Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 27. Apr. 2015 - 9 A 2813/12
Gericht
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:
- 1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend, - 6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend, - 7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und - 8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.
(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese
- 1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind, - 2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie - 3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.
(1) Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge:
- 1.
Vermeidung, - 2.
Vorbereitung zur Wiederverwendung, - 3.
Recycling, - 4.
sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung, - 5.
Beseitigung.
(2) Ausgehend von der Rangfolge nach Absatz 1 soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen
- 1.
die zu erwartenden Emissionen, - 2.
das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen, - 3.
die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie - 4.
die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.
(3) Die Anlage 5 enthält eine nicht abschließende Liste von Beispielen für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie von Verwertungsverfahren.
(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.
(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.
(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.