Sozialgericht Halle Beschluss, 13. Okt. 2014 - S 17 AS 3937/14 ER

ECLI:ECLI:DE:SGHALLE:2014:1013.S17AS3937.14ER.0A
bei uns veröffentlicht am13.10.2014

Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig für die Zeit ab dem 1. September 2014 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2014 monatlich der Antragstellerin zu 1) 634,12 EUR, der Antragstellerin zu 2) 179,36 EUR, der Antragstellerin zu 3) 141,36 EUR, der Antragstellerin zu 4) 179,36 EUR zu gewähren.

Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) begehren von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

2

Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) sowie ihre 2004, 2009 und 2006 geborenen Kinder, die Antragstellerinnen zu 2) bis 4), sind sämtlich rumänische Staatsangehörige. Sie reisten im Jahre 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wie auch der Ehemann der Antragstellerin zu 1), der rumänische Staatsangehörige M. D. (fortan: Ehemann), der nach Angaben der Antragstellerinnen bis zu seiner vorläufigen Festnahme als Altmetalltrödler selbständig war. Tatsächlich meldete er ab dem 21. Mai 2013 bei der Stadt M. als Gewerbe den An- und Verkauf von Schrott und Altmetall an. Laut Meldebestätigung der Stadt M. vom 19. Juni 2014 nahm der Ehemann am 13. Mai 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., seine alleinige Wohnung. Außerdem waren unter der genannten Anschrift als seine Familienmitglieder die Antragstellerinnen zu 1), 3) und 4) gemeldet. Aus weiteren Bescheinigungen der Stadt M. vom 19. Juni 2014 geht hervor, dass die Antragstellerinnen zu 1) und 2) am 5. Juni 2013 unter der Anschrift W.er Straße, Me., alleinige Wohnung genommen hatten. Zwischen November 2013 und 26. März 2014 hielten sich die Antragstellerinnen und Herr D. in Rumänien auf. Bei Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland wurden sie nach eigenen Angaben zunächst bei der Familie A. aufgenommen, weil die in Me. gemietete Wohnung zwischenzeitlich vom Vermieter weitervermietet worden sei. Laut Anmeldebestätigung der Stadt H. vom 19. Juni 2014 nahmen die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) und Herr D. am 1. Mai 2014 alleinige Wohnung unter der Anschrift W.er Straße, H ... Laut Mietvertrag vom 8. April 2014 hat die Wohnungsgesellschaft ab dem 1. Mai 2014 unter der genannten Anschrift die Wohnung Nummer ... an Herrn D. vermietet. Die Gesamtmiete beträgt danach 409,45 EUR monatlich. Seit dem 23. Mai 2014 befindet sich Herr D. in Untersuchungshaft in der JVA L., wie auch der Bruder der Antragstellerin zu 1), Herr C. A. Laut Haftbefehl wurde der Ehemann am 23. Mai 2014, 1.20 Uhr festgenommen. Er wird des schweren Bandendiebstahls beschuldigt. Laut Haftbefehl war der Ehemann bei seiner Festnahme ohne festen Wohnsitz. Jeweils mit Schreiben vom 11. Juli 2014 wandte sich die Sozialarbeiterin Mi. von der JVA L. an die Wohnungsgesellschaft und den Antragsgegner wegen möglicher Wohnungslosigkeit der Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Aus einer Email der Wohnungsgesellschaft an Frau Mi. vom 16. Juli 2014 geht hervor, dass die Wohnung bereits fristlos gekündigt und ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wurde. Frau Mi. berichtete des Weiteren, nach Angaben des Ehemannes könne die Antragstellerin zu 1) weder lesen noch schreiben. Am 16. Juli 2014 beantragten die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ebenfalls am 16. Juli 2014 verpflichtete sich die Antragstellerin zu 1) in einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Antragsgegner bei gleichzeitigem Hinweis auf Sanktionsfolgen zur regelmäßigen und aktiven Teilnahme an Integrationskursen. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Begründung ab, die Antragsteller hielten sich in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche auf. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 29. August 2014 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2014 zurück. Dagegen haben die Antragstellerinnen bei dem erkennenden Gericht am 1. September 2014 Klage erhoben (S 17 AS 3938/14) und zugleich in dem vorliegenden Verfahren um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

3

Zur Begründung haben sie vorgetragen: Sie würden lediglich Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR erhalten. Die Reste ihrer Ersparnisse seien aufgebraucht. Die Antragstellerin zu 1) habe noch keine Arbeit gefunden und auch deshalb einen Leistungsantrag gestellt. Im Erörterungstermin am 16. September 2014 hat die Antragstellerin zu 1) mithilfe eines Dolmetschers vorgetragen: Sie sei nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu suchen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. Wegen der Sprache sei es ihr aber nicht möglich. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen hat angegeben: Seines Wissens nach werde die Miete nicht gezahlt. Unter dem Geschäftszeichen 99 C 3020/14 sei vor dem Amtsgericht H. eine Räumungsklage anhängig.

4

Die Antragsteller beantragen,

5

den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

6

Der Antragsgegner beantragt,

7

den Antrag abzulehnen.

8

Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Antragstellerin zu 1) sei als arbeitsuchende Ausländerin von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Außerdem sei der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Eine vorläufige Leistungsbewilligung käme zudem nicht mehr in Betracht, weil der Antragsgegner bereits endgültig über den Leistungsanspruch entschieden habe.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

10

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Eine vorläufige Regelung durch gerichtliche Anordnung hat sich als erforderlich erwiesen.

11

Gegenstand des Verfahrens bilden geltend gemachte Ansprüche der Antragstellerinnen auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ab dem 1. September 2014, dem Eingang des Gesuchs auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei dem erkennenden Gericht, bis einschließlich 31. Dezember 2014. Es ist trotz der sprachlich weiten Fassung des Rechtsschutzantrages davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen ihr Rechtsschutzgesuch ausgehend von dem Zeitpunkt der Stellung des Leistungsantrages nach § 37 Abs. 2 SGB II) auf den Ablauf des gesetzlichen Regelbewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II beschränken wollen.

12

Die Gewährung von Darlehen wegen etwaiger Mietschulden nach § 22 Abs. 8 SGB II ist nicht beantragt und damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

13

Der von den Antragstellerinnen nachgesuchte vorläufige Rechtsschutz beurteilt sich nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).

14

Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach der gebotenen summarischen Prüfung als glaubhaft gemacht anzusehen.

15

Die Antragstellerin zu 1) hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II. Rechtsgrundlage ist § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) können vorläufig Sozialgeld gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III beanspruchen.

16

Die Leistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

17

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

18

Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Allerdings können Ausländerinnen und Ausländer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II nur im Sinne von Absatz 1 erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.

19

Die 1985 geborene Antragstellerin zu 1) ist erwerbsfähig. Für die Annahme, sie könne aus körperlichen Gründen nicht mindestens 3 Stunden erwerbstätig sein, fehlt es an Anhaltspunkten. Sie kann auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II erwerbstätig sein, weil sie als Unionsbürgerin, der Rechtsstellung im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU, in der Fassung vom 21.1.2013) geregelt genehmigungsfreien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz) hat. Es liegen dem Gericht keine Erkenntnisse über das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Rechts der Antragstellerin nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU aufgrund der §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor.

20

Die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) haben noch nicht das 15. Lebensjahr vollendet und gelten deshalb nicht als erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Sie gehören aber gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1), soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen aufbringen können.

21

Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Daraus ergibt sich, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bedarfsorientiert und bedürftigkeitsabhängig gewährt werden.

22

Der im Falle der Antragstellerin zu 1) zu deckende monatliche Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst den Regelbedarf, den Mehrbedarf für Alleinerziehende und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Im Falle der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) umfasst er jeweils den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.

23

Als Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II) wird nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2014 für eine Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 391 EUR anerkannt. Bei dem Sozialgeld nach § 23 SGB II beträgt der Regelbedarf für eine Person bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres monatlich 229 Euro, für eine Person vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres monatlich 261 Euro.

24

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Nach dem Mietvertrag vom 8. April 2014 beträgt die monatlich geschuldete Miete 409,45 EUR. Nach Lage der Akten ist das Mietverhältnis zwar gekündigt, die Antragstellerinnen zu1) bis 4) nutzen die Wohnung aber noch. Deshalb entstehen auch weiterhin Aufwendungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs. Die Kündigung des Mietvertrages könnte zudem nach näherer Maßgabe des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch nachträgliche Befriedigung unwirksam werden.

25

Sie werden nach dem Kopfteil-Prinzip auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. Vorliegend verteilen sich die Unterkunftskosten allein auf die Antragstellerinnen zu 1) bis 4). Der Ehemann gehört zwar als nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Lit. a) SGB II zu ihrer Bedarfsgemeinschaft, denn das Gericht hat keine Erkenntnisse darüber, dass neben der räumlichen Trennung durch die richterlich angeordnete Untersuchungshaft ein Trennungswille des Ehemannes vorliegt. Wegen des durch die Untersuchungshaft eingetretenen Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II wird er aber nicht in die Verteilung nach Kopfteilen einbezogen. Entscheidend ist, dass die Wohnung allein den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf der Antragstellerinnen zu 1) bis 4) abdeckt.

26

Im Falle der Antragstellerin zu 1) besteht noch ein Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II in Höhe von 140,76 EUR. Die Anspruchsvoraussetzung der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" iS des § 21 Abs. 3 SGB II liegt vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 167/11 R –, Rn. 14, juris). Im Rahmen der gebotenen summarische Prüfung kann das Gericht nicht feststellen, dass die Antragstellerin zu 1) in nennenswerter Weise bei der Sorge für die Pflege und Erziehung der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) durch andere Personen entlastet wird.

27

Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist auch davon auszugehen, dass den Antragstellerinnen zu 1) bis 4) letztlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Mittel fehlen, um den Grundsicherungsbedarf ganz zu decken. Lediglich für den Unterhalt der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) stehen anrechenbare Einnahmen zur Verfügung, nämlich monatliches Kindergeld in Höhe von insgesamt 558,00 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Weiteres anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II ist nicht feststellbar. Es fehlt dem Gericht außerdem an Anhaltspunkten dafür, dass die Antragstellerinnen gegebenenfalls bislang erhaltene Unterstützung Dritter nicht lediglich vorübergehend erhalten haben, und dass für eine Weitergewährung dieser Unterstützung ein Rechtsgrund besteht.

28

Anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II kann bei der gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht festgestellt werden.

29

Unter Berücksichtigung der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerinnen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben.

30

Nach § 7 Abs. 1 S 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R –, Rn. 18).

31

So liegt der Fall hier. Es ist als hinreichend glaubhaft anzusehen, dass die Antragstellerin zu 1) ihren Lebensmittelpunkt und den der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) zukunftsoffen nach Deutschland verlegt hat. Dafür spricht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Ehemann und die Gewerbeanmeldung vom 21. Mai 2013, der Nachzug der Antragstellerinnen zu 1) bis 4), das ab dem 1. Mai 2014 vereinbarte unbefristete Mietverhältnis und das Bestreben der Antragstellerin zu 1), den Kindern mit dem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine bessere Zukunft zu sichern, die sie in Rumänien nicht sieht.

32

Die Antragstellerin zu 1) erfüllt die Voraussetzungen des gesetzlichen Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten.

33

Die Antragstellerin zu 1) reiste im Jahre 2013 gemeinsam mit den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) nach Deutschland ein. Bis zur Inhaftierung konnte der Ehemann die Familie von den Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit ernähren. Das Aufenthaltsrecht ergab sich für die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) solange zumindest auch aus § 3 Abs. 1 FreizügG/EU. Seit der Festnahme des Ehemannes am 23. Mai 2014 findet keine Ausübung der selbständigen Tätigkeit mehr statt. Allerdings hat er die Tätigkeit im Zeitpunkt seiner Inhaftierung bereits seit dem 21. Mai 2013 und damit mehr als ein Jahr ausgeübt. Das Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU bleibt für selbständig Erwerbstätige unberührt bei Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU). Im Hinblick auf die Begründung des Haftbefehls kann hier allerdings nicht festgestellt werden, dass der Ehemann keinen Einfluss auf die Einstellung der selbständigen Erwerbstätigkeit hatte.

34

Als Unionsbürgerin hat die Antragstellerin zu 1) aber grundsätzlich ein Recht, sich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU). Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerinnen zu 2) bis 4) leitet sich wiederum gemäß § 3 Abs. 1 FreizügG/EU von dem der Antragstellerin zu 1) ab. Der Plausibilität des Bestrebens, Arbeit zu finden, stehen im Falle der Antragstellerin zu 1) die selbst eingeräumten unzureichenden Sprachkenntnisse nicht entgegen. Zudem ist Folgendes zu berücksichtigen: Mit der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat sich die Antragstellerin zu 1) automatisch dem Regelungssystem des SGB II unterworfen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die Antragstellerin zu 1) hat mit dem Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, die auch die Unterstützung bei der Arbeitssuche beinhaltet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin zu 1) in der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Arbeitssuche aufhält.

35

Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Möglichkeit eröffnet, Leistungen der Grundsicherung vorläufig zu gewähren, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II mit höherrangigem Recht, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist. Das ist in Bezug auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall.

36

Das Bundessozialgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 267 AEUV u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen steht, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert (vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R –).

37

Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist dem Leistungsträger bei der Entscheidung über vorläufige Leistungsgewährung ein Ermessen eingeräumt, das er entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I).

38

Nach Lage der Akten hat der Antragsgegner bei seiner ablehnenden Entscheidung vom 29. Juli 2014 dieses gesetzlich vorgeschriebene Ermessen nicht ausgeübt. Nach dem Inhalt der Antragserwiderung vom 3. September 2014 ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner ungeachtet der Vorlage-Entscheidung des BSG (aaO.) wegen einer Weisungslage verpflichtet sieht, Unionsbürgern auch die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen zu versagen, wenn sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Der Antragsgegner verkennt damit in grober Weise, dass gerade wegen der Vorlage-Entscheidung des BSG von Gesetzes wegen die Möglichkeit eröffnet ist, Leistungen an Unionsbürger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vorläufig zu gewähren.

39

Sofern der Antragsgegner im Übrigen meint, eine Verpflichtung zur vorläufigen Bescheidung bestehe schon wegen der bereits erfolgten endgültigen Ablehnung nicht, denn eine vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III sei allenfalls zur vorläufigen Regelung einer Leistungsbewilligung für den Zeitraum bis zur endgültigen Entscheidung statthaft, erachtet die Kammer diese Auffassung für nicht vertretbar. Der Antragsgegner verkennt was auf der Hand liegt, nämlich dass hier die Frage zu beurteilen ist, ob er nicht hätte von vornherein vorläufig bewilligen müssen anstatt Leistungen endgültig abzulehnen.

40

Die vorläufige Gewährung von Leistungen stellt sich hier sogar als die allein mögliche Entscheidung dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums der Antragstellerinnen nicht garantiert werden kann. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 21 BvL 2/11 –, Rn. 62; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1.11.2013 – L 2 AS 841/13 B ER – Rn. 36; - L 2 AS 889/13 B ER – Rn. 32; SG Halle, Beschluss vom 30. Mai 2014 – S 17 AS 2325/14 ER –, Rn. 33, juris).

41

Das Bundesverfassungsgericht hat weiter Folgendes ausgeführt (vgl. BVerfG, aaO. Rn. 62 - 64):

42

"Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat.

43

a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen. Wenn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 (222)). Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 (228)) und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann (vgl. BVerfGE 125, 175 (222 f.)).

44

b) Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 125, 175 (223) m.w.N.)."

45

Danach ist es also nach Regelungen des deutschen Verfassungsrechts über die Gewährleistung der Menschenwürde ausgeschlossen, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten und nicht in der Lage sind, aus eigenen Kräften und Mitteln ein menschenwürdiges Dasein aufrechtzuhalten, von Leistungen auszuschließen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unbedingt erforderlich sind.

46

Der Antragsgegner könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Antragstellerinnen seien in anderen Systemen der Grundsicherung leistungsberechtigt. Unabhängig von der Frage der Systemabgrenzung zwischen dem SGB II und dem SGB XII nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII sieht auch § 23 Abs. 3 SGB XII für Ausländer einen Leistungsausschluss vor, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Ein Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es stellt ein eigenständiges und abschließendes Regelungssystem dar. § 1 Abs. 1 AsylblG enthält eine Typologisierung des Leistungsberechtigten Personenkreises, die auf den Antragsteller nicht zutrifft.

47

Da die Antragstellerinnen zu 1) bis 4) nach summarischer Prüfung ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen sind, ist ein Anordnungsgrund ohne Weiteres zu bejahen und eine vorläufige Regelung durch das Gericht für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzgesuchs am 12. Mai 2014 erforderlich.

48

Als monatlicher Grundsicherungsbedarf der Antragstellerin zu 1) ist neben dem Regelbedarf in Höhe von 391 EUR ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung in Höhe von 140,76 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Bei den Antragstellerinnen zu 2) und 4) ist jeweils nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 184 EUR ein monatlicher Grundsicherungsbedarf in Höhe von 77 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR zu decken. Im Falle der Antragstellerin zu 3) verbleibt nach Anrechnung von Kindergeld in Höhe von 190 EUR ein ungedeckter monatlicher Grundsicherungsbedarf von 39 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 102,36 EUR.

49

Der Antragsgegner ist im vorliegenden Verfahren zu verpflichten, ab dem 1. September 2014 der Antragstellerin zu 1) monatlich vorläufig Arbeitslosengeld II und den Antragstellerinnen zu 2) bis 4) vorläufig Sozialgeld in vorstehender Höhe zu gewähren.

50

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind grundsätzlich nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu gewähren und nicht rückwirkend zu bewilligen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER –, Rn. 40). Im Hinblick auf §§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist die vorläufige Regelung durch das Gericht auf einen Bewilligungszeitraum bis 31. Dezember 2014 zu beschränken.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 12 Zu berücksichtigendes Vermögen


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind1.angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bür

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 23 Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer


(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 41 Berechnung der Leistungen und Bewilligungszeitraum


(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG | § 1 Leistungsberechtigte


(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die 1. eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,1a. ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 328 Vorläufige Entscheidung


(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn1.die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundes

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Ge

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7a Altersgrenze


Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben: für de

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 37 Antragserfordernis


(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen. (2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antrag

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 39 Ermessensleistungen


(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf p

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 5 Verhältnis zu anderen Leistungen


(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vors

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 1 Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. (2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsber

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Sozialgericht Halle Beschluss, 13. Okt. 2014 - S 17 AS 3937/14 ER zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Tenor Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 12. Mai 2014 bis zum 31. Mai 2014 504,70 EUR und für die Zeit ab dem 1. Juni 2014 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. Se

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. August 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.

(2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

1.
Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist.
2.
Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist.
3.
Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

(4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

(5) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. August 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai 2007 bis März 2008.

2

Die 1971 geborene Klägerin ist erwerbsfähig, ledig und hat zwei Kinder. An der Pflege und Erziehung der 1991 geborenen Tochter J und des 2003 geborenen Sohnes F sind deren Väter nicht in nennenswertem Umfang beteiligt. Die Klägerin wohnte im streitigen Zeitraum mit ihrer Mutter (geb 1947), ihrem Vater (geb 1943), ihrer Schwester (geb 1969) und den beiden Kindern in einem in ihrem Eigentum stehenden Einfamilienhaus. Im Erdgeschoss finden sich drei - im streitigen Zeitraum von den Eltern genutzte - Räume (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer) sowie eine von allen Bewohnern genutzte Küche. Die Klägerin, ihre beiden Kinder und die Schwester bewohnten im Obergeschoss jeweils einen Wohnraum. Außerdem gab es dort ein gemeinschaftlich genutztes weiteres Bad.

3

Die Klägerin, ihre Kinder sowie die Eltern und die Schwester bezogen ab Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte nahm weder eine Bedarfs- noch eine Haushaltsgemeinschaft an und berücksichtigte bei der Klägerin einen Mehrbedarf für Alleinerziehende. Für den streitigen Zeitraum vom 1.5.2007 bis 31.3.2008 bewilligte er SGB II-Leistungen in Höhe von monatlich 353,61 Euro (Regelleistung in Höhe von 318,23 Euro; Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 35,38 Euro) ohne Mehrbedarf für Alleinerziehende (Bescheid vom 20.4.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25.9.2007 sowie des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2007).

4

Nach Anhörung der Klägerin sowie ihrer Eltern zum Umfang der Pflege und Erziehung der Kinder hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 20.4.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2007 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1.5.2007 bis 31.5.2008 den Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von monatlich 124,20 Euro für die Monate Mai und Juni 2007 sowie in Höhe von monatlich 124,92 Euro für die Monate Juli 2007 bis März 2008, insgesamt 1372,68 Euro, zu gewähren (Urteil vom 17.6.2010).

5

Das LSG hat die Berufung des Beklagten nach erneuter Vernehmung der Eltern der Klägerin sowie ihrer Schwester als Zeugen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des SG-Urteils dahin geändert wird, dass der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2007 dem Grunde nach verurteilt wird, der Klägerin für die Zeit vom 1.5.2007 bis zum 31.3.2008 höhere, in die Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit fallende Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II zu gewähren(Urteil vom 11.8.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin habe im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für die Bewilligung von SGB II-Leistungen nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllt. Sie sei erwerbsfähig und hilfebedürftig; über anderweitiges anrechenbares Einkommen oder zu berücksichtigende Vermögenswerte verfüge die Klägerin nicht. Sie habe mit ihren Eltern und ihrer Schwester nicht in einer Haushaltsgemeinschaft iS von § 9 Abs 5 SGB II gelebt. Ein "Wirtschaften aus einem Topf" habe nicht stattgefunden. Neben dem Regelleistungsbedarf sei ein Mehrbedarf für Alleinerziehende zu berücksichtigen, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum zumindest mit einem Kind unter sieben Jahren zusammengelebt und allein für dessen Pflege und Erziehung gesorgt habe. Sie habe ihren Sohn (wie im Übrigen auch J) ohne wesentliche, dem typischen Pflege- und Erziehungsbeitrag ihrer Väter entsprechende Beteiligung Dritter versorgt und erzogen. Der Auffassung des Beklagten, dass (bereits) bei einem Ausgleich von Erschwernissen durch Dritte, die Alleinerziehende träfen, die Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nicht erfüllt seien, könne nicht gefolgt werden. Orientiere man sich allein an dem Zweck der Mehrbedarfsregelung (weniger Zeit zum preisbewussten Einkauf, höhere Aufwendungen für Kontaktpflege zur Unterrichtung in Erziehungsfragen) wäre der Bedarf im konkreten Fall zwar nicht zu erhöhen, weil es eine gelegentliche, zeitlich begrenzte Fürsorge für die Kinder durch die Großeltern und die Tante gegeben habe und allein durch deren Anwesenheit Freiräume eröffnet gewesen seien, die es der Klägerin erlaubt hätten, den beschriebenen Bedarfslagen ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand gerecht zu werden. Jedoch sei eine allein auf Sinn und Zweck des Mehrbedarfs gestützte Auslegung nicht tragfähig, weil die zum Vierten BSHG-Änderungsgesetz dargelegten, vom BSG aufgegriffenen Bedarfslagen regelhaft nicht bestünden. Es ließen sich aber nur in geringem Umfang Fallgruppen bezeichnen, in denen die vom historischen Gesetzgeber genannten Bedarfslagen aufträten; in der überwiegenden Zahl der Fälle bzw den von § 21 Abs 3 SGB II erfassten Familien- und Alterskonstellationen sei dies nicht bzw nicht mehr der Fall. Preisvergleiche seien im Computerzeitalter sekundenschnell per Mausklick möglich, Lebensmitteldiscounter heutzutage von fast jedem Haushalt gut erreichbar und auch die "Befriedigung von Informations- und Kontaktbedürfnissen" bei der inzwischen nahezu flächendeckenden Verbreitung von Flatrates für Telefon und Internetzugang regelmäßig nicht mehr mit Mehrkosten verbunden. Aus Kostengesichtspunkten mache die Zuerkennung eines allgemeinen Mehrbedarfs für Alleinerziehende unter Berücksichtigung gegenwärtiger Lebensverhältnisse nur insofern Sinn, als der alleinerziehende Elternteil eines Kleinkindes oder mehrerer Kleinkinder gelegentlich auf Babysitterdienste angewiesen sei.

6

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II aF. Die vom LSG bei der Auslegung des § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II zugrunde gelegte Annahme einer wesentlichen Mitwirkung bzw Unterstützung in erheblichem Umfang bei der Erziehung bis hin zum gleichwertigen Erziehungsanteil anderer Personen könnten unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm nicht gefordert werden. Nur wenn die Familie derart zerrüttet sei, dass eine Inanspruchnahme der jeweils anderen Familienmitglieder schon aus psychischen und emotionalen Gründen ausscheide, sei die Bedarfssituation anders zu beurteilen. Entgegen der Wertung der Zeugenaussagen durch das SG und das LSG stehe nicht fest, dass die Großeltern der Klägerin und deren Schwester nicht an der Erziehung der Kinder in dem hier fraglichen Zeitraum mitgewirkt hätten. Die Bekundungen der Klägerin und ihrer Mutter seien nicht glaubhaft und wirkten verfahrensangepasst. Für ein enges Zusammenleben der Klägerin mit ihren Eltern und der Schwester sprächen bereits die Wohnverhältnisse. Es müsse im Ergebnis und unter Würdigung der Zeugenaussagen und der Wohn- und Lebensverhältnisse der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie sowohl von ihren Eltern als auch von ihrer Schwester bei der Pflege und Erziehung der Kinder mindestens in dem Umfang unterstützt werde, wie eine tagsüber anwesende und die Hauptlast bei der Pflege und Erziehung tragende Mutter durch den etwa aus Gründen der Berufstätigkeit tagsüber oder sogar wochenweise abwesenden (Ehe)Partner. Es liege eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG vor, weil eine Ungleichbehandlung zwischen Alleinstehenden mit Kindern einerseits und (verheirateten) Partnern mit Kindern andererseits bestehe.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. August 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 17. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte kommentiere das Urteil ohne Beweisangebote dafür, dass ihre Aussagen und die ihrer Eltern nicht den Tatsachen entsprächen. Der Anspruch auf Mehrbedarf sei nachgewiesen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Bescheid vom 25.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2007 rechtswidrig ist, weil die Klägerin einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende hat.

11

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur (noch) der den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 20.4.2007 in vollem Umfang ersetzende Bescheid vom 25.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2007 hinsichtlich der hier allein streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese können - insbesondere hinsichtlich des Mehrbedarfs - nicht in weitere unterschiedliche Streitgegenstände aufgespalten werden (vgl zB BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 14; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 10).

12

2. Gegen die bezeichneten Bescheide wendet sich die Klägerin zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm Abs 4, § 56 SGG). Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Grundurteil zulässig ist. Mit ihrem Antrag im Berufungsverfahren hat die Klägerin keinen konkreten Leistungsantrag (mehr) gestellt, sondern nur dem Grunde nach höhere Leistungen beantragt (§ 130 SGG). Dass sie sich hierfür allein auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende bezieht, beinhaltet keinen konkret bezifferten Leistungsanspruch, sondern enthält nur ein Begründungselement für das Begehren auf höhere Leistungen. Gegenstand des Verfahrens ist daher, ob in dem hier streitigen Zeitraum insgesamt ein Anspruch auf höhere Leistungen bestand, wobei die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen ist (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11). Die weiteren Voraussetzungen für ein Grundurteil in einem Höhenstreit liegen vor, wenn eine so umfassende Aufklärung zu Grund und Höhe des Anspruchs zugrunde liegt, dass mit Wahrscheinlichkeit von einer höheren Leistung ausgegangen werden kann, weil die Beschränkung der Prüfung auf eine Rechtsfrage oder einzelne Rechtsfragen ansonsten einer unzulässigen Elementenfeststellung gleichkäme (BSGE 94, 109 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1, RdNr 12; BSG SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 17). Dies ist hier der Fall. Insofern hat das LSG für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II (Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit) in dem streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt und - neben dem Kindergeld - weiteres Einkommen und Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, sodass die Anerkennung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende mit höheren Leistungen verbunden ist.

13

3. Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende hatte. Für Personen, die mit einem oder mehreren Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist gemäß § 21 Abs 3 SGB II ein Mehrbedarf in Höhe von 36 vH der nach § 20 Abs 2 SGB II maßgebenden Regelleistung anzuerkennen, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter sechzehn Jahren zusammenleben(Nr 1), oder in Höhe von 12 vH der nach § 20 Abs 2 SGB II maßgebenden Regelleistung für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Vomhundertsatz als nach der Nr 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 vH der nach § 20 Abs 2 SGB II maßgebenden Regelleistung(Nr 2). Der Mehrbedarf für Alleinerziehende ist ein zusätzlich zur Regelleistung zu gewährender Bestandteil des Alg II.

14

Die Anspruchsvoraussetzung der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" iS des § 21 Abs 3 SGB II liegt nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt. Dabei ist allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 19; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 54/08 R - RdNr 15). Der Senat hat bei dieser Auslegung des Begriffs der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" und die insofern zu stellenden Anforderungen auf die besondere Bedarfssituation der Alleinerziehenden Bezug genommen, die dadurch geprägt ist, dass bei diesem Personenkreis - in gleicher Weise wie bei den weiteren von § 21 SGB II erfassten Hilfebedürftigen (werdende Mütter, erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte) - besondere Lebensumstände vorliegen, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist(BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 15). Solche besonderen Lebensumstände hat der Senat ausgehend von den Gesetzesmaterialien zur Einführung und zum Zweck der entsprechenden Regelung im BSHG (vgl den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 26.3.1985 "vor allem") exemplarisch darin gesehen, dass Alleinerziehende wegen der Sorge für ihre Kinder typischerweise weniger Zeit hätten, preisbewusst einzukaufen sowie zugleich höhere Aufwendungen zur Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen tragen müssten bzw externen Rat in Betreuungs-, Gesundheits- und Erziehungsfragen benötigten. Auch der Zweck des in § 21 Abs 3 SGB II geregelten Mehrbedarfs liege darin, den höheren Aufwand von Alleinerziehenden für die Versorgung und Pflege bzw Erziehung der Kinder etwa wegen geringerer Beweglichkeit und zusätzlicher Aufwendungen für die Kontaktpflege oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter in pauschalierter Form auszugleichen(BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5, RdNr 1; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 23.2.2011 - L 11 AS 40/09 - juris RdNr 26; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 13.5.2008 - L 9 AS 119/08 ER - juris RdNr 17; Lang/ Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 26; kritisch Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 11/2010, § 21 RdNr 19 und Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 21 RdNr 31 ff, Stand Mai 2011).

15

4. Soweit der Beklagte mit seiner Revision diese am Wortlaut, aber auch der Entstehungsgeschichte orientierte Auslegung des Merkmals der "alleinigen Sorge für deren Pflege und Erziehung" rügt, sieht der Senat keine Veranlassung zur Korrektur seiner Rechtsprechung. Entgegen der Ansicht des LSG sind die vom BSG formulierten Anforderungen an eine alleinige Sorge für Pflege und Erziehung iS des § 21 Abs 3 SGB II auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten grundsätzlich in Frage zu stellen.

16

Die Beantwortung der komplexen Fragestellung, ob wegen eines Wandels der tatsächlichen Lebensumstände die vom Gesetzgeber bei Einfügung der Regelung in das BSHG typisierend und beispielhaft angenommenen Bedarfslagen bei Alleinerziehenden tatsächlich nicht (mehr) bzw nicht mehr in der pauschalierend angenommenen Höhe existieren, obliegt dem Gesetzgeber. Wollte dieser den Mehrbedarf für Alleinerziehende anders fassen, ist zu beachten, dass sich Pauschalen, die an die Stelle eines ganz oder teilweise zu berücksichtigenden konkreten Aufwandes treten, nicht an einem hier vorliegenden atypischen Fall orientieren dürfen und "realitätsgerecht" so bemessen sein müssen, dass die typisierenden Regelungen in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdecken (BVerfGE 112, 268, 281 zur Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten alleinstehender Erwerbstätiger; BVerfGE 120, 125 ff, 166). Eine hohe "Treffergenauigkeit" ist gefordert, wenn es - wie hier - um pauschalierte Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums geht. Diese Leistungen müssen auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen (zB auch durch Einholung des Rats von Experten - BVerfGE 113, 167 ff, 241) und vertretbaren Einschätzungen beruhen. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167 ff, 215). Dass sich der Gesetzgeber - in gleicher Weise wie bei weiteren von § 21 SGB II aF erfassten Bedarfslagen (werdende Mütter, erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte) - für eine pauschale Leistungserbringung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende in einer gesetzlich festgelegten Höhe entschieden hat, ist eine solche gesetzgeberische Entscheidung. Soweit der Beklagte eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG wegen Ungleichbehandlung von Alleinstehenden mit Kindern einerseits und (verheirateten) Partnern mit Kindern andererseits rügt, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Merkmal der bzw des Alleinerziehenden einen Sachgrund für die Leistungsdifferenzierung angeführt hat.

17

5. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann der Anspruch der Klägerin auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, diese hätte wegen der Wohnverhältnisse im Bedarfsfall auf die Unterstützung ihrer Eltern oder ihrer Schwester zugreifen können. Nach seinem Sinn und Zweck geht § 21 Abs 3 SGB II typisierend von einem regelmäßigen Mehrbedarf bei Alleinerziehenden aus, weshalb - nach den tatsächlichen Verhältnissen - nur eine regelmäßige und erhebliche Unterstützung bei der Pflege und Erziehung der Kinder durch weitere Personen einem Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende entgegenstehen kann(so auch Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 29). Allein die (potentielle) Möglichkeit des Rückgriffs auf andere Personen oder Einrichtungen führt nicht zum Anspruchsausschluss. Auch insofern liegt eine von SGB II-Trägern und der Rechtsprechung zugrunde zu legende gesetzgeberische Wertung vor, die Verneinung des Anspruchs auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende allein von der tatsächlichen und ergänzend kontinuierlichen Erziehung und Pflege durch weitere Personen abhängig zu machen. Diese Auslegung findet ihre Rechtfertigung in der Bedeutung der persönlichen Sorge der Eltern und deren Kompetenz zur Auswahl von Betreuungsalternativen für das Kindeswohl.

18

Soweit der Beklagte vorträgt, bezüglich des zeitlichen Umfangs dürften keine zu hohen Anforderungen an die Betreuungsleistungen aufgestellt werden, weil ansonsten auch der Besuch eines Kindergartens bzw anderer Betreuungseinrichtungen zur Verneinung eines Mehrbedarfs bzw die berufliche Abwesenheit eines vorhandenen Partners zu dessen Bejahung führe, ist der rechtliche Maßstab für die Annahme eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 3 SGB II betroffen. Dieser bestimmt sich danach, ob nach den tatsächlichen Umständen eine wesentliche Mitwirkung des anderen Elternteils, eines Partners oder einer anderen, regelmäßig im gleichen Haushalt lebenden Person in der verbleibenden Betreuungszeit vorliegt. Insofern geht das SGB II davon aus, dass mit der Betreuung eines über drei Jahre alten Kindes in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege die Ausübung einer Arbeit oder berufliche (Re-)Integrationsmaßnahmen zumutbar sind (§ 10 Abs 1 Nr 3 SGB II), sodass "zeitliche Freiräume" der oder des erziehenden SGB II-Leistungsempfängers nicht unterstellt werden können.

19

6. Ausgehend von den demnach hier anzuwendenden Grundsätzen der bisherigen BSG-Rechtsprechung liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf einen Mehrbedarf für Alleinerziehende nach den Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hier vor. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Eltern der Klägerin hätten im Wesentlichen übereinstimmend bekundet, dass diese seinerzeit nahezu allein insbesondere für die Ernährung, die Bekleidung, die Erziehung und das seelische Wohl ihrer Kinder zuständig gewesen und dabei von ihren Eltern oder ihrer Schwester nicht in erheblichem Maße unterstützt worden sei. Die Klägerin sei frühmorgens aufgestanden, um F für den Kindergarten fertig zu machen, sie habe die Mahlzeiten für F und J vorbereitet, F mittags vom Kindergarten abgeholt, sich ausschließlich um ihn gekümmert und ihn ggf zum Einkaufen sowie bei Arzt- und Behördengängen mitgenommen. Übereinstimmend sei weiter bekundet worden, dass weder die Großeltern noch die Schwester maßgeblich an der Erziehung der Kinder beteiligt gewesen seien und die Klägerin von ihnen auch keine diesbezüglichen Ratschläge eingeholt habe. Die Verhältnisse seien stimmig und anschaulich beschrieben worden.

20

Der Beklagte ist dieser Beweiswürdigung des LSG nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen entgegengetreten (§ 164 SGG). Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) ist nicht formgerecht gerügt, wenn die Revision lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9 S 61). Soweit es der Beklagte für "nicht glaubhaft" hält, dass keine Mitwirkung der Großeltern bei Krankheit bestehe, nur sehr wenig über alltägliche Dinge gesprochen werde und der Vater der Klägerin sich auf handwerkliche Mithilfe beschränke, stellt er seine Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG und führt Umstände an, die selbst bei ihrem Vorliegen nicht automatisch zu einer Verneinung des Anspruchs auf Mehrbedarf führen würden. Dies gilt auch für die Heranziehung der Wohnverhältnisse der Klägerin. Das Zusammenleben mit weiteren Personen in einer Haushaltsgemeinschaft hat der Gesetzgeber des SGB II gerade nicht ausreichen lassen, um typisierend von dem Wegfall der besonderen Lebensumstände von Alleinerziehenden auszugehen. Tatsachen, die einen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze begründen könnten (vgl hierzu zB BSG Urteil vom 15.5.1985 - 7 RAr 40/84 - RdNr 18), sind nicht vorgetragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. März 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2010 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 6. Juli 2010 bis 4. Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 6.7.2010 bis 4.10.2010.

2

Die 1988 geborene Klägerin bulgarischer Staatsangehörigkeit reiste am 28.7.2009 mit einem bulgarischen Reisepass über den Grenzübergang Gradina (Bulgarien) aus und zu einem späteren, nicht exakt bekannten Zeitpunkt in die Bundesrepublik ein. Einwohnermelderechtlich wurde sie erstmals am 8.4.2010 "aus Bulgarien kommend" in Stuttgart erfasst. In der Zeit vor dem 8.4.2010 verfügte sie nicht über eine Arbeitserlaubnis und war nicht als Beschäftigte (bei einer Einzugsstelle oder der Minijobzentrale) gemeldet. Die Klägerin war seit Januar 2010 schwanger und wurde am 27.10.2010 von einem Mädchen entbunden. Am 6.7.2010 beantragte sie bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei Antragstellung gab sie an, Vater des erwarteten Kindes sei ihr Lebensgefährte. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieser als griechischer Staatsangehöriger einen mehr als achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland zurückgelegt. Die Klägerin wies durch eine Urkunde des Jugendamts vom 20.7.2010 die Anerkennung der Vaterschaft nach. Über eine von ihr am 21.7.2010 bei der BA beantragte Erteilung einer Arbeitsgenehmigung-EU ohne Bezug zu einer konkreten Beschäftigung wurde zunächst nicht entschieden.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ab (Bescheid vom 28.7.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2010). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.3.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 16.5.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin verfüge über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach allen Erkenntnissen des Verfahrens habe sie bereits im Streitzeitraum beabsichtigt, in Deutschland zu bleiben. Ihr Aufenthalt sei auch in einer Weise verfestigt gewesen, dass von seiner Dauerhaftigkeit auszugehen sei. Die Anmietung einer Wohnung mit dem Lebensgefährten sei geplant gewesen. Das erwartete Kind habe von seiner Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben dürfen, weil sein Vater einen mehr als achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland zurückgelegt habe. Die Klägerin sei nicht aus Rechtsgründen iS von § 8 Abs 2 SGB II als erwerbsunfähig einzustufen gewesen. Auch ein Unionsbürger, der noch nicht die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit genieße, sondern einer Arbeitserlaubnis bedürfe, sei zumindest dann erwerbsfähig iS von § 8 SGB II, wenn der Erlaubnisvorbehalt allein aus Nachrangigkeitsgründen bestehe und daher zumindest eine Arbeitserlaubnis-EU erteilt werden könne. Dies sei bei der Klägerin der Fall.

4

Der Leistungsanspruch sei jedoch nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ausgeschlossen, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum allenfalls aus Gründen der Arbeitsuche aufenthaltsberechtigt gewesen sei. Andere Aufenthaltsgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei die Klägerin in Deutschland nicht als oder wie eine Arbeitnehmerin beschäftigt gewesen. Im Hinblick auf ihr Kind habe die Klägerin kein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige erwerben können, weil sie erst ab Geburt des Kindes "Verwandte" iS von § 3 Abs 2 Nr 1 FreizügG/EU gewesen sei. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 4 iVm Art 70 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 liege nicht vor. Dieses trete hinter die Regelung in Art 24 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) zurück. Zur Sozialhilfe iS des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG zählten auch die Regelleistung und die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach den §§ 20, 22 SGB II sowie - im Fall der Klägerin - die Mehrbedarfsleistungen für Schwangere. Diesen Leistungen fehle der spezifische Bezug zum Arbeitsmarkt, der einen Vorrang der VO (EG) Nr 883/2004 gegenüber der FreizügRL begründe. § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II iVm Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG sei als speziellere Regelung anwendbar. Auch ein Verstoß des § 7 Abs 1 S 2 SGB II gegen die Regelungen des EFA sei nicht ersichtlich, weil Bulgarien nicht Signatarstaat sei.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Berufungsurteil trage dem Schutz des ungeborenen Lebens nicht ausreichend Rechnung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu den aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen der bevorstehenden Vaterschaft eines bereits im Bundesgebiet lebenden Ausländers hinsichtlich seines ungeborenen Kindes sei übertragbar. Dies folge aus dem Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG und der aus Art 2 Abs 2 S 1 und Art 1 Abs 1 GG abzuleitenden Schutzpflicht für die Gesundheit der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes. Es sei dem Vater zu ermöglichen, den in § 1615f BGB festgelegten Unterhalt als Naturalunterhalt zu erbringen. Dass der Unionsgesetzgeber eine solche Situation nicht vorhergesehen habe, führe allenfalls dazu, dass sich das Aufenthaltsrecht nicht aus dem Sekundär- sondern dem Primärrecht ergebe. Die werdende Mutter habe in der Zeit der Schwangerschaft einen aufenthaltsrechtlich geschützten Anspruch auf Beistand durch den "werdenden" Vater. Leistungsansprüche im Rahmen der sozialen Koordinierung seien durch die Unionsbürger-Richtlinie nicht ausgeschlossen, weil der EuGH soziale Ansprüche aus dem Freizügigkeitsregime und aus den Regelungen über die sozialrechtliche Koordinierung als konkurrierende behandele.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. März 2011 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2010 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 6. Juli 2010 bis 4. Oktober 2010 zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Die Klägerin könne über die Schwangerschaft keine Eigenschaft als Familienangehörige konstruieren. Zwar stünden sich - vor Erklärung des Vorbehalts der Bundesregierung - aus Rumänien und Bulgarien stammende EU-Bürger bei Leistungen nach dem SGB II schlechter als Ausländer, die gleichzeitig EFA-Staatsangehörige seien. Dieses unterschiedliche Ergebnis verstoße jedoch nicht gegen Unionsrecht, weil es durch die (befristet) eingeschränkte Freizügigkeit bulgarischer Staatsangehöriger gerechtfertigt sei, die insoweit auch das ansonsten unionsrechtlich geltende Diskriminierungsverbot einschränke.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Vorinstanzen und der Beklagte haben einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu Unrecht verneint.

10

1. Streitgegenstand sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die der Beklagte mit Bescheid vom 28.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2010 abgelehnt hat. Die Klägerin hat den streitigen Zeitraum ausdrücklich auf die Zeit vom 6.7.2010 bis 4.10.2010 beschränkt.

11

2. Die Klägerin erfüllte im streitigen Zeitraum sämtliche Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 SGB II und war auch nicht nach § 7 Abs 1 S 2 SGB II von den SGB II-Leistungen ausgeschlossen.

12

Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Klägerin bewegte sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB II und war nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II.

13

3. Die Klägerin war auch erwerbsfähig iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II iVm § 8 SGB II. Nach § 8 Abs 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf (nicht) absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. IS von § 8 Abs 1 SGB II können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte(§ 8 Abs 2 SGB II) .

14

Nach den Feststellungen des LSG standen körperliche Gründe iS von § 8 Abs 1 SGB II einer Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht iS von § 8 Abs 2 SGB II als erwerbsunfähig anzusehen war. Zwar bleibt für EU-Bürger der zum 1.1.2007 beigetretenen Staaten Bulgarien und Rumänien (vgl Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumänien zur Europäischen Union vom 25.4.2005 ) die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV) für eine Übergangsfrist von sieben Jahren bis zum 31.12.2013 in der Weise beschränkt, dass die bestehenden nationalen Regelungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für ausländische Staatsangehörige auch für diese neuen EU-Bürger beibehalten wurden. Staatsangehörige dieser Länder können sich nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU als Art 2 des ZuwanderungsG vom 30.7.2004 ; vgl § 1 Abs 2 Nr 1 AufenthG) grundsätzlich frei innerhalb der EU bewegen, benötigen zur Beschäftigungsaufnahme in Deutschland in der Übergangszeit aber weiterhin eine Arbeitsgenehmigung-EU (§ 284 Abs 1 S 2 SGB III idF des Gesetzes vom 7.12.2006, BGBl I 2814).

15

Die Klägerin war nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung. Es ist jedoch ausreichend, dass ihr vorbehaltlich der Vorlage eines konkreten, überprüfbaren Stellenangebots eines künftigen Arbeitgebers im streitigen Zeitraum die Aufnahme einer Beschäftigung hätte erlaubt werden können. Soweit das SG eine Erwerbsfähigkeit ohne weitere Ermittlungen mit der Begründung verneint hat, dass keine konkrete und realisierbare Möglichkeit zur Erteilung einer Arbeitsgenehmigung/EU bestanden habe, unterstellt es zu Unrecht, dass in jedem Einzelfall eine konkret-rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme geprüft werden muss. Für die Annahme, dass eine Beschäftigung iS des § 8 Abs 2 SGB II erlaubt ist oder erlaubt werden könnte, reicht es jedoch aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung zur Beschäftigungsaufnahme durch die BA erlaubt sein könnte, auch wenn dies bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber(§ 39 Abs 2 AufenthG) verhindert wird. Unabhängig hiervon ist Unionsbürgern, also auch Rumänen und Bulgaren, Vorrang gegenüber Drittstaatsangehörigen einzuräumen ("Gemeinschaftsprivileg" HK-AuslR/Clodius, 1. Aufl 2008, Anhang zum FreizügG/§ 284 SGB III RdNr 19). Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich nunmehr auch aus dem mit Wirkung zum 1.4.2011 (BGBl I 453) eingefügten § 8 Abs 2 S 2 SGB II. Dieser bestimmt, dass die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ausreichend ist(BT-Drucks 15/1749 S 31 "Klarstellung"; BT-Drucks 15/1516 S 52).

16

Einen solchen - gegenüber deutschen Staatsangehörigen und uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern - nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum, weil ihr eine Arbeitsgenehmigung/EU nach § 284 Abs 3 SGB III iVm § 39 Abs 2 Nr 1 AufenthG, etwa für eine Tätigkeit als Hilfskraft(vgl hierzu auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 13 RdNr 44), hätte erteilt werden können. Staatsangehörige aus den neuen EU-Beitrittsländern, die - wie die Klägerin - seit längerer Zeit in Deutschland wohnen, sind nicht als "Neueinreisende" iS von § 284 Abs 4 SGB III (mit "Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland") anzusehen, für die weitergehende Beschränkungen gelten(Dienelt aaO).

17

4. Die Klägerin verfügte im streitigen Zeitraum auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II.

18

Nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II iVm § 30 Abs 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Definition gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen besonderen Teilen etwas anderes ergibt (§ 37 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 5 S 8). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Mit einem Abstellen auf den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik soll - auch im Sinne einer Missbrauchsabwehr - ausgeschlossen werden, dass ein Wohnsitz zur Erlangung von Sozialleistungen im Wesentlichen nur formal begründet, dieser jedoch tatsächlich weder genutzt noch beibehalten werden soll (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 30 RdNr 24 mit Verweis auf BT-Drucks 7/3786 S 5 zu § 30; zur Begründung eines Wohnsitzes "nach den faktischen Verhältnissen" iS von Art 1 lit j VO (EG) 883/2004 unter Einbeziehung der Definition in Art 11 VO (EG) Nr 987/2009 und Abgrenzung zur "legal residence in Directive 2004/38" Frings, Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr 883/2004 in ZAR, 2012, 317 ff, 322).

19

Jedenfalls für den Bereich des SGB II läuft es der Vereinheitlichung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts zuwider, wenn unter Berufung auf eine sog Einfärbungslehre vor allem des früheren 4. Senats des BSG (vgl hierzu BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 21 S 45 ff; ähnlich BSG SozR 3-2600 § 56 Nr 7 S 31 ff; anders für die Familienversicherung nach § 10 SGB V: BSGE 80, 209 ff, 211 f = BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 12 S 52 f) dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmende Tatbestandsmerkmale im Sinne von rechtlichen Erfordernissen zum Aufenthaltsstatus aufgestellt werden (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 30 RdNr 26, 50 ff)und damit einzelnen Personengruppen der Zugang zu existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts versperrt wird. Zudem hat der Gesetzgeber diese Rechtsprechung nur in Teilbereichen, etwa beim Kinder-, Erziehungs- und Elterngeld, aufgegriffen und einen Anspruch von einem definierten Aufenthaltsstatus abhängig gemacht (vgl zB § 1 Abs 7 BEEG; § 1 Abs 6 BErzGG idF bis zum 31.12.2006; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Differenzierungskriterien: BVerfGE 111, 176 ff = SozR 4-7833 § 1 Nr 4). Ein diesen Regelungen entsprechendes, also zu dem gewöhnlichen Aufenthalt hinzutretendes Anspruchsmerkmal im Sinne des Innehabens einer bestimmten Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU bzw eines bestimmten Aufenthaltstitels nach dem AufenthG fehlt im SGB II. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II in einer anderen Regelungssystematik ein Ausschlusskriterium von SGB II-Leistungen nur für diejenigen Ausländer vorgesehen, deren "Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt".

20

Unabhängig hiervon liegt eine fehlende Dauerhaftigkeit des Aufenthalts im Sinne einer nicht vorhandenen Zukunftsoffenheit bei Unionsbürgern regelmäßig nicht vor, weil ihr Aufenthalt nicht nach einer bereits vorliegenden Entscheidung der dafür allein zuständigen Ausländerbehörde auflösend befristet oder auflösend bedingt ist. Zwar verfügte die Klägerin - anders als in den vom 14. Senat des BSG entschiedenen Fallgestaltungen (BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17) -offenbar (Feststellungen des LSG hierzu fehlen) nicht über eine Freizügigkeitsbescheinigung (§ 5 FreizügG/EU; entfallen durch Art 1 des Gesetzes zur Änderung des FreizügigkeitsG/EU und weitere aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21.1.2013 ). Einer solchen Bescheinigung kommt aber lediglich deklaratorische Bedeutung zu, weil sich das Freizügigkeitsrecht unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht ergibt (BT-Drucks 15/420 S 101; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17; BVerwGE 110, 40, 53: subjektiv-öffentliches Unionsbürgerrecht unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme). Auch bei Staatsangehörigen aus den neuen Mitgliedstaaten kann der Aufenthalt während der Übergangsphase nur unter den Voraussetzungen der §§ 5 Abs 5, 6 und 7 FreizügG/EU wegen des Wegfalls, des Verlustes oder des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts, also nach Durchführung eines Verwaltungsverfahren, beendet werden(Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 2. Aufl 2011, § 13 RdNr 57, 61; OVG Bremen Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4). Das Aufenthaltsrecht besteht, solange der Aufnahmemitgliedstaat nicht durch einen nationalen Rechtsakt festgestellt hat, dass der Unionsbürger bestimmte vorbehaltene Bedingungen iS des Art 21 AEUV nicht erfüllt (Harms in Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 1. Aufl 2008, § 2 FreizügG RdNr 4 mwN).

21

Auch § 13 FreizügG/EU steht der Vermutung einer Freizügigkeit nicht entgegen. Danach findet, soweit ua nach Maßgabe des Vertrags vom 25.4.2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl II 1146) abweichende Regelungen anwendbar sind, das FreizügG/EU Anwendung, wenn die Beschäftigung durch die BA gemäß § 284 Abs 1 SGB III genehmigt wurde. Trotz des unklaren Wortlauts des § 13 FreizügG/EU schränkt der Umstand, dass die Beitrittsverträge nationale Übergangsmaßnahmen im Hinblick auf den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt innerhalb eines längstens sieben Jahre dauernden Zeitraums durch die Mitgliedstaaten zulassen, nicht grundsätzlich das Freizügigkeitsrecht der neuen Unionsbürger ein(OVG Hamburg Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4; HK-AuslR/Geyer, 1. Aufl 2008, § 13 FreizügG RdNr 2).

22

5. Der Anspruch auf SGB II-Leistungen ist auch nicht nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II ausgeschlossen. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind danach ua Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr 1) und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen (Nr 2). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) greift der Anspruchsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II schon deshalb nicht, weil die Klägerin unmittelbar nach Verlassen Bulgariens Ende Juli 2009 nach Deutschland eingereist ist und sich seitdem im Bundesgebiet aufgehalten hat, bevor sie im April 2010 einwohnermelderechtlich erfasst wurde.

23

6. a) Auch § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II schließt einen Anspruch der Klägerin nicht aus, weil sich ihr Aufenthaltsrecht im streitigen Zeitraum nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergab. Die Ausschlussregelung erfordert - zur Umsetzung des Willens des Gesetzgebers bei Unionsbürgern regelmäßig eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw der Gründe ihrer Aufenthaltsberechtigung. Bereits das Vorhandensein der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem anderen Grund als dem Zweck der Arbeitsuche hindert die von der Rechtsprechung des BSG geforderte positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil sich aus der bevorstehenden Geburt des Kindes der Klägerin ein anderes Aufenthaltsrecht ergeben konnte.

24

b) Unbesehen des subjektiv-öffentlichen Unionsbürgerrechts nach der RL 2004/38/EG und dem deutschen FreizügG/EU erfordert eine dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Anwendung des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II eine "fiktive Prüfung", ob - im Falle von Unionsbürgern - ein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitsuche bestand oder daneben auch andere Aufenthaltszwecke den Aufenthalt des Unionsbürgers im Inland rechtfertigen konnten. Dies ergibt sich aus der für die Auslegung der Vorschrift wesentlichen Entstehungsgeschichte der Ausschlussregelung.

25

Den Gesetzesmaterialien zu § 7 Abs 1 S 2 SGB II ist zu entnehmen, dass von der "Option" des Art 24 Abs 2 iVm Art 14 Abs 4 der RL 2004/38/EG auch im Bereich des SGB II Gebrauch gemacht werden sollte(BT-Drucks 16/5065 S 234; siehe auch BT-Drucks 16/688 S 13). Trotz des Kontextes, in welchem die Regelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II erlassen wurde, nämlich der Erweiterung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern zu einer allgemeinen Freizügigkeit für alle Unionsbürger durch die RL 2004/38/EG, wollte der bundesdeutsche Gesetzgeber neben den von Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG unstreitig erfassten Sozialhilfeleistungen auch SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausschließen. Deren Einordnung als Sozialhilfeleistungen iS von Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG ist allerdings fraglich. Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entsprechend ihrer Aufnahme in den Anhang der VO (EG) Nr 883/2004 als "besondere beitragsunabhängige Geldleistungen" nach Art 4 iVm Art 70 VO (EG) Nr 883/2004, nicht jedoch als Leistungen der "sozialen Fürsorge" iS von Art 3 Abs 5a) VO (EG) Nr 883/2004 angesehen. Sie haben darauf hingewiesen, dass durch das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit ein Bezug zu den Leistungen bei Arbeitslosigkeit bestehe (BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21 RdNr 29; BSGE 107, 206 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 22 RdNr 20 f; vgl auch EuGH Urteil vom 4.9.2009 - Rs C-22/08 - SozR 4-6035 Art 39 Nr 5, RdNr 43; siehe aber auch BVerwG Urteil vom 31.5.2012 - 10 C 8/12 juris RdNr 25 mwN, zur Einordnung von SGB II-Leistungen als aufenthaltsrechtlich schädliche Sozialhilfeleistungen iS des Art 7 Abs 1 Buchst b der RL 2004/38/EG, wobei dies "nicht zwingend deckungsgleich" mit dem in Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG genannten Begriff der Sozialhilfe sein müsse; kritisch hierzu Breidenbach in ZAR 2011, 235 ff).

26

Ungeachtet der insofern bestehenden Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit des nicht nach dem Grad der Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaats und seinem beruflich möglichen Zugang zum Arbeitsmarkt differenzierenden sowie zeitlich unbefristeten Ausschlusses der arbeitsuchenden Unionsbürger von SGB II-Leistungen ist § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II als Ausschlussregelung von existenzsichernden Sozialleistungen jedenfalls eng auszulegen. Auch aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv feststellt werden muss, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland zusteht (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28).

27

c) Jedenfalls nicht erfasst von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II werden Unionsbürger, bei denen die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU oder ggf dem begrenzt subsidiär anwendbaren AufenthG (siehe hierzu unten) aus anderen Gründen als dem Zweck der Arbeitsuche vorliegen. Insofern ist der Regelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II immanent, dass der Ausschluss nur Unionsbürger trifft, die sich ausschließlich und ggf schon vor einer Meldung beim Jobcenter auch eigeninitiativ um eine Beschäftigung bemüht haben, nicht jedoch diejenigen erfasst, die sich auch auf ein anderes Aufenthaltsrecht berufen können.

28

Da Unionsbürger für die Einreise keines Visums und für den Aufenthalt keines Aufenthaltstitels (§ 2 Abs 4 S 1 FreizügG/EU) bedürfen, kann bei ihnen der ausländerrechtlich anerkannte Aufenthaltszweck nicht unmittelbar einem entsprechenden Dokument mit möglicher Tatbestandswirkung für das SGB II entnommen werden. Vor dem Hintergrund einer - bis zur Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts einer Freizügigkeitsberechtigung - bestehenden Freizügigkeitsvermutung von Unionsbürgern und der bereits damit verbundenen Vermutung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (vgl Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 12 RdNr 34) kann bei dieser Personengruppe nicht darauf abgestellt werden, ob das Aufenthaltsrecht in einem Aufenthaltstitel dokumentiert ist. Zwar kann ein in einer ggf bis zum 28.1.2013 deklaratorisch erteilten Bescheinigung gemäß § 5 Abs 1 FreizügG/EU (aF) angegebener Aufenthaltszweck ein wesentliches Indiz für den Aufenthaltsgrund sein. Unionsbürger sind jedoch nicht verpflichtet, die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen (BVerwG Urteil vom 16.11.2010 - 1 C 17/09, BVerwGE 138, 122 ff). Entscheidend ist das Vorliegen der Voraussetzungen für ein weiteres Aufenthaltsrecht. Auch soweit der Aufenthalt aus einem anderen materiell bestehenden Aufenthaltsrecht als dem Zweck der Arbeitsuche nicht beendet werden könnte, hindert dies sozialrechtlich die positive Feststellung eines "Aufenthaltsrechts allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II.

29

Seine Feststellung, die Klägerin sei im streitigen Zeitraum "ab dem 6.7.2010 in Deutschland allenfalls aus Gründen der Arbeitsuche aufenthaltsberechtigt", hat das Berufungsgericht vorrangig damit begründet, dass ein Aufenthaltsrecht wegen einer fortwirkenden Arbeitnehmereigenschaft nicht bestanden habe (vgl zu dem hierfür regelmäßig angenommen Zeitraum von sechs Monaten: § 2 Abs 3 S 1 Nr 2 iVm § 2 Abs 3 S 2 FreizügG/EU; EuGH Urteil vom 4.6.2009 - C-22/08, C-23/08 - SozR 4-6035 Art 39 Nr 5, RdNr 32; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 18). Ob sich die Klägerin bis zum Beginn des streitigen Zeitraums auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche berufen konnte, hat das LSG nicht erörtert. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein arbeitsuchender EU-Bürger solange freizügigkeitsberechtigt, wie er mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, wobei das Gemeinschaftsrecht die Länge des angemessenen Zeitraums nicht regelt. Allerdings ist es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, dem Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der zum Zweck der Stellensuche in sein Gebiet eingereist ist, auszuweisen, wenn dieser nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern der Betroffene nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (EuGH Urteil vom 26.2.1991 - C-292/89 ; so auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 2 FreizügG/EU RdNr 56).

30

Auch wenn die Klägerin wegen des im streitigen Zeitraum hinzutretenden SGB II-Antrags und der damit verbundenen Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen und aktiv an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs 1 S 1 und 2 SGB II), als Arbeitsuchende anzusehen ist, hindert dies nicht die Annahme eines Aufenthaltsrechts auch aus einem anderen Aufenthaltsgrund (vgl zum zulässigen Wechsel der Aufenthaltszwecke während des Aufenthalts: HK-AuslR/Geyer, 2008, § 5 FreizügG/EU RdNr 3). Auch der Verlust des Freizügigkeitsrechts kann erst festgestellt werden, wenn die Freizügigkeitsberechtigung nicht aus anderen Gründen besteht (Huber, AufenthaltsG, 2010, § 5 FreizügG/EU RdNr 15). Ein solches bereits vor SGB II-Antragstellung hinzugetretenes weiteres Aufenthaltsrecht der Klägerin im Bundesgebiet liegt hier vor.

31

d) Die Klägerin konnte sich nach den besonderen Einzelfallumständen in dem hier streitigen Zeitraum wegen der zu erwartenden Geburt des Kindes auch auf ein anderes Aufenthaltsrecht iS des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II berufen.

32

§ 11 Abs 1 S 5 FreizügG/EU in der bis zum 30.6.2011 geltenden Fassung vom 19.8.2007 (BGBl I 1970) bestimmt, dass das - grundsätzlich nur noch für Drittstaatsangehörige geltende - AufenthG weiterhin auch auf Unionsbürger Anwendung findet, wenn es eine günstigere Regelung vermittelt als das FreizügG/EU. Bei dem anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist keine abstrakt wertende Betrachtung in Bezug auf die gesamte Rechtsstellung anzustellen. Vielmehr knüpft der Vergleich iS einer den konkreten Einzelfall in den Blick nehmenden Betrachtung an einzelne Merkmale an (Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 11 RdNr 28).

33

Nach dem insoweit anwendbaren § 7 Abs 1 S 3 AufenthG kann - unabhängig von der ansonsten geforderten Bindung der Aufenthaltserlaubnis an konkrete, im AufenthG genannte Aufenthaltszwecke(§ 7 Abs 1 S 2 AufenthG) - in begründeten Fällen im Wege einer Ermessensentscheidung eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht genannten Aufenthaltszweck erteilt werden. Allerdings ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass eheähnlich zusammenlebende heterosexuelle Paare weder aus dem Auffangtatbestand des § 7 Abs 1 S 3 AufenthG noch aus dem europäischem Recht ein Aufenthaltsrecht zur Familienzusammenführung ableiten können, weil der Familiennachzug in § 3 FreizügG/EU und den §§ 27 ff AufenthG abschließend geregelt ist. Da nichteheliche Lebensgemeinschaften von den ausdrücklichen Regelungen gerade nicht erfasst sind, ist die Anwendung von § 7 Abs 1 S 3 AufenthG grundsätzlich gesperrt(vgl BVerwG Urteil vom 27.2.1996 - 1 C 41/93 - BVerwGE 100, 287 ff; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 7 AufentG RdNr 20).

34

Die - hier im Rahmen der Ausschlussklausel des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II - bei Unionsbürgern nur zu prüfenden Voraussetzungen eines anderen Aufenthaltsrechts sind aber wegen der bevorstehenden Geburt des Kindes gegeben. Insofern handelt es sich um ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen, das aus dem Zusammenleben der Partner mit einem gemeinsamen Kind oder dem Kind eines Partners folgt. Diese Personengruppen bilden jeweils eine Familie iS des Art 6 GG und der §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1, 29 und 32 AufenthG und können sich auch auf den Schutz aus Art 8 der Konvention des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten(MRK) berufen (vgl auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 7 AufenthG RdNr 20).

35

Eine solche Konstellation, die einen anderen Aufenthaltszweck als denjenigen der Arbeitsuche vermitteln kann, kann auch in einer bevorstehenden Familiengründung liegen. Insofern wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum AufenthG angenommen, dass der bevorstehenden Geburt eines Kindes aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen für den Aufenthaltsstatus eines Elternteils zukommen können. Die anstehende Vaterschaft eines bereits im Bundesgebiet lebenden Ausländers hinsichtlich des ungeborenen Kindes einer deutschen, aber auch ausländischen Staatsangehörigen kann aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen im Sinne eines Abschiebungshindernisses begründen, wenn entweder der Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG und die aus Art 2 Abs 2 S 1 und Art 1 Abs 1 GG abzuleitende Schutzpflicht für die Gesundheit der werdenden Mutter und des Kindes dies gebieten, oder wenn beide Elternteile bereits in Verhältnissen leben, welche eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung sicher erwarten lassen und eine (vorübergehende) Ausreise zur Durchführung eines Sichtvermerkverfahrens nicht zumutbar ist. Dies gilt zumindest mit der Vaterschaftsanerkennung und der Zustimmung der Mutter (§§ 1592 Nr 2, 1595 Abs 1 BGB) sowie einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung (OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.2.2012 - 2 S 94.11, 2 M 70.2 M 70.11 - RdNr 3 ff; Sächsisches OVG Beschluss vom 2.10.2009 - 3 B 482/09 - InfAuslR 2010, 27 ff: vgl auch VG Dresden Beschluss vom 11.6.2008 - 3 L 279/08 - RdNr 10 zum Abschiebungsschutz für eine werdende ausländische Mutter). Insofern tritt die staatliche Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 GG iVm Abs 2 GG ein (OVG Hamburg Beschluss vom 14.8.2008 - 4 Bs 84/08 - InfAuslR 2009, 16 ff). Von der Schutzpflicht des Staates aus Art 6 GG ist insbesondere die Rechtsposition des Kindes sowie dessen Anspruch auf Ermöglichung bzw Aufrechterhaltung eines familiären Bezugs zu beiden Elternteilen von Geburt an betroffen (BVerfG FamRZ 2006, 187 ff; BVerfG NVwZ 2006, 682, 683 zum Familienschutz; BVerfGE 80, 81 ff).

36

Diese aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen einer bevorstehenden Familiengründung bestanden auch im Falle der Klägerin. Es wäre ihr weniger als vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin nicht mehr zumutbar gewesen, sich von dem Vater des Kindes unter zumindest vorübergehender Aufgabe des familiären Zusammenhalts und mit dem Risiko einer zeitgerechten Rückkehr zur Geburt zu trennen. Auch in der hier vorliegenden Fallgestaltung soll verhindert werden, dass ein Kind in dem ersten Jahr nach seiner Geburt entgegen Art 6 Abs 1 GG von der Erziehungsleistung eines seiner Elternteile ausgeschlossen wird. Für die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen aus Art 6 GG und damit auch ihre Vorwirkungen ist dabei nicht vorrangig auf formal-rechtliche familiäre Bindungen, sondern auf die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern im Wege einer Einzelfallbetrachtung abzustellen (BVerfG FamRZ 2006, 187 ff, RdNr 18 mwN). Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin bereits bei Antragstellung angegeben, dass ihr Kind von dem Lebensgefährten sei, mit dem die Anmietung einer gemeinsamen Wohnung geplant sei. Es ergab sich daher schon für die Zeit vor der Anerkennung der Vaterschaft eine vorwirkende Schutzwirkung, die ein Aufenthaltsrecht der Klägerin wegen des bevorstehenden familiären Zusammenlebens begründen konnte.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tenor

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 - auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art 70 Abs 1, 2 VO (EG) 883/2004?

2. Falls 1) bejaht wird: Sind - gegebenenfalls in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt?

3. Steht Art 45 Abs 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?

II. Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.

Gründe

1

A. Gegenstand und Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

2

I. Streitgegenstand
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Monat Mai 2012.

3

II. Sachverhalt
Die Kläger sind schwedische Staatsangehörige. Die 1966 in Bosnien geborene Klägerin zu 1) reiste im Juni 2010 erneut mit ihren Kindern, der im Mai 1994 geborenen Klägerin zu 2) und den in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Klägern zu 3) und 4), in die Bundesrepublik ein. Die Kinder sind in Deutschland geboren. Den Klägern wurde am 1.7.2010 eine Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU erteilt. Nach ihrer Einreise bezog die Klägerin zu 1) Kindergeld für die Kläger zu 2) bis 4). Die erwerbsfähigen Klägerinnen zu 1) und 2) waren seit Juni 2010 in kürzeren Beschäftigungen bzw Arbeitsgelegenheiten von weniger als einem Jahr tätig, jedoch nicht mehr in der Zeit ab Mai 2011. Im Übrigen bezogen sämtliche Kläger SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die zuletzt für die Zeit vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 bewilligt wurden (Bescheid vom 9.9.2011, Änderungsbescheide vom 26.11.2011 und 9.12.2011). Die Klägerinnen zu 1) und 2) erhielten Alg II; die Kläger zu 3) und 4) Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Bei der Leistungsbewilligung ging das beklagte Jobcenter (SGB II-Leistungsträger) davon aus, dass die Ausschlussregelung für arbeitsuchende Unionsbürger (§ 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II)nicht anwendbar gewesen sei, weil sie bei den Klägern als schwedische Staatsangehörige durch das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) verdrängt worden sei.

4

Unter Hinweis auf den von der Bundesrepublik im November 2011 erklärten Vorbehalt zum EFA hob der Beklagte die Bewilligung für den Monat Mai 2012 für die Klägerin zu 1) und ihre minderjährigen Kinder in vollem Umfang auf (Bescheid vom 2.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 29.6.2012). Das SG hat diesen Aufhebungsbescheid aufgehoben (Urteil vom 19.12.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger könnten auch im Mai 2012 weiterhin SGB II-Leistungen beanspruchen. Eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen sei nicht eingetreten. Zwar könnten sich die Klägerinnen zu 1) und 2) nach Beendigung der Beschäftigungen Mitte 2011 in dem streitigen Aufhebungsmonat Mai 2012 ausschließlich auf ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche berufen. Der deutsche Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II greife jedoch nicht, weil Art 4 VO (EG) 883/2004 jede Ungleichbehandlung von Unionsbürgern gegenüber den eigenen Staatsangehörigen bei den hier vorliegenden besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen untersage. Ein Wertungswiderspruch zu dem nur eingeschränkt möglichen Bezug von "Sozialhilfeleistungen" nach der FreizügigkeitsRL 2004/38/EG (insbesondere deren Art 24 Abs 2) bestehe nicht. Zudem verdränge das speziellere Gleichbehandlungsgebot nach Art 1 EFA weiterhin die Ausschlussregelung, weil der von der Bundesregierung erklärte Vorbehalt nicht durch ein Gesetz nach Art 59 Abs 2 S 1 GG in innerstaatliches Recht transformiert bzw wirksam gemacht worden sei.

5

Mit seiner Sprungrevision macht das beklagte Jobcenter geltend, der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II verstoße nicht gegen EG-Recht, weil es sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II um "Sozialhilfeleistungen" im Sinne des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG handele und ein Leistungsausschluss für Arbeitsuchende hiernach möglich sei. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hätten nicht den Zweck, den Arbeitsmarkzugang zu erleichtern, sondern dienten der Existenzsicherung. Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt sehe das SGB II für Arbeitsuchende in den §§ 16 ff SGB II weitere Leistungen vor, die gesondert erbracht würden. § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II verstoße nicht gegen die VO (EG) Nr 883/2004. Der Leistungsausschluss verstoße auch nicht gegen das EFA, weil der von der Bundesregierung erklärte Vorbehalt wirksam sei. Wegen der fehlenden Beteiligung mehrerer Völkerrechtssubjekte könne der einseitige Vorbehalt der Bundesregierung nicht als Vertrag im Sinne des Art 59 Abs 2 S 1 GG angesehen werden und sei verfassungsgemäß.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

III. Nationaler Rechtsrahmen

9

1. Anspruchsvoraussetzungen für SGB II-Leistungen
Die Verwaltungsakte, mit denen das beklagte Jobcenter den Klägern die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 bewilligte, waren bei ihrem Erlass rechtmäßig. Die Klägerinnen zu 1) und 2) erfüllten im Bewilligungszeitraum sämtliche Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II; hieraus leiteten sich die Ansprüche der minderjährigen Kläger zu 3) und 4) ab. Der Anspruchsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II stand ihrem Anspruch zunächst nicht entgegen, weil dieser durch Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens verdrängt wurde.

10

Nach der innerstaatlichen Regelung des § 19 Abs 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Alg II (Satz 1). Nichterwerbsfähige minderjährige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld (Satz 2). § 7 SGB II(idF der Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011, BGBl I 850 ff) bestimmt die Leistungsberechtigten wie folgt:

11

§ 7 Leistungsberechtigte
 (1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
 2. erwerbsfähig sind,
 3. hilfebedürftig sind und
 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben
 (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind
 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, …
 (2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. ..
 (3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
 1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
 2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, …

12

Da die minderjährigen Kläger zu 3) und 4) die Altersgrenze des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II noch nicht erreicht hatten, ergibt sich bei ihnen eine abgeleitete Anspruchsberechtigung auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Gestalt des Sozialgeldes(§ 7 Abs 2 und 3 SGB II). Bei den Klägerinnen zu 1) und 2) lagen im gesamten Bewilligungszeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II vor. Sie waren hilfebedürftig und erwerbsfähig. Nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II iVm § 8 Abs 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf (nicht) absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zur Erwerbsfähigkeit von Ausländerinnen und Ausländern bestimmt § 8 Abs 2 SGB II, dass diese im Sinne von § 8 Abs 1 SGB II nur erwerbstätig sein können, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (Satz 1). Insofern ist auf die abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen (§ 8 Abs 2 S 2 SGB II; vgl BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 34 RdNr 15). Als schwedische Staatsangehörige benötigten die Klägerinnen wegen der ihnen zustehenden uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit zur Beschäftigungsaufnahme keine Arbeitsgenehmigung.

13

Sämtliche Kläger hatten auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Vorliegen eines "gewöhnlichen Aufenthalts" in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen ("faktischen") Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Ein in anderen innerstaatlichen Sozialgesetzen zu dem gewöhnlichen Aufenthalt hinzutretendes Anspruchsmerkmal des Innehabens einer bestimmten Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU bzw - für nicht EU-Bürger - eines bestimmten Aufenthaltstitels nach dem AufenthaltsG enthält § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II ausdrücklich nicht(vgl im Einzelnen: BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 34 RdNr 17 ff mwN). Den am 1.7.2010 erteilten Freizügigkeitsbescheinigungen (§ 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30.7.2004 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.2.2008 ; entfallen durch Art 1 des Gesetzes zur Änderung des FreizügigkeitsG/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21.1.2013 ) kommt nach innerstaatlicher Rechtsprechung eine nur deklaratorische Bedeutung für das sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende Freizügigkeitsrecht zu (BT-Drucks 15/420 S 101; BSG Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 138/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17; BVerwG Urteil vom 10.11.1999 - 6 C 30/98 - BVerwGE 110, 40, 53).

14

2. Leistungsausschluss bei arbeitsuchenden Unionsbürgern und Europäisches Fürsorgeabkommen

15

Der Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 2 auf Alg II und damit auch der Kläger zu 3 und 4 auf Sozialgeld war - allein nach Maßgabe der Regelungen des SGB II - in der Zeit vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ausgeschlossen, weil sich ihr Aufenthaltsrecht im streitigen Zeitraum allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergab. Die Anwendbarkeit dieser Ausschlussregelung erfordert eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw der Gründe der Aufenthaltsberechtigung nach dem FreizügG/EU. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem anderen Grund als dem Zweck der Arbeitsuche hindert die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II(BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 34 RdNr 22 ff). Aus der Entstehungsgeschichte der Regelung ergibt sich, dass der deutsche Gesetzgeber zeitgleich mit der Erweiterung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern zu einer allgemeinen Freizügigkeit für alle Unionsbürger mit der Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 SGB II von der "Option" des Art 24 Abs 2 iVm Art 14 Abs 4 der RL 2004/38/EG Gebrauch machen wollte(BT-Drucks 16/5065 S 234; siehe auch BT-Drucks 16/688 S 13).

16

Für die Prüfung der Frage, welches Aufenthaltsrecht bei den Klägerinnen zu 1 und 2 in der Zeit vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 vorlag, ist § 2 FreizügG/EU von Bedeutung:

17

§ 2 FreizügG/EU (Recht auf Einreise und Aufenthalt)
 (1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
 (2) Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:
 1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,…….
 (3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall,
 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,
 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
 Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt.

18

Dem Gesamtzusammenhang der für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) ist zu entnehmen, dass sich die Klägerinnen zu 1 und 2 nicht mehr auf ein (fortwirkendes) Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerinnen nach § 2 FreizügG/EU berufen konnten. Sie waren seit Juni 2010 nur in kürzeren Beschäftigungen bzw in Arbeitsgelegenheiten von weniger als einem Jahr tätig und seit Mai 2011 nicht mehr abhängig oder selbständig tätig. Der Senat geht daher davon aus, dass die Erwerbstätigeneigenschaft der Klägerinnen nach § 2 Abs 3 S 2 FreizügG iVm Art 7 Abs 3 Buchst c) RL 2004/38/EG - zumindest im streitigen Aufhebungszeitraum Mai 2012, aber auch schon seit Beginn der SGB II-Bewilligung ab Dezember 2011 - nicht aufrechterhalten geblieben ist(vgl auch EuGH Urteil vom 4.6.2009, Rs C-22/08/C-23/08 - Slg 2009, I-4585 = SozR 4-6035 Art 39 Nr 5 RdNr 31).

19

Nach den gleichfalls für den Senat bindenden Feststellungen des SG waren die Klägerinnen aber weiterhin als Arbeitsuchende iS von § 2 Abs 2 Nr 1 FreizügG/EU anzusehen. Sie haben im Inland kurzzeitige Beschäftigungen ausgeübt bzw an Arbeitsgelegenheiten teilgenommen, weshalb eine Aussichtslosigkeit ihrer Bemühungen um Erwerbstätigkeiten trotz Zeitablaufs von sechs Monaten nicht anzunehmen war (EuGH Urteil vom 26.2.1991, Rs C-292/89 , Slg 1991, I-745-780; EuGH Urteil vom 23.3.2004, Rs C-138/02 - Slg 2004, I-2703; so auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 10. Aufl 2013, § 2 FreizügG/EU RdNr 61 mwN; Bayerischer VGH Beschluss vom 16.1.2009 - 19 C 08.3271 - InfAuslR 2009, 144).

20

Der innerstaatliche Anspruchsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II fand daher auf die arbeitsuchenden Klägerinnen zu 1 und 2 grundsätzlich Anwendung. Sie hatten in dem Bewilligungszeitraum ab 1.12.2011 dennoch zunächst einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil der Anspruchsausschluss durch Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (Gesetz zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11.12.1953 vom 15.5.1956, BGBl II 563) verdrängt wurde. Dies beruhte auf der Umsetzung des Urteils des BSG vom 19.10.2010 (B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21) durch die Jobcenter. Das BSG hatte entschieden, dass die Verpflichtung aus Art 1 EFA, Staatsangehörigen anderer vertragsschließender Staaten, die sich im Staatsgebiet erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie Bundesbürgern "Fürsorgeleistungen" zu leisten, auch die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung nach den §§ 19 ff SGB II beinhalte.

21

3. Aufhebung der Leistungsbewilligung

22

Im Hinblick auf diese Leistungsbewilligung unter Zugrundelegung von Art 1 EFA ist im Mai 2012 eine Änderung eingetreten, die das beklagte Jobcenter nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) berechtigte, die anfänglich rechtmäßige laufende Bewilligung der SGB II-Leistungen aufzuheben. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eintritt, ist der Verwaltungsakt nach § 48 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

23

Eine solche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen liegt hier darin, dass die Bundesregierung am 19.12.2011 gegen die Anwendung des SGB II im Rahmen des EFA einen Vorbehalt nach Art 16 Abs b EFA angebracht hat. Der Vorbehalt (idF der Bekanntmachung vom 31.1.2012 in BGBl II 144, berichtigt durch Bekanntmachung zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 3.4.2012 in BGBl II 470) hat folgenden Inhalt: "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland übernimmt keine Verpflichtung, die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Leistungen an Staatsangehörige der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden." Auf der Grundlage von Art 16 Abs c EFA ist dieser Vorbehalt den Mitgliedern des Europarates durch Veröffentlichung auf den aktuellen Seiten des Europarates mitgeteilt worden. Der Senat geht nach seiner Vorprüfung im Rahmen des Vorlageverfahrens davon aus, dass der Vorbehalt wirksam ist. Die Erbringung von Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII als Fürsorge im Sinne von Art 1 EFA ist nicht ausgeschlossen. Das innerstaatliche Recht dürfte entsprechend auszulegen sein.

24

B. Vorlagefragen und Entscheidungserheblichkeit

25

I. Unionsrechtlicher Rechtsrahmen

26

Es finden die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrags von Lissabon vom 13.12.2007 (BGBl II 2008, 1038) Anwendung. Weiter gilt für den vorliegenden Sachverhalt die VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die mit Wirkung zum 1.5.2010, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Durchführungsverordnung VO (EG) 987/2009, die VO (EWG) Nr 1408/71 abgelöst hat (Art 91 VO 883/2004, Art 97 VO 987/2009). Schließlich ist die Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, von Bedeutung.

27

Der Senat setzt das Verfahren nach Art 267 Abs 1 und Abs 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aus, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu den eingangs formulierten Vorlagefragen einzuholen. Der Senat hat Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts (Art 267 Abs 2 AEUV).

28

II. Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren

29

Die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen sind zur Überzeugung des Senats für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich. Würde die vorgelegte Frage 1 bejaht und die Frage 2 verneint, hätte die Revision des beklagten Jobcenters voraussichtlich keinen Erfolg und die positive Entscheidung des Sozialgerichts würde bestätigt. Würde die Frage 1 verneint, aber die Frage 3 bejaht, wäre die Revision aus anderen Gründen zurückzuweisen. Dagegen wäre die Revision des beklagten Jobcenters voraussichtlich erfolgreich, wenn die Fragen 1 und 3 verneint würden.

30

Der Ausgang des Rechtsstreits hängt davon aus, ob die Ausschlussregelung des Art 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II mit europäischem Primär- und Sekundärrecht vereinbar ist. Nachfolgend werden die Zweifel des Senat an der Auslegung von Vorschriften des Unionsrechts (Art 267 Abs 2 AEUV), die für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich sind, anhand der Vorlagefragen erläutert. In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht darauf hinweisen, dass die Auslegungsfragen Gegenstand zahlreicher und in der Auslegung europäischen Rechts unterschiedlicher sozialgerichtlicher Entscheidungen, zumeist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind, die nachfolgend nur exemplarisch wiedergegeben werden können.

31

Ein Anspruch der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II könnte (weiterhin) bestanden haben, wenn die Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II auf die Klägerinnen zu 1 und 2 schon wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 unanwendbar war. Als Rechtsfolge des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens kommt in Betracht, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe, also hier den Klägerinnen zu 1) und 2) als Unionsbürgerinnen anderer Mitgliedstaaten, die SGB II-Leistungen unter denselben Bedingungen wie deutschen Staatsangehörigen, also unter vollständigem Wegfall der Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II, zu erbringen sind, solange keine geeignete und nicht diskriminierende Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind(vgl EuGH Urteil vom 22.6.2011 - Rs C-399/09 , Slg 2011, I-5573 ff).

32

Die Klägerin zu 1) - und damit auch die Kläger zu 2) bis 4) als deren Familienangehörige - unterfallen dem persönlichen Geltungsbereich der VO (EG) 883/2004. Nach Art 2 Abs 1 VO (EG) 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten sowie für ihre Familienangehörigen. Unter "Rechtsvorschriften" sind nach Art 1 Buchst I VO(EG) 883/2004 für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art 3 Abs 1 VO (EG) 883/2004 genannten Zweige der sozialen Sicherheit zu verstehen. Damit wird ein Bezug des Betreffenden zu einem Sozialversicherungs- oder Familienleistungssystem in einem der Mitgliedstaaten gefordert. Wie das SG festgestellt hat, ist der persönliche Anwendungsbereich bereits deshalb eröffnet, weil die Klägerin zu 1) für die weiteren Kläger Kindergeld, also eine Familienleistung im Sinne von Art 3 Abs 1 Buchst j VO (EG) 883/2004 iVm Art 1 Buchst z VO(EG) 883/2004, bezogen hat.

33

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sind besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Sinne von Art 70 VO (EG) 883/2004. Durch das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II) als Voraussetzung für die Leistungsberechtigung eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft besteht ein Bezug zu den Leistungen bei Arbeitslosigkeit iS des Art 3 Abs 1 Buchst h VO (EG) 883/2004. Anders als die beitragsbezogene Versicherungsleistung des Alg I nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, aber unabhängig von Beschäftigungs-, Mitglieds- oder Beitragszeiten gewährt und haben keine an den bisherigen Verdienst anknüpfende Entgeltersatzfunktion. Die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hängt allein vom Vorliegen von Bedürftigkeit ab. Es erfolgt eine beitragsunabhängige Finanzierung durch Steuermittel (vgl hierzu ausführlich: BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 14/10 R - BSGE 107, 206 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 22, RdNr 17 ff mwN; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 29).

34

Ob das Gleichbehandlungsgebot nach Art 4 VO (EG) 883/2004 nach seinem sachlichen Anwendungsbereich - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 - auch auf besondere beitragsunabhängige Geldleistungen anwendbar ist, hängt davon ab, wie der Begriff der "Rechtsvorschriften" in Art 4 VO (EG) 883/2004 auszulegen ist. Es sind verschiedene Auslegungen denkbar. Insofern wird dieser Begriff in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung dahin verstanden, dass nur die Rechtsvorschriften iS der Legaldefinition des Art 1 lit I VO (EG) 883/2004 erfasst sind und sich das Gleichbehandlungsgebot nur auf die im Einzelnen aufgeführten Zweige der sozialen Sicherheit nach Art 3 Abs 1 VO (EG) 883/2004 bezieht (vgl zB LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 21.8.2012 - L 3 AS 250/12 B ER - NZS 2013, 34 ff, juris RdNr 21 ff). Für diese Ansicht spricht, dass sich der Begriff der Rechtsvorschriften in Art 1 Buchst j VO (EWG) 1408/71 nach der abweichenden Systematik der Regelungen zu den beitragsunabhängigen Sonderleistungen nach der früheren VO (EWG) 1408/71 - neben den in Art 4 Abs 1 und 2 dieser Verordnung genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit - ausdrücklich auf die in Art 4 Abs 2a der VO (EWG) 1408/71 näher definierten beitragsunabhängigen Sonderleistungen bezog. Die nunmehr in Art 3 Abs 3 VO (EG) 883/2004 enthaltene Bezugnahme auf Art 70 VO (EG) 883/2004 beinhaltet nach dieser Ansicht, dass eine Sozialrechtskoordinierung bei den besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen ausschließlich nach den Bestimmungen des Art 70 VO (EG) 883/2004 nur eingeschränkt und ohne Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 stattfindet.

35

Nach anderer Auffassung unterfallen auch nach der VO (EG) 883/2004 - wie zuvor nach der (EWG) 1408/71 - sämtliche beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen mit Ausnahme der in Art 70 Abs 3 VO (EG) 883/2004 direkt genannten Ausschlüsse uneingeschränkt dem sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung, also auch dessen Art 4 VO (EG) 883/2004 (vgl zB Bayrisches LSG Urteil vom 19.6.2013 - L 16 AS 847/12 - juris RdNr 60 ff, anhängig BSG B 14 AS 51/13 R). Zu dieser Ansicht neigt auch das vorlegende Gericht. Hierfür spricht, dass mit der Einbeziehung sämtlicher Unionsbürger durch die Neuformulierung des persönlichen Anwendungsbereichs der Verordnung nicht gleichzeitig hinter den Stand der Koordinierung besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen nach der VO (EWG) 1408/71 zurückgegangen werden sollte. Hierfür spricht auch, dass Art 70 Abs 3 VO (EG) 883/2004 den Ausschluss nur der "Rechtsvorschriften” des Titels III beinhaltet. Der EuGH hat - in anderem Zusammenhang - in einer aktuellen Entscheidung zudem ausgeführt, dass der in der VO (EWG) 1408/71 an verschiedenen Stellen verwendete Begriff der "Rechtsvorschriften" nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach seinem Kontext und den jeweiligen Zielen auszulegen sei (EuGH Urteil vom 10.10.2013 - Rs C-321/12 , ABl EU 2013, Nr C 344, 33 f).

36

III. zur Frage 2

37

Wenn eine Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 auch auf beitragsunabhängige besondere Geldleistungen zu bejahen ist, ist die nationale Regelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II unmittelbar diskriminierend. Nach Art 4 VO (EG) haben Personen, wie die Klägerinnen, die in den Anwendungsbereich der VO fallen, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates vorbehaltlich abweichender Regelungen der VO. § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II knüpft für den Anspruchsausschluss arbeitsuchender Unionsbürger unmittelbar an die Staatsangehörigkeit an. Während deutsche Arbeitsuchende regelmäßig einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben, ist ein solcher Anspruch für andere Unionsbürger für die Dauer ihres Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche ausgeschlossen.Das deutsche Recht lässt keine Auslegung dergestalt zu, dass arbeitsuchenden Unionsbürgern, etwa im vorliegenden Fall einer weitgehenden sozialen Integration der gesamten Familie in Deutschland, dennoch SGB II-Leistungen erbracht werden könnten. Vor diesem Hintergrund bezieht sich die zweite Vorlagefrage auf die Tragweite des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004, aber auch des Diskriminierungsverbots des Art 18 AEUV, bei beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen.

38

Die Fragestellung bezieht sich zunächst auf die Auslegung der in Art 4 VO (EG) 883/2004 enthaltenen Formulierung "sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist". Mit Hinweis auf deren Wortlaut wird diese Einschränkung in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zT so verstanden, dass sich Abweichungen vom Gleichbehandlungsgebot ausschließlich aus der Verordnung selbst ergeben können, etwaige Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung also ausdrücklich in der VO (EG) 883/2004 selbst festgelegt sein müssen (vgl zB Hessisches LSG Beschluss vom 30.9.2013 - L 6 AS 433/13 B ER - juris RdNr 33 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Nach dieser Ansicht ist eine Ungleichbehandlung in Anwendung des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 nur insofern möglich, als die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen nicht exportierbar sind.

39

Es wird jedoch auch die Auffassung vertreten, dass bei beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 in Umsetzung der Regelung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich sind (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 23.5.2012 - L 9 AS 347/12 B ER - juris RdNr 35 ff). Insofern wird die gleichfalls dem europäischen Sekundärrecht zuzuordnende Regelung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG von anderen Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als "anderweitige Bestimmung" iS des Art 4 VO (EG) 883/2004 angesehen. Alternativ wird davon ausgegangen, dass die in Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 enthaltene Formulierung, nach welcher der Mitgliedstaat die beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen "nach dessen Rechtsvorschriften gewährt", eine "anderweitige Bestimmung" iS des Art 4 VO (EG) 883/2004 und Abweichung vom strikten Gleichbehandlungsgebot ermöglicht. Insofern hält der Senat für klärungsbedürftig, ob der in Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 enthaltene Begriff "nach dessen Rechtsvorschriften" ausschließlich regelt, dass auch dann nur die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Anwendung finden, wenn die betreffende Person nach den Regelungen der Art 11 ff VO (EG) 883/2004 eigentlich den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterliegt (vgl Otting in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, Art 70 VO 883/2004 RdNr 26, Stand 4/2012). Nach anderer Auslegung beinhaltet die Formulierung des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004, wonach die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen "nach dessen Rechtsvorschriften gewährt werden", gleichzeitig eine Abweichungsmöglichkeit vom Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004, also eine "Öffnungsklausel" für eine Leistungsgewährung besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen nach nationalen Rechtsvorschriften.

40

Geht man davon aus, dass Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 bei beitragsunabhängigen besonderen Geldleistungen eine Abweichung vom Gleichbehandlungsgebot ermöglicht, soweit die Einschränkung selbst im Einklang mit Gemeinschaftsrecht steht (so wohl EuGH Urteil vom 19.9.2013, Rs C-140/12 , Abl EU 2013, C 344, 26), ist nach Auffassung des Senats weiter klärungsbedürftig, ob eine nationale Regelung wie die des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II als zulässige Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG angesehen werden kann.

41

Nach Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG ist der jeweilige Aufnahmestaat abweichend von dem Gleichbehandlungsgebot des Art 24 Abs 1 RL 2004/38/EG nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art 14 Abs 4 Buchst b) RL 2004/38/EG einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren. Insofern geht der Senat unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Brey (EuGH Urteil vom 19.9.2013 - Rs C-140/12 - ABl EU 2013, C 344, 26), die einen wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürger betraf, davon aus, dass - wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der VO (EG) 883/2004 und der RL 2004/38/EG - die Charakterisierung als besondere beitragsunabhängige Geldleistung nach Art 70 VO (EG) 883/2004 einer Einordnung als Sozialhilfe im Sinne von Art 24 Abs 2 der RL 2004/38/EG nicht entgegensteht (vgl bereits BVerwG Urteil vom 31.5.2012 - 10 C 8/12 - juris RdNr 25 mwN; zweifelnd noch Urteil des Senats vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 34). Weiter sind die hier allein streitigen SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach ihrer Ausgestaltung auch "Sozialhilfeleistungen" im Sinne der RL 2004/38/EG. Dieser Begriff bezieht sich nach der Entscheidung des EuGH in Sachen Brey auf sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichteten Hilfesysteme, die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene bestehen und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt und deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann, die dieser Staat gewähren kann. Weitere Erfordernisse hat der EuGH in seiner Entscheidung in Sachen Brey (EuGH Urteil vom 19.9.2013 - Rs C-140/12 - ABl EU 2013, C 344, 26, RdNr 61) nicht formuliert.

42

Bezogen auf die zweite Vorlagefrage hält es der Senat vor diesem Hintergrund für klärungsbedürftig, ob ein ausnahmsloser Ausschluss von Sozialhilfeleistungen möglich ist, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Aus der Entstehungsgeschichte des Art 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ergibt sich, dass der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art 24 Abs 2 iVm Art 14 Abs 4 der RL 2004/38/EG auch im Bereich des SGB II für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Gebrauch machen wollte (siehe BT-Drucks 16/688 S 13), um einer unangemessenen Inanspruchnahme der SGB II-Leistungen durch Arbeitsuchende aus anderen Mitgliedstaaten entgegenzuwirken. Dies betrifft Unionsbürger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben und deren Aufenthalt nicht beendet werden kann bzw wird, die als Arbeitsuchende jedoch nicht (mehr) über ausreichende Existenzmittel im Sinne des Art 7 Abs 1 Buchst b RL 2004/38/EG verfügen. Für die Möglichkeit eines Ausschlusses spricht, dass die existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II für einen zeitlich begrenzten Zeitraum nur dieses Aufenthaltsrechts nicht erbracht werden. Auch können Arbeitslose, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, ihren Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten in einen anderen Mitgliedstaat mitnehmen (Art 64 VO 883/2004).

43

Die in Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG enthaltene Formulierung "oder ggf für einen längeren Zeitraum" könnte allerdings auch so auszulegen sein, dass nationale Regelungen bei einem Ausschluss Arbeitsuchender von Sozialhilfeleistungen für mehr als drei Monate eine Einzelfallprüfung zulassen müssen. Insofern erscheint dem Senat unabhängig von dem Kriterium einer schon bestehenden Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt (vgl hierzu 3) klärungsbedürftig, ob eine verhältnismäßige Ausgestaltung der Ausschlussregelung für Arbeitsuchende im Sinne des Diskriminierungsverbots des Art 18 AEUV erfordert, dass besondere Umstände, etwa - wie im vorliegenden Fall - die gesamte Dauer eines (auch früheren) Aufenthalts im anderen Mitgliedstaat und eine weitgehende Integration auch bei arbeitsuchenden Unionsbürgern zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Fall hängt die Entscheidung des Rechtsstreits auch von dieser Fragestellung ab.

44

3. Unabhängig von einem möglichen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 könnten - in der hier vorliegenden Fallkonstellation - die spezifischen Freizügigkeitsrechte der Klägerinnen zu 1) und 2) als im Mai 2012 Arbeitsuchende ihrem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II entgegenstehen. In seinem Urteil vom 4.6.2009 (C-22/08, C-23/08 - Slg 2009, I-4585 = SozR 4-6035 Art 39 Nr 5 RdNr 31) hat der EuGH unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung ausgeführt, dass es angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft und der Auslegung, die das Recht der Unionsbürger auf Gleichbehandlung in der Rechtsprechung erfahren habe, nicht mehr möglich sei, vom Anwendungsbereich des Art 39 Abs 2 EG (nunmehr Art 45 Abs 2 AEUV) im Lichte des Art 12 EG (nunmehr Art 18 AEUV; vgl EuGH Urteil vom 25.10.2012 - Rs C-367/11 -ABl EU 2012, C 399, 6 - zur Veröffentlichung in Slg 2012 vorgesehen, RdNr 23) eine finanzielle Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern solle. Es sei jedoch legitim, dass ein Mitgliedstaat eine solche Beihilfe erst leiste, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitsuchenden mit dem Arbeitsmarkt dieses Staates festgestellt worden sei (aaO mwN). Insofern hält der Senat für klärungsbedürftig, ob die nationale Regelung gegen europäisches Primärrecht verstößt, weil sie eine solche Prüfung für die Dauer eines Aufenthaltsrechts als Arbeitsuchende nicht ermöglicht. Dies dürfte davon abhängen, ob bei einem alleinigen Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche generell eine ausreichende Verbindung zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats verneint werden kann.

45

Die dritte Vorlagefrage geht davon aus, dass sich bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - auch wenn diese "Sozialhilfeleistungen" im Sinne von Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG sind - nach der vom deutschen Gesetzgeber festgelegten Ausgestaltung des Systems existenzsichernder Leistungen aus Steuermitteln gleichzeitig auch um Leistungen handelt, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern (vgl Schlussanträge des Berichterstatters Colomer in der Rs C-22/08 vom 12.3.2009, Slg 2009, I-4585, RdNr 57; anders das vor der Entscheidung Brey ergangene Urteil des EuGH vom 4.6.2009 in der Rs C-22/08, C 23/08 , Slg 2009, I-4585, RdNr 45; aA Vorlagebeschluss des SG Leipzig vom 3.6.2013 - S 17 AS 2198/12 - juris RdNr 64 ff). Dabei versteht der Senat die bisherige Rechtsprechung des EuGH so, dass diese Leistungen nicht eigens oder ausschließlich auf die Eingliederung des Empfängers in den Arbeitsmarkt gerichtet sein müssen. Ausreichend dürfte sein, dass die Sozialleistung den Zugang zum Arbeitsleben erleichtert (vgl EuGH Urteil vom 23.3.2004 in der Rs C-138/02 - Slg 2004, I-2703, RdNr 68; EuGH Urteil vom 25.10.2012 - Rs C-367/11 ABl EU 2012, C 399, 6 - zur Veröffentlichung in Slg vorgesehen, RdNr 25 mwN). Dabei ist der nationale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen europarechtlich grundsätzlich nicht auf ein bestimmtes sozialpolitisches Konzept festgelegt (vgl EuGH Urteil vom 14.12.1995 - C-317/93 - Slg 1995, I-4625 ff, RdNr 33 = SozR 3-6083 Art 4 Nr 11; vgl auch den vierten Erwägungsgrund der VO 883/2004).

46

Mit der kompletten Neustrukturierung der existenzsichernden Leistungen seit dem Jahre 2005 hat sich der bundesdeutsche Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bei existenzsichernden Leistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden, für eine stärkere Aktivierung erwerbsfähiger Personen im Sinne einer Arbeitsmarktintegration entschieden. Für die Anspruchsberechtigung nach dem SGB II wird primär auf die Erwerbsfähigkeit der bedürftigen Personen abgestellt, die das maßgebliche Abgrenzungskriterium für eine Zuordnung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II darstellt (BT-Drucks 17/1940 S 20 zu Nr 8). Da nach § 8 Abs 1 SGB II bereits erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf (nicht) absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, ist die weitaus überwiegende Zahl der auf existenzsichernde Leistungen angewiesenen Personen dem SGB II zugeordnet. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) erhalten seit 2005 nur noch diejenigen, die nicht nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind (§ 21 SGB XII).

47

Für die Einordnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, spricht daher zunächst die Anspruchsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit (vgl EuGH Urteil vom 4.6.2009, Rs C-22/08, C-23/08 - Slg 2009 I-4585, RdNr 43 f). Die Zuordnung zu dem Leistungssystem des SGB II und die damit verbundene Zuständigkeit der mit der Arbeitsmarkintegration erfahrenen Jobcenter erleichtert den Zugang zum Arbeitsmarkt. Weiter enthält das SGB II in einem gesonderten Kapitel die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, die spezielle, für die Personengruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II vorgesehene Leistungen enthalten (zB Einstiegsgeld nach § 16b SGB II "wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist"; Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II "zur Erlangung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist"; Förderung von Arbeitsverhältnissen durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt an Arbeitgeber für die Beschäftigung zugewiesener erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nach § 16e SGB II).

48

Vor dem Hintergrund einer Einordnung der SGB II-Leistungen als solche Sozialleistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, hält der Senat für klärungsbedürftig, ob die Ausschlussklausel des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II mit europäischem Primärrecht konform ist. Gegen die Verhältnismäßigkeit der Regelung könnte insofern sprechen, dass gerade bei guten Aussichten der Arbeitsuche und Vermittlung, also weiterhin - über drei bzw sechs Monate hinaus - bestehendem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche, der Ausschluss von den SGB II-Leistungen ohne gesetzlich fixierte Endgrenze fortbesteht. Es ist fraglich, ob eine zulässige Typisierung vorliegt, wenn die nationale Regelung davon ausgeht, dass für eine nicht im vorhinein eindeutig festgelegte Zeit regelmäßig keine ausreichende Verbindung zum innerstaatlichen Arbeitsmarkt bestehen kann. Für Unionsbürger mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche lässt die Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II keine einzelfallbezogene Berücksichtigung einer dennoch bestehenden Verbindung mit dem zum innerstaatlichen Arbeitsmarkt bzw einer sonstigen tatsächlichen Verbindung zum Aufnahmemitgliedstaat(EuGH Urteil vom 21.7.2011 - Rs C-503/09 - Slg 2011, I-6497, RdNr 104) zu. Der Ausgangssachverhalt verdeutlicht dies. Die Klägerinnen waren bereits früher im Bundesgebiet wirtschaftlich aktiv, hatten eine langjährige Verbindung zu Deutschland und haben unmittelbar nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums eine berufliche Tätigkeit aufgenommen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sie trotz ihres aufenthaltsrechtlichen Status als arbeitsuchende Unionsbürger durchgehend bereits eine tatsächliche Verbindung mit dem Arbeitsmarkt in Deutschland hatten. Auch die dritte Vorlagefrage ist daher für den Rechtsstreit entscheidungserheblich.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

(1) Über die Erbringung von Geldleistungen kann vorläufig entschieden werden, wenn

1.
die Vereinbarkeit einer Vorschrift dieses Buches, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist,
2.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist oder
3.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 ist auf Antrag vorläufig zu entscheiden.

(2) Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten; auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachtes Kurzarbeitergeld und Wintergeld ist vom Arbeitgeber zurückzuzahlen.

(4) Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 und 3, Absatz 2 sowie Absatz 3 Satz 1 und 2 sind für die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entsprechend anwendbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 12. Mai 2014 bis zum 31. Mai 2014 504,70 EUR und für die Zeit ab dem 1. Juni 2014 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. September 2014, monatlich 721 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

2

Der ... 1965 in S., Rumänien, geborene Kläger reiste nach eigenen Angaben im Jahre 2012 zum Zwecke der Arbeitsuche in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 23. September 2013 beantragte er bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Laut eines Gesprächsvermerks vom 23. September 2013 in der Verwaltungsakte des Antragsgegners sei der Antragsteller nach den Angaben eines Praktikanten seines Rechtsanwalts nicht mehr selbständig tätig; eine Gewerbeabmeldung liege jedoch nicht vor. Am 9. Oktober 2013 gingen bei dem Antragsgegner die von seinem Verfahrensbevollmächtigten unterzeichneten Antragsformulare, bestehend aus Hauptantrag, Anlage zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, Anlage zur Feststellung der Einkommensverhältnisse und Anlage zur Feststellung der Vermögensverhältnisse ein. Einnahmen und Vermögen wurde nicht angegeben. In der Folgezeit endete ein zwischen den Beteiligten geführtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (L 2 AS 979/13 B ER) am 29. November 2013 mit einem Vergleich. Der Antragsgegner verpflichtete sich danach, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. März 2014 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren. Seit dem 1. Januar 2014 ist der Antragsteller unter der im Beschlussrubrum bezeichneten Anschrift gemeldet. Nach dem Wohnungsmietvertrag ist als Beginn des Mietverhältnisses der 1. Januar 2014 bei unbestimmter Laufzeit vereinbart. Die vereinbarte Miete beträgt monatlich 220 EUR nebst Heizkosten in Höhe von 50 EUR monatlich und Betriebskosten in Höhe von 60 EUR monatlich. Am 1. April 2014 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Einnahmen wurden nicht angegeben, Änderungen zum Vermögen ebenfalls nicht. Mit Schreiben vom 14. April 2014 teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit: Eine Gewerbeabmeldung existiere nicht. Weder seien in der Vergangenheit noch würden gegenwärtig aus dem Gewerbe Einkünfte erzielt. Mit Bescheid vom 16. April 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit der Begründung ab, der Antragsteller halte sich in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche auf. Dagegen legte der Antragsteller mittels anwaltlichem Schreiben vom 6. Mai 2014 Widerspruch ein, der mittlerweile mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014 zurückgewiesen worden ist. Dagegen hat der Kläger am 23. Mai 2014 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben (S 17 AS 2519/14).

3

Bereits am 12. Mai 2014 hat der Antragsteller wegen der ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat er vorgetragen: Mit der Ausnahme einer zweimonatigen Unterbrechung im Herbst 2012 lebe er seit seiner Einreise im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Er friste sein derzeitiges Leben aus den SGB II – Leistungen für den Zeitraum November 2013 bis März 2014. Es sei außerdem davon auszugehen, dass sich die in H. lebende rumänische Diaspora im Alltag unterstütze. Im Erörterungstermin am 27. Mai 2014 hat der Antragsteller mithilfe einer Dolmetscherin vorgetragen: Im Jahr 2013 habe er zu einem rumänischen Staatsbürger im Hauptbahnhof von H. Kontakt bekommen, der ihm Arbeit vermittelt habe. Das Geld für die Arbeit habe er von diesem rumänischen Freund ausgezahlt bekommen. Diesen Freund habe er erstmals im April/Mai 2013 kennengelernt. Dokumente habe er nie unterschrieben. Die Arbeit sei an einen Unternehmer vermittelt worden, der den rumänischen Freund bezahlt habe, um das Geld an den Antragsteller weiterzuleiten.

4

Der Antragsteller beantragt,

5

den Antragsgegner zu verpflichten, ihm bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

6

Der Antragsgegner beantragt,

7

den Antrag abzulehnen.

8

Der Antragsgegner ist der Ansicht, der Antragsteller sei als arbeitsuchender Ausländer von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Außerdem sei der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

10

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. Eine vorläufige Regelung durch gerichtliche Anordnung hat sich als erforderlich erwiesen.

11

Gegenstand des Verfahrens bilden geltend gemachte Ansprüche des Antragstellers auf Arbeitslosengeld II ab dem 12. Mai 2014, dem Eingang des Gesuchs auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Gericht, bis einschließlich 30. September 2014. Es ist trotz der sprachlich weiten Fassung des Rechtsschutzantrages davon auszugehen, dass der anwaltlich vertretene Antragsteller sein Rechtsschutzgesuch an dem gesetzlichen Regelbewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ausrichten will.

12

Der vom Antragsteller nachgesuchte vorläufige Rechtsschutz beurteilt sich nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).

13

Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach der gebotenen summarischen Prüfung als glaubhaft gemacht anzusehen.

14

Der Antragsteller hat Anspruch auf vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II. Rechtsgrundlage ist § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III.

15

Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Es umfasst für erwerbsfähige Leistungsberechtigte u.a. den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

16

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

17

Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Allerdings können Ausländerinnen und Ausländer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II nur im Sinne von Absatz 1 erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.

18

Der ... 1965 geborene Antragsteller ist erwerbsfähig. Für die Annahme, er könne aus körperlichen Gründen nicht mindestens 3 Stunden erwerbstätig sein, fehlt es an Anhaltspunkten. Er kann auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II erwerbstätig sein, weil er als Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist, und somit genehmigungsfreien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz). Es liegen dem Gericht keine Erkenntnisse über das Nichtbestehen bzw. den Verlust des Rechts des Antragstellers nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU aufgrund der §§ 2 Abs. 7, 5 Abs. 4, 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor.

19

Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Daraus ergibt sich, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bedarfsorientiert und bedürftigkeitsabhängig gewährt werden.

20

Der im Falle des Antragstellers zu deckende monatliche Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.

21

Als Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II) wird nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2014 für eine Person, die alleinstehend oder alleinerziehend ist oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 391 EUR anerkannt.

22

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Nach dem ab dem 1. Januar 2014 vereinbarten Mietvertrag sind dies insgesamt 330,- EUR. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014 hat der Antragsteller vorgetragen, die Vermieterin habe ihn noch nicht der Wohnung verwiesen oder die Schlösser der Wohnung ausgetauscht, solches Vorgehen allerdings wegen der bestehenden Mietrückstände angekündigt. Es kann daher gegenwärtig noch von einem vollzogenen Mietverhältnis auf der Grundlage des Mietvertrages ausgegangen werden.

23

Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller letztlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Mittel fehlen, um den Grundsicherungsbedarf ganz oder teilweise zu decken. Nach den Angaben im Weiterbewilligungsantrag vom 1. April 2014 sind keine Änderungen bezüglich Einkommen und Vermögen gegenüber dem Leistungsantrag vom 23. September 2013 eingetreten. Nach den am 9. Oktober 2013 bei dem Jobcenter eingegangenen Antragsunterlagen waren Einnahmen nicht angegeben und die Richtigkeit der Angaben bestätigt. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zwar vorgetragen, es sei davon auszugehen, dass sich die in H. lebende rumänische Diaspora im Alltag unterstütze. Und im Erörterungstermin vom 27. Mai 2014 hat der Antragsteller außerdem angegeben, er sei bislang von einem Freund finanziell unterstützt worden, wisse aber nicht, ob dieser ihn weiterhin unterstützen werde. Anrechenbares Einkommen im Sinne des § 11 SGB II ist danach jedoch nicht feststellbar. Es fehlt dem Gericht an Anhaltspunkten dafür, dass der Antragsteller bislang erhaltene Unterstützung Dritter nicht lediglich vorübergehend erhalten hat, und dass für eine Weitergewährung dieser Unterstützung ein Rechtsgrund besteht.

24

Anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II kann bei der gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht festgestellt werden.

25

Unter Berücksichtigung der gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland hat.

26

Nach § 7 Abs. 1 S 1 Nr. 4 SGB II iVm § 30 Abs. 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R –, Rn. 18).

27

So liegt der Fall hier. Der Antragsteller hat seinen Lebensmittelpunkt zukunftsoffen nach Deutschland verlegt. Dafür spricht das ab dem 1. April 2014 vereinbarte unbefristete Mietverhältnis. Er ist deshalb als Anknüpfungspunkt für den dauernden Aufenthalt geeignet, weil der Antragsteller zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist war. Das ist hinreichend durch die Schilderung im Erörterungstermin glaubhaft gemacht, wie er über einen rumänischen Freund zur Tätigkeit für einen Unternehmer vermittelt wurde.

28

Der Antragsteller erfüllt zwar die Voraussetzungen des gesetzlichen Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten. Denn nach eigenen Angaben ist der Kläger im Jahre 2012 nach Deutschland eingereist, um Arbeit zu suchen. Ein Aufenthaltsrecht unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nrn. 2 oder 3 FreizügG/EU ist hier nicht ersichtlich. Nach dem Gesprächsvermerk vom 23. September 2013 übte der Antragsteller bereits zum damaligen Zeitpunkt keine selbständige Tätigkeit mehr aus. In seinem Schriftsatz vom 14. April 2014 an den Antragsgegner führte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers außerdem aus, zwar liege keine Gewerbeabmeldung vor, Einkünfte aus dem Gewerbe seien indessen weder seinerzeit erzielt worden noch würden sie gegenwärtig erzielt.

29

Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende jedoch die Möglichkeit eröffnet, Leistungen der Grundsicherung vorläufig zu gewähren, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist. Das ist in Bezug auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II der Fall.

30

Das Bundessozialgericht hat nämlich dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 267 AEUV u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen steht, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert (vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 9/13 R –).

31

Nach § 328 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist dem Leistungsträger bei der Entscheidung über vorläufige Leistungsgewährung ein Ermessen eingeräumt, das er entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I).

32

Nach Lage der Akten hat der Antragsgegner bei seiner ablehnenden Entscheidung vom 16. April 2014 dieses gesetzlich vorgeschriebene Ermessen nicht ausgeübt. Nach dem Inhalt der Antragserwiderung vom 20. Mai 2014 ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner ungeachtet der Vorlage-Entscheidung des BSG (aaO.) verpflichtet sieht, Unionsbürgern auch die vorläufige Gewährung von Grundsicherungsleistungen zu versagen, wenn sie sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten.

33

Das Gericht hat den Antragsgegner deshalb im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zu verpflichten. Eine solche Entscheidung stellt sich als die allein mögliche dar, weil auf andere Weise das aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums des Antragstellers nicht garantiert werden kann. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch als Menschenrecht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 21 BvL 2/11 –, Rn. 62; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1.11.2013 – L 2 AS 841/13 B ER – Rn. 36; - L 2 AS 889/13 B ER – Rn. 32).

34

Das Bundesverfassungsgericht hat weiter Folgendes ausgeführt (vgl. BVerfG, aaO. Rn. 62 - 64):

35

" Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat.

36

a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen. Wenn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 (222)). Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 (228)) und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann (vgl. BVerfGE 125, 175 (222 f.)).

37

b) Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 125, 175 (223) m.w.N.)."

38

Danach ist es also aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, Menschen, die sich in Deutschland aufhalten, grundsätzlich dem Grunde nach von Leistungen auszuschließen, die der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dienen.

39

Der Antragsgegner könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Antragsteller sei in anderen Systemen der Grundsicherung leistungsberechtigt. Unabhängig von der Frage der Systemabgrenzung zwischen dem SGB II und dem SGB XII nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII sieht § 23 Abs. 3 SGB XII für Ausländer einen Leistungsausschluss vor, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Ein Verweis auf das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es stellt ein eigenständiges und abschließendes Regelungssystem dar. § 1 Abs. 1 AsylblG enthält eine Typologisierung des Leistungsberechtigten Personenkreises, die auf den Antragsteller nicht zutrifft.

40

Da der Antragsteller nach summarischer Prüfung ohne Einkommen und Vermögen ist, ist ein Anordnungsgrund ohne Weiteres zu bejahen und eine vorläufige Regelung durch das Gericht für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzgesuchs am 12. Mai 2014 erforderlich.

41

Als monatlicher Grundsicherungsbedarf des Antragstellers ist der Regelbedarf in Höhe von 391 EUR und die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 330 EUR zu berücksichtigen. Der Antragsgegner hat vorläufig Arbeitslosengeld II zu gewähren, und zwar für den Monat Mai 2014 anteilig (§ 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II) für 21 Tage in Höhe von 504,70 EUR und von Juni 2014 bis September 2014 monatlich 721 EUR.

42

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind grundsätzlich nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu gewähren und nicht rückwirkend zu bewilligen (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01. November 2013 – L 2 AS 841/13 B ER –, Rn. 40). Im Hinblick auf §§ 37 Abs. 2 Satz 2, 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist die vorläufige Regelung durch das Gericht auf einen Bewilligungszeitraum bis 30. September 2014 zu beschränken.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.

(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn

1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder
3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
Satz 1 Nummer 1 und 3 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Absatz 3a sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen:
1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege,
2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7,
3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und
4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Abweichend von Satz 1 Nummer 2 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 7 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Ausländerrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.

(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.

(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die

1.
eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,
1a.
ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllen,
2.
über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzen
a)
wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes,
b)
nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder
c)
nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,
4.
eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen,
5.
vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist,
6.
Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne daß sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen,
7.
einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen oder
8.
a)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die ihnen nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 erteilt wurde, oder
b)
eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 ausgestellt wurde,
und bei denen weder eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes oder nach § 16 des Asylgesetzes durchgeführt worden ist, noch deren Daten nach § 3 Absatz 1 des AZR-Gesetzes gespeichert wurden; das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Ausländer sind für die Zeit, für die ihnen ein anderer Aufenthaltstitel als die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichnete Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten erteilt worden ist, nicht nach diesem Gesetz leistungsberechtigt.

(3) Die Leistungsberechtigung endet mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Für minderjährige Kinder, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die mit ihren Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben, endet die Leistungsberechtigung auch dann, wenn die Leistungsberechtigung eines Elternteils, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzt, entfallen ist.

(3a) Sofern kein Fall des Absatzes 1 Nummer 8 vorliegt, sind Leistungen nach diesem Gesetz mit Ablauf des Monats ausgeschlossen, in dem Leistungsberechtigten, die gemäß § 49 des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich behandelt worden sind und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes beantragt haben, eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes ausgestellt worden ist. Der Ausschluss nach Satz 1 gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung in den Sätzen 1 und 2 gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(4) Leistungsberechtigte nach Absatz 1 Nummer 5, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von § 1a Absatz 4 Satz 1 internationaler Schutz gewährt worden ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wenn der internationale Schutz fortbesteht. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von zwei Wochen, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 2. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Satz 6 sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen die Leistungen nach § 1a Absatz 1 und nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2. Sie sollen als Sachleistung erbracht werden. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 2 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 7 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Satz 4 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.