Sozialgericht Augsburg Urteil, 20. Nov. 2017 - S 8 AS 794/17

bei uns veröffentlicht am20.11.2017

Gericht

Sozialgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Nachzahlung unterbliebener Sozialleistungen und Schadensersatz im Wege eines Amtshaftungsanspruchs.

Der 1961 geborene Kläger erhielt, eventuell mit Unterbrechungen, im Zeitraum von Oktober 1999 bis Ende 2004, vom Bezirksamt Spandau von Berlin und anschließend bis einschließlich August 2010 (ergänzend) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom beklagten Jobcenter bzw. dessen Rechtsvorgängerin. Danach verzog er aus dem Gebiet des Beklagten an seinen nunmehrigen Wohnsitz. Für den Zeitraum vom 31. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 2004 fehlen beim Rentenversicherungsträger Eintragungen.

Ein 2010 wegen korrekter Berechnung und Nachzahlung auch gegen den Beklagten angestrengtes Verfahren zum Sozialgericht Augsburg (Verfahren S 17 AS 1102/10) endete durch Klagerücknahme im Januar 2011.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2017 hat der der Kläger gegen verschiedenen Beklagte, darunter das beklagte Jobcenter, Klage zum Amtsgericht Lindau (Verfahren 1 C 11/17) erhoben. Dieses hat das Verfahren gegen den hiesigen Beklagten mit Beschluss vom 20. Februar 2017 abgetrennt (neues Aktenzeichen 1 C 64/17) und sodann mit Beschluss vom 25. April 2017 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung:ergangen) den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen. Im dortigen Verfahren (Aktenzeichen S 175 AS 6435/17) hat der Beklagte unter dem 29. Juni 2017 Zweifel an der Zuständigkeit des Sozialgerichts bezüglich Amtshaftungsansprüchen geäußert. Das Verfahren ist allerdings vollumfänglich mit Beschluss vom 30. Juni 2017 der örtlichen Zuständigkeit wegen an das Sozialgericht Augsburg verwiesen worden, wo es am 18. Juli 2017 eingegangen ist.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, er sei im Jahr 2003 nicht korrekt mit Stempelgeld eingestuft worden, sondern durch absichtliche, dem Beklagten Geld sparende Falscheinstufung zum Bezirksamt Spandau mit geringeren Sozialhilfeleistungen abgeschoben worden. Diese Falscheinstufung habe ihm großen finanziellen Schaden versursacht, da er zunächst nur Sozialhilfe und dann infolge der Falscheinstufung nur Arbeitslosengeld II erhalten habe. Dadurch sei ihm ein Schaden (wird näher ausgeführt) für Zeitaufwand, Fahrten, geringere Leistungen, Zinsen und Verzugszinsen, Vermittlung zu Schein- und Schwarzfirmen, entgangenen Verdienst, Schmerzensgeld und Rufschädigung von insgesamt 437.253 ER entstanden.

Der Beklagte hat erwidert, der Kläger sei erst seit 2005 im Leistungsbezug beim Beklagten gewesen. Die Klagebegründung sei unsubstanziiert und nicht nachvollziehbar. Der Kläger solle sein Begehren konkretisieren. Darüber hinaus sei der Vortrag hinsichtlich des begehrten Schmerzensgeldanspruchs nicht ansatzweise substanziiert. Nachvollziehbare Anhaltspunkte zur Kausalität zwischen einer behaupteten Amtspflichtverletzung und einem dadurch eingetretenen Schaden des Klägers seinen nicht erkennbar.

Vom Beklagten ist schließlich noch die Einrede der Verjährung geltend gemacht worden.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Der Beklagte wird verpflichtet, die Falscheinstufung in den Jahren 2003 bis August 2010 zu korrigieren und nicht rechtmäßig erbrachte Leistungen nachzuzahlen.

  • 2.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 437.253 EUR Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung zu leisten.

Für den Beklagten wird beantragt (sinngemäß),

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist nach Auslegung durch das Gericht (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) das Begehren des Klägers, für den Zeitraum von 2003 bis einschließlich August 2010 Sozialleistungen, die seiner Ansicht nach zu Unrecht nicht erbracht worden sind, sowie ergänzend Ersatz für den Schaden zu erhalten, der mit der unrechtmäßigen Nichtleistung zusammenhängen soll. Die vom Kläger angeführte Korrektur der Falscheinstufung versteht das Gericht nicht als eigenständiges Begehren, sondern als bloßes Element seines Begehrens. Auch steht der geforderte Betrag von 437.253 EUR nicht neben der verlangten Nachzahlung von nicht erbrachten Leistungen, sondern überschneidet sich damit. Das ergibt sich deutlich aus der Klageschrift vom 5. Januar 2017. Denn dort sind die nach Ansicht des Klägers ihm zustehenden Mehrleistungen in die Berechnung eingeflossen. Dem Kern nach handelt es sich somit um ein Überprüfungsbegehren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) betreffend Sozialleistungen nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) sowie um einen ergänzenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und Amtshaftungsanspruch.

Über die so verstandene Klage kann das Gericht trotz Art. 34 Satz 3 des Grundgesetzes (GG), § 202 SGG und § 17 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) vollumfänglich entscheiden. Hinsichtlich des Überprüfungsbegehrens folgt dies unproblematisch aus § 51 Abs. 1 Nr. 4a und 6a SGG. Dass der erhobene Anspruch auch Zeiten der Geltung des BSHG, also vor dem 1. Januar 2005 betrifft, und für Streitigkeiten der Sozialhilfe damals die Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mangels abdrängender Zuweisung zuständig war, ändert daran nichts. Denn maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist das bei Klageerhebung geltende Recht, zumal eine andere Ansicht zu schwer lösbaren prozessualen Problemen führen würde (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Oktober 2005, B 9b SF 4/05 R).

Soweit die Klage auch auf einen Amtshaftungsanspruch gestützt wird, behält § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG die Prüfung zwar den ordentlichen Gerichten vor; vorliegend wäre wohl das Landgericht Berlin zur Entscheidung berufen gewesen. Allerdings ist die Klage hier ursprünglich zum Amtsgericht Lindau also einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit erhoben worden, das für den Rechtsstreit unter Einschluss des Begehrens gegen den Beklagten aus Amtshaftung den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren an die Sozialgerichtsbarkeit verwiesen hat. Weder aus dem Trennungsbeschluss des Amtsgerichts vom 20. Februar 2017 noch aus dem Verweisungsbeschluss vom 25. April 2017 lässt sich ersehen, dass ein Verfahren wegen eines gegen das beklagte Jobcenter geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs in der ordentlichen Gerichtsbarkeit verbleiben sollte. Abweichend von § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ist damit wegen der Bindungswirkung der Rechtswegverweisung (und nachfolgenden Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit gemäß § 98 SGG) die Entscheidungskompetenz des Sozialgerichts auch für einen Anspruch aus Amtshaftung anzunehmen.

Der amtsgerichtliche Verweisungsbeschluss vom 25. April 2017 für das hiesige Gericht auch bindend. Er ist zwar ohne die durch § 232 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehene Rechtsbehelfsbelehrung:ergangen. Dies führt aber nach zivilgerichtlicher Regelung - anders als etwa § 66 Abs. 2 SGG oder § 58 Abs. 2 VwGO - nicht zu einer längeren Anfechtungsfrist, sondern spricht - mit Ausnahme bei Anwaltszwang, der hier aber nicht gegeben war, lediglich für einen Anspruch auf Wiedereinsetzung gemäß § 233 Satz 2 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016, V ZB 131/15). Innerhalb der von § 234 Abs. 1 ZPO eröffneten Wiedereinsetzungsfrist ist jedoch weder vom Kläger noch vom Beklagten ein Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden mit einer Beschwerde gegen die Rechtswegverweisung im Beschluss vom 25. April 2017 gestellt worden. Der Beklagte hat erst - zudem gegenüber dem Sozialgericht Berlin - im Schreiben vom 29. Juni 2017 Zweifel an der Rechtswegzuständigkeit geäußert. Selbst wenn man darin eine Beschwerde mit Antrag auf Wiedereinsetzung sehen wollte, wogegen spricht, dass von einer Behörde insofern ein ausdrücklicher Antrag erwartet werden kann, ist die Wiedereinsetzungsfrist verstrichen. Denn eine derart lange Hinderung zwischen der Zustellung des Beschlusses vom 25. April 2017 an den Beklagten am 3. Mai 2017 und dem Schreiben vom 29. Juni 2017 ist weder dargetan noch sonst erkennbar.

Die Klage ist bezüglich des Überprüfungsbegehrens aber schon nicht zulässig. Insofern fehlt es am vorgeschriebenen Vorverfahren, § 78 SGG. Der Kläger hat sich zuvor nicht an den Beklagten gewandt und eine Entscheidung beantragt.

Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere ist wegen der Bindungswirkung der örtlichen Zuständigkeitsverweisung im Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2017 das Sozialgericht Augsburg nunmehr zur Entscheidung berufen, § 98 SGG, § 17a Abs. 2 GVG. Der Klage steht auch nicht das frühere Verfahren S 17 AS 1102/10 vor diesem Gericht entgegen, weil dieses nicht durch rechtskräftige Entscheidung, sondern durch Klagerücknahme beendet wurde.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Über die Unzulässigkeit des Überprüfungsbegehrens hinaus und ungeachtet dessen, ob überhaupt Leistungen an den Kläger von einem Sozialleistungsträger zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X für den streitigen Zeitraum abgelaufen. Dieser reicht ausweislich der oben dargelegten Auslegung des Begehrens bis August 2010. Die Klageerhebung vor dem Amtsgericht Lindau Anfang 2017, die als Antragstellung gedeutet werden könnte, könnte daher allenfalls zu einer Überprüfung und Erbringung von Leistungen für den Zeitraum ab 1. Januar 2013 führen. Hinsichtlich von Leistungen nach dem SGB II ist die Rückwirkung wegen § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II auf ein Jahr, also ab 1. Januar 2016 begrenzt ist. Ob dies aus § 116a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch auch für Leistungen nach dem BSHG gilt, kann offen bleiben, weil in jedem Fall die Ausschlussfrist greift.

Dahin stehen kann deshalb, ob überhaupt Sozialleistungen an den Kläger zu Unrecht nicht oder in zu geringem Umfang erbracht worden sind. Relevante Anhaltspunkte ergeben sich aber weder aus dem klägerischen Vortrag noch nach den vorliegenden Akten des Beklagten. Ohnedies ist das beklagte Jobcenter vor 2005 nicht existent gewesen, sondern der Kläger hat Leistungen vom Sozialhilfeträger, hier in Form des Bezirksamts Spandau erhalten.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch des Klägers wegen der von ihm gerügten Falscheinstufung, also der fehlerhaften Zuweisung zum Sozialhilfeträger anstatt des Bezugs von Arbeitslosenhilfe, oder sonstiger fehlerhafter Handlungen eines Sozialleistungsträgers vor August 2010, scheidet ebenfalls aus, weil - wie eben dargelegt - die vierjährige Frist aus § 44 Abs. 4 SGB X für den streitgegenständlichen Zeitraum abgelaufen ist. Diese Regelung ist auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entsprechend anzuwenden, weil die Verletzung einer Nebenpflicht nicht weiterreichende Folgen haben kann als die Verletzung der Hauptpflicht (vgl. BSG, Beschluss vom 4. Juli 2017, B 10 EG 20/16 B).

Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Denn zumindest ist dieser Anspruch inzwischen verjährt. Für einen Amtshaftungsanspruch gilt nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, III ZR 196/14). Diese, seit 1. Januar 2002 geltende Fassung kommt auch zur Anwendung, sofern der Anspruch auf Sachverhalte aus der Zeit vor dem Jahr 2002 gestützt wird. Denn Art. 231 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) bestimmt, dass die neuen Verjährungsvorschriften auch auf bereits zuvor entstandene Ansprüche anzuwenden sind und in der Regel die kürzere Verjährungsfrist greift. Wie aus der im September 2010 erfolgten Klageerhebung im Verfahren S 17 AS 1120/10 deutlich wird, hatte der Kläger spätestens seitdem die Vorstellung von einem schuldhaften Handeln des Beklagten. Gerechnet von diesem Zeitpunkt an, war bei dreijähriger Verjährungsfrist aber mit Ablauf des Jahres 2013 Verjährung eingetreten. Der Beklagte konnte sich nunmehr darauf berufen und hat diese Einrede auch mit Schriftsatz vom 7. November 2017 erhoben.

Ungeachtet der Verjährung ergeben sich für das Gericht auch keine Anhaltspunkte für eine Amtspflichtverletzung. Der Kläger meint im Kern, er habe Anspruch auf Arbeitslosenhilfe anstelle von Sozialhilfe gehabt und deswegen zu Unrecht geringere Leistungen erhalten. Woraus dies folgen soll und warum er sich nicht lange zuvor deswegen an die zuständige Arbeitsverwaltung gewandt hat, bleibt offen. Daher wäre dem Kläger auch § 839 Abs. 3 BGB entgegenzuhalten.

Schließlich hat der Kläger es unterlassen trotz der Aufforderung des Gerichts gemäß § 106a SGG mit Schreiben vom 21. September 2017 innerhalb der gesetzten Frist Beweismittel zu benennen oder vorzulegen oder die Umstände darzulegen, welche Kausalität und Höhe des geltend gemachten Schadens betreffen. Nachdem sich auch sonst nicht ergibt, wie die vom Kläger neben der zu geringen Leistungsbewilligung aufgeführten Schadenspositionen auf eine behauptete - jedoch tatsächlich nicht zu erkennende - Amtspflichtverletzung zurückgeführt werden sollen, fehlt es zudem an der Ursächlichkeit.

Eine Beiladung des vor 2005 leistenden Sozialhilfeträgers nach § 75 SGG ist unterblieben, zum einen weil offenkundig kein Anspruch mehr gegeben sein kann, zum anderen weil in der Klageschrift vom 5. Januar 2017 auch das zuständige Bezirksamt als Beklagter aufgeführt ist, jedoch insofern keine Verweisung an das hiesige Gericht erfolgt ist. Daraus ist zu folgern, dass ein weiterer Rechtsstreit anderweitig anhängig ist und somit eine Beiladung wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 202 SGG, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG nicht infrage kommt. Dies könnte nämlich wegen der bezüglich eines Sozialhilfeträgers eröffneten Möglichkeit einer Verurteilung als Beigeladener nach § 75 Abs. 5 SGG zu unterschiedlichen bzw. mehrfachen gerichtlichen Entscheidung führen.

Die Klage ist somit insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Das Gericht nimmt gemäß der eingangs dargelegten Auslegung des Klagebegehrens einen einheitlichen Streitgegenstand an, für den somit insgesamt die Kostenfreiheit gilt.

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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

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(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken

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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhalten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 98


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

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§ 44 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass 1. rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind;

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Jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, über den Sitz des Gerichts und über di

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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, über den Sitz des Gerichts und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Dies gilt nicht in Verfahren, in denen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, es sei denn, es ist über einen Einspruch oder Widerspruch zu belehren oder die Belehrung ist an einen Zeugen oder Sachverständigen zu richten. Über die Möglichkeit der Sprungrevision muss nicht belehrt werden.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 131/15
vom
28. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Legt eine anwaltlich nicht vertretene Partei Berufung ein und verwirft das Berufungsgericht
die Berufung deshalb als unzulässig, ist die Entscheidung mit einer Rechtsmittelbelehrung
zu versehen.
BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - V ZB 131/15 - OLG Koblenz
LG Mainz
ECLI:DE:BGH:2016:280116BVZB131.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterin Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Den Klägern wird gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist und der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. August 2015 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 15.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Klage der Kläger abgewiesen. Das Urteil ist ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2015 zugestellt worden. Mit persönlichem Schreiben vom 9. Juli 2015 haben die Kläger hiergegen Berufung einge- legt und unter Hinweis auf § 121 ZPO die gerichtliche Beiordnung eines Rechtsanwaltes „zur Durchsetzung ihrer Rechtsschutzbedürfnisse“ beantragt.
2
Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

II.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Berufung unzulässig, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt eingelegt wurde. Einen Prozesskostenhilfeantrag hätten die Kläger nicht gestellt; die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 ZPO komme daher nicht in Betracht.

III.

4
1. Den Klägern ist antragsgemäß gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren.
5
a) Sie waren ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist des § 575 Abs. 1 und 2 ZPO für die Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gehindert.
6
Nach § 233 Satz 2 ZPO wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn die nach § 232 ZPO vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. So verhält es sich im vorliegenden Fall; das Berufungsgericht hat die Berufungsverwerfung nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Eine Belehrung war hier jedoch erforderlich. Zwar gilt gemäß § 232 Satz 2 Halbs. 1 ZPO die Pflicht zur Belehrung grundsätzlich nicht in Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt gemäß § 78 ZPO vorgeschrieben ist. Denn in Verfahren mit obligatorischer anwaltlicher Vertretung ist der Rechtsanwalt gleichermaßen wie das Gericht in der Lage, eine auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Beratung und Belehrung über die statthaften Rechtsbehelfe zu erteilen; das Schutzbedürfnis der Parteien entfällt dadurch (BT-Drucks. 17/10490, S. 12). Der Grundsatz, dass eine Belehrungspflicht nur in Verfahren gilt, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht gemäß § 78 ZPO vorgeschrieben ist, gilt aber nicht ausnahmslos. Nach § 232 Satz 2 Halbs. 2 ZPO besteht auch in Verfahren mit Anwaltszwang die Verpflichtung zur Belehrung über die Möglichkeiten zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und zum Widerspruch gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz. Dahinter steht die Überlegung, dass solche Entscheidungen auch gegenüber der nicht anwaltlich vertretenen Partei ergehen können (BT-Drucks. 17/10490, S. 12).
7
Diese Ausnahmen machen deutlich, dass auch in Fällen mit obligatorischer Vertretung durch einen Rechtsanwalt eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen ist, wenn aufgrund der Verfahrenssituation eine Beratung und Belehrung durch einen Rechtsanwalt nicht sichergestellt ist (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2014, 1338 Rn. 7). Eine solche Verfahrenssituation liegt hier vor. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger deshalb als unzulässig verworfen, weil sie entgegen § 78 ZPO nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten waren. Die Vorschrift des § 232 Satz 2 Halbs. 2 ZPO muss nach ihrem Sinn und Zweck auch in derartigen Fällen Anwendung finden, da es sich um eine Entscheidung handelt, die zwangsläufig gegenüber einer anwaltlich nicht vertretenen Partei ergeht und dieser damit gerade kein Rechtsanwalt zur Seite steht, der sie über die statthaften Rechtsbehelfe beraten kann.
8
b) Der Wiedereinsetzungsantrag nebst Rechtsbeschwerde und ihrer Begründung sind auch fristgerecht eingereicht worden (§ 234 Abs. 1 und 2, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
9
2. Die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) ist aber als unzulässig zu verwerfen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO), da die Kläger in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) nicht verletzt sind.
10
a) Rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet nimmt das Berufungsgericht an, dass die Berufungseinlegung nicht dem gesetzlichen Formerfordernis genügt, da der Schriftsatz nicht von einem Rechtsanwalt , sondern von den Klägern gefertigt und unterzeichnet worden war (vgl. § 78 Abs. 1 ZPO).
11
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war die Berufungseinlegung durch die Kläger nicht in einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe umzudeuten.
12
Die Rechtsbeschwerde weist zwar zu Recht darauf hin, dass sich die Kläger in ihren Schriftsätzen vom 9. und 16. Juli 2015 auf § 121 ZPO und damit auf eine Vorschrift des Prozesskostenhilfeverfahrens bezogen haben. Die beiden Schreiben dürfen aber nicht isoliert betrachtet werden. Die Kläger haben auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 ZPO die Beantragung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe voraussetze, mit Schreiben vom 28. Juli 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 ZPO „außerhalb der Prozesskostenhilfe“ gestellt worden sei. Angesichts dieser Klarstellung seitens der Kläger bestand für das Berufungsgericht kein Raum für eine Umdeutung der formunwirksamen Berufung in einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Im Übrigen haben die Kläger – ohne dass es hierauf für die Entscheidung ankommt – in der von ihnen persönlich formulierten Rechtsbeschwerde nochmals betont, dass sie bei dem Oberlandesgericht Prozesskostenhilfe nicht beantragt hätten.
13
3. Den Klägern ist für das Verfahren der Rechtsbeschwerde mangels Erfolgsaussicht keine Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 114 ZPO). Stresemann Czub Weinland Kazele Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 12.06.2015 - 4 O 146/14 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 12.08.2015 - 1 U 763/15 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17, 17a und 17b Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

§ 44 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraumes beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. November 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens Gewährung weiteren Elterngelds für ihre am 18.4.2009 geborenen Zwillinge S. und S.

2

Der Beklagte gewährte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der Zwillinge von 300 Euro unter Berücksichtigung des Mehrlingszuschlags (Bescheid vom 21.7.2009).

3

Am 14.1.2015 begehrte die Klägerin zusätzliches Elterngeld mit Blick auf die zwischenzeitlich ergangene Zwillingsrechtsprechung des Senats. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Für länger als vier Jahre zurückliegende Zeiträume könne Elterngeld nicht gewährt werden (Bescheid vom 15.1.2015, Widerspruchsbescheid vom 29.1.2015).

4

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, § 44 Abs 4 SGB X schließe die Gewährung weiterer Leistungen im Fall der Klägerin aus. Das gelte nach der Rechtsprechung des BSG auch für eine eventuelle Gewährung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Beklagte habe es ohnehin nicht treuwidrig unterlassen, im Fall der Klägerin von Amts wegen rechtzeitig ein Überprüfungsverfahren einzuleiten. Im Übrigen würde selbst ein treuwidriges Unterlassen nichts am Leistungsausschluss durch die Vier-Jahres-Frist des § 44 Abs 4 SGB X ändern(Urteil vom 15.11.2016).

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil eine grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG)beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit dem Wortlaut der entscheidungserheblichen Norm, ihrem gesetzlichen Kontext sowie der vorinstanzlichen Entscheidung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN). Daran fehlt es.

8

Die Beschwerde meint, es komme darauf an, ob die Beklagte verpflichtet gewesen sei, das Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X von Amts wegen einzuleiten. Damit diskutiert sie aber nur den Einzelfall der Klägerin, ohne mit der hinreichenden Klarheit eine darüber hinausgehende, allgemeine Rechtsfrage aufzuwerfen.

9

Die Beschwerde hält es für klärungsbedürftig,

ob die zuständige Behörde einen unanfechtbaren Verwaltungsakt auch dann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit von Amts wegen zurückzunehmen brauche, wenn sie durch Entscheidungen, die in Parallelverfahren ergangen seien, erfahren habe, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien.

10

Insoweit setzt die Beschwerde sich aber bereits nicht ausreichend mit dem Wortlaut der Norm des § 44 Abs 1 S 1 SGB X auseinander. Danach muss sich die unrichtige Rechtsanwendung bzw das Ausgehen von einem unrichtigen Sachverhalt gerade im Einzelfall ergeben. Nach der Rechtsprechung des BSG befreit diese Voraussetzung den Leistungsträger von der Verpflichtung, regelmäßig oder aus besonderem Anlass den gesamten Aktenbestand daraufhin zu überprüfen, ob sich ein Anlass zu einem Vorgehen nach § 44 SGB X ergibt(BSG Urteil vom 26.1.1988 - 2 RU 5/87 - BSGE 63, 18 = SozR 1300 § 44 Nr 31; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 5/17, § 44 RdNr 56; Baumeister in juris-PK SGB X, 1. Aufl 2013, § 44 SGB X RdNr 133 mwN). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und zeigt daher keinen höchstrichterlichen Klärungsbedarf auf.

11

Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet, das LSG widerspreche mit seiner Rechtsauffassung der Kommentierung von Schütze, weil es dessen Auffassung als zu pauschal bezeichnet hat, hat sie diesen vermeintlichen Widerspruch nicht substantiiert dargelegt. Tatsächlich betont Schütze, die Behörde sei nicht verpflichtet, auch nicht aufgrund einer neuen Rechtslage, Akten von sich aus auf Rücknahmemöglichkeiten durchzuarbeiten. Aus der Formulierung im Einzelfall ergebe sich, dass sich konkret in der Bearbeitung eines Falls ein Anhaltspunkt für eine Aufhebung ergeben haben müsse (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 39 mwN).

12

Die Beschwerde hält es außerdem für klärungsbedürftig,

ob in Fällen, in denen die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts von Amts wegen geboten ist, für den Beginn der Vier-Jahres-Frist nicht die unterlassene Rücknahme, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Rücknahme von Amts wegen maßgeblich sei.

13

Dabei setzt sie sich aber nicht hinreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinander, das zu Recht den Wortlaut des § 44 Abs 4 S 2 SGB X hervorhebt. Danach wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Die Beschwerde führt nicht aus, unter welchem methodischen Gesichtspunkt das BSG diesen Wortlaut anders auslegen sollte, als es das LSG getan hat.

14

Die Beschwerde fragt weiter,

ob auch in Fällen treuwidrig unterlassener Rücknahme des Verwaltungsakts überhaupt eine Frist läuft und ab wann eine Frist ggf zu berechnen wäre.

15

Indes hat die Beschwerde weder hinreichend substantiiert dargelegt, aus welchen Vorschriften oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen eine solche Treuwidrigkeit abzuleiten sein könnte, noch, warum die Beklagte sich gegenüber der Klägerin überhaupt treuwidrig verhalten haben sollte. Nach den für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG hatte sich im Fall der Klägerin kein konkreter Anlass für ein Aufgreifen des Überprüfungsverfahrens von Amts wegen ergeben. Insbesondere hatte zwischen der Elterngeldbewilligung und dem Überprüfungsantrag der Klägerin überhaupt keine irgendwie veranlasste Aktenbearbeitung stattgefunden.

16

Unabhängig davon geht die Beschwerde nicht ausreichend auf die vom LSG zutreffend zitierte Rechtsprechung des BSG ein. Danach kommt der Herstellungsanspruch auch dann nicht zur Anwendung, wenn es um Leistungen geht, die länger als vier Jahre zurückliegen. Selbst wenn die Versäumung der Frist des § 44 Abs 4 SGB X auf einem Fehlverhalten der Behörde beruht, kann ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht zu einer mehr als vier Jahre rückwirkenden nachträglichen Leistungspflicht führen. Denn die Verletzung einer Nebenpflicht kann nicht weiterreichende Folgen haben als die Verletzung der Hauptpflicht (BSG Urteil vom 24.4.2014 - B 13 R 23/13 R - Juris mwN; Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 44 RdNr 67). Mit diesen Entscheidungen setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und führt daher auch nicht aus, warum sich damit nicht die von ihr für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen beantworten lassen.

17

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

18

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

19

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 196/14
Verkündet am:
23. Juli 2015
P e l l o w s k i
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs, der aus der Erteilung einer
unrichtigen Auskunft (hier: der Einzugsstelle über den Fortbestand der Renten
- und Arbeitslosenversicherungspflicht) hergeleitet wird, wenn ein sozialgerichtliches
Verfahren mit dem Ziel geführt worden ist, einen im Widerspruch
zu jener Auskunft ergangenen belastenden Verwaltungsakt (hier: Zurückweisung
eines Antrags auf Bewilligung von Arbeitslosengeld) zu
beseitigen (Fortführung von BGH, Urteile vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92,
BGHZ 122, 317 und vom 12. Oktober 2000 - III ZR 121/99, WM 2001, 145).
BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - III ZR 196/14 - KG Berlin
LG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juli 2015 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters,
Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die beklagte Krankenkasse aus Amtshaftung auf Schadensersatz in Anspruch. Er war seit dem 1. September 1998 als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH tätig und bei der Beklagten krankenversichert. Die Beklagte war Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge des Klägers.
2
Mit Schreiben vom 6. November 2001 teilte die Beklagte dem Kläger auf sein Schreiben vom 1. November 2001 mit, nach Überprüfung seiner geänderten Arbeitsbedingungen - unter anderem wurde seine Einlage zum Stammkapi- tal auf 25.500 DM (von 50.000 DM GmbH-Gesamtstammkapital) erhöht - ergäben sich keine Änderungen bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung. Er sei nach wie vor versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dementsprechend wurden auch nach November 2001 für den Kläger die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet.
3
Der Kläger kündigte das Dienstverhältnis mit der GmbH zum 1. Oktober 2004 und beantragte für die Zeit vom 2. Oktober 2004 bis zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit am 1. Januar 2005 die Zahlung von Arbeitslosengeld. Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Antrag mit Bescheid vom 3. Dezember 2004 zunächst stattgegeben hatte, erließ sie einen Rückforderungsbescheid. Diesen hob sie mit Bescheid vom 7. September 2005 auf und bewilligte das beantragte Arbeitslosengeld.
4
Am 30. Juli 2007 beantragte der Kläger erneut Arbeitslosengeld. Der Antrag wurde von der Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 9. August 2007 zurückgewiesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wiesdie Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage wies das Sozialgericht Chemnitz mit Urteil vom 29. Oktober 2009 ab. Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieben ohne Erfolg.
5
Der Kläger bezieht seit dem 1. Dezember 2008 Altersrente.
6
Er hat behauptet, er habe der Beklagten im Jahr 2001 seine geänderten Arbeitsbedingungen angezeigt, um eine Klärung zu erhalten, ob er gleichwohl weiterhin als Arbeitnehmer einzustufen sei. Hätte ihm die Beklagte mitgeteilt, dass er als Selbständiger einzustufen sei, hätte er - mit Einverständnis der Mit- gesellschafter - seinen Geschäftsführeranstellungsvertrag angepasst und seinen Gesellschaftsanteil auf 23 % des Stammkapitals begrenzt, um den Arbeitnehmerstatus zu erhalten. Infolge der fehlerhaften Auskunft der Beklagten sei ihm Arbeitslosengeld in Höhe von 24.351,88 € entgangen und wegen der nicht geleisteten Pflichtbeiträge für die Zeit der Arbeitslosigkeit ein erheblicher Rentenschaden entstanden. Zudem sei er angesichts der ausbleibenden Zahlungen von Arbeitslosengeld zur Sicherung seines Lebensunterhalts gezwungen gewesen , seine Lebensversicherung vorzeitig zu kündigen. Hierdurch habe er einen Verlust von 3.466,91 € erlitten.
7
Der Kläger begehrt den Ersatz des ihm entgangenen Arbeitslosengelds, des Verlusts aus der vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung und eines ihm bereits entstandenen Rentenschadens von 3.587,76 €, insgesamt einen Betrag von 31.406,55 €. Er begehrt des Weiteren die Feststellung, dass die Beklagte ihm ab 1. Dezember 2012 einen Betrag von 149,49 € monatlich zu zah- len hat, solange seine Berechtigung zum Bezug der Altersrente fortdauert.
8
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
9
Die am 27. Dezember 2011 beim Landgericht eingegangene Klage ist der Beklagten am 22. März 2012 zugestellt worden. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung des Schadensersatzanspruchs abgewiesen. Der Kläger hat das landgerichtliche Urteil mit der Berufung angegriffen und geltend gemacht: Seine Ansprüche seien nicht verjährt. Er habe erst durch das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz Kenntnis von den Ansprüchen gegen die Beklagte erlangt. Neben der Geltendmachung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sei ihm eine Klageerhebung gegen die Beklagte zur Verfolgung des Amtshaftungsanspruchs unzumutbar gewesen, weil er in beiden Prozessen widersprüchlich hätte vortragen müssen. Das Kammergericht hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


10
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


11
Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitert die Durchsetzung des geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs an der Verjährungseinrede der Beklagten. Der Kläger habe bereits Ende des Jahres 2007 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB gehabt. Hinreichende Kenntnis habe der Verletzte, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage erheben könne, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht habe, dass sie ihm zumutbar sei. Für die Kenntnis sei auf die Fälligkeit des ersten einklagbaren Teils des Schadens abzustellen. Der Kläger habe Ende des Jahres 2007 gewusst, dass ihm wegen der nach seiner Auffassung falschen Auskunft der Beklagten bereits ein Schaden in Gestalt der vorzeitigen Auflösung der Lebensversicherung entstanden sei und ein weiterer Schaden drohe.
12
Die Zumutbarkeit der Klageerhebung lasse sich nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe gegen die Bundesagentur für Arbeit den Anspruch auf Arbeitslosengeld und gegen die Beklagte den Amtshaftungsanspruch geltend machen und hierbei in beiden Prozessen widersprüchlich vortragen müssen. Unzumutbar sei die Erhebung der Amtshaftungsklage nur, wenn sich die verwaltungsgerichtliche Klage und der parallel zu führende Amtshaftungsprozess gegen dieselbe öffentlich-rechtliche Körperschaft richteten. Die unterschiedlichen Träger der Sozialversicherung könnten insoweit nicht als dieselbe Person betrachtet werden.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
1. Ein - revisionsrechtlich zu unterstellender - Schadensersatzanspruch des Klägers aus Amtshaftung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die auf den Anspruch des Klägers anwendbare regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann nach § 199 Abs. 1 BGB keinesfalls vor dem Schluss des Jahres 2009, nachdem die gegen den Widerspruchsbescheid der Bundesagentur für Arbeit gerichtete Klage des Klägers durch Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. Oktober 2009 abgewiesen worden war. Sie wurde durch die Erhebung der Klage im Jahr 2012 in vorliegendem Rechtsstreit gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
15
Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Die erforderliche Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis als Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist ist vorhanden, wenn der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist (Senat, Urteile vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28; vom 21. April 2005 - III ZR 264/04, NVwZ 2006, 245, 248; vom 22. Januar 2004 - III ZR 99/03, WM 2004, 2026, 2027; vom 12. Oktober 2000 - III ZR 121/99, WM 2001, 145, 146 und vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 325).
16
a) Besteht die Amtspflichtverletzung, wie hier, in einer dem Geschädigten günstigen Auskunft, ist es ihm regelmäßig vor Abschluss des von ihm auf der Grundlage der erhaltenen Auskunft betriebenen verwaltungsrechtlichen Verfahrens nicht zuzumuten, eine Amtshaftungsklage zu erheben, da erst der Ausgang des verwaltungs- oder - wie hier - sozialgerichtlichen Prozesses dem Geschädigten die erforderliche Kenntnis verschafft, ob überhaupt eine Amtspflichtverletzung vorgelegen hat und ein Schaden entstanden ist (vgl. Senat, Urteile vom 21. April 2005 aaO und vom 6. Mai 1993 aaO S. 324 f; Staudinger/Wöstmann , BGB § 839 [Neubearbeitung 2013] Rn. 382). Würde man dem Geschädigten ansinnen, parallel zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sei es auch nur zur Fristwahrung, eine Amtshaftungsklage wegen der Erteilung der Auskunft zu erheben, würde man ihm zumuten, sich prozessual widersprüchlich zu verhalten. Er müsste sich dann im Amtshaftungsprozess auf den Rechtsstandpunkt stellen, dass die Auskunft rechts- und amtspflichtwidrig gewesen sei, während er im Verfahren vor den Fachgerichten von der Rechtmäßigkeit der Auskunft und der Rechtswidrigkeit des zu ihr in Widerspruch stehenden Bescheids ausgehen müsste. In derartigen Fällen wird erst durch das fachgericht- liche Verfahren die Grundlage für die Beurteilung der Frage geschaffen, ob die Versagung des beantragten Bescheids beziehungsweise der beantragten Leistung rechtmäßig gewesen ist. Erst durch die Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils erlangt der Geschädigte diejenigen Kenntnisse, die es ihm zumutbar machen, die Amtshaftungsklage wegen der amtspflichtwidrigen Auskunft zu erheben (vgl. Senat, Urteile vom 6. Mai 1993 und vom 12. Oktober 2000, jeweils aaO).
17
Diese Erwägungen sind vor dem Hintergrund zu verstehen, dass sich die fachgerichtliche Klage und der parallel zu führende Amtshaftungsprozess gegen dieselbe öffentlich-rechtliche Körperschaft richten. Für einen Rückgriff gegen einen Dritten gelten sie nicht. So hat der Senat in einem Fall der Notarhaftung , bei dem es nicht um eine verwaltungsgerichtliche Klage, sondern um einen Zivilrechtsstreit zur Abwehr des - durch eine vom Notar fehlerhaft entworfene Garantieerklärung entstandenen - Schadens ging, entschieden, die Zumutbarkeit einer vorsorglichen Feststellungsklage gegen den beklagten Notar lasse sich nicht mit Rücksicht auf unzumutbar widersprüchliches Verhalten verneinen (Senat, Urteil vom 22. Januar 2004 aaO). Dem Geschädigten ist nämlich ein unterschiedlicher prozessualer Vortrag im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung eher zumutbar, wenn er gegenüber zwei verschiedenen Prozessgegnern erfolgt, als wenn er gegenüber demselben Prozessgegner erfolgt.
18
b) Das Berufungsgericht hat die vorgenannte Senatsrechtsprechung gesehen und zutreffend wiedergegeben. Nach seiner Auffassung können die unterschiedlichen Träger der Sozialversicherung nicht als ein und dieselbe Person betrachtet werden.
19
Dem kann für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Zwar handelt es sich bei der Beklagten als Gegner im Amtshaftungsprozess und der Bundesagentur für Arbeit als Gegner im sozialgerichtlichen Verfahren - formal betrachtet - um zwei unterschiedliche Prozessgegner und zwei unterschiedliche öffentlich-rechtliche Körperschaften. Dennoch kann, worauf die Revision zu Recht hinweist, aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles die Beklagte im Verhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nicht als "Dritte" angesehen werden mit der Folge, dass es dem Kläger zumutbar wäre, in dem gegen die Beklagte gerichteten Amtshaftungsprozess anders vorzutragen als in dem gegen den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit gerichteten sozialgerichtlichen Verfahren.
20
Die Beklagte wurde, als sie mit Schreiben vom 6. November 2001 die auf die Arbeitslosen- und Rentenversicherungspflicht des Klägers bezogene Auskunft erteilte, nicht als Träger der Sozialversicherung tätig, sondern als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Als solche und nicht als Träger der Krankenversicherung wird sie vom Kläger in Anspruch genommen. Die Aufgaben der Einzugsstelle werden in § 28h SGB IV festgelegt. Nach § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Beklagte steht dabei als Einzugsstelle in einem öffentlich-rechtlichen Treuhandverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als Fremdversicherungsträger. Im Rahmen des Treuhandverhältnisses tritt sie zwar im Außenverhältnis zum Beitragsschuldner als Anspruchsinhaberin auf. Im Innenverhältnis bleibt jedoch die Bundesagentur für Arbeit Anspruchsinhaberin, in deren Interesse die Beklagte als Einzugsstelle zu handeln hat (BSGE 101, 1 Rn. 15 mwN aus der Rechtsprechung des BSG; Wehrhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 28h SGB IV [2014] Rn. 2 mwN; jurisPK-SGB IV/Scheer, 2. Aufl., § 28h Rn. 66).

21
Diese "Inkassotätigkeit" (Scheer aaO) der Beklagten für die Bundesagentur für Arbeit bringt die Beklagte in eine solche Nähe zur Bundesagentur, dass eine allein an die formale Parteirolle anknüpfende Sichtweise in vorliegendem Zusammenhang nicht gerechtfertigt erscheint. Zwar handelte es sich bei der dem Kläger erteilten Auskunft der Beklagten nicht unmittelbar um eine Inkassotätigkeit. Die Beklagte erteilte die Auskunft jedoch in ihrer Eigenschaft als "Einzugsstelle" (§ 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und im Hinblick darauf, dass etwaige Beiträge später auch von ihr - für die Bundesagentur für Arbeit - eingezogen werden würden.
22
Die treuhänderische Verbundenheit der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit und die Tätigkeit der Beklagten im Aufgabenbereich der Bundesagentur für Arbeit stehen mithin einer Betrachtung der beiden öffentlichrechtlichen Körperschaften als voneinander verschiedene Prozessgegner des Klägers entgegen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb die Senatsrechtsprechung zur Unzumutbarkeit widersprüchlichen Prozessvortrags gegenüber derselben öffentlich-rechtlichen Körperschaft entsprechend anwendbar. Ein widersprüchlicher Prozessvortrag in gegen den öffentlich-rechtlichen "Treuhänder" und den öffentlich-rechtlichen "Treugeber" geführten Parallelprozessen ist dem Kläger nicht zumutbar.
23
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
24
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Beklagte dem Kläger kei- ne "verbindliche" Auskunft erteilen wollte. Zwar hat ein förmliches Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV, in dem das Vorliegen einer Beschäftigung verbindlich geklärt wird, nicht stattgefunden; über einen diesbezüglichen Antrag, der erst infolge des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH zwingend zu stellen ist (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nF), hätte im Übrigen nicht die Beklagte, sondern seinerzeit die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: die Deutsche Rentenversicherung Bund) entscheiden müssen. Indes bedeutet eine mangelnde Rechtsverbindlichkeit der Auskunft nicht, dass diese nicht Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers sein könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats müssen Auskünfte, die ein Beamter erteilt, dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann (vgl. Senat, Urteile vom 10. Juli 2003 - III ZR 155/02, BGHZ 155, 354, 357 [zu "nicht rechtsverbindlich" erteilten Rentenauskünften ] und vom 11. Oktober 2007 - III ZR 301/06, VersR 2008, 252 Rn. 14; Staudinger/Wöstmann aaO Rn. 150 mwN). Die mangelnde Rechtsverbindlichkeit einer Auskunft kann daher nur dahin verstanden werden, dass mit ihr eine verbindliche Regelung des Versicherungsverhältnisses noch nicht verbunden ist. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Versicherungsträger und vorliegend auch die Beklagte als sozialversicherungsrechtliche Einzugsstelle nach den vorstehenden Grundsätzen verpflichtet sind, Auskünfte vollständig, eindeutig und vor allem richtig zu erteilen, weil sich der Auskunftsbegehrende grundsätzlich auf die Richtigkeit der Auskunft verlassen darf und er einen Anspruch hat, in seinem Vertrauen hierauf geschützt zu werden (Senat, Urteil vom 10. Juli 2003 aaO; BSGE 44, 114, 121). Auch dort, wo eine Amtspflicht zur Erteilung der Auskunft nicht besteht, muss die Auskunft, wenn sie gleichwohl erteilt wird, diesen Erfordernissen genügen (Staudinger/Wöstmann aaO).
25
b) Soweit die Revisionsbeklagte in Frage stellt, ob für den Kläger sein sozialversicherungsrechtlicher Status bei der Gestaltung seines Arbeitsvertrags entscheidend gewesen sei, handelt es sich um eine Würdigung, die dem Tatrichter vorbehalten bleibt.
26
c) Im Hinblick auf den vom Kläger in Gestalt des ihm entgangenen Arbeitslosengelds geltend gemachten Schaden fehlt es - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - auch nicht deshalb an einem Kausalzusammenhang , weil dem Kläger unabhängig von der Frage seines sozialversicherungsrechtlichen Status kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld ab dem 1. August 2007 zustand.
27
Zwar trifft es zu, dass der Kläger innerhalb der vom 1. August 2007 an rückwärts zu berechnenden zweijährigen Rahmenfrist nicht mehr als 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3, § 123 Satz 1, § 124 Abs. 1 SGB III, jeweils in der Fassung des Art. 1 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848). Auch ist den Urteilen des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. Oktober 2009 und des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. April 2011 zu entnehmen, dass der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 1. August 2007 nicht aus dem Restanspruch des ab 2. Oktober 2004 mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 bewilligten Anspruchs herleiten konnte, obwohl die Frist des § 147 Abs. 2 SGB III (in der Fassung des Art. 1 des Arbeitsförderungs -Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) noch nicht abgelaufen war. Denn der Bewilligungsbescheid begründete nicht die - im Rahmen des § 147 Abs. 2 SGB III aF maßgebliche - materielle Anspruchsberechtigung (Stammrecht), sondern nur den Leistungsanspruch im engeren Sinne (Zahlungsanspruch; vgl. BSG, NZS 1995, 418, 419; zur Unterscheidung zwischen Stammrecht und Einzelanspruch auf Auszahlung vgl. auch BSGE 95, 191 Rn. 21).
28
Maßgeblich für einen Restanspruch des Klägers nach § 147 Abs. 2 SGB III aF ist allein, ob dem Kläger am 2. Oktober 2004 ein materieller Anspruch auf Arbeitslosengeld (Stammrecht) zustand (zur Maßgeblichkeit des Stammrechts im Rahmen von § 147 Abs. 2 SGB III aF vgl. Kreikebohm/Mutschler, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl. 2011, § 147 SGB III Rn. 4, 14). Ein solches Stammrecht entstand, wenn zum vorgenannten Zeitpunkt die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt waren, ohne dass es hierfür notwendigerweise eines Bewilligungsbescheids bedurfte (vgl. BSGE 95, 191 aaO). Insofern übersieht die Revisionsbeklagte, dass das Sozialgericht Chemnitz und das Landessozialgericht Sachsen einen solchen Anspruch auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligung des Klägers an der GmbH verneint haben. Über ein etwaiges Stammrecht des Klägers zu diesem Zeitpunkt, wenn er zuvor - nach Erteilung einer zutreffenden Auskunft der Beklagten - entsprechend seinem Vortrag den Geschäftsführeranstellungsvertrag angepasst und seinen Gesellschaftsanteil auf 23 % des Stammkapitals begrenzt hätte, wird in den vorgenannten Urteilen naturgemäß keine Aussage getroffen. Das Sozialgericht hat ausgeführt, der Kläger habe aufgrund des von ihm innegehabten Anteils am Stammkapital jedenfalls eine Sperrminorität besessen, und aus diesem Grund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis verneint. Nach seinen Feststellungen war nach dem Gesellschaftsvertrag für Gesellschafterbeschlüsse eine Mehrheit von mehr als 76 % der Stimmanteile notwendig. Mit einem Gesellschaftsanteil von 23 % des Stammkapitals hätte der Kläger mithin eine - der Versicherungspflicht nach Auffassung des Sozialgerichts entgegen stehende - Sperrminorität nicht erreicht. Dementsprechend hätte ihm am 2. Oktober 2004 ein materieller Anspruch auf Arbeitslosengeld (Stammrecht) zugestanden mit der Folge, dass am 1. August 2007 seit der Entstehung dieses Anspruchs noch nicht vier Jahre verstrichen gewesen wären und der Kläger nach § 147 Abs. 2 SGB III aF einen Restanspruch hätte geltend machen können.
29
3. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), das die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu dem vom Kläger geltend gemachten - nicht verjährten - Anspruch nachzuholen haben wird.
Schlick Seiters Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.12.2012 - 36 O 47/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2014 - 9 U 60/13 -

Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt.

(2) Der Vorsitzende kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.