Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Okt. 2015 - Au 3 K 15.341

bei uns veröffentlicht am26.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 3 K 15.341

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. Oktober 2015

3. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1523

Hauptpunkte: jugendhilferechtlicher Kostenbeitrag; Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz (KJVVG); nunmehr Kindergeld als gesonderter Mindestkostenbeitrag; Auslegung von Bescheiden; objektiver Empfängerhorizont; Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids bei der Auslegung; hinreichende inhaltliche Bestimmtheit

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt:

...

wegen Jugendhilfe - Kostenbeitrag

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2015 am 26. Oktober 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag.

1. Seit dem 16. Dezember 2010 leistet die Beklagte vollstationäre Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für den im Jahr 2003 geborenen Sohn des Klägers.

Mit Änderungsbescheid der Beklagten vom 28. September 2012 wurde der Kläger hinsichtlich der für den Sohn gewährten stationären Jugendhilfeleistungen rückwirkend ab 1. Januar 2011 zu einem monatlichen Kostenbeitrag i. H. v. Euro 340,- herangezogen. Zur Begründung der Neuberechnung des Kostenbeitrags wurde u. a. angeführt, dass dem Kläger rückwirkend zum 1. Januar 2011 die Kindergeldberechtigung zuerkannt worden sei.

2. Mit Änderungsbescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2013 - dem Kläger zugestellt mittels Postzustellungsurkunde am 2. Januar 2014 - wurde der Kläger sodann hinsichtlich der für den Sohn gewährten Jugendhilfeleistungen ab 1. Januar 2014 bis auf weiteres zu einem monatlichen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes i. H. v. Euro 184,- herangezogen.

Zur Begründung wurde u. a. angeführt, dass gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. nunmehr der Elternteil, der für das betreute Kind Kindergeld bezieht, unabhängig vom sonstigen Einkommen einen separaten Kostenbeitrag in Höhe des auf das Kind entfallenen Kindergeldes zu zahlen habe.

In einem dem Bescheid beigefügten Begleitschreiben ebenfalls vom 30. Dezember 2013 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sich mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetzes (KJVVG) das Kostenbeitragsrecht geändert habe. Insbesondere habe nunmehr nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. der Elternteil, der für das betreute Kind Kindergeld bezieht, unabhängig vom sonstigen Einkommen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) einen separaten Kostenbeitrag in Höhe des auf das Kind entfallenen Kindergeldes zu zahlen. Daher sei ein neuer Leistungsbescheid in Höhe des Kindergeldes beigefügt. Es werde überprüft, ob der Kläger unabhängig davon ab 1. Januar 2014 aus seinem sonstigen Einkommen zur Zahlung eines Kostenbeitrags herangezogen werde. Insoweit wurde der Kläger zur Berechnung des monatlichen Durchschnittseinkommens um Vorlage von Einkommensnachweisen bis spätestens 31. Januar 2014 gebeten. Da die Neuberechnung sämtlicher Kostenbeiträge eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werde, wurde der Kläger zudem gebeten, zwischenzeitlich weiter den Kostenbeitrag in der bisherigen Höhe an die Beklagte zu überweisen, damit keine Zahlungsrückstände entstehen. Etwaige Überzahlungen würden nach der Neuberechnung zurückerstattet.

Gegen den Bescheid der Beklagten legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Januar 2014 Widerspruch ein und rügte u. a., dass unklar sei, ob er nunmehr monatlich Euro 184,- zusätzlich zum bisherigen Kostenbeitrag i. H. v. Euro 340,- oder anstatt des bisherigen Betrags zu zahlen habe.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Bevollmächtigten des Klägers mit, dass aufgrund von Gesetzesänderungen ab dem 1. Januar 2014 nunmehr ein separater Kostenbeitrag in Höhe des erhaltenen Kindergeldes zu leisten sei. Der Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2013 stelle daher einen gesonderten Kostenbeitragsbescheid „nur für das Kindergeld“ dar, das in jedem Fall als Kostenbeitrag zu leisten sei. Neben diesem kindergeldbezogenen „Mindestkostenbeitrag“ sei ein weiterer einkommensabhängiger Kostenbeitrag zu prüfen, daher sei der Kläger um Vorlage der Einkommensnachweise gebeten worden. Es wurde dem Kläger nunmehr empfohlen, zunächst nur das Kindergeld aus dem Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2013 i. H. v. Euro 184,- als monatlichen Kostenbeitrag zu überweisen und hinsichtlich eines etwaigen weiteren einkommensabhängigen Kostenbeitrags baldmöglichst - spätestens bis zum 30. April 2014 - die Einkommensnachweise bzw. einen Aktualisierungsantrag vorzulegen. Sodann würden über das Kindergeld hinaus geleistete Überzahlungen ggf. verrechnet bzw. zurücküberwiesen. Abschließend wurde um Mitteilung gebeten, ob sich der Widerspruch damit erledigt habe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. März 2014 teilte der Kläger mit, dass der Widerspruch und seine inhaltliche Begründung aufrechterhalten würden. Der Kläger sei jedoch zu einer Widerspruchsrücknahme bereit, soweit die Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Klägers - insbesondere die angefallenen Anwaltskosten (Euro 170,-) - übernehme.

Mit Schreiben vom 31. März 2014 lehnte die Beklagte die vom Kläger geforderte Kostenübernahme ab und verwies auf ihr Schreiben vom 12. Februar 2014. Der Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2013 sei erforderlich gewesen, da bezogenes Kindergeld ab dem 1. Januar 2014 einkommensunabhängig als Kostenbeitrag zu leisten sei. Ein etwaiger weiterer einkommensabhängiger Kostenbeitrag sei behördlich zusätzlich zu prüfen. Daher sei der Kläger um Vorlage der zur Kostenbeitragsberechnung erforderlichen Einkommensnachweise gebeten worden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juli 2014 hielt der Kläger seinen Widerspruch ausdrücklich aufrecht. Daraufhin legte die Beklagte mit Schreiben vom 13. August 2014 den Vorgang der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.

Der Widerspruch des Klägers wurde schließlich mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 4. Februar 2015 - dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 10. Februar 2015 - zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 30. Dezember 2013 ausweislich des behördlichen Begleitschreibens allein die monatliche Leistung des kindergeldbezogenen Kostenbeitrags ab 1. Januar 2014 regele; eine Regelung über die Zahlung eines weiteren monatlichen Kostenbeitrags i. H. v. Euro 340,- sei hingegen nicht enthalten.

3. Hiergegen hat der Kläger am 10. März 2015 Klage erhoben. Beantragt ist,

den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 4. Februar 2015 aufzuheben sowie

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2013 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten. Der Bescheid sei entgegen § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Der Kläger habe bislang aufgrund des bestandskräftigen Bescheids vom 28. September 2012 einen monatlichen Kostenbeitrag i. H. v. Euro 340,- geleistet; dies tue er - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - bis zu einer rechtlichen Klärung auch weiterhin. Ausweislich der Gründe des Änderungsbescheids vom 30. Dezember 2013 solle der Kläger jedoch nunmehr ab 1. Januar 2014 zusätzlich zum bisherigen monatlichen Kostenbeitrag von Euro 340,- auch den monatlichen Kindergeldbetrag von Euro 184,- als Kostenbeitrag an die Beklagte leisten. Klarstellende Hinweise, die zu einer anderen Auslegung - etwa dahingehend, dass das Kindergeld i. H. v. Euro 184,- auf den bisherigen Kostenbeitrag i. H. v. Euro 340 anzurechnen sei - Anlass geben könnten, fänden sich im Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2013 nicht. Die Bezeichnung als „Änderungsbescheid“ beziehe sich insoweit allein auf die Änderungen im Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetz, hieraus könne nicht geschlossen werden, dass der Kostenbeitrag insgesamt neu festgesetzt worden sei. Die genannte behördliche Vorgehensweise widerspreche letztlich § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F., der lediglich einen Minimalkostenbeitrag der Eltern in Höhe des Kindergelds festlege. Zudem sei in der bisherigen Kostenbeitragsberechnung i. H. v. Euro 340,- das erhaltene Kindergeld bereits berücksichtigt gewesen. Ferner habe sich der Sohn des Klägers im August 2014 nicht in der Jugendhilfeeinrichtung, sondern zu Hause befunden, so dass jedenfalls insoweit eine Kostenbeitragserhebung rechtswidrig sei.

4. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der gegenständliche Bescheid vom 30. Dezember 2013 sei rechtmäßig. Er trage § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. Rechnung, nach dem Kindergeld beziehende Elternteile „unabhängig von einer Heranziehung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII“ einen Kostenbeitrag jedenfalls in Höhe des Kindergelds zu zahlen hätten. Zwar sei die Überschrift „Änderungsbescheid“ in der Tat ungünstig gewählt; in der Sache sei jedoch unmissverständlich gewesen, dass der Bescheid vom 30. Dezember 2013 nur die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds ab 1. Januar 2014 regele. Der weitere einkommensabhängige Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sei hingegen im Bescheid vom 28. September 2012 auf monatlich Euro 340,- festgesetzt worden; dieser Bescheid gelte aktuell fort. Er sei zum 1. Januar 2014 - und letztlich bis heute - nicht geändert worden, da die für die Neuberechnung des Kostenbeitrags erforderlichen vollständigen Einkommensnachweise des Klägers fehlen würden und der Kläger einen Antrag auf Aktualisierung nach § 93 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII gestellt habe. Dies alles ergebe sich auch aus dem behördlichen Begleitschreiben zum Bescheid vom 30. Dezember 2013. Auch hinsichtlich des Monats August 2014, in dem sich der Sohn des Klägers nicht in der Jugendhilfeeinrichtung, sondern zu Hause befunden hat, sei eine Kostenbeitragserhebung rechtmäßig, da es sich lediglich um eine Unterbrechung der Maßnahme anlässlich eines Heimwechsels gehandelt habe; insoweit sei gesetzlich vorgesehen, dass der Kostenbeitrag ggf. nachträglich zurückerstattet werden könne.

5. Mit Beschluss des Gerichts vom 3. September 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

6. Die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 4. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsbescheids im Rahmen der hier erhobenen Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der Erlass des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 - 12 C 12.1627 - juris Rn. 3 f.; VG Augsburg, U. v. 8.7.2013 - Au 3 K 13.1597 - juris Rn. 17).

a) Gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 6 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werden Kostenbeiträge erhoben für vollstationäre Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII). Nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII sind aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 SGB VIII Elternteile zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt gemäß § 92 Abs. 2 SGB VIII durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen. Ein Kostenbeitrag kann nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden, § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII. Von der Heranziehung soll gemäß § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe.

Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII i. d. F. des zum 3. Dezember 2013 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetzes - KJVVG - vom 29. August 2013 (BGBl 2013 I S. 3464) unabhängig von einer Heranziehung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII und nach Maßgabe des § 94 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB VIII einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen.

Wie bisher soll bei vollstationären Leistungen das Kindergeld bei der Kostenbeitragsheranziehung eingezogen werden. Bisher wurde in Höhe des Kindergelds ein Mindestbeitrag erhoben. Diese Regelung führte zu einer ungerechtfertigten ungleichen Belastung der kostenbeitragspflichtigen Elternteile. Der Elternteil, der kein Kindergeld bezogen hat, musste den Kostenbeitrag in voller Höhe aus seinem Einkommen bestreiten. Der Elternteil, der das Kindergeld bezogen hat, konnte das Kindergeld zur Erfüllung des Kostenbeitrags verwenden. Nur die verbliebene Differenz zwischen Kindergeld und Kostenbeitrag musste er aus seinem Einkommen bestreiten. Kindergeldbezieher waren somit gegenüber den Nichtkindergeldbeziehern privilegiert, da sie aus ihrem Einkommen insgesamt weniger bezahlen mussten. Mit der neuen Regelung soll der Kostenbeitrag in Höhe des Kindesgeldes neben dem Kostenbeitrag aus Einkommen erhoben werden. Der Kostenbeitrag aus Einkommen wird entsprechend verringert. Dadurch ist der Kostenbeitrag aus Einkommen für jeden Elternteil gleich. Zusätzlich kommt es zu einer Verwaltungsvereinfachung, da sich unabhängig von dem Kindergeld der Kostenbeitrag unmittelbar aus der Tabelle im Anhang zur Kostenbeitragsverordnung ergibt. Wie nach bisheriger Rechtslage soll die Möglichkeit bestehen, das Kindergeld als Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) geltend zu machen, wenn der Elternteil den Kostenbeitrag nicht zahlt. Da mit der Änderung des § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII insgesamt zwei Kostenbeiträge erhoben werden können, muss sich die Möglichkeit, einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, auf den Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes beziehen (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung zu § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F., BT-Drs. 17/13023 v. 10.4.2013, S. 15; Hervorhebung nicht im Original).

Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. neben einem Kostenbeitrag aus dem Einkommen ein zusätzlicher Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds erhoben werden soll, weshalb nunmehr gemäß § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII n. F. das Kindergeld bei der Einkommensberechnung im Rahmen des Kostenbeitrags nach § 94 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII unberücksichtigt bleibt (BayVGH, B. v. 22.5.2014 - 12 ZB 12.2509 - juris Rn. 47).

b) Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist der gegenständliche Bescheid vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Mit dem Bescheid vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 wird dem Kläger in Vollzug von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. allein aufgegeben, dass er ab dem 1. Januar 2014 einen monatlichen kindergeldbezogenen Kostenbeitrag in Höhe des von ihm bezogenen Kindergelds von Euro 184,- zu leisten hat. Eine weitere Regelung i. S.v. § 31 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) zum hiervon rechtlich unabhängig zu sehenden einkommensabhängigen Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthält der Bescheid hingegen nicht.

Ein Bescheid ist an den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) orientiert auszulegen. Dabei ist der objektive Erklärungswert der Behördenregelung zu ermitteln, wie er sich aus der Sicht des Adressaten verständigerweise ergibt. Abzustellen ist dabei darauf, ob aus dem Gesamtinhalt des Bescheids und aus dem Gesamtzusammenhang, vor allem auch aus der von der Behörde gegebenen Begründung der Regelung sowie aus den den Beteiligten bekannten näheren Begleitumständen des Falls hinreichende Klarheit gewonnen werden kann. Unklarheiten gehen zulasten der Verwaltung (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 5.11.2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 - juris Rn. 21; U. v. 3.3.2005 - 2 C 13/04 - NVwZ-RR 2005, 591 - juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 1.7.2014 - 20 ZB 14.590 - juris Rn. 7; B. v. 6.5.2014 - 20 CS 14.791 - juris Rn. 3; B. v. 13.8.2009 - 22 ZB 07.1835 - juris Rn. 7).

Bei erfolgter Durchführung eines Vorfahrens ist zudem im Rahmen der Auslegung eines Bescheids zu bedenken, dass Gegenstand der Anfechtungsklage gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Hieraus folgt, dass der Widerspruchsbescheid in die Auslegung des Ausgangsbescheids einzubeziehen ist (vgl. NdsOVG, U. v. 27.6.2012 - 10 LB 27/10 - juris Rn. 116 f.; VG Karlsruhe v. 26.4.2007 - 5 K 2087/06 - juris Rn. 47 f.).

Hiervon ausgehend ergibt vorliegend eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB analog, dass der gegenständliche Bescheid vom30. Dezember 2013 (Blatt 4 f. der Verwaltungsakte) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 (Blatt 36 f. der Verwaltungsakte) allein eine Festsetzung des kindergeldbezogenen Kostenbeitrags aus § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ab 1. Januar 2014 regelt.

Zwar ist die dem Tenor des Bescheids vom 30. Dezember 2013 (Blatt 4 der Verwaltungsakte) vorangestellte Passage „Aufgrund der Änderungen des Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetzes (KJVVG) ergeht folgender Änderungsbescheid:“ für die Auslegung des Bescheids - für sich genommen - neutral, da hier letztlich unklar bleibt, ob damit lediglich die geänderte Heranziehung des Klägers zu einem gesonderten Kostenbeitrag in Kindergeldhöhe nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. gemeint ist oder aber auf eine Änderung der Kostenbeitragsheranziehung des Klägers insgesamt - ggf. unter Abänderung des bisherigen Kostenbeitragsbescheids vom 28. September 2012 - Bezug genommen werden soll. Im nachfolgenden Tenor des Bescheids vom 30. Dezember 2013 (Blatt 4 der Verwaltungsakte) ist hingegen sodann ausdrücklich angegeben, dass Gegenstand die Festsetzung eines Kostenbeitrags „in Höhe des gesetzlichen Kindergeldes“ ist. In den Gründen des Bescheids (Blatt 4 der Verwaltungsakte - Rückseite) ist sodann ausgeführt, dass gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. nunmehr der Elternteil, der für das betreute Kind Kindergeld bezieht, unabhängig vom sonstigen Einkommen einen separaten Kostenbeitrag in Höhe des auf das Kind entfallenen Kindergeldes zu zahlen habe (Hervorhebung nicht im Original).

Die alleinige Regelung des kindergeldbezogenen Kostenbeitrags wird überdies durch das ebenfalls bei der Bescheidsauslegung zu berücksichtigende behördliche Begleitschreiben vom 30. Dezember 2013 (Blatt 6 f. der Verwaltungsakte) deutlich. In diesem wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sich mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfeverwaltungsvereinfachungsgesetzes (KJVVG) das Kostenbeitragsrecht geändert habe. Insbesondere habe nunmehr nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. der Elternteil, der für das betreute Kind Kindergeld bezieht, unabhängig vom sonstigen Einkommen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) „einen separaten Kostenbeitrag in Höhe des auf das Kind entfallenen Kindergeldes zu zahlen“ (Hervorhebung nicht im Original). Daher sei anbei ein neuer Leistungsbescheid in Höhe des Kindergeldes beigefügt. Es werde nun überprüft, ob der Kläger „unabhängig davon“ ab 1. Januar 2014 aus seinem sonstigen Einkommen zur Zahlung eines Kostenbeitrags herangezogen werde (Hervorhebung nicht im Original). Insoweit wurde der Kläger zur Berechnung seines monatlichen Durchschnittseinkommens um Vorlage von Einkommensnachweisen bis spätestens 31. Januar 2014 gebeten. Da die Neuberechnung sämtlicher Kostenbeiträge eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werde, wurde der Kläger gebeten, zwischenzeitlich den Kostenbeitrag in der bisherigen Höhe weiter an die Beklagte zu überweisen, damit keine Zahlungsrückstände entstehen (Hervorhebung nicht im Original). Etwaige Überzahlungen würden nach der Neuberechnung zurückerstattet.

Aus dem behördlichen Begleitschreiben zum Bescheid vom 30. Dezember 2013 war somit nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont ersichtlich, dass ab dem 1. Januar 2014 gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n. F. ein gesonderter („separater“) Kostenbeitrag in Höhe des bezogenen Kindergelds zu leisten ist, der rechtlich selbstständig („unabhängig davon“) neben einem etwaigen einkommensabhängigen weiteren Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII steht, der anhand aktueller Einkommensnachweise des Klägers noch neu zu berechnen war. Die Beklagte wies insoweit im Zusammenhang mit § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung anbei einen neuen Leistungsbescheid „in Höhe des Kindergeldes“ erhalte. Die behördliche Bezugnahme auf die Fortzahlung des bisherigen Kostenbeitrags im letzten Absatz des Begleitschreibens stellte hingegen einen bloßen unverbindlichen Hinweis bzw. eine bloße Anregung hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten während der Neuberechnungsphase dar („Zwischenzeitlich bitten wir Sie, weiterhin Ihren Kostenbeitrag in der bisherigen Höhe an das Stadtjugendamt … zu überweisen, damit keine Zahlungsrückstände entstehen“; Hervorhebung nicht im Original); wie aus dem Wort „bitten“ ersichtlich, war hiermit kein auf den einkommensabhängigen Kostenbeitrag gerichteter Regelungscharakter i. S. v. § 31 Satz 1 SGB X verbunden. Hierfür spricht auch nachdrücklich, dass sich die entsprechende Passage nicht im Bescheid vom 30. Dezember 2013 selbst, sondern lediglich im erläuternden Begleitschreiben hierzu befindet.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Erklärungen bzw. Ereignisse nach Bescheiderlass grundsätzlich für die Auslegung eines Bescheids nicht von Bedeutung sind; die Bezugnahme der Klägerseite auf das Schreiben der Beklagten vom 12. Februar 2014 (Blatt 13 der Verwaltungsakte) geht daher von vornherein ins Leere. Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch klargestellt, dass der klägerseitig als unklar bzw. widersprüchlich angeführte Satz („Vielleicht hatten wir uns hier nicht deutlich genug ausgedrückt. Wir meinten natürlich nur die 340,00 Euro und nicht das Kindergeld zusätzlich zu den 340,00 Euro.“) allein im Zusammenhang mit den textlich unmittelbar zuvor nochmals thematisierten Zahlungsmodalitäten während der Neuberechnungsphase stehen dürfte. So verstanden dürfte der Satz lediglich nochmals klarstellen, dass hinsichtlich des einkommensbezogenen Kostenbeitrags angeregt worden ist, ab 1. Januar 2014 zunächst die bisherigen Euro 340,- (und nicht noch zusätzlich Euro 184,- Kindergeld) monatlich weiterzuzahlen.

Selbst wenn man mit der Klägerseite die Auffassung vertreten würde, dass der Bescheid vom 30. Dezember 2013 nebst Begleitschreiben in seinem Regelungsgehalt nicht hinreichend klar gewesen sei, so wäre eine solche Unklarheit jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2015 - der wie ausgeführt bei der Auslegung zu berücksichtigen ist, vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO - endgültig beseitigt worden. Aus den Gründen des Widerspruchsbescheids (Blatt 36 der Verwaltungsakte - Rückseite) geht ausdrücklich hervor, dass mit dem gegenständlichen Bescheid vom 30. Dezember 2013 (nur) die Regelung getroffen werden sollte, dass der Kläger ab 1. Januar 2014 einen „Kostenbeitrag aus Kindergeld i. H. v. Euro 184,- monatlich“ zu entrichten hat. Es wurde ferner klargestellt, dass weder der Bescheid noch das behördliche Begleitschreiben eine Formulierung enthalten, dass zusätzlich „ein weiterer Kostenbeitrag i. H. v. Euro 340,- geltend gemacht werden soll“.

bb) Der nach richtiger Auslegung somit allein auf den kindergeldbezogenen Kostenbeitrag gerichtete Bescheid vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 ist auch rechtmäßig. Er findet seine Rechtsgrundlage ohne weiteres in § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Hiernach hat - wie ausgeführt - ein Kindergeld beziehender Elternteil unabhängig von einer Heranziehung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII und nach Maßgabe des § 94 Abs. 1 Satz 3 und 4 SG VIII einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen, soweit - wie hier - Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses für einen jungen Menschen erbracht werden.

Das grundsätzliche Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aus § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist - soweit ersichtlich - zwischen den Beteiligten ohnehin unstrittig; insbesondere bestreitet der Kläger nicht einen Kindergeldbezug.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass auch der Umstand, dass sich der Sohn des Klägers - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - im August 2014 nicht in der stationären Betreuung, sondern im Zuge eines Heimwechsels vorübergehend zu Hause befunden hat (vgl. Schreiben des Klägerbevollmächtigten v. 16.7.2014, Blatt 25 f. der Verwaltungsakte), einer rechtmäßigen Kostenbeitragserhebung nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII in diesem Monat nicht entgegensteht. Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist zwar gemäß § 94 Abs. 4 SGB VIII die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen. Die Anrechnung etwaiger durch den Kläger im August 2014 erbrachten tatsächlichen Betreuungsleistungen i. S.v. § 94 Abs. 4 SGB VIII ist jedoch eine Frage der rechnerischen Abwicklung und berührt die grundsätzliche Pflicht zur Leistung eines Kostenbeitrags in der jeweils festgesetzten Höhe nicht (vgl. VG Augsburg, U. v. 9.12.2014 - Au 3 K 14.1269 - juris Rn. 75; U. v. 26.5.2009 - Au 3 K 08.65 - juris Rn. 84).

cc) Der Bescheid vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt.

Ein sozialrechtlicher Verwaltungsakt muss gemäß § 33 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

§ 33 Abs. 1 SGB X setzt im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit voraus, dass der Adressat des Verwaltungsakts eindeutig erkennen kann, was die Behörde regeln will (so auch Pickel in: Pickel/Marschner, SGB X, Stand: Dezember 2008, § 33 Rn. 4). Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich dabei nach den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, U. v. 18.4.1987 - 8 C 43/95 - NVwZ 1999, 178/181; Littmann in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: Februar 2008, § 33 Rn. 3 m. w. N.). Ob ein angefochtener Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), diesen notwendigen Inhalt mit hinreichender Bestimmtheit bezeichnet, ist ggf. durch Auslegung seines verfügenden Teils in Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne Weiteres erkennbaren Umständen festzustellen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des angefochtenen Bescheids unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. BVerwG, U. v. 18.4.1987 - 8 C 43/95 - NVwZ 1999, 178/181; siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 18.12.2008 - 12 B 06.1796 - juris Rn. 22 f.).

Letztlich gelten somit nach der Rechtsprechung für die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit i. S. v. § 33 Abs. 1 SGB X bzw. des wortgleichen Art. 37 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) im Kern die gleichen Anforderungen wie für die Auslegung von Bescheiden (vgl. BayVGH, B. v. 13.8.2009 - 22 ZB 07.1835 - juris Rn. 7). Daher folgt aus dem Umstand, dass sich der Inhalt des gegenständlichen Bescheids vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 durch Auslegung hinreichend sicher ermitteln lässt (siehe hierzu oben unter Ziffer 1.b.aa), zugleich, dass der Bescheid auch inhaltlich hinreichend bestimmt i. S.v. § 33 Abs. 1 SGB X ist.

dd) Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass der offenbar mangels Aufhebung fortgeltende Dauerverwaltungsakt vom 28. September 2012 (Blatt 1 f. der Verwaltungsakte) über eine Kostenbeitragspflicht des Klägers i. H. v. Euro 340,- monatlich vorliegend nicht klagegegenständlich ist. Denn die Klage richtet sich ausweislich der Antragstellung der Klägerseite ausschließlich gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015, dessen Regelung jedoch - wie ausgeführt - auf den kindergeldbezogenen Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ab 1. Januar 2014 beschränkt ist. Auch aus Sicht des Gerichts spricht jedoch einiges dafür, dass der Bescheid vom 28. September 2012 jedenfalls aus Gründen der Rechtsklarheit durch die Beklagte rückwirkend zum 31. Dezember 2013 aufgehoben und gleichzeitig eine - ggf. vorläufige - Neufestsetzung des einkommensbezogenen Kostenbeitrags aus § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ab dem 1. Dezember 2014 vorgenommen werden sollte (vgl. hierzu bereits das Begleitschreiben der Regierung von Schwaben zum Widerspruchsbescheid v. 4.2.2015, Blatt 35 der Verwaltungsakte). Hierfür spricht auch, dass nach neuer Rechtslage beim einkommensabhängigen Kostenbeitrag gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII nunmehr grundsätzlich das durchschnittliche Monatseinkommen maßgeblich ist, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht.

c) Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert wird auf Euro 2.208,- festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 33 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) i. V. m. § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der festgesetzte Betrag entspricht dem Jahresbetrag des vorliegend allein gegenständlichen kindergeldbezogenen Kostenbeitrags aus § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (Euro 184,- x 12 Monate  Euro 2.208,-).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Okt. 2015 - Au 3 K 15.341

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

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(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

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(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden. (2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an da

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(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie a

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(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der i

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(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten. (2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternt

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(1) Zu folgenden vollstationären Leistungen und vorläufigen Maßnahmen werden Kostenbeiträge erhoben: 1. der Unterkunft junger Menschen in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),2. der Betreuung von Müttern oder Vätern und Kinder

Soldatengesetz - SG | § 94 Übergangsvorschrift aus Anlass des Änderungsgesetzes vom 24. Februar 1983 (BGBl. I S. 179)


Auf Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die vor dem 2. März 1983 ein Studium oder eine Fachausbildung im Rahmen ihrer militärischen Ausbildung abgeschlossen haben, sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zu folgenden vollstationären Leistungen und vorläufigen Maßnahmen werden Kostenbeiträge erhoben:

1.
der Unterkunft junger Menschen in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
2.
der Betreuung von Müttern oder Vätern und Kindern in gemeinsamen Wohnformen (§ 19),
3.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen (§ 20),
4.
der Unterstützung bei notwendiger Unterbringung junger Menschen zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21),
5.
der Hilfe zur Erziehung
a)
in Vollzeitpflege (§ 33),
b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34),
c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb des Elternhauses erfolgt,
d)
auf der Grundlage von § 27 in stationärer Form,
6.
der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4),
7.
der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
8.
der Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 5 und 6 genannten Leistungen entspricht (§ 41).

(2) Zu folgenden teilstationären Leistungen werden Kostenbeiträge erhoben:

1.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen nach § 20,
2.
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 und anderen teilstationären Leistungen nach § 27,
3.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Tageseinrichtungen und anderen teilstationären Einrichtungen nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 und
4.
Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 2 und 3 genannten Leistungen entspricht (§ 41).

(3) Die Kosten umfassen auch die Aufwendungen für den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe.

(4) Verwaltungskosten bleiben außer Betracht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen die Kosten der in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen unabhängig von der Erhebung eines Kostenbeitrags.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,
2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen,
4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.

(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.

(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zu folgenden vollstationären Leistungen und vorläufigen Maßnahmen werden Kostenbeiträge erhoben:

1.
der Unterkunft junger Menschen in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
2.
der Betreuung von Müttern oder Vätern und Kindern in gemeinsamen Wohnformen (§ 19),
3.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen (§ 20),
4.
der Unterstützung bei notwendiger Unterbringung junger Menschen zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21),
5.
der Hilfe zur Erziehung
a)
in Vollzeitpflege (§ 33),
b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34),
c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb des Elternhauses erfolgt,
d)
auf der Grundlage von § 27 in stationärer Form,
6.
der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4),
7.
der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42),
8.
der Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 5 und 6 genannten Leistungen entspricht (§ 41).

(2) Zu folgenden teilstationären Leistungen werden Kostenbeiträge erhoben:

1.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen nach § 20,
2.
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 und anderen teilstationären Leistungen nach § 27,
3.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Tageseinrichtungen und anderen teilstationären Einrichtungen nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 und
4.
Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 2 und 3 genannten Leistungen entspricht (§ 41).

(3) Die Kosten umfassen auch die Aufwendungen für den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe.

(4) Verwaltungskosten bleiben außer Betracht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen die Kosten der in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen unabhängig von der Erhebung eines Kostenbeitrags.

(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,
2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen,
4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.

(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.

(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.

(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds.

Die Beklagte leistete ihrem 1993 geborenen Sohn zunächst 2009 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach § 33 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Bereits für diese Maßnahme wurde sie zu einem Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr bezogenen Kindergelds herangezogen. In der Folge bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 2010 für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 26. Februar 2011 für ihren Sohn erneut Jugendhilfe in Form der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII durch die Einrichtung V. N. in I. (Tagessatz in Höhe von 152,35 Euro zuzüglich eines monatlichen Taschengelds in Höhe von 61,70 Euro). Nachdem das Jugendamt die irrtümliche Einordnung dieser Maßnahme als intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung erkannt hatte, hob es den ursprünglichen Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 7. März 2011 auf und gewährte stattdessen für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 26. Februar 2011 Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung nach § 34 SGB VIII durch V. N. in I. (Tagessatz in Höhe von 154,74 Euro zuzüglich eines monatlichen Taschengelds in Höhe von 61,70 Euro). Die Bewilligungsbescheide wurden jeweils bestandskräftig.

Für die genannte Jugendhilfemaßnahme erhob die Beklagte bei der Klägerin und ihrem Ehemann Kostenbeiträge. Bereits während des der Heimunterbringung vorausgehenden Aufenthalts ihres Sohnes in der H. Klinik wies dabei eine Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin auf die Kostenbeitragspflicht für künftige Jugendhilfemaßnahmen hin. Mit Schreiben vom 27. September 2010, zugestellt am 30. September 2010, teilte sie der Klägerin die Leistungsgewährung mit, wies auf die Kostenbeitragspflicht hin und bat um eine Einkommensauskunft. Zugleich erfolgte ein Hinweis betreffend die Folgen der Kostenbeitragserhebung für die Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber dem Hilfeempfänger. In der Folge verpflichtete die Beklagte mit dem nunmehr streitgegenständlichem Bescheid vom 17. März 2011 die Klägerin zur Leistung eines Kostenbeitrags für die gewährte Jugendhilfemaßnahme in Höhe von 61,33 Euro für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 30. Juni 2010, von 184,- Euro im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2010 und dem 31. Januar 2011 und von 159,47 Euro für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis einschließlich 26. Februar 2011. Das nach § 93 SGB VIII ermittelte bereinigte Einkommen der Klägerin habe zu negativen monatlichen Einkünften geführt. In einem derartigen Fall sehe der Gesetzgeber, sofern der Kostenbeitragspflichtige Kindergeld beziehe, die Zahlung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds vor. Ab dem 1. Januar 2010 habe die Klägerin für ihren Sohn monatliches Kindergeld in Höhe von 184,- Euro bezogen, was zur Festsetzung des entsprechenden Kostenbeitrags führe. Eine Reduzierung sei nicht möglich. Gründe für die Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 SGB VIII seien weder nachgewiesen noch nach den Angaben der Klägerin und den Feststellungen der Beklagten ersichtlich.

Der gegen diesen Kostenbescheid erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Mai 2012 insoweit statt, als die Klägerin für den Zeitraum zwischen dem 21. Juni 2010 und dem 30. September 2010 zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen worden war. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Die gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII erforderliche Mitteilung der Leistungsgewährung sei gegenüber der Klägerin nachweisbar erst mit dem Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 am 30. September 2010 erfolgt, so dass für den davor liegenden Zeitraum kein Kostenbeitrag mehr erhoben werden könne. Als unschädlich erweise es sich, dass die Beklagte in dem Hinweisschreiben an die Klägerin bei der Leistungsgewähr von einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Sinne von § 35 SGB VIII anstelle der später mit Bescheid vom 7. März 2011 bewilligten Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung nach § 34 SGB VIII ausgegangen sei. Denn Sinn und Zweck der Mitteilung über die Leistungsgewähr seien auch dann erfüllt, wenn die konkrete Jugendhilfeleistung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt werde, es sich aber um ein und dieselbe stationäre Hilfemaßnahme handle, bei der Beginn, Dauer und Höhe der Leistung identisch seien.

Im Übrigen erweise sich der streitbefangene Kostenbeitragsbescheid als formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte habe ihn gemäß § 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausreichend begründet. Im Rahmen der Begründung sei der Verweis auf die Rechtsgrundlage der Kostenbeitragserhebung zwar in der Regel angezeigt, wobei jedoch im Einzelfall auch der allgemeine Hinweis auf die §§ 91 ff. SGB VIII genügen könne, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Klägerin aus der Vergangenheit die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Mindestkostenbeitrags für Jugendhilfemaßnahmen bereits bekannt gewesen sei.

Ferner erweise sich der streitbefangene Bescheid auch als im Sinne von § 33 SGB X hinreichend bestimmt. So führe er in der Bescheidformel insbesondere die Höhe der Leistungsverpflichtung der Klägerin exakt auf. Der Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung lasse sich aus den Hinweisen am Ende des Bescheids ermitteln, in denen auf das Ergehen einer gesonderten Zahlungsmitteilung verwiesen werde.

Nach § 92 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VIII würden ferner Elternteile zu einem Kostenbeitrag getrennt herangezogen. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber eine zuvor bestehende Privilegierung zusammen lebender Eltern in Bezug auf die Kostenbeitragspflicht beseitigt. Ob die Klägerin im vorliegend maßgeblichen Zeitraum Einkünfte bezogen hat, bedürfe keiner Klärung, da sie nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 7 Abs. 1 der Kostenbeitragsverordnung jedenfalls zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr für den Hilfeempfänger bezogenen Kindergelds herangezogen werden könne. Da im Rahmen einer stationären Jugendhilfeleistung nach § 39 SGB VIII auch der notwendige Unterhalt des jungen Menschen sichergestellt werde, würden die Eltern entsprechend entlastet. Diese Entlastung werde nach dem Willen des Gesetzgebers unmittelbar beim kindergeldberechtigten Elternteil abgeschöpft.

Die Festsetzung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag begründe nach § 92 Abs. 5 SGB VIII für die Klägerin auch keine besondere Härte. § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII sei gegenüber § 92 Abs. 5 SGB VIII lex specialis. Für den Vorrang spreche zum einen der strikte Wortlaut von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII wie auch die Systematik des Gesetzes. Ein Vorrang des Mindestkostenbeitrags vor der Härtefallklausel ergebe sich auch aus den Regelungen der Kostenbeitragsverordnung. Gestützt werde diese Auffassung ferner durch die Gesetzgebungsmaterialien. Die Annahme eines Vorrangs von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII entspreche dem Zweck des Kindergelds, wie er in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung des sog. Geschwisterkindergelds bei der Einkommensermittlung nach § 93 Abs. 1 SGB VIII zum Ausdruck komme (BVerwG, U. v. 12.5.2011 - 5 C 10.10). Demnach handele es sich beim Kindergeld um eine zwar den Eltern zufließende, jedoch für das jeweilige Kind bestimmte Leistung. Ihm stehe es wirtschaftlich zu; es solle seinen Bedarf decken. Decke dagegen ein Jugendhilfeträger durch eine Jugendhilfemaßnahme den notwendigen Unterhalt des jungen Menschen, müsse das Kindergeld ihm zufließen.

Diese Auslegung von § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII widerspreche auch nicht § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wonach die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nur in angemessenem Umfang erfolgen dürfe. Eine Heranziehung in angemessenem Umfang bedeute, dass bei der Erhebung des Kostenbeitrags die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Kostenbeitragspflichtigen als Grund und Grenze der Heranziehung zu berücksichtigen sei. Dem Beitragspflichtigen müsse zumindest der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleiben, um Wertungswidersprüche zwischen Unterhalts- und Kostenbeitragsrecht zu vermeiden. Unterhaltsrechtlich stehe indes Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB dem Kind zu und sei zur Deckung seines Bedarfs bestimmt, nicht hingegen des Bedarfs der Eltern. Es diene der Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Die Forderung des Einsatzes des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag eines Elternteils könne daher nicht dazu führen, dass der Elternteil mehr als angemessen im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII belastet werde.

Schließlich liege im Vorrang der Heranziehung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag vor einem Absehen von einem Kostenbeitrag wegen besonderer Härte auch kein Wertungswiderspruch zum Sozialhilferecht. Denn auch sozialhilferechtlich sei das Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bzw. § 82 Abs. 1 Satz 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als ein der Deckung des Bedarfs des jungen Menschen dienendes Einkommen anzusehen, jedenfalls dann, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil und das Kind derselben Bedarfsgemeinschaft angehörten. Die Pflicht zur Zahlung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag könne daher, selbst wenn der kostenbeitragspflichtige Elternteil durch eine Leistung des Kostenbeitrags sozialhilfebedürftig würde, nicht zur Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII führen.

Das Kindergeld als Mindestkostenbeitrag gebühre der Beklagten indes nur insoweit, als der Sohn der Klägerin auch tatsächlich in einer Jugendhilfeeinrichtung betreut und sein Unterhalt nach § 39 SGB VIII sichergestellt werde. Soweit er sich daher während des Hilfezeitraums nicht nur zu Umgangskontakten bei der Klägerin aufgehalten habe und von ihr betreut und versorgt worden sei, sei sie nach § 94 Abs. 4 SGB VIII nicht zur Leistung eines Kostenbeitrags verpflichtet. Dies gelte auch im Fall der Erhebung eines Mindestkostenbeitrags. Gegebenenfalls könnten auch Wochenendaufenthalte als über Umgangskontakte hinausgehende Betreuungszeiten im Sinne von § 94 Abs. 4 SGB VIII einzuordnen und damit der Kostenbeitrag anteilig zu reduzieren sein. Mangels Vortrags der Klägerin zu entsprechenden Aufenthalten habe sich hierfür jedoch kein Anlass, auch nicht für weitere Amtsermittlungsmaßnahmen ergeben.

Schließlich sei die Rechtmäßigkeit der Kostenbeitragserhebung von der Rechtmäßigkeit der Jugendhilfemaßnahme jedenfalls dann nicht abhängig, wenn die Klägerin - wie im vorliegenden Fall - von der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Hilfemaßnahme keinen Gebrauch gemacht habe. In einem solchen Fall erscheine die Rüge der Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme im Rahmen der Überprüfung des Kostenbeitragsbescheids rechtsmissbräuchlich.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung der Entscheidung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und einen Verfahrensmangel geltend macht.

Die Beklagte wendet sich gegen die Zulassung der Berufung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet, da die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO entweder nicht hinreichend dargelegt sind oder aber nicht durchgreifen, so dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht bedarf.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts München im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Denn die Klägerin hat weder einen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten so infrage gestellt, dass der Ausgang eines zugelassenen Berufungsverfahrens zumindest ungewiss erschiene.

1.1 Soweit sich die Klägerin zunächst gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, sie sei nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hinreichend über die Leistungsgewährung an ihren Sohn informiert sowie über deren Folgen für ihre Unterhaltspflicht aufgeklärt worden, kann sie mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen.

§ 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII setzt für die Erhebung eines Kostenbeitrags bei den Eltern des Hilfeempfängers voraus, dass dem Kostenbeitragspflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wird. Bei dieser Informations- und Aufklärungspflicht handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung der Kostenbeitragserhebung. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Jugendhilfeträger dieser Pflicht genügt hat, ist die Erhebung eines Kostenbeitrags möglich. Was konkret der Jugendhilfeträger dem Kostenbeitragspflichtigen hinsichtlich der Gewährung der Leistung mitteilen muss und welche Aufklärung er mit Bezug zur Unterhaltspflicht des Kostenbeitragspflichtigen unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 SGB VIII zu leisten hat, ist von der Zielsetzung der Verpflichtung des § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII her zu bestimmen. Diese Norm dient vorrangig dazu, dem Kostenbeitragspflichtigen die Möglichkeit zur Vermögensdisposition im Hinblick auf die drohende Beitragspflicht zu eröffnen und ihn vor finanziellen Fehldispositionen - insbesondere hinsichtlich von ihm zu erbringender Unterhaltsleistungen - zu schützen (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, U. v.11.10.2012 - 5 C 22.11 - BVerwGE 144, 313 Rn. 12 ff.). Daraus folgt nicht nur eine Pflicht des Jugendhilfeträgers zur Mitteilung der Leistungsgewährung und eine Aufklärung über die Folgen für bestehende Unterhaltspflichten, sondern auch die Notwendigkeit eines deutlichen Hinweises auf eine mögliche Kostenbeitragspflicht. Die Mitteilungspflicht nach § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII besteht sowohl gegenüber Eltern, die Bar-, wie auch solchen, die Naturalunterhalt leisten. Dabei hat sich der Umfang der Informationspflicht im Einzelfall entsprechend dem Schutzzweck der Norm an den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten der Kostenbeitragspflichtigen zu orientieren. Leisten Eltern vor Beginn der Jugendhilfemaßnahme Naturalunterhalt, steht bei ihnen, anders als bei der Leistung von Barunterhalt oder dem Bezug von Sozialleistungen, die Information über das zeitliche Einsetzen der Jugendhilfemaßnahme im Mittelpunkt, da Naturalunterhaltspflichtige aus ersparten Aufwendungen Rücklagen bilden können. § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gebietet daher auch nicht, Bar- und Naturalunterhaltspflichtige in gleich intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen rechtlich aufzuklären (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2013 - 12 C 13.1712 - Rn. 7 f.). Vielmehr müssen den Betroffenen in erster Linie die in ihrem Fall für sie relevanten Informationen vermittelt werden, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit dem Entstehen der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Da der naturalunterhaltspflichtige Elternteil in Bezug auf den Unterhaltsanspruch keine besonderen vermögensrechtlichen Dispositionen treffen muss, kann sich bei ihm die unterhaltsrechtliche Aufklärung entsprechend dem Wortlaut des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII darauf beschränken, dass die Jugendhilfeleistung unterhaltsrechtlich entlastende Auswirkungen hat. Besondere Bedeutung erlangt bei ihm dagegen der Hinweis auf das Entstehen der Kostenbeitragspflicht.

Gemessen an diesen Vorgaben hat das Verwaltungsgericht eine § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII genügende Information und Aufklärung der Klägerin spätestens bis zum 30. September 2010 zutreffend bejaht. Hierbei ist zunächst davon auszugehen, dass dem Sohn der Klägerin von der Beklagten bereits im Zeitraum zwischen dem 25. Mai und dem 30. September 2009 Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gewährt worden und die Klägerin mit Bescheid vom 16. November 2009 zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds für die damalige Maßnahme herangezogen worden war. Im Anschluss an die Vollzeitpflege lebte der Sohn der Klägerin wieder bei seinen Eltern, die ihm gegenüber Naturalunterhalt erbracht haben, bis er ab 21. April 2010 in die H.-Klinik eingewiesen wurde. Der Entlassung aus der H.-Klinik am 21. Juni 2010 schloss sich unmittelbar die Jugendhilfemaßnahme bei V.N. in der Nähe von Berlin an.

Über Art, Beginn und Ende der Jugendhilfemaßnahme, deren Kostenbeitragspflicht in Streit steht, war die Klägerin jedenfalls durch den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 22. Juli 2010, spätestens jedoch durch das Hilfeplangespräch vom 30. August 2010 dergestalt in Kenntnis gesetzt, dass sie als bisher gegenüber ihrem Sohn Naturalunterhalt Leistende im Hinblick auf die Kostenbeitragspflicht die erforderlichen Vermögensdispositionen treffen konnte. Am Hilfeplangespräch haben sowohl die Klägerin wie auch eine Vertreterin von V. I., der Einrichtung, in der der Sohn der Klägerin untergebracht war, teilgenommen. Dabei wurde die Entwicklung des Sohns der Klägerin in der Einrichtung besprochen ebenso wie entsprechende Entwicklungsziele festgelegt. Als vorläufiger Endzeitpunkt der Maßnahme wurde auf die Volljährigkeit des Sohns der Klägerin am 27. Februar 2011 abgestellt. Der Beginn der Maßnahme war der Klägerin dadurch bekannt, dass sie ihren Sohn selbst in die Einrichtung gebracht hat. Dass für die Jugendhilfemaßnahme seitens der Klägerin ein Kostenbeitrag zu leisten ist, ergibt sich bereits aus dem Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 (Ziffer 3. des Bescheidtenors), war der Klägerin darüber hinaus bereits aus der vorherigen Jugendhilfemaßnahme bekannt. Ebenfalls weist der Bewilligungsbescheid vom 22. Juli, wie auch später das Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010, darauf hin, dass durch die Jugendhilfemaßnahme der notwendige Unterhalt des Kindes außerhalb des Elternhauses sichergestellt sowie die erforderliche Krankenhilfe geleistet werde, und dass die Deckung des unterhaltsrechtlichen Bedarfs durch die Jugendhilfemaßnahme gegebenenfalls bei der Berechnung des bürgerlich-rechtlichen Unterhalts zu berücksichtigen sei.

Dass die Beklagte die Jugendhilfemaßnahme für den Sohn der Klägerin zunächst irrtümlich als Maßnahme der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII eingestuft hat und sich zwischen dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 und dem korrigierten Bewilligungsbescheid vom 7. März 2011 hinsichtlich des Tagessatzes der Maßnahme ein Unterschied von 2,39 Euro ergibt (154,74 Euro gegenüber 152,35 Euro) macht die nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die Erhebung des Kostenbeitrags erforderliche Information und Aufklärung nicht unwirksam. Denn nach § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. b, c SGB VIII ist sowohl die Unterbringung in einem Heim wie in einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 34 SGB VIII wie auch die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII, sofern sie - wie hier - außerhalb des Elternhauses erfolgt, kostenbeitragspflichtig, so dass sich hinsichtlich der erforderlichen Vermögensdispositionen des Kostenbeitragsschuldners kein Unterschied ergibt. Die Differenz des Tagessatzes für die Jugendhilfemaßnahme in Höhe von 2,39 Euro beeinträchtigt die erforderlichen Vermögensdispositionen der Klägerin ebenfalls nicht, weil für diese gerade keine auf Euro und Cent genaue Angabe der Kosten im Rahmen der Mitteilung der Leistungsgewähr nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII erforderlich ist, sondern die ungefähre Angabe des Kostenrahmens ausreicht. Hinzu kommt, dass nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin, die ihrerseits den Umfang der Mitteilungspflicht der Beklagten prägen, hier die genaue Höhe der Kosten der Jugendhilfemaßnahme angesichts des Umstands, dass sie nur zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen wird, keine Bedeutung für ihre wirtschaftlichen Dispositionen besitzt. Mithin ist die Klägerin wohl bereits mit dem Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010, jedenfalls aber mit dem Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 über die Leistungsgewährung informiert und über die Folgen des Kostenbeitrags für die Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Sohn aufgeklärt worden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich insoweit nicht als zweifelhaft.

1.2 Ernstlichen Richtigkeitszweifeln im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begegnet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht deshalb, weil sie von der Klägerin behauptete Begründungsmängel im streitgegenständlichen Kostenbeitragsbescheid vom 17. März 2011 verneint hat. Soweit die Klägerin diesbezüglich vorträgt, das Begründungserfordernis des § 35 Abs. 1 SGB X verlange, dass der Kostenbeitragsbescheid die exakten Rechtsgrundlagen für die Erhebung des Kostenbeitrags angebe und eine nachvollziehbare Berechnung des Einkommens der Klägerin enthalte, und führe im Falle einer defizitären Begründung zur Aufhebung des Kostenbeitragsbescheids, kann sie damit nicht durchdringen. Denn selbst unterstellt, der von der Klägerin behauptete Begründungsmangel läge vor, würde dies nicht zur Aufhebung des Bescheids führen, da dieser Formmangel sich nach § 42 Satz 1 SGB X als unbeachtlich erwiese. Denn nach dieser Bestimmung kann eine Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren oder die Form zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. hierzu Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, § 35 Rn. 54; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 22). Im vorliegenden Fall ist indes offensichtlich, dass allein die fehlende Benennung einer exakten Rechtsgrundlage im Kostenbeitragsbescheid das Ergebnis in der Sache nicht beeinflusst haben kann. Gleiches gilt auch für die behauptete fehlende Angabe einer exakten Berechnung der Einkünfte der Klägerin. Sofern diese nicht materiell unrichtig ist, wofür keine durchgreifenden Anhaltspunkte bestehen, kann sie nicht als angebliches Begründungsdefizit zur Aufhebung des Bescheids führen. Die entsprechenden Rügen in der Zulassungsbegründung gehen daher ins Leere.

1.3 Keine Richtigkeitszweifel bestehen ferner auch, soweit das Verwaltungsgericht den Kostenbeitragsbescheid vom 17. März 2011 für im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt erachtet hat. In dem Umstand, dass der Bescheid zwar die Klägerin als Kostenbeitragspflichtige bezeichnet und die für die einzelnen Zeiträume zu leistenden Kostenbeiträge beziffert, jedoch keinen konkreten Zahlungszeitpunkt nennt, vielmehr hinsichtlich des Zahlungszeitpunkts auf eine gesondert ergehende Zahlungsmitteilung verweist, liegt keine Unbestimmtheit des Bescheids, die zu dessen Aufhebung führen könnte. Das verwaltungsgerichtliche Urteil stellt insoweit zutreffend auf die Bestimmbarkeit des Zahlungszeitpunkts unter Berücksichtigung der gesondert ergehenden Zahlungsmitteilung ab. Der von der Klägerin insoweit konstruierte Widerspruch zwischen der Festschreibung der Zahlungspflicht im Bescheidtenor einerseits und dem Hinweis auf Leistung der Zahlung erst nach Erhalt der gesonderten Zahlungsmitteilung andererseits, liegt bei der gebotenen objektiven Betrachtung erkennbar neben der Sache.

1.4 Ernstlichen Zweifeln begegnet das angefochtene Urteil auch nicht unter dem Gesichtspunkt der vom Klägerbevollmächtigten behaupteten Verfassungswidrigkeit der getrennten Heranziehung beider Elternteile zum jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2 2. Halbs. SGB VIII in Verbindung mit der Pflicht des kindergeldbeziehenden Elternteils zur Leistung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Insoweit hält der Senat an seiner, dem Bevollmächtigten der Klägerin bekannten Rechtsprechung fest (BayVGH, U. v. 24.6.2010 - 12 BV 09.2527 - BayVBl. 2011, 113 ff. Rn. 40 ff.; B. v. 5.12.2011 - 12 ZB 11.1341 - juris Rn. 17 ff.). Auch die nunmehr vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt, eine unterschiedliche Ausübung der Bezugsberechtigung für das Kindergeld nach § 64 EStG führe kostenbeitragsrechtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, ob das Kindergeld insgesamt als Mindestkostenbeitrag abgeführt werden müsse oder aber lediglich zu einer Erhöhung des anrechenbaren Einkommens des kindergeldbeziehenden Elternteils führe, mit der Folge, dass eine deutlich geringere oder aber gar keine Erhöhung des Kostenbeitrags eintrete, kann er einen Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht begründen. Denn der Klägerin und ihrem Ehemann kommt nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG hinsichtlich der Bezugsberechtigung für das Kindergeld eine Wahlmöglichkeit zu, die auch monatsweise für die Zukunft, gegebenenfalls sogar rückwirkend geändert werden kann (vgl. hierzu BFH, U. v. 19.4.2012 - III R 42/10 - BFHE 238, 24). Es liegt daher in der Hand der Klägerin und ihres Ehemanns, die Bezugsberechtigung ggf. so zu bestimmen, dass möglicherweise ein geringerer Kostenbeitrag anfällt. Inwieweit die vom Bevollmächtigten der Klägerin aufgeworfene hypothetische Fallgestaltung indes zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 92 Abs. 2 2. Halbsatz SGB VIII in Verbindung mit § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII führen sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr würde umgekehrt ein mit Blick auf den jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag optimierter Kindergeldbezug die Frage des Missbrauch gesetzlicher Gestaltungsmöglichkeiten aufwerfen (vgl. hierzu hinsichtlich einer nachträglichen Änderung der Steuerklassen OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 16.4.2013 - 12 A 1292/09 - juris Rn. 89 ff.).

Auch das Argument der Klägerin, im Falle zusammen zur Einkommensteuer veranlagter Ehegatten ließen sich angesichts der getrennten Heranziehung zum Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2 2. Halbsatz SGB VIII die gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII vom Einkommen abzuziehenden Steuern nicht ermitteln, was mittelbar sogar die Grundlagen des Ehegattensplittings in Frage stelle, dringt nicht durch. Insoweit verkennt der Bevollmächtigte der Klägerin, dass das jugendhilferechtliche Kostenbeitragsrecht von einem eigenen Einkommensbegriff ausgeht, den seinerseits das im ganzen Bereich des Sozialrechts geltende Zuflussprinzip bestimmt. Als Einkommen gelten demnach unter Berücksichtigung der in § 93 Abs. 1 SGB VIII normierten Ausnahmen alle Einkünfte, die dem Kostenbeitragspflichtigen im maßgeblichen Leistungszeitraum - im Regelfall einem Kalendermonat - tatsächlich zufließen. Umgekehrt sind daher auch nur die tatsächlich auf das Einkommen geleisteten Steuern nach § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII als Abzugsposten zu berücksichtigen. Nachträgliche steuerrechtliche Ausgleichsmechanismen (vgl. etwa zum Verlustausgleich § 10 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch) beeinflussen die am tatsächlichen Zufluss orientierte Einkommensermittlung hingegen nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin lassen sich daher die von ihr auf ihr Einkommen gezahlten Steuern ungeachtet ihrer steuerlichen Veranlagungsart bei der kostenbeitragsrechtlichen Einkommensberechnung ermitteln. Insoweit wirkt sich § 92 Abs. 2 2. Halbs. SGB VIII auf steuerliche Sachverhalte auch nicht aus. Ernstliche Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Normen der Kostenbeitragserhebung für rechtmäßig erachtet hat, bestehen daher nicht.

1.5 Auch soweit die Klägerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 7 Abs. 1 KostenbeitragsV bildeten leges speciales zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, für ernstlich zweifelhaft erachtet, kann sie mit ihrer Argumentation die Zulassung der Berufung nicht bewirken.

1.5.1 Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Unrichtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht aus dem von ihr zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. September 2012 (VG Köln, U. v. 20.9.2012 - 26 K 1803/12 - juris). Denn dieses Urteil hat ein Spezialitätsverhältnis zwischen der Härtefallklausel des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII und der Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gerade nicht zum Gegenstand. Vielmehr behandelt die Entscheidung das Verhältnis von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wonach der Kostenbeitragspflichtige lediglich in angemessenem Umfang zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme herangezogen werden darf. Insoweit sieht das VG Köln in § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII keine alle übrigen Regelungen ausschließende lex specialis. Damit lässt das Verwaltungsgericht die Möglichkeit, dass Art. 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII jedenfalls eine lex specialis zu einigen Normen des Kostenbeitragsrechts bildet, ausdrücklich offen. Im Übrigen wird in der genannten Gerichtsentscheidung der systematische Zusammenhang zur Härtefallklausel nicht näher thematisiert.

1.5.2 Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter vorträgt, § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII könne deshalb nicht lex specialis zu § 92 Abs. 5 SGB VIII sein, weil dies dazu führen würde, dass auch § 92 Abs. 4 SGB VIII mit Blick auf die Erhebung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag nicht mehr anwendbar wäre, was im Ergebnis kontraproduktiv erschiene, kann sie auch mit dieser Argumentation keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen. So ist diese Frage bereits nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils; sie stellt sich daher bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht. Im Übrigen blendet die Klägerin die Argumentation des Verwaltungsgerichts, der Bezug von Kindergeld tangiere den sog. unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht, aus ihren Überlegungen aus. Nach den für die sog. unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung maßgeblichen unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL) rechnet das Kindergeld nicht zum anrechenbaren Einkommen des Unterhaltsschuldners (Ziffer 3. SüdL Stand 1.1.2013). Schöpft daher der Jugendhilfeträger das Kindergeld durch Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ab, kann sich dies weder auf den dem Unterhaltsschuldner verbleibenden unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt noch auf die Unterhaltsansprüche weiterer Unterhaltsberechtigter auswirken. Nach § 1612b Abs. 1 BGB mindert der Kindergeldbezug allenfalls den Anspruch auf Barunterhalt des jeweiligen Kindes. Ein Wertungswiderspruch zu § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII kann daher nicht eintreten. Was das Verbot der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und dessen Verhältnis zu Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 betrifft, ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation nicht betroffen, weil keine Leistungsgewähr an eine Schwangere oder junge Eltern in Rede steht.

1.5.3 Die Ausklammerung des Kindergelds aus dem unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen führt ferner dazu, dass es sich entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Verweisung von § 7 Abs. 1 Nr. 3 KostenbeitragsV auf § 4 KostenbeitragsV nicht um ein Redaktionsversehen des Verordnungsgebers handelt und das System in sich stimmig bleibt. Denn rechnet das Kindergeld nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen, kann dessen Abschöpfung als Mindestkostenbeitrag Unterhaltsansprüche gleichrangig Berechtigter nicht schmälern, so dass in diesem Fall für die Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII über § 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV kein Raum bleibt.

1.5.4 Dies gilt in gleicher Weise auch für den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt, den die Heranziehung des Beitragspflichtigen in angemessenem Umfang nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII wahren muss (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 5 C 10.09 - BVerwGE 137, 367 ff. Leitsatz). Denn rechnet das Kindergeld im Zuge einer unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen, tangiert seine Abschöpfung den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht (anders insoweit ohne Berücksichtigung des unterhaltsrechtlichen Einkommensbegriffs VG Köln, U. v. 20.9.2012 - 26 K 1803/12 - juris). Die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit als Grund und Grenze der Heranziehung ist demnach durch die Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des bezogenen Kindergelds gewahrt. Dies gilt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch für den Bereich der Sozialhilfe, die das Kindergeld ebenfalls nicht dem Einkommen des Sozialhilfeempfängers zurechnet. Für die Frage, inwieweit einem Kostenbeitragsschuldner noch die Mittel für den eigenen Lebensbedarf verbleiben, kommt es daher auf die Abschöpfung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag ebenfalls nicht an (anders insoweit VG Köln a. a. O.).

1.5.5 Wenn die Klägerin ferner vorträgt, die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses zwischen § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII verbiete dem Jugendhilfeträger die Berücksichtigung auch solcher atypischer Situationen, in denen durch die Kostenbeitragserhebung Ziel und Zweck der Hilfeleistung gefährdet würden, zeigt sie keine konkret nachvollziehbare Situation auf, in der eine derartige Gefährdung gerade durch die Abschöpfung des Kindergeldes als Mindestkostenbeitrag bei ihr ernsthaft zu besorgen ist.

1.5.6 Auch der Verweis der Klägerin auf § 31 Satz 1, 2 EStG führt nicht zu Zweifeln an der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Kindergeld stehe wirtschaftlich nicht den Eltern als den Kindergeldbeziehern, sondern vielmehr den Kindern zu und diene zur Deckung von deren Unterhaltsbedarf. Im Zuge des sog. Familienlastenausgleichs wird das Existenzminimum eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung und Ausbildung durch die steuerliche Freistellung des elterlichen Einkommens in Höhe des Kinderfreibetrags nach § 32 Satz 1 EStG bewirkt. Greift die steuerliche Freistellung ein, übernimmt das Kindergeld die Funktion als Vorauszahlung auf die Kinderentlastung im laufenden Kalenderjahr. Greift, etwa wegen eines geringen zu versteuernden Einkommens, die steuerliche Freistellung des kindbezogenen Existenzminimums nicht, übernimmt nach § 31 Satz 2 EStG das Kindergeld als staatliche Sozialleistung die gebotene Familienförderung. Damit wird indes das Kindergeld auch nicht partiell zum Einkommen der Eltern, sondern es dient weiterhin der Sicherstellung des Existenzminimums des Kindes und seiner Ausbildung und Erziehung (vgl. hierzu BVerfG, B. v. 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412 ff. Rn. 69 ff.; Selder in Blümich, EStG, § 32 Rn. 21 ff.).

1.5.7 Dass es sich bei dem dem Kostenbeitragspflichtigen für den Hilfeempfänger zufließenden Kindergeld um eine zweckbestimmte Leistung handelt, die dem Unterhalt und der Erziehung und Bildung des Kindes dient, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum sog. Geschwisterkindergeld (BVerwG, U. v.12.5.2011 - 5 C 10.10 - BVerwGE 139, 386 ff. Rn. 14 ff.). Nach seiner ständigen Rechtsprechung geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass das Kindergeld dazu diene, die in der Person des Kindes entstehenden Kosten der allgemeinen Lebensführung mindestens teilweise zu decken und zur Entlastung von den Kosten des Lebensunterhalts beizutragen (BVerwG a.a.O Rn. 15). In dieser personalen Zuordnung sieht sich das Bundesverwaltungsgericht durch eine systematische Betrachtung der heutigen Gesetzeslage in weiteren Bereichen, in denen der Gesetzgeber Bestimmungen über das Kindergeld getroffen hat, bestätigt (BVerwG a. a. O. Rn. 16). Hierzu rechnet das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auch das Sozialrecht. Auch wenn im Kostenbeitragsrecht eine ausdrückliche Verweisung auf die Einkommensermittlung im Sozialhilferecht nicht erfolgt ist, wie die Klägerin zutreffend ausführt, besagt dies nicht, dass, soweit im Achten Buch Sozialgesetzbuch keine ausdrücklichen Regelungen getroffen sind, nicht auf allgemeine Prinzipien des Sozialhilferechts zurückgegriffen werden könnte. Mit Sinn und Zweck des Kindergeldes zu argumentieren und dabei insbesondere die personale Zweckbindung zu betonen, wie es das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erweist sich daher als legitim und begründet keine Richtigkeitszweifel an der angefochtenen Entscheidung.

1.5.8. Schließlich gelingt es der Klägerin auch nicht, durch den Hinweis darauf, dass der vom Jugendhilfeträger nach § 39 SGB VIII geleistete „notwendige Unterhalt“ nicht den gesamten Bedarf ihres Sohnes als Hilfeempfänger abdecke, dieser vielmehr weitere Leistungen - etwa eine spezielle Brille, Anschaffung eines Notebooks, eines Handys, den Erwerb des Führerscheins, die Teilnahme an von der Schule organisierten Studienreisen sowie die Vorhaltung des Zimmers in der Schwabinger Wohnung der Eltern - umfasse, die von der Klägerin zu erbringen seien, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darzulegen. Denn entgegen ihrer Auffassung erweist sich auch insoweit die Erhebung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nicht als unverhältnismäßig, da der Jugendhilfeträger nach § 39 SGB VIII den notwendigen Unterhalt für den Sohn der Klägerin erbringt, dem in gleicher Weise auch das Kindergeld dient. Übernimmt der Jugendhilfeträger die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts, gebührt ihm in gleicher Weise auch das Kindergeld. Dafür, dass nach Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, weiterer Bedarf des Sohnes der Klägerin nicht gedeckt werden kann, insbesondere auch nicht durch Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen seinen Vater, trägt die Klägerin nichts substantiiert vor.

1.6 Auch der Gesichtspunkt der von der Klägerin behaupteten Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Jugendhilfemaßnahme kann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht begründen. Die Klägerin genügt insoweit bereits ihrer Darlegungslast nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht, weil sich der Zulassungsbegründung keine Umstände entnehmen lassen, weshalb die gewährte Jugendhilfemaßnahme der Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII rechtswidrig gewesen sein soll. Dass die Klägerin ihrerseits der Auffassung ist, im Falle ihres Sohnes wäre eine Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35a SGB VIII anstatt oder ergänzend zur Hilfe zur Erziehung erforderlich, führt nicht zur Annahme der Rechtswidrigkeit der gewährten Jugendhilfemaßnahme, zumal die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen einer Eingliederungshilfemaßnahme, insbesondere das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung nicht belegt und auch nicht dargelegt hat, dass die im Rahmen sozialpädagogischer Fachlichkeit von der Beklagten getroffene Einschätzung der Notwendigkeit einer speziellen Hilfemaßnahme an verwaltungsgerichtlich justitiablen Fehlern leidet.

Im Übrigen geht die Argumentation der Klägerin auf die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme stelle einen Rechtsmissbrauch dar, nicht ein. Insoweit stellt das Verwaltungsgericht darauf ab, dass die Klägerin die bewilligte Jugendhilfemaßnahme nicht angefochten, sie vielmehr mitgetragen hat, was ihr nunmehr die Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit im Kostenbeitragsverfahren verwehre. Kerngedanken dieser Argumentation bildet somit das im Verhalten der Klägerin liegende „venire contra factum proprium“, das sich noch insoweit ergänzen ließe, dass die Klägerin nicht nur die bewilligte Hilfemaßnahme nicht angefochten, sondern sie überdies auch selbst beantragt hat. Weshalb ihr speziell dann, wenn es um die finanzielle Beteiligung an der Jugendhilfemaßnahme geht, entgegen ihrem früheren Verhalten die Berufung auf eine behauptete Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme möglich sein soll, lässt sich den Darlegungen in der Zulassungsbegründung nicht entnehmen.

Im Ergebnis ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen würden, nicht bestehen.

2. Die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München kommt auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.

Insoweit benennt die Klägerin in ihrem Zulassungsvorbringen keine tatsächlichen Umstände, deren Aufklärung im vorliegenden Fall erforderlich sein sollen, die das Verwaltungsgericht erstinstanzlich nicht geklärt hat und deren Klärung daher die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordert. Ihr Vorbringen ist daher mit Blick auf besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache unsubstantiiert.

Die Rechtssache weist überdies auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die sich nicht bereits im Zulassungsverfahren klären ließen und die daher die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderten. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn der Sachverhalt Rechtsfragen aufwirft, die das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen. Umgekehrt fehlt es an besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, wenn die im Streitfall entscheidungserheblichen Fragestellungen sich unmittelbar aus dem Gesetz oder ohne Weiteres mit den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens beantworten lassen (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 7.2.2014 - 13 A 1900/13 - juris Rn. 3 ff. unter Hinweis auf Kuhlmann in Wysk, VwGO, 2011, § 124 Rn. 29 ff; Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 8 ff.). Gemessen an diesen Vorgaben weist die vorliegende Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, da sich die maßgebliche Fragestellung, nämlich ob die Klägerin zu einem Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr bezogenen Kindergelds für eine Jugendhilfemaßnahme herangezogen werden kann, sich durch Anwendung von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII beantworten lässt.

Sofern die Klägerin die Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII mit einer Vielzahl verschiedener Argumente in Zweifel zu ziehen versucht, generiert sie damit ebenfalls keine besondere rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache. Zwar trifft es zu, dass ein entsprechender Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ebenso wie eine sich mit dieser Begründung auseinandersetzende Zulassungsbegründung ein Indiz für besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache bilden kann (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163 ff. Rn. 17; B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642 ff. Rn. 21). Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Umfang der Begründung des erstinstanzlichen Urteils daraus resultiert, dass sich das Verwaltungsgericht mit einer umfangreichen Klagebegründung auseinandersetzt und im Urteil auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente eingeht (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 108). In diesem Fall kann nicht allein der Begründungsaufwand des Verwaltungsgerichts die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten tragen, sondern es bedarf hierzu der Darlegung, welche der jeweiligen Rechtsfragen für sich genommen materiell einen derartigen Schwierigkeitsgrad aufweist, dass es zur Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (Qualität statt Quantität; vgl. hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 27). Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Insoweit wird auf die Behandlung der von der Klägerin aufgeworfenen Zweifelsfragen sowie der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter lit. 1. und 3. verwiesen. In einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige besondere rechtliche Schwierigkeiten weist das vorliegende Verfahren nicht auf.

3. Die Zulassung der Berufung kommt im vorliegenden Fall auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Grundsätzliche Bedeutung besitzt eine Rechtssache dann, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechtsfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist. Die dargelegte Rechtsfrage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsrichterlicher Klärung zugänglich und bedürftig sein (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Rahmen der Zulassungsbegründung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt werden. Das Darlegungserfordernis umfasst dabei insbesondere auch die Frage der Entscheidungserheblichkeit der für grundsätzlich bedeutsam erachteten Rechtsfrage für die Entscheidung des Ausgangs- wie des Berufungsgerichts (vgl. Happ, a.a.O, § 124a Rn. 72).

3.1 An der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit mangelt es, soweit die Klägerin die Klärung der Frage durch das Berufungsgericht anstrebt, ob § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lex specialis zu § 92 Abs. 5 SGB VIII sei mit der Konsequenz, dass der Kindergeld beziehende Elternteil ausnahmslos zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen werden kann. Denn als entscheidungserheblich erwiese sich diese Rechtsfrage nur, wenn bei der von der Klägerin angestrebten Verneinung der Spezialität von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu ihren Gunsten tatsächlich § 92 Abs. 5 SGB VIII eingriffe, mit der Folge, dass dem Beklagten in diesem Fall eine Ermessensentscheidung hinsichtlich eines Absehens von der Kostenbeitragserhebung eröffnet wäre.

Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 92 Abs. 5 SGB VIII bestehen zunächst keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit der Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag ein in keinem Verhältnis hierzu stehender Verwaltungsaufwand im Sinne von § 92 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII einherginge. Ebenso fehlt es an einer substantiierten Darlegung, weshalb bei der Erhebung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag Ziel und Zweck der Jugendhilfemaßnahme gefährdet wären. Der alleinige Verweis auf den „Aspekt des Reisekostenaufwands“ reicht hierzu in keiner Weise aus.

Schließlich lässt sich aus den Darlegungen der Klägerin auch nicht das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 92 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. SGB VIII ableiten. Eine solche wird regelmäßig dann angenommen, wenn die Erhebung des Kostenbeitrags zur Folge hätte, dass im Einzelfall eine atypische Situation eintritt, die dem Regelungsgedanken der §§ 91 ff. SGB VIII widerspricht. So liegt etwa dann eine besondere Härte vor, wenn der Kostenbeitragspflichtige Pflegeleistungen gegenüber einem Dritten erbringt, für den er nicht unterhaltspflichtig ist, und diese Pflegeleistungen aufgrund der Systematik des Kostenbeitragsrechts sich nicht einkommensmindernd auswirken können. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer dergestalt atypischen Situation sind im vorliegenden Fall weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit sie hierzu auf einen durch Leistungen nach § 39 Abs. 1 SGB VIII nicht gedeckten Unterhaltsbedarf ihres Sohnes verweist (Laptop, Handy, Führerschein, Klassenfahrt, etc.) wäre dieser, soweit die genannten Leistungen überhaupt dem Unterhaltsanspruch unterfallen und die Klägerin nicht leistungsfähig wäre, zunächst vom Kindsvater zu erbringen. Auch die der Kostenbeitragserhebung zugrunde gelegten „negativen Einkünfte“ der Klägerin können keine besondere Härte begründen, da sie sich als reine Rechengröße im Zuge der getrennten Kostenbeitragserhebung bei Ehegatten ergeben und einen zivilrechtlich bestehenden Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann völlig außer Acht lassen. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin und ihr Ehemann mehrere vermietete Immobilien besitzen und der Ehemann der Klägerin aus freiberuflicher Tätigkeit als Bausachverständiger deutlich höhere Einkünfte als die Klägerin erzielt, liegt daher die Annahme einer besonderen Härte durch Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds erkennbar fern. Die Frage, ob § 92 Abs. 5 SGB VIII bei Erhebung eines Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII Anwendung findet, ist daher im vorliegenden Fall bereits nicht entscheidungserheblich, so dass die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache insoweit nicht in Betracht kommt.

3.2 Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 124 Abs. 1 BV vereinbar ist, „dass ein Ehegatte in Fällen, in denen dieser das Kindergeld, aber kein oder nur ein so geringes Einkommen bezieht, dass ein Kostenbeitrag nur nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (sog. Mindestkostenbeitrag) in Betracht käme, neben dem allein- oder besserverdienenden anderen Ehegatten in Höhe des vollen Kindergelds als Mindestkostenbeitrag herangezogen wird, während bei Auszahlung des Kindergeldes an den allein- oder besserverdienenden Ehegatten eine Heranziehung des einkommenslosen oder nur mit sehr niedrigem Einkommen ausgestatteten Ehegatten nicht erfolgen würde, es folglich aufgrund der getrennten Heranziehung gemäß § 92 Abs. 2, 2. Halbs. SGB VIII je nach Sachverhaltskonstellation, ob das Kindergeld an den Besser- oder den Schlechterverdienenden zweier Ehegatten ausbezahlt wird, zu einem höheren oder niedrigeren Gesamtkostenbeitrag aus beiden Kostenbeitragsbescheiden für ein und dasselbe Kind kommt“. Die dergestalt formulierte Rechtsfrage, die auf der Annahme einer hypothetischer Fallkonstellation beruht, stellt sich, wie oben sub 1.4 dargestellt, im vorliegenden Fall nicht. Im Übrigen kommt insoweit eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetz - KJVVG vom 29.8.2013, BGBl I, S. 3463) die maßgeblichen Bestimmungen dergestalt geändert hat, dass nach der ab 3. Dezember 2013 geltenden Gesetzesfassung § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII vorsieht, dass Kindergeld kostenbeitragsrechtlich nicht mehr zum Einkommen gerechnet wird. Künftig soll damit neben einem Kostenbeitrag aus dem Einkommen ein zusätzlicher Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds erhoben werde, weshalb das Kindergeld bei der Einkommensberechnung unberücksichtigt bleibt (BT-Drucks. 17/13023, S. 14, S. 15). Zu der von der Klägerin aufgezeigten, je nach den Umständen des Einzelfalls möglicherweise unterschiedlichen Auswirkung des Kindergeldbezugs auf die Höhe des von beiden Ehegatten aufzubringenden Gesamtkostenbeitrags wird es daher zukünftig nicht mehr kommen. Folglich handelt es sich bei der von der Klägerin thematisierten Rechtsfrage um auslaufendes Recht, dem regelmäßig keine die Zulassung der Berufung begründende grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 146; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 39).

4. Eine, die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO rechtfertigende Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts München und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 5 C 10.09 - BVerwGE 137, 357) liegt nicht vor.

Der von der Klägerin insoweit dem erstinstanzlichen Urteil entnommene Rechtssatz, durch die Grenze des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts solle dem Unterhaltsschuldner bzw. Kostenbeitragspflichtigen nur das belassen werden, was er zur Deckung seines eigenen notwendigen Bedarfs benötigt, nicht hingegen diene die Grenze des Selbstbehalt dazu, dem Beitragsschuldner Einkünfte zuzuordnen, die wirtschaftlich dem Unterhaltsberechtigten bzw. in einer Jugendhilfemaßnahme betreuten Menschen zustünden, bezieht sich im Kontext des Urteils auf das Verhältnis zwischen § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts steht insoweit in Einklang mit dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (BVerwG a. a. O.). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das in § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthaltene Gebot einer Heranziehung des Kostenbeitragspflichtigen in angemessenem Umfang verlangt, dass dem Kostenbeitragspflichtigen nach Leistung des Kostenbeitrags noch der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleiben muss. Ob dies der Fall ist, muss im Zuge einer sog. unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung (BVerwG a. a. O. Rn. 18. „Vergleichsberechnung nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen“) ermittelt werden. Hierzu sind die jeweils geltenden unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte, im Fall der Klägerin die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), heranzuziehen. Aus Ziffer 3. der SüdL ergibt sich jedoch, dass Kindergeld bei der Unterhaltsberechnung nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet wird. Folglich wirkt sich der Bezug von Kindergeld auf die Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts ebenso wenig aus wie dessen Abschöpfung durch einen jugendhilferechtlichen Mindestkostenbeitrag. In diesem Sinne ist daher die Aussage des Verwaltungsgerichts zu verstehen, das Gebot der Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts könne nicht dazu dienen, wirtschaftlich dem Unterhalts- oder Hilfeempfänger zustehende Leistungen dem Einkommen der Eltern zuzurechnen. Denn bei der unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung bleibt das Kindergeld gerade außen vor.

Der von der Klägerin dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entnommene Rechtssatz (BVerwG a. a. O. Rn. 14) „Selbstbehalt in diesem Sinne ist der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen mindestens für den eigenen Unterhalt erhalten bleiben muss.“ steht in der Entscheidung im Zusammenhang mit der Charakterisierung des zivilrechtlichen Begriffs des notwendigen oder kleinen Selbstbehalts, den das Bundesverwaltungsgericht unter Rückgriff auf einschlägige BGH-Rechtsprechung definiert. Selbstbehalt in diesem Sinne meint daher einen unterhaltsrechtlichen Begriff. Das Kindergeld rechnet, wie in Ziffer 3. SüdL ausdrücklich normiert, in diesem Sinne aber gerade nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen. Inwieweit daher ein Widerspruch zwischen der Argumentation des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil und dem aus dem Zivilrecht entlehnten Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr entspricht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage des Eingreifens der Härtefallklausel, die sie mit dem Gebot der Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts vermengt, stellt sich weder im Argumentationszusammenhang des verwaltungsgerichtlichen noch des bundesverwaltungsgerichtlichen Urteils, die sich allein auf § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII beziehen.

5. Schließlich erweist sich das angefochtene Urteil auch nicht als verfahrensfehlerhaft im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

5.1 Ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils in § 116 Abs. 2 VwGO und § 117 Abs. 4 VwGO liegt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht vor. Wie sich aus der Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts ergibt, wurde, nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012 der Beschluss zur Zustellung einer Entscheidung nach § 116 Abs. 2 VwGO verkündet worden war, noch am 23. Mai 2012 von der Kammer der Urteilstenor niedergelegt, von sämtlichen Mitgliedern der Kammer einschließlich der ehrenamtlichen Richter unterschrieben und am folgenden Tag, dem 24. Mai 2012 der Geschäftsstelle übergeben (Bl. 116 der Gerichtsakte). Dies entspricht der gesetzlichen Regelung in § 117 Abs. 4 Satz 2 1. Halbs. VwGO.

Auch die weitere Vorgabe des § 117 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. VwGO, nämlich nach der Übergabe des Urteilstenors an die Geschäftsstelle Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln, wird im vorliegenden Verfahren eingehalten. Denn aus dem die Beurkundungsfunktion der Urteilsgründe und den Rechtsschutz der Prozessbeteiligten sichernden Gehalt des Begriffs „alsbald“ ergibt sich als äußerste Grenze der Abfassung und Übermittlung des vollständigen Urteils, dass in keinem Fall der Zeitraum überschritten werden darf, nach dessen Verstreichen die zuverlässige Erinnerung an die mündliche Verhandlung nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist in Anlehnung an die in § 552 ZPO getroffene gesetzliche Wertung ein Zeitraum von fünf Monaten, innerhalb dem das vollständige Urteil der Geschäftsstelle übermittelt sein muss (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 117 Rn. 19 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Auf den Zeitpunkt der Zustellung des vollständigen Urteils an die Beteiligten kommt es dabei nicht an. Ausweislich der Gerichtsakte wurde im vorliegenden Fall das vollständige Urteil der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2012 übermittelt (Bl. 186 der Gerichtsakte), dem Bevollmächtigten der Klägerin ging es am 17. Oktober 2012 zu. Mithin ist die Fünfmonatsfrist gewahrt. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegt folglich nicht vor.

5.2 Ein solcher ergibt sich ferner nicht aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen auf eine Kammerentscheidung vom 25. Juli 2012 (Az. M 18 K 10.6260) verweist, die nach dem streitgegenständlichen Urteil vom 23. Mai 2012 ergangen ist und zu der das Verwaltungsgericht ausführt, dass es bis zum Ergehen dieser Entscheidung die Frage, ob § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII eine lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII darstelle, als offen angesehen habe. Zwar kann ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch bei Einhaltung der Fünfmonatsfrist für die Abfassung des vollständigen Urteils angenommen werden, wenn sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils zwingend ergibt, dass sie nicht das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Entscheidungsfindung widerspiegeln, mithin die Entscheidung auf einer anderen Grundlage getroffen wurde (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 117 Rn. 92). Dies belegt im vorliegenden Fall die Bezugnahme auf eine nach der mündlichen Verhandlung und Niederlegung des Urteilstenors ergangene Entscheidung indes nicht. Das Verwaltungsgericht ordnet vielmehr in seiner Begründung zur Qualifikation von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII die am 23. Mai 2012 getroffene Entscheidung in seine eigene Kammerrechtsprechung ein und vertieft damit lediglich seinen Begründungsansatz. Die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Kammer habe sich ihre Rechtsauffassung zu der oben genannten Rechtsfrage nicht bereits am 23. Mai, sondern erst am 25. Juli 2012 gebildet. Ein Begründungsmangel, der die Zulassung der Berufung rechtfertigen würde, lässt sich aus dieser Bezugnahme daher nicht ableiten.

5.3 Mit der Bezugnahme auf die Entscheidung von 25. Juli 2014 in den Entscheidungsgründen verletzt das Gericht auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei der Bewertung von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII um eine sog. Überraschungsentscheidung handeln würde. Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/10 - BayVBl. 2011, 564 f. Rn. 13; B. v. 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188 ff. Leitsatz). Mit dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII ansieht, musste im vorliegenden Fall der Bevollmächtigte der Klägerin als kundiger Prozessbeteiligter rechnen, da er mit der Klage gerade die Nichterhebung des Mindestkostenbeitrags aus Härtefallgründen geltend gemacht und damit das Verhältnis der genannten Normen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, diese Frage in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur kontrovers diskutiert worden war und das Verwaltungsgericht selbst hierzu jedenfalls bis zum Entscheidungszeitpunkt keine ständige Rechtsprechung etabliert hatte. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG durch Erlass einer Überraschungsentscheidung liegt mithin nicht vor.

5.4 Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt schließlich auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht das Argument der Klägerin, die getrennte Heranziehung der Eltern des Hilfeempfängers zu einem Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2, 2. Halbs. SGB VIII sei verfassungswidrig und verstoße gegen Art. 3 und 6 GG, angeblich nicht gewürdigt habe. Dies trifft indes nicht zu. Das Verwaltungsgericht nimmt in den Entscheidungsgründen (Bl. 9 f. des Entscheidungsumdrucks) zur Neuregelung der Heranziehung der Eltern zum Kostenbeitrag durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (G. v. 8.9.2005 BGBl. I, S. 2729 - KICK) Stellung und führt insbesondere aus, dass die nunmehr gebotene getrennte Heranziehung von Ehegatten der Beseitigung einer zuvor bestehenden ungerechtfertigten Privilegierung dient. Damit gibt es zu erkennen, dass es die Auffassung des Klägers zur Verfassungswidrigkeit der getrennten Heranziehung offenkundig nicht teilt. Einen Anspruch darauf, dass ein Gericht einer bestimmten Rechtsauffassung folgt, vermittelt Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Ein Gehörsverstoß liegt demnach auch insoweit nicht vor.

6. Da die von der Klägerin umfangreich vorgetragenen Zulassungsgründe sämtlich nicht eingreifen, war der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Nach § 154 Abs. 2 VwGO trägt die Klägerin daher die Kosten auch des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten der Jugendhilfe nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagte benennt zwar die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO, legt aber hierfür keine Gründe dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Die Beklagte macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend, die nicht gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats sind ernstliche Zweifel am Ergebnis der Entscheidung zu fordern (vgl. BayVGH vom 9.8.2010 - Az. 20 ZB 10.1342 m. w. N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG vom 10.9.2009 NJW 2009, 3642; vom 26.3.2007 BayVBl. 2007, 624; vom 23.6.2000 DVBl. 2000, 1458).

Daran gemessen vermochte die Beklagte das Ergebnis der vom Verwaltungsgericht getroffenen Entscheidung nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Klage jedenfalls begründet ist, gleich, ob man die Klägerin als taugliche Sammlerin im Sinn des § 3 Abs. 10 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) ansieht oder nicht. Einer Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in dem von den Beteiligten angesprochenen Revisionsverfahren (BVerwG 7 C 8.14) bedarf es daher nicht.

Die Klägerin hätte als Kommanditgesellschaft nach der Rechtsprechung des Senats ihr Rechtsschutzziel, eine gewerbliche Sammlung durchzuführen, mit ihrer Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid nicht erreichen können (vgl. BayVGH, U. v. 26.9.2013 Az. 20 BV 13.428 = BayVBl. 2014, 117). Weil ihr aber auch Verwaltungskosten auferlegt wurden, ist sie anderweitig beeinträchtigt und in ihren Rechten verletzt worden (vgl. BayVGH v. 26.9.2013 a. a. O. Rn 24 a. E.), so dass der Bescheid zu Recht aufgehoben worden ist (s. a. BayVGH, B. v. 11.3.2014 Az. 20 ZB 13.1838 Rn 3).

Geht man mit der Klägerin davon aus, dass sie auch als taugliche Sammlerin gemäß § 3 Abs. 10 KrWG in Erscheinung treten, sammeln und Sammlungen anzeigen durfte und darf, wäre der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 26. März 2013 ebenfalls rechtswidrig und verletzte sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Klägerin kann im Hinblick auf § 18 Abs. 5 Satz 2, § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG nicht angelastet werden, dass sie im Alltagsgeschäft eine verkürzte Firmenbezeichnung im Sinne einer postalischen Anschrift gewählt hat, die nicht nur von ihr, sondern auch von Behörden, hier auch von der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid, verwendet wurde und wird. Schließlich ergibt sich aus den Briefunterzeilen der Klägerin und den vorgelegten Handelsregisterauszügen die korrekte Firma (§§ 17, 19 HGB) der Klägerin, worauf diese im Rechtsmittelverfahren auch hingewiesen hat.

Soweit das Verwaltungsgericht die streitgegenständliche Verfügung der Beklagten als Untersagung und nicht als Befristung einer gewerblichen Sammlung ansieht, legte es diese an den Grundsätzen des § 133 und des § 157 BGB orientiert aus und ermittelte den objektiven Erklärungswert der Behördenregelung, wie er sich aus der Sicht des Adressaten verständiger Weise ergibt. Dabei stellt es zu Recht darauf ab, ob aus dem Gesamtinhalt des Bescheides und aus dem Gesamtzusammenhang, vor allem auch aus der von der Behörde gegebenen Begründung der Regelung sowie aus den den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Falles hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 6.5.2014 Az. 20 CS 14.791; v. 13.8.2009 Az. 22 ZB 07.1835). Das von ihm gefundene Ergebnis, aus der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides sei für einen objektiven Empfänger eindeutig zu entnehmen, dass die Sammlung ab 1. August 2013 endgültig untersagt werden soll, ist demnach nicht zu beanstanden, wurden doch alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und erläutert. Hätte die Beklagte die angezeigte Sammlung lediglich befristen und nicht untersagen wollen, hätte sie das in der Begründung des Bescheids unmissverständlich zum Ausdruck bringen müssen. Daran fehlt es aber hier.

Dafür, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG), fehlt es an konkreten und substantiierten Darlegungen im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Ohne sich an dem kaskadenartigen Regelungssystem des § 17 Abs. 3 KrWG (vgl. Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, § 17 Rn 151 m. w. N.) zu orientieren, ergeht sich die Beklagte in Behauptungen zu einzelnen Begriffen dieser Vorschrift, ohne schlüssig zu erläutern, inwieweit und aus welcher Zusammenschau überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung der Klägerin entgegenstünden. Allein punktuelle Wiedergaben wie der von der Klägerin angegebenen und vom Verwaltungsgericht bewerteten Sammelmengen und der in Übersicht aufgelisteten Sammelmengen angezeigter gewerblicher und gemeinnütziger Sammlungen vermögen nicht schlüssig zu vermitteln, ob und inwieweit die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und des von ihm beauftragten Dritten, ausgerichtet an § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, gefährdet wäre, zumal das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung festgestellt hatte, dass eine Abfallmenge von 200 t ausgeschrieben wurde, diese Menge laut Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch tatsächlich gesammelt werden konnte, obwohl die Klägerin aufgrund der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ihre Sammlung weiterhin durchführen konnte. Diesen Feststellungen ist die Beklagte in ihrer Zulassungsantragsbegründung durch Darlegung ernstlicher Zweifel nicht entgegen getreten. Im Übrigen ist sie bereits im Verwaltungsverfahren davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre gewerbliche Sammlung im Stadtgebiet schon zum Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes durchgeführt hatte (vgl. § 72 Abs. 2 KrWG), was die Klägerin in erster Instanz verdeutlicht hatte.

Deswegen sind die als grundsätzlich bedeutsam (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) formulierten Fragen zu „konkret geplanten Leistungen“ im Sinn des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG für den Rechtsstreit nicht mehr entscheidungserheblich.

Daher ist der Antrag auf Zulassung der Berufung mit den Kostenfolgen des § 154 Abs. 2 und 3 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG i. V. m. Nr. 2.4.2 des Streitwertkataloges 2013.

Mit der Ablehnung des Antrags, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO keiner weiteren Begründung bedarf, wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2014 wird geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Unterallgäu vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Januar 2014 wird angeordnet.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten beider Verfahrenszüge.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, zu Unrecht abgelehnt. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung spricht vieles dafür, dass die Zwangsgeldandrohungen im Bescheid des Antragsgegners vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Januar 2014 rechtswidrig sind und den Antragsteller in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die angefochtenen Zwangsgeldandrohungen erschienen als Vollstreckungsmaßnahmen rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der Vollstreckung nach Art. 19 Abs. 2 VwZVG weder im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides noch im Zeitpunkt des Ablaufs der dem Antragsteller gesetzten Fristen vorgelegen haben. Der mit Klage angefochtene, auf § 17 Abs. 1 Nr. 1 TierSG gestützte Bescheid ist an den Grundsätzen des § 133 und des § 157 BGB orientiert auszulegen und dabei der objektive Erklärungswert der Behördenregelung zu ermitteln, wie er sich aus der Sicht des Adressaten verständigerweise ergibt. Abzustellen ist dabei darauf, ob aus dem Gesamtinhalt des Bescheides und aus dem Gesamtzusammenhang, vor allem auch aus der von der Behörde gegebenen Begründung der Regelung sowie aus den den Beteiligten bekannten näheren Umständen des Falles hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 13.8.2009 - Az. 22 ZB 07.1835).

Davon ausgehend können die Regelungen im Bescheid vom 23. Mai 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. Januar 2014 nur so verstanden werden, dass der Antragsteller verpflichtet werden sollte, die amtliche Untersuchung seiner über 24 Monate alter weiblicher Rinder seines Bestandes mit Ausnahme der Masttiere bis 7. März 2014 mittels Intrakutan-Test durch eine vom Landratsamt bestimmte Tierarztpraxis auf Tuberkulose zu dulden, mehr aber nicht, insbesondere nicht, selbst mit der Tierarztpraxis in Verbindung zu treten und Untersuchungstermine zu vereinbaren. Dafür sprechen auch die Hinweise am Ende des Änderungsbescheides, wonach unter anderem gebeten wird, rechtzeitig mit dem Veterinäramt Kontakt aufzunehmen, sollte absehbar sein, dass der für die Untersuchung angeordnete Termin aus einem wichtigen Grunde nicht eingehalten werden könne.

Ob der Hinweis „Bitte setzen Sie sich wegen eines möglichen Untersuchungstermins mit der Tierarztpraxis (Name und postalische Anschrift) in Verbindung“ der Regelung im Änderungsbescheid zu einer anderen Deutung verholfen hätte, kann offen bleiben. Jedenfalls war dieser Hinweis nicht in der dem Antragsteller zugestellten Originalverfügung enthalten, sondern lediglich in einer vom Antragsgegner dem Verwaltungsgericht vorgelegten „Kopie“ der Änderungsverfügung vom 14. Januar 2014 (vgl. Bl. 134/138 der VG-Akte Au 1 K 13.913), welche offensichtlich in dieser Fassung dem Antragsteller nicht bekannt gegeben wurde.

Innerhalb der im Änderungsbescheid bestimmten Fristen wurden aber amtliche Untersuchungen ausweislich des Akteninhaltes und laut Mitteilung des Antragsgegners vom 2. Mai 2014 weder angeordnet noch benannt.

Damit erweist sich bei summarischer Prüfung im Eilverfahren die Zwangsgeldandrohung bereits aus diesem Grunde als rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 47 Abs. 1 GKG.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen wenden sich gegen einen den Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid zur Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle, ... (Flurstück Nr. ...) in ... in eine Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen.
Die ab ca. 1850 errichtete ... Mühle ist ein Kulturdenkmal und wurde als Getreidemühle, Holzmehlmühle und Getreidespeicher genutzt. Das Silo ist seit 1982 nicht mehr in Betrieb. Die übrige gewerbliche Tätigkeit der Mühle wurde bereits zu einem davor liegenden Zeitpunkt eingestellt. Lediglich die ehemalige Fabrikantenvilla wird auf niederem Wohnniveau noch bewohnt. Die Gebäude finden sich mit Ausnahme der Villa in einem sehr schlechten Allgemeinzustand, einzelne Gebäudeteile sind bereits eingestürzt, die noch vorhandenen durch Einsturz gefährdet. Seit 1990 wurden für das Areal verschiedene Genehmigungen erteilt, die eine Wohn- oder gewerbliche Nutzung vorsahen. Diese wurden jedoch nicht realisiert.
Das Vorhabengrundstück liegt - durch die ... getrennt - an der ... ...Straße (L ... / B ... alt), die derzeit ein Verkehrsaufkommen von ca. 12.000 bis 18.000 Kraftfahrzeuge pro Tag hat. Die Zufahrt erfolgt bislang über den ...weg, der jedoch nicht geeignet ist, größeres Verkehrsaufkommen aufzunehmen oder mit schweren Fahrzeugen befahren zu werden. Das Landratsamt ... erteilte eine wasser- und baurechtliche Genehmigung zuletzt am 21.06.1995 in der Fassung vom 04.10.1995 zur Erschließung des Vorhabengrundstücks durch eine Brücke über die .... Nach dem Genehmigungsbescheid wurde die wasserrechtliche Genehmigung auf die Dauer von 30 Jahren erteilt; die Geltungsdauer der baurechtlichen Genehmigung ist zwischenzeitlich abgelaufen. Ein weiterer Antrag vom 30.03.2000 für ein Brückenbauwerk ist nicht verbeschieden worden.
Westlich an das Vorhabengrundstück grenzt die Firma Metallbau ..., ein Schlossereibetrieb. Der Betrieb liegt auf dem Flurstück Nr. ... (...weg ...) und nutzt auch das unbebaute Flurstück Nr. ... das unmittelbar an der ... liegt. An das letztgenannte Flurstück grenzt in westlicher Richtung das Grundstück der Klägerin Ziff. 1 an (Flurstück Nr. ..., ...weg .../...). Ausgehend von der Schlosserei setzt sich entlang des ...Wegs Wohnbebauung bis zur ...kirche fort. Oberhalb des ...Wegs schließt sich entlang des ...Wegs ein großes Grundstück an (Flurstück Nr. ...), das als Friedhof genutzt wird. Auf dem Vorhabengrundstück und auf dem unmittelbar östlich angrenzenden Flurstück Nr. ..., das ursprünglich mit zu dem Mühlenareal gehörte, wird ein Wasserkraftwerk mit einer Leistung von rund 100 kW betrieben. Der Ausgang des Wasserkraftwerks in die ... erfolgt im Bereich des Vorhabengrundstücks. Südlich und südöstlich wird das Baugrundstück von einem bewaldeten und gärtnerisch genutzten Hang begrenzt, der im Landschaftsschutzgebiet liegt. Weiter östlich ist ebenfalls ein bewaldetes Gebiet vorhanden. Auf der dem Vorhabengrundstück gegenüber liegenden Seite der ...Straße befinden sich in westlicher Richtung Wohnbebauung und auch gewerbliche Nutzungen. Die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2, d.h. das mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück Nr. ...(...Straße ...) und das als Parkplatz genutzte Flurstück Nr. ... sind in etwa 50 bis 60 m Luftlinie vom Vorhabengrundstück entfernt. Das Baugrundstück ist ebenso wie die Grundstücke der Klägerinnen im Flächennutzungsplan der Beklagten aus dem Jahre 2004 als Wohnbaufläche (W) dargestellt. Weitere planerische Festsetzungen für das Vorhabengrundstück und die Grundstücke der Klägerinnen bestehen nicht.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.01.2004 stellten die Beigeladenen unter Beifügung von Plänen einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids. Danach dient die Bauvoranfrage im Wesentlichen der baurechtlichen Überprüfung des geplanten Vorhabens, insbesondere des vorgesehenen Nutzungszweckes. Im Antrag werden das Vorhaben und der Betrieb wie folgt erläutert:
„ (…) Das Areal der ... Mühle soll ausschließlich durch eine Brücke über die ... erschlossen und durch bauliche Maßnahmen sowie durch Bepflanzung von der Umgebung abgegrenzt werden. Die bestehenden Gebäudlichkeiten sollen mit Ausnahme der denkmalgeschützten Villa und des denkmalgeschützten Turmes sowie der Turbinenhalle im Erdgeschoss vollständig abgerissen werden. Die Villa und der Siloturm werden saniert und erhalten. Über der Turbinenhalle entsteht ein neues modernes Gebäude mit angrenzender kleiner Schwimmhalle. Die Villa wird in die geplante Nutzung einbezogen. Der Siloturm wird saniert und versiegelt, jedoch zunächst nicht genutzt. Im Einfahrtsbereich werden etwa 15 bis 20 Parkplätze angelegt und im hinteren Bereich der entstehenden Freiflächen durch ein zweigeschossiges Parkdeck etwa 60 Parkplätze, so dass insgesamt etwa 80 Parkplätze zur Verfügung gestellt werden können. Im Anschluss an die Villa soll über dem Turbinengebäude ein modernes dreigeschossiges Gebäude errichtet werden. Die Planung sieht vor, das Turbinengebäude durch eine Stützkonstruktion auf Pfählen zu überbauen, so dass die ursprünglichen Fundamente der Turbinenhalle erhalten bleiben. Das Niveau der Freifläche im umbauten Bereich soll angehoben werden, so dass sich der geplante Wellnessbereich im 1. OG des Neubaues höhengleich an die Freifläche anschließt. Zwischen dem Neubau und dem Siloturm soll eine eingeschossige Sauna und Badelandschaft geschaffen werden, die allerdings ausschließlich aus dem Neubau zugänglich ist. Im hinteren Bereich zwischen dem Siloturm und der Parkanlage soll ein kleines Außengebäude errichtet werden, so dass bereits durch die bauliche Gestaltung ein vollständiger Sichtschutz von außen gewährleistet ist. (….) Das Objekt selbst hat keine auf den Betriebsgegenstand hin deutende Außenwirkung. Der Zufahrtsbereich wird vollkommen neutral gestaltet. Dennoch ist durch die Eingangskontrolle bereits im Brückenbereich sichergestellt, dass ausschließlich volljährige und mit dem Betriebsgegenstand vertraute Personen Zutritt erhalten. (….) Die Räumlichkeiten sollen unter Einschluss von Solarium, Whirlpool, kleinem Schwimmbad, Sauna und Dampfbad sowie Massage betrieben werden und dienen der allgemeinen körperlichen und seelischen Entspannung. (….) Der Zugang der Einrichtung befindet sich im bereits vorhandenen Eingang der Villa. Der Besucher erhält im Eingangsbereich zunächst Informationen über den Betriebsablauf. Insoweit ist eine einmalige Zahlung eines Eintritts vorgesehen, die es dem Besucher erlaubt, sämtliche Einrichtungen zeitlich unbefristet zu nutzen und alkoholfreie Getränke zu konsumieren. Ein Ausschank alkoholischer Getränke findet nicht statt. Im übrigen ist die Betriebsgesellschaft nicht an den vertraglichen Beziehungen der Besucher untereinander beteiligt. Nach dem Empfang befinden sich auf der linken Seite die Umkleideräume für Herren und auf der rechten Seite die Umkleideräume für Damen. Über eine in der Villa neu zu schaffende Treppe gelangt der Besucher in den 1. Stock der Villa und das neu aufzubauende Gebäude. In dem neu zu errichtenden Gebäude befinden sich im 1. Obergeschoss die wesentlichen betrieblichen Einrichtungen. Hierbei handelt es sich um Sitznischen, eine Bühne, Sauna, Whirlpool, Dampfbad und sanitäre Einrichtungen. Notausgänge befinden sich sowohl am Anfang wie auch am Ende des neu zu schaffenden Gebäudes. In den beiden neu herzustellenden Stockwerken über der Betriebsstätte im 1. Obergeschoss befinden sich insgesamt 20 Ruheräume. Im 2. Obergeschoss der Villa sollen insgesamt 6 Appartements entstehen. Das Dachgeschoss der Villa dient ausschließlich als Lager oder bleibt ungenutzt. Im 1. Obergeschoss der Villa soll eine Hausmeisterwohnung errichtet und die Verwaltung untergebracht werden. In den Räumlichkeiten des Objekts halten sich männliche Personen auf, die in den gediegener Atmosphäre gegen Entgelt dem sexuellen Erlebnis nachgehen können und weibliche Personen, die gegen entsprechende Vergütung sexuelle Dienstleistungen anbieten. Insoweit sind die durch die Anlage von Ruheräumen im 2. und 3. Obergeschoss des Neubaus erforderlichen Rückzugsmöglichkeiten gegeben. Die nach außen deutlich abgeschirmte Freifläche kann im Übrigen in das Nutzungskonzept einbezogen werden. Das vorgesehene Unternehmen wird voraussichtlich etwa 20 Personen fest anstellen. Es handelt sich im Wesentlichen um Techniker, Service- und Reinigungspersonal sowie Mitarbeiter in der Verwaltung.“
In den beigefügten Plänen ist die verbale Beschreibung zeichnerisch verdeutlicht.
Mit Schreiben vom 12.02.2004 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, bei einem Bauvorbescheid könnten nur einzelne Fragen geklärt werden. Es werde daher gebeten, konkrete Fragen zu stellen, die dann im Bauvorbescheid beantwortet würden. Ferner wurden die Namen und Adressen der Personen der vorgesehenen Betriebsgesellschaft angefordert.
Mit Schreiben vom 25.02.2004 gab die Beigeladene an, die Bauvoranfrage solle zunächst auf die baurechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Vorhabens beschränkt werden. Es werde deshalb die baurechtliche Frage der zulässigen Umnutzung des bestehenden Anwesens in eine Vergnügungsstätte mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, gestellt. Wegen der in diesem Zusammenhang vorgesehenen baulichen Voraussetzungen und der Erhaltung der denkmalgeschützten Gebäude werde auf die vorliegende Planung sowie die Betriebsbeschreibung vom 20. Januar 2004 Bezug genommen.
10 
Mit Schreiben vom 01.03.2004 benachrichtigte die Beklagte die Klägerinnen als Angrenzer im Baugenehmigungsverfahren. Die Zustellung mit Belehrung nach § 55 Abs. 2 Landesbauordnung an die Klägerin Ziff. 1 erfolgte am 02.03.2004, die entsprechende Zustellung an die Klägerin Ziff. 2 am 03.03.2004.
11 
Am 09.03.2004 erhob die Klägerin Ziff. 1 folgende Einwendung:
12 
„Bezugnehmend auf die Benachrichtigung im Baugenehmigungsverfahren möchte ich Ihnen hiermit meine Ablehnung zum Bauvorhaben Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle mitteilen. Als bekennende Christin möchte ich keine solche Freizeiteinrichtung (Vergnügungsstätte) für mich, meine Familie, meine Nachbarn und meine Stadt“.
13 
Die Klägerin Ziff. 2 machte mit Schreiben vom 14.03.2004 im Rahmen ihrer Einwendung geltend, der geplante Umbau der ... Mühle zu einem Bordellbetrieb beträchtlicher Dimension (lt. Bauvorlagen seien 40 Ruheräume sowie 6 Wohnappartements für die Damen vorgesehen und insgesamt 80 Stellplätze) führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnens in der näheren Umgebung. Bei der vorliegenden Größenordnung sei mit einer beträchtlichen Erhöhung des Zu- und Abgangsverkehrs zu rechnen. Es würden nicht nur die Damen des Gewerbes zu- und abfahren, sondern auch die Kundschaft. Bei 80 Stellplätzen könne von einem erheblichen Aufkommen ausgegangen werden. Die damit verbundene zusätzliche Lärm- und Emissionsbelästigung stelle insbesondere nachts eine erhebliche Störung dar. Auch sei davon auszugehen, dass mit dem Bordellbetrieb eine sonstige milieubedingte Unruhe verbunden sei, die sich in die Umgebung nicht einfüge. Zwar liege in unmittelbarer Nachbarschaft ebenfalls ein Gewerbebetrieb, ansonsten handle es sich jedoch überwiegend um eine Wohnbebauung, in die sich ein solcher Bordellbetrieb dieser Größenordnung keinesfalls einfüge. Gerade die hermetische Abriegelung nach außen erfordere nicht nur in erheblichem Umfang „Wachpersonal“, welches ebenfalls aus dem einschlägigen Milieu rekrutiert werde. Es sei auch die Entstehung einer umfangreichen Folgekriminalität zu befürchten. In einem Mischgebiet mit einigen wenigen Gewerbebetrieben und ansonsten ausschließlicher Wohnbebauung und einer Kirche in direkter Nachbarschaft passe sich ein derartig dimensionierter Bordellbetrieb mit Sicherheit nicht ein und führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Wohnqualität der Anwohner und zu einer Wertminderung der Grundstücke.
14 
Mit Bescheid vom 21.04.2004 stellte die Beklagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Entscheidung über die Bauvoranfrage nach § 15 BauGB für ein Jahr zurück. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe stellte mit Beschluss vom 07.12.2004 - 4 K 1500/04 - die aufschiebende Wirkung der hiergegen erhobenen Klage der Beigeladenen wieder her.
15 
Mit Schreiben vom 23.02.2005 erklärten die Beigeladenen, dass die Pläne nicht Bestandteil eines Bescheids über die Bauvoranfrage werden sollten. Die Bauvoranfrage umfasse lediglich die Art der Nutzung und die Anzahl der Parkplätze.
16 
Mit Bescheid vom 11.04.2005 erließ die Beklagte den Bauvorbescheid. Hierin führte sie aus, dass es sich bei der geplanten Nutzung um einen bordellartigen Betrieb handle. Das Vorhaben beurteile sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Die vorhandene bauliche Situation entlang des ...Wegs und der ... ...Straße stelle sich uneinheitlich dar. Insbesondere unter Berücksichtigung des vorhandenen Betriebs der Firma Metallbau ... als störender Gewerbebetrieb sei das Vorhaben jedoch zulässig. Die Zulassung eines bordellartigen Betriebes habe Nachteile und Belästigungen zur Folge, vor allem wegen des abends und nachts zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs. Die Bewohner müssten grundsätzlich die üblicherweise in bestimmten Gebieten zulässigen typischen Störungen, mithin ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe hinnehmen. Ob die Nutzung durch den zusätzlichen Verkehr für die angrenzende Wohnbebauung noch zulässig sei, müsse im Baugenehmigungsverfahren in einem Lärmgutachten mit der entsprechenden Verkehrsprognose unter Berücksichtigung der Vorbelastung geprüft werden. In Anlehnung an die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg über die Herstellung notwendiger Stellplätze seien für sämtliche Flächen der betrieblichen Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit Ausnahme der Umkleide- und Sanitärbereiche und der weiter unten genannten Flächen pro 11 qm Nutzflächen ein Stellplatz nachzuweisen. Ferner sei ein Stellplatz pro Ruheraum oder Appartement nachzuweisen. Pro 35 qm Büronutzfläche sei ebenfalls ein Stellplatz nachzuweisen, ebenso pro Wohnung (z. B. Hausmeister). Im Zuge der Bauvoranfragen seien nicht nur die direkten Angrenzer des Anwesens der ... Mühle gehört worden. Auch Anwohner der gegenüberliegenden Seite an der ... ...Straße seien benachrichtigt worden, da die ursprüngliche Planung in Verlängerung der westlichen Grundstücksgrenze eine Brücke über die ... zur ... ...Straße vorgesehen habe. Es sei daher anzunehmen gewesen, dass die Bewohner in der ... ...Straße gegenüber der geplanten Brücke durch zusätzliches Verkehrsaufkommen beeinträchtigt werden könnten. Die Brücke bzw. die Erschließung sei nun nicht mehr Bestandteil der Bauvoranfrage, so dass darüber jetzt nicht habe entschieden werden können. Ob die Störungen durch den zusätzlichen Verkehr für die angrenzende Wohnbebauung noch zulässig seien, müsse im Baugenehmigungsverfahren mit einem Lärmgutachten geprüft werden. Den Einwendungen sei daher insoweit entsprochen worden, als im Zuge des Bauantrages ein Lärmgutachten vorzulegen sei, aus dem hervorgehe, dass die negativen Auswirkungen für die Wohnbebauung noch zumutbar seien. Durch die geforderten Stellplätze sei sichergestellt, dass die umliegenden Straßen nicht durch Parkplatzsuchverkehr belästigt würden. Es sei zu erwarten, dass die Gesamtheit der negativen Auswirkungen nicht rücksichtslos sein werden, wobei dies konkret erst in einem Baugenehmigungsverfahren geprüft werden könne. Die Behauptung, einzelne Grundstücke seien aufgrund einer Wertminderung nicht mehr veräußerbar, sei kein nachbarschützender Belang und daher nicht zu berücksichtigen. Befürchtete Folgewirkungen wie ein Anstieg der Kriminalität oder ein mögliches anstößiges Verhalten von Besuchern seien bauplanungsrechtlich nicht relevant. Milieubedingter Unruhe könne in der Baugenehmigung durch entsprechende Auflagen entgegengewirkt werden. Im Übrigen seien die Anwohner präkludiert, die aus sozialen oder moralischen Gründen Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hätten.
17 
Die von den Klägerinnen am 28.04.2005 erhobenen Widersprüche wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 17.07.2006 zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus: Das Vorhaben verstoße nicht gegen das in § 34 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Bauplanungsrechtlich beurteile sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB, denn es liege weder im Außenbereich noch im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes. Die Gebäude der ehemaligen ... Mühle seien Teil eines Bebauungszusammenhangs, der entlang des ...Wegs beginne. Das Vorhaben füge sich der Art der baulichen Nutzung nach in die nähere Umgebung ein. Bei der geplanten Nutzungsänderung handle es sich um einen bordellartigen Betrieb, der an der geplanten Stelle zulässig sei. Durch das Vorhaben werde nicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass die Wohnbebauung beim Grundstück ...weg ... (Flurstück Nr. ...) ende und die daran anschließende Bebauung dem Gebiet einen gewerblichen Charakter verleihe. Es sei klargestellt worden, dass der ...weg für die geplante Nutzungsänderung nicht als Erschließungsstraße genutzt werden könne. Demzufolge könne die Erschließung nur von Norden her und über eine noch zu errichtende Brücke erfolgen. Ob der mit der Nutzungsänderung verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr den Anwohnern zuzumuten sei, bleibe der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren überlassen. Bei der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit seien moralische oder ethische Bedenken oder christliche Überzeugungen nicht berücksichtigungsfähig. Insoweit habe auch die Klägerin Ziff. 1 in ihrem Schreiben vom 09.03.2004 keine baurechtlich relevanten Einwendungen erhoben; sie sei daher mit allen außerhalb der 2-Wochen-Frist des § 55 Abs. 2 LBO vorgetragenen weiteren Einwendungen präkludiert. Im Hinblick auf die durch die Klägerin Ziff. 2 angesprochene Wertminderung komme ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebotes unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstückes sei. Eine solche unzumutbare Beeinträchtigung sei nicht festzustellen. Der Bescheid wurde am 24.07.2006 zugestellt.
18 
Am 23.08.2006 haben die Klägerinnen Klage erhoben.
19 
Sie beantragen,
20 
den Bauvorbescheid der Beklagten vom 11.04.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2006 aufzuheben.
21 
Zur Begründung tragen sie unter Vertiefung ihres im Widerspruchsverfahren erfolgten Vorbringens insbesondere vor: Die Klägerin Ziff. 1 sei schon deshalb nicht präkludiert, weil die Bauvorlagen unklar seien und insbesondere nicht eindeutig sei, von welchem Vorhaben auszugehen sei. Darüber hinaus sei die Klägerin Ziff. 1 juristischer Laie. Sie habe in ihrer Einwendung hinreichend substantiiert zum Ausdruck gebracht, dass sie die Vergnügungsstätte ablehne. Mehr könne von ihr nicht verlangt werden. Sie habe sich mit ihrer Einwendung dagegen gewandt, dass sich die ...kirche und das von der Beigeladenen geplante Vorhaben in einem Bebauungszusammenhang, mithin in Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, wiederfänden. Die Klägerin Ziff. 1 sei Kirchenälteste in der ...gemeinde. Sie nehme im Rahmen ihrer Einwendung insoweit auch die damit verbundenen kirchlichen Interessen wahr. Der Bauvorbescheid sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, denn für einen Drittbetroffenen sei nicht erkennbar, welcher Regelungsgehalt dieser habe. Er führe einerseits aus, dass die Umnutzung des bestehenden Anwesens in eine Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, bauplanungsrechtlich zulässig sei, klammere aber andererseits die hierfür wesentliche Frage, ob der bordellartige Betrieb für die nähere Umgebung insbesondere wegen des zu erwartenden lärmintensiven An- und Abfahrtsverkehrs rücksichtslos sei, aus. Die Beklagte stütze die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens auf § 34 BauGB, lasse aber gleichzeitig wesentliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit jener Norm, wie die Frage des Erschlossenseins des zur Bebauung vorgesehenen Grundstückes und die Rücksichtnahme und die Zumutbarkeit gegenüber Anliegern bewusst außen vor. Die Zulässigkeit nach § 34 BauGB könne aber nur einheitlich und unter Einbeziehung sämtlicher maßgeblicher gesetzlicher Voraussetzungen entschieden werden. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 BauGB erfordere eine umfassende Prüfung auch im Rahmen einer Bauvoranfrage, wobei das mit dem Bauprojekt zwangsläufig verbundene Störpotenzial und dessen Auswirkungen mit zu überprüfen seien und die Baugenehmigungsbehörde die Prüfung nicht von sich aus auf Teilaspekte des zur Entscheidung gestellten konkreten Vorhabens beschränken dürfe. Die Beklagte gehe davon aus, dass die nähere Umgebung des Vorhabens als Gewerbegebiet einzustufen sei, übersehe jedoch dabei, dass ein Gebiet ohne sichere Erschließung nicht als Gewerbegebiet klassifizierbar sei. Für das Vorhaben fehle es an der Erschließung. Gehe man davon aus, dass das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich liege, so müsse es sich mit der Erschließungssituation abfinden, die es antreffe. Im Bauvorbescheid sei aber festgehalten worden, dass der ...weg als Erschließungsstraße nicht genutzt werden könne. Damit sei klar, dass mangels Erschließung das Vorhaben nach § 34 BauGB unzulässig sei. Eine Abtrennung der Erschließungsfrage von den sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens sei aus rechtlichen Gründen undenkbar. Die Erschließungsfrage wirke sich nicht lediglich auf die unmittelbaren Grundstücksangrenzer aus; die hier problematische Verkehrserschließung wirke sich hier auch auf nach Immissionsrecht geschützte weitere Betroffene aus, die im Rahmen der Überprüfung, ob das Rücksichtnahmegebot eingehalten sei, ihre Abwehrrechte geltend machen könnten. Davon abgesehen habe die Beklagte verkannt, dass es sich bei dem Vorhabengrundstück um ein Außenbereichsgrundstück handle. Das Mühlengrundstück sei kein Bestandteil des den ...weg umgebenden Bebauungszusammenhangs. Der hohe Siloturm sei ein Solitär, der erkennbar die Harmonie der Wohnungsumgebung störe. Jedenfalls habe die Beklagte verkannt, dass sie 1994 eine Umnutzung des Mühlengrundstücks zu Wohnzwecken mit 150 Wohneinheiten genehmigt habe. Diese genehmigte Wohnnutzung wirke als planungsrechtliche Vorbelastung und stehe der Annahme einer gewerblichen Vorprägung des Gebietes entgegen. Hinzu komme, dass zwischen dem Vorhabengrundstück und der Wohnbebauung des ...Wegs eine Mauer errichtet werden solle. Damit werde der Bebauungszusammenhang - sofern man einen solchen überhaupt annehmen wollte - aufgehoben. Durch die Mauer werde auch das Erschlossensein des Mühlengrundstücks unterbunden. Ein Bebauungszusammenhang zwischen der ...kirche und dem Mühlengrundstück bestehe nicht, es fehle am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit. Die für die Gebietstypik heranzuziehende nähere Umgebung sei falsch abgegrenzt. Die Beklagte habe in weiterer Entfernung (500 m) vom Mühlenareal in Richtung ... vorhandene Grundstücksnutzungen herangezogen, die nicht mehr zum Bebauungszusammenhang gehörten. Die Auffassung der Beklagten, dass die nähere Umgebung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks von gewerblicher Nutzung geprägt sei, sei fehlerhaft. Die Schlosserei sei ein „Ausreißer“, dem keine maßstabsbildende Kraft für die nähere Umgebung zukomme. Jedenfalls sei dieser Betrieb nicht mit störenden Immissionen verbunden und füge sich in das vorhandene (allgemeine) Wohngebiet ein. Der Mühlenanlage komme ebenfalls kein prägender Charakter zu, denn Siloturm und Mühle würden seit langem nicht mehr gewerblich genutzt und der Bestandsschutz sei entfallen. Auch das Wasserwerk habe keine maßstabsbildende Kraft. Bei diesem handle es sich lediglich um im Erd- und Untergeschoss betriebene Turbinen, die die Wohnnutzung nicht beeinträchtigten; sie seien nicht nach außen sichtbar. Die Turbinenanlage liege 6 m unter der Wasseroberfläche. Würde man das Areal als Gewerbegebiet qualifizieren, so würde eine faktische Umnutzung des bisher zu Wohnzwecken genehmigten Areals erfolgen, da Wohnen im Gewerbegebiet grundsätzlich unzulässig sei. Dies widerspreche der Intension des § 34 BauGB. Jedenfalls würde eine Genehmigung zur gewerblichen Nutzung des Mühlenareals dazu führen, dass neben reiner Wohnnutzung im Bereich des ...Weges eine gewerbliche Nutzung entstehe. Dies widerspreche dem planungsrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz und sämtlichen planungsrechtlichen Abwägungsgrundsätzen. Ausgehend von der Schlosserei gebe es noch freie bebaubare Flächen, womit es durch die Hintertür zu einem neuen Gewerbegebiet und damit zu weiteren negativen Folgen kommen könne. Das Vorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Es erzeuge bodenrechtliche Spannungen, die nur im Rahmen einer Bauleitplanung bewältigt werden könnten. Das Außerachtlassen der kirchlichen Belange der ...kirche bei der Bewertung der Gebietsprägung und Gebietsverträglichkeit sei rechtswidrig (vgl. auch § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB). Ein (allgemeines) Wohngebiet solle in erster Linie störungsfreies Wohnen gewährleisten. Dies sei bei einer gewerblichen Prostitutionsausübung mit der Folge milieubedingter Unruhe nicht mehr möglich. Durch den Zu- und Abgangsverkehr und die Anzahl und Anordnung der Parkplätze entstehe eine neuartige Belastungssituation, die ihnen nicht zumutbar sei. Durch die ... ...Straße sei keine relevante Vorbelastung mehr vorhanden. Gerade in den Abendstunden gebe es kaum Verkehr. Hingegen werde der vorhabenbedingte Zu- und Abgangsverkehr mit den einhergehenden Geräuschimmissionen wie zuschlagende Autotüren, Anlassen der Motoren und Unterhaltung der Besucher für eine besondere Belastung sorgen. Durch die neu zu errichtende Brücke und die erforderliche Aufweitung der ... ...Straße, über die das Mühlenareal erschlossen und der Zu- und Abgangsverkehr bewältigt werden solle, seien die Klägerinnen erheblichen zusätzlichen Verkehrsimmissionen ausgesetzt. Die geplanten Nutzungsänderungen würden das immissionsschutzrechtliche Verbesserungsgebot, das auch im Baurecht zu beachten sei, verletzen. Die Polizeidirektion ... habe im Rahmen des Verwaltungsverfahrens darauf hingewiesen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Ermittlungs- und Strafverfahren und polizeilichen Einsätzen bezüglich des Vorhabens kommen werde. Dies sei für sie nicht hinnehmbar und stelle einen die Wohnruhe wesentlich beeinträchtigenden Faktor dar. Im konkreten Falle gehe es nicht nur um die Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Baurechts, sondern auch um Aspekte der Immissionsbelastung und der Altlastenproblematik, die ihnen gesonderten Drittschutz vermittelten, und die nicht geprüft seien.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung nimmt sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug und trägt ergänzend vor: Die Klägerin Ziff. 1 sei mit ihren Einwendungen im Widerspruchs- und Klageverfahren präkludiert. Ihre Einwendung im Rahmen der Nachbaranhörung habe in keiner Hinsicht nachbarschützende Belange enthalten, die im Genehmigungsverfahren hätten berücksichtigt werden können. Im Rahmen der Nachbaranhörung sei im Formblatt der Baurechtsbehörde ausdrücklich auf die Präklusionswirkung hingewiesen worden. Hinsichtlich der Klägerin Ziff. 2 sei nicht ersichtlich, dass sie sich auf eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch das Vorhaben berufen könne. Sie liege in deutlichem Abstand vom Bauvorhaben entfernt und durch die Talaue sowie die ... und die Landstraße L ... in bedeutender Form vom Vorhaben getrennt. Jedenfalls verletze das Vorhaben, das sich nach der vorhandenen baulichen Situation nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteile, nicht das Rücksichtnahmegebot. Die Art des Vorhabens sei so konzipiert, dass ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot überhaupt nicht vorliegen könne - dies gelte unabhängig davon, ob man den Betrieb als bordellähnlichen Betrieb oder als - ggf. kerngebietstypische - Vergnügungsstätte einstufe. Beeinträchtigungen der Anwohner durch den Zu- und Abfahrtsverkehr könnten ausgeschlossen werden. Das Mühlengrundstück werde durch eine massive hohe Mauer gegenüber dem ...weg abgegrenzt und verfüge über ausreichend interne Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus sei das Gebiet durch den bereits stattfindenden Straßenverkehr und die auf der Rückseite der Mühle befindliche Eisenbahnlinie in den ... vorbelastet.
25 
Die Beigeladene beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Ob sich das Vorhaben in jeder Hinsicht im Sinne des § 34 BauGB einfüge, könne dahingestellt bleiben. Die für die Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze sei in Bezug auf die Klägerinnen eingehalten. Die gegenwärtig bestehenden baulichen Anlagen auf dem Grundstück wichen erheblich von den Ausmaßen und den baulichen Anordnungen der Umgebungsbebauung ab. Nach einer aktuellen Betrachtung fügten sich die Bauten des gesamten Grundstücks nicht in die Umgebung ein. Selbst nach einem Abbruch der ehemaligen Verwaltungsgebäude gelte dies für die denkmalgeschützte Villa und den Siloturm weiter. Die Rechtsfrage des Einfügens des Vorhabens richte sich dem entsprechend nach der bereits vorhandenen Bebauung. Dabei komme es nicht auf die Kubatur der Gebäude in der näheren und weiteren Umgebung an. Die Umgebungsbebauung sei wegen der vorhandenen, dem Objekt und der Umgebung das Gepräge gebenden Bebauung zu vernachlässigen. Die Ersatzbebauung für den Teilabriss füge sich hinsichtlich der überbauten Fläche und der Höhe harmonisch in die denkmalgeschützte Substanz, die erhalten bliebe, ein. Bei dem Vorhaben handle es sich bauplanungsrechtlich um einen Gewerbebetrieb. Bei der Beurteilung der baurechtlich relevanten Rücksichtnahme sei zunächst auf die unterschiedliche Bebauung innerhalb des Mühlengrundstücks und außerhalb, einerseits getrennt durch die ... ...Straße und durch die Art der Bebauung zum ...weg abzustellen. Die Bebauungssituation bewirke, dass die angrenzende Bebauung an der ... ...Straße und dem ...Weg aufgrund anderweitiger Bebauung nicht in die nähere Umgebung i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einbezogen werden könne. Allein der erwartete Ziel- und Quellverkehr wirke sich auf der ... ...Straße aus und könne als Reflex der vorgesehenen Nutzung baurechtlich zu berücksichtigen sein. Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch, die Wiederbebauung und Wiederbelebung einer gewerblichen Nutzung auf dem Grundstück zu verhindern. Dabei begründe ein zwischenzeitliches Planungsvorhaben einer Wohnnutzung keinen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerinnen. Wegen der auf dem streitgegenständlichen Grundstück vorzuhaltenden Pkw-Stellplätze und der damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen trete im Wesentlichen keine von der früheren Baugenehmigung abweichende Nachbarsituation ein. Aus dem Umstand, dass die Klägerinnen gegen das frühere Bebauungsvorhaben keine Einwendungen erhoben hätten, werde deutlich, dass sie selbst nicht von der Verletzung subjektiv geschützter Nachbarinteressen im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes ausgingen, sondern sich allein am Nutzungszweck des aktuellen Vorhabens störten. Das Grundstück werde über eine notwendigerweise neu zu errichtende Brücke über die ... erschlossen. Die Baugenehmigung für die Brücke sei erteilt. Die Zu- und Abfahrt oder sonstige Zugangsmöglichkeiten über den ...weg würden unterbrochen, so dass die Besucher weder an der Kirche noch an den sonstigen Wohn- und Gewerbeobjekten vorbeifahren oder -laufen würden. Jedenfalls beurteile sich die maßgebliche Umgebung als Gewerbegebiet. Das Vorhaben sei zutreffend anhand der objektiven Kriterien auf der Grundlage des Beurteilungskonzepts der Beigeladenen als gebietskonform qualifiziert worden. Dabei habe die Frage des effektiven Stellplatzbedarfs nach Festlegung der Bemessungskriterien und die Beurteilung der Verkehrsprognose durch ein Lärmgutachten im Bauvorbescheid vorbehalten bleiben können. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen sei der Bauvorbescheid nicht unbestimmt. Für die Klägerinnen sei die künftige Nutzung unter dem Vorbehalt der Einhaltung des Rücksichtnahmegebotes eindeutig und unzweifelhaft erkennbar. Das Vorhaben sei weder gebietsunverträglich noch erreichten die nicht einmal ansatzweise dargelegten und nur vermuteten milieubedingten Unruhen eine baurechtlich allgemein zu berücksichtigende nachbarschützende Höhe. Das Vorhaben werde seriös und nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Es gebe auch keinen allgemeinen Grundsatz dahingehend, dass die befürchtete Wertminderung des eigenen Grundstückes geschützt sei. Es lägen auch keine allgemeinen bodenrechtlichen Spannungen vor. Die Klägerinnen hätten in der Vergangenheit im Wesentlichen moralische Bedenken geltend gemacht. Bei dem Vorhaben seien jedoch die Wertungen des Gesetzgebers, die besonders Niederschlag im Prostitutionsgesetz vom 20.12.2001 gefunden hätten, zu berücksichtigen. Bei dem Vorhaben handle es sich um eine Einrichtung, in der in rechtlich zulässiger und einwandfreier Form ein Gewerbe ausgeübt werde. Im Übrigen fehle es dem Unternehmen vollständig und umfassend an jeglichem physischem Öffentlichkeitsbezug. Die Zufahrt zum Betrieb sei nur isoliert über eine Brücke möglich. Der Betrieb werde mit Sichtschutz ausgestattet. Es gebe keine „werbliche Außenwirkung“ und es finde eine persönliche Zugangskontrolle statt.
28 
Der Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung vom 02.02.2006 einer Petition des Bündnis für ... gegen das Vorhaben der Beigeladenen nicht abgeholfen (Petition Nr. .../..., Landtagsdrucksache .../...).
29 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2007 die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift einschließlich der Lichtbilder verwiesen.
30 
Wegen des weiteren Vortrages und Sachverhaltes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Gericht liegen die Akten der Beklagten (6 Bände), die Akte des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band), die Akte des Verwaltungsgerichts Karlsruhe im Verfahren 4 K 1500/04 und der Flächennutzungsplan der Stadt ... vom 31.12.2004 vor.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die Klagen gegen den Bauvorbescheid der Beklagten vom 11.04.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2006 sind zulässig (zum Regelungsgegenstand des Bauvorbescheids siehe unten I.). Die Klage der Klägerin Ziff. 1 hat jedoch schon deshalb keinen Erfolg, weil sie im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung keine baurechtlich beachtlichen Einwendungen erhoben hat und sie mit ihrem weiteren Vorbringen im Widerspruch- und Klageverfahren materiell präkludiert ist (II.). Die Klage der Klägerin Ziff. 2 ist unbegründet, weil der streitgegenständliche Bauvorbescheid sie nicht in ihren nachbarschützenden Rechte verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (III.). Dies würde im Übrigen auch für die Klägerin Ziff. 1 gelten, wenn man das Vorliegen einer Präklusion verneinen würde (IV.).
I.)
32 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen eines Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung hat der Bauherr trotz des Wortlauts in § 57 Abs. 1 LBO („kann erteilt werden“) einen Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen; dies folgt aus dem Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO. Regelungsgegenstand des Bauvorbescheids vom 11.04.2005 ist die Frage, ob die Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle in eine Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, der Art nach bauplanungsrechtlich auf dem Vorhabengrundstück zulässig ist und wie viele Stellplätze hierfür benötigt werden. Dieser Entscheidungsgegenstand entspricht den zuletzt gestellten und insoweit maßgeblichen Fragen der Beigeladenen. Während der ursprüngliche - ohne konkrete Fragen gestellte - Antrag vom 20.01.2004 zunächst mit Schreiben der Beigeladenen vom 25.02.2004 dahingehend präzisiert worden war, dass unter Verweis auf die vorgelegten Pläne die „baurechtliche Frage der zulässigen Umnutzung des bestehenden Anwesens in eine Vergnügungsstätte mit der Möglichkeit gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen gestellt werde“, grenzte die Bauherrin ihre Anfrage mit Schreiben vom 23.02.2005 sodann dahin gehend ein, dass die Pläne nicht mehr Bestandteil eines Bescheids über die Bauvoranfrage werden sollten und ihre Anfrage nunmehr lediglich die Art der Nutzung und die Anzahl der Parkplätze umfasse. Andere als die zuletzt gestellten Fragen standen somit nicht zur Entscheidung und sind auch nicht von der Beklagten mit Bindungswirkung für ein eventuell nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren entschieden worden.
33 
Insbesondere ist die Frage der Erschließung nicht Gegenstand des Bauvorbescheids. Sowohl für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB als auch für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB gilt, dass die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der beabsichtigten Art der baulichen Nutzung und die Frage der Erschließung schon nach dem Wortlaut der Vorschriften selbstständige Tatbestandsmerkmale einer Norm sind, die einer isolierten Beurteilung unterworfen werden können (vgl. auch Sauter, Landesbauordnung, 3. Aufl., § 57 Rn 6). Der vorliegende Fall weist auch keine Besonderheiten auf, die es gebieten würden, dass abweichend von diesem Grundsatz über beide Frage gemeinsam entschieden werden müsste. Deshalb ist es insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 den Hinweis enthält, dass die Erschließung nicht Gegenstand des Bauvorbescheids ist und über die Zumutbarkeit des zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs über die Brücke oder eine andere Erschließung erst im Baugenehmigungsverfahren nach Vorlage eines Gutachtens entschieden werden könne. Im Übrigen betrifft der Umstand des Fehlens eines Lärmgutachtens bzw. dessen Vorbehalt für das Baugenehmigungsverfahren nicht die Frage des Regelungsgegenstands des Bauvorbescheids, sondern die Frage, ob im Bauvorbescheid die nachbarlichen Rechte mit der Folge einer Rechtsverletzung der Klägerinnen fehlerhaft gewürdigt worden sind.
II.)
34 
Die Klage der Klägerin Ziff. 1 ist unbegründet, denn sie ist materiell präkludiert. Entgegen § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO hat sie nicht fristgerecht im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung baurechtlich beachtliche Einwendungen gegen das Vorhaben der Beigeladenen erhoben. Deshalb ist sie nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die im Rahmen der Beteiligung nicht fristgemäß geltend gemacht worden sind. Bei einer materiellen Präklusion (zur Einordnung des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO als - entsprechend dem Gesetzeswortlaut - materielle Präklusionsvorschrift siehe VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.03.1998 - 5 S 3180/97 -; Sauter, aaO, § 55 Rn 28a ff.; Dürr, Baurecht Baden-Württemberg, 11. Aufl., 2004, Rn 232) ist das Gericht an der inhaltlichen Prüfung gehindert, ob durch den Verwaltungsakt subjektive Rechte der Klägerin verletzt werden. Der Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsakts nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist ausgeschlossen (Dürr, aaO, Rn 306; siehe allgemein zur Einordnung der Präklusion als Aspekt der Begründetheitsprüfung BVerwG Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38/95 -, NVwZ 1997, 489; VGH Bad.-Württ. Urt. v. 02.12.1991 - 1 S 818/91 -, DVBl 1992, 438; Eyermann/Schmidt, VwGO 12. Aufl., 2006, § 113 Rn 4; Spannowsky, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 113 Rn 34 f., Brandt, Präklusion im Verwaltungsverfahren, NVwZ 1997, 233, 235). Gründe dafür, dass der Einwendungsausschluss nicht greift und die von der Klägerin Ziff. 1 im Widerspruchs- und Klageverfahren vorgebrachten Einwendungen deshalb durch das Gericht zu prüfen wären, liegen nicht vor.
35 
Anlässlich der Angrenzerbenachrichtigung nach § 57 Abs. 2 i.V.m. § 55 LBO mit Schreiben der Beklagten vom 01.03.2004 hat die Klägerin Ziff. 1 mit ihrem innerhalb der 2-Wochen-Frist bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 09.03.2004 die Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle abgelehnt und weiter ausgeführt, dass sie als bekennende Christin keine solche Freizeiteinrichtung (Vergnügungsstätte) für sich, ihre Familie, ihre Nachbarn und ihre Stadt haben wolle. Die Klägerin Ziff. 1 ist der Ansicht, sie habe mit dieser Einwendung zwangsläufig zu befürchtende bodenrechtliche Spannungen und eine Gebietsunverträglichkeit geltend gemacht. Der Wortlaut des Schreibens lässt einen solchen Einwand allerdings nicht erkennen. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich dies auch nicht im Wege der weiteren Auslegung. Für die Auslegung des Schreibens kommt es dabei nicht darauf an, welchen subjektiven Erklärungsinhalt die Klägerin Ziff. 1 ihren Formulierungen beimessen wollte. Maßgebend ist vielmehr entsprechend §§ 133, 157 BGB der objektive Erklärungswert, d.h. wie die Beklagte den Inhalt des Schreibens nach Treu und Glauben verstehen musste und durfte (siehe allgemein zur Auslegung öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 9 Rn 25 mwN). Nach dem objektivierbaren Erklärungswert enthält das Schreiben keine baurechtlich relevante Einwendung.
36 
Die Gründe der Klägerin Ziff. 1 für die im ersten Satz ihres Schreibens vom 09.03.2004 erklärte Ablehnung des Vorhabens der Beigeladenen ergeben sich aus dem damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden folgenden Satz. Danach erfolgt ihre Ablehnung, die sie nicht nur für sich selbst, sondern für die Standortgemeinde insgesamt erklärt, aus ihrer christlichen Überzeugung. Insoweit kann die Formulierung des ersten Satzes nicht losgelöst von dem betrachtet werden, was sie weiter ausführt. Die Klägerin Ziff. 1 wendet sich ausschließlich aus religiösen und damit privaten Motiven gegen das Vorhaben. Rechtserheblich sind jedoch nur öffentlich-rechtliche Einwendungen (Sauter, aaO, Rn 27c). Soweit die Klägerin Ziff. 1 des weiteren geltend macht, sie habe ihre Einwendungen auch als Kirchenälteste der ...gemeinde im Interesse der ...kirche formuliert und damit insbesondere zum Ausdruck gebracht, aus baulicher Sicht dürfe das Vorhaben nicht in der Nachbarschaft der Kirche entstehen, führt dies ebenfalls nicht zur Annahme einer rechtserheblichen Einwendung. Abgesehen davon, dass eine solche Intension dem Wortlaut ihres Schreibens vom 09.03.2004 schon nicht entnommen werden kann, kann die Klägerin Ziff. 1 als Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. 12/1 nur eigene Rechte und Belange geltend machen, nicht aber solche der Kirchengemeinde. Schließlich besteht auch kein Anlass unter Berücksichtigung des der Beklagten erkennbaren Verfahrensziels der Klägerin Ziff. 1, nämlich der Verhinderung des Vorhabens der Beigeladenen, ihr Schreiben vom 09.03.2004 in einer Art „Meistbegünstigung“ unter weitgehender Außerachtlassung seines Wortlauts dahingehend auszulegen, dass bei der generellen Ablehnung des Vorhabens in Gestalt eines bordellartigen Betriebs sich etwa aufdrängende bauliche Erwägungen im Sinne befürchteter bodenrechtlicher Spannungen und einer Gebietsunverträglichkeit geltend gemacht würden. Abgesehen davon, dass aus einer Ablehnung des Vorhabens nicht zwangsläufig mit hinreichender Sicherheit auf die aus Sicht des Nachbarn jeweils hierfür einschlägigen baurechtlichen Gründe geschlossen werden kann, würde dies auch Wortlaut und Zweck des § 55 Abs. 2 LBO widersprechen. Eine grundsätzliche Ablehnung eines Vorhabens reicht gerade nicht aus, um zu verhindern, dass ein Nachbar gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO mit seinen nicht fristgerecht erhobenen Einwendungen ausgeschlossen wird. Vielmehr muss sein Vorbringen erkennen lassen, in welcher Hinsicht aus seiner Sicht Bedenken gegen das Bauvorhaben bestehen. Dies erfordert die Bezeichnung des verletzten Rechtsguts und eine zumindest grobe Darstellung der im einzelnen befürchteten Beeinträchtigungen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.04.1998 - 8 S 722/98 -, NVwZ 1998, 986; Beschluss vom 14.07.1999 - 3 S 1358/99 -, VBlBW 2000, 115; vgl. auch Beschluss vom 26.04.2002 - 5 S 629/02 -, VBlBW 2002, 445; Sauter, aaO, § 55 Rn 27b; Dürr, aaO, Rn 232). Auch von einem juristischen Laien ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin Ziff. 1 zu verlangen, dass er seine baurechtlichen Einwendungen dem Grunde nach konkretisiert. Hieran fehlt es jedoch. Hinsichtlich der nicht fristgerecht erhobenen Einwendung kommt auch keine Wiedereinsetzung der Klägerin Ziff. 1 in den vorigen Stand gemäß § 32 LVwVfG in Betracht. Die Voraussetzung hierfür liegen schon deshalb nicht vor, weil ein solcher Antrag nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 32 Abs. 2 LVwVfG gestellt worden ist.
37 
Der Eintritt der Präklusionswirkung ist auch nicht aufgrund von Verfahrensfehlern ausgeschlossen. Die Angrenzerbenachrichtigung vom 01.03.2004 ist der Klägerin Ziff.1 am 02.03.2004 zugestellt worden und hat auch die nach § 55 Abs. 2 Satz 3 LBO erforderliche Belehrung enthalten, dass Einwendungen gegen das Bauvorhaben innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Benachrichtigung schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Beklagten vorzubringen sind und dass sie mit allen Einwendungen ausgeschlossen wird, die im Rahmen der Beteiligung nicht fristgemäß geltend gemacht werden.
38 
Der Annahme der Präklusion stehen ferner auch keine anderweitigen Mängel entgegen. Eine Angrenzerbenachrichtigung kann ihre Anstoßwirkung nicht erreichen, wenn aus der gewählten Bezeichnung des Vorhabens auch bei Anwendung der dem Angrenzer obliegenden Sorgfalt nicht ersichtlich ist, welches Vorhaben tatsächlich zu erwarten steht. Eine Präklusion kann auch dann nicht eintreten, wenn die Bauvorlagen unvollständig oder unverständlich sind und diese eine mögliche Betroffenheit des Angrenzers nicht hinreichend deutlich erkennen lassen. Schließlich wird eine solche Rechtswirkung nicht ausgelöst, wenn die spätere Genehmigung nicht mit dem Bauantrag und den Bauvorlagen, in die der Nachbar Einsicht genommen hat, übereinstimmt und insoweit etwas anderes genehmigt wird (näher Sauter, aaO, § 55 Rn 28e). Derartige Mängel, die zum Ausschluss der Präklusion führen würden, sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. In der Angrenzerbenachrichtigung ist der Bauort angegeben und das Vorhaben mit „Bauvoranfrage: Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle in eine Freizeiteinrichtung (Vergnügungsstätte) mit der Möglichkeit - gegen Vergütung - Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen“ bezeichnet worden. Dies lässt unzweifelhaft den bordellartigen Charakter der beabsichtigten Nutzung in der Nähe des Anwesens der Klägerin Ziff. 1 erkennen.
39 
Ein die Annahme der Präklusion ausschließender Fehler liegt auch nicht deshalb vor, weil die Pläne, die nach dem ursprünglichen Antrag vom 20.01.2004 - und damit während der Angrenzerbeteiligung im März 2004 - Gegenstand der Bauvoranfrage waren, später aufgrund der Erklärung der Beigeladenen vom 23.02.2005 nicht mehr Teil der Bauvoranfrage und damit des Bauvorbescheids geworden sind. Die nach § 52 Abs. 1 LBO vorzulegenden Bauvorlagen konkretisieren den Bauantrag und damit das Vorhaben; sie bestimmen auch Inhalt und Umfang der Baugenehmigung (Sauter, aaO, § 52 Rn 19). § 57 Abs. 2 LBO erklärt im Rahmen des Bauvorbescheids § 52 LBO jedoch (nur) für entsprechend anwendbar. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bauvorbescheid - anders als die Baugenehmigung - eine auf einzelne Fragen des Vorhabens beschränkte Feststellung enthält. Pläne sind daher nur insoweit einzureichen, als sie für die Beurteilung der zu klärenden Frage erforderlich sind (vgl. auch Sauter, aaO, § 57 Rn 13). Gegenstand der Bauvoranfrage ist nach dem Antrag der Beigeladenen vom 20.01.2004 in der Fassung ihres Schreibens vom 23.02.2005 ausschließlich die Frage, ob das von ihnen geplante Vorhaben nach Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist und wie viele Stellplätze für das Vorhaben erforderlich sind. Zur Prüfung dieser Fragen ist jedoch die im Antragsschreiben vom 20.01.2004 enthaltene ausführliche schriftliche Erläuterung des Vorhabens ausreichend. Hierin ist im einzelnen dargelegt, dass auf dem Areal der ... Mühle (Flurstück Nr. ...) unter Sanierung und Erhaltung von Villa, Siloturm und Turbinenhalle eine Einrichtung mit Solarium, Whirlpool, kleinem Schwimmbad, Sauna, Dampfbad und Massage zur allgemeinen seelischen und körperlichen Entspannung von Erwachsenen geschaffen werden soll, die auch die Möglichkeit gewährt, dass männliche Personen gegen Entgelt dem sexuellen Erlebnis nachgehen können und hierfür weibliche Personen gegen Vergütung sexuelle Dienstleistungen anbieten.
40 
Die Ausklammerung der Pläne aus der Bauvoranfrage und die damit verbundene Begrenzung der Reichweite der Feststellungswirkung des Bescheids führt auch zu keiner - weitergehenden - Beeinträchtigung der nachbarlichen Interessen. Die - insoweit den Plänen entsprechenden - Charakteristika des Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sind im Antrag vom 20.01.2004 verbal im einzelnen aufgeführt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Stellplätze enthalten die Pläne keinen zusätzlichen die nachbarlichen Interessen berührenden Gehalt. Im Übrigen ist die nach Abschluss der Angrenzerbeteiligung mit Schreiben vom 23.02.2005 erfolgte ausdrückliche Begrenzung der Bauvoranfrage deshalb rechtlich unbedenklich, weil sie - in der Wirkung zu Gunsten der Nachbarn - die Bindungswirkung des Bauvorbescheids einschränkt.
41 
Schließlich ist das dem Bauvorbescheid vom 11.04.2005 zugrunde liegende Verwaltungsverfahren entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht durch die Beklagte zu ihren Lasten unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensfairness geführt worden. Aus den umfangreichen Behördenakten ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Beklagte die ihr gegenüber der Beigeladenen obliegende Hinweis- und Beratungspflicht (vgl. etwa §§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 und 2 LBO, § 25 LVwVfG) überschritten oder gar - zu Lasten nachbarlicher Interessen - ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten und den Beigeladenen vorgelegen hätte.
III.)
42 
Die Klage der Klägerin Ziff. 2 ist unbegründet, denn durch den Bauvorbescheid der Beklagten vom 11.04.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2006 werden ihre nachbarlichen Rechte nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
43 
Maßgeblich für die Begründetheitsprüfung der Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen einen erteilten Bauvorbescheid ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zustellung der letzten Behördenentscheidung, hier des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2006 (Sauter, aaO, § 55 Rn 77; Dürr, aaO, Rn 305). Die erst am 20.04.2007 in Kraft getretene Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt ... vom ... (GBl. ..., S. ...) ist - als eine zu Lasten der Bauherrn danach eingetretene Änderung - jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevant. Die Klage der Klägerin Ziff. 2 gegen den streitgegenständlichen Bauvorbescheid bleibt erfolglos, weil Vorschriften, die ihrem Schutz als Nachbarin dienen, nicht verletzt sind. Dies gilt für jede denkbare planungsrechtliche Einordnung des Vorhabens. Für den Erfolg einer Nachbarklage genügt es hingegen nicht, dass ein Bauvorbescheid objektiv rechtsfehlerhaft wäre. Insoweit kann daher auch dahingestellt bleiben, ob der angegriffene Bauvorbescheid in jeder rechtlichen Hinsicht beanstandungsfrei wäre.
44 
Sollte der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 einen Widerspruch hinsichtlich seines Feststellungsumfangs aufweisen (1.), begründet dieser jedenfalls keine Rechtsverletzung der Klägerin (2.).
45 
1.) Ein Bauvorbescheid enthält eine verbindliche, aber nach § 57 Abs. 1 Satz 2 LBO befristete Feststellung, dass dem Bauvorhaben hinsichtlich den zur Entscheidung gestellten Einzelfragen keine Hindernisse nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Ausgehend hiervon müssen Entscheidungsgegenstand und Reichweite der Bindungswirkung - auch gegenüber den vom Vorhaben betroffenen Nachbarn - eindeutig sein. Der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 stellt einerseits in seinem Tenor fest, dass für das Bauvorhaben der Beigeladenen der Bauvorbescheid erteilt wird. Damit ist entsprechend der dem Bescheid zugrunde liegenden Fragestellungen impliziert, dass das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Andererseits ist in den Gründen des Bescheids unter der Überschrift „Rücksichtnahmegebot gegenüber Angrenzern“ wörtlich ausgeführt, dass „die Zulassung des Bordells oder bordellartigen Betriebes Nachteile und Belästigungen zur Folge hat, vor allem aufgrund des abends und nachts zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs. Ob die damit verbundenen Störungen durch den zusätzlichen Verkehr für die angrenzende Wohnbebauung noch zulässig sind, muss in einem Lärmgutachten mit der entsprechenden Verkehrsprognose unter Berücksichtigung der Vorbelastung geprüft werden“ (so S. 6 des Bescheids unter Punkt 8; vgl. auch Bescheid Punkt 6 c und 6 d auf S. 4 des Bescheids).
46 
Eine Aufspaltung der Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Art der Nutzung in eine objektiv-rechtliche Komponente und eine solche des Nachbarschutzes ist rechtlich aber nicht möglich, weil andernfalls keine verbindliche, feststellungsfähige Aussage getroffen werden kann. Erst recht kann die Prüfung im Rahmen der Verletzung nachbarschützender Rechte nicht in die Fragen, ob durch den bordellartigen Betrieb an sich oder durch dessen Verkehrsaufkommen nachbarliche Rechte verletzt werden, unterteilt werden. Insoweit ist die Frage der Bebaubarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks mit der von der Beigeladenen beabsichtigten Art des Vorhaben nicht mehr weiter differenzierbar.
47 
Der Wortlaut des Bauvorbescheids liefert zwar einen Anhalt dafür, dass entgegen diesen Erwägungen die Frage, ob das dem Vorhaben zuzurechnende Verkehrsaufkommen Rechte der Nachbarn verletzt, nicht abschließend geprüft worden und der Bescheid daher in sich fehlerhaft sein könnte. Allerdings spricht bei der gebotenen umfassenden Auslegung insbesondere des nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG maßgebenden Widerspruchsbescheids vom 17.07.2006 viel dafür, dass der Gesichtspunkt, ob das Vorhaben einschließlich seines Zu- und Abfahrtsverkehrs Rechte der Klägerin Ziff. 2 verletzt, ungeachtet des für das ggfs. nachfolgende Baugenehmigungsverfahren vorbehaltenen Lärmgutachtens tatsächlich gewürdigt und verneint wurde.
48 
Das Regierungspräsidium hat im Widerspruchsbescheid vom 17.07.2006 ausgeführt, dass das Vorhaben nach der Art der Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig sei und nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße; insbesondere könne - da der ...Weg nicht als Erschließungsstraße genutzt werden dürfe und die Erschließung nur über die ... ...Straße und eine noch über die ... zu errichtende Brücke erfolgen könne - im Hinblick auf die gestellten Fragen zur baurechtlichen Zulässigkeit im Rahmen des Bauvorbescheids kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gesehen werden. Soweit der Widerspruchsbescheid auch die weitere Aussage enthält, das es der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleibe, ob der mit der Nutzungsänderung verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr den Anwohnern zuzumuten sei, dürfte dies vor dem Hintergrund zu sehen sein, dass die Frage der Erschließung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage und der Regelungswirkung des Bauvorbescheids ist. Mit dem Vorbehalt eines Lärmgutachtens sollte wohl – ungeachtet der Frage, ob der Erschließungsproblematik überhaupt eine drittschützende Dimension zukäme - Vorsorge getroffen werden, dass nur eine Erschließung gewählt wird, die sich insgesamt in einem für die Anwohner zumutbaren Rahmen bewegt und darüber hinaus die Annahmen im Rahmen des Bauvorbescheidsverfahrens nochmals verifiziert werden. Diese Auslegung dürften auch die Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen und des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nahelegen. Denn nach deren Verständnis sollte durch die Vorlage eines Lärmgutachtens sichergestellt werden, dass das Vorhaben unter Beachtung nachbarlicher Rechte weiter geplant und realisiert wird. Für einen in diesem Sinne lediglich deklaratorischen Charakter des Vorbehalts des Lärmgutachtens im Interesse der Absicherung der Planung und der Akzeptanzvermittlung spricht schließlich auch der Umstand, dass dieser einer Maßgabe entspricht, die der Landtag von Baden-Württemberg anlässlich der Zurückweisung der Petition des Bündnis für ... gegen das Vorhaben vorgesehen hat.
49 
2.) Wäre jedoch von der Widersprüchlichkeit des Bauvorbescheids auszugehen, weil die Frage der Verletzung nachbarlicher Rechte insbesondere durch den vorhabenbedingten Verkehr noch keiner hinreichenden Prüfung und Würdigung unterzogen worden wäre, führt dies nicht zur Annahme einer Verletzung nachbarschützender Rechte der Klägerin Ziff. 2, ohne die die Aufhebung des Bescheids nicht in Betracht kommt. Denn aufgrund der Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Klägerin Ziff. 2 weder durch das Vorhaben an sich noch durch den zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehr in ihren Rechten verletzt ist; für diese Feststellung bedarf es aufgrund der tatsächlich vorhandenen Situation auch nicht der Erhebung eines Sachverständigengutachtens. Das Vorhaben verletzt weder den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2 (a.) noch wäre es ihr gegenüber rücksichtslos oder in sonstiger Weise rechtsverletzend (b.). Dies gilt im Übrigen für alle denkbaren planungsrechtlichen Einordnungen des Vorhabens (c.).
50 
a.) Das Gebiet, in dem die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen, hat nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO den Charakter eines Mischgebiets. Das Vorhaben der Beigeladenen verletzt nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2, denn es gehört einem anderen Baugebiet an.
51 
Nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein nach der Baunutzungsverordnung, sofern die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht. § 34 Abs. 2 BauGB hat grundsätzlich nachbarschützenden Charakter (BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151; Dürr, in: Brügelmann, BauGB § 34 Rn 157 f). Der Nachbar hat in einem Plangebiet, aber in entsprechender Anwendung auch in einem Gebiet, auf das § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, durch die Gebietsfestsetzung der Baunutzungsverordnung einen Schutzanspruch auf die Bewahrung der Gebietsart. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierbei das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., 2006, § 34 Rn 104). Der Schutzanspruch aus der Baunutzungsverordnung - und damit auch jener nach § 34 Abs. 2 BauGB - geht weiter als der Schutz des Rücksichtnahmegebots, der voraussetzt, das der Nachbar in unzumutbarer Weise konkret in schutzwürdigen Interessen betroffen wird. Auf die Bewahrung der Gebietsart hat der Nachbar nämlich auch dann einen Anspruch, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung führt (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679).
52 
Nach den Feststellungen, die das Gericht anlässlich der Einnahme des Augenscheins getroffen hat, beginnt das Gebiet, in dem die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen, mit dem an der Ecke ... Hauptstraße / ... ...Straße gelegenen Anwesen ... ...Straße ..., in dem sich eine größere Gaststätte befindet. Die Bebauung setzt sich sodann entlang der ... ...Straße bis zum Grundstück Haus Nr. ... fort, danach beginnt der Außenbereich. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs sind zu einem großen Teil Wohnbebauung, jedoch auch in einem nicht unbedeutenden Umfang gewerbliche Nutzungen vorhanden. So befinden sich in dem Anwesen ... ...Straße N. ... ein Ausstellungsraum „Atelier für künstlerische Arbeiten“ und im Anwesen mit der Hausnummer ... ein Großhandel mit Futtermitteln. Neben dem Haus der Klägerin Ziff. 2 hat eine Heißmangel und Wäscherei in Gestalt eines „Ein-Mann-Betriebs“ ihren Standort, auf dem Grundstück der Klägerin Ziff. 2 (... ...Straße ... ) befindet sich auch ihr ... Büro. Insgesamt wird dieser Bereich durch das für ein Mischgebiet typische gleichberechtigte Nebeneinander von Wohnnutzung und nicht wesentlich störender gewerblicher Nutzung geprägt. Gegen die Qualifizierung des Gebiets als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO sprechen vor allem der Großhandel mit Futtermitteln und die Gaststätte, die nach ihrer Größe nicht mehr nur der Versorgung des Gebiets dient. Diese Anlagen sind nämlich in einem allgemeinen Wohngebiet nicht generell zulässig. Die Einstufung des Gebiets als Mischgebiet entspricht im Übrigen auch der Auffassung der Klägerin Ziff. 2 zum maßgeblichen Gebietscharakter in ihrem Einwendungsschreiben vom 14.03.2004. Dort führte sie ausdrücklich aus, dass die vorhandene Bebauung ein Mischgebiet darstelle.
53 
Die Bebauung entlang des ...Wegs und damit das Vorhabengrundstück sind jedoch aufgrund der topographischen Gegebenheiten nicht mehr Teil dieses Bebauungszusammenhangs, in dem sich die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 befinden. Denn die Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung entlang der ... ...Straße enden auch dort. Entsprechendes würde im Übrigen auch dann gelten, wenn man ungeachtet der vorstehenden Ausführungen zum Gebietscharakter - insoweit dem Klagevortrag folgend - von einem allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m § 4 BauNVO ausginge.
54 
Bei der ... ...Straße handelt es sich um eine stark befahrene Landstraße, die der Verbindung zwischen der Stadt ... und im ... liegender Gemeinden dient. Auf der den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 gegenüber liegenden Seite befindet sich entlang der ... ...Straße ein Geländer, das deren Fuß- und Radweg von der Böschung und dem anschließenden Gewässer trennt. Die ... - eingegrenzt und großzügig umfasst von ihren beidseitigen und eher breiten Böschungen - verläuft unterhalb des Niveaus der Landstraße. Die östlich des Anwesens der Klägerin Ziff. 1 vorhandenen und durch einen Metallbaubetrieb genutzten Flurstücke und das an diese Grundstücke angrenzende Vorhabengrundstück sind entlang der ... ...Straße und der ... stark eingewachsen. Etwa beginnend mit dem Anwesen der Klägerin Ziff. 1 grenzt die Böschung auf der in Fließrichtung linken Seite der ... an eine mit Pflanzen stark bewachsene Mauer, die etwa in Höhe der ...kirche von einem größeren Baumbestand abgelöst wird. Von der Mauer und dem ...weg wiederum zurückversetzt beginnt dann die dortige Bebauung. Diese bauliche Situation lässt sich insbesondere anhand der drei nachfolgenden während der Einnahme des Augenscheins gefertigten Lichtbilder verdeutlichen (vgl. Seiten 24 und 32 der Anlage zur Niederschrift):
55 
Aufgrund der Wirkung der insgesamt zu betrachtenden räumlichen und topographischen Gegebenheiten handelt es sich bei der Bebauung entlang des ...Wegs und derjenigen entlang der ... ...Straße um zwei unterschiedliche Bebauungszusammenhänge und damit um zwei Baugebiete. Die trennende Wirkung der Topographie wird auch nicht durch eine - verbindende - Brücke beseitigt.
56 
Zwischen den Anwesen in der ... ...Straße und denjenigen des ...Wegs besteht eine Verbindung über den Kreuzungsbereich an der ... ...Straße / ...kirche . Eine Brücke, die den ...weg und die ... ...Straße unmittelbar verbinden würde, existiert tatsächlich nicht. Selbst wenn man ungeachtet der Tatsache, dass im Rahmen des § 34 BauGB vor allem die tatsächliche Situation maßgeblich ist, auf die genehmigungsrechtliche Grundlage eines Brückbauwerks abstellen wollte, ergibt sich nichts anderes. Die zuletzt 1995 erteilte Genehmigung für eine Brücke kann schon deshalb heute nicht mehr unmittelbar umgesetzt werden, weil deren baurechtliche Geltungsdauer bereits abgelaufen ist. Soweit aufgrund der Festlegungen des Bauvorbescheids eine Brücke zu erwarten steht, dient diese nach Funktion und Wirkung nur der Erschließung des Vorhabengrundstücks, nicht aber der Herstellung eines Bebauungszusammenhangs.
57 
Selbst wenn man ungeachtet der vorstehenden Ausführungen der Auffassung wäre, dass die topographischen Gegebenheiten nicht zu einer Verneinung des Bebauungszusammenhang zwischen den Grundstücken am ...weg und denjenigen entlang der ... ...Straße führen würden, so wären die bereits dargestellten trennenden Wirkungen der ... ...Straße und des Gewässers jedenfalls insoweit beachtlich, als sie dazu führen, dass das Vorhabengrundstück nicht mehr Teil der näheren Umgebung der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 ist.
58 
Der Nachbarschutz auf Bewahrung der Gebietsart reicht räumlich nicht über die auch in § 34 Abs. 2 BauGB maßgebliche nähere Umgebung hinaus (BVerwG, Beschl. v. 20.08.1998 - 4 B 79/98 -, NVwZ-RR 1999, 105; Hofherr, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 34 Rn 88, 67). Berücksichtigt werden muss die Umgebung eines beabsichtigten Vorhabens einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380). Daraus folgt, dass der die Erhaltung der Gebietsart betreffende Nachbarschutz durch die wechselseitige Prägung der benachbarten Grundstücke begrenzt ist und keineswegs notwendig alle Grundstücke in der Umgebung umfassen muss, die zu derselben Baugebietskategorie gehören. Wieweit die wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Dabei können auch topographische Gegebenheiten wie Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Flüsse und dergleichen) eine Rolle spielen.
59 
Die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen vom Vorhabengrundstück etwa 50 m entfernt. Aufgrund des im einzelnen bereits oben beschriebenen Verlaufs der ... ...Straße quasi parallel zur ... mit ihren beidseitigen Böschungen sowie Bepflanzungen fehlt es an der wechselseitigen Prägung der Grundstücke der Klägerin und des Vorhabengrundstücks.
60 
Das Vorhaben der Beigeladenen berührt aufgrund seiner Lage daher nicht den Anspruch der Klägerin Ziff. 2 auf Bewahrung ihrer eigenen Gebietsart. Einen Anspruch auf Abwehr einer Bebauung in einem fremden Gebiet vermittelt § 34 Abs. 2 BauGB nicht (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000, aaO, VGH München, Urt. v. 14.07.2006 - 1 BV 03.2179 -, UPR 2007, 152)
61 
b) Selbst wenn man entgegen den Ausführungen unter a) davon ausginge, dass die topographischen Gegebenheiten keine trennende Wirkung zwischen der Bebauung entlang der ... ...Straße und derjenigen entlang des ...Wegs unter Einschluss des Vorhabengrundstücks entfalten würden, sondern das vorhandene Gebiet vielmehr einheitlich zu beurteilen wäre, so wäre die Klägerin Ziff. 2 ebenfalls nicht in ihren Nachbarrechten verletzt. Das Vorhaben wäre dann nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen und ließe eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht erkennen.
62 
Die Bebauung entlang des ...Wegs und der ... ...Straße kann als gemeinsam betrachtetes Gebiet nicht eindeutig einem Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung zugeordnet werden. Die vorhandene bauliche Situation stellt sich uneinheitlich dar. Einerseits sind zu einem bedeutenden Teil Wohnbebauung und entlang der ... ...Straße – wie bereits oben dargestellt - auch nicht störende gewerbliche Nutzungen vorhanden. Einer Qualifizierung als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) oder gar als allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) steht jedoch der nach seiner Größe beachtliche Schlossereibetrieb der Firma Metallbau... entgegen. Das Betriebsgebäude steht auf dem Grundstück Flurstück Nr. .../..., auch das Flurstück Nr. .../... wird gewerblich von diesem Betrieb genutzt (Abstellung von Betriebsfahrzeugen und –material). Eine Schlosserei ist im allgemeinen ein störender Handwerksbetrieb, da mit dem Betrieb sowie dem Be- und Entladen der Materialien typischer Weise Lärm, Staub und Geruchsentwicklungen verbunden sind (Fickert/Fiesler, BauNVO, 10. Aufl., 2002, § 4 Rn 4.4; § 2 Rn 20 f). Die störende Wirkung des Betriebs auch im konkreten Fall ist während der Einnahme des Augenscheins deutlich geworden. Auf der der Schlosserei gegenüber liegenden Seite der ... ...Straße war während der Betriebszeit das Hämmern der Schlosserei trotz des beständigen geräuschvollen Straßenverkehrs deutlich zu hören. Die Anlage ist auch nicht als singuläre Anlage innerhalb einer sie sonst umgebenden homogenen Bebauung als Fremdkörper unbeachtlich (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 - 4 C 11/05 -, NVwZ 2007, 585). Nach dem Eindruck, den die Kammer anlässlich der Einnahme des Augenscheins gewonnen hat, beherrscht die Schlosserei aufgrund ihrer Größe und Bauweise - neben der vorhandenen Bebauung des Vorhabengrundstücks - die bauliche Situation entlang des ...Wegs. Selbst wenn man die noch vorhandene gewerbliche Nutzung auf dem Vorhabengrundstück durch das Wasserkraftwerk, die allerdings nicht mit störenden Wirkungen einhergeht, ebenfalls mit in die Betrachtung einstellt, scheidet eine einheitliche Qualifizierung des Gebiets als Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO jedoch aufgrund des hohen Anteils von Wohnbebauung aus.
63 
Kann kein eindeutiger Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung bestimmt werden, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Hiervon sind im Übrigen auch die Baurechtsbehörden und der Landtag von Baden-Württemberg (Petition .../ ..., Drs. .../...) ausgegangen. § 34 Abs. 1 BauGB kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 28.07.1999 - 4 B 38.99 -, Buchholz 406.19 Nr. 160, Schrödter, aaO, § 34 Rn 102) jedoch keine allgemeine nachbarschützende Wirkung zu, da es an einer mit §§ 30, 34 Abs. 2 BauGB vergleichbaren Ausgangslage fehlt (vgl. zur Gegenmeinung Dürr, in: Brügelmann, aaO, § 34 Rn 154). § 34 Abs. 1 BauGB ist nur insoweit nachbarschützend, als dem Gebot der Rücksichtnahme, das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB vorhanden ist, Nachbarschutz zukommt (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128.98 -, Buchholz 406.19 Nr. 159; Hofherr, aaO, § 34 Rn 87 mwN). Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, aaO). Nachbarschutz über § 34 Abs. 1 BauGB kommt also nur in Betracht, wenn ein Vorhaben - obwohl es den durch die nähere Umgebung gesetzten Rahmen einhält, aber auch, wenn es diesen nicht einhält -, sich nicht einfügt, weil es die gebotene Rücksicht auf die sonstige, vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG Urteil vom 27.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots im objektivrechtlichen Sinne vor, kommt es für den Drittschutz weiter darauf an, inwieweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (subjektivrechtliche Seite des Rücksichtnahmegebots). Die gilt für diejenigen Fälle, in denen - erstens - die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist und - zweitens eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist; die Schutzwürdigkeit, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was für beide Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind dann gegeneinander abzuwägen (st. Rspr. seit BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 - 4 C 22.75 -,NJW 1978, 62; vgl. auch Dürr, Brügelmann, aaO, § 34 Rn 151). Gemessen hieran ist weder das Vorhaben an sich wegen seines bordellartigen Charakters noch in Anbetracht des vorhabenbedingt zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehrs gegenüber der Klägerin Ziff. 2 rücksichtslos, denn es ist ihr jedenfalls nicht unzumutbar.
64 
Es kann dabei hier dahingestellt bleiben, ob die von den Beigeladenen konzipierte Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, entsprechend der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen wegen ihres bordellartigen Charakters baurechtlich als ein reiner Gewerbebetrieb einzustufen ist oder ob vorliegend eine - ggfs. kerngebietstypische - Vergnügungsstätte anzunehmen ist (vgl. näher Stühler, Prostitution und Baurecht, NVwZ 2000, 990, 993). Denn maßgebend für die Frage, ob eine solche Einrichtung der Klägerin Ziff. 2 im Ergebnis zugemutet werden kann, sind nämlich in erster Linie die von dieser ausgehenden tatsächlichen Wirkungen, nicht dagegen deren abstrakt-rechtliche Einordnung.
65 
Das Vorhaben ist nicht deshalb für die Klägerin Ziff. 2 unzumutbar, weil es Prostituierten die Möglichkeit eröffnet, dort ihrer Tätigkeit nachzugehen. Dies folgt allerdings nicht schon unmittelbar aus dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001 (BGBl. 2001, 3983), denn dieses hat keine Auswirkungen auf hier heranzuziehenden baurechtlichen Bestimmungen. Insbesondere führt es nicht zu einer planungsrechtlichen Gleichstellung derartiger Einrichtungen mit anderen legalen Gewerbeausübungen (Stühler, Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auf das Bau-, Gaststätten- und Gewerberecht, GewArch 2005, 129, 132; ders., Zur Zulässigkeit von bordellartigen Betrieben (Terminwohnungen) und Wohnungsprostitution in Mischgebieten, GewArch 2006, 26, 27 mwN). Maßgebend ist im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots vielmehr nach wie vor eine Einzelfallbetrachtung. Der vorliegende Fall bietet jedoch keinen Anlass zur Feststellung, die Tätigkeit der Prostituierten wäre für die Klägerin Ziff. 2 beeinträchtigend. Nach der Betriebskonzeption bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Betrieb des Vorhabens strafbare Handlungen einhergingen. Zwischen dem Betreiber des Vorhabens und den Prostituierten bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Auch sonst lässt sich nicht erkennen, dass dort durch die Prostitution gegen Strafvorschriften (wie etwa in Gestalt der Ausbeutung von Prostituierten nach § 180a StGB) verstoßen würde. Auch der Aspekt der Folgekriminalität steht dem Vorhaben nicht entgegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass Kriminalität als nicht ausschließbare Begleiterscheinung eines Bordellbetriebs städtebauliche Relevanz hätte (siehe hierzu auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2007 - 4 C 1.06 -), führt dies jedoch nicht dazu, das Vorhaben der Beigeladenen als rücksichtslos einzustufen. Außer einer unspezifischen Besorgnis der Klägerin Ziff. 2 bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb und sein Umfeld sich zu einem Platz für Straftaten entwickeln könnte. Es sind keine substantiierten Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen worden, dass dem Vorhaben insoweit ein besonderes Gefährdungspotential innewohnen könnte. Nach der Betriebskonzeption findet dort kein Alkoholausschank statt. Durch die Eingangskontrolle des Betreibers ist sichergestellt, dass ausschließlich volljährige und mit dem Betriebsgegenstand vertraute Personen Zugang erhalten. Insgesamt zielt die Einrichtung dem Antrag zufolge auf eine „allgemeine körperliche und seelische Entspannung in gediegener Atmosphäre“ mit der Möglichkeit, gegen „entsprechende Vergütung sexuelle Dienstleistungen“ abzurufen. Konkrete Anhaltspunkte für dem Vorhaben zuzurechnende Folgekriminalität ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme der Polizeidirektion ... vom 09.03.2004, denn diese befasst sich vor allem mit der Situation vergleichbarer „Luxusbordelle“ in ... und den in ... bereits vorhandenen Bordellen bzw. Wohnungsprostitutionen.
66 
Auch ist auch nicht erkennbar, dass die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 sonstigen unzumutbaren milieubedingten Spannungen ausgesetzt würden oder der von ihr befürchtete „trading down effekt“ eintreten könnte.
67 
Das Vorhaben liegt am Ortsrand von ... in beginnender Hanglage und grenzt östlich und südlich unmittelbar an den Außenbereich an. Innerhalb des betrachteten Gebiets stehen weitere Flächen für eine Grundstücksnutzung in einer dem Vorhaben vergleichbaren Art nicht zur Verfügung. Für die Befürchtung der Klägerin Ziff. 2, dass das Vorhaben insoweit eine allgemeine negative bauliche Entwicklung des Gebiets einleiten würde, existieren daher keine greifbaren Anhaltspunkte.
68 
Auch für sonstige unzumutbare Wirkungen oder milieubedingte Spannungen gibt es keine Hinweise. Das Vorhabengrundstück ist von den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 etwa 50 m entfernt. Es tritt aufgrund seines starken Bewuchses, abgesehen von dem markanten Siloturm, gegenüber der Klägerin Ziff. 2 kaum in Erscheinung. Wie sich insoweit aus der von der Bindungswirkung des Bauvorbescheids umfassten Vorhabenbeschreibung der Beigeladenen vom 20.01.2004 ergibt, ist auch bei dem durch die Beigeladene beabsichtigten Vorhaben durch Bepflanzungen und bauliche Maßnahmen sichergestellt, dass das Areal gegenüber der Klägerin Ziff. 2 nicht in einer seine Nutzung erkennbar werdenden Weise in Erscheinung tritt. Dies gilt sowohl für die Räumlichkeiten als auch für die Freifläche, die nach außen deutlich abgeschirmt werden. Die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 sind aufgrund der Entfernung und der (baulichen) Abschirmungen insbesondere nicht zwangsläufig der ständigen Wahrnehmbarkeit physikalischer Emissionen optischer oder akustischer Art, die jeweils betriebsbedingt auf dem Vorhabengrundstück ausgelöst werden können, ausgesetzt. Auch umgekehrt kann vom Vorhabengrundstück nicht auf die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 Einblick genommen werden. Darüber hinaus wird das Objekt selbst keine auf seinen Betriebsgegenstand hindeutende Außenwirkung haben, und auch der Zufahrtsbereich wird neutral gestaltet. Ein „Auf- und Ablaufen“ von Prostituierten auf der Straße oder eine von den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 aus erkennbare Kontaktaufnahme zwischen Prostituierten und „Kunden“ wird ebenfalls nicht erfolgen und auch sonstige denkbare unerwünschte soziale „Außenwirkungen“ eines Bordellbetriebs, wie etwa anstößiges Verhalten von Besuchern oder Belästigung von Passanten bei der Suche des Bordellbetriebs, werden nach Lage des Vorhabens und der konkreten Betriebskonzeption vermieden. Schließlich stellt die von der Klägerin Ziff. 2 in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass Freier ihr Auto in einiger Entfernung vom Vorhaben parken und dann an den Häusern der ... ...Straße entlang liefen, ihr gegenüber keine Beeinträchtigung dar. Es bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen optisch von sonstigen Fußgängern entlang der ... ...Straße zu unterscheiden wären. Darüber hinaus steht auch ein solches Verhalten nicht zu erwarten, denn es gibt für üblicher Weise auf Diskretion Wert legende Benutzer objektiv keinen Anlass, Fahrzeuge außerhalb des Vorhabengrundstücks abzustellen. Die Beklagte hat den Stellplatzbedarf entsprechend der Betriebskonzeption ermittelt. Dass dieser – zu Lasten der Klägerin Ziff. 2 – fehldimensioniert wäre, hat diese nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Auch aufgrund der sonstigen Gegebenheiten, insbesondere des zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs, sind keine für die die Klägerin unzumutbaren Belastungen zu erwarten.
69 
Es ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Situation der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 bereits durch gewerbliche Betätigungen in der Umgebung geprägt ist. Gerade durch die typischen betriebsbedingten Lärmbelastungen der Schlosserei, die im Bereich der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 außen deutlich vernehmbar sind und die erheblichen Geräusche, die der Verkehr auf der ... ...Straße verursacht, sind deren Grundstücke, die zudem im rückwärtigen Einwirkungsbereich einer großen Straßenkreuzung an der Brücke im Bereich der ... liegen, schon heute Unruhen ausgesetzt. Die ... ...Straße weist selbst während der Zeiten, in denen der ursprünglich zu ihrer Entlastung konzipierte „...tunnel“ nicht geschlossen ist, aufgrund der allgemeinen Verkehrssteigerung eine tägliche Verkehrsbelastung in einer Größenordnung von etwa 12.000 bis 18.000 Fahrzeugen auf. Diesen Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin Ziff. 2, an deren Grundstücke dieser Verkehr entlang führt, nicht entgegen getreten. Bei dieser Vorbelastung ist nicht zu erkennen, dass es durch den Betrieb des Vorhabens zu relevanten Beeinträchtigungen der Klägerin Ziff. 2 kommen könnte. Insbesondere fällt der vorhabenbedingte Verkehr nicht zusätzlich ins Gewicht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Verkehrsbelastung auf der ... ...Straße nicht gleichmäßig über den Tag verteilt ist, sondern verkehrsimmanent Spitzenbelastungen und Zeiten mit wenig Verkehr (insbesondere in den Abend- und Nachtstunden) vorhanden sind. Nach der Betriebskonzeption, die sich nicht auf die typische Prostitution beschränkt, sondern aufgrund eines umfassenden Zusatzangebots insbesondere im Bereich Wellnesseinrichtungen auf eine längere Verweildauer der Kunden angelegt ist, ist nicht mit einem ständig kurzzeitig wechselnden Personenaufkommen zu rechnen. Die Kammer geht aufgrund dieser Betriebskonzeption davon aus, dass sich der Zu- und Abfahrtsverkehr einschließlich des Personals und Zubringerdienste in einer Größenordnung von täglich wenigen hundert Fahrzeugen bewegen wird. Hierfür dient auch die von den Beigeladenen vorläufig genannte Zahl von 80 Stellplätzen als Anhalt. Dieser vorhabenbedingte zusätzliche Verkehr ist der Klägerin Ziff. 2 angesichts der Vorbelastung ihrer Grundstücke nicht unzumutbar. Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass einem von der Klägerin Ziff. 2 befürchteten Rückstau im Bereich ihrer Grundstücke – sofern er überhaupt vorhabenbedingt wäre - durch die konkrete Wahl der Erschließung bzw. durch straßenverkehrliche Maßnahmen entgegengewirkt werden könnte.
70 
Nach alledem lässt das Vorhaben nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 vermissen. Auch aus anderen Gründen verletzt das Vorhaben die Klägerin Ziff. 2 nicht in ihren Rechten. Die von ihr geltend gemachte Wertminderung ihrer Grundstücke ist – wie das Regierungspräsidium bereits dargelegt hat – schon deshalb nicht beachtlich, weil ihr gegenüber das Vorhaben nicht rücksichtslos ist und das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 GG insoweit keine weitergehenden Rechte vermittelt. Auch selbstständige immissionsschutzrechtliche Abwehransprüche stehen ihr nicht zu; dies gilt schon deshalb, weil das beabsichtigte Vorhaben nicht in den Anwendungsbereich des Immissionsschutzrechts fällt.
71 
c.) Selbst wenn man entgegen den unter oben a) und b) gemachten Ausführungen davon ausginge, das Vorhabengrundstück sei aufgrund seiner Größe und Wirkung nicht Teil eines Baugebiets entlang des ...Wegs bzw. Teil eines gemeinsamen Gebiets entlang der ... ...Straße und des ...weg, sondern müsse eigenständig gewürdigt werden, führt dies im Ergebnis für die Klägerin Ziff. 2 nicht zu einem anderen Verfahrensausgang. Ginge man hinsichtlich des Baugeländes von einem selbstständigen im Zusammenhang bebauten Ortsteil aus, so würde das Vorhaben entweder in Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2 nicht verletzen oder wäre jedenfalls im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ihr gegenüber nicht rücksichtslos. Selbst wenn das Vorhaben nach Maßgabe des § 35 BauGB zu beurteilen wäre, so würde Nachbarschutz ebenfalls nur über das Rücksichtnahmegebot gewährt (Dürr, in: Brügelmann, aaO, § 35 Rn 189 f. mwN). Das Vorhaben wäre dann entsprechend den oben bereits dargelegten Erwägungen gegenüber der Klägerin Ziff. 2 nicht als rücksichtslos zu beurteilen.
IV.)
72 
Auch die Klage der Klägerin Ziff. 1 wäre - wenn man die - hier bejahte - Präklusion (oben unter II.) verneinen würde - jedenfalls deshalb unbegründet, weil das Vorhaben ihr gegenüber ebenfalls nicht rücksichtslos wäre.
73 
Aufgrund der im Rahmen des Wasserkraftwerks noch erfolgenden gewerblichen Nutzung des Vorhabengrundstücks und der Belastung der Umgebung durch die Schlosserei ... kann - wie bereits oben dargelegt - die Bebauung entlang des ...Wegs nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebietstypus nach der BauNVO zugeordnet werden, sondern sie beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Nach den Ausführungen oben unter III 2 b.) wäre das Vorhaben jedoch auch gegenüber der Klägerin Ziff. 1 nicht rücksichtslos. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Zwar liegt ihr Grundstück auf der gleichen Seite der ... wie das Vorhaben. Ihre Grundstückssituation ist jedoch durch den - zwischen ihrem Anwesen und dem Vorhabengrundstück riegelartig liegenden - Metallbaubetrieb ... bereits in erheblichem Maße durch die Auswirkungen einer gewerblichen Nutzung vorbelastet. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie angesichts der geplanten baulichen Maßnahmen der Beigeladenen, die der Abgrenzung des Vorhabens gegenüber der Umgebung dienen, in besonderem Maße negativ betroffen werden könnte. Vielmehr bezwecken diese Maßnahmen gerade, typische unerwünschte soziale Kontakte zwischen den unterschiedlichen baulichen Nutzungen zu verhindern. Auch unter dem Aspekt des vorhabenbedingten Zu- und Abfahrtsverkehrs, der entsprechend den Festlegungen im Bauvorbescheid nicht über den bestehenden ...weg abgewickelt werden darf, und der Stellplatzbemessung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die das Vorhaben als für die Klägerin Ziff.1 unzumutbar erscheinen ließen. Im Übrigen gelten auch hier die Ausführungen unter III 2 c.) entsprechend.
74 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.
75 
Die Kammer sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegt nicht vor.

Gründe

 
31 
Die Klagen gegen den Bauvorbescheid der Beklagten vom 11.04.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2006 sind zulässig (zum Regelungsgegenstand des Bauvorbescheids siehe unten I.). Die Klage der Klägerin Ziff. 1 hat jedoch schon deshalb keinen Erfolg, weil sie im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung keine baurechtlich beachtlichen Einwendungen erhoben hat und sie mit ihrem weiteren Vorbringen im Widerspruch- und Klageverfahren materiell präkludiert ist (II.). Die Klage der Klägerin Ziff. 2 ist unbegründet, weil der streitgegenständliche Bauvorbescheid sie nicht in ihren nachbarschützenden Rechte verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (III.). Dies würde im Übrigen auch für die Klägerin Ziff. 1 gelten, wenn man das Vorliegen einer Präklusion verneinen würde (IV.).
I.)
32 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen eines Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung hat der Bauherr trotz des Wortlauts in § 57 Abs. 1 LBO („kann erteilt werden“) einen Rechtsanspruch, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften den zur Klärung gestellten Fragen nicht entgegenstehen; dies folgt aus dem Verweis in § 57 Abs. 2 LBO auf § 58 Abs. 1 LBO. Regelungsgegenstand des Bauvorbescheids vom 11.04.2005 ist die Frage, ob die Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle in eine Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, der Art nach bauplanungsrechtlich auf dem Vorhabengrundstück zulässig ist und wie viele Stellplätze hierfür benötigt werden. Dieser Entscheidungsgegenstand entspricht den zuletzt gestellten und insoweit maßgeblichen Fragen der Beigeladenen. Während der ursprüngliche - ohne konkrete Fragen gestellte - Antrag vom 20.01.2004 zunächst mit Schreiben der Beigeladenen vom 25.02.2004 dahingehend präzisiert worden war, dass unter Verweis auf die vorgelegten Pläne die „baurechtliche Frage der zulässigen Umnutzung des bestehenden Anwesens in eine Vergnügungsstätte mit der Möglichkeit gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen gestellt werde“, grenzte die Bauherrin ihre Anfrage mit Schreiben vom 23.02.2005 sodann dahin gehend ein, dass die Pläne nicht mehr Bestandteil eines Bescheids über die Bauvoranfrage werden sollten und ihre Anfrage nunmehr lediglich die Art der Nutzung und die Anzahl der Parkplätze umfasse. Andere als die zuletzt gestellten Fragen standen somit nicht zur Entscheidung und sind auch nicht von der Beklagten mit Bindungswirkung für ein eventuell nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren entschieden worden.
33 
Insbesondere ist die Frage der Erschließung nicht Gegenstand des Bauvorbescheids. Sowohl für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB als auch für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB gilt, dass die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der beabsichtigten Art der baulichen Nutzung und die Frage der Erschließung schon nach dem Wortlaut der Vorschriften selbstständige Tatbestandsmerkmale einer Norm sind, die einer isolierten Beurteilung unterworfen werden können (vgl. auch Sauter, Landesbauordnung, 3. Aufl., § 57 Rn 6). Der vorliegende Fall weist auch keine Besonderheiten auf, die es gebieten würden, dass abweichend von diesem Grundsatz über beide Frage gemeinsam entschieden werden müsste. Deshalb ist es insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 den Hinweis enthält, dass die Erschließung nicht Gegenstand des Bauvorbescheids ist und über die Zumutbarkeit des zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs über die Brücke oder eine andere Erschließung erst im Baugenehmigungsverfahren nach Vorlage eines Gutachtens entschieden werden könne. Im Übrigen betrifft der Umstand des Fehlens eines Lärmgutachtens bzw. dessen Vorbehalt für das Baugenehmigungsverfahren nicht die Frage des Regelungsgegenstands des Bauvorbescheids, sondern die Frage, ob im Bauvorbescheid die nachbarlichen Rechte mit der Folge einer Rechtsverletzung der Klägerinnen fehlerhaft gewürdigt worden sind.
II.)
34 
Die Klage der Klägerin Ziff. 1 ist unbegründet, denn sie ist materiell präkludiert. Entgegen § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO hat sie nicht fristgerecht im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung baurechtlich beachtliche Einwendungen gegen das Vorhaben der Beigeladenen erhoben. Deshalb ist sie nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die im Rahmen der Beteiligung nicht fristgemäß geltend gemacht worden sind. Bei einer materiellen Präklusion (zur Einordnung des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO als - entsprechend dem Gesetzeswortlaut - materielle Präklusionsvorschrift siehe VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.03.1998 - 5 S 3180/97 -; Sauter, aaO, § 55 Rn 28a ff.; Dürr, Baurecht Baden-Württemberg, 11. Aufl., 2004, Rn 232) ist das Gericht an der inhaltlichen Prüfung gehindert, ob durch den Verwaltungsakt subjektive Rechte der Klägerin verletzt werden. Der Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsakts nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist ausgeschlossen (Dürr, aaO, Rn 306; siehe allgemein zur Einordnung der Präklusion als Aspekt der Begründetheitsprüfung BVerwG Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38/95 -, NVwZ 1997, 489; VGH Bad.-Württ. Urt. v. 02.12.1991 - 1 S 818/91 -, DVBl 1992, 438; Eyermann/Schmidt, VwGO 12. Aufl., 2006, § 113 Rn 4; Spannowsky, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 113 Rn 34 f., Brandt, Präklusion im Verwaltungsverfahren, NVwZ 1997, 233, 235). Gründe dafür, dass der Einwendungsausschluss nicht greift und die von der Klägerin Ziff. 1 im Widerspruchs- und Klageverfahren vorgebrachten Einwendungen deshalb durch das Gericht zu prüfen wären, liegen nicht vor.
35 
Anlässlich der Angrenzerbenachrichtigung nach § 57 Abs. 2 i.V.m. § 55 LBO mit Schreiben der Beklagten vom 01.03.2004 hat die Klägerin Ziff. 1 mit ihrem innerhalb der 2-Wochen-Frist bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 09.03.2004 die Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle abgelehnt und weiter ausgeführt, dass sie als bekennende Christin keine solche Freizeiteinrichtung (Vergnügungsstätte) für sich, ihre Familie, ihre Nachbarn und ihre Stadt haben wolle. Die Klägerin Ziff. 1 ist der Ansicht, sie habe mit dieser Einwendung zwangsläufig zu befürchtende bodenrechtliche Spannungen und eine Gebietsunverträglichkeit geltend gemacht. Der Wortlaut des Schreibens lässt einen solchen Einwand allerdings nicht erkennen. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich dies auch nicht im Wege der weiteren Auslegung. Für die Auslegung des Schreibens kommt es dabei nicht darauf an, welchen subjektiven Erklärungsinhalt die Klägerin Ziff. 1 ihren Formulierungen beimessen wollte. Maßgebend ist vielmehr entsprechend §§ 133, 157 BGB der objektive Erklärungswert, d.h. wie die Beklagte den Inhalt des Schreibens nach Treu und Glauben verstehen musste und durfte (siehe allgemein zur Auslegung öffentlich-rechtlicher Willenserklärungen Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 9 Rn 25 mwN). Nach dem objektivierbaren Erklärungswert enthält das Schreiben keine baurechtlich relevante Einwendung.
36 
Die Gründe der Klägerin Ziff. 1 für die im ersten Satz ihres Schreibens vom 09.03.2004 erklärte Ablehnung des Vorhabens der Beigeladenen ergeben sich aus dem damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden folgenden Satz. Danach erfolgt ihre Ablehnung, die sie nicht nur für sich selbst, sondern für die Standortgemeinde insgesamt erklärt, aus ihrer christlichen Überzeugung. Insoweit kann die Formulierung des ersten Satzes nicht losgelöst von dem betrachtet werden, was sie weiter ausführt. Die Klägerin Ziff. 1 wendet sich ausschließlich aus religiösen und damit privaten Motiven gegen das Vorhaben. Rechtserheblich sind jedoch nur öffentlich-rechtliche Einwendungen (Sauter, aaO, Rn 27c). Soweit die Klägerin Ziff. 1 des weiteren geltend macht, sie habe ihre Einwendungen auch als Kirchenälteste der ...gemeinde im Interesse der ...kirche formuliert und damit insbesondere zum Ausdruck gebracht, aus baulicher Sicht dürfe das Vorhaben nicht in der Nachbarschaft der Kirche entstehen, führt dies ebenfalls nicht zur Annahme einer rechtserheblichen Einwendung. Abgesehen davon, dass eine solche Intension dem Wortlaut ihres Schreibens vom 09.03.2004 schon nicht entnommen werden kann, kann die Klägerin Ziff. 1 als Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. 12/1 nur eigene Rechte und Belange geltend machen, nicht aber solche der Kirchengemeinde. Schließlich besteht auch kein Anlass unter Berücksichtigung des der Beklagten erkennbaren Verfahrensziels der Klägerin Ziff. 1, nämlich der Verhinderung des Vorhabens der Beigeladenen, ihr Schreiben vom 09.03.2004 in einer Art „Meistbegünstigung“ unter weitgehender Außerachtlassung seines Wortlauts dahingehend auszulegen, dass bei der generellen Ablehnung des Vorhabens in Gestalt eines bordellartigen Betriebs sich etwa aufdrängende bauliche Erwägungen im Sinne befürchteter bodenrechtlicher Spannungen und einer Gebietsunverträglichkeit geltend gemacht würden. Abgesehen davon, dass aus einer Ablehnung des Vorhabens nicht zwangsläufig mit hinreichender Sicherheit auf die aus Sicht des Nachbarn jeweils hierfür einschlägigen baurechtlichen Gründe geschlossen werden kann, würde dies auch Wortlaut und Zweck des § 55 Abs. 2 LBO widersprechen. Eine grundsätzliche Ablehnung eines Vorhabens reicht gerade nicht aus, um zu verhindern, dass ein Nachbar gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO mit seinen nicht fristgerecht erhobenen Einwendungen ausgeschlossen wird. Vielmehr muss sein Vorbringen erkennen lassen, in welcher Hinsicht aus seiner Sicht Bedenken gegen das Bauvorhaben bestehen. Dies erfordert die Bezeichnung des verletzten Rechtsguts und eine zumindest grobe Darstellung der im einzelnen befürchteten Beeinträchtigungen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.04.1998 - 8 S 722/98 -, NVwZ 1998, 986; Beschluss vom 14.07.1999 - 3 S 1358/99 -, VBlBW 2000, 115; vgl. auch Beschluss vom 26.04.2002 - 5 S 629/02 -, VBlBW 2002, 445; Sauter, aaO, § 55 Rn 27b; Dürr, aaO, Rn 232). Auch von einem juristischen Laien ist daher entgegen der Auffassung der Klägerin Ziff. 1 zu verlangen, dass er seine baurechtlichen Einwendungen dem Grunde nach konkretisiert. Hieran fehlt es jedoch. Hinsichtlich der nicht fristgerecht erhobenen Einwendung kommt auch keine Wiedereinsetzung der Klägerin Ziff. 1 in den vorigen Stand gemäß § 32 LVwVfG in Betracht. Die Voraussetzung hierfür liegen schon deshalb nicht vor, weil ein solcher Antrag nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 32 Abs. 2 LVwVfG gestellt worden ist.
37 
Der Eintritt der Präklusionswirkung ist auch nicht aufgrund von Verfahrensfehlern ausgeschlossen. Die Angrenzerbenachrichtigung vom 01.03.2004 ist der Klägerin Ziff.1 am 02.03.2004 zugestellt worden und hat auch die nach § 55 Abs. 2 Satz 3 LBO erforderliche Belehrung enthalten, dass Einwendungen gegen das Bauvorhaben innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieser Benachrichtigung schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Beklagten vorzubringen sind und dass sie mit allen Einwendungen ausgeschlossen wird, die im Rahmen der Beteiligung nicht fristgemäß geltend gemacht werden.
38 
Der Annahme der Präklusion stehen ferner auch keine anderweitigen Mängel entgegen. Eine Angrenzerbenachrichtigung kann ihre Anstoßwirkung nicht erreichen, wenn aus der gewählten Bezeichnung des Vorhabens auch bei Anwendung der dem Angrenzer obliegenden Sorgfalt nicht ersichtlich ist, welches Vorhaben tatsächlich zu erwarten steht. Eine Präklusion kann auch dann nicht eintreten, wenn die Bauvorlagen unvollständig oder unverständlich sind und diese eine mögliche Betroffenheit des Angrenzers nicht hinreichend deutlich erkennen lassen. Schließlich wird eine solche Rechtswirkung nicht ausgelöst, wenn die spätere Genehmigung nicht mit dem Bauantrag und den Bauvorlagen, in die der Nachbar Einsicht genommen hat, übereinstimmt und insoweit etwas anderes genehmigt wird (näher Sauter, aaO, § 55 Rn 28e). Derartige Mängel, die zum Ausschluss der Präklusion führen würden, sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. In der Angrenzerbenachrichtigung ist der Bauort angegeben und das Vorhaben mit „Bauvoranfrage: Nutzungsänderung der ehemaligen ... Mühle in eine Freizeiteinrichtung (Vergnügungsstätte) mit der Möglichkeit - gegen Vergütung - Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen“ bezeichnet worden. Dies lässt unzweifelhaft den bordellartigen Charakter der beabsichtigten Nutzung in der Nähe des Anwesens der Klägerin Ziff. 1 erkennen.
39 
Ein die Annahme der Präklusion ausschließender Fehler liegt auch nicht deshalb vor, weil die Pläne, die nach dem ursprünglichen Antrag vom 20.01.2004 - und damit während der Angrenzerbeteiligung im März 2004 - Gegenstand der Bauvoranfrage waren, später aufgrund der Erklärung der Beigeladenen vom 23.02.2005 nicht mehr Teil der Bauvoranfrage und damit des Bauvorbescheids geworden sind. Die nach § 52 Abs. 1 LBO vorzulegenden Bauvorlagen konkretisieren den Bauantrag und damit das Vorhaben; sie bestimmen auch Inhalt und Umfang der Baugenehmigung (Sauter, aaO, § 52 Rn 19). § 57 Abs. 2 LBO erklärt im Rahmen des Bauvorbescheids § 52 LBO jedoch (nur) für entsprechend anwendbar. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bauvorbescheid - anders als die Baugenehmigung - eine auf einzelne Fragen des Vorhabens beschränkte Feststellung enthält. Pläne sind daher nur insoweit einzureichen, als sie für die Beurteilung der zu klärenden Frage erforderlich sind (vgl. auch Sauter, aaO, § 57 Rn 13). Gegenstand der Bauvoranfrage ist nach dem Antrag der Beigeladenen vom 20.01.2004 in der Fassung ihres Schreibens vom 23.02.2005 ausschließlich die Frage, ob das von ihnen geplante Vorhaben nach Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist und wie viele Stellplätze für das Vorhaben erforderlich sind. Zur Prüfung dieser Fragen ist jedoch die im Antragsschreiben vom 20.01.2004 enthaltene ausführliche schriftliche Erläuterung des Vorhabens ausreichend. Hierin ist im einzelnen dargelegt, dass auf dem Areal der ... Mühle (Flurstück Nr. ...) unter Sanierung und Erhaltung von Villa, Siloturm und Turbinenhalle eine Einrichtung mit Solarium, Whirlpool, kleinem Schwimmbad, Sauna, Dampfbad und Massage zur allgemeinen seelischen und körperlichen Entspannung von Erwachsenen geschaffen werden soll, die auch die Möglichkeit gewährt, dass männliche Personen gegen Entgelt dem sexuellen Erlebnis nachgehen können und hierfür weibliche Personen gegen Vergütung sexuelle Dienstleistungen anbieten.
40 
Die Ausklammerung der Pläne aus der Bauvoranfrage und die damit verbundene Begrenzung der Reichweite der Feststellungswirkung des Bescheids führt auch zu keiner - weitergehenden - Beeinträchtigung der nachbarlichen Interessen. Die - insoweit den Plänen entsprechenden - Charakteristika des Vorhabens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sind im Antrag vom 20.01.2004 verbal im einzelnen aufgeführt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Stellplätze enthalten die Pläne keinen zusätzlichen die nachbarlichen Interessen berührenden Gehalt. Im Übrigen ist die nach Abschluss der Angrenzerbeteiligung mit Schreiben vom 23.02.2005 erfolgte ausdrückliche Begrenzung der Bauvoranfrage deshalb rechtlich unbedenklich, weil sie - in der Wirkung zu Gunsten der Nachbarn - die Bindungswirkung des Bauvorbescheids einschränkt.
41 
Schließlich ist das dem Bauvorbescheid vom 11.04.2005 zugrunde liegende Verwaltungsverfahren entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht durch die Beklagte zu ihren Lasten unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensfairness geführt worden. Aus den umfangreichen Behördenakten ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Beklagte die ihr gegenüber der Beigeladenen obliegende Hinweis- und Beratungspflicht (vgl. etwa §§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 und 2 LBO, § 25 LVwVfG) überschritten oder gar - zu Lasten nachbarlicher Interessen - ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten und den Beigeladenen vorgelegen hätte.
III.)
42 
Die Klage der Klägerin Ziff. 2 ist unbegründet, denn durch den Bauvorbescheid der Beklagten vom 11.04.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2006 werden ihre nachbarlichen Rechte nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
43 
Maßgeblich für die Begründetheitsprüfung der Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen einen erteilten Bauvorbescheid ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zustellung der letzten Behördenentscheidung, hier des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2006 (Sauter, aaO, § 55 Rn 77; Dürr, aaO, Rn 305). Die erst am 20.04.2007 in Kraft getretene Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution auf dem Gebiet der Stadt ... vom ... (GBl. ..., S. ...) ist - als eine zu Lasten der Bauherrn danach eingetretene Änderung - jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevant. Die Klage der Klägerin Ziff. 2 gegen den streitgegenständlichen Bauvorbescheid bleibt erfolglos, weil Vorschriften, die ihrem Schutz als Nachbarin dienen, nicht verletzt sind. Dies gilt für jede denkbare planungsrechtliche Einordnung des Vorhabens. Für den Erfolg einer Nachbarklage genügt es hingegen nicht, dass ein Bauvorbescheid objektiv rechtsfehlerhaft wäre. Insoweit kann daher auch dahingestellt bleiben, ob der angegriffene Bauvorbescheid in jeder rechtlichen Hinsicht beanstandungsfrei wäre.
44 
Sollte der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 einen Widerspruch hinsichtlich seines Feststellungsumfangs aufweisen (1.), begründet dieser jedenfalls keine Rechtsverletzung der Klägerin (2.).
45 
1.) Ein Bauvorbescheid enthält eine verbindliche, aber nach § 57 Abs. 1 Satz 2 LBO befristete Feststellung, dass dem Bauvorhaben hinsichtlich den zur Entscheidung gestellten Einzelfragen keine Hindernisse nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Ausgehend hiervon müssen Entscheidungsgegenstand und Reichweite der Bindungswirkung - auch gegenüber den vom Vorhaben betroffenen Nachbarn - eindeutig sein. Der Bauvorbescheid vom 11.04.2005 stellt einerseits in seinem Tenor fest, dass für das Bauvorhaben der Beigeladenen der Bauvorbescheid erteilt wird. Damit ist entsprechend der dem Bescheid zugrunde liegenden Fragestellungen impliziert, dass das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Andererseits ist in den Gründen des Bescheids unter der Überschrift „Rücksichtnahmegebot gegenüber Angrenzern“ wörtlich ausgeführt, dass „die Zulassung des Bordells oder bordellartigen Betriebes Nachteile und Belästigungen zur Folge hat, vor allem aufgrund des abends und nachts zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs. Ob die damit verbundenen Störungen durch den zusätzlichen Verkehr für die angrenzende Wohnbebauung noch zulässig sind, muss in einem Lärmgutachten mit der entsprechenden Verkehrsprognose unter Berücksichtigung der Vorbelastung geprüft werden“ (so S. 6 des Bescheids unter Punkt 8; vgl. auch Bescheid Punkt 6 c und 6 d auf S. 4 des Bescheids).
46 
Eine Aufspaltung der Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der Art der Nutzung in eine objektiv-rechtliche Komponente und eine solche des Nachbarschutzes ist rechtlich aber nicht möglich, weil andernfalls keine verbindliche, feststellungsfähige Aussage getroffen werden kann. Erst recht kann die Prüfung im Rahmen der Verletzung nachbarschützender Rechte nicht in die Fragen, ob durch den bordellartigen Betrieb an sich oder durch dessen Verkehrsaufkommen nachbarliche Rechte verletzt werden, unterteilt werden. Insoweit ist die Frage der Bebaubarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks mit der von der Beigeladenen beabsichtigten Art des Vorhaben nicht mehr weiter differenzierbar.
47 
Der Wortlaut des Bauvorbescheids liefert zwar einen Anhalt dafür, dass entgegen diesen Erwägungen die Frage, ob das dem Vorhaben zuzurechnende Verkehrsaufkommen Rechte der Nachbarn verletzt, nicht abschließend geprüft worden und der Bescheid daher in sich fehlerhaft sein könnte. Allerdings spricht bei der gebotenen umfassenden Auslegung insbesondere des nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG maßgebenden Widerspruchsbescheids vom 17.07.2006 viel dafür, dass der Gesichtspunkt, ob das Vorhaben einschließlich seines Zu- und Abfahrtsverkehrs Rechte der Klägerin Ziff. 2 verletzt, ungeachtet des für das ggfs. nachfolgende Baugenehmigungsverfahren vorbehaltenen Lärmgutachtens tatsächlich gewürdigt und verneint wurde.
48 
Das Regierungspräsidium hat im Widerspruchsbescheid vom 17.07.2006 ausgeführt, dass das Vorhaben nach der Art der Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig sei und nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße; insbesondere könne - da der ...Weg nicht als Erschließungsstraße genutzt werden dürfe und die Erschließung nur über die ... ...Straße und eine noch über die ... zu errichtende Brücke erfolgen könne - im Hinblick auf die gestellten Fragen zur baurechtlichen Zulässigkeit im Rahmen des Bauvorbescheids kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gesehen werden. Soweit der Widerspruchsbescheid auch die weitere Aussage enthält, das es der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleibe, ob der mit der Nutzungsänderung verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr den Anwohnern zuzumuten sei, dürfte dies vor dem Hintergrund zu sehen sein, dass die Frage der Erschließung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage und der Regelungswirkung des Bauvorbescheids ist. Mit dem Vorbehalt eines Lärmgutachtens sollte wohl – ungeachtet der Frage, ob der Erschließungsproblematik überhaupt eine drittschützende Dimension zukäme - Vorsorge getroffen werden, dass nur eine Erschließung gewählt wird, die sich insgesamt in einem für die Anwohner zumutbaren Rahmen bewegt und darüber hinaus die Annahmen im Rahmen des Bauvorbescheidsverfahrens nochmals verifiziert werden. Diese Auslegung dürften auch die Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen und des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nahelegen. Denn nach deren Verständnis sollte durch die Vorlage eines Lärmgutachtens sichergestellt werden, dass das Vorhaben unter Beachtung nachbarlicher Rechte weiter geplant und realisiert wird. Für einen in diesem Sinne lediglich deklaratorischen Charakter des Vorbehalts des Lärmgutachtens im Interesse der Absicherung der Planung und der Akzeptanzvermittlung spricht schließlich auch der Umstand, dass dieser einer Maßgabe entspricht, die der Landtag von Baden-Württemberg anlässlich der Zurückweisung der Petition des Bündnis für ... gegen das Vorhaben vorgesehen hat.
49 
2.) Wäre jedoch von der Widersprüchlichkeit des Bauvorbescheids auszugehen, weil die Frage der Verletzung nachbarlicher Rechte insbesondere durch den vorhabenbedingten Verkehr noch keiner hinreichenden Prüfung und Würdigung unterzogen worden wäre, führt dies nicht zur Annahme einer Verletzung nachbarschützender Rechte der Klägerin Ziff. 2, ohne die die Aufhebung des Bescheids nicht in Betracht kommt. Denn aufgrund der Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Klägerin Ziff. 2 weder durch das Vorhaben an sich noch durch den zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehr in ihren Rechten verletzt ist; für diese Feststellung bedarf es aufgrund der tatsächlich vorhandenen Situation auch nicht der Erhebung eines Sachverständigengutachtens. Das Vorhaben verletzt weder den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2 (a.) noch wäre es ihr gegenüber rücksichtslos oder in sonstiger Weise rechtsverletzend (b.). Dies gilt im Übrigen für alle denkbaren planungsrechtlichen Einordnungen des Vorhabens (c.).
50 
a.) Das Gebiet, in dem die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen, hat nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO den Charakter eines Mischgebiets. Das Vorhaben der Beigeladenen verletzt nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2, denn es gehört einem anderen Baugebiet an.
51 
Nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein nach der Baunutzungsverordnung, sofern die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht. § 34 Abs. 2 BauGB hat grundsätzlich nachbarschützenden Charakter (BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151; Dürr, in: Brügelmann, BauGB § 34 Rn 157 f). Der Nachbar hat in einem Plangebiet, aber in entsprechender Anwendung auch in einem Gebiet, auf das § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, durch die Gebietsfestsetzung der Baunutzungsverordnung einen Schutzanspruch auf die Bewahrung der Gebietsart. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierbei das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., 2006, § 34 Rn 104). Der Schutzanspruch aus der Baunutzungsverordnung - und damit auch jener nach § 34 Abs. 2 BauGB - geht weiter als der Schutz des Rücksichtnahmegebots, der voraussetzt, das der Nachbar in unzumutbarer Weise konkret in schutzwürdigen Interessen betroffen wird. Auf die Bewahrung der Gebietsart hat der Nachbar nämlich auch dann einen Anspruch, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung führt (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679).
52 
Nach den Feststellungen, die das Gericht anlässlich der Einnahme des Augenscheins getroffen hat, beginnt das Gebiet, in dem die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen, mit dem an der Ecke ... Hauptstraße / ... ...Straße gelegenen Anwesen ... ...Straße ..., in dem sich eine größere Gaststätte befindet. Die Bebauung setzt sich sodann entlang der ... ...Straße bis zum Grundstück Haus Nr. ... fort, danach beginnt der Außenbereich. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs sind zu einem großen Teil Wohnbebauung, jedoch auch in einem nicht unbedeutenden Umfang gewerbliche Nutzungen vorhanden. So befinden sich in dem Anwesen ... ...Straße N. ... ein Ausstellungsraum „Atelier für künstlerische Arbeiten“ und im Anwesen mit der Hausnummer ... ein Großhandel mit Futtermitteln. Neben dem Haus der Klägerin Ziff. 2 hat eine Heißmangel und Wäscherei in Gestalt eines „Ein-Mann-Betriebs“ ihren Standort, auf dem Grundstück der Klägerin Ziff. 2 (... ...Straße ... ) befindet sich auch ihr ... Büro. Insgesamt wird dieser Bereich durch das für ein Mischgebiet typische gleichberechtigte Nebeneinander von Wohnnutzung und nicht wesentlich störender gewerblicher Nutzung geprägt. Gegen die Qualifizierung des Gebiets als allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO sprechen vor allem der Großhandel mit Futtermitteln und die Gaststätte, die nach ihrer Größe nicht mehr nur der Versorgung des Gebiets dient. Diese Anlagen sind nämlich in einem allgemeinen Wohngebiet nicht generell zulässig. Die Einstufung des Gebiets als Mischgebiet entspricht im Übrigen auch der Auffassung der Klägerin Ziff. 2 zum maßgeblichen Gebietscharakter in ihrem Einwendungsschreiben vom 14.03.2004. Dort führte sie ausdrücklich aus, dass die vorhandene Bebauung ein Mischgebiet darstelle.
53 
Die Bebauung entlang des ...Wegs und damit das Vorhabengrundstück sind jedoch aufgrund der topographischen Gegebenheiten nicht mehr Teil dieses Bebauungszusammenhangs, in dem sich die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 befinden. Denn die Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung entlang der ... ...Straße enden auch dort. Entsprechendes würde im Übrigen auch dann gelten, wenn man ungeachtet der vorstehenden Ausführungen zum Gebietscharakter - insoweit dem Klagevortrag folgend - von einem allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m § 4 BauNVO ausginge.
54 
Bei der ... ...Straße handelt es sich um eine stark befahrene Landstraße, die der Verbindung zwischen der Stadt ... und im ... liegender Gemeinden dient. Auf der den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 gegenüber liegenden Seite befindet sich entlang der ... ...Straße ein Geländer, das deren Fuß- und Radweg von der Böschung und dem anschließenden Gewässer trennt. Die ... - eingegrenzt und großzügig umfasst von ihren beidseitigen und eher breiten Böschungen - verläuft unterhalb des Niveaus der Landstraße. Die östlich des Anwesens der Klägerin Ziff. 1 vorhandenen und durch einen Metallbaubetrieb genutzten Flurstücke und das an diese Grundstücke angrenzende Vorhabengrundstück sind entlang der ... ...Straße und der ... stark eingewachsen. Etwa beginnend mit dem Anwesen der Klägerin Ziff. 1 grenzt die Böschung auf der in Fließrichtung linken Seite der ... an eine mit Pflanzen stark bewachsene Mauer, die etwa in Höhe der ...kirche von einem größeren Baumbestand abgelöst wird. Von der Mauer und dem ...weg wiederum zurückversetzt beginnt dann die dortige Bebauung. Diese bauliche Situation lässt sich insbesondere anhand der drei nachfolgenden während der Einnahme des Augenscheins gefertigten Lichtbilder verdeutlichen (vgl. Seiten 24 und 32 der Anlage zur Niederschrift):
55 
Aufgrund der Wirkung der insgesamt zu betrachtenden räumlichen und topographischen Gegebenheiten handelt es sich bei der Bebauung entlang des ...Wegs und derjenigen entlang der ... ...Straße um zwei unterschiedliche Bebauungszusammenhänge und damit um zwei Baugebiete. Die trennende Wirkung der Topographie wird auch nicht durch eine - verbindende - Brücke beseitigt.
56 
Zwischen den Anwesen in der ... ...Straße und denjenigen des ...Wegs besteht eine Verbindung über den Kreuzungsbereich an der ... ...Straße / ...kirche . Eine Brücke, die den ...weg und die ... ...Straße unmittelbar verbinden würde, existiert tatsächlich nicht. Selbst wenn man ungeachtet der Tatsache, dass im Rahmen des § 34 BauGB vor allem die tatsächliche Situation maßgeblich ist, auf die genehmigungsrechtliche Grundlage eines Brückbauwerks abstellen wollte, ergibt sich nichts anderes. Die zuletzt 1995 erteilte Genehmigung für eine Brücke kann schon deshalb heute nicht mehr unmittelbar umgesetzt werden, weil deren baurechtliche Geltungsdauer bereits abgelaufen ist. Soweit aufgrund der Festlegungen des Bauvorbescheids eine Brücke zu erwarten steht, dient diese nach Funktion und Wirkung nur der Erschließung des Vorhabengrundstücks, nicht aber der Herstellung eines Bebauungszusammenhangs.
57 
Selbst wenn man ungeachtet der vorstehenden Ausführungen der Auffassung wäre, dass die topographischen Gegebenheiten nicht zu einer Verneinung des Bebauungszusammenhang zwischen den Grundstücken am ...weg und denjenigen entlang der ... ...Straße führen würden, so wären die bereits dargestellten trennenden Wirkungen der ... ...Straße und des Gewässers jedenfalls insoweit beachtlich, als sie dazu führen, dass das Vorhabengrundstück nicht mehr Teil der näheren Umgebung der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 ist.
58 
Der Nachbarschutz auf Bewahrung der Gebietsart reicht räumlich nicht über die auch in § 34 Abs. 2 BauGB maßgebliche nähere Umgebung hinaus (BVerwG, Beschl. v. 20.08.1998 - 4 B 79/98 -, NVwZ-RR 1999, 105; Hofherr, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 34 Rn 88, 67). Berücksichtigt werden muss die Umgebung eines beabsichtigten Vorhabens einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380). Daraus folgt, dass der die Erhaltung der Gebietsart betreffende Nachbarschutz durch die wechselseitige Prägung der benachbarten Grundstücke begrenzt ist und keineswegs notwendig alle Grundstücke in der Umgebung umfassen muss, die zu derselben Baugebietskategorie gehören. Wieweit die wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Dabei können auch topographische Gegebenheiten wie Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Flüsse und dergleichen) eine Rolle spielen.
59 
Die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 liegen vom Vorhabengrundstück etwa 50 m entfernt. Aufgrund des im einzelnen bereits oben beschriebenen Verlaufs der ... ...Straße quasi parallel zur ... mit ihren beidseitigen Böschungen sowie Bepflanzungen fehlt es an der wechselseitigen Prägung der Grundstücke der Klägerin und des Vorhabengrundstücks.
60 
Das Vorhaben der Beigeladenen berührt aufgrund seiner Lage daher nicht den Anspruch der Klägerin Ziff. 2 auf Bewahrung ihrer eigenen Gebietsart. Einen Anspruch auf Abwehr einer Bebauung in einem fremden Gebiet vermittelt § 34 Abs. 2 BauGB nicht (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000, aaO, VGH München, Urt. v. 14.07.2006 - 1 BV 03.2179 -, UPR 2007, 152)
61 
b) Selbst wenn man entgegen den Ausführungen unter a) davon ausginge, dass die topographischen Gegebenheiten keine trennende Wirkung zwischen der Bebauung entlang der ... ...Straße und derjenigen entlang des ...Wegs unter Einschluss des Vorhabengrundstücks entfalten würden, sondern das vorhandene Gebiet vielmehr einheitlich zu beurteilen wäre, so wäre die Klägerin Ziff. 2 ebenfalls nicht in ihren Nachbarrechten verletzt. Das Vorhaben wäre dann nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen und ließe eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht erkennen.
62 
Die Bebauung entlang des ...Wegs und der ... ...Straße kann als gemeinsam betrachtetes Gebiet nicht eindeutig einem Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung zugeordnet werden. Die vorhandene bauliche Situation stellt sich uneinheitlich dar. Einerseits sind zu einem bedeutenden Teil Wohnbebauung und entlang der ... ...Straße – wie bereits oben dargestellt - auch nicht störende gewerbliche Nutzungen vorhanden. Einer Qualifizierung als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) oder gar als allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) steht jedoch der nach seiner Größe beachtliche Schlossereibetrieb der Firma Metallbau... entgegen. Das Betriebsgebäude steht auf dem Grundstück Flurstück Nr. .../..., auch das Flurstück Nr. .../... wird gewerblich von diesem Betrieb genutzt (Abstellung von Betriebsfahrzeugen und –material). Eine Schlosserei ist im allgemeinen ein störender Handwerksbetrieb, da mit dem Betrieb sowie dem Be- und Entladen der Materialien typischer Weise Lärm, Staub und Geruchsentwicklungen verbunden sind (Fickert/Fiesler, BauNVO, 10. Aufl., 2002, § 4 Rn 4.4; § 2 Rn 20 f). Die störende Wirkung des Betriebs auch im konkreten Fall ist während der Einnahme des Augenscheins deutlich geworden. Auf der der Schlosserei gegenüber liegenden Seite der ... ...Straße war während der Betriebszeit das Hämmern der Schlosserei trotz des beständigen geräuschvollen Straßenverkehrs deutlich zu hören. Die Anlage ist auch nicht als singuläre Anlage innerhalb einer sie sonst umgebenden homogenen Bebauung als Fremdkörper unbeachtlich (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 - 4 C 11/05 -, NVwZ 2007, 585). Nach dem Eindruck, den die Kammer anlässlich der Einnahme des Augenscheins gewonnen hat, beherrscht die Schlosserei aufgrund ihrer Größe und Bauweise - neben der vorhandenen Bebauung des Vorhabengrundstücks - die bauliche Situation entlang des ...Wegs. Selbst wenn man die noch vorhandene gewerbliche Nutzung auf dem Vorhabengrundstück durch das Wasserkraftwerk, die allerdings nicht mit störenden Wirkungen einhergeht, ebenfalls mit in die Betrachtung einstellt, scheidet eine einheitliche Qualifizierung des Gebiets als Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO jedoch aufgrund des hohen Anteils von Wohnbebauung aus.
63 
Kann kein eindeutiger Gebietstyp nach der Baunutzungsverordnung bestimmt werden, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nach § 34 Abs. 1 BauGB. Hiervon sind im Übrigen auch die Baurechtsbehörden und der Landtag von Baden-Württemberg (Petition .../ ..., Drs. .../...) ausgegangen. § 34 Abs. 1 BauGB kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 28.07.1999 - 4 B 38.99 -, Buchholz 406.19 Nr. 160, Schrödter, aaO, § 34 Rn 102) jedoch keine allgemeine nachbarschützende Wirkung zu, da es an einer mit §§ 30, 34 Abs. 2 BauGB vergleichbaren Ausgangslage fehlt (vgl. zur Gegenmeinung Dürr, in: Brügelmann, aaO, § 34 Rn 154). § 34 Abs. 1 BauGB ist nur insoweit nachbarschützend, als dem Gebot der Rücksichtnahme, das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB vorhanden ist, Nachbarschutz zukommt (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128.98 -, Buchholz 406.19 Nr. 159; Hofherr, aaO, § 34 Rn 87 mwN). Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, aaO). Nachbarschutz über § 34 Abs. 1 BauGB kommt also nur in Betracht, wenn ein Vorhaben - obwohl es den durch die nähere Umgebung gesetzten Rahmen einhält, aber auch, wenn es diesen nicht einhält -, sich nicht einfügt, weil es die gebotene Rücksicht auf die sonstige, vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG Urteil vom 27.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369). Liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots im objektivrechtlichen Sinne vor, kommt es für den Drittschutz weiter darauf an, inwieweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (subjektivrechtliche Seite des Rücksichtnahmegebots). Die gilt für diejenigen Fälle, in denen - erstens - die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist und - zweitens eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist; die Schutzwürdigkeit, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was für beide Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind dann gegeneinander abzuwägen (st. Rspr. seit BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 - 4 C 22.75 -,NJW 1978, 62; vgl. auch Dürr, Brügelmann, aaO, § 34 Rn 151). Gemessen hieran ist weder das Vorhaben an sich wegen seines bordellartigen Charakters noch in Anbetracht des vorhabenbedingt zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehrs gegenüber der Klägerin Ziff. 2 rücksichtslos, denn es ist ihr jedenfalls nicht unzumutbar.
64 
Es kann dabei hier dahingestellt bleiben, ob die von den Beigeladenen konzipierte Freizeit-, Sport- und Saunaeinrichtung mit der Möglichkeit, gegen Vergütung Verträge über sexuelle Dienstleistungen abzuschließen, entsprechend der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen wegen ihres bordellartigen Charakters baurechtlich als ein reiner Gewerbebetrieb einzustufen ist oder ob vorliegend eine - ggfs. kerngebietstypische - Vergnügungsstätte anzunehmen ist (vgl. näher Stühler, Prostitution und Baurecht, NVwZ 2000, 990, 993). Denn maßgebend für die Frage, ob eine solche Einrichtung der Klägerin Ziff. 2 im Ergebnis zugemutet werden kann, sind nämlich in erster Linie die von dieser ausgehenden tatsächlichen Wirkungen, nicht dagegen deren abstrakt-rechtliche Einordnung.
65 
Das Vorhaben ist nicht deshalb für die Klägerin Ziff. 2 unzumutbar, weil es Prostituierten die Möglichkeit eröffnet, dort ihrer Tätigkeit nachzugehen. Dies folgt allerdings nicht schon unmittelbar aus dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001 (BGBl. 2001, 3983), denn dieses hat keine Auswirkungen auf hier heranzuziehenden baurechtlichen Bestimmungen. Insbesondere führt es nicht zu einer planungsrechtlichen Gleichstellung derartiger Einrichtungen mit anderen legalen Gewerbeausübungen (Stühler, Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes auf das Bau-, Gaststätten- und Gewerberecht, GewArch 2005, 129, 132; ders., Zur Zulässigkeit von bordellartigen Betrieben (Terminwohnungen) und Wohnungsprostitution in Mischgebieten, GewArch 2006, 26, 27 mwN). Maßgebend ist im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots vielmehr nach wie vor eine Einzelfallbetrachtung. Der vorliegende Fall bietet jedoch keinen Anlass zur Feststellung, die Tätigkeit der Prostituierten wäre für die Klägerin Ziff. 2 beeinträchtigend. Nach der Betriebskonzeption bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Betrieb des Vorhabens strafbare Handlungen einhergingen. Zwischen dem Betreiber des Vorhabens und den Prostituierten bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Auch sonst lässt sich nicht erkennen, dass dort durch die Prostitution gegen Strafvorschriften (wie etwa in Gestalt der Ausbeutung von Prostituierten nach § 180a StGB) verstoßen würde. Auch der Aspekt der Folgekriminalität steht dem Vorhaben nicht entgegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass Kriminalität als nicht ausschließbare Begleiterscheinung eines Bordellbetriebs städtebauliche Relevanz hätte (siehe hierzu auch BVerwG, Urt. v. 25.01.2007 - 4 C 1.06 -), führt dies jedoch nicht dazu, das Vorhaben der Beigeladenen als rücksichtslos einzustufen. Außer einer unspezifischen Besorgnis der Klägerin Ziff. 2 bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb und sein Umfeld sich zu einem Platz für Straftaten entwickeln könnte. Es sind keine substantiierten Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen worden, dass dem Vorhaben insoweit ein besonderes Gefährdungspotential innewohnen könnte. Nach der Betriebskonzeption findet dort kein Alkoholausschank statt. Durch die Eingangskontrolle des Betreibers ist sichergestellt, dass ausschließlich volljährige und mit dem Betriebsgegenstand vertraute Personen Zugang erhalten. Insgesamt zielt die Einrichtung dem Antrag zufolge auf eine „allgemeine körperliche und seelische Entspannung in gediegener Atmosphäre“ mit der Möglichkeit, gegen „entsprechende Vergütung sexuelle Dienstleistungen“ abzurufen. Konkrete Anhaltspunkte für dem Vorhaben zuzurechnende Folgekriminalität ergeben sich auch nicht aus der Stellungnahme der Polizeidirektion ... vom 09.03.2004, denn diese befasst sich vor allem mit der Situation vergleichbarer „Luxusbordelle“ in ... und den in ... bereits vorhandenen Bordellen bzw. Wohnungsprostitutionen.
66 
Auch ist auch nicht erkennbar, dass die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 sonstigen unzumutbaren milieubedingten Spannungen ausgesetzt würden oder der von ihr befürchtete „trading down effekt“ eintreten könnte.
67 
Das Vorhaben liegt am Ortsrand von ... in beginnender Hanglage und grenzt östlich und südlich unmittelbar an den Außenbereich an. Innerhalb des betrachteten Gebiets stehen weitere Flächen für eine Grundstücksnutzung in einer dem Vorhaben vergleichbaren Art nicht zur Verfügung. Für die Befürchtung der Klägerin Ziff. 2, dass das Vorhaben insoweit eine allgemeine negative bauliche Entwicklung des Gebiets einleiten würde, existieren daher keine greifbaren Anhaltspunkte.
68 
Auch für sonstige unzumutbare Wirkungen oder milieubedingte Spannungen gibt es keine Hinweise. Das Vorhabengrundstück ist von den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 etwa 50 m entfernt. Es tritt aufgrund seines starken Bewuchses, abgesehen von dem markanten Siloturm, gegenüber der Klägerin Ziff. 2 kaum in Erscheinung. Wie sich insoweit aus der von der Bindungswirkung des Bauvorbescheids umfassten Vorhabenbeschreibung der Beigeladenen vom 20.01.2004 ergibt, ist auch bei dem durch die Beigeladene beabsichtigten Vorhaben durch Bepflanzungen und bauliche Maßnahmen sichergestellt, dass das Areal gegenüber der Klägerin Ziff. 2 nicht in einer seine Nutzung erkennbar werdenden Weise in Erscheinung tritt. Dies gilt sowohl für die Räumlichkeiten als auch für die Freifläche, die nach außen deutlich abgeschirmt werden. Die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 sind aufgrund der Entfernung und der (baulichen) Abschirmungen insbesondere nicht zwangsläufig der ständigen Wahrnehmbarkeit physikalischer Emissionen optischer oder akustischer Art, die jeweils betriebsbedingt auf dem Vorhabengrundstück ausgelöst werden können, ausgesetzt. Auch umgekehrt kann vom Vorhabengrundstück nicht auf die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 Einblick genommen werden. Darüber hinaus wird das Objekt selbst keine auf seinen Betriebsgegenstand hindeutende Außenwirkung haben, und auch der Zufahrtsbereich wird neutral gestaltet. Ein „Auf- und Ablaufen“ von Prostituierten auf der Straße oder eine von den Grundstücken der Klägerin Ziff. 2 aus erkennbare Kontaktaufnahme zwischen Prostituierten und „Kunden“ wird ebenfalls nicht erfolgen und auch sonstige denkbare unerwünschte soziale „Außenwirkungen“ eines Bordellbetriebs, wie etwa anstößiges Verhalten von Besuchern oder Belästigung von Passanten bei der Suche des Bordellbetriebs, werden nach Lage des Vorhabens und der konkreten Betriebskonzeption vermieden. Schließlich stellt die von der Klägerin Ziff. 2 in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass Freier ihr Auto in einiger Entfernung vom Vorhaben parken und dann an den Häusern der ... ...Straße entlang liefen, ihr gegenüber keine Beeinträchtigung dar. Es bestehen schon keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen optisch von sonstigen Fußgängern entlang der ... ...Straße zu unterscheiden wären. Darüber hinaus steht auch ein solches Verhalten nicht zu erwarten, denn es gibt für üblicher Weise auf Diskretion Wert legende Benutzer objektiv keinen Anlass, Fahrzeuge außerhalb des Vorhabengrundstücks abzustellen. Die Beklagte hat den Stellplatzbedarf entsprechend der Betriebskonzeption ermittelt. Dass dieser – zu Lasten der Klägerin Ziff. 2 – fehldimensioniert wäre, hat diese nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Auch aufgrund der sonstigen Gegebenheiten, insbesondere des zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehrs, sind keine für die die Klägerin unzumutbaren Belastungen zu erwarten.
69 
Es ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Situation der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 bereits durch gewerbliche Betätigungen in der Umgebung geprägt ist. Gerade durch die typischen betriebsbedingten Lärmbelastungen der Schlosserei, die im Bereich der Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 außen deutlich vernehmbar sind und die erheblichen Geräusche, die der Verkehr auf der ... ...Straße verursacht, sind deren Grundstücke, die zudem im rückwärtigen Einwirkungsbereich einer großen Straßenkreuzung an der Brücke im Bereich der ... liegen, schon heute Unruhen ausgesetzt. Die ... ...Straße weist selbst während der Zeiten, in denen der ursprünglich zu ihrer Entlastung konzipierte „...tunnel“ nicht geschlossen ist, aufgrund der allgemeinen Verkehrssteigerung eine tägliche Verkehrsbelastung in einer Größenordnung von etwa 12.000 bis 18.000 Fahrzeugen auf. Diesen Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin Ziff. 2, an deren Grundstücke dieser Verkehr entlang führt, nicht entgegen getreten. Bei dieser Vorbelastung ist nicht zu erkennen, dass es durch den Betrieb des Vorhabens zu relevanten Beeinträchtigungen der Klägerin Ziff. 2 kommen könnte. Insbesondere fällt der vorhabenbedingte Verkehr nicht zusätzlich ins Gewicht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Verkehrsbelastung auf der ... ...Straße nicht gleichmäßig über den Tag verteilt ist, sondern verkehrsimmanent Spitzenbelastungen und Zeiten mit wenig Verkehr (insbesondere in den Abend- und Nachtstunden) vorhanden sind. Nach der Betriebskonzeption, die sich nicht auf die typische Prostitution beschränkt, sondern aufgrund eines umfassenden Zusatzangebots insbesondere im Bereich Wellnesseinrichtungen auf eine längere Verweildauer der Kunden angelegt ist, ist nicht mit einem ständig kurzzeitig wechselnden Personenaufkommen zu rechnen. Die Kammer geht aufgrund dieser Betriebskonzeption davon aus, dass sich der Zu- und Abfahrtsverkehr einschließlich des Personals und Zubringerdienste in einer Größenordnung von täglich wenigen hundert Fahrzeugen bewegen wird. Hierfür dient auch die von den Beigeladenen vorläufig genannte Zahl von 80 Stellplätzen als Anhalt. Dieser vorhabenbedingte zusätzliche Verkehr ist der Klägerin Ziff. 2 angesichts der Vorbelastung ihrer Grundstücke nicht unzumutbar. Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass einem von der Klägerin Ziff. 2 befürchteten Rückstau im Bereich ihrer Grundstücke – sofern er überhaupt vorhabenbedingt wäre - durch die konkrete Wahl der Erschließung bzw. durch straßenverkehrliche Maßnahmen entgegengewirkt werden könnte.
70 
Nach alledem lässt das Vorhaben nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die Grundstücke der Klägerin Ziff. 2 vermissen. Auch aus anderen Gründen verletzt das Vorhaben die Klägerin Ziff. 2 nicht in ihren Rechten. Die von ihr geltend gemachte Wertminderung ihrer Grundstücke ist – wie das Regierungspräsidium bereits dargelegt hat – schon deshalb nicht beachtlich, weil ihr gegenüber das Vorhaben nicht rücksichtslos ist und das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 GG insoweit keine weitergehenden Rechte vermittelt. Auch selbstständige immissionsschutzrechtliche Abwehransprüche stehen ihr nicht zu; dies gilt schon deshalb, weil das beabsichtigte Vorhaben nicht in den Anwendungsbereich des Immissionsschutzrechts fällt.
71 
c.) Selbst wenn man entgegen den unter oben a) und b) gemachten Ausführungen davon ausginge, das Vorhabengrundstück sei aufgrund seiner Größe und Wirkung nicht Teil eines Baugebiets entlang des ...Wegs bzw. Teil eines gemeinsamen Gebiets entlang der ... ...Straße und des ...weg, sondern müsse eigenständig gewürdigt werden, führt dies im Ergebnis für die Klägerin Ziff. 2 nicht zu einem anderen Verfahrensausgang. Ginge man hinsichtlich des Baugeländes von einem selbstständigen im Zusammenhang bebauten Ortsteil aus, so würde das Vorhaben entweder in Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB den Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin Ziff. 2 nicht verletzen oder wäre jedenfalls im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ihr gegenüber nicht rücksichtslos. Selbst wenn das Vorhaben nach Maßgabe des § 35 BauGB zu beurteilen wäre, so würde Nachbarschutz ebenfalls nur über das Rücksichtnahmegebot gewährt (Dürr, in: Brügelmann, aaO, § 35 Rn 189 f. mwN). Das Vorhaben wäre dann entsprechend den oben bereits dargelegten Erwägungen gegenüber der Klägerin Ziff. 2 nicht als rücksichtslos zu beurteilen.
IV.)
72 
Auch die Klage der Klägerin Ziff. 1 wäre - wenn man die - hier bejahte - Präklusion (oben unter II.) verneinen würde - jedenfalls deshalb unbegründet, weil das Vorhaben ihr gegenüber ebenfalls nicht rücksichtslos wäre.
73 
Aufgrund der im Rahmen des Wasserkraftwerks noch erfolgenden gewerblichen Nutzung des Vorhabengrundstücks und der Belastung der Umgebung durch die Schlosserei ... kann - wie bereits oben dargelegt - die Bebauung entlang des ...Wegs nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB einem Gebietstypus nach der BauNVO zugeordnet werden, sondern sie beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Nach den Ausführungen oben unter III 2 b.) wäre das Vorhaben jedoch auch gegenüber der Klägerin Ziff. 1 nicht rücksichtslos. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Zwar liegt ihr Grundstück auf der gleichen Seite der ... wie das Vorhaben. Ihre Grundstückssituation ist jedoch durch den - zwischen ihrem Anwesen und dem Vorhabengrundstück riegelartig liegenden - Metallbaubetrieb ... bereits in erheblichem Maße durch die Auswirkungen einer gewerblichen Nutzung vorbelastet. Es ist auch nicht erkennbar, dass sie angesichts der geplanten baulichen Maßnahmen der Beigeladenen, die der Abgrenzung des Vorhabens gegenüber der Umgebung dienen, in besonderem Maße negativ betroffen werden könnte. Vielmehr bezwecken diese Maßnahmen gerade, typische unerwünschte soziale Kontakte zwischen den unterschiedlichen baulichen Nutzungen zu verhindern. Auch unter dem Aspekt des vorhabenbedingten Zu- und Abfahrtsverkehrs, der entsprechend den Festlegungen im Bauvorbescheid nicht über den bestehenden ...weg abgewickelt werden darf, und der Stellplatzbemessung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die das Vorhaben als für die Klägerin Ziff.1 unzumutbar erscheinen ließen. Im Übrigen gelten auch hier die Ausführungen unter III 2 c.) entsprechend.
74 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.
75 
Die Kammer sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegt nicht vor.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Auf Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die vor dem 2. März 1983 ein Studium oder eine Fachausbildung im Rahmen ihrer militärischen Ausbildung abgeschlossen haben, sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 25. Juli 2014 wird insoweit aufgehoben, als hierin ein Kostenbeitrag für die Zeit ab 20. Juli 2013 verlangt wird.

Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 3/4, der Beklagte zu 1/4 zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag.

1. Ausweislich einer fachärztlich-psychologischen Stellungnahme des ... vom 31. Oktober 2012 war beim 1996 geborenen Sohn der Klägerin das Asperger-Syndrom (F84.5) sowie eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) diagnostiziert worden. Eine (drohende) seelische Behinderung gemäß § 35a Abs. 1 und Abs. 1a SGB VIII sei gegeben. Aufgrund der Schwere der Symptomatik und zum Erhalt des Kindeswohls wurde eine stationäre intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahme (ISE) empfohlen.

Mit Antragsformblatt vom 7. November 2012 stellte die allein sorgeberechtigte Klägerin beim Beklagten für ihren Sohn einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII im Wege intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Sohn sich momentan wiederholt in ... in der Jugendpsychiatrie befinde. Der Antrag erfolge, um einen strukturierten und geregelten Tagesablauf des Sohnes zu gewährleisten; dies könnten sie und ihr Lebensgefährte als Eltern nicht mehr leisten.

Ebenfalls unter dem Datum des 7. November 2012 unterzeichnete die Klägerin eine Erklärung, nach der sie durch den Beklagten über ihre Kostenbeitragspflicht sowie die Folgen für die Unterhaltspflicht gegenüber dem betroffenen jungen Menschen aufgeklärt worden ist.

Auf Grundlage eines an die Klägerin und ihren Lebensgefährten gerichteten Bescheids vom 8. Mai 2013 gewährte sodann der Beklagte dem Sohn der Klägerin ab 1. April 2013 stationäre Eingliederungshilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII in der heilpädagogischen Einrichtung „...“ in ... (Ziffer 1.). Es wurde darauf hingewiesen, dass der Hilfeempfänger und die Eltern zu den Kosten der Jugendhilfemaßnahme beizutragen hätten, soweit dies aufgrund ihres Einkommens zumutbar sei; der Kostenbeitrag werde durch Leistungsbescheid festgesetzt (Ziffer 2.). Die Klägerin und ihr Lebensgefährte wurden in den Gründen des Bescheids aufgefordert, zur Berechnung des Kostenbeitrags einen beigefügten Ermittlungsbogen zur Einkommenssituation auszufüllen und diesen zusammen mit entsprechenden Nachweisen bis zum 2. Juni 2013 an den Beklagten zurückzuleiten.

Am 24. Mai 2013 legten die Klägerin und ihr Lebensgefährte dem Beklagten jeweils den ausgefüllten Bogen zur Ermittlung der Kostenbeitragshöhe vor. Beigefügt waren jeweils zahlreiche Nachweise (u. a. Entgeltabrechnungen, Kontoauszüge, Versicherungsbescheinigungen und Darlehensverträge).

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, sie aufgrund der vorgelegten Unterlagen zu einem monatlichen Kostenbeitrag für die stationäre Jugendhilfegewährung an den Sohn i. H. v. EUR 340,-- heranzuziehen. Hierzu wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 16. Juli 2013 gegeben. In entsprechender Weise wandte der Beklagte sich an den Lebensgefährten der Klägerin als Kindsvater (beabsichtigte Kostenbeitragshöhe: EUR 525,--).

Mit Schreiben vom 16. Juli 2013 bestellte sich eine Rechtsanwältin für die Klägerin und ihren Lebensgefährten und bat um Fristverlängerung. Diese wurde seitens des Beklagten gewährt.

Zum 31. August 2013 wurde die Hilfegewährung des Beklagten an den Sohn der Klägerin eingestellt, nachdem die Klägerin ihren entsprechenden Antrag zurückgenommen hatte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. November 2013 vertraten die Klägerin und ihr Lebensgefährte die Auffassung, dass dem Sohn unterhaltsrechtlich - abzüglich des Kindergelds - ein Betrag von EUR 362,-- zustehe. Es werde vorgeschlagen, diesen Betrag als monatlichen Kostenbeitrag für die Klägerin und ihren Lebensgefährten im Zeitraum der Hilfegewährung festzusetzen.

2. Mit Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2013 - zugestellt am 18. Dezember 2013 - wurde die Klägerin daraufhin hinsichtlich der ihrem Sohn von April bis August 2013 gewährten Jugendhilfeleistungen zu einem monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von EUR 340,-- herangezogen (Ziffer 1.). Der entstandene Rückstand i. H. v. insgesamt EUR 1.700,-- (EUR 340,-- x 5 Monate) sei bis zum 31. Januar 2014 zu begleichen. Es wurde auf die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids hingewiesen. In einem Begleitschreiben vom 16. Dezember 2013 wurde unter Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorgaben erläutert, dass dem klägerseitig angeregten Kostenbeitrag i. H. v. EUR 362,-- nicht zugestimmt werden könne.

Mit Bescheid des Beklagten ebenfalls vom 13. Dezember 2013 wurde der Lebensgefährte der Klägerin als Kindsvater zu einem monatlichen Kostenbeitrag i. H. v. EUR 525,-- herangezogen (insgesamt EUR 2.625,-- für 5 Monate). Insoweit wird auf das Parallelverfahren mit dem Az. Au 3 K 14.1268 verwiesen.

Gegen den Bescheid des Beklagten legte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Januar 2014 Widerspruch ein. Eine förmliche Begründung erfolgte nicht. Insoweit wurde lediglich mit anwaltlicher E-Mail vom 4. März 2014 darauf hingewiesen, dass die Einstufung der Klägerin in die Einkommensgruppe nicht der seit dem Dezember 2013 neugefassten Kostenbeitragsverordnung entspreche. Der Beklagte führte hierzu mit E-Mail vom 10. März 2014 aus, dass für den vorliegenden Sachverhalt einer Kostenbeitragspflicht von April bis August 2013 weiterhin die alte Rechtslage anzuwenden sei.

Mit Schreiben vom 8. April 2014 legte der Beklagte den Vorgang der Regierung von ... vor, da dem Widerspruch nicht habe abgeholfen werden können. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von ... vom 25. Juli 2014 - zugestellt am 28. Juli 2014 - zurückgewiesen.

3. Mit ihrer am 28. August 2014 erhobenen Klage beantragt die Klägerin,

den Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 25. Juli 2014 aufzuheben.

Die Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag sei rechtswidrig. Der Beklagte habe insoweit teilweise zu Unrecht das Kindergeld i. H. v. EUR 184,-- bei der Einkommensermittlung berücksichtigt. Für einen Monat im gegenständlichen Zeitraum habe die Klägerin das Kindergeld der Familienkasse zurücküberwiesen, für einen weiteren Monat habe sie das Kindergeld nicht erhalten; dieses sei wohl insoweit direkt an die Einrichtung ausbezahlt worden. Auch seien vom Einkommen noch EUR 100,-- für eine der Altersversorgung dienende Direktversicherung abzuziehen. Zudem habe zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenbeitragsbescheids vom 13. Dezember 2013 bereits die Neufassung der Kostenbeitragsverordnung gegolten, die niedrigere Kostenbeiträge vorsehe. Auch wenn vorliegend bereits vor dem Dezember 2013 liegende Zeiträume gegenständlich seien, sei die neue Kostenbeitragsverordnung jedenfalls deshalb zugrunde zu legen gewesen, da von einer Teilnichtigkeit der Beitragssätze der alten Kostenbeitragsverordnung auszugehen sei (vgl. BVerwG, U.v. 19.8.2010 - 5 C 10.09 - BVerwGE 137, 357). Die Klägerin sei Einkommensgruppe 2 der neuen Kostenbeitragsverordnung zuzuordnen, die einen monatlichen Kostenbeitrag i. H. v. EUR 50,-- vorsehe. Unabhängig davon könne kein Kostenbeitrag in voller Höhe gefordert werden, da der Sohn meist an den Wochenenden und in den Ferien zu Hause bei der Klägerin und ihrem Lebensgefährten gewesen sei. In jedem Fall sei eine Kostenbeitragserhebung für den Leistungszeitraum ab Mitte/Ende Juli 2013 nicht gerechtfertigt. Denn ab diesem Zeitpunkt habe faktisch keine Betreuung mehr durch die Einrichtung stattgefunden. Der Sohn der Klägerin sei insoweit ab zunächst kurzzeitig in einem vom Beklagten bzw. dem Einrichtungsträger angemieteten Hotel, ab 5. August 2013 sodann in einer entsprechenden kleinen Wohnung untergebracht gewesen. Während dieser Zeit hätten sich die Klägerin und ihr Lebensgefährte intensiv um den Sohn gekümmert und seien für dessen Lebensunterhalt aufgekommen. Auch sei von der dem Sohn im Rahmen einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab 1. August 2013 gewährten Vergütung ein Teil durch die Einrichtung einbehalten worden. Letztlich sei eine Kostenbeitragserhebung auch deshalb unbillig, da die durch den Beklagten gewährte Hilfe völlig unzureichend gewesen sei. Insoweit werde auf die fachärztlich-psychologische Stellungnahme des ... vom 31. Oktober 2012 verwiesen, nach der Sohn aufgrund der Schwere seiner Symptomatik einer stationären intensiven sozialpädagogischen Einzelmaßnahme (ISE) bedurft hätte. Auch in einem Hilfeplangespräch vom 1. Dezember 2012 sei ausweislich des Protokolls eine intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahme abgestrebt worden. Ferner betone ein Entwicklungsbericht der Einrichtung „...“ vom 10. Juni 2013 selbst die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme.

4. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung werde auf den Widerspruchsbescheid der Regierung von ... verwiesen. Dieser habe die Rechtmäßigkeit der Kostenbeitragserhebung vollumfänglich bestätigt.

5. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Familienkasse ... mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 mitgeteilt, dass das Kindergeld für den Sohn im streitgegenständlichen Zeitraum an die Klägerin ausgezahlt worden ist.

6. Die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

1. Der gegenständliche Kostenbeitragsbescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 25. Juli 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), soweit hierin ein Kostenbeitrag auch für die Zeit ab 20. Juli 2013 verlangt wird. Im Übrigen ist die Festsetzung des Kostenbeitrags jedoch rechtmäßig, so dass insoweit die Klage abzuweisen war. Für die Zeit vom 1. April bis 19. Juli 2013 hat der Beklagte zutreffend einen Kostenbeitrag i. H. v. 340,-- monatlich festgesetzt, so dass sich insgesamt für die Klägerin eine Kostenbeitragspflicht i. H. v. EUR 1.228,39 ergibt (EUR 340,-- x 3 Monate zzgl. eines anteiligen Kostenbeitrags von 19/31 für Juli 2013 i. H. v. EUR 208,39).

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsbescheids im Rahmen der hier erhobenen Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der Erlass des Widerspruchsbescheides am 25. Juli 2014 (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 - 12 C 12.1627 - juris Rn. 3 f.; VG Augsburg, U.v. 8.7.2013 - Au 3 K 13.1597 - juris Rn. 17).

Gleichwohl ist im vorliegenden Fall trotz der am 25. Juli 2014 bereits geltenden Regelungen des am 3. Dezember 2013 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetzes (KJVVG - BGBl I S. 3464) sowie der am 4. Dezember 2013 in Kraft getretenen Ersten Verordnung zur Änderung der Kostenbeitragsverordnung (BGBl I S. 4040) weiterhin die jeweils zuvor geltende Rechtslage anzuwenden. Grund hierfür ist, dass den Änderungen der Rechtslage zum Dezember 2013 keine (echte) Rückwirkung auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits abgeschlossene Sachverhalte - wie hier die Kostenbeitragspflicht der Klägerin von April bis August 2013 - zukommen kann; eine solche war ausweislich des Wortlauts der Inkrafttretensregelungen seitens des Normgebers auch nicht intendiert (vgl. VG Minden, U.v. 13.12.2013 - 6 K 522/11 - juris Rn. 28; vgl. allg. BVerwG, U.v. 13.5.2004 - 5 C 47/02 - juris Rn. 11).

Der Anwendbarkeit der Kostenbeitragsverordnung in ihrer bis zum 3. Dezember 2013 geltenden Fassung steht vorliegend auch keine (teilweise) Nichtigkeit der Norm entgegen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2010 offen gelassen, ob etwa - im Fall der (systematischen) Verfehlung der über § 94 Abs. 1 Satz 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) relevanten unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltsgrenze bei den unteren Einkommensgruppen trotz Berücksichtigung der Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII a. F. - eine (teilweise) Nichtigkeit der Beitragssätze der alten Kostenbeitragsverordnung anzunehmen ist (BVerwG, U.v. 19.8.2010 - 5 C 10.09 - BVerwGE 137, 357 - juris Rn. 28). Inwieweit eine solche Teilnichtigkeit in den unteren Einkommensgruppen tatsächlich gegeben war, kann jedoch auch vorliegend als nicht entscheidungserheblich offen bleiben (vgl. VG Ansbach, B.v. 14.6.2011 - AN 14 S 11.907 - juris Rn. 31). Denn jedenfalls die im Fall der Klägerin maßgeblichen Einkommensgruppen von Ziffer 6. an aufwärts (siehe hierzu unten) sind bei der hier gegebenen Beitragsstufe 1 nicht von einem systematischen Fehler betroffen. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass in besonderen Einzelfällen aufgrund hoher Abzüge der angemessene Selbstbehalt verfehlt sein könnte, liegt hierin keine weitgehende Verfehlung der unterhaltsrechtlichen Grenze durch die Festsetzung des Kostenbeitrags in diesen Einkommensgruppen. Auch führt eine etwaige Verfehlung in unteren Einkommensgruppen jedenfalls nicht zu einer Gesamtnichtigkeit hinsichtlich der Festsetzungen in sämtlichen Einkommensgruppen (vgl. zum Ganzen: OVG LSA, U.v. 30.1.2014 - 4 L 32/13 - juris Rn. 43).

b) Gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. b und d SGB VIII werden Kostenbeiträge erhoben für Hilfe zur Erziehung in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34 SGB VIII) sowie auf der Grundlage von § 27 SGB VIII in stationärer Form. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII sind aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 SGB VIII Elternteile zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen heranzuziehen. Die Heranziehung erfolgt gemäß § 92 Abs. 2 SGB VIII durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen. Ein Kostenbeitrag kann nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden, § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII. Von der Heranziehung soll gemäß § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe.

Unter Berücksichtigung obiger gesetzlicher Vorgaben ist die erfolgte Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag hinsichtlich der stationären Jugendhilfegewährung des Beklagten an ihren Sohn dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Lediglich für die Zeit ab 20. Juli 2013 besteht keine Kostenbeitragspflicht mehr.

Die Klägerin wurde auf die Leistungsgewährung durch den Beklagten, auf die Folgen für ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem betroffenen jungen Menschen sowie ihre Kostenbeitragspflicht ausweislich der von der Klägerin unterzeichneten Erklärung bereits unter dem Datum des 7. November 2012 hingewiesen, § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (Blatt 120 der Verwaltungsakte; vgl. allg. BayVGH, B.v. 22.5.2014 - 12 ZB 12.2509 - juris Rn. 19).

c) Der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag steht vorliegend auch nicht der klägerische Vortrag entgegen, die gewährte Jugendhilfe sei für den Sohn völlig unzureichend gewesen.

Zwar ist die Rechtmäßigkeit der Hilfemaßname und damit auch ihre Geeignetheit und Erforderlichkeit grundsätzlich ungeschriebene Voraussetzung für den Anspruch des Jugendhilfeträgers auf Kostenbeiträge. Dies ergibt sich aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie dem in § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für Fälle der Kostenerstattung festgeschriebenen Grundsatz, dass eine Erstattung die Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung voraussetzt. Eine Heranziehung z. B. von Elternteilen zu Kostenbeiträgen kann daher grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn die Hilfegewährung rechtmäßig war (vgl. zum Ganzen: OVG NW, B.v. 28.8.2014 - 12 A 1034/14 - juris Rn. 8; NdsOVG, B.v. 17.9.2013 - 4 LA 50/12 - juris Rn. 5; VG Augsburg, U.v. 4.10.2011 - Au 3 K 10.347 - juris Rn. 28; offen gelassen in: BayVGH, B.v. 25.10.2012 - 12 ZB 11.501 - juris Rn. 6; U.v. 24.6.2010 - 12 BV 09.2527 - juris Rn. 27; VGH BW, U.v. 17.3.2011 - 12 S 2823/08 - juris Rn. 36).

Eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Jugendhilfemaßnahme ist daher im Rahmen von Streitigkeiten über eine Kostenbeitragspflicht jedenfalls dann angezeigt, wenn der zu einem Kostenbeitrag Herangezogene am vorherigen Verwaltungsverfahren der Jugendhilfemaßnahme nicht beteiligt war und hier keine Einwendungen vorbringen konnte (VGH BW, U.v. 17.3.2011 - 12 S 2823/08 - juris Rn. 37).

Etwas anderes gilt jedoch für den hier gegebenen Fall, in dem sich die Klägerin nunmehr gegen die Rechtmäßigkeit des (auch) an sie gerichteten, bestandskräftigen Hilfebescheids des Beklagten vom 8. Mai 2013 (Blatt 121 der Verwaltungsakte) wendet. Denn es kann nicht sachgerecht sein, einer an dem der Bewilligung einer Jugendhilfemaßnahme zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren beteiligten Person, die sich aus eigenem Recht mit Widerspruch und Klage gegen die Bewilligung der Maßnahme hätte wenden können, im Rahmen des die Kostenbeitragserhebung betreffenden Rechtsmittelverfahrens nochmals die Möglichkeit einzuräumen, Einwendungen gegen den bereits bestandskräftigen Verwaltungsakt vorzubringen, mit welchem die Hilfemaßnahme bewilligt worden ist (vgl. VGH BW, U.v. 17.3.2011 - 12 S 2823/08 - juris Rn. 37; VG München, U.v. 14.2.2013 - M 18 K 09.354 - juris Rn. 31; U.v. 13.4.2011 - M 18 K 09.6136 - juris Rn. 21; offen gelassen in: VG Augsburg, U.v. 4.10.2011 - Au 3 K 10.347 - juris Rn. 28).

Es ist daher mit Blick auf den bestandskräftigen Hilfebescheid des Beklagten vom 8. Mai 2013 davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrem Einwand der Rechtswidrigkeit der Hilfegewährung in formeller Hinsicht nicht durchzudringen vermag.

Nur der Vollständigkeit halber sei daher darauf hingewiesen, dass aus Sicht des Gerichts vieles dafür spricht, dass die gegenständliche Hilfemaßnahme des Beklagten auch der Sache nach nicht rechtswidrig gewesen ist.

Ausweislich der fachärztlich-psychologischen Stellungnahme des ... vom 31. Oktober 2012 war beim Sohn der Klägerin das Asperger-Syndrom (F84.5) sowie eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) diagnostiziert worden. Eine (drohende) seelische Behinderung gemäß § 35a Abs. 1 und Abs. 1a SGB VIII sei gegeben. Aufgrund der Schwere der Symptomatik und zum Erhalt des Kindeswohls wurde eine stationäre intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahme (ISE) empfohlen. Eine solche Maßnahme wurde grundsätzlich auch in einem Hilfeplangespräch vom 1. Dezember 2012 angestrebt.

Gemäß § 35 SGB VIII soll intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen; die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen.

Intensiv-sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII ist gedacht für Personen, die sich allen anderen Hilfeangeboten entziehen. Die Betroffenen können nicht in einem Heim oder in einer Wohngruppe untergebracht werden, weil sie beispielsweise nicht gemeinschaftsfähig sind, aber auch nicht in einer klassischen Pflegefamilie, weil sie sich in eine Familie nicht einordnen können. Sie bedürfen aber einer besonders intensiven und qualifizierten Betreuung, durch eine enge Bindung an eine Einzelperson, was durch eine normale Pflegeperson nicht geleistet werden kann. So ist in den Empfehlungen zur intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung (Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses vom 24. Januar 2001, abrufbar unter www.blja.bayern.de) vorgesehen, dass diese Form der Hilfe von freien Trägern und Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und nur in begründeten Ausnahmefällen von qualifizierten Einzelpersonen mit in der Regel sozialpädagogischer Qualifikation durchgeführt wird. Die Hilfe nach § 35 SGB VIII fordert eine intensive Beziehung zum Betreuer, andererseits stellt sie hohe Anforderungen an Qualität und Struktur. Dies ist auch bei der Abgrenzung zur Pflegestelle zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen: VG München, U.v. 6.11.2013 - M 18 K 12.357 - juris Rn. 46).

Diesem Hilfeprofil wird die vom Beklagten für die Hilfegewährung gewählte Einrichtung „...“ in ... grundsätzlich gerecht. Es handelt sich um eine stationäre Einrichtung für junge Menschen, die besonderer individueller Hilfen für ihre soziale Integration bedürfen (vgl. Betriebserlaubnis der Regierung von ... vom 25.9.2003, Blatt 78-83 der Gerichtsakte). Der mit Wirkung ab 1. Januar 2004 geschlossenen Leistungsvereinbarung zwischen der Kommission Kinder- und Jugendhilfe Südbayern und der Einrichtung (Blatt 84-98 der Gerichtsakte) ist zu entnehmen, dass sie grundsätzlich Leistungen nach § 35 SGB VIII anbietet. Wörtlich ist hierzu ausgeführt, dass bei „erhöhtem Betreuungsbedarf … die Möglichkeit der intensiv sozialpädagogischen Einzelbetreuung gegeben“ ist (Blatt 84 der Gerichtsakte). Jugendliche mit erhöhtem Betreuungs- und individuellem Förderbedarf würden in der Einrichtung zunächst in einer „ISE-Maßnahme“ im Betreuungsschlüssel 1:1 aufgenommen; über einen intensiven Kontakt zu einem Bezugsbetreuer könne der Jugendliche sodann neues Vertrauen aufbauen und sich auf einen neuen Erfahrungsprozess einlassen (Blatt 85 der Gerichtsakte).

Auch ausweislich des Internetauftritts unter www.sch...de handelt es sich beim „...“ um eine ganztägig besetzte Kleineinrichtung der Jugendhilfe (Unterpunkt „Home“). Die Einrichtung bietet ausdrücklich auch „Intensive Sozialpädagogische Einzelfallhilfe“ an (Unterpunkt „Kosten“). Das großräumige Gebäude verfügt demnach über mehrere abgetrennte Wohnbereiche und Einzelzimmer für die die Jugendlichen und ihre Betreuer (Unterpunkt „Angebot). Vier Betreuer kümmern sich um maximal fünf Jugendliche (Unterpunkte „Team“ und „Home“). Es besteht ein Bezugsbetreuersystem mit regelmäßigen Einzelgesprächen und angeleiteten Gruppen (Unterpunkt „Home“).

Zwar hat der Beklagte im Hilfebescheid vom 8. Mai 2013 Hilfe zur Erziehung nicht in Form einer intensiv-sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII, sondern in Form der Heimerziehung nach § 34 SGB VIII gewährt. Jedoch ist ausweislich der Aufnahmemitteilung der Einrichtung vom 6. Mai 2013 (Blatt 77 der Gerichtsakte) der Sohn dort zum 1. April 2013 ausdrücklich zunächst „zu einer stationären ISE-Maßnahme im Betreuungsschlüssel von 1:1“ aufgenommen worden; nach der Integration des Jugendlichen in der Einrichtung und insbesondere der Abklärung seines weiteren Hilfebedarfs zur sozialen und beruflichen Eingliederung sollte im Rahmen der Hilfeplanung die Übernahme in den Bereich der Heilpädagogischen Wohngruppe im Betreuungsschlüssel von 1:2 erfolgen. Diese Vorgehensweise entspricht der mit der der Kommission Kinder- und Jugendhilfe Südbayern geschlossenen Leistungsvereinbarung (Blatt 85 der Gerichtsakte).

Eine fehlende Eignung der Jugendhilfemaßnahme ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2014 vorgelegten Dokumenten. Insbesondere ist dem Entwicklungsbericht der Einrichtung vom 10. Juni 2013 (Blatt 60-65 der Gerichtsakte) nicht zu entnehmen, dass die dortige Jugendhilfeleistung von vornherein nicht geeignet bzw. zielführend gewesen wäre. Dem Bericht ist - allerdings im Widerspruch zur zitierten Aufnahmemitteilung der Einrichtung vom 6. Mai 2013 - zu entnehmen, dass der Sohn im April 2013 zunächst im Bereich der Heilpädagogischen Wohngruppe mit einem Betreuungsschlüssel 1:2 aufgenommen worden sei; aufgrund des tatsächlichen Betreuungsbedarfs und der erforderlichen Hilfestellungen wurde sodann dringend eine Fortführung der Maßnahme als „stationäre ISE-Maßnahme im Betreuungsschlüssel von 1:1“ als erforderlich gesehen (siehe Seite 1 des Berichts). An keiner Stelle des Berichts stellt jedoch die Einrichtung selbst ihre Eignung für den Sohn der Klägerin grundsätzlich in Frage. Abschließend ist lediglich ausgeführt, dass „die Jugendhilfemaßnahme weiterhin nur in einer stationären ISE-Maßnahme im Betreuungsschlüssel von 1:1 fortgeführt werden“ könne (siehe Seite 6 des Berichts).

Nach alledem bestehen - unabhängig von der formellen Bestandskraft des Hilfebescheids vom 8. Mai 2013 - mit Blick auf den gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Jugendamts bei der Hilfegewährung (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 28.10.2014 - 12 ZB 13.2025 - juris Rn. 19) und die fehlende nähere klägerische Substantiierung einer „unzureichenden“ Hilfe auch an der materiellen Rechtmäßigkeit - insbesondere der Geeignetheit und Erforderlichkeit - der gegenständlichen Jugendhilfemaßnahme keine begründeten Zweifel. Nach Auffassung des Gericht spricht vielmehr vieles dafür, dass auch eine Jugendhilfemaßnahme im Bereich der Heilpädagogischen Wohngruppe der gegenständlichen Einrichtung mit einem - bereits sehr individuellen - Betreuungsschlüssel 1:2 im Fall des Sohns der Klägerin grundsätzlich noch geeignet und zielführend gewesen ist. Hierbei ist auch zu bedenken, dass es sich bei einer Jugendhilfemaßnahme um einen dynamischen, am Therapieerfolg orientierten Prozess handelt; ein Wechsel im Betreuungsschlüssel von 1:1 zu 1:2 und ggf. wieder zurück zu 1:1 (vgl. auch den Vermerk auf der Rechnung der Einrichtung vom 4. August 2013, Blatt 73 der Gerichtsakte: „ISE-Maßnahme ab 01.07.2013“) kann durchaus aus dem nachvollziehbaren Bestreben folgen, den Jugendlichen langsam - ggf. auch probeweise - wieder in die Selbstständigkeit zu führen.

Es ist zudem vom Kostenbeitragsverfahren von vornherein nicht umfasst, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Einrichtung, die der Beklagte mit der Erbringung der mit Bewilligungsbescheid vom 8. Mai 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung (§§ 27, 34 SGB VIII) beauftragt hat, ihren Betreuungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Soweit die Entwicklung des Sohns in der vom Beklagten ausgewählten Einrichtung aufgrund mangelhafter Betreuung keinen günstigen Verlauf genommen haben sollte, berührt dies nicht die Eignung der Heimerziehung als solche, sondern betrifft die ordnungsgemäße Erfüllung des zwischen dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe und dem Betreiber des Heims als Jugendhilfeeinrichtung geschlossenen Betreuungsvertrags. Eine „Schlechtleistung“ des die Hilfe zur Erziehung im Auftrag des Jugendamts umsetzenden Heims macht die Hilfegewährung gegenüber dem Anspruchsinhaber für sich gesehen nicht rechtswidrig, denn die Bestimmung der konkreten Einrichtung gehört nicht zum Regelungsgehalt des § 34 SGB VIII (vgl. zum Ganzen: OVG NW, B.v. 21.1.2014 - 12 A 2170/13 - juris Rn. 20).

d) Ferner führt der Einwand, dass im August 2013 ein nicht näher konkretisierter Teil der dem Sohn gewährten Ausbildungsvergütung durch die Einrichtung einbehalten worden sei, zu keinem für die Klägerin günstigen Ergebnis.

Dieser Sachverhalt betrifft grundsätzlich allein die Rechtsbeziehungen zwischen dem Sohn und dem Beklagten bzw. der Einrichtung. Auf die gegenständliche Kostenbeitragspflicht der Klägerin könnte sich der Sachverhalt allenfalls insoweit auswirken, als dass nach § 94 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII die Kostenbeiträge die tatsächlichen Aufwendungen des Beklagten nicht überschreiten dürfen; Eltern sollen nachrangig zu den jungen Menschen herangezogen werden.

Bei Tagessätzen der Einrichtung „...“ in ... i. H. v. EUR 118,24 bis EUR 187,17 - siehe www...de, Unterpunkt „Kosten“ - und damit monatlichen Kosten von EUR 3.547,20 (vgl. die Rechnung der Einrichtung für Juni 2013, Blatt 74 der Gerichtsakte) ist auch für August 2013 ohne weiteres davon auszugehen, dass mit Blick auf die monatlichen Kostenbeiträge der Klägerin (EUR 340,--) und ihres Lebensgefährten (EUR 525,--) auch durch einen Kostenbeitrag des Sohnes keine nach § 94 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII unzulässige Überschreitung der tatsächlichen Kosten der Maßnahme eingetreten ist (vgl. VG Minden, U.v. 13.12.2013 - 6 K 1278/11 - juris Rn. 31).

e) Allerdings kann für die Zeit ab 20. Juli 2013 kein Kostenbeitrag von der Klägerin verlangt werden.

Grund hierfür ist, dass nach Auffassung des Gerichts jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keine vollstationären bzw. teilstationären Leistungen durch den Beklagten bzw. die von ihm gewählte Einrichtung mehr erbracht worden sind. Eine solche Leistungserbringung ist jedoch nach § 91 Abs. 1 und 2 SGB VIII zwingende Voraussetzung für die Erhebung von Kostenbeiträgen.

Zwischen den Beteiligten ist dem Grunde nach unstreitig, dass der Sohn noch im Juli 2013 die Einrichtung verlassen hat und von dort zunächst in ein von der Einrichtung angemietetes Hotel, ab August 2013 in eine von der Einrichtung angemietete kleine Wohnung gezogen ist.

Insoweit ist auf der in der mündlichen Verhandlung durch den Beklagten übergebenen Rechnung der Einrichtung für Juli 2013 (Blatt 73 der Gerichtsakte) eine „Beurlaubung in Familie“ vom 20. bis 28. Juli 2013 vermerkt. Auf der entsprechenden Rechnung der Einrichtung für August 2013 (Blatt 75 der Gerichtsakte) ist neben den Miet- und Stromkosten für die Wohnung und der Kosten für die Anschaffung von Gebrauchtmöbeln ausdrücklich „ambulante Betreuung ab 01.08.2013“ vermerkt; insoweit werden 16 Fachleistungsstunden zum Ansatz gebracht.

Das Gericht geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass jedenfalls ab 20. Juli 2013 die zuvor erfolgte vollstationäre Jugendhilfemaßnahme faktisch beendet und in eine bloß ambulante Maßnahme überführt worden ist.

f) Für den verbleibenden Zeitraum vom 1. April bis 19. Juli 2013 ist die Berechnung des Kostenbeitrags der Klägerin nach §§ 93 und 94 SGB VIII jedoch rechtsfehlerfrei erfolgt.

aa) Die Berechnung des Einkommens hat der Beklagte auf der Grundlage der Verdienstbescheinigungen der Klägerin gemäß § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII vorgenommen. Ausgehend von der Erwartung von im Leistungszeitraum im Wesentlichen gleichbleibenden monatlichen Einkünften ist die Behörde berechtigt, aus dem jeweiligen Gesamteinkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zu ermitteln und dies der Berechnung des Kostenbeitrags zugrunde zu legen (BayVGH, B.v. 13.5.2014 - 12 ZB 14.827 u. a. - juris Rn. 11). Zwar kann für die abschließende Kostenbeitragsberechnung grundsätzlich nur das tatsächlich im Hilfezeitraum erzielte monatliche Durchschnittseinkommen ausschlaggebend sein; dies schließt es jedoch nicht aus, bei Beginn der Beitragserhebung als Prognosegrundlage für das zu erwartende monatliche Durchschnittseinkommen auf ein in der Vergangenheit erzieltes monatliches Durchschnittseinkommen zurückzugreifen (BVerwG, U.v. 19.3.2013 - 5 C 16/12 - juris Rn. 25). Der Beklagte hat nach alledem beanstandungsfrei die letzten sechs von der Klägerin vorgelegten Verdienstbescheinigungen (November 2012 - April 2013; Blatt 59-64 der Verwaltungsakte) zugrunde gelegt und hieraus ein durchschnittliches Nettoeinkommen i. H. v. EUR 1.650,98 ermittelt (vgl. Berechnung auf Blatt 88 der Verwaltungsakte).

bb) Zu diesem Betrag ist - nach hier maßgeblicher alter Rechtslage (anders nunmehr § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII n. F.) - das Kindergeld für den in der Jugendhilfemaßnahme befindlichen Sohn i. H. v. EUR 184,-- hinzuzuaddieren, um ein Einkommen der Klägerin i. S.v. § 93 Abs. 1 SGB VIII i. H. v. EUR 1.834,98 zu erhalten (vgl. VG Augsburg, U.v. 25.1.2011 - Au 3 K 09.1541 u. a. - juris Rn. 42; VG Würzburg, U.v. 18.5.2012 - W 3 K 11.139 - juris Rn. 18). Die Hinzuaddierung des Kindergelds für das behördlich betreute Kind wäre selbst dann vorzunehmen, wenn das Kindergeld im gegenständlichen Zeitraum nicht an die Klägerin (siehe Schreiben der Familienkasse ... vom 8. Dezember 2014, Blatt 68 der Gerichtsakte), sondern nach § 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - direkt an den Beklagten oder die Einrichtung ausgezahlt worden wäre (vgl. BayVGH, U.v. 15.12.2010 - 12 BV 10.528 - juris Rn. 26; VG Augsburg, U.v. 21.10.2014 - Au 3 K 14.535 - juris Rn. 38; U.v. 24.7.2007 - Au 3 K 07.37 - juris Rn. 25; VG Oldenburg, U.v. 31.3.2008 - 13 A 5469/05 - juris Rn. 18).

cc) Hiervon ist nach § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII der auf den Verdienstbescheinigungen der Klägerin jeweils ausgewiesene, der privaten Altersversorgung dienende monatliche Beitrag zur Direktversicherung des Arbeitgebers i. H. v. EUR 100,-- abzuziehen, so dass sich ein Gesamteinkommen i. S.v. § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII i. H. v. EUR 1.734,98 ergibt (vgl. allg. zur Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu „Riester-Renten“: VG Augsburg, U.v. 4.6.2013 - Au 3 K 12.948 - juris Rn. 37; VG München, U.v. 9.12.2009 - M 18 K 08.6205 - juris Rn. 31).

dd) Da die Klägerin keine darüber hinausgehenden berücksichtigungsfähigen Belastungen geltend gemacht hat, sind Belastungen gemäß § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII a. F. (nunmehr § 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII n. F.) durch eine pauschale Kürzung des errechneten Gesamteinkommens von EUR 1.734,98 um 25 v. H. (EUR 433,74) zu berücksichtigen, so dass sich ein bereinigtes maßgebliches Einkommen der Klägerin von EUR 1.301,24 ergibt.

Nach § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII - in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe vom 29. August 20132013, BGBl. I S. 3464; siehe nunmehr § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII n. F. - können Belastungen wie z. B. Schuldverpflichtungen, die höher als der pauschale Abzug nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII n. F.) sind, bei der Berechnung des Einkommens des Kostenbeitragsschuldners abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. Das Anknüpfen an die „Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung“ ermöglicht es, auch grundsätzlich angemessene Belastungen unberücksichtigt zu lassen, wenn die kostenbeitragspflichtige Person bei der Übernahme der Belastung hätte erkennen müssen, dass diese ihrem Lebensstandard nicht entspricht, also nicht in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zu ihrer Lebens- und Einkommenssituation steht (vgl. OVG NW, B.v. 27.2.2014 - 12 A 2688/12 - juris Rn. 12 f.).

(1) Als Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person kommen nach § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII a. F. insbesondere Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen in Betracht. Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass behördlich die monatlichen Beiträge zur Unfallversicherung des Sohns i. H. v. EUR 4,20 (Blatt 76 der Verwaltungsakte) berücksichtigt wurden (vgl. Kunkel, LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 93 Rn. 22). Die daneben geltend gemachten monatlichen Beiträge zur Mofa-Versicherung des Sohns i. H. v. EUR 5,75 (Blatt 77 der Verwaltungsakte; EUR 69,--/12 Monate) wurden behördlich zu Recht nicht anerkannt. Die Behörden haben mit Blick auf § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII a. F. zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erforderlichkeit eines eigenen Kraftfahrzeugs des Sohnes insoweit nicht hinreichend nachgewiesen ist. Die Einlassung auf dem Ermittlungsbogen „[Mofa]… wurde mit nach ... genommen, um flexibel zu sein für die Ausbildungsstelle, Bewerbung usw.“ (Blatt 57 der Verwaltungsakte) ist insoweit zu allgemein gehalten und nicht ausreichend.

(2) Als Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person kommen nach § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII a. F. daneben die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben in Betracht. Insoweit gelangt die Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (DVO zu § 82 SGB XII) zur entsprechenden Anwendung (vgl. VG Augsburg, U.v. 4.6.2013 - Au 3 K 12.948 - juris Rn. 37). Nach § 3 Abs. 5 DVO zu § 82 SGB XII kann als Aufwendungen für Arbeitsmittel i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 1 DVO zu § 82 SGB XII ein monatlicher Pauschbetrag von EUR 5,20 berücksichtigt werden, wenn nicht im Einzelfall - wie hier nicht - höhere Aufwendungen nachgewiesen werden. Ist ein öffentliches Verkehrsmittel nicht vorhanden oder dessen Benutzung im Einzelfall nicht zumutbar und deshalb die Benutzung eines Kraftwagens notwendig, so sind nach § 3 Abs. 6 Nr. 2 lit. a DVO zu § 82 SGB XII monatliche Pauschbeträge i. H. v. EUR 5,20 abzusetzen für jeden vollen Kilometer, den die Wohnung von der Arbeitsstätte entfernt liegt, jedoch für nicht mehr als 40 km. Im Falle der Klägerin ergibt dies bei einer Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte von 6 km (siehe Blatt 86 der Verwaltungsakte) einen Absetzungsbetrag von EUR 31,20 (vgl. zum Ganzen: VG Würzburg, U.v. 10.7.2014 - W 3 K 13.607 - juris Rn. 35 f.).

Mit den in § 3 Abs. 6 Nr. 2 lit. a DVO zu § 82 SGB XII bestimmten Pauschbeträgen sind die Aufwendungen abgegolten, die einem Betroffenen durch die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für die Fahrt zur Arbeit entstehen; für eine gesonderte Absetzung der Kfz-Haftpflichtversicherungsprämien und der Kfz-Steuer ist daneben regelmäßig kein Raum (OVG NW, U.v. 20.6.2000 - 22 A 207/99 - juris; OVG Berlin-Bbg, U.v. 27.11.2003 - 4 A 220/03 - juris). Daher konnte die seitens der Klägerin geltend gemachte Kfz-Haftpflichtversicherung i. H. v. monatlich EUR 26,79 (EUR 160,76 /6 Monate; Blatt 83 der Verwaltungsakte) keine Anerkennung finden.

(3) Ferner kommen als Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person nach § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII a. F. Schuldverpflichtungen in Betracht.

Insoweit waren zunächst die monatliche Rate zur Tilgung des Automobildarlehens i. H. v. EUR 230,-- (Blatt 71 der Verwaltungsakte) sowie die monatliche Rate zur Tilgung des Darlehens zum Kauf einer Waschmaschine i. H. v. EUR 54,25 (Blatt 84 der Verwaltungsakte) als absetzungsfähig anzuerkennen.

Hinsichtlich der daneben durch die Klägerin geltend gemachten Kosten für eine Zahnbehandlung i. H. v. EUR 680,53 (Blatt 72-75 der Verwaltungsakte) sowie eine frauenärztliche Behandlung i. H. v. EUR 300,-- (Blatt 85 der Verwaltungsakte) gilt, dass es sich hierbei um größere einmalige besondere Belastungen handelt, deren Entstehung bereits lange vor der Kostenbeitragspflicht bekannt gewesen ist. Im Falle der Zahnbehandlung datiert der erste Heil- und Kostenplan mit einem voraussichtlichen Eigenanteil von sogar EUR 1.123,24 vom 6. Februar 2012 (Blatt 75 der Verwaltungsakte); im Falle der frauenärztlichen Behandlung war bereits ab Erstbehandlung am 24. Juli 2008 (Blatt 85 der Verwaltungsakte) klar, dass im Sommer 2013 eine Folgebehandlung erforderlich werden würde, die mit weiteren Kosten verbunden wäre. Es war der Klägerin daher in der Tat mit Blick auf § 93 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII a. F. zumutbar, die jeweiligen Gesamtbeträge in monatlich zurückzulegenden Teilbeträgen anzusparen, um bei Fälligkeit über die erforderlichen Geldmittel zu verfügen. Es ist daher vom Gesamtbetrag i. H. v. EUR 980,53 vorliegend nur ein monatlicher Teilbetrag in Höhe eines Zwölftels (EUR 81,71) berücksichtigungsfähig.

(4) Nach alledem waren als Belastungen i. S. v. § 93 Abs. 3 SGB VIII Beiträge zur Unfallversicherung des Sohnes i. H. v. EUR 4,20, berufsbedingte Ausgaben i. H. v. EUR 36,40, die Tilgungsrate für das Automobildarlehen i. H. v. EUR 230,--, das Darlehen zur Anschaffung einer Waschmaschine i. H. v. EUR 54,25 sowie medizinische Kosten i. H. v. EUR 81,71 anzusetzen. Da der sich ergebende Gesamtbetrag von EUR 406,56 den Pauschalbetrag aus § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII a. F. i. H. v. EUR 433,75 (25 v. H. aus EUR 1.734,98) nicht übersteigt, verbleibt es beim entsprechenden Pauschalabzug. Dies gilt selbst dann, wenn man die monatlichen Beiträge zur Mofa-Versicherung des Sohnes i. H. v. EUR 5,75 zugunsten der Klägerin als erforderlich anerkennen würde.

ee) Die Klägerin verfügte mithin über ein bereinigtes maßgebliches Einkommen i. S.v. § 93 SGB VIII i. H. v. 1.301,24 EUR. Hiermit ist die Klägerin gemäß § 94 Abs. 5 SGB VIII i. V. m. § 1 der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitrags-Verordnung - KostenbeitragsV) in die Einkommensgruppe 7 der Kostenbeitrags-Verordnung in der vorliegend maßgeblichen Fassung bis zum 3. Dezember 2013 (EUR 1.301,-- bis 1.450,--) einzustufen, die einen Kostenbeitrag für die erste vollstationäre Person i. H. v. EUR 340,-- vorsieht.

Da das Kindergeld i. H. v. EUR 184,-- vorliegend im streitgegenständlichen Zeitraum an die Klägerin zur Auszahlung gelangt ist (siehe Schreiben der Familienkasse Bayern Nord vom 8. Dezember 2014, Blatt 68 der Gerichtsakte), ist vom monatlichen Kostenbeitrag in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 2 KostenbeitragsV a. F. kein entsprechender Abzug vorzunehmen (vgl. VG Minden, B.v. 9.7.2007 - 6 K 596/07 - juris Rn. 27; Schindler in: Frankfurter Kommentar, SGB VIII, 7. Aufl. 2013, Anh. zu § 94 Rn. 16). Soweit die Klägerin sich zu erinnern meint, im streitgegenständlichen Zeitraum in einem Monat kein Kindergeld erhalten zu haben, ist dies mit Blick auf die gegenteilige Bestätigung der Familienkasse ... vom 8. Dezember 2014 (Blatt 68 der Gerichtsakte) als unzutreffend anzusehen. Auch die offenbar erfolgte Rücküberweisung des Kindergelds für April 2013 an die Familienkasse durch die Klägerin (vgl. Blatt 80-82 der Verwaltungsakte) ist für das hiesige Verfahren irrelevant, da es von vornherein nicht auf die tatsächliche Verwendung des Kindergelds ankommt, sondern auf den Erhalt an sich. Unabhängig davon hat die Klägerin bei einer trotz Bezugsberechtigung erfolgten Rücküberweisung des Kindergelds für April 2013 insoweit weiterhin einen entsprechenden Nachzahlungsanspruch aus § 44 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch - SGB X - gegenüber der Familienkasse (vgl. allg. OVG NW, U.v. 12.5.2006 - 1 A 3606/04 - juris Rn. 41), so dass ihr der entsprechende Betrag jedenfalls zuzurechnen ist.

Die Berechnung des Kostenbeitrags stellt sich letztlich wie folgt dar:

Tabelle 1: Berechnung des Einkommens (§ 93 SGB VIII)

Einkommen, § 93 Abs. 1 SGB VIII

Grundsatz: alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert

Verdienstbescheinigungen (netto)

€ 1.650,98

Kindergeld

Schreiben Familienkasse v. 8.12.14

€ 184,--

Keine Einkommensbestandteile

-

-

Gesamt

€ 1.834,98

Absetzungsbeträge, § 93 Abs. 2 SGB VIII

Auf das Einkommen gezahlte Steuern (Nr. 1)

Bereits herausgerechnet (s.o.)

-

Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung (Nr. 2)

Bereits herausgerechnet (s.o.)

-

Angemessene Beiträge zu Versicherungen wg. Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitslosigkeit (Nr. 3)

Beitrag zur Altersversorgung

(Riester-Rente)

- € 100,--

Gesamt

- € 100,--

Gesamteinkommen, § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII

Gesamt

€ 1.734,98

Belastungen, § 93 Abs. 3 SGB VIII

Beiträge zu Versicherungen o.ä. (Nr. 1)

Unfallversicherung Sohn

- € 4,20

Mofa-Versicherung Sohn (€ 5,75)

-

Berufsbedingt notwendige Ausgaben (Nr. 2)

Arbeitsmittel (Pauschale)

- € 5,20

Fahrten von u. zur Arbeitsstätte

- € 31,20

Schuldverpflichtungen (Nr. 3)

Tilgung Automobildarlehen

- € 230,--

Tilgung Darlehen Waschmaschine

- € 54,25

Zahnarzt, Frauenarzt (€ 980,53/12)

- € 81,71

Gesamt

- € 406,56

Pauschale, § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII

25 v. H.

- € 433,75

Gesamt

€ 1.301,24

KostenbeitragsV

Einkommensgruppe

7

KostenbeitragsV

Beitragsstufe

1

Monatlicher Kostenbeitrag

€ 340,--

Kursiver Druck: keine Anerkennungsfähigkeit.

ff) An der ermittelten Kostenbeitragshöhe von EUR 340,-- ändert auch der Vortrag der Klägerin nichts, der Sohn sei meist an den Wochenende und in den Ferien zu Hause bei ihr und ihrem Lebensgefährten gewesen.

Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist gemäß § 94 Abs. 4 SGB VIII die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

Die Anrechnung etwaiger von der Klägerin erbrachten tatsächlichen Betreuungsleistungen i. S. v. § 94 Abs. 4 SGB VIII ist jedoch eine Frage der rechnerischen Abwicklung und berührt die grundsätzliche Pflicht zur Leistung eines Kostenbeitrags in der jeweils festgesetzten Höhe nicht (VG Augsburg, U. v. 26.5.2009 - Au 3 K 08.65 - juris Rn. 84).

Nur der Vollständigkeit halber sei daher darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Klägerin zu etwaigen Wochenend- und Ferienaufenthalten des Sohns bislang gänzlich unsubstantiiert ist, insbesondere werden keine konkreten Zeiträume und Daten benannt, die der Sohn zu Hause verbracht haben soll. Eine entsprechende Anrechnung nach § 94 Abs. 4 SGB VIII kann jedoch nur jeweils im Nachhinein erfolgen, wenn feststeht, wie oft und wie lange entsprechende Aufenthalte in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich stattgefunden haben (vgl. VG Augsburg, B.v. 18.10.2013 - Au 3 K 13.950 - juris Rn. 25). Da diese Voraussetzungen bislang nicht gegeben sind, kann offenbleiben, ob es sich bei den behaupteten Wochenend- und Ferienaufenthalte um bloße Umgangskontakte i. S.v. § 1684 BGB gehandelt hat, die nach § 94 Abs. 4 SGB VIII - trotz kostenauslösender Betreuung durch die Eltern - zu keiner Senkung des Kostenbeitrags führen (vgl. allg. OVG NW, B.v. 17.3.2009 - 12 A 3019/08 - juris Rn. 30-36). Nach hinreichender Substantiierung wäre der Kostenbeitrag ggf. durch den Beklagten nachträglich entsprechend anzupassen.

gg) Die Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag steht auch im Einklang mit § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, nach dem die Kostenbeitragspflichtigen aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen sind.

Dabei ist das Tatbestandsmerkmal „in angemessenem Umfang“ ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Anwendung der uneingeschränkten Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 19.8.2010 - 5 C 10.09 - BVerwGE 137, 357 ff.) beinhaltet die Heranziehung in angemessenem Umfang, dass dem Kostenbeitragspflichtigen im Rahmen einer unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung nach Abzug des Kostenbeitrags von seinen Einkünften der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleiben muss. Maßgeblich für die unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung sind die jeweils örtlich zugrunde zu legenden Leitlinien der Oberlandesgerichte, d. h. im vorliegenden Fall die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL). Hierbei ist maßgeblich auf das unterhaltsrechtlich relevante, bereinigte Nettoeinkommen abzustellen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 13.5.2014 - 12 ZB 14.827 u. a. - juris Rn. 14; VG Ansbach, U.v. 20.3.2014 - AN 6 K 12.1662 - juris Rn. 46).

Der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt der Klägerin ist vorliegend hinreichend gewahrt. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen beträgt nach Buchstabe A., Anmerkung Nr. 5 der seit dem 1. Januar 2013 gültigen Düsseldorfer Tabelle monatlich EUR 1.000,--. Demgegenüber verblieb der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Einkommen i. H. v. EUR 1.337,47 zzgl. Kindergeld i. H. v. EUR 184,--, mithin ein Gesamtbetrag von EUR 1.521,47.

Ausgangspunkt ist insoweit das ermittelte Gesamteinkommen der Klägerin i. S.v. § 93 Abs. 2 SGB VIII - jedoch ohne Kindergeld, vgl. SüdL Nr. 3 - i. H. v. EUR 1.550,98.

Hiervon ist eine 5%-Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen nach SüdL Nr. 10.2.1 i. H. v. EUR 77,55 abzuziehen. Denn für die Fahrtkosten der Klägerin zur Arbeitsstätte von einfach 6 km an 220 Arbeitstagen pro Jahr wäre nach SüdL Nr. 10.2.2 lediglich ein niedriger monatlicher Betrag i. H. v. EUR 66,-- anzusetzen (12 km x EUR 0,30; vgl. allg. zur Berechnung: VG Augsburg, U.v. 8.7.2014 - Au 3 K 13.1597 - juris Rn. 51). Mit dem Absetzungsbetrag von EUR 77,55 sind ausweislich SüdL Nr. 10.2.2 die Anschaffungskosten des Kraftfahrzeugs grundsätzlich miterfasst, so dass kein weiterer Abzug für die monatliche Tilgung des Automobildarlehens i. H. v. EUR 230,-- erfolgt.

Weiter sind die monatliche Rate für den Waschmaschinenkauf i. H. v. EUR 54,25 sowie die monatlichen Rücklagebeträge für die Zuzahlungen für die Zahnbehandlung und die Frauenarztbehandlung i. H. v. EUR 81,71 als berücksichtigungswürdige Schulden i. S.v. SüdL Nr. 10.4 abzugsfähig.

Sodann ergibt sich als unterhaltsrechtlich bereinigtes Einkommen der Klägerin ein Betrag von EUR 1.337,47. Zuzüglich des monatlich an die Klägerin ausbezahlten Kindergelds für den behördlich betreuten Sohn i. H. v. EUR 184,-- (siehe oben) konnte aus einem Gesamtbetrag von EUR 1.521,47 auch mit Blick auf den notwendigen Selbstbehalt i. H. v. EUR 1.000,-- der gegenständliche monatliche Kostenbeitrag von EUR 340,-- geleistet werden.

Die Berechnung der Angemessenheit der Kostenbeitragserhebung i. S.v. § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII stellt sich letztlich wie folgt dar:

Tabelle 2: Angemessenheit der Kostenbeitragserhebung (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII)

Einkommen, SüdL 1. - 9.

Betrag aus § 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII (s.o.), SüdL 10.1

s.o.

€ 1.734,98

Ohne Kindergeld, SüdL 3.

s.o.

- € 184,--

Gesamt

€ 1.550,98

Bereinigung des Einkommens, SüdL 10.

Berufsbedingte Aufwendungen, SüdL 10.2.2

Fahrten zur Arbeitsstätte (€ 66,--)

-

5%-Pauschale, 10.2.1

- € 77,55

Berücksichtigungswürdige Schulden, SüdL 10.4

Tilgung Automobildarlehen (€ 230,--)

-

Tilgung Darlehen Waschmaschine

- € 54,25

Zahnarzt, Frauenarzt (€ 980,53/12)

- € 81,71

Gesamt

- € 213,51

Unterhaltsrechtlich bereinigtes Einkommen

Gesamt

€ 1.337,47

Kindergeld

s.o.

€ 184,--

Notwendiger Selbstbehalt

SüdL lit. A, Anm. 5

- € 1.000,--

Monatlicher Kostenbeitrag

§ 91 ff. SGB VIII

- € 340,--

Ergebnis

€ 181,47

Kursiver Druck: keine Anerkennungsfähigkeit.

hh) Eine besondere Härte i. S.v. § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII ist nicht gegeben.

Hiermit sind nicht jegliche Härten und ein für den Pflichtigen unbilliges Ergebnis gemeint. Der Begriff der besonderen Härte ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt, und setzt voraus, dass eine atypische Situation des Kostenschuldners nicht ausreichend im Rahmen der Ermittlung des Kostenbeitrages berücksichtigt werden kann. Maßgebend sind dabei die Umstände des Einzelfalles, wenn sie zu einem Ergebnis führen, das den Leitvorstellungen der §§ 91 bis 93 SGB VIII nicht entspricht (vgl. VG Augsburg, U.v. 8.7.2014 - Au 3 K 14.482 - juris Rn. 28).

Eine solche besondere Härte ist von der Klägerin weder hinreichend substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.

Die Frage, ob die Einrichtung, die der Beklagte mit der Erbringung der mit Bewilligungsbescheid vom 8. Mai 2013 gewährten Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung (§§ 27, 34 SGB VIII) beauftragt hat, ihren Betreuungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist, ist im Rahmen der Härtevorschrift des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII nicht von Relevanz (vgl. OVG NW, B.v. 21.1.2014 - 12 A 2170/13 - juris Rn. 20).

2. Nach alledem war wie aus dem Urteilstenor ersichtlich zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für

1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und
2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
Kindergeld und Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie
3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere

1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen,
2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
3.
Schuldverpflichtungen.
Die kostenbeitragspflichtige Person muss die Belastungen nachweisen.

(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.