Schadensersatzforderungen gegen Einleiter, die durch ihre Einleitungen Schäden an den Entwässerungsanlagen verursacht hätten. Soweit im Rahmen der Naturalrestitution neue Anlagen erworben worden seien, würden diese nicht in den Unterlagen erscheinen. Wie dieser Vermögenszuwachs bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt worden sei, sei ebenso unklar wie der Umgang mit den nicht mehr benötigten Brunnen und anderen überflüssigen Anlagen. Im übrigen werde die behauptete Naturalrestitution bezweifelt. Die Abschreibungszeit für Abwasseranlagen von 50 Jahren sei ungewöhnlich kurz. Angesichts der Information, daß nur zwei Baufirmen für Kanalbaumaßnahmen im Geschäft seien, habe er Zweifel, daß für Kanalbaumaßnahmen im Jahr 1995 die Ausschreibung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Behauptung des Beklagten, das Abzugskapital sei nicht zu gering bemessen, sei eine späte Ausrede. Diese Behauptung werde vom Tatbestand des Urteils widerlegt. Die Höhe des Zinssatzes von 8 % lasse die Niedrigzinsphase außer Betracht und sei daher willkürlich. Aus dem Abwasserbeseitigungskonzept gehe nicht hervor, daß die Kanalsanierungsmaßnahmen aus den über die Abschreibungen erzielten Rücklagen finanziert würden. Obwohl die Abschreibungen für diesen baulichen Zweck in die Abwassergebühr eingerechnet worden seien, würden sie widerrechtlich für ganz andere Zwecke ausgegeben. Im übrigen, hinsichtlich der zur Anwendung gelangten Kalkulationsmethoden, macht der Kläger sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen. Darüber hinaus trägt er vor, daß auch die von der Stadt R. veranschlagten Genossenschaftsbeiträge zur Emschergenossenschaft zu hoch seien, weil die Genossenschaftsbeiträge des Bergbaus zum Haushalt der Emschergenossenschaft zu niedrig bemessen seien. Die Emschergenossenschaft betreibe in ihrem Genossenschaftsgebiet rund 100 Entwässerungspumpwerke zur Entwässerung von Polderflächen. Nach telefonischer Auskunft der Emschergenossenschaft würden der größere Teil der Energiekosten und die anderen laufenden Betriebskosten der Pumpen von den Mitgliedskommunen bezahlt. Entsprechendes treffe auch auf den Lippeverband zu. Die laufenden Betriebskosten der Entwässerungspumpwerke seien jedoch ausschließlich von den Bergwerksgesellschaften zu übernehmen, da die Entwässerung der Polderflächen allein zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu sowie zum Verfahren 9 A 3341/98 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19. Auflage 1996, sowie auf weitere betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt, Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liessmann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die vorgenannten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
19Entscheidungsgründe:
20Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
21Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 16. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1995 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr 1995 Abwasserbeseitigungsgebühren festgesetzt worden sind.
22Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung ist die Gebührensatzung der Stadt R. für die Abwasserbeseitigung vom 21. Dezember 1990 in der Gestalt der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 und der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 (AGS). Deren Regelungen sind, soweit die Satzung im Berufungsverfahren der rechtlichen Überprüfung unterliegt, gültiges Satzungsrecht.
23Der Gebührenmaßstab (einheitlicher Frischwassermaßstab nach § 2 AGS) ist für die Umlegung der Kosten sowohl der Schmutzwasserbeseitigung als auch der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.).
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 - 9 A 3373/96 -, NVwZ-RR 1998, 392, m.w.N..
25Er ist von der Klägerseite im Verfahren nicht beanstandet worden. Konkrete Anhaltspunkte, die in bezug auf die Siedlungsstruktur,
26vgl. hierzu: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972 - 7 B 92/70 -, KStZ 1972, 111 (112); OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 - 9 A 803/88 -, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, insoweit nicht veröffentlicht, Urteil vom 25. April 1997 - 9 A 4821/95 -,
27in der Stadt R. für seine Unzulässigkeit sprechen, drängen sich dem erkennenden Senat aus den vorliegenden Unterlagen nicht auf, so daß auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 125 Abs. 1, 86 Abs. 1 VwGO) eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung nicht geboten ist.
28Soweit die Regelung in § 2 Abs. 4 der Gebührensatzung i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 hinsichtlich des Grenzwertes von 60 cbm für den Abzug von nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen für laufend wiederkehrende Verwendungszwecke (§ 2 Abs. 4 a der Gebührensatzung) und des darüber hinaus festgelegten vollständigen Ausschlusses von zur Speisung von Heizungsanlagen verbrauchtem, von hauswirtschaftlich genutztem und von zum Sprengen von Hof und Vorgärten verwendetem Wasser (§ 2 Abs. 4 b-d der Gebührensatzung) angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats,
29vgl. die Zusammenfassung in OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
30begründeten Zweifeln unterlag, hat der Rat der Stadt R. diesen Bedenken Rechnung getragen. Mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 hat er rückwirkend unter anderem für den hier maßgebenden Veranlagungszeitraum 1995 die Ausschlußtatbestände des § 2 Abs. 4 b - d der Gebührensatzung aufgehoben und den nunmehr für sämtliche zurückgehaltenen oder verbrauchten Wassermengen geltenden Grenzwert auf 20 cbm reduziert. Eine darüber hinausgehende Reduzierung des Grenzwertes auf einen Wert unter 20 cbm oder ein völliges Absehen von einem Grenzwert ist für den Veranlagungszeitraum nicht zwingend geboten. Vielmehr sind im Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Gebührenmaßstabes zustehenden weiten Organisationsermessens,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.,
32etwaige verbleibende Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Die sich ergebenden Jahresbeträge liegen mit 68,00 DM (3,40 DM - § 3 Abs. 1 AGS - x 20 cbm), 38,00 DM (1,90 DM - § 3 Abs. 2 AGS - x 20 cbm) und 30,00 DM (1,50 DM - § 3 Abs. 3 AGS - x 20 cbm) unter der Schwelle der Erheblichkeit.
33Die hier streitigen Gebührensätze des § 3 AGS begegnen im Ergebnis keinen materiell- rechtlichen Bedenken.
34Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. liegt nicht vor.
35Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den in der Gebührenkalkulation mit 3.189.544,00 DM veranschlagten Personalkosten Kosten für Mitarbeiter enthalten sind, die nach der Prognose im Veranlagungszeitraum 1995 nicht für die gemeindliche Einrichtung Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß etwa die anteiligen Kosten der Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt worden sind, sind nicht ersichtlich. Das zur Ermittlung der anteiligen Kosten der zentralen Verwaltungsbereiche (Verwaltungsgemeinkosten) praktizierte und vom Beklagten im Berufungsverfahren erläuterte Gesamtkostenverfahren läßt fehlerhafte methodische Ansätze nicht erkennen. Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach nicht geeignet, den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem für gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen. Der Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten Gesamtkosten von 30.895.016,00 DM (10,3 %) bzw. 25.232.906,00 DM (12,6 %) nicht einmal ansatzweise ein signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige Einbeziehung betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
36Auch die Veranschlagung der Verbandsbeiträge mit insgesamt 11.181.933,00 DM (Emschergenossenschaft: 11.082.594,00 DM; Lippeverband: 99.339,00 DM) hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Vortrag, die Verbände entwässerten durch Bergsenkungen entstandene Polderflächen und der überwiegende Teil der laufenden Betriebskosten der hierfür erforderlichen Pumpen werde von den Mitgliedskommunen bezahlt, obwohl diese Pumpwerke allein zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten, rechtfertigt selbst dann, wenn diese Schilderung zuträfe, nicht die Annahme, daß die Kostenprognose insoweit fehlerhaft ist.
37Gemäß § 7 Abs. 1 KAG a.F. ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die Mitgliedschaft in einem Wasser- oder Bodenverband zu zahlenden Beiträge und Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG a.F. durch Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens der Gemeinde dem Verband geschuldeten (... zu zahlenden ...) Verbandslasten durch eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG a.F. darauf ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG a.F. aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den Kreis derjenigen, auf die die (gesamten) Verbandslasten umgelegt werden können, legt § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. auf diejenigen fest, die - überhaupt - Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband - allgemein - durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz enthält keine Verknüpfung dahin, daß den Betreffenden Verbandslasten nur für die speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 - StuGR 1998, 306.
39Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abwasserbeseitigungsgebühr, abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die Entwässerungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der von ihr betriebenen gemeindlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung entstehen.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, GemH 1983, 113, Urteil vom 1. Februar 1988 - 2 A 1883/80 -, OVGE 39, 277 (281 f), Urteil vom 15. Februar 1989 - 2 A 2452/85 -, Urteil vom 22. März 1990 - 2 A 2113/86 -.
41Ein derartiger Zusammenhang zwischen dem auf das Abpumpen der Polderflächen entfallenden Beitragsanteil und der Abwasserbeseitigung durch die Stadt R. liegt auf der Hand: würde das Abpumpen unterbleiben, liefen, wie ausdrücklich vorgetragen worden ist, die Poldergebiete voll und große, zum Teil dicht besiedelte Gebiete stünden unter Wasser. In den dicht besiedelten und damit auch kanalisierten Gebieten würde das Wasser, sei es über die Kanalöffnungen, sei es über undichte Rohre bzw. undichte Rohrverbindungen in die Kanalisation eindringen und sich angesichts der für diese Wassermassen nicht ausgelegten Kanalquerschnitte auf- und zurückstauen und damit die Ableitung des Abwassers gefährden, wenn nicht gar verhindern.
42Daß der Grund für die Notwendigkeit, die Poldergebiete zu entwässern, möglicherweise allein durch den Bergbau gesetzt worden ist - wie behauptet wird -, mag zutreffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn, wie im Fall der selbständigen Abwälzungsgebühr, ist dann, wenn - wie hier - der Verband der Gemeinde bzw. den Anschlußnehmern durch seine Maßnahmen überhaupt einen Vorteil gewährt, auch über die Benutzungsgebühr insoweit die vollständige Refinanzierung zulässig.
43Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist - wie in anderen Fällen der Kostenprognose auch - lediglich dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages abzusehen und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozeßrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft, gewesen wäre.
44Vgl. zum Prognosespielraum zuletzt: OVG NRW, Beschluß vom 9. August 1999 - 9 A 3133/97 -.
45Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Reduzierung des Verbandsbeitrages aus Rechtsgründen war für die Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 nicht abzusehen. Denn die unter anderem der Finanzierung des Ausgleichs bergbaubedingter wasserwirtschaftlicher Veränderungen dienenden Beiträge zur Emschergenossenschaft und zum Lippeverband,
46vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 24 ff. des Gesetzes über die Emschergenossenschaft - Emschergenossenschaftsgesetz - (EmscherGG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 144, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62, und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 25 ff. des Gesetzes über den Lippeverband - Lippeverbandsgesetz - (LippeVG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 162, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
47waren im Veranlagungszeitraum 1995 zu verteilen nach dem Verhältnis zum einen der mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die die Genossen/Mitglieder von der Durchführung der Aufgaben der Genossenschaft/des Verbandes haben oder zu erwarten haben und zum anderen der Kosten, die die Genossenschaft/der Verband auf sich nimmt, um von Genossen/Verbandsmitgliedern herbeigeführte oder zu erwartende nachteilige Veränderungen im Genossenschaftsgebiet/Verbandsgebiets zu vermeiden, zu vermindern, zu beseitigen oder auszugleichen oder ihnen obliegende Leistungen abzunehmen. Für die Festlegung der Beitragsmaßstäbe in den Veranlagungsgrundsätzen reichte eine annähernde Ermittlung der Vorteile und nachteiligen Veränderungen aus.
48Vgl. §§ 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 EmscherGG und § 20 Abs. 1 der Satzung für die Emschergenossenschaft vom 22. Januar 1991, GV NRW S. 26; § 26 Abs. 1 und 3, 27 Abs. 1 LippeVG und § 20 Abs. 1 der Satzung für den Lippeverband vom 29. Januar 1991, GV NRW S. 30.
49Anhaltspunkte dafür, daß diese Beitragsmaßstäbe als solche mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, sind nicht gegeben; auch von der Klägerseite sind insoweit keine Einwände vorgebracht worden. Daß in Anwendung dieser Grundsätze der den Verbänden zukommende Bewertungsspielraum überschritten worden ist, ist nicht ersichtlich. Ein Ermessensfehler ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß, wie vorgetragen worden ist, die laufenden Betriebskosten für den Betrieb der Pumpwerke zur Entwässerung der Polderflächen zum überwiegenden Teil auf die Mitgliedsgemeinden umgelegt worden seien. Denn die Mitbeteiligung der Gemeinden der Bergbauregionen an der Entwässerung der Polderflächen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt. Sie trägt zum einen der unauflösbaren Gemengelage von Bergbau und gleichzeitigem kontinuierlichem Siedlungsbau in bzw. in der Nähe von Bergbaugebieten und den insoweit nicht ohne weiteres ausschließlich dem Bergbau zuzurechnenden Verursachungsanteilen an den wasserwirtschaftlichen Mißständen in den besiedelten Gebieten und zum anderen den aus dieser Gemengelage sowohl seitens der Gemeinden als auch seitens des Bergbaus in der Vergangenheit gezogenen Vorteilen Rechnung. Anhaltspunkte dafür, daß mit der konkreten Ausgestaltung der Kostenaufteilung (Kosten des Baus und der Erweiterung der Pumpen sowie der kleinere Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Bergbauunternehmen, der übrige Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Gemeinden) die Grenze der lediglich "annähernd" zu erfolgenden Vorteils- und Nachteilsbemessung überschritten worden ist und seitens der Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 für den Veranlagungszeitraum 1995 mit einer Änderung der Beitragsbemessung und einer deutlichen Senkung des auf sie entfallenden Genossenschafts-/Verbandsbeitrages zu rechnen war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
50Schließlich hat auch die Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen und Zinsen) im Ergebnis Bestand.
51Die Methode der Ermittlung der kalkulatorischen Kosten ist nicht zu beanstanden.
52Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
53Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, GemH 1994, 233 m.w.N., zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263, 1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 A 5709/97 -, StuGR 1998, 310.
55Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien, ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr enthält das entsprechende Kapitel - bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" - unter den Gliederungspunkt "(1) Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden Gliederungspunkten (2) - (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit der Kostenrechnung zu erhöhen.
56Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar überragende Bedeutung haben."
57Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul- und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt, Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liess- mann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996, S. 189 ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff..
58Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
59Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 -, BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 - 8 B 148.98 -, und vom 11. Februar 1999 - 9 B 381.98 -, InfAuslR 1999, 365.
60Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend, daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll, eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
61Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f..
62Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
63Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998 - 13 K 8767/96 -, GemH 1999, S. 18 ff. (19).
64Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden materiell- rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist, trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
65Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2 KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt, im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
66Vgl. LT-Drucks. 6/810 S. 34, 35.
67Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz selbst sind - sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen - bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
68Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233.
69Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N..
71Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
72Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
73In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig erachtete Anschaffungswert- oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden Gesetzesmaterialien ergibt.
74Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
76Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle wie zu deren Beginn,
77vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20,
78bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
79vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 11 UA, sowie VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997 - 13 K 3766/95 -, NWVBl. 1998, 32 (33),
80erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
81Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der kalkulatorischen Kostenarten (Abschrei-bungen und Zinsen) die kalkulatorischen Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
82Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen Belastungen.
83Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen Gebührensatz auch bei schwankender oder - wie bei Annuitätendarlehen - jährlich abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt, den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
84Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35, 36.
85Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken, ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit- und kostenintensiven Erfassung schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
86Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der Eigenkapitalzins - wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung - rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
87Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2 (Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
88Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
89Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 - 8 B 117.82 -, KStZ 1984, 11; OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
90Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv- bzw. Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas- und Wasserwerke, wonach in dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde, der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte des Kapitalmarkts."
91Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
92Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten Gebührenbeträge zu gelangen.
93Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
94Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A 1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage) beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert - und damit innerhalb der zutreffenden Kostenart - Rechnung getragen".
95Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
96Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß - worauf das Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat - der Landesgesetzgeber zugunsten der Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
97vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 - II A 1628/77 -, MittNWStGB 1979, 334, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, StuGR 1993, 313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
98ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige Einschränkungen - etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze als einem übergreifenden Ordnungssystem - auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen.
99Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage gleicher Art und Güte,
100vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe, a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
101so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
102Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können. Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
103Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
104Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
105Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil vom 16. November 1967 - III OVG A 111/65 -, KStZ 1968, 77, wonach selbst die Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr berücksichtigt.
106Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand, daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind, schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
107Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im Gesetzgebungsverfahren diskutierte - fakultative - Zuführung der Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden Rücklagenverordnung,
108vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
109war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
110A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 - 14 K 765 u.a. -, NWVBl. 1999, 228 (229 f.), unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden, eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
111Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem Anschaffungs- bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt über die Abschreibungen - verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer - lediglich von der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
112vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
113gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
114Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über den der Anschaffungs- bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum "Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
115Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 - 8 B 11.84 -, KStZ 1985, 129.
116Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer - über die mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus - zu gewährleistenden Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
117Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage Nr. 903 (Änderungs-vorschlag Nr. 26 - fakultative Zulassung der Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten -) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-Drucks. 6/1493) und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer und dem Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..." in die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
118Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
119vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
120zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin - wie in den sonstigen Fällen des Kostenausgleichs - erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
121Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
122Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
123Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
124Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des Gebührenrechts, der - bezogen auf die Abschreibungen - keinerlei inhaltlichen Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
125Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 234.
126Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden - nicht des Gebührenhaushalts - ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
127Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
128Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
129Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
130Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht abgeleitete Zielvorgabe - die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition - schon als im Ansatz unzutreffend erkennen.
131Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des Belastungsausgleichs ein.
132Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb sachgerecht nur von dem Herstellungs- bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den "gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist. Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen verminderte Anschaffungswert (Anschaffungsrestwert) der kalkulatorischen Verzinsung unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteiligungs-rate" ausgeschlossen ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse), gewährleistet § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte Kapital als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage i.S.d. oben genannten Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung ausgenommen wird.
133Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO -) einer gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung, wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen ermögliche,
134vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
135mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht, daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen Deckungsmitteln gedeckt werden können.
136Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-West-falen, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
137Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der "vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
138vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
139geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene "vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
140Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen Benachteiligungen führen,
141vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
142ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin nicht zu sehen.
143Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der - wiederholte - Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem "erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten" Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
144Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 12 UA, VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997, a.a.O., S 34, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20 f..
145Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
146Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen Funktions- und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern. Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung finanzwirtschaftlicher Zwecke",
147vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
148um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der "einfachen Einnahmen-Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
149Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34.
150Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der "Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
151vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 19,
152greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F. entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
153Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-, dem Steuer- und dem Preisprüfungsrecht - die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen Zielvorgaben folgen -,
154vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels- und Steuerbilanz einerseits und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
155für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
156Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips,
157vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
158noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit angenommen wird,
159vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
160wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
161Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76-, BVerfGE 50, 217 (227); BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130.
162Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen der Gemeinde gegenüber - anders als die Steuerzahler - in einem besonderen Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
163Auch die kalkulatorischen Kostenansätze im einzelnen begegnen, soweit der vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken.
164Soweit pauschal Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausschreibung von Kanalbaumaßnahmen geäußert worden sind und damit wohl ein erhöhter Ausgangswert für die Berechnung geltend gemacht werden soll, mangelt es an konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Sachaufklärung gebieten. Der Hinweis darauf, daß lediglich zwei Baufirmen "im Geschäft" seien, läßt allein nicht den Schluß zu, daß insoweit Unregelmäßigkeiten tatsächlich erfolgt sein könnten; insoweit könnte es sich auch um diejenigen Firmen handeln, die aufgrund ihrer günstigen Angebote jeweils zu Recht den Zuschlag erhalten haben.
165Unabhängig davon sind etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die Gebührenkalkulation unerheblich, solange die von dem beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten nicht in jeder Hinsicht außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die Auftragsvergabe nicht als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt, die sich der Sache nach nicht mehr mit dem weiten Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe entsprechend seinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchzuführen, in Einklang bringen läßt.
166Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 19. Januar 1990 - 2 A 2171/87 -, Urteil vom 30. Januar 1991 - 9 A 765/88 -, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173.
167Hierfür bieten das Vorbringen und die dem erkennenden Senat vorliegenden Unterlagen nicht einmal ansatzweise einen konkreten Anhaltspunkt.
168Nicht zu beanstanden ist die mit 50 Jahren angesetzte mutmaßliche Nutzungsdauer der Kanäle. Angesichts der für die prognostische Bestimmung der Nutzungsdauer maßgebenden sachgerechten Kriterien der Siedlungsverdichtung (einseitige hohe Bodenpressung durch Wohnbebauung und Verkehrsbeanspruchung bei variierender Tragfähigkeit des Bodens, Grundwassereinwirkungen, nennenswerte Unterbemessungen), der Werkstoffbeschaffenheit (Pro-duktionen minderer Qualität, Materialunverträglichkeiten (Be- tonmischungen) und Probleme mit der Haftfestigkeit in der Stutzentechnik) und des Wurzeleinwuchses von Bäumen wird die für die Prognose maßgebende Grenze der Willkür nicht erreicht. Da der Ansatz einer mutmaßlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist,
169vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 237, sowie die Nachweise bei Dudey, Abhängigkeiten der kalkulatorischen Kosten von der Nutzungsdauer eines Kanalnetzes, GemH 1994, 1 ff. (je nach Material 30-66 Jahre (Steenbock), 50-80 Jahre (Pecher), 50-100 Jahre (KGST und ATV Regelwerk A 133)); im übrigen auch: Brod/Steenbock, Preiskalkulation bei Wasser und Abwasser, 1980, Anhang 10: je nach Material 30-100 Jahre,
170und sonstige konkrete Anhaltspunkte, die die getroffene Einschätzung der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums und des durch die Kanaluntersuchungen ermittelten Schadensumfangs als schlichtweg unvertretbar erscheinen lassen, sich nicht aufdrängen, ist eine weitere Sachaufklärung nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
171Der Einwand, bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten seien Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bergbau zu Lasten der Gebührenschuldner nicht kostenmindernd berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Ermittlung der Kosten in bezug auf den Betrieb der der Leistungserbringung dienenden Anlage, insbesondere die Bestimmung der mutmaßlichen Nutzungsdauer und die Bewertung von Kanalisationsanlagen, erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, welche Gründe für den Zustand bzw. die Ausgestaltung der Anlage maßgebend sind. Danach ist es von den Gebührenpflichtigen in Bergbauregionen grundsätzlich hinzunehmen, daß die öffentlichen Entwässerungseinrichtungen wegen bestimmter, in solchen Regionen anzutreffender besonderer Entwässerungsverhältnisse möglicherweise mit höheren Kosten belastet werden als die Gebührenpflichtigen in anderen Regionen.
172Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
173Dies betrifft sowohl die Instandhaltungs-/Reparaturkosten (Personal- und Sachkosten) als auch die wegen der höheren Investitionskosten und ggf. kürzeren Nutzungsdauern höheren kalkulatorischen Kosten.
174Die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen hat im Ergebnis ebenfalls Bestand.
175Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats.
176Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
177Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose- und Ermessensspielraums; insbesondere erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die - kurzfristige - Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1995 eine langfristig niedrigere Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
178Das die Ermittlung der Grundlage der Verzinsung betreffende Mißverständnis hinsichtlich des Ansatzes der Kanalanschlußbeiträge im Rahmen des Abzugskapitals ist durch die Vorlage der diesbezüglichen Kalkulationsunterlagen ausgeräumt. Hieraus ergibt sich, daß bei der Gebührenbedarfsberechnung das Abzugskapital einschließlich der Kanalanschlußbeiträge jeweils bezogen auf das einzelne Anlagegut herausgerechnet und damit nicht verzinst worden ist.
179Allerdings ist die Ermittlung des Anschaffungsrestwertes insoweit überhöht, als im Rahmen der Abschreibung für den Veranlagungszeitraum zwar ein Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht worden ist, bei der kalkulatorischen Verzinsung jedoch der Jahresabschreibungsbetrag nicht in demselben Veranlagungszeitraum, sondern erst in der Folgeperiode abgezogen worden ist. Die sich aus der Nichtberücksichtigung der Abschreibung im Jahr der Indienststellung und der Verschiebung der Abschreibungsbeträge in das jeweilige Folgejahr ergebende Überhöhung hat der erkennende Senat nach eigener, im Termin zur mündlichen Verhandlung offen gelegter Berechnung mit 200.463,29 DM ermittelt. Dieser Überhöhungsbetrag führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes, wie im nachfolgenden Zusammenhang dargelegt wird.
180Offen bleiben kann des weiteren, ob die Abschreibungs- und Zinsbeträge für das sog. Sonderinteresse (163.223,00 DM),
181vgl. zur Abschreibungsfähigkeit anlagenbezogener Verbandsbeiträge: OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997, a.a.O.,
182und das Kanalkataster (170.842,00 DM),
183vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998, a.a.O.,
184zu Recht angesetzt worden sind. Rechnet man zu den vorgenannten Beträgen den Überhöhungsbetrag aus der kalkulatorischen Verzinsung (200.463,29 DM) hinzu, ergibt dies einen Gesamtbetrag von 534.528,29 DM, der im Verhältnis zu den gerechtfertigten Gesamtkosten lediglich 1,76 % (bei 30.895.016,00 DM Gesamtkosten) bzw. 2,16 % (bei 25.232.906,00 DM Gesamtkosten) ausmacht und damit in jedem Fall unterhalb der für die Gebührenkalkulation maßgebenden Grenze von 3 %,
185vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239,
186bleibt.
187Weitere Kostenminderungen sind nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Stadt R. nicht verpflichtet, Schadensersatzleistungen des Bergbaus auf der Einnahmeseite zu veranschlagen.
188Im Hinblick auf den Umstand, daß bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. vorzunehmenden Veranschlagung der Kosten - und damit auch der ggf. zu erwartenden kostenmindernden Einnahmen - grundsätzlich eine Prognoseentscheidung zu treffen ist,
189vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 1999, a.a.O.,
190steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen auch die bei dem Nachweis der Schadensverursachung üblicherweise bestehenden Probleme (vgl. auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 sowie in der Sitzungsvorlage - Drucksache Nr. 693/1998 - vom 21. Juli 1998, S. 2 f.) Berücksichtigung finden können.
191Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
192Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß die Gemeinde selbst dann, wenn sie intern - etwa auf der Grundlage von Rechtsgutachten - zu der Auffassung gelangt ist, daß ihr ein Schadensersatzanspruch in einer bestimmten Höhe zusteht, aufgrund einer vertretbaren Bewertung des mit der Realisierung des Anspruchs verbundenen Prozeßrisikos im Einzelfall einen Abschlag von dem zu ersetzenden Betrag einkalkuliert oder von der Geltendmachung des Anspruchs insgesamt absieht und dementsprechend in der Gebührenkalkulation keine Einnahmen veranschlagt.
193Geht die Gemeinde - etwa aufgrund der Eindeutigkeit des jeweiligen Schadensbildes - im Zeitpunkt der Veranschlagung der Kosten von der Realisierung von Schadensersatzforderungen aus, ist sie lediglich dann verpflichtet, die prognostizierte Schadensersatzleistung als Einnahme zugunsten der Gebührenpflichtigen zu veranschlagen, wenn die Gebührenpflichtigen über die Gebühren auch die aus dem Schadensereignis resultierenden finanziellen Belastungen tragen. Dementsprechend entfällt die Verpflichtung der Gemeinde zur Gutschrift von veranschlagten Schadensersatzleistungen, wenn der Schaden außerhalb der Kalkulation abgewickelt wird und damit die Gebührenpflichtigen für den Schaden auch nicht über die Gebühren in Anspruch genommen werden.
194Letzteres ist hier für den Veranlagungszeitraum 1995 angesichts der im Berufungsverfahren substantiiert geschilderten Praxis der direkten Kostenbeteiligung des Bergbaus durch Naturalrestitution gegeben. Hiernach werden die Gebührenpflichtigen gerade nicht mit den aufgrund der Bergbauschäden erforderlichen Investitionskosten belastet. Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht worden ist, aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 1998 gehe hervor, daß der Bergbau regelmäßig an den städtischen Kanalbaumaßnahmen beteiligt werde, handelt es sich offenbar um ein Mißverständnis. Die Beteiligung des Bergbaus stellt sich auf der Grundlage der Schilderung des Beklagten nicht als unmittelbare Beteiligung an den Kosten der seitens der Stadt durchgeführten Umbaumaßnahmen dar, sondern als Kostenbeitrag im Wege der Übernahme der Errichtung bestimmter Entwässerungsanlagen auf eigene Rechnung.
195Eine weitergehende Überprüfung der Art und Weise sowie des Umfangs der Kostenbeteiligung des Bergbaus ist auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht angezeigt. Hiernach sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich davon aus, daß dessen Auskünfte der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit aufgezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Läßt es die klagende Partei insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden.
196Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N..
197Gemessen hieran ist eine weitere Überprüfung der Art der Kostenbeteiligung des Bergbaus nicht geboten; die substantiierten Darlegungen des Beklagten zur Art und Weise der Beteiligung der Bergbauunternehmen an dem Ausgleich bergbaubedingter Schäden sind von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Insbesondere reicht insoweit der Hinweis darauf nicht aus, daß die haushaltsrechtliche und kalkulationsmäßige Behandlung der als Ersatzleistung übernommenen und der nicht mehr benötigten Anlagen "unklar" sei. Soweit moniert wird, daß die übernommenen Anlagen nicht nachgewiesen seien, hat dies offensichtlich seinen Grund darin, daß die mit diesen Anlagen verbundenen Kosten, wie der Beklagte dargelegt hat, nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen in der Kalkulation angesetzt worden sind, so daß sie auch nicht zum Nachweis der Zulässigkeit der Kostenansätze aufgeführt werden müssen. Dafür, daß der Umfang der außerhalb der Kalkulation abgewickelten Kostenbeteiligung des Bergbaus die Grenzen des - oben dargelegten - gemeindlichen Prognose- und Bewertungsspielraums überschreitet, sind konkrete Anhaltspunkte weder vorgebracht noch drängen sich solche aus den beigezogenen Unterlagen auf.
198Soweit in bezug auf die Schadensverursachung durch Einleiter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den meisten Fällen vollständig abgesehen wird, ist dies in Ermangelung eindeutiger, die Verursachung durch einen bestimmten Einleiter kennzeichnender Schadensbilder aus Kostengründen gerechtfertigt. Auch dem Gebührenhaushalt ist nicht damit gedient, mit kostenintensiven Gerichtsverfahren einschließlich etwaiger Beweiserhebungen durch Sachverständige trotz zweifelhafter Erfolgsaussichten und ggf. nur begrenzter Verursachungsbeiträge im Einzelfall belastet zu werden.
199Angesichts der hiernach im vollen Umfang den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Gebührenkalkulation kommt es zur Rechtfertigung der Gebührensätze auf die vorgelegte Betriebsabrechnung nicht mehr an.
200Der Hinweis, in Süddeutschland seien die Gebühren niedriger, ist rechtlich unbeachtlich, insbesondere kann hiermit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Höherrangiges Bundesrecht gebietet keine einheitliche Gebührenbemessung, weil es keinen einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühr gibt, an den die Landesgesetzgebung gebunden wäre.
201Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997 - 8 B 185.97 -, ZKF 1998, 62, m.w.N..
202Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft,
203Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997, a.a.O., S. 63, m.w.N.,
204so daß es auf die Rechtslage in anderen Bundesländern und die dort ggf. gesetzlich beschränkten Kalkulationsspielräume nicht ankommt.
205Anhaltspunkte dafür, daß die individuelle Heranziehung auf der Grundlage der hiernach wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach Fehler aufweist, sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
206Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
207Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
208
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Tenor
Die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2013 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer der bebauten und an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Grundstücke mit den postalischen Bezeichnungen „J. Straße 232, „J. Straße 234“ und „J. Straße 236“ in L. .
3Ab dem Sommer 2010 ließ die Beklagte unter anderem im Bereich der klägerischen Grundstücke Kanalsanierungsmaßnahmen durch die ihr gehörende T. B. GmbH durchführen. Im Vorfeld dieser Maßnahmen ließ die T. B. GmbH die Grundstücksanschlüsse dieser Grundstücke durch die Fa. S. (Rohr & Kanalreinigung) mittels Kamerabefahrungen auf Schäden untersuchen.
4Mit Schreiben vom 12. bzw. 15. Dezember 2011, gefertigt durch die T. B. GmbH, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Untersuchungen ergeben hätten, dass dessen o.g. Anschlüsse Schäden aufwiesen, die eine Sanierung notwendig machten. Die entstehenden Kosten trüge nach § 4 der Satzung der Stadt L. über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen vom 11. Dezember 2003 der jeweilige Eigentümer des Grundstücks. Die Sanierungskosten würden zwar vorerst durch die T. B. GmbH übernommen, nach Fertigstellung und Abrechnung der Sanierungsmaßnahmen würden diese Kosten aber von ihm, dem Kläger, zurück gefordert.
5Die Beklagte ließ darauf hin, ihrer Ankündigung gemäß, durch die T. B. GmbH, die hierzu einen Bauunternehmer beauftragte, die Anschlüsse des Klägers sanieren. Der Bauunternehmer stellte der T. B. GmbH hierfür insgesamt 3.552,03 Euro in Rechnung.
6Mit auf § 4 der Satzung über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen der Stadt L. vom 11. Dezember 2003 gestützten Bescheiden vom 17. Januar 2013 zog die Beklagte den Kläger nach Abschluss der Arbeiten zu einem entsprechenden Kostenersatz in der Höhe von 1200,59 Euro für das Grundstück J. Straße 232 und jeweils 1175,72 Euro für die Grundstücke J. Straße 234 bzw. 236, insgesamt 3.552,03 Euro, heran.
7Die Bescheide enthalten im Briefkopf das „Logo“ der Stadt L. mit dem Zusatz „Stadt T1. T2. “ und als erlassende Stelle den Oberbürgermeister, Stadtentwässerung L. .
8Die Bescheide waren tatsächlich von der Mitarbeiterin der T. B. GmbH, Frau L1. , vorbereitet und durch den ebenfalls bei der T. B. beschäftigten städtischen Beamten, Stadtamtsrat N. , geprüft und unterschrieben worden und sind dann dem Kläger durch die T. B. GmbH mittels Aufgabe zur Post bekannt gegeben worden.
9Stadtamtsrat N. war vor ca. 10 Jahren, wie weitere bei der T. B. GmbH beschäftigte städtische Beamte der Beklagten (Stadthauptsekretärin E. und Stadtamtsinspektorin K. ), durch entsprechende auf § 123a BRRG gestürzte Zuweisungsverfügungen der T. B. GmbH zugewiesen worden. Faktisch sind diese Beamten nach Angaben der Beklagten aber überwiegend für die Stadtentwässerung L. , die kein eigenes Personal besitzt, tätig, und den Weisungen der dortigen Betriebsleiterin, die zugleich Geschäftsführerin der T. B. GmbH ist, unterworfen. Sie sind dementsprechend von der T. B. GmbH für die Zeit, in der sie für die Stadtentwässerung tätig sind, freigestellt.
10Der Kläger hat am 16. Februar 2013 Klage erhoben, zu deren Begründung er unter anderem geltend macht, dass eine Sanierungsbedürftigkeit seiner Anschlüsse wohl überhaupt nicht bestanden habe bzw. etwaige doch vorhandene Schäden durch die Bauarbeiten am Hauptkanal verursacht worden seien.
11Zudem sei es unzulässig, dass die angefochtenen Bescheide von der T. B. GmbH „erlassen“ worden seien. Das Recht zum Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes dürfe ohne eine gesetzliche Ermächtigung nicht an eine private Person übertragen werden, da es sich hierbei um eine hoheitliche Aufgabe handele. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. verstoße somit gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft, wenn er, wie hier, die T. B. GmbH, mit dem inhaltlichen Erlass von Festsetzungsbescheiden beauftrage.
12Wegen weiterer Einzelheiten seines Vorbringens werden die klägerischen Schriftsätze in Bezug genommen.
13Der Kläger beantragt,
14die Bescheide der Beklagten vom 17. Januar 2013 aufzuheben.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages trägt sie vor, dass es unzutreffend sei, dass die Bescheide von der T. B. GmbH „erlassen“ worden seien. Bei deren Vorbereitung habe die Angestellte der T. B. GmbH, Frau L1. , vielmehr lediglich als Verwaltungshelferin fungiert. Gegen den Einsatz eines Verwaltungshelfers für die Vorbereitung eines Hoheitsaktes sei aber nichts einzuwenden, wenn letztlich der Hoheitsträger die Aufgabendurchführung und Überwachung mit eigenem fachlich geeigneten Personal gewährleiste. Dies sei hier der Fall, weil Stadtamtsrat N. die streitgegenständlichen Bescheide in der Folge geprüft und deren Richtigkeit durch seine Unterschrift dokumentiert und damit deren Erlass durchgeführt habe. Als insoweit legitimiertes Personal des Hoheitsträgers kämen auch grundsätzlich alle Amtsträger der Behörde in Betracht. Die Behörde, die für den Erlass des Kostenersatzbescheides zuständig sei, sei die Stadt L. , diese vertreten durch ihren Oberbürgermeister. Alle dem Oberbürgermeister nachgeordneten Ämter und somit alle Bediensteten, die seiner Weisung unterlägen, seien legitimiert, entsprechende Aufgaben wahrzunehmen. Dies gelte damit auch für die Leiterin des Eigenbetriebes Stadtentwässerung L. und die derzeit von der Stadt L. der T. B. GmbH zugewiesenen Beamten, da die Zuweisung an der Dienstherreneigenschaft der Stadt L. bzw. des Oberbürgermeisters der Stadt L. nichts ändere. Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. habe kein eigenes Personal, da die Zuweisung der die hoheitlichen Aufgaben erfüllenden Beamten der Stadt L. auf die T. B. GmbH erfolgt und die Betriebsleiterin zugleich deren Geschäftsführerin sei. Die Personenlosigkeit des Eigenbetriebes schade aber nicht, da der Eigenbetrieb Stadtentwässerung L. handlungsfähig sei. Er handele in erster Linie durch seine Betriebsleitung. Die Betriebsleiterin des Eigenbetriebes Stadtentwässerung sei weisungsgebunden gegenüber dem Oberbürgermeister der Stadt L. . Hinsichtlich der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben bestehe ein Weisungsrecht der Betriebsleiterin gegenüber den der T. B. GmbH zugewiesenen Beamten. Die hoheitlichen Aufgaben des Eigenbetriebes Stadtentwässerung würden von den genannten Beamten wahrgenommen, die im Übrigen auch nahezu keine anderweitigen Funktionen für die T. B. GmbH übernähmen. Auch stehe die Ordnungsgemäßheit der entsprechenden Zuweisungen nach § 123a Abs. 2 BRRG außer Zweifel.
18Zusammenfassend sei abschließend klargestellt, dass alle hoheitlichen Aufgaben aus dem Abwasserbereich von den zugewiesenen Beamten verantwortlich bearbeitet würden. Organisatorisch gesehen sei dies innerhalb der T. B. GmbH das Team „satzungsnahe Aufgaben“. Verantwortlicher Teamleiter des gesamten Bereiches sei Stadtamtsrat N. .
19Die Kammer hat dem Berichterstatter den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. November 2013 zur Entscheidung übertragen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend der Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge in Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Kostenersatzbescheide vom 17. Januar 2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
23Die auf § 10 Abs. 1 KAG NRW gestützten Festsetzungen von Kostenersatz sind bereits aus den nachstehenden formellen Gründen rechtswidrig, so dass es auf die übrigen Einwendungen des Klägers hiergegen nicht mehr ankommt.
24Zur Erhebung des Kostenersatzes ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW und § 2 Abs. 1 der Satzung über den Kostenersatz für private Abwasseranlagen der Stadt L. vom 18. Dezember 2003 allein die Gemeinde (d.h. hier: die Beklagte) berechtigt. Gemäß § 12 Abs. 3, 1 Nr. 4 b) KAG NRW i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 AO wird der Kostenersatz, soweit, wie hier, nichts anderes bestimmt ist, durch Abgabenbescheid festgesetzt. Abgabenbescheid ist gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 AO der nach § 122 AO bekannt gegebene Verwaltungsakt, also die Maßnahme einer Behörde, vgl. § 12 Abs. 3, 1 Nr. 3 b) KAG NRW i.V.m. § 118 Abs. 1 AO. Für die Gemeinde handelt als Behörde der Bürgermeister, vgl. § 63 Abs. 1 GO NRW. Auf den Briefköpfen der mit der Klage angefochtenen Bescheide ist zwar auch der (Ober-)bürgermeister als erlassende Behörde ausgewiesen, da indes tatsächlich die T. B. GmbH - eine juristische Person des Privatrechts - die Bescheide erlassen und dem Kläger bekannt gegeben hat, liegt ein zur Rechtswidrigkeit dieser Bescheide führender Verstoß vor, der den Kläger in seinen Rechten verletzt.
25Zwar kann es sich bei der Mitwirkung Privater an der Erstellung von Bescheiden (Verwaltungsakten) – sofern diese Mitwirkung gewisse rechtliche Grenzen nicht überschreitet - um eine rechtlich grundsätzlich zulässige Verwaltungshilfe handeln.
26So für Abgabenbescheide OVG NRW, Beschluss vom 31. Januar 2013, - 9 E 1060/12 -, juris, unter Hinweis auf u.a. VG Köln, Urteil vom 24. Mai 2011, - 14 K 1092/10 -, juris,
27Weist indes – wie hier – die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger aus, hat aber intern, auf Veranlassung der Behörde, ein Privater die Maßnahme getroffen, so ist der Bescheid zwar wirksam, aber rechtswidrig.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, OVG NRW und VG Köln, a.a.O., Hessischer VGH, Beschluss vom 17. März 2010, - 5 A 3242/09.Z -, juris, NVwZ 2010, 1254 f., Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009, - 4 EO 26/09 -, juris, ZfW 2011, 47 – 53 sowie Urteil vom 14. Dezember 2009, - 4 KO 482/09 -, juris, DVBl. 2010, 1123 (Leitsatz)m und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15. März 2006, - 2 LB 9/05 -, juris, BauR 2006 (Leitsatz).
29Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, die streitgegenständlichen Bescheide seien von Stadtamtsrat N. geprüft und unterschrieben und damit von einem ihrer städtischen Beamten mit der Folge erlassen worden, dass deren Erlass in rechtlich einwandfreier Weise ihr bzw. ihrem Oberbürgermeister zuzurechnen sei. Denn Stadtamtsrat N. ist – wie auch Stadthauptsekretärin E. und Stadtamtsinspektorin K. - ausweislich der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2013 exemplarisch vorgelegten Kopie der an ihn gerichteten beamtenrechtlichen Verfügung vom 19. Dezember 2003 schon vor ca. 10 Jahren der T. B. GmbH gemäß § 123a Abs. 2 BRRG zur Dienstleistung zugewiesen worden. Mit dieser Zuweisung ist zwar gemäß § 123a Abs. 3 BRRG seine Rechtsstellung als Beamter unberührt geblieben, was bedeutet, dass er sämtliche Rechte und Pflichten gegenüber seinem Dienstherrn, der Beklagten, behalten hat. Davon ausgenommen war aber dessen so genanntes konkret-funktionelles Amt, d.h. sein geschäftsplanmäßiger Aufgabenbereich innerhalb der Stadtverwaltung – sogenannter Dienstposten - , welchen er dementsprechend seinerzeit mit der Zuweisung verloren hat.
30Vgl. zu der entsprechenden Nachfolgevorschrift des § 20 Beamtenstatusgesetz, Rieger in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar, Band C 22, Stand Januar 2012, Anm. 8.1 zu § 20 Beamtenstatusgesetz.
31Damit einhergehend hat die Beklagte auch das ihr gegenüber Stadtamtsrat N. bestehende fachliche Weisungsrecht verloren. Deshalb sind die Beamten N. , E. und K. seit ihrer Zuweisung an die T. B. GmbH zugleich aus dem Kreis der Beamten, deren Handeln nach außen rechtlich einwandfrei für die Beklagte wirkt, ausgeschieden und konnten dementsprechend seither nicht mehr ihr zuzurechnende Rechtsakte in die Welt setzen.
32Auch der Umstand, dass die Beamten N. , E. und K. durch die Geschäftsführerin der T. B. GmbH weitgehend von Tätigkeiten für diese freigestellt und überwiegend Tätigkeiten für die Stadtentwässerung L. , eine in die Stadtverwaltung eingegliederte eigenbetriebsähnliche Einrichtung nach § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO, ausgeübt haben, führte nicht dazu, dass diese durch ein Handeln für die Stadtentwässerung wieder für die Beklagte einwandfreie Hoheitsakte setzen konnten. Mit der Zuweisung an die T. B. GmbH entstand kraft Gesetzes zwischen den Beamten N. , E. und K. einerseits und der T. B. GmbH andererseits ein sogenanntes Zuweisungsverhältnis, das - wenn auch unter Bezugnahme auf § 12 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft (DBGrG) und § 123a BRRG - sehr klar durch eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg,
33Beschluss vom 26. Januar 1995, - 4 S 3368/9 -,
34formuliert wird:
35„...wie eine Einzelzuweisung nach § 123a BRRG – ein beamtenrechtliches Institut, mit der dem betroffenen Beamten unter Wahrung seiner Rechtsstellung (§ 12 Abs. 4 Satz 1 DBGrG) und daraus folgendem Fortbestand der beamtenrechtlichen Rechtslage oder Pflichtenlage kraft Gesetzes die Tätigkeit bei der Beklagten (Anm. des Gerichts: Einrichtung zu der zugewiesen wurde) als Dienstaufgabe übertragen wird, zu deren ordnungsgemäßen Erfüllung er gegenüber seinem Dienstherrn verpflichtet ist. Zugleich entsteht kraft Gesetzes zwischen dem Beamten und der Beklagten ein sogenanntes Zuweisungsverhältnis, im Rahmen dessen der Beamte seine Tätigkeit für die Beklagte ausübt und die Beklagte nach § 12 Abs. 4 Satz 2 DBGrG zur Ausübung des an sich dem Dienstherrn zustehenden Weisungsrechts befugt ist, soweit die Dienstausübung im Betrieb des Beklagten es erfordert.“
36Damit entstand zwar ein von der Anstellungskörperschaft an die aufnehmende Einrichtung – hier die T. B. GmbH - delegiertes fachliches Weisungsrecht.
37So sinngemäß Rieger, a.a.O., Anm. 8.2..
38Dieses ist auch konkret in der Zuweisungsverfügung vom 19. Dezember 2003 bestimmt, in der es heißt:
39„Das fachliche und im Rahmen des rechtlich Zulässigen auch das dienstliche Weisungsrecht liegen nunmehr bei der T. B. GmbH.“
40Da es sich bei der T. B. GmbH aber um eine privatrechtliches Unternehmen handelt und dieses dementsprechend keine hoheitlichen Befugnisse hat, konnte die, eine Freistellung von Tätigkeiten bei der T. B. GmbH bzw. damit korrespondierende Zuweisung von Aufgaben bei der Stadtentwässerung L. beinhaltende Weisung durch die Geschäftsführerin der T. B. GmbH an die betroffenen Beamten nicht eine (hiermit verbundene) Übertragung der Befugnis zur Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben für die Beklagte beinhalten.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) § 34 Absatz 1 gilt entsprechend. Die Grundleistungen für Ingenieurbauwerke sind in neun Leistungsphasen unterteilt und werden wie folgt in Prozentsätzen der Honorare des § 44 bewertet:
- 1.
für die Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) mit 2 Prozent, - 2.
für die Leistungsphase 2 (Vorplanung) mit 20 Prozent, - 3.
für die Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) mit 25 Prozent, - 4.
für die Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) mit 5 Prozent, - 5.
für die Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) mit 15 Prozent, - 6.
für die Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe) mit 13 Prozent, - 7.
für die Leistungsphase 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) mit 4 Prozent, - 8.
für die Leistungsphase 8 (Bauoberleitung) mit 15 Prozent, - 9.
für die Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) mit 1 Prozent.
(2) Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wird die Leistungsphase 2 bei Objekten nach § 41 Nummer 6 und 7, die eine Tragwerksplanung erfordern, mit 10 Prozent bewertet.
(3) Die Vertragsparteien können abweichend von Absatz 1 in Textform vereinbaren, dass
- 1.
die Leistungsphase 4 mit 5 bis 8 Prozent bewertet wird, wenn dafür ein eigenständiges Planfeststellungsverfahren erforderlich ist, - 2.
die Leistungsphase 5 mit 15 bis 35 Prozent bewertet wird, wenn ein überdurchschnittlicher Aufwand an Ausführungszeichnungen erforderlich wird.
(4) Anlage 12 Nummer 12.1 regelt die Grundleistungen jeder Leistungsphase und enthält Beispiele für Besondere Leistungen.
(1) Anrechenbare Kosten sind Teil der Kosten für die Herstellung, den Umbau, die Modernisierung, Instandhaltung oder Instandsetzung von Objekten sowie für die damit zusammenhängenden Aufwendungen. Sie sind nach allgemein anerkannten Regeln der Technik oder nach Verwaltungsvorschriften (Kostenvorschriften) auf der Grundlage ortsüblicher Preise zu ermitteln. Wird in dieser Verordnung im Zusammenhang mit der Kostenermittlung die DIN 276 in Bezug genommen, so ist die Fassung vom Dezember 2008 (DIN 276-1: 2008-12) bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten zugrunde zu legen. Umsatzsteuer, die auf die Kosten von Objekten entfällt, ist nicht Bestandteil der anrechenbaren Kosten.
(2) Die anrechenbaren Kosten richten sich nach den ortsüblichen Preisen, wenn der Auftraggeber
- 1.
selbst Lieferungen oder Leistungen übernimmt, - 2.
von bauausführenden Unternehmen oder von Lieferanten sonst nicht übliche Vergünstigungen erhält, - 3.
Lieferungen oder Leistungen in Gegenrechnung ausführt oder - 4.
vorhandene oder vorbeschaffte Baustoffe oder Bauteile einbauen lässt.
(3) Der Umfang der mitzuverarbeitenden Bausubstanz im Sinne des § 2 Absatz 7 ist bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen. Umfang und Wert der mitzuverarbeitenden Bausubstanz sind zum Zeitpunkt der Kostenberechnung oder, sofern keine Kostenberechnung vorliegt, zum Zeitpunkt der Kostenschätzung objektbezogen zu ermitteln und in Textform zu vereinbaren.
Verkehrsanlagen sind
- 1.
Anlagen des Straßenverkehrs ausgenommen selbstständige Rad-, Geh- und Wirtschaftswege und Freianlagen nach § 39 Absatz 1, - 2.
Anlagen des Schienenverkehrs, - 3.
Anlagen des Flugverkehrs.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
Tenor
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks S. weg 15 in R. , das an die städtischen Einrichtungen der Abwasser- und Abfallbeseitigung angeschlossen ist.
3Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 16. Januar 1995 zog der Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu Abwasser- und Abfallbeseitigungsgebühren heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
4Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.
5Während des Klageverfahrens setzte der Rat der Stadt R. mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 den Grenzwert für den Abzug der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen unter anderem rückwirkend für das Jahr 1995 auf 20 cbm/Jahr herab (§ 2 Abs. 4 Satz 4 in der Fassung des § 1 Nr. 1 der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996).
6Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger, soweit diese sich gegen die Erhebung der Abwasserbeseitigungsgebühren gerichtet hat, geltend gemacht, daß die Gebühren, insbesondere im Vergleich zu süddeutschen Städten, überhöht seien.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Grundbesitzabgabenbescheid vom 16. Januar 1995 hinsichtlich der festgesetzten Abwasserbeseitigungsgebühren und Abfallentsorgungsgebühren und den Widerspruchsbescheid vom 3. März 1995 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
10Er hat die Auffassung vertreten, daß der Gebührensatz gemäß den insoweit geltenden rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden und der auf dieser Grundlage erlassene Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
11Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot stattgegeben. Hinsichtlich der Abwasserbeseitigungsgebühren hat es zur Begründung ausgeführt, daß das Abzugskapital zu gering bemessen worden sei, da Kanalanschlußbeiträge insoweit nicht berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots auch deshalb vor, weil die hier zur Anwendung gelangte Kalkulationsmethode der Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer kalkulatorischen Verzinsung mit einem Nominalzinssatz nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig sei. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12Hiergegen richtet sich die in bezug auf die Abwasserbeseitigungsgebühren zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung macht er im wesentlichen folgendes geltend: Entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts seien die Kanalanschlußbeiträge bei der Erstellung der Gebührenbedarfsberechnung dem Abzugskapital zugeordnet und somit bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen nicht dem zu verzinsenden Kapital zugerechnet worden. Die angewandte Kalkulationsmethode entspreche den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des Berufungsgerichts. Die Umlage der Personalkosten für das Leitungspersonal erfolge nach dem Gesamtkostenverfahren, einem vereinfachenden Alternativverfahren, das ebenfalls von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung als praxisnahes Verfahren anerkannt sei. Soweit geltend gemacht worden sei, daß bergbaubedingte Schäden und Belastungen unzulässigerweise auf die Gebührenpflichtigen abgewälzt würden, sei darauf hinzuweisen, daß weder im Haushaltsplan noch in der Gebührenbedarfsberechnung Schadensersatzleistungen für Bergbauschäden kalkuliert würden. Die Stadt R. mache gleichwohl Schadensersatz gegenüber dem Bergbau geltend. Dieser werde aber seitens des Bergbaus nicht in Geld, sondern im Wege der sog. Naturalrestitution geleistet. Die Festlegung der mutmaßlichen Nutzungsdauer der Abwasseranlagen auf 50 Jahre sei in der Siedlungsverdichtung, der Werkstoffbeschaffenheit und der Zunahme von allgemeinen Haftungsansprüchen begründet. Bei der kalkulatorischen Verzinsung sei ein Nominalzinssatz von 8 % in Ansatz gebracht worden, der sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Berufungsgerichts rechtfertige. In seinem Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - habe das Berufungsgerichts für den langfristigen Zeitraum von 1952 bis 1992 einen derartigen Zinssatz für zulässig erachtet. Die Durchschnittsverhältnisse, die bei der Ermittlung des Zinssatzes für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum 1995 zugrundezulegen seien, hätten angesichts des lediglich um drei Jahre erweiterten Betrachtungszeitraums eine Herabsetzung des langfristigen durchschnittlichen Zinssatzes nicht geboten. Abschließend werde auf das nunmehr vorliegende Betriebsergebnis hingewiesen, das eine Kostenunterdeckung ausweise.
13Der Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage gegen die Heranziehung zu Abwasserbeseitigungsgebühren abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Zur Begründung macht er im wesentlich folgendes geltend: Es bestehe der Verdacht, daß der Beklagte die Kosten für das Leitungspersonal nicht entsprechend den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, sondern willkürlich umgelegt habe. In den vergangenen Jahren, also auch im Veranlagungsjahr 1995, habe die Stadt R. auf Schadensersatzforderungen gegenüber dem Bergbau ganz oder fast ganz verzichtet, die durch die Beseitigung von Bergbauschäden verursachten Kosten jedoch zu Lasten des Gebührenzahlers in der Gebührenkalkulation bei verschiedenen Kostenarten (Unterhaltung der Abwasseranlagen, Abschreibung, Verzinsung) in Ansatz gebracht. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Schadensersatzforderungen gegen Einleiter, die durch ihre Einleitungen Schäden an den Entwässerungsanlagen verursacht hätten. Soweit im Rahmen der Naturalrestitution neue Anlagen erworben worden seien, würden diese nicht in den Unterlagen erscheinen. Wie dieser Vermögenszuwachs bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt worden sei, sei ebenso unklar wie der Umgang mit den nicht mehr benötigten Brunnen und anderen überflüssigen Anlagen. Im übrigen werde die behauptete Naturalrestitution bezweifelt. Die Abschreibungszeit für Abwasseranlagen von 50 Jahren sei ungewöhnlich kurz. Angesichts der Information, daß nur zwei Baufirmen für Kanalbaumaßnahmen im Geschäft seien, habe er Zweifel, daß für Kanalbaumaßnahmen im Jahr 1995 die Ausschreibung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Behauptung des Beklagten, das Abzugskapital sei nicht zu gering bemessen, sei eine späte Ausrede. Diese Behauptung werde vom Tatbestand des Urteils widerlegt. Die Höhe des Zinssatzes von 8 % lasse die Niedrigzinsphase außer Betracht und sei daher willkürlich. Aus dem Abwasserbeseitigungskonzept gehe nicht hervor, daß die Kanalsanierungsmaßnahmen aus den über die Abschreibungen erzielten Rücklagen finanziert würden. Obwohl die Abschreibungen für diesen baulichen Zweck in die Abwassergebühr eingerechnet worden seien, würden sie widerrechtlich für ganz andere Zwecke ausgegeben. Im übrigen, hinsichtlich der zur Anwendung gelangten Kalkulationsmethoden, macht der Kläger sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen. Darüber hinaus trägt er vor, daß auch die von der Stadt R. veranschlagten Genossenschaftsbeiträge zur Emschergenossenschaft zu hoch seien, weil die Genossenschaftsbeiträge des Bergbaus zum Haushalt der Emschergenossenschaft zu niedrig bemessen seien. Die Emschergenossenschaft betreibe in ihrem Genossenschaftsgebiet rund 100 Entwässerungspumpwerke zur Entwässerung von Polderflächen. Nach telefonischer Auskunft der Emschergenossenschaft würden der größere Teil der Energiekosten und die anderen laufenden Betriebskosten der Pumpen von den Mitgliedskommunen bezahlt. Entsprechendes treffe auch auf den Lippeverband zu. Die laufenden Betriebskosten der Entwässerungspumpwerke seien jedoch ausschließlich von den Bergwerksgesellschaften zu übernehmen, da die Entwässerung der Polderflächen allein zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu sowie zum Verfahren 9 A 3341/98 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19. Auflage 1996, sowie auf weitere betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt, Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liessmann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die vorgenannten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
19Entscheidungsgründe:
20Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
21Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 16. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1995 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr 1995 Abwasserbeseitigungsgebühren festgesetzt worden sind.
22Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung ist die Gebührensatzung der Stadt R. für die Abwasserbeseitigung vom 21. Dezember 1990 in der Gestalt der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 und der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 (AGS). Deren Regelungen sind, soweit die Satzung im Berufungsverfahren der rechtlichen Überprüfung unterliegt, gültiges Satzungsrecht.
23Der Gebührenmaßstab (einheitlicher Frischwassermaßstab nach § 2 AGS) ist für die Umlegung der Kosten sowohl der Schmutzwasserbeseitigung als auch der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.).
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 - 9 A 3373/96 -, NVwZ-RR 1998, 392, m.w.N..
25Er ist von der Klägerseite im Verfahren nicht beanstandet worden. Konkrete Anhaltspunkte, die in bezug auf die Siedlungsstruktur,
26vgl. hierzu: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972 - 7 B 92/70 -, KStZ 1972, 111 (112); OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 - 9 A 803/88 -, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, insoweit nicht veröffentlicht, Urteil vom 25. April 1997 - 9 A 4821/95 -,
27in der Stadt R. für seine Unzulässigkeit sprechen, drängen sich dem erkennenden Senat aus den vorliegenden Unterlagen nicht auf, so daß auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 125 Abs. 1, 86 Abs. 1 VwGO) eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung nicht geboten ist.
28Soweit die Regelung in § 2 Abs. 4 der Gebührensatzung i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 hinsichtlich des Grenzwertes von 60 cbm für den Abzug von nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen für laufend wiederkehrende Verwendungszwecke (§ 2 Abs. 4 a der Gebührensatzung) und des darüber hinaus festgelegten vollständigen Ausschlusses von zur Speisung von Heizungsanlagen verbrauchtem, von hauswirtschaftlich genutztem und von zum Sprengen von Hof und Vorgärten verwendetem Wasser (§ 2 Abs. 4 b-d der Gebührensatzung) angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats,
29vgl. die Zusammenfassung in OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
30begründeten Zweifeln unterlag, hat der Rat der Stadt R. diesen Bedenken Rechnung getragen. Mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 hat er rückwirkend unter anderem für den hier maßgebenden Veranlagungszeitraum 1995 die Ausschlußtatbestände des § 2 Abs. 4 b - d der Gebührensatzung aufgehoben und den nunmehr für sämtliche zurückgehaltenen oder verbrauchten Wassermengen geltenden Grenzwert auf 20 cbm reduziert. Eine darüber hinausgehende Reduzierung des Grenzwertes auf einen Wert unter 20 cbm oder ein völliges Absehen von einem Grenzwert ist für den Veranlagungszeitraum nicht zwingend geboten. Vielmehr sind im Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Gebührenmaßstabes zustehenden weiten Organisationsermessens,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.,
32etwaige verbleibende Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Die sich ergebenden Jahresbeträge liegen mit 68,00 DM (3,40 DM - § 3 Abs. 1 AGS - x 20 cbm), 38,00 DM (1,90 DM - § 3 Abs. 2 AGS - x 20 cbm) und 30,00 DM (1,50 DM - § 3 Abs. 3 AGS - x 20 cbm) unter der Schwelle der Erheblichkeit.
33Die hier streitigen Gebührensätze des § 3 AGS begegnen im Ergebnis keinen materiell- rechtlichen Bedenken.
34Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. liegt nicht vor.
35Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den in der Gebührenkalkulation mit 3.189.544,00 DM veranschlagten Personalkosten Kosten für Mitarbeiter enthalten sind, die nach der Prognose im Veranlagungszeitraum 1995 nicht für die gemeindliche Einrichtung Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß etwa die anteiligen Kosten der Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt worden sind, sind nicht ersichtlich. Das zur Ermittlung der anteiligen Kosten der zentralen Verwaltungsbereiche (Verwaltungsgemeinkosten) praktizierte und vom Beklagten im Berufungsverfahren erläuterte Gesamtkostenverfahren läßt fehlerhafte methodische Ansätze nicht erkennen. Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach nicht geeignet, den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem für gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen. Der Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten Gesamtkosten von 30.895.016,00 DM (10,3 %) bzw. 25.232.906,00 DM (12,6 %) nicht einmal ansatzweise ein signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige Einbeziehung betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
36Auch die Veranschlagung der Verbandsbeiträge mit insgesamt 11.181.933,00 DM (Emschergenossenschaft: 11.082.594,00 DM; Lippeverband: 99.339,00 DM) hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Vortrag, die Verbände entwässerten durch Bergsenkungen entstandene Polderflächen und der überwiegende Teil der laufenden Betriebskosten der hierfür erforderlichen Pumpen werde von den Mitgliedskommunen bezahlt, obwohl diese Pumpwerke allein zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten, rechtfertigt selbst dann, wenn diese Schilderung zuträfe, nicht die Annahme, daß die Kostenprognose insoweit fehlerhaft ist.
37Gemäß § 7 Abs. 1 KAG a.F. ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die Mitgliedschaft in einem Wasser- oder Bodenverband zu zahlenden Beiträge und Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG a.F. durch Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens der Gemeinde dem Verband geschuldeten (... zu zahlenden ...) Verbandslasten durch eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG a.F. darauf ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG a.F. aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den Kreis derjenigen, auf die die (gesamten) Verbandslasten umgelegt werden können, legt § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. auf diejenigen fest, die - überhaupt - Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband - allgemein - durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz enthält keine Verknüpfung dahin, daß den Betreffenden Verbandslasten nur für die speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 - StuGR 1998, 306.
39Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abwasserbeseitigungsgebühr, abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die Entwässerungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der von ihr betriebenen gemeindlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung entstehen.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, GemH 1983, 113, Urteil vom 1. Februar 1988 - 2 A 1883/80 -, OVGE 39, 277 (281 f), Urteil vom 15. Februar 1989 - 2 A 2452/85 -, Urteil vom 22. März 1990 - 2 A 2113/86 -.
41Ein derartiger Zusammenhang zwischen dem auf das Abpumpen der Polderflächen entfallenden Beitragsanteil und der Abwasserbeseitigung durch die Stadt R. liegt auf der Hand: würde das Abpumpen unterbleiben, liefen, wie ausdrücklich vorgetragen worden ist, die Poldergebiete voll und große, zum Teil dicht besiedelte Gebiete stünden unter Wasser. In den dicht besiedelten und damit auch kanalisierten Gebieten würde das Wasser, sei es über die Kanalöffnungen, sei es über undichte Rohre bzw. undichte Rohrverbindungen in die Kanalisation eindringen und sich angesichts der für diese Wassermassen nicht ausgelegten Kanalquerschnitte auf- und zurückstauen und damit die Ableitung des Abwassers gefährden, wenn nicht gar verhindern.
42Daß der Grund für die Notwendigkeit, die Poldergebiete zu entwässern, möglicherweise allein durch den Bergbau gesetzt worden ist - wie behauptet wird -, mag zutreffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn, wie im Fall der selbständigen Abwälzungsgebühr, ist dann, wenn - wie hier - der Verband der Gemeinde bzw. den Anschlußnehmern durch seine Maßnahmen überhaupt einen Vorteil gewährt, auch über die Benutzungsgebühr insoweit die vollständige Refinanzierung zulässig.
43Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist - wie in anderen Fällen der Kostenprognose auch - lediglich dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages abzusehen und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozeßrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft, gewesen wäre.
44Vgl. zum Prognosespielraum zuletzt: OVG NRW, Beschluß vom 9. August 1999 - 9 A 3133/97 -.
45Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Reduzierung des Verbandsbeitrages aus Rechtsgründen war für die Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 nicht abzusehen. Denn die unter anderem der Finanzierung des Ausgleichs bergbaubedingter wasserwirtschaftlicher Veränderungen dienenden Beiträge zur Emschergenossenschaft und zum Lippeverband,
46vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 24 ff. des Gesetzes über die Emschergenossenschaft - Emschergenossenschaftsgesetz - (EmscherGG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 144, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62, und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 25 ff. des Gesetzes über den Lippeverband - Lippeverbandsgesetz - (LippeVG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 162, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
47waren im Veranlagungszeitraum 1995 zu verteilen nach dem Verhältnis zum einen der mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die die Genossen/Mitglieder von der Durchführung der Aufgaben der Genossenschaft/des Verbandes haben oder zu erwarten haben und zum anderen der Kosten, die die Genossenschaft/der Verband auf sich nimmt, um von Genossen/Verbandsmitgliedern herbeigeführte oder zu erwartende nachteilige Veränderungen im Genossenschaftsgebiet/Verbandsgebiets zu vermeiden, zu vermindern, zu beseitigen oder auszugleichen oder ihnen obliegende Leistungen abzunehmen. Für die Festlegung der Beitragsmaßstäbe in den Veranlagungsgrundsätzen reichte eine annähernde Ermittlung der Vorteile und nachteiligen Veränderungen aus.
48Vgl. §§ 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 EmscherGG und § 20 Abs. 1 der Satzung für die Emschergenossenschaft vom 22. Januar 1991, GV NRW S. 26; § 26 Abs. 1 und 3, 27 Abs. 1 LippeVG und § 20 Abs. 1 der Satzung für den Lippeverband vom 29. Januar 1991, GV NRW S. 30.
49Anhaltspunkte dafür, daß diese Beitragsmaßstäbe als solche mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, sind nicht gegeben; auch von der Klägerseite sind insoweit keine Einwände vorgebracht worden. Daß in Anwendung dieser Grundsätze der den Verbänden zukommende Bewertungsspielraum überschritten worden ist, ist nicht ersichtlich. Ein Ermessensfehler ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß, wie vorgetragen worden ist, die laufenden Betriebskosten für den Betrieb der Pumpwerke zur Entwässerung der Polderflächen zum überwiegenden Teil auf die Mitgliedsgemeinden umgelegt worden seien. Denn die Mitbeteiligung der Gemeinden der Bergbauregionen an der Entwässerung der Polderflächen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt. Sie trägt zum einen der unauflösbaren Gemengelage von Bergbau und gleichzeitigem kontinuierlichem Siedlungsbau in bzw. in der Nähe von Bergbaugebieten und den insoweit nicht ohne weiteres ausschließlich dem Bergbau zuzurechnenden Verursachungsanteilen an den wasserwirtschaftlichen Mißständen in den besiedelten Gebieten und zum anderen den aus dieser Gemengelage sowohl seitens der Gemeinden als auch seitens des Bergbaus in der Vergangenheit gezogenen Vorteilen Rechnung. Anhaltspunkte dafür, daß mit der konkreten Ausgestaltung der Kostenaufteilung (Kosten des Baus und der Erweiterung der Pumpen sowie der kleinere Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Bergbauunternehmen, der übrige Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Gemeinden) die Grenze der lediglich "annähernd" zu erfolgenden Vorteils- und Nachteilsbemessung überschritten worden ist und seitens der Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 für den Veranlagungszeitraum 1995 mit einer Änderung der Beitragsbemessung und einer deutlichen Senkung des auf sie entfallenden Genossenschafts-/Verbandsbeitrages zu rechnen war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
50Schließlich hat auch die Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen und Zinsen) im Ergebnis Bestand.
51Die Methode der Ermittlung der kalkulatorischen Kosten ist nicht zu beanstanden.
52Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
53Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, GemH 1994, 233 m.w.N., zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263, 1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 A 5709/97 -, StuGR 1998, 310.
55Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien, ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr enthält das entsprechende Kapitel - bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" - unter den Gliederungspunkt "(1) Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden Gliederungspunkten (2) - (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit der Kostenrechnung zu erhöhen.
56Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar überragende Bedeutung haben."
57Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul- und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt, Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liess- mann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996, S. 189 ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff..
58Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
59Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 -, BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 - 8 B 148.98 -, und vom 11. Februar 1999 - 9 B 381.98 -, InfAuslR 1999, 365.
60Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend, daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll, eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
61Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f..
62Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
63Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998 - 13 K 8767/96 -, GemH 1999, S. 18 ff. (19).
64Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden materiell- rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist, trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
65Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2 KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt, im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
66Vgl. LT-Drucks. 6/810 S. 34, 35.
67Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz selbst sind - sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen - bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
68Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233.
69Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N..
71Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
72Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
73In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig erachtete Anschaffungswert- oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden Gesetzesmaterialien ergibt.
74Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
76Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle wie zu deren Beginn,
77vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20,
78bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
79vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 11 UA, sowie VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997 - 13 K 3766/95 -, NWVBl. 1998, 32 (33),
80erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
81Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der kalkulatorischen Kostenarten (Abschrei-bungen und Zinsen) die kalkulatorischen Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
82Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen Belastungen.
83Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen Gebührensatz auch bei schwankender oder - wie bei Annuitätendarlehen - jährlich abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt, den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
84Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35, 36.
85Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken, ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit- und kostenintensiven Erfassung schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
86Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der Eigenkapitalzins - wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung - rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
87Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2 (Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
88Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
89Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 - 8 B 117.82 -, KStZ 1984, 11; OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
90Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv- bzw. Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas- und Wasserwerke, wonach in dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde, der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte des Kapitalmarkts."
91Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
92Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten Gebührenbeträge zu gelangen.
93Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
94Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A 1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage) beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert - und damit innerhalb der zutreffenden Kostenart - Rechnung getragen".
95Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
96Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß - worauf das Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat - der Landesgesetzgeber zugunsten der Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
97vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 - II A 1628/77 -, MittNWStGB 1979, 334, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, StuGR 1993, 313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
98ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige Einschränkungen - etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze als einem übergreifenden Ordnungssystem - auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen.
99Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage gleicher Art und Güte,
100vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe, a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
101so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
102Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können. Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
103Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
104Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
105Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil vom 16. November 1967 - III OVG A 111/65 -, KStZ 1968, 77, wonach selbst die Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr berücksichtigt.
106Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand, daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind, schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
107Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im Gesetzgebungsverfahren diskutierte - fakultative - Zuführung der Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden Rücklagenverordnung,
108vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
109war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
110A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 - 14 K 765 u.a. -, NWVBl. 1999, 228 (229 f.), unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden, eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
111Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem Anschaffungs- bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt über die Abschreibungen - verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer - lediglich von der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
112vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
113gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
114Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über den der Anschaffungs- bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum "Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
115Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 - 8 B 11.84 -, KStZ 1985, 129.
116Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer - über die mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus - zu gewährleistenden Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
117Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage Nr. 903 (Änderungs-vorschlag Nr. 26 - fakultative Zulassung der Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten -) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-Drucks. 6/1493) und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer und dem Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..." in die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
118Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
119vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
120zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin - wie in den sonstigen Fällen des Kostenausgleichs - erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
121Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
122Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
123Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
124Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des Gebührenrechts, der - bezogen auf die Abschreibungen - keinerlei inhaltlichen Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
125Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 234.
126Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden - nicht des Gebührenhaushalts - ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
127Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
128Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
129Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
130Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht abgeleitete Zielvorgabe - die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition - schon als im Ansatz unzutreffend erkennen.
131Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des Belastungsausgleichs ein.
132Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb sachgerecht nur von dem Herstellungs- bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den "gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist. Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen verminderte Anschaffungswert (Anschaffungsrestwert) der kalkulatorischen Verzinsung unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteiligungs-rate" ausgeschlossen ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse), gewährleistet § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte Kapital als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage i.S.d. oben genannten Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung ausgenommen wird.
133Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO -) einer gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung, wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen ermögliche,
134vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
135mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht, daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen Deckungsmitteln gedeckt werden können.
136Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-West-falen, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
137Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der "vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
138vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
139geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene "vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
140Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen Benachteiligungen führen,
141vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
142ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin nicht zu sehen.
143Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der - wiederholte - Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem "erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten" Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
144Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 12 UA, VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997, a.a.O., S 34, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20 f..
145Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
146Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen Funktions- und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern. Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung finanzwirtschaftlicher Zwecke",
147vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
148um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der "einfachen Einnahmen-Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
149Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34.
150Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der "Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
151vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 19,
152greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F. entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
153Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-, dem Steuer- und dem Preisprüfungsrecht - die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen Zielvorgaben folgen -,
154vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels- und Steuerbilanz einerseits und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
155für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
156Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips,
157vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
158noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit angenommen wird,
159vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
160wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
161Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76-, BVerfGE 50, 217 (227); BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130.
162Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen der Gemeinde gegenüber - anders als die Steuerzahler - in einem besonderen Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
163Auch die kalkulatorischen Kostenansätze im einzelnen begegnen, soweit der vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken.
164Soweit pauschal Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausschreibung von Kanalbaumaßnahmen geäußert worden sind und damit wohl ein erhöhter Ausgangswert für die Berechnung geltend gemacht werden soll, mangelt es an konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Sachaufklärung gebieten. Der Hinweis darauf, daß lediglich zwei Baufirmen "im Geschäft" seien, läßt allein nicht den Schluß zu, daß insoweit Unregelmäßigkeiten tatsächlich erfolgt sein könnten; insoweit könnte es sich auch um diejenigen Firmen handeln, die aufgrund ihrer günstigen Angebote jeweils zu Recht den Zuschlag erhalten haben.
165Unabhängig davon sind etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die Gebührenkalkulation unerheblich, solange die von dem beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten nicht in jeder Hinsicht außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die Auftragsvergabe nicht als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt, die sich der Sache nach nicht mehr mit dem weiten Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe entsprechend seinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchzuführen, in Einklang bringen läßt.
166Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 19. Januar 1990 - 2 A 2171/87 -, Urteil vom 30. Januar 1991 - 9 A 765/88 -, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173.
167Hierfür bieten das Vorbringen und die dem erkennenden Senat vorliegenden Unterlagen nicht einmal ansatzweise einen konkreten Anhaltspunkt.
168Nicht zu beanstanden ist die mit 50 Jahren angesetzte mutmaßliche Nutzungsdauer der Kanäle. Angesichts der für die prognostische Bestimmung der Nutzungsdauer maßgebenden sachgerechten Kriterien der Siedlungsverdichtung (einseitige hohe Bodenpressung durch Wohnbebauung und Verkehrsbeanspruchung bei variierender Tragfähigkeit des Bodens, Grundwassereinwirkungen, nennenswerte Unterbemessungen), der Werkstoffbeschaffenheit (Pro-duktionen minderer Qualität, Materialunverträglichkeiten (Be- tonmischungen) und Probleme mit der Haftfestigkeit in der Stutzentechnik) und des Wurzeleinwuchses von Bäumen wird die für die Prognose maßgebende Grenze der Willkür nicht erreicht. Da der Ansatz einer mutmaßlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist,
169vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 237, sowie die Nachweise bei Dudey, Abhängigkeiten der kalkulatorischen Kosten von der Nutzungsdauer eines Kanalnetzes, GemH 1994, 1 ff. (je nach Material 30-66 Jahre (Steenbock), 50-80 Jahre (Pecher), 50-100 Jahre (KGST und ATV Regelwerk A 133)); im übrigen auch: Brod/Steenbock, Preiskalkulation bei Wasser und Abwasser, 1980, Anhang 10: je nach Material 30-100 Jahre,
170und sonstige konkrete Anhaltspunkte, die die getroffene Einschätzung der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums und des durch die Kanaluntersuchungen ermittelten Schadensumfangs als schlichtweg unvertretbar erscheinen lassen, sich nicht aufdrängen, ist eine weitere Sachaufklärung nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
171Der Einwand, bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten seien Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bergbau zu Lasten der Gebührenschuldner nicht kostenmindernd berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Ermittlung der Kosten in bezug auf den Betrieb der der Leistungserbringung dienenden Anlage, insbesondere die Bestimmung der mutmaßlichen Nutzungsdauer und die Bewertung von Kanalisationsanlagen, erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, welche Gründe für den Zustand bzw. die Ausgestaltung der Anlage maßgebend sind. Danach ist es von den Gebührenpflichtigen in Bergbauregionen grundsätzlich hinzunehmen, daß die öffentlichen Entwässerungseinrichtungen wegen bestimmter, in solchen Regionen anzutreffender besonderer Entwässerungsverhältnisse möglicherweise mit höheren Kosten belastet werden als die Gebührenpflichtigen in anderen Regionen.
172Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
173Dies betrifft sowohl die Instandhaltungs-/Reparaturkosten (Personal- und Sachkosten) als auch die wegen der höheren Investitionskosten und ggf. kürzeren Nutzungsdauern höheren kalkulatorischen Kosten.
174Die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen hat im Ergebnis ebenfalls Bestand.
175Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats.
176Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
177Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose- und Ermessensspielraums; insbesondere erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die - kurzfristige - Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1995 eine langfristig niedrigere Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
178Das die Ermittlung der Grundlage der Verzinsung betreffende Mißverständnis hinsichtlich des Ansatzes der Kanalanschlußbeiträge im Rahmen des Abzugskapitals ist durch die Vorlage der diesbezüglichen Kalkulationsunterlagen ausgeräumt. Hieraus ergibt sich, daß bei der Gebührenbedarfsberechnung das Abzugskapital einschließlich der Kanalanschlußbeiträge jeweils bezogen auf das einzelne Anlagegut herausgerechnet und damit nicht verzinst worden ist.
179Allerdings ist die Ermittlung des Anschaffungsrestwertes insoweit überhöht, als im Rahmen der Abschreibung für den Veranlagungszeitraum zwar ein Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht worden ist, bei der kalkulatorischen Verzinsung jedoch der Jahresabschreibungsbetrag nicht in demselben Veranlagungszeitraum, sondern erst in der Folgeperiode abgezogen worden ist. Die sich aus der Nichtberücksichtigung der Abschreibung im Jahr der Indienststellung und der Verschiebung der Abschreibungsbeträge in das jeweilige Folgejahr ergebende Überhöhung hat der erkennende Senat nach eigener, im Termin zur mündlichen Verhandlung offen gelegter Berechnung mit 200.463,29 DM ermittelt. Dieser Überhöhungsbetrag führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes, wie im nachfolgenden Zusammenhang dargelegt wird.
180Offen bleiben kann des weiteren, ob die Abschreibungs- und Zinsbeträge für das sog. Sonderinteresse (163.223,00 DM),
181vgl. zur Abschreibungsfähigkeit anlagenbezogener Verbandsbeiträge: OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997, a.a.O.,
182und das Kanalkataster (170.842,00 DM),
183vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998, a.a.O.,
184zu Recht angesetzt worden sind. Rechnet man zu den vorgenannten Beträgen den Überhöhungsbetrag aus der kalkulatorischen Verzinsung (200.463,29 DM) hinzu, ergibt dies einen Gesamtbetrag von 534.528,29 DM, der im Verhältnis zu den gerechtfertigten Gesamtkosten lediglich 1,76 % (bei 30.895.016,00 DM Gesamtkosten) bzw. 2,16 % (bei 25.232.906,00 DM Gesamtkosten) ausmacht und damit in jedem Fall unterhalb der für die Gebührenkalkulation maßgebenden Grenze von 3 %,
185vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239,
186bleibt.
187Weitere Kostenminderungen sind nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Stadt R. nicht verpflichtet, Schadensersatzleistungen des Bergbaus auf der Einnahmeseite zu veranschlagen.
188Im Hinblick auf den Umstand, daß bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. vorzunehmenden Veranschlagung der Kosten - und damit auch der ggf. zu erwartenden kostenmindernden Einnahmen - grundsätzlich eine Prognoseentscheidung zu treffen ist,
189vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 1999, a.a.O.,
190steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen auch die bei dem Nachweis der Schadensverursachung üblicherweise bestehenden Probleme (vgl. auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 sowie in der Sitzungsvorlage - Drucksache Nr. 693/1998 - vom 21. Juli 1998, S. 2 f.) Berücksichtigung finden können.
191Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
192Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß die Gemeinde selbst dann, wenn sie intern - etwa auf der Grundlage von Rechtsgutachten - zu der Auffassung gelangt ist, daß ihr ein Schadensersatzanspruch in einer bestimmten Höhe zusteht, aufgrund einer vertretbaren Bewertung des mit der Realisierung des Anspruchs verbundenen Prozeßrisikos im Einzelfall einen Abschlag von dem zu ersetzenden Betrag einkalkuliert oder von der Geltendmachung des Anspruchs insgesamt absieht und dementsprechend in der Gebührenkalkulation keine Einnahmen veranschlagt.
193Geht die Gemeinde - etwa aufgrund der Eindeutigkeit des jeweiligen Schadensbildes - im Zeitpunkt der Veranschlagung der Kosten von der Realisierung von Schadensersatzforderungen aus, ist sie lediglich dann verpflichtet, die prognostizierte Schadensersatzleistung als Einnahme zugunsten der Gebührenpflichtigen zu veranschlagen, wenn die Gebührenpflichtigen über die Gebühren auch die aus dem Schadensereignis resultierenden finanziellen Belastungen tragen. Dementsprechend entfällt die Verpflichtung der Gemeinde zur Gutschrift von veranschlagten Schadensersatzleistungen, wenn der Schaden außerhalb der Kalkulation abgewickelt wird und damit die Gebührenpflichtigen für den Schaden auch nicht über die Gebühren in Anspruch genommen werden.
194Letzteres ist hier für den Veranlagungszeitraum 1995 angesichts der im Berufungsverfahren substantiiert geschilderten Praxis der direkten Kostenbeteiligung des Bergbaus durch Naturalrestitution gegeben. Hiernach werden die Gebührenpflichtigen gerade nicht mit den aufgrund der Bergbauschäden erforderlichen Investitionskosten belastet. Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht worden ist, aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 1998 gehe hervor, daß der Bergbau regelmäßig an den städtischen Kanalbaumaßnahmen beteiligt werde, handelt es sich offenbar um ein Mißverständnis. Die Beteiligung des Bergbaus stellt sich auf der Grundlage der Schilderung des Beklagten nicht als unmittelbare Beteiligung an den Kosten der seitens der Stadt durchgeführten Umbaumaßnahmen dar, sondern als Kostenbeitrag im Wege der Übernahme der Errichtung bestimmter Entwässerungsanlagen auf eigene Rechnung.
195Eine weitergehende Überprüfung der Art und Weise sowie des Umfangs der Kostenbeteiligung des Bergbaus ist auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht angezeigt. Hiernach sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich davon aus, daß dessen Auskünfte der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit aufgezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Läßt es die klagende Partei insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden.
196Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N..
197Gemessen hieran ist eine weitere Überprüfung der Art der Kostenbeteiligung des Bergbaus nicht geboten; die substantiierten Darlegungen des Beklagten zur Art und Weise der Beteiligung der Bergbauunternehmen an dem Ausgleich bergbaubedingter Schäden sind von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Insbesondere reicht insoweit der Hinweis darauf nicht aus, daß die haushaltsrechtliche und kalkulationsmäßige Behandlung der als Ersatzleistung übernommenen und der nicht mehr benötigten Anlagen "unklar" sei. Soweit moniert wird, daß die übernommenen Anlagen nicht nachgewiesen seien, hat dies offensichtlich seinen Grund darin, daß die mit diesen Anlagen verbundenen Kosten, wie der Beklagte dargelegt hat, nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen in der Kalkulation angesetzt worden sind, so daß sie auch nicht zum Nachweis der Zulässigkeit der Kostenansätze aufgeführt werden müssen. Dafür, daß der Umfang der außerhalb der Kalkulation abgewickelten Kostenbeteiligung des Bergbaus die Grenzen des - oben dargelegten - gemeindlichen Prognose- und Bewertungsspielraums überschreitet, sind konkrete Anhaltspunkte weder vorgebracht noch drängen sich solche aus den beigezogenen Unterlagen auf.
198Soweit in bezug auf die Schadensverursachung durch Einleiter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den meisten Fällen vollständig abgesehen wird, ist dies in Ermangelung eindeutiger, die Verursachung durch einen bestimmten Einleiter kennzeichnender Schadensbilder aus Kostengründen gerechtfertigt. Auch dem Gebührenhaushalt ist nicht damit gedient, mit kostenintensiven Gerichtsverfahren einschließlich etwaiger Beweiserhebungen durch Sachverständige trotz zweifelhafter Erfolgsaussichten und ggf. nur begrenzter Verursachungsbeiträge im Einzelfall belastet zu werden.
199Angesichts der hiernach im vollen Umfang den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Gebührenkalkulation kommt es zur Rechtfertigung der Gebührensätze auf die vorgelegte Betriebsabrechnung nicht mehr an.
200Der Hinweis, in Süddeutschland seien die Gebühren niedriger, ist rechtlich unbeachtlich, insbesondere kann hiermit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Höherrangiges Bundesrecht gebietet keine einheitliche Gebührenbemessung, weil es keinen einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühr gibt, an den die Landesgesetzgebung gebunden wäre.
201Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997 - 8 B 185.97 -, ZKF 1998, 62, m.w.N..
202Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft,
203Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997, a.a.O., S. 63, m.w.N.,
204so daß es auf die Rechtslage in anderen Bundesländern und die dort ggf. gesetzlich beschränkten Kalkulationsspielräume nicht ankommt.
205Anhaltspunkte dafür, daß die individuelle Heranziehung auf der Grundlage der hiernach wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach Fehler aufweist, sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
206Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
207Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
208
(1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluß (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluß geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sie sich auf die Bilanz beziehen.
(2) Er hat für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen.
(3) Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluß.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auf Einzelkaufleute im Sinn des § 241a nicht anzuwenden. Im Fall der Neugründung treten die Rechtsfolgen nach Satz 1 schon ein, wenn die Werte des § 241a Satz 1 am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden.
(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinn des § 266 Abs. 2 A. III. 5 bestimmt, sind Rückstellungen hierfür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt. Nach § 246 Abs. 2 Satz 2 zu verrechnende Vermögensgegenstände sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) dürfen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nur vornehmen, wenn sie von keiner der in § 264 Absatz 1 Satz 5, § 266 Absatz 1 Satz 4, § 275 Absatz 5 und § 326 Absatz 2 vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von mindestens einer der in Satz 5 genannten Erleichterungen Gebrauch, erfolgt die Bewertung der Vermögensgegenstände nach Satz 1, auch soweit eine Verrechnung nach § 246 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist.
(2) Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle sonstiger Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. In der Rechtsverordnung nach Satz 4, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank das Nähere zur Ermittlung der Abzinsungszinssätze, insbesondere die Ermittlungsmethodik und deren Grundlagen, sowie die Form der Bekanntgabe.
(3) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Satz 3 findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.
(4) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.
(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten.
(6) Im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag nach Satz 1 entsprechen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen.
(1) Die Gewinn- und Verlustrechnung ist in Staffelform nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aufzustellen. Dabei sind die in Absatz 2 oder 3 bezeichneten Posten in der angegebenen Reihenfolge gesondert auszuweisen.
(2) Bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens sind auszuweisen:
- 1.
Umsatzerlöse - 2.
Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen - 3.
andere aktivierte Eigenleistungen - 4.
sonstige betriebliche Erträge - 5.
Materialaufwand: - a)
Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren - b)
Aufwendungen für bezogene Leistungen
- 6.
Personalaufwand: - a)
Löhne und Gehälter - b)
soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung
- 7.
Abschreibungen: - a)
auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen - b)
auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten
- 8.
sonstige betriebliche Aufwendungen - 9.
Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen - 10.
Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen - 11.
sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen - 12.
Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens - 13.
Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen - 14.
Steuern vom Einkommen und vom Ertrag - 15.
Ergebnis nach Steuern - 16.
sonstige Steuern - 17.
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.
(3) Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens sind auszuweisen:
- 1.
Umsatzerlöse - 2.
Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen - 3.
Bruttoergebnis vom Umsatz - 4.
Vertriebskosten - 5.
allgemeine Verwaltungskosten - 6.
sonstige betriebliche Erträge - 7.
sonstige betriebliche Aufwendungen - 8.
Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen - 9.
Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen - 10.
sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen - 11.
Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens - 12.
Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen - 13.
Steuern vom Einkommen und vom Ertrag - 14.
Ergebnis nach Steuern - 15.
sonstige Steuern - 16.
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.
(4) Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen dürfen in der Gewinn- und Verlustrechnung erst nach dem Posten "Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag" ausgewiesen werden.
(5) Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) können anstelle der Staffelungen nach den Absätzen 2 und 3 die Gewinn- und Verlustrechnung wie folgt darstellen:
(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinn des § 266 Abs. 2 A. III. 5 bestimmt, sind Rückstellungen hierfür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt. Nach § 246 Abs. 2 Satz 2 zu verrechnende Vermögensgegenstände sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) dürfen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nur vornehmen, wenn sie von keiner der in § 264 Absatz 1 Satz 5, § 266 Absatz 1 Satz 4, § 275 Absatz 5 und § 326 Absatz 2 vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von mindestens einer der in Satz 5 genannten Erleichterungen Gebrauch, erfolgt die Bewertung der Vermögensgegenstände nach Satz 1, auch soweit eine Verrechnung nach § 246 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist.
(2) Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle sonstiger Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. In der Rechtsverordnung nach Satz 4, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank das Nähere zur Ermittlung der Abzinsungszinssätze, insbesondere die Ermittlungsmethodik und deren Grundlagen, sowie die Form der Bekanntgabe.
(3) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Satz 3 findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.
(4) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.
(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten.
(6) Im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag nach Satz 1 entsprechen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen.
Tenor
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks S. weg 15 in R. , das an die städtischen Einrichtungen der Abwasser- und Abfallbeseitigung angeschlossen ist.
3Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 16. Januar 1995 zog der Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu Abwasser- und Abfallbeseitigungsgebühren heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
4Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.
5Während des Klageverfahrens setzte der Rat der Stadt R. mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 den Grenzwert für den Abzug der nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen unter anderem rückwirkend für das Jahr 1995 auf 20 cbm/Jahr herab (§ 2 Abs. 4 Satz 4 in der Fassung des § 1 Nr. 1 der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996).
6Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger, soweit diese sich gegen die Erhebung der Abwasserbeseitigungsgebühren gerichtet hat, geltend gemacht, daß die Gebühren, insbesondere im Vergleich zu süddeutschen Städten, überhöht seien.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Grundbesitzabgabenbescheid vom 16. Januar 1995 hinsichtlich der festgesetzten Abwasserbeseitigungsgebühren und Abfallentsorgungsgebühren und den Widerspruchsbescheid vom 3. März 1995 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
10Er hat die Auffassung vertreten, daß der Gebührensatz gemäß den insoweit geltenden rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden und der auf dieser Grundlage erlassene Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
11Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot stattgegeben. Hinsichtlich der Abwasserbeseitigungsgebühren hat es zur Begründung ausgeführt, daß das Abzugskapital zu gering bemessen worden sei, da Kanalanschlußbeiträge insoweit nicht berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots auch deshalb vor, weil die hier zur Anwendung gelangte Kalkulationsmethode der Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer kalkulatorischen Verzinsung mit einem Nominalzinssatz nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig sei. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
12Hiergegen richtet sich die in bezug auf die Abwasserbeseitigungsgebühren zugelassene Berufung des Beklagten. Zur Begründung macht er im wesentlichen folgendes geltend: Entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts seien die Kanalanschlußbeiträge bei der Erstellung der Gebührenbedarfsberechnung dem Abzugskapital zugeordnet und somit bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen nicht dem zu verzinsenden Kapital zugerechnet worden. Die angewandte Kalkulationsmethode entspreche den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des Berufungsgerichts. Die Umlage der Personalkosten für das Leitungspersonal erfolge nach dem Gesamtkostenverfahren, einem vereinfachenden Alternativverfahren, das ebenfalls von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung als praxisnahes Verfahren anerkannt sei. Soweit geltend gemacht worden sei, daß bergbaubedingte Schäden und Belastungen unzulässigerweise auf die Gebührenpflichtigen abgewälzt würden, sei darauf hinzuweisen, daß weder im Haushaltsplan noch in der Gebührenbedarfsberechnung Schadensersatzleistungen für Bergbauschäden kalkuliert würden. Die Stadt R. mache gleichwohl Schadensersatz gegenüber dem Bergbau geltend. Dieser werde aber seitens des Bergbaus nicht in Geld, sondern im Wege der sog. Naturalrestitution geleistet. Die Festlegung der mutmaßlichen Nutzungsdauer der Abwasseranlagen auf 50 Jahre sei in der Siedlungsverdichtung, der Werkstoffbeschaffenheit und der Zunahme von allgemeinen Haftungsansprüchen begründet. Bei der kalkulatorischen Verzinsung sei ein Nominalzinssatz von 8 % in Ansatz gebracht worden, der sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Berufungsgerichts rechtfertige. In seinem Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 - habe das Berufungsgerichts für den langfristigen Zeitraum von 1952 bis 1992 einen derartigen Zinssatz für zulässig erachtet. Die Durchschnittsverhältnisse, die bei der Ermittlung des Zinssatzes für den hier in Rede stehenden Veranlagungszeitraum 1995 zugrundezulegen seien, hätten angesichts des lediglich um drei Jahre erweiterten Betrachtungszeitraums eine Herabsetzung des langfristigen durchschnittlichen Zinssatzes nicht geboten. Abschließend werde auf das nunmehr vorliegende Betriebsergebnis hingewiesen, das eine Kostenunterdeckung ausweise.
13Der Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage gegen die Heranziehung zu Abwasserbeseitigungsgebühren abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Zur Begründung macht er im wesentlich folgendes geltend: Es bestehe der Verdacht, daß der Beklagte die Kosten für das Leitungspersonal nicht entsprechend den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, sondern willkürlich umgelegt habe. In den vergangenen Jahren, also auch im Veranlagungsjahr 1995, habe die Stadt R. auf Schadensersatzforderungen gegenüber dem Bergbau ganz oder fast ganz verzichtet, die durch die Beseitigung von Bergbauschäden verursachten Kosten jedoch zu Lasten des Gebührenzahlers in der Gebührenkalkulation bei verschiedenen Kostenarten (Unterhaltung der Abwasseranlagen, Abschreibung, Verzinsung) in Ansatz gebracht. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Schadensersatzforderungen gegen Einleiter, die durch ihre Einleitungen Schäden an den Entwässerungsanlagen verursacht hätten. Soweit im Rahmen der Naturalrestitution neue Anlagen erworben worden seien, würden diese nicht in den Unterlagen erscheinen. Wie dieser Vermögenszuwachs bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt worden sei, sei ebenso unklar wie der Umgang mit den nicht mehr benötigten Brunnen und anderen überflüssigen Anlagen. Im übrigen werde die behauptete Naturalrestitution bezweifelt. Die Abschreibungszeit für Abwasseranlagen von 50 Jahren sei ungewöhnlich kurz. Angesichts der Information, daß nur zwei Baufirmen für Kanalbaumaßnahmen im Geschäft seien, habe er Zweifel, daß für Kanalbaumaßnahmen im Jahr 1995 die Ausschreibung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Behauptung des Beklagten, das Abzugskapital sei nicht zu gering bemessen, sei eine späte Ausrede. Diese Behauptung werde vom Tatbestand des Urteils widerlegt. Die Höhe des Zinssatzes von 8 % lasse die Niedrigzinsphase außer Betracht und sei daher willkürlich. Aus dem Abwasserbeseitigungskonzept gehe nicht hervor, daß die Kanalsanierungsmaßnahmen aus den über die Abschreibungen erzielten Rücklagen finanziert würden. Obwohl die Abschreibungen für diesen baulichen Zweck in die Abwassergebühr eingerechnet worden seien, würden sie widerrechtlich für ganz andere Zwecke ausgegeben. Im übrigen, hinsichtlich der zur Anwendung gelangten Kalkulationsmethoden, macht der Kläger sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen. Darüber hinaus trägt er vor, daß auch die von der Stadt R. veranschlagten Genossenschaftsbeiträge zur Emschergenossenschaft zu hoch seien, weil die Genossenschaftsbeiträge des Bergbaus zum Haushalt der Emschergenossenschaft zu niedrig bemessen seien. Die Emschergenossenschaft betreibe in ihrem Genossenschaftsgebiet rund 100 Entwässerungspumpwerke zur Entwässerung von Polderflächen. Nach telefonischer Auskunft der Emschergenossenschaft würden der größere Teil der Energiekosten und die anderen laufenden Betriebskosten der Pumpen von den Mitgliedskommunen bezahlt. Entsprechendes treffe auch auf den Lippeverband zu. Die laufenden Betriebskosten der Entwässerungspumpwerke seien jedoch ausschließlich von den Bergwerksgesellschaften zu übernehmen, da die Entwässerung der Polderflächen allein zur Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu sowie zum Verfahren 9 A 3341/98 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19. Auflage 1996, sowie auf weitere betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt, Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liessmann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die vorgenannten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
19Entscheidungsgründe:
20Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
21Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 16. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1995 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr 1995 Abwasserbeseitigungsgebühren festgesetzt worden sind.
22Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung ist die Gebührensatzung der Stadt R. für die Abwasserbeseitigung vom 21. Dezember 1990 in der Gestalt der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 und der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 (AGS). Deren Regelungen sind, soweit die Satzung im Berufungsverfahren der rechtlichen Überprüfung unterliegt, gültiges Satzungsrecht.
23Der Gebührenmaßstab (einheitlicher Frischwassermaßstab nach § 2 AGS) ist für die Umlegung der Kosten sowohl der Schmutzwasserbeseitigung als auch der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für den Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.).
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997 - 9 A 3373/96 -, NVwZ-RR 1998, 392, m.w.N..
25Er ist von der Klägerseite im Verfahren nicht beanstandet worden. Konkrete Anhaltspunkte, die in bezug auf die Siedlungsstruktur,
26vgl. hierzu: BVerwG, Beschluß vom 25. Februar 1972 - 7 B 92/70 -, KStZ 1972, 111 (112); OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 - 9 A 803/88 -, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, insoweit nicht veröffentlicht, Urteil vom 25. April 1997 - 9 A 4821/95 -,
27in der Stadt R. für seine Unzulässigkeit sprechen, drängen sich dem erkennenden Senat aus den vorliegenden Unterlagen nicht auf, so daß auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 125 Abs. 1, 86 Abs. 1 VwGO) eine weitere Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung nicht geboten ist.
28Soweit die Regelung in § 2 Abs. 4 der Gebührensatzung i.d.F. der 5. Änderungssatzung vom 22. Dezember 1994 hinsichtlich des Grenzwertes von 60 cbm für den Abzug von nachweislich auf dem Grundstück verbrauchten oder zurückgehaltenen Wassermengen für laufend wiederkehrende Verwendungszwecke (§ 2 Abs. 4 a der Gebührensatzung) und des darüber hinaus festgelegten vollständigen Ausschlusses von zur Speisung von Heizungsanlagen verbrauchtem, von hauswirtschaftlich genutztem und von zum Sprengen von Hof und Vorgärten verwendetem Wasser (§ 2 Abs. 4 b-d der Gebührensatzung) angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats,
29vgl. die Zusammenfassung in OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
30begründeten Zweifeln unterlag, hat der Rat der Stadt R. diesen Bedenken Rechnung getragen. Mit der 7. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1996 hat er rückwirkend unter anderem für den hier maßgebenden Veranlagungszeitraum 1995 die Ausschlußtatbestände des § 2 Abs. 4 b - d der Gebührensatzung aufgehoben und den nunmehr für sämtliche zurückgehaltenen oder verbrauchten Wassermengen geltenden Grenzwert auf 20 cbm reduziert. Eine darüber hinausgehende Reduzierung des Grenzwertes auf einen Wert unter 20 cbm oder ein völliges Absehen von einem Grenzwert ist für den Veranlagungszeitraum nicht zwingend geboten. Vielmehr sind im Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Gebührenmaßstabes zustehenden weiten Organisationsermessens,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N.,
32etwaige verbleibende Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt. Die sich ergebenden Jahresbeträge liegen mit 68,00 DM (3,40 DM - § 3 Abs. 1 AGS - x 20 cbm), 38,00 DM (1,90 DM - § 3 Abs. 2 AGS - x 20 cbm) und 30,00 DM (1,50 DM - § 3 Abs. 3 AGS - x 20 cbm) unter der Schwelle der Erheblichkeit.
33Die hier streitigen Gebührensätze des § 3 AGS begegnen im Ergebnis keinen materiell- rechtlichen Bedenken.
34Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. liegt nicht vor.
35Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den in der Gebührenkalkulation mit 3.189.544,00 DM veranschlagten Personalkosten Kosten für Mitarbeiter enthalten sind, die nach der Prognose im Veranlagungszeitraum 1995 nicht für die gemeindliche Einrichtung Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß etwa die anteiligen Kosten der Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt worden sind, sind nicht ersichtlich. Das zur Ermittlung der anteiligen Kosten der zentralen Verwaltungsbereiche (Verwaltungsgemeinkosten) praktizierte und vom Beklagten im Berufungsverfahren erläuterte Gesamtkostenverfahren läßt fehlerhafte methodische Ansätze nicht erkennen. Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach nicht geeignet, den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem für gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen. Der Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten Gesamtkosten von 30.895.016,00 DM (10,3 %) bzw. 25.232.906,00 DM (12,6 %) nicht einmal ansatzweise ein signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige Einbeziehung betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
36Auch die Veranschlagung der Verbandsbeiträge mit insgesamt 11.181.933,00 DM (Emschergenossenschaft: 11.082.594,00 DM; Lippeverband: 99.339,00 DM) hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Vortrag, die Verbände entwässerten durch Bergsenkungen entstandene Polderflächen und der überwiegende Teil der laufenden Betriebskosten der hierfür erforderlichen Pumpen werde von den Mitgliedskommunen bezahlt, obwohl diese Pumpwerke allein zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Bergschäden in der Landschaft dienten, rechtfertigt selbst dann, wenn diese Schilderung zuträfe, nicht die Annahme, daß die Kostenprognose insoweit fehlerhaft ist.
37Gemäß § 7 Abs. 1 KAG a.F. ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die Mitgliedschaft in einem Wasser- oder Bodenverband zu zahlenden Beiträge und Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG a.F. durch Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens der Gemeinde dem Verband geschuldeten (... zu zahlenden ...) Verbandslasten durch eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG a.F. darauf ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG a.F. aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den Kreis derjenigen, auf die die (gesamten) Verbandslasten umgelegt werden können, legt § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. auf diejenigen fest, die - überhaupt - Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband - allgemein - durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz enthält keine Verknüpfung dahin, daß den Betreffenden Verbandslasten nur für die speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 - StuGR 1998, 306.
39Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abwasserbeseitigungsgebühr, abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die Entwässerungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der von ihr betriebenen gemeindlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung entstehen.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, GemH 1983, 113, Urteil vom 1. Februar 1988 - 2 A 1883/80 -, OVGE 39, 277 (281 f), Urteil vom 15. Februar 1989 - 2 A 2452/85 -, Urteil vom 22. März 1990 - 2 A 2113/86 -.
41Ein derartiger Zusammenhang zwischen dem auf das Abpumpen der Polderflächen entfallenden Beitragsanteil und der Abwasserbeseitigung durch die Stadt R. liegt auf der Hand: würde das Abpumpen unterbleiben, liefen, wie ausdrücklich vorgetragen worden ist, die Poldergebiete voll und große, zum Teil dicht besiedelte Gebiete stünden unter Wasser. In den dicht besiedelten und damit auch kanalisierten Gebieten würde das Wasser, sei es über die Kanalöffnungen, sei es über undichte Rohre bzw. undichte Rohrverbindungen in die Kanalisation eindringen und sich angesichts der für diese Wassermassen nicht ausgelegten Kanalquerschnitte auf- und zurückstauen und damit die Ableitung des Abwassers gefährden, wenn nicht gar verhindern.
42Daß der Grund für die Notwendigkeit, die Poldergebiete zu entwässern, möglicherweise allein durch den Bergbau gesetzt worden ist - wie behauptet wird -, mag zutreffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn, wie im Fall der selbständigen Abwälzungsgebühr, ist dann, wenn - wie hier - der Verband der Gemeinde bzw. den Anschlußnehmern durch seine Maßnahmen überhaupt einen Vorteil gewährt, auch über die Benutzungsgebühr insoweit die vollständige Refinanzierung zulässig.
43Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist - wie in anderen Fällen der Kostenprognose auch - lediglich dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages abzusehen und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozeßrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft, gewesen wäre.
44Vgl. zum Prognosespielraum zuletzt: OVG NRW, Beschluß vom 9. August 1999 - 9 A 3133/97 -.
45Hier ist bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Reduzierung des Verbandsbeitrages aus Rechtsgründen war für die Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 nicht abzusehen. Denn die unter anderem der Finanzierung des Ausgleichs bergbaubedingter wasserwirtschaftlicher Veränderungen dienenden Beiträge zur Emschergenossenschaft und zum Lippeverband,
46vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 24 ff. des Gesetzes über die Emschergenossenschaft - Emschergenossenschaftsgesetz - (EmscherGG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 144, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62, und §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 3, 25 ff. des Gesetzes über den Lippeverband - Lippeverbandsgesetz - (LippeVG) vom 7. Februar 1990, GV NRW S. 162, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1992, GV NRW 1993, S. 62,
47waren im Veranlagungszeitraum 1995 zu verteilen nach dem Verhältnis zum einen der mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die die Genossen/Mitglieder von der Durchführung der Aufgaben der Genossenschaft/des Verbandes haben oder zu erwarten haben und zum anderen der Kosten, die die Genossenschaft/der Verband auf sich nimmt, um von Genossen/Verbandsmitgliedern herbeigeführte oder zu erwartende nachteilige Veränderungen im Genossenschaftsgebiet/Verbandsgebiets zu vermeiden, zu vermindern, zu beseitigen oder auszugleichen oder ihnen obliegende Leistungen abzunehmen. Für die Festlegung der Beitragsmaßstäbe in den Veranlagungsgrundsätzen reichte eine annähernde Ermittlung der Vorteile und nachteiligen Veränderungen aus.
48Vgl. §§ 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 EmscherGG und § 20 Abs. 1 der Satzung für die Emschergenossenschaft vom 22. Januar 1991, GV NRW S. 26; § 26 Abs. 1 und 3, 27 Abs. 1 LippeVG und § 20 Abs. 1 der Satzung für den Lippeverband vom 29. Januar 1991, GV NRW S. 30.
49Anhaltspunkte dafür, daß diese Beitragsmaßstäbe als solche mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, sind nicht gegeben; auch von der Klägerseite sind insoweit keine Einwände vorgebracht worden. Daß in Anwendung dieser Grundsätze der den Verbänden zukommende Bewertungsspielraum überschritten worden ist, ist nicht ersichtlich. Ein Ermessensfehler ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß, wie vorgetragen worden ist, die laufenden Betriebskosten für den Betrieb der Pumpwerke zur Entwässerung der Polderflächen zum überwiegenden Teil auf die Mitgliedsgemeinden umgelegt worden seien. Denn die Mitbeteiligung der Gemeinden der Bergbauregionen an der Entwässerung der Polderflächen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt. Sie trägt zum einen der unauflösbaren Gemengelage von Bergbau und gleichzeitigem kontinuierlichem Siedlungsbau in bzw. in der Nähe von Bergbaugebieten und den insoweit nicht ohne weiteres ausschließlich dem Bergbau zuzurechnenden Verursachungsanteilen an den wasserwirtschaftlichen Mißständen in den besiedelten Gebieten und zum anderen den aus dieser Gemengelage sowohl seitens der Gemeinden als auch seitens des Bergbaus in der Vergangenheit gezogenen Vorteilen Rechnung. Anhaltspunkte dafür, daß mit der konkreten Ausgestaltung der Kostenaufteilung (Kosten des Baus und der Erweiterung der Pumpen sowie der kleinere Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Bergbauunternehmen, der übrige Teil der laufenden Betriebskosten zu Lasten der Gemeinden) die Grenze der lediglich "annähernd" zu erfolgenden Vorteils- und Nachteilsbemessung überschritten worden ist und seitens der Stadt R. im Zeitpunkt der Kostenprognose Ende 1994 für den Veranlagungszeitraum 1995 mit einer Änderung der Beitragsbemessung und einer deutlichen Senkung des auf sie entfallenden Genossenschafts-/Verbandsbeitrages zu rechnen war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
50Schließlich hat auch die Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibungen und Zinsen) im Ergebnis Bestand.
51Die Methode der Ermittlung der kalkulatorischen Kosten ist nicht zu beanstanden.
52Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
53Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2 Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, GemH 1994, 233 m.w.N., zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263, 1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 A 5709/97 -, StuGR 1998, 310.
55Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien, ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr enthält das entsprechende Kapitel - bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" - unter den Gliederungspunkt "(1) Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden Gliederungspunkten (2) - (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit der Kostenrechnung zu erhöhen.
56Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar überragende Bedeutung haben."
57Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul- und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt, Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liess- mann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996, S. 189 ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.; Freidank, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff..
58Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
59Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 -, BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 - 8 B 148.98 -, und vom 11. Februar 1999 - 9 B 381.98 -, InfAuslR 1999, 365.
60Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend, daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll, eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
61Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f..
62Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
63Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998 - 13 K 8767/96 -, GemH 1999, S. 18 ff. (19).
64Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden materiell- rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist, trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
65Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2 KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt, im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
66Vgl. LT-Drucks. 6/810 S. 34, 35.
67Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz selbst sind - sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen - bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
68Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233.
69Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N..
71Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
72Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
73In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig erachtete Anschaffungswert- oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden Gesetzesmaterialien ergibt.
74Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
75Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
76Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle wie zu deren Beginn,
77vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20,
78bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
79vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 11 UA, sowie VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997 - 13 K 3766/95 -, NWVBl. 1998, 32 (33),
80erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
81Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der kalkulatorischen Kostenarten (Abschrei-bungen und Zinsen) die kalkulatorischen Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
82Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen Belastungen.
83Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen Gebührensatz auch bei schwankender oder - wie bei Annuitätendarlehen - jährlich abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt, den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
84Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35, 36.
85Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken, ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit- und kostenintensiven Erfassung schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
86Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der Eigenkapitalzins - wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung - rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
87Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2 (Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
88Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
89Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 - 8 B 117.82 -, KStZ 1984, 11; OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
90Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv- bzw. Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas- und Wasserwerke, wonach in dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde, der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte des Kapitalmarkts."
91Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
92Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten Gebührenbeträge zu gelangen.
93Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
94Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A 1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage) beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert - und damit innerhalb der zutreffenden Kostenart - Rechnung getragen".
95Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
96Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß - worauf das Berufungsgericht in ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat - der Landesgesetzgeber zugunsten der Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
97vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 - II A 1628/77 -, MittNWStGB 1979, 334, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, StuGR 1993, 313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
98ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige Einschränkungen - etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze als einem übergreifenden Ordnungssystem - auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen.
99Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage gleicher Art und Güte,
100vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe, a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
101so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
102Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können. Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
103Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
104Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
105Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil vom 16. November 1967 - III OVG A 111/65 -, KStZ 1968, 77, wonach selbst die Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr berücksichtigt.
106Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand, daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind, schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
107Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im Gesetzgebungsverfahren diskutierte - fakultative - Zuführung der Abschreibungsbeträge zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden Rücklagenverordnung,
108vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
109war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
110A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 - 14 K 765 u.a. -, NWVBl. 1999, 228 (229 f.), unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden, eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
111Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem Anschaffungs- bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt über die Abschreibungen - verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer - lediglich von der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
112vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
113gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
114Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über den der Anschaffungs- bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum "Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
115Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 - 8 B 11.84 -, KStZ 1985, 129.
116Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer - über die mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus - zu gewährleistenden Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
117Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage Nr. 903 (Änderungs-vorschlag Nr. 26 - fakultative Zulassung der Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten -) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-Drucks. 6/1493) und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer und dem Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..." in die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
118Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
119vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
120zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin - wie in den sonstigen Fällen des Kostenausgleichs - erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
121Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
122Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
123Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
124Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des Gebührenrechts, der - bezogen auf die Abschreibungen - keinerlei inhaltlichen Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
125Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 234.
126Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden - nicht des Gebührenhaushalts - ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
127Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
128Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
129Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
130Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht abgeleitete Zielvorgabe - die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition - schon als im Ansatz unzutreffend erkennen.
131Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des Belastungsausgleichs ein.
132Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb sachgerecht nur von dem Herstellungs- bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den "gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist. Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen verminderte Anschaffungswert (Anschaffungsrestwert) der kalkulatorischen Verzinsung unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteiligungs-rate" ausgeschlossen ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse), gewährleistet § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte Kapital als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage i.S.d. oben genannten Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung ausgenommen wird.
133Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO -) einer gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung, wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen ermögliche,
134vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
135mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht, daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen Deckungsmitteln gedeckt werden können.
136Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-West-falen, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
137Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der "vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
138vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
139geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene "vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
140Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen Benachteiligungen führen,
141vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
142ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin nicht zu sehen.
143Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der - wiederholte - Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem "erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten" Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
144Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 12 UA, VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997, a.a.O., S 34, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 20 f..
145Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
146Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen Funktions- und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern. Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung finanzwirtschaftlicher Zwecke",
147vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
148um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der "einfachen Einnahmen-Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
149Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34.
150Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der "Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
151vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. November 1998, a.a.O., S. 19,
152greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F. entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
153Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-, dem Steuer- und dem Preisprüfungsrecht - die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen Zielvorgaben folgen -,
154vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels- und Steuerbilanz einerseits und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
155für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
156Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips,
157vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235 ,
158noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit angenommen wird,
159vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
160wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
161Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76-, BVerfGE 50, 217 (227); BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130.
162Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen der Gemeinde gegenüber - anders als die Steuerzahler - in einem besonderen Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
163Auch die kalkulatorischen Kostenansätze im einzelnen begegnen, soweit der vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken.
164Soweit pauschal Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausschreibung von Kanalbaumaßnahmen geäußert worden sind und damit wohl ein erhöhter Ausgangswert für die Berechnung geltend gemacht werden soll, mangelt es an konkreten Anhaltspunkten, die eine weitere Sachaufklärung gebieten. Der Hinweis darauf, daß lediglich zwei Baufirmen "im Geschäft" seien, läßt allein nicht den Schluß zu, daß insoweit Unregelmäßigkeiten tatsächlich erfolgt sein könnten; insoweit könnte es sich auch um diejenigen Firmen handeln, die aufgrund ihrer günstigen Angebote jeweils zu Recht den Zuschlag erhalten haben.
165Unabhängig davon sind etwaige Fehler bei der Ausschreibung für die Gebührenkalkulation unerheblich, solange die von dem beauftragten Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten nicht in jeder Hinsicht außer Verhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen und damit mit den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar sind oder sich die Auftragsvergabe nicht als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende Maßnahme darstellt, die sich der Sache nach nicht mehr mit dem weiten Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe entsprechend seinen Zweckmäßigkeitserwägungen durchzuführen, in Einklang bringen läßt.
166Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 19. Januar 1990 - 2 A 2171/87 -, Urteil vom 30. Januar 1991 - 9 A 765/88 -, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173.
167Hierfür bieten das Vorbringen und die dem erkennenden Senat vorliegenden Unterlagen nicht einmal ansatzweise einen konkreten Anhaltspunkt.
168Nicht zu beanstanden ist die mit 50 Jahren angesetzte mutmaßliche Nutzungsdauer der Kanäle. Angesichts der für die prognostische Bestimmung der Nutzungsdauer maßgebenden sachgerechten Kriterien der Siedlungsverdichtung (einseitige hohe Bodenpressung durch Wohnbebauung und Verkehrsbeanspruchung bei variierender Tragfähigkeit des Bodens, Grundwassereinwirkungen, nennenswerte Unterbemessungen), der Werkstoffbeschaffenheit (Pro-duktionen minderer Qualität, Materialunverträglichkeiten (Be- tonmischungen) und Probleme mit der Haftfestigkeit in der Stutzentechnik) und des Wurzeleinwuchses von Bäumen wird die für die Prognose maßgebende Grenze der Willkür nicht erreicht. Da der Ansatz einer mutmaßlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist,
169vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 237, sowie die Nachweise bei Dudey, Abhängigkeiten der kalkulatorischen Kosten von der Nutzungsdauer eines Kanalnetzes, GemH 1994, 1 ff. (je nach Material 30-66 Jahre (Steenbock), 50-80 Jahre (Pecher), 50-100 Jahre (KGST und ATV Regelwerk A 133)); im übrigen auch: Brod/Steenbock, Preiskalkulation bei Wasser und Abwasser, 1980, Anhang 10: je nach Material 30-100 Jahre,
170und sonstige konkrete Anhaltspunkte, die die getroffene Einschätzung der Nutzungsdauer unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums und des durch die Kanaluntersuchungen ermittelten Schadensumfangs als schlichtweg unvertretbar erscheinen lassen, sich nicht aufdrängen, ist eine weitere Sachaufklärung nach dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
171Der Einwand, bei dem Ansatz der kalkulatorischen Kosten seien Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bergbau zu Lasten der Gebührenschuldner nicht kostenmindernd berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Ermittlung der Kosten in bezug auf den Betrieb der der Leistungserbringung dienenden Anlage, insbesondere die Bestimmung der mutmaßlichen Nutzungsdauer und die Bewertung von Kanalisationsanlagen, erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, welche Gründe für den Zustand bzw. die Ausgestaltung der Anlage maßgebend sind. Danach ist es von den Gebührenpflichtigen in Bergbauregionen grundsätzlich hinzunehmen, daß die öffentlichen Entwässerungseinrichtungen wegen bestimmter, in solchen Regionen anzutreffender besonderer Entwässerungsverhältnisse möglicherweise mit höheren Kosten belastet werden als die Gebührenpflichtigen in anderen Regionen.
172Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
173Dies betrifft sowohl die Instandhaltungs-/Reparaturkosten (Personal- und Sachkosten) als auch die wegen der höheren Investitionskosten und ggf. kürzeren Nutzungsdauern höheren kalkulatorischen Kosten.
174Die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen hat im Ergebnis ebenfalls Bestand.
175Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats.
176Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
177Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose- und Ermessensspielraums; insbesondere erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die - kurzfristige - Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1995 eine langfristig niedrigere Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
178Das die Ermittlung der Grundlage der Verzinsung betreffende Mißverständnis hinsichtlich des Ansatzes der Kanalanschlußbeiträge im Rahmen des Abzugskapitals ist durch die Vorlage der diesbezüglichen Kalkulationsunterlagen ausgeräumt. Hieraus ergibt sich, daß bei der Gebührenbedarfsberechnung das Abzugskapital einschließlich der Kanalanschlußbeiträge jeweils bezogen auf das einzelne Anlagegut herausgerechnet und damit nicht verzinst worden ist.
179Allerdings ist die Ermittlung des Anschaffungsrestwertes insoweit überhöht, als im Rahmen der Abschreibung für den Veranlagungszeitraum zwar ein Abschreibungsbetrag in Ansatz gebracht worden ist, bei der kalkulatorischen Verzinsung jedoch der Jahresabschreibungsbetrag nicht in demselben Veranlagungszeitraum, sondern erst in der Folgeperiode abgezogen worden ist. Die sich aus der Nichtberücksichtigung der Abschreibung im Jahr der Indienststellung und der Verschiebung der Abschreibungsbeträge in das jeweilige Folgejahr ergebende Überhöhung hat der erkennende Senat nach eigener, im Termin zur mündlichen Verhandlung offen gelegter Berechnung mit 200.463,29 DM ermittelt. Dieser Überhöhungsbetrag führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes, wie im nachfolgenden Zusammenhang dargelegt wird.
180Offen bleiben kann des weiteren, ob die Abschreibungs- und Zinsbeträge für das sog. Sonderinteresse (163.223,00 DM),
181vgl. zur Abschreibungsfähigkeit anlagenbezogener Verbandsbeiträge: OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 1997, a.a.O.,
182und das Kanalkataster (170.842,00 DM),
183vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998, a.a.O.,
184zu Recht angesetzt worden sind. Rechnet man zu den vorgenannten Beträgen den Überhöhungsbetrag aus der kalkulatorischen Verzinsung (200.463,29 DM) hinzu, ergibt dies einen Gesamtbetrag von 534.528,29 DM, der im Verhältnis zu den gerechtfertigten Gesamtkosten lediglich 1,76 % (bei 30.895.016,00 DM Gesamtkosten) bzw. 2,16 % (bei 25.232.906,00 DM Gesamtkosten) ausmacht und damit in jedem Fall unterhalb der für die Gebührenkalkulation maßgebenden Grenze von 3 %,
185vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239,
186bleibt.
187Weitere Kostenminderungen sind nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Stadt R. nicht verpflichtet, Schadensersatzleistungen des Bergbaus auf der Einnahmeseite zu veranschlagen.
188Im Hinblick auf den Umstand, daß bei der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. vorzunehmenden Veranschlagung der Kosten - und damit auch der ggf. zu erwartenden kostenmindernden Einnahmen - grundsätzlich eine Prognoseentscheidung zu treffen ist,
189vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 1999, a.a.O.,
190steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen auch die bei dem Nachweis der Schadensverursachung üblicherweise bestehenden Probleme (vgl. auch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. September 1998 sowie in der Sitzungsvorlage - Drucksache Nr. 693/1998 - vom 21. Juli 1998, S. 2 f.) Berücksichtigung finden können.
191Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, a.a.O..
192Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß die Gemeinde selbst dann, wenn sie intern - etwa auf der Grundlage von Rechtsgutachten - zu der Auffassung gelangt ist, daß ihr ein Schadensersatzanspruch in einer bestimmten Höhe zusteht, aufgrund einer vertretbaren Bewertung des mit der Realisierung des Anspruchs verbundenen Prozeßrisikos im Einzelfall einen Abschlag von dem zu ersetzenden Betrag einkalkuliert oder von der Geltendmachung des Anspruchs insgesamt absieht und dementsprechend in der Gebührenkalkulation keine Einnahmen veranschlagt.
193Geht die Gemeinde - etwa aufgrund der Eindeutigkeit des jeweiligen Schadensbildes - im Zeitpunkt der Veranschlagung der Kosten von der Realisierung von Schadensersatzforderungen aus, ist sie lediglich dann verpflichtet, die prognostizierte Schadensersatzleistung als Einnahme zugunsten der Gebührenpflichtigen zu veranschlagen, wenn die Gebührenpflichtigen über die Gebühren auch die aus dem Schadensereignis resultierenden finanziellen Belastungen tragen. Dementsprechend entfällt die Verpflichtung der Gemeinde zur Gutschrift von veranschlagten Schadensersatzleistungen, wenn der Schaden außerhalb der Kalkulation abgewickelt wird und damit die Gebührenpflichtigen für den Schaden auch nicht über die Gebühren in Anspruch genommen werden.
194Letzteres ist hier für den Veranlagungszeitraum 1995 angesichts der im Berufungsverfahren substantiiert geschilderten Praxis der direkten Kostenbeteiligung des Bergbaus durch Naturalrestitution gegeben. Hiernach werden die Gebührenpflichtigen gerade nicht mit den aufgrund der Bergbauschäden erforderlichen Investitionskosten belastet. Soweit in diesem Zusammenhang vorgebracht worden ist, aus dem Widerspruchsbescheid vom 15. August 1998 gehe hervor, daß der Bergbau regelmäßig an den städtischen Kanalbaumaßnahmen beteiligt werde, handelt es sich offenbar um ein Mißverständnis. Die Beteiligung des Bergbaus stellt sich auf der Grundlage der Schilderung des Beklagten nicht als unmittelbare Beteiligung an den Kosten der seitens der Stadt durchgeführten Umbaumaßnahmen dar, sondern als Kostenbeitrag im Wege der Übernahme der Errichtung bestimmter Entwässerungsanlagen auf eigene Rechnung.
195Eine weitergehende Überprüfung der Art und Weise sowie des Umfangs der Kostenbeteiligung des Bergbaus ist auch unter der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht angezeigt. Hiernach sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat aufgrund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich davon aus, daß dessen Auskünfte der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit aufgezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Läßt es die klagende Partei insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden.
196Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O., m.w.N..
197Gemessen hieran ist eine weitere Überprüfung der Art der Kostenbeteiligung des Bergbaus nicht geboten; die substantiierten Darlegungen des Beklagten zur Art und Weise der Beteiligung der Bergbauunternehmen an dem Ausgleich bergbaubedingter Schäden sind von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt worden. Insbesondere reicht insoweit der Hinweis darauf nicht aus, daß die haushaltsrechtliche und kalkulationsmäßige Behandlung der als Ersatzleistung übernommenen und der nicht mehr benötigten Anlagen "unklar" sei. Soweit moniert wird, daß die übernommenen Anlagen nicht nachgewiesen seien, hat dies offensichtlich seinen Grund darin, daß die mit diesen Anlagen verbundenen Kosten, wie der Beklagte dargelegt hat, nicht zu Lasten der Gebührenpflichtigen in der Kalkulation angesetzt worden sind, so daß sie auch nicht zum Nachweis der Zulässigkeit der Kostenansätze aufgeführt werden müssen. Dafür, daß der Umfang der außerhalb der Kalkulation abgewickelten Kostenbeteiligung des Bergbaus die Grenzen des - oben dargelegten - gemeindlichen Prognose- und Bewertungsspielraums überschreitet, sind konkrete Anhaltspunkte weder vorgebracht noch drängen sich solche aus den beigezogenen Unterlagen auf.
198Soweit in bezug auf die Schadensverursachung durch Einleiter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den meisten Fällen vollständig abgesehen wird, ist dies in Ermangelung eindeutiger, die Verursachung durch einen bestimmten Einleiter kennzeichnender Schadensbilder aus Kostengründen gerechtfertigt. Auch dem Gebührenhaushalt ist nicht damit gedient, mit kostenintensiven Gerichtsverfahren einschließlich etwaiger Beweiserhebungen durch Sachverständige trotz zweifelhafter Erfolgsaussichten und ggf. nur begrenzter Verursachungsbeiträge im Einzelfall belastet zu werden.
199Angesichts der hiernach im vollen Umfang den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Gebührenkalkulation kommt es zur Rechtfertigung der Gebührensätze auf die vorgelegte Betriebsabrechnung nicht mehr an.
200Der Hinweis, in Süddeutschland seien die Gebühren niedriger, ist rechtlich unbeachtlich, insbesondere kann hiermit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Höherrangiges Bundesrecht gebietet keine einheitliche Gebührenbemessung, weil es keinen einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühr gibt, an den die Landesgesetzgebung gebunden wäre.
201Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997 - 8 B 185.97 -, ZKF 1998, 62, m.w.N..
202Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft,
203Vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. September 1997, a.a.O., S. 63, m.w.N.,
204so daß es auf die Rechtslage in anderen Bundesländern und die dort ggf. gesetzlich beschränkten Kalkulationsspielräume nicht ankommt.
205Anhaltspunkte dafür, daß die individuelle Heranziehung auf der Grundlage der hiernach wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach Fehler aufweist, sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
206Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
207Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
208
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.