Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 26. Mai 2018 - 2 L 1/17

bei uns veröffentlicht am26.05.2018

Gründe

I.

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Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für einen bereits errichteten Pferdeoffenstall.

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Die Klägerin betreibt auf mehreren Grundstücken im Ortsteil R. der Ortschaft A-Stadt in der Gemeinde Petersberg den Reiterhof (A.). Hierzu gehört auch das Grundstück Gemarkung A., Flur A, Flurstück 78.

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Die Beigeladene zu 2 ist Eigentümerin des südlich angrenzenden, mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Gemarkung A., Flur A, Flurstück 262, mit der Straßenbezeichnung "C-Straße 1a" (vgl. GA Bl. 296).

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Im Jahr 2011 errichtete die Klägerin auf dem Flurstück 78 einen Pferdeoffenstall. Der Stall besteht aus 5 Pferdeboxen und einer Box für Geräte und Futter. Vor dem Stall befinden sich drei Paddocks mit Sandboden. Zwei Paddocks sind für jeweils zwei Pferde und ein Paddock ist für ein Pferd zugänglich. Die Paddocks liegen etwa 12 m und die Boxen etwa 17 m vom Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 entfernt. Die Stalltüren der einzelnen Boxen sind in Richtung Südwesten zum Grundstück der Beigeladenen zu 2 ausgerichtet.

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Am 06.05.2013 beantragte die Klägerin für den bereits errichteten Pferdeoffenstall eine Baugenehmigung, die der Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2013 ablehnte. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.07.2015 zurückgewiesen.

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Das Verwaltungsgericht wies, nachdem die Berichterstatterin in einem Ortstermin am 26.09.2016 die Örtlichkeit in Augenschein genommen hatte, die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.09.2016 ab und führte zur Begründung aus, die Errichtung des Stalls sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Das Flurstück 78 liege im Außenbereich i.S.d. § 35 BauGB. Ob das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sei, könne offen bleiben, denn es verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der von der Klägerin errichtete Offenstall lasse nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die gebotene Rücksicht auf das Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 vermissen. Hierbei falle insbesondere ins Gewicht, dass der Offenstall unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zu 2 in einer Entfernung von etwa 12,5 m zu den Ruheräumen errichtet worden sei und die Boxen mit dem Auslauf zum Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 ausgerichtet seien, wo sich an dessen Südseite das Schlafzimmer und ein Gästezimmer, also Ruheräume, befänden. Hier wirke sich der Pferdeoffenstall auf Grund seiner Anordnung, Bauweise und durch die mit der typischen Nutzung einschließlich der täglichen Versorgung der Pferde und Entmistung der Ställe verbundenen Immissionen belastend auf das benachbarte Wohngrundstück aus. Es sei nachvollziehbar, dass sich die Pferde auch nachts bewegten und ggf. mit den Hufen gegen die Wände der Boxen träten, so dass die Beigeladene zu 2 und ihre Familie nachts gestört werden könne. Zwar müsse die Beigeladene zu 2 im Hinblick auf die Lage ihres Grundstücks an der Grenze zum Außenbereich die mit dem Außenbereich zusammenhängenden Nutzungen dulden und auch Tiergeräusche und -gerüche hinnehmen. Sie könne deshalb nicht verlangen, dass die Fläche vor ihrem Grundstück überhaupt nicht mehr von Pferden betreten werde, zumal auch vor Errichtung des Stalls Pferde auf der Weide gehalten worden seien. Die konkrete Ausführung des Vorhabens bringe aber Beeinträchtigungen mit sich, die die Beigeladene zu 2 nicht hinnehmen müsse, da nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin es nicht an einer anderen Stelle ihres großzügig bemessenen Grundbesitzes realisieren könne. Einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Flächen bereits seit Langem zur Pferdehaltung nutze und die Beigeladene zu 2 ihre Wohnnutzung erst deutlich später – nämlich im Jahr 2000 – und damit in Kenntnis der Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück aufgenommen habe. Dies könne die Beigeladene zu 2 nicht völlig schutzlos stellen. Sie habe ihr Wohnhaus seinerzeit aufgrund der ihr erteilten Baugenehmigung gebaut und könne sich deshalb gegenüber der Klägerin uneingeschränkt auf das allgemeine Rücksichtnahmegebot berufen. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Klägerin ihren Offenstall ausgerechnet direkt gegenüber dem Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 habe errichten müssen.

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Das Urteil wurde der Klägerin am 02.11.2016 zugestellt.

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Am 15.12.2016 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist gemäß § 60 VwGO beantragt.

II.

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Der Klägerin ist wegen der Versäumung der Antragsfrist gemäß § 60 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da ihre Prozessbevollmächtigte glaubhaft gemacht hat, dass sie aufgrund einer plötzlich aufgetretenen, nicht vorhersehbaren Erkrankung an einer fristgebundenen Erledigung oder Bestellung eines Vertreters gehindert war (vgl. BGH, Beschl. v. 29.10.2015 – IX ZB 12/14 –, juris RdNr. 7; OVG NW, Beschl. v. 24.02.2015 – 16 A 2613/14.A –, juris RdNr. 6).

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Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

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1. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris RdNr. 16). Entscheidend ist, ob Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des Verwaltungsgerichts begründet sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 – 7 AV 4.03 –, juris RdNr. 9). Das ist vorliegend nicht der Fall.

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a) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem gesamten Akteninhalt seien keine nachteiligen Immissionen auf die angrenzende Wohnbebauung festzustellen.

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Es ist anerkannt, dass mit jeder Pferdehaltung typischerweise Störungen wie Gerüche, Ansammlungen von Fliegen und Ungeziefer, gelegentliche Geräusche und Staubaufwirbelungen verbunden sind (vgl. NdsOVG, Beschl v. 04.02.2005 – 1 ME 291/04 –, juris RdNr. 21; OVG RP, Urt. v. 30.04.2010 – 1 A 11294/09 –, juris RdNr. 41; Beschl. d. Senats v. 06.03.2018 – 2 M 88/17 –, juris RdNr. 31). Die Zumutbarkeit einer Pferdehaltung lässt sich dabei – mangels einschlägiger Regelwerke, die Mindestabstände zur angrenzenden Wohnbebauung enthalten und als Orientierungshilfe dienen können – nicht abstrakt und für alle Fälle einheitlich beurteilen, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls (vgl. Beschl. d. Senats v. 29.07.2004 – 2 L 168/03 –, juris RdNr. 6; NdsOVG, Beschl v. 04.02.2005 – 1 ME 291/04 –, a.a.O. RdNr. 21; OVG RP, Urt. v. 30.04.2010 – 1 A 11294/09 –, a.a.O. RdNr. 41; BayVGH, Beschl. v. 07.09.2011 – 15 CS 11.835 –, juris RdNr. 21). Vor diesem Hintergrund ist der Standpunkt der Klägerin, von ihrem Vorhaben gingen keine nachteiligen Wirkungen wie Geruch, Lärm o.ä. auf das Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 aus, nicht schlüssig. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auch von dem hier errichteten Pferdeoffenstall Immissionen in Form von Gerüchen und Geräuschen ausgehen und auf das Grundstück der Beigeladenen zu 2 einwirken. Dies hat das Verwaltungsgericht auch hinreichend zum Ausdruck gebracht, indem es ausgeführt hat, der Pferdeoffenstall wirke sich u.a. durch die mit der typischen Nutzung einschließlich der täglichen Versorgung der Pferde und Entmistung der Ställe verbundenen Immissionen belastend auf das benachbarte Wohngrundstück aus.

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Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch aus der gutachterlichen Beurteilung der Geruchs- und Lärmimmissionen zum Vorhaben Errichtung und Betrieb eines Pferdeoffenstalls mit 5 Pferdeboxen der (L.) GmbH vom 21.03.2014 nicht, dass von ihrem Vorhaben keine nachteiligen Immissionen auf das Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 einwirkten. Im Hinblick auf Gerüche hat der Gutachter auf eine Ausbreitungsrechnung nach Anhang 3 TA Luft verzichtet und stattdessen eine verbale Erläuterung und Bewertung der Gerüche vorgenommen. Unter Heranziehung der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 hat er für die fünf Pferdeboxen einen Geruchsemissionsmassenstrom von 55 GE/s (0,2 MGE/h) angenommen. Hierbei sei unter Berücksichtigung der Zeiten, in denen die Tiere auf der Weide stünden, mit einem täglichen Geruchspotential von 13,5 Stunden in den Sommermonaten und von 17 Stunden in den Wintermonaten zu rechnen. Nachfolgend hat der Gutachter Art, Dauer und Umfang der zu erwartenden Geruchsimmissionen in ihren Auswirkungen auf die umliegende Nachbarschaft als gering wahrnehmbar eingeschätzt, womit keine erhebliche Belästigung vom Betrieb des Pferdeoffenstalls zu erwarten sei. Im Hinblick auf Lärm ist der Gutachter davon ausgegangen, dass bei der Haltung der Pferde im Offenstall Tiergeräusche im Stall und auf dem Paddock zu erwarten seien, sofern sich die Tiere nicht auf der Weide aufhielten. Zudem seien Geräusche von Transport- und Umschlagprozessen, einschließlich des Verkehrs auf der Zuwegung, bei der einmal täglich erfolgenden Anlieferung von Futter, der einmal täglich erfolgenden Entmistung sowie bei der Verbringung der Pferde auf die Weide oder zum Parkplatz zu erwarten. Im Ergebnis hat der Gutachter eingeschätzt, dass unter den näher beschriebenen Bedingungen des Aufenthalts der Pferde in den Boxen und im Paddock, der Verbringung der Pferde aus bzw. zum Paddock sowie der Bewirtschaftung des Stalles vom Betrieb des Pferdeoffenstalls mit Auslauf zwar Geräusche wahrnehmbar seien, jedoch keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch diesen hervorgerufen werden könnten und die Anlage dem Stand der Technik zur Lärmminderung entspreche. Hiermit hat der Gutachter der Klägerin bestätigt, dass von dem Pferdestall auf dem Nachbargrundstück sowohl Geruchs- als auch Geräuschimmissionen ausgehen. Er bewertet diese lediglich als gering, nicht erheblich oder unschädlich. Die Beurteilung, ob Geruchs- oder Geräuschimmissionen geringfügig, unerheblich oder unschädlich sind, ist indessen nicht Aufgabe des Gutachters, sondern des Verwaltungsgerichts.

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b) Nicht durchgreifend ist die Rüge der Klägerin, allein die Nähe des Vorhabens zum Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 stelle keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme dar. Sie macht geltend, das Verwaltungsgericht führe nicht aus, welche Wirkungen wie etwa Lärm, Geruch, Licht o.ä. von dem Vorhaben auf die Nachbarbebauung einwirkten, sondern schließe allein aus dem Standort des Vorhabens auf dessen Rücksichtslosigkeit. Das Verwaltungsgericht gehe auch fälschlicherweise davon aus, dass das Vorhaben direkt an der Grundstücksgrenze und in einer Entfernung von 12,50 m zu den Ruheräumen der Beigeladenen zu 2 errichtet worden sei. Die Entfernung des Offenstalls zur nächstgelegenen Ecke des Wohnhauses der Beigeladenen zu 2 betrage 17 m. Lediglich die Einzäunung der Paddocks befinde sich in einer Entfernung von 12,50 m zum Wohnhaus der Beigeladenen zu 2. Es gebe auch keinen adäquaten Alternativstandort für das Vorhaben. Mit diesen Rügen dringt die Klägerin nicht durch.

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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Anforderungen des Gebots der Rücksichtnahme von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Dies gilt auch für die Frage der Zumutbarkeit einer Pferdehaltung. Als Kriterien für die Bewertung der Zumutbarkeit kommt es auf die Intensität und Häufigkeit der von der Pferdenutzung ausgehenden Geruchs- und Geräuschimmissionen, die Anzahl der untergebrachten Pferde, den Zuschnitt des Grundstücks, die Stellung der Wohngebäude sowie auf vorhandene Vorbelastungen an (vgl. Beschl. d. Senats v. 29.07.2004 – 2 L 168/03 –, a.a.O. RdNr. 6 und Beschl. v. 06.03.2018 – 2 M 88/17 –, a.a.O. RdNr. 31; NdsOVG, Beschl v. 04.02.2005 – 1 ME 291/04 –, a.a.O. RdNr. 21; BayVGH, Beschl. v. 07.09.2011 – 15 CS 11.835 –, a.a.O. RdNr. 21). Von besonderer Bedeutung ist dabei auch der Abstand zwischen Wohnbebauung und Pferdeställen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 07.09.2011 – 15 CS 11.835 –, a.a.O. RdNr. 19; SaarlVG, Urt. v. 11.05.2011 – 5 K 897/10 –, juris RdNr. 64), wobei zum Teil ein Mindestabstand von 25 m gefordert wird (vgl. SaarlVG, Urt. v. 27.02.2013 – 5 K 769/11 –, juris RdNr. 56). Im Einzelfall kann jedoch auch ein Abstand von nur 10 m zu einem benachbarten Wohnhaus zulässig sein (vgl. OVG RP, Urt. v. 30.04.2010 – 1 A 11294/09 –, a.a.O. RdNr. 41; BayVGH, Beschl. v. 07.09.2011 – 15 CS 11.835 –, a.a.O. RdNr. 21).

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Gemessen daran wendet die Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu Unrecht ein, allein aus dem (geringen) Abstand zwischen dem Pferdeoffenstall und dem Wohngebäude der Beigeladenen zu 2 könne nicht auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geschlossen werden. Der im Tatbestand des Urteils genannte Abstand zwischen dem Wohnhaus und den Boxen von etwa 17 m sowie zwischen dem Wohnhaus und den Paddocks von etwa 12 m (vgl. UA S. 4) ist durchaus ein wesentlicher Umstand bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Pferdehaltung. Das Verwaltungsgericht geht auch im Hinblick auf diese Abstände nicht von falschen Annahmen aus. Soweit es in den Entscheidungsgründen ausführt, die Klägerin habe den Offenstall in einer Entfernung von etwa 12,50 m zu den Ruheräumen errichtet (UA S. 14), ist hiermit angesichts der Angaben im Tatbestand des Urteils ersichtlich der Abstand zwischen Wohnhaus und Paddocks gemeint. Das Verwaltungsgericht schließt – anders als die Klägerin meint – auch nicht allein aus dem Standort des Vorhabens auf dessen Rücksichtslosigkeit. Vielmehr stellt das Gericht auf die mit der typischen Nutzung des Stalls einschließlich der täglichen Versorgung und Entmistung verbundenen Immissionen ab, die aufgrund des geringen Abstands zwischen dem Stall und dem Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 besonders intensiv sind. Als maßgeblich für den angenommenen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme wird zudem die Ausrichtung der Boxen mit Auslauf zum Wohnhaus der Beigeladenen zu 2 angesehen. Auch dies ist ein für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Pferdehaltung wesentlicher Umstand. Auf die Frage, ob es für das Vorhaben einen adäquaten Alternativstandort gibt, kommt es vor diesem Hintergrund für die Beurteilung der Rücksichtslosigkeit nicht mehr an.

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c) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht habe das wechselseitige Gebot der Rücksichtnahme im Rahmen der Prüfung der schädlichen Umwelteinwirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verkannt.

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Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass ihr Vorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich privilegiert sei, so ist dies nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB geprüft, im Ergebnis aber offen gelassen, ob das Vorhaben der Klägerin im Außenbereich privilegiert zulässig ist (vgl. UA S. 12 – 13). Welche Relevanz eine Privilegierung des Vorhabens für das Ergebnis des Rechtsstreits haben soll, wird von der Klägerin nicht näher ausgeführt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

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Das Verwaltungsgericht hat auch nicht – wie die Klägerin meint – übersehen, dass die Pferdehaltung bereits vor Errichtung des Wohnhauses der Beigeladenen zu 2 legal an diesem Standort bestanden habe. Es hat in den Entscheidungsgründen vielmehr festgestellt, dass die Klägerin ihre Flächen bereits seit Langem zur Pferdehaltung nutze und die Beigeladene zu 2 ihre Wohnnutzung erst deutlich später – nämlich im Jahr 2000 – und damit in Kenntnis der Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück aufgenommen habe. Zugleich hat das Verwaltungsgericht jedoch angenommen, dass dies die Beigeladene zu 2 nicht völlig schutzlos stellen könne und der Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht entgegenstehe.

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Zu Unrecht bemängelt die Klägerin, wegen der Lage im Außenbereich hätte bei der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme eine Abwägung vorgenommen werden müssen, bei der auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen sei mit der Folge, dass der Schutz des Wohnens gegenüber etwaigen landwirtschaftlichen Störungen stärker eingeschränkt sei als in allen anderen Baugebieten. Eine derartige Abwägung hat das Verwaltungsgericht vorgenommen. Es hat ausgeführt, die Beigeladene zu 2 müsse zwar im Hinblick auf die Lage ihres Grundstücks an der Grenze zum Außenbereich die mit dem Außenbereich zusammenhängenden Nutzungen dulden und auch Tiergeräusche und -gerüche hinnehmen. Sie könne deshalb nicht verlangen, dass die Fläche vor ihrem Grundstück überhaupt nicht mehr von Pferden betreten werde. Die konkrete Ausführung des Vorhabens bringe aber Beeinträchtigungen mit sich, die die Beigeladene zu 2 nicht hinnehmen müsse.

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Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht sei "entgegen ständiger Rechtsprechung" rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gelangt, dass die Vorbelastung für die vorhandene Wohnbebauung durch die seit Jahren an diesem Standort von ihr formell und materiell legal betrieben Pferdehaltung wegen der konkreten Ausführung des Vorhabens im Rahmen der Interessenabwägung folgenlos bleibe. Bei der im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme erforderlichen Interessenabwägung dürften bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben. Was von einem genehmigten Betrieb legal an Belastung verursacht werde und sich auf eine vorhandene Wohnbebauung auswirke, könne deren Schutzwürdigkeit mindern. Stießen – wie hier – Gebiete von unterschiedlicher Qualität aneinander, so seien auch sie mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Bei der Erweiterung eines legalen landwirtschaftlichen Betriebes sei nur zu prüfen, ob eine Verschlechterung der Immissionslage zu erwarten sei. Von diesen Grundsätzen hat sich das Verwaltungsgericht leiten lassen. Insbesondere hat es die für das Grundstück der Beigeladenen zu 2 bestehende Vorbelastung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.2006 – 4 B 80.05 –, juris RdNr. 6) bei der im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme erforderlichen Interessenabwägung nicht außer Betracht gelassen. Es hat vielmehr berücksichtigt, dass die Fläche vor dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 auch vor Errichtung des Stalls zur Pferdehaltung genutzt wurde. Ausdrücklich hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klägerin ihre Flächen bereits seit Langem zur Pferdehaltung nutze und dass die Beigeladene zu 2 ihre Wohnnutzung erst deutlich später und in Kenntnis der Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück aufgenommen habe. Aus dieser Vorbelastung folgt jedoch – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht zwingend, dass die Erweiterung der von der Klägerin betriebenen Pferdepension durch die Errichtung des Offenstalls zulässig ist. Die konkrete Ausführung des Vorhabens kann in Einzelfall gleichwohl rücksichtslos sein. Damit wird ihr Betrieb auch nicht – wie die Klägerin meint – schutzlos gestellt. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht nach einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls die konkrete Ausführung des Vorhabens der Klägerin – nachvollziehbar – für rücksichtslos gehalten.

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d) Unbegründet ist auch der Einwand der Klägerin, die fehlende Bestimmung des Gebietscharakters und der Gemengelage sowie die fehlende Prüfung der Wehrfähigkeit bzw. des Schutzbedürfnisses der angrenzenden Wohnbebauung hätten zu einer falschen Interesseabwägung im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme geführt. Die Klägerin macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe die Frage, welchem Gebietscharakter das Grundstück der Beigeladenen zu 2 zuzuordnen sei, rechtsfehlerhaft für nicht entscheidungserheblich gehalten und die Frage offen gelassen. Die Frage, in welchem Gebiet das Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege, sei aber entscheidungserheblich, denn danach bemesse sich deren Abwehrrecht. Wenn der Beigeladenen zu 2 kein nachbarschützendes Abwehrrecht zur Seite stehe, könnten von ihrem Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form der Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausgehen. Das Verwaltungsgericht hätte daher zunächst die Schutzbedürftigkeit bzw. die Wehrfähigkeit des Wohnhauses der Beigeladenen zu 2 bestimmen müssen. Erst dann könne innerhalb des am Vorhabenstandort bestehenden bodenrechtlichen Spannungsverhältnisses überhaupt erst eine sinnvolle Interessenabwägung im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme stattfinden. Das Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege im Außenbereich und habe entsprechend außenbereichstypische Immissionen zu dulden. Entsprechendes gelte für den Fall, dass das Nachbargrundstück an der Grenze zum Außenbereich in einem faktischen Dorfgebiet liege.

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Hiermit zeigt die Klägerin keine durchgreifenden Mängel des Urteils auf. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Grundstück der Beigeladenen zu 2 im Innenbereich an der Grenze zum Außenbereich liegt, und dass die mit dem Außenbereich zusammenhängenden Nutzungen grundsätzlich geduldet und auch Tiergeräusche und -gerüche grundsätzlich hingenommen werden müssen. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Annahme fehlerhaft ist, weil das Grundstück der Beigeladenen zu 2 nicht im Innenbereich, sondern im Außenbereich liegt, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, welche Konsequenzen sich hieraus für das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens ergeben sollen. Das Verwaltungsgericht war auch nicht verpflichtet, zu prüfen, ob das Grundstück der Beigeladenen zu 2 in einem faktischen Dorfgebiet liegt Das Verwaltungsgericht ist erkennbar davon ausgegangen, dass ein im Innenbereich wohnender Grundstückseigentümer grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, dass auf einem angrenzenden, bereits im Außenbereich befindlichen Grundstück keine Pferde gehalten werden, und eine Ausnahme hiervon nur dann gilt, wenn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird (vgl. SaarlVG, Urt. v. 11.05.2011 – 5 K 897/10 –, a.a.O. RdNr. 66; Urt. v. 27.02.2013 – 5 K 769/11 –, a.a.O. RdNr. 56). Eine weitergehende Einschränkung des Schutzanspruchs der Beigeladenen zu 2 gegenüber den von dem Pferdeoffenstall der Klägerin ausgehenden Immissionen würde sich auch nicht bei einer Lage ihres Grundstücks im Außenbereich oder in einem faktischen Dorfgebiet ergeben.

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Soweit die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht hätte für eine sinnvolle Interessenabwägung zunächst die "Schutzbedürftigkeit" bzw. "Wehrfähigkeit" des Nachbargrundstücks bestimmen müssen, missversteht sie die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, Voraussetzung für eine im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme vorzunehmenden Abwägung sei, daß derjenige, der ein Vorhaben abwehren wolle, eine abwägungserhebliche schutzwürdige Position gegenüber dem Vorhaben besitze. Rücksicht zu nehmen sei nur auf solche Interessen des Nachbarn, die wehrfähig seien, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung, die im materiellen Recht ihren Niederschlag gefunden habe, schützenswert seien. Fehle es hieran, so sei für Rücksichtnahmeerwägungen von vornherein kein Raum. Eine Interessenabwägung erübrige sich. Habe der Nachbar keine Stellung inne, die nach Maßgabe der Gesetze Schutz beanspruche, so stelle sich die Frage nach der Unzumutbarkeit nachteiliger Auswirkungen für ihn nicht (vgl. BVerwG, Urt v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 –, juris RdNr. 18). Diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehen sich auf eine Drittanfechtungsklage, bei der der Kläger als Nachbar die Aufhebung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung begehrt. Eine solche Klage habe nicht schon dann Erfolg, wenn die auf dem Grundstück des Nachbarn verwirklichte bauliche Nutzung zulässig und das auf dem anderen Grundstück genehmigte Vorhaben wegen eines Verstoßes gegen nicht nachbarschützende Vorschriften unzulässig sei. Notwendig sei vielmehr, dass sich der Nachbar auf eine nachbarschützenden Norm berufe (vgl. BVerwG, Urt v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 –, a.a.O. RdNr. 19). Diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht einschlägig, weil hier nicht die Beigeladene zu 2 gegen eine der Klägerin erteilte Baugenehmigung klagt. Vorliegend hat die Klägerin vielmehr eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung erhoben, die auch dann keinen Erfolg haben kann, wenn dem Vorhaben nicht nachbarschützende öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen. Zudem hat das Verwaltungsgericht die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Klägerin letztlich aus den hiermit verbundenen Immissionen hergeleitet. Das Interesse der Beigeladenen zu 2 an der Abwehr dieser Immissionen ist auch im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein wehrfähiges Interesse.

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2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen des von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmangels zuzulassen. Ein Verstoß gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegt nicht vor.

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a) Nicht durchgreifend ist die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe die gutachterliche Stellungnahme zu den vom Vorhaben ausgehenden und auf das Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen weder in den Entscheidungsgründen gewürdigt noch sonst einen Hinweis erteilt, warum und wie das Vorhaben geeignet sei, den einzigen Nachbarn zu beeinträchtigen. Das Verwaltungsgericht habe in keiner Weise darauf hingewiesen, dass diese Stellungnahme nicht ausreichend oder unerheblich sei. Hiermit ist ein Verstoß gegen die Gewährleitung rechtlichen Gehörs nicht dargetan.

28

Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs gebietet, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.11.1992 – 1 BvR 168/89 u.a. –, juris RdNr. 103). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten, die im Laufe des Verfahrens von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind, ausdrücklich zu würdigen. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten nicht eingeht, dem nach seiner eigenen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zentrale Bedeutung zukommt, lässt dies darauf schließen, dass es das entsprechende Vorbringen nicht berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.01.2018 – 8 B 19.17 –, juris RdNr. 17 m.w.N.).

29

Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht vorliegend nicht gegen die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verstoßen. Zwar geht es in den Entscheidungsgründen nicht näher auf die von der Klägerin vorgelegte gutachterliche Beurteilung der Geruchs- und Lärmimmissionen der (L.) GmbH vom 21.03.2014 ein. Jedoch zeigt der Tatbestand des angegriffenen Urteils, dass das Verwaltungsgericht die gutachterliche Stellungnahme zur Kenntnis genommen hat. Im Tatbestand des Urteils wird nämlich auf diese gutachterliche Stellungnahme hingewiesen und darüber hinaus mitgeteilt, dass die Gutachterin zu dem Ergebnis gelangt sei, mit der Pferdehaltung im Offenstall gingen keine erheblichen Auswirkungen auf die Beigeladene zu 2 einher (UA S. 5 – 6). Es liegen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass das Verwaltungsgericht die gutachterliche Stellungnahme nicht auch in Erwägung gezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat mit seiner Wiedergabe des Ergebnisses der gutachterlichen Stellungnahme zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass diese im Kern eine Einschätzung der Erheblichkeit der Auswirkungen des Betriebs des Pferdeoffenstalls auf das Grundstück der Beigeladenen zu 2 enthält. Diese Einschätzung wird vom Verwaltungsgericht nicht geteilt, wie sich aus den Ausführungen zum Gebot der Rücksichtnahme entnehmen lässt (UA S. 14 – 15). Das Verwaltungsgericht ist vielmehr wegen des geringen Abstands zwischen Stallgebäude und Wohnhaus und der Ausrichtung des Stallgebäudes in Richtung des Wohnhauses zu einer anderen Beurteilung der Erheblichkeit gelangt. Ein näheres Eingehen auf die gutachterliche Stellungnahme war nicht erforderlich, da diese im Kern auf einer abweichenden (subjektiven) Einschätzung der Gutachterin beruhte.

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Es liegt auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor. Insbesondere war das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, auf seine von der gutachterlichen Stellungnahme abweichende Beurteilung der Erheblichkeit der von dem Pferdeoffenstall ausgehenden Immissionen hinzuweisen.

31

Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Ein die § 108 Abs. 2, § 104 Abs. 1 und § 86 Abs. 3 VwGO verletzendes Überraschungsurteil ist dann gegeben, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.06.2017 – 4 B 48.16 –, juris RdNr. 5). Ansonsten besteht im Grundsatz keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten seine Auffassung jeweils vor dem Ergehen einer Entscheidung zu offenbaren. Ein Gericht muss die Beteiligten mithin grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.06.2017 – 4 B 48.16 –, a.a.O.).

32

Gemessen daran ist das Urteil keine unter Verletzung der Hinweispflicht ergangene unzulässige Überraschungsentscheidung. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand von Anfang an die Problematik der Zumutbarkeit bzw. Erheblichkeit der Auswirkungen des Pferdeoffenstalls auf das Grundstück der Beigeladenen zu 2. Insoweit konnte die Klägerin nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das Verwaltungsgericht der diesbezüglichen Würdigung der gutachterlichen Stellungnahme folgt. Sie musste vielmehr auch damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht dies anders beurteilt. Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, auf seine von der gutachterlichen Stellungnahme abweichende Einschätzung hinzuweisen, bestand vor diesem Hintergrund nicht.

33

b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, das Verwaltungsgericht sei "den vorgelegten Hofladerarbeitsstunden" sowie dem Beweisantritt, den Zeugen Hübner zu vernehmen, um zu erfragen, wann und wie lange der Hoflader auf dem Vorhabengrundstück in Betrieb genommen werde, nicht nachgekommen, obwohl es seine Entscheidung überraschend auf Seite 14 u.a. darauf stütze. Diese Rüge ist nicht nachvollziehbar.

34

Zunächst ist unklar, was die Klägerin damit meint, wenn sie rügt, das Verwaltungsgericht sei "den vorgelegten Hofladerarbeitsstunden" nicht nachgegangen. Darüber hinaus stützt das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auch nicht auf die genaue Betriebsdauer des Hofladers, die Gegenstand der Beweisanregung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 war. Vielmehr wird die Betriebsdauer des Holfladers in dem angegriffenen Urteil überhaupt nicht erwähnt. Demgemäß hat der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nicht beabsichtigt sei, der Beweisanregung zu folgen, da es auf diese Frage rechtlich nicht ankomme. Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, weshalb die Klägerin meint, das Gericht habe seine Entscheidung "überraschend" u.a. darauf gestützt.

35

c) Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht sei der beantragten Beiziehung der "Verfahrensakte in einem zivilrechtlichen Nachbarschaftsstreit angestrengt durch die Beigeladene" nicht nachgekommen, ist auch dies nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2016 zur Begründung ihrer Anträge auf das vor dem Landgericht schwebende Verfahren 5 O 258/15 Bezug genommen. Weshalb das Verwaltungsgericht die entsprechende Verfahrensakte hätte beiziehen sollen und weshalb die Unterlassung der Beiziehung eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs darstellen soll, trägt die Klägerin nicht vor. Dies ist auch nicht ersichtlich.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

37

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

38

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 26. Mai 2018 - 2 L 1/17

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 104


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB12/14
vom
29. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 29. Oktober 2015

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. Februar 2014 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Streitwert: 30.190,95 €

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2013 die Klage abgewiesen. Die klagende Rechtsanwältin legte gegen dieses ihr am 25. Oktober 2013 zugestellte Urteil Berufung ein. Das Oberlandesgericht verlängerte die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis 15. Januar 2014. Die Klägerin übermittelte ihre insgesamt 22 Seiten umfassende Berufungsbegründungsschrift per Telefax. Die erste Seite wurde am 15. Januar 2014 ab 23:52 Uhr übermittelt, die die Unterschrift tragende Seite erst am 16. Januar 2014 um 0:00 Uhr und die letzte Seite der Anlage erst am 16. Januar 2014 um 0:02 Uhr gesendet. Empfangen wurde das Telefax am 16. Januar 2014 um 0:03 Uhr.

2
Daraufhin beantragte die Klägerin mit am 20. Januar 2014 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags führte die Klägerin aus, dass sie den Schriftsatz am 15. Januar 2014 gegen 21:00 Uhr fertiggestellt und ausgedruckt habe, sodann aber einen durch Panikattacken oder Hyperventilationsanfälle ausgelösten körperlichen Zusammenbruch erlitten habe. Dieser habe zu einer bis nach 23:00 Uhr andauernden vollständigen Handlungsunfähigkeit geführt.
3
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind; die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie eine Entscheidung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
5
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe ein fehlendes Verschulden an der Fristversäumung nicht glaubhaft gemacht. Zwar könne eine Erkrankung grundsätzlich einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen. Kenne der Prozessbevollmächtigte seine krankheitsbedingte Schwäche oder Anfälligkeit, obliege es ihm, für den Fall einer vorhersehbaren plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands angemessene Vorsorge zu leisten. Da die Klägerin bereits seit 2009 an Panik- und Angstattacken leide, die wiederholt auch zu akuten anfallartigen Zuständen geführt hätten, immer in den Abendstunden aufträten und Notfallmedikationen, Sofortmaßnahmen von Familienangehörigen und Notarzteinsätze erfordert hätten, sei für die Klägerin vorhersehbar gewesen , dass es erneut zu einem Ausbruch der Erkrankung kommen konnte. Dieser Anfälligkeit für gerade in den Abendstunden auftretende plötzliche Erkrankungen sei die Klägerin nicht durch ausreichende Vorsichtsmaßnahmen begegnet.
6
2. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Insbesondere verletzt der angefochtene Beschluss weder das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) noch den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
7
a) Die Anforderungen, unter welchen Umständen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer Erkrankung des Rechtsanwalts zu gewähren ist, sind geklärt. Ebenfalls geklärt ist, dass ein Rechtsanwalt Vorkehrungen treffen muss, damit das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn der Rechtsanwalt unvorhergesehen ausfällt (BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9 mwN). Danach schließt die Krankheit eines Prozessbevollmächtigten das Verschulden an einer Versäumung einer Frist nur dann aus, wenn die Erkrankung für den Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar war (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 145/05, NJW 2006, 2412 Rn. 6 mwN). Eine Fristversäumung aufgrund einer Erkrankung des Prozessbevollmächtigten ist nur dann unvermeidbar, wenn die Krankheit plötzlich eintritt und unvorhersehbar war oder wenn sie so schwer ist, dass der Erkrankte zur Fristwahrung außerstande war (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 198/08, Rn. 5). Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt insoweit durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, als er einen solchen Ausfall vorhersehen kann (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 aaO; vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 18). Leidet der Prozessbevollmächtigte an einer Krankheit, die sporadisch und plötzlich zu akuten Erkrankungszuständen führt, muss er im allgemeinen damit rechnen, dass die plötzlichen Erkrankungszustände erneut auftreten können ; er ist deshalb verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen vornimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschluss vom 10. Mai 2006 aaO Rn. 7).
8
b) Das Berufungsgericht geht von diesen Grundsätzen aus. Es hat sodann in Anwendung dieser Grundsätze entschieden, dass die Klägerin nach der Art der ihr seit fast fünf Jahren bekannten Krankheit geeignete Vorkehrungen hätte treffen müssen, um bei einer plötzlich auftretenden Panikattacke gerade in den Abendstunden sicherzustellen, dass fristgebundene Arbeiten abgewickelt werden konnten. Diese Würdigung enthält keinen Rechtsfehler, der die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt.
9
Zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht die Sorgfaltsanforderungen an die Klägerin überspanne. Vielmehr beschränkt sich das Berufungsgericht darauf, dass die Klägerin geeignete Vorsorgemaßnahmen für gerade in den Abendstunden auftretende plötzliche Panikattacken treffen musste. Ebenso wenig geben die Angriffe der Rechtsbeschwerde auf die Würdigung des Berufungsgerichts einen Grund, der zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen könnte. Mit ihrer Annahme, die Panikattacke sei un- vorhersehbar gewesen, setzt die Rechtsbeschwerde nur ihre eigene Würdigung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Berufungsgericht habe ein Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand der Klägerin einholen müssen, verkennt sie, dass der Antragsteller das fehlende Verschulden glaubhaft zu machen hat (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und insoweit gemäß § 294 Abs. 2 ZPO auf präsente Beweismittel beschränkt ist. Ein vom Gericht erst einzuholendes Sachverständigengutachten über den gesundheitlichen Zustand der Klägerin zählt hierzu nicht. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, einen Entschuldigungsgrund etwa durch ein ärztliches Attest glaubhaft zu machen.
10
Soweit die Rechtsbeschwerde behauptet, es sei im Januar 2014 nicht mehr mit Anfällen zu rechnen gewesen, widerspricht dies dem eigenen Vortrag der Klägerin in ihrem Wiedereinsetzungsantrag, wonach zwar die Häufigkeit der Anfälle deutlich zurückgegangen sei, diese allerdings nicht auszuschließen seien. Aus der eidesstattlichen Versicherung des Ehemanns der Klägerin ergibt sich allein, dass sich die Abstände zwischen den akuten Anfällen vergrößert haben. Selbst in ihrer ergänzenden Stellungnahme hat die Klägerin lediglich behauptet, dass es seit Mitte/Ende 2011 zu keinem so akuten Zusammenbruch mehr gekommen sei, der die ansonsten aufgetretenen Auswirkungen und die Handlungsunfähigkeit der Klägerin auslöste. Das durfte das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der weiter erfolgenden, regelmäßigen Behandlungen und der Medikation ohne Rechtsfehler so verstehen, dass es auch in den Jahren 2012 und 2013 zu Panikattacken gekommen ist, die lediglich in ihren Auswirkungen hinter den vorherigen zurückblieben.
Vill Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.10.2013 - 1 O 1313/13 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 17.02.2014 - 13 U 1844/13 -

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. November 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin betreibt auf dem Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 141 (A-Straße) eine Pferdehaltung und einen mit Sand aufgefüllten ca. 900 m² großen Reitplatz. Seit Juni 2016 forderten die Beigeladenen vom Antragsgegner ein Einschreiten gegen den Betrieb des Reitplatzes, da von ihm erhebliche Staubbelästigungen ausgingen.

2

Mit Bescheid vom 11.05.2017 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin die Nutzung des Grundstücks als Reitplatz und gab ihr auf, die Nutzung zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzustellen (Ziffer 1). Ferner ordnete er die Beseitigung des gesamten Sandes innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides an (Ziffer 2). Schließlich untersagte er der Antragstellerin die Haltung von Pferden auf dem Grundstück mit der Maßgabe, dass die Haltung innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft des Bescheides einzustellen ist (Ziffer 3). Hinsichtlich der Ziffer 2 ordnete er die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung gab er u.a. an, für die baugenehmigungsbedürftige Nutzung des Grundstücks als Sandreitplatz, das Aufschütten von Sand und das Halten von Pferden sei keine Genehmigung erteilt worden. Da ein Antrag (der Beigeladenen) auf bauaufsichtliches Einschreiten vorliege, sei sein durch § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA eröffnetes Entschließungsermessen auf "Null" reduziert. Eine Heilung des rechtwidrigen Zustandes durch Erteilung einer Baugenehmigung sei nicht möglich. Das Grundstück befinde sich in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet, wo die Pferdehaltung, auch weil sie in der näheren Umgebung bodenrechtliche Spannungen auslöse und verstärke, planungsrechtlich unzulässig sei. Der Sandreitplatz, das Aufschütten von Sand und das Halten von fünf Pferden verstießen zudem gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Entfernung des gesamten Sandes sei geboten, weil der Sand, auch wenn der Reitplatz nicht durch die Pferde genutzt werde, bei entsprechend starkem Wind auf die gegenüberliegenden Grundstücke, insbesondere Terrassen, geweht werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Ziffer 2 der Verfügung sei erforderlich, weil nicht hingenommen werden könne, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf weiterhin die Nachbarschaft durch den Sandreitplatz gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt werde. Die Gesundheit der Nachbarn werde dadurch gefährdet, dass der mit den Ausscheidungen der Pferde kontaminierte Sand durch Windeinwirkung auf die umliegenden Grundstücke und Terrassen geweht werde; dadurch sei deren Nutzung (z.B. Kaffeetrinken und Grillen) nur sehr eingeschränkt möglich. Durch den Anfall von ca. 10 Litern fester und flüssiger Ausscheidungen entstünden nicht nur Gerüche, vielmehr sei insbesondere bei Hitze, schwüler Witterung und Windstille mit einer großen Zunahme von Fliegen, Mücken und Bremsen zu rechnen. Auch deshalb sei der Verzehr von Nahrungsmitteln (im Freien) bedenklich.

3

Auf den Antrag der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des am 23.05.2017 erhobenen Widerspruchs hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung wiederhergestellt und zur Begründung ausgeführt: Die Anordnung zur Beseitigung des Sandes sei voraussichtlich rechtswidrig. Sie sei unverhältnismäßig, weil auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten. Die Staubentwicklung könne im Wege eines milderen Mittels durch eine Bewässerung des Sandplatzes eingedämmt werden. Dadurch würden die Staubkörner gebunden und einer Aufwirbelung entgegengewirkt. Diese Vorgehensweise, die bereits die Beigeladenen angeregt hätten, könne im Wege einer Nutzungsauflage gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG i.V.m. § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA durchgesetzt werden. Darüber hinaus sei das Entfernen des Sandes für sich genommen nicht geeignet, etwaige durch Pferdehaltung verursachte Immissionen auszuschließen. Auch sei nicht mit einer Verringerung der Insektenzahl zu rechnen, die unmittelbar auf die Tierhaltung zurückzuführen sei; diesbezüglich sei (allein) die Nutzungsuntersagung zweckmäßig.

II.

4

A. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beigeladenen hat Erfolg.

5

1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beigeladenen sind durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts materiell beschwert, was Voraussetzung für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.1969 – BVerwG 4 C 83.66 –, juris, RdNr. 11; Urt. v. 10.12.1970 – BVerwG 8 C 84.69 –, juris RdNr. 12; Beschl. v. 16.12.2009 – BVerwG 3 C 24.09 –, juris, RdNr. 5; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2015, Vor § 124 RdNr. 46; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vor § 124 RdNr. 39). Ein Beigeladener muss geltend machen können, durch die angefochtene Entscheidung in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.1987 – BVerwG 3 C 2.86 –, juris, RdNr. 35; Beschl. v. 16.12.2009 – BVerwG 3 C 24.09 –, a.a.O. RdNr. 5; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., Vor §124 RdNr. 42). Es genügt nicht, wenn nur seine rechtlichen Interessen berührt sind (BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 – BVerwG 8 C 1.81 u.a. –, juris, RdNr. 13; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., Vor § 124 RdNr. 42). Der Beigeladene muss geltend machen können, aufgrund der Bindungswirkung der angefochtenen Entscheidung möglicherweise präjudiziell und unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt zu werden (BVerwG, Urt. v. 24.08.2016 – BVerwG 9 B 54.15 –, juris, RdNr. 6). Hebt das Verwaltungsgericht eine bauaufsichtliche Verfügung auf, die letztlich auf Veranlassung des beigeladenen Nachbarn ergangen ist, kann der beigeladene Nachbar eine eigene Rechtsverletzung geltend machen und ist damit materiell beschwert, wenn die Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch eine vom Antragsteller errichtete bauliche Anlage im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 14.12.1999 – 2 R 4/99 –, juris, RdNr. 22). Im vorliegenden Fall werden die Beigeladenen, die vom Antragsgegner ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Antragstellerin verlangt haben, möglicherweise dadurch in eigenen Rechten verletzt, dass der Sandreitplatz gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 13 Satz 1 BauO LSA verstößt.

6

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebieten die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

7

2.1. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen Ziffer 2 der Verfügung vom 11.05.2017 zu Unrecht wiederhergestellt. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus, weil diese Anordnung voraussichtlich rechtmäßig ist und zudem ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung besteht.

8

Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 79 Satz 1 BauO LSA die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Nach § 57 Abs. 2 BauO LSA haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzung, der Nutzungsänderung, der Instandhaltung und der Beseitigung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen.

9

Die Voraussetzungen für die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren streitgegenständliche Anordnung zur Beseitigung des Sandes liegen nach summarischer Prüfung vor.

10

2.1.1. Bei dem Reitplatz handelt es sich um eine bauliche Anlage und damit gemäß § 2 Abs. 1 um eine Anlage im Sinne der BauO LSA.

11

a) Es spricht Vieles dafür, dass das Auffüllen des Bodens mit Sand zur Herstellung eines für das Reiten geeigneten Untergrundes eine Aufschüttung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 BauO LSA darstellt, die wegen der Größe der Grundfläche von mehr als 30 m² nicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 9 BauO LSA verfahrensfrei wäre. Aufschüttungen sind künstliche Veränderungen der Erdoberfläche durch Niveauerhöhung, die für einen längeren Zeitraum bestimmt sind und nicht mit der Herstellung anderer baulicher Anlagen als Neben- oder Folgeergebnis verbunden sind, also einer selbständigen Betrachtung zugänglich sind (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 2 RdNr. 23, m.w.N.; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NW, § 2 RdNr. 14, m.w.N.). Es kann eine geringfügige Bodenerhöhung zum Zweck der Bodenverbesserung ausreichen; denn auch eine solche Bodenveränderung kann wegen der Art und der Beschaffenheit der aufgebrachten Materialien mit öffentlichen Belangen in Widerstreit geraten (vgl. OVG RP, Urt. v. 12.12.2001 – 8 A 10806/01 – BRS 64 Nr. 154). Dies bedarf aber keiner abschließenden Beurteilung.

12

b) Jedenfalls stellt der Reitplatz eine Sportfläche im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 BauO LSA und deshalb eine bauliche Anlage dar.

13

Bei einer Sportfläche handelt es sich von der Funktion her um eine solche Fläche, die der Ausübung einer Sportart bzw. mehrerer Sportarten dient. Weitere Voraussetzung ist, dass die Fläche in irgendeiner Weise von der Umgebung abgegrenzt und entsprechend den Zwecken der jeweiligen Sportart hergerichtet ist. Die Nutzung der Fläche zu dem genannten Zweck muss sich äußerlich sichtbar manifestieren. Hingegen setzt der Begriff der Sportfläche nicht weitergehend eine Bautätigkeit im engeren Sinne voraus. Es genügt etwa eine gemähte Grasfläche (zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 14.06.2010 – 7 A 2836/08 –, juris, RdNr. 29 ff., m.w.N.). Auch ein befestigter und mit einer Umwehrung umgebener Dressurplatz ist als Sportfläche anzusehen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 06.02.1984 – 6 A 40/83 –, BRS 42 Nr. 154). Da das Training ein Teil der Sportausübung ist, sind auch Trainingsplätze Sportplätze im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 BauO LSA (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.02.1991 – 4 TH 1130/89 –, juris, RdNr. 29).

14

Daran gemessen ist der streitige Reitplatz als Sportfläche im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 BauO LSA einzustufen. Er dient der Ausübung des Reitsports, ist von der Umgebung durch ein Gebäude, eine Mauer und einen Zaun abgegrenzt und für den Reitsport hergerichtet. Der Vortrag der Antragstellerin, der Platz werde nicht zu Trainingszwecken genutzt, sondern diene lediglich als Auslauf- und Bewegungsfläche für die Pferde für jeweils höchstens eine Stunde am Tag, ist nicht schlüssig dargetan und steht in Widerspruch zu den – auch fotografisch dokumentierten – Feststellungen des Antragsgegners und der Beigeladenen. Auf einer Reihe von Lichtbildern ist zu erkennen, dass sich auf dem Reitplatz Hindernisstangen befinden, die üblicherweise zum Trainieren für das Springreiten verwendet werden, und dass die Pferde dort auch zu Trainingszwecken geritten werden (vgl. Bl. 105, 147 bis 150, 254, 256 bis 262 und 274 des Verwaltungsvorgangs).

15

2.1.2. Der Sandreitplatz widerspricht öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

16

a) Er ist formell rechtswidrig, da er baugenehmigungspflichtig ist, aber weder für ihn selbst noch für die Anlage zur Pferdehaltung insgesamt eine Baugenehmigung erteilt wurde. Der Reitplatz fällt insbesondere nicht unter die in § 60 Abs. 1 Nr. 10 c) BauO LSA genannten verfahrensfreien Anlagen, die der zweckentsprechenden Einrichtung von Sportplätzen dienen. Über die Genehmigungsbedürftigkeit des Sportplatzes selbst sagt die Vorschrift nichts aus (vgl. Jäde, a.a.O., § 60 RdNr. 131; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NW, § 65 RdNr. 166, m.w.N.).

17

b) Der Sandreitplatz ist auch materiell baurechtswidrig.

18

aa) Dabei kann der Senat offen lassen, ob er bauplanungsrechtlich zulässig ist, insbesondere unabhängig von der Nutzung der übrigen auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen zur Pferdehaltung isoliert betrachtet werden kann und mit § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und § 15 Abs. 1 BauNVO vereinbar ist. Dies würde voraussetzen, dass er dem Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB unterfällt. Soweit man ihn – etwa wegen der geringen Stärke der Sandschicht – nicht als "Aufschüttung" qualifiziert, müsste er eine bauliche Anlage (auch) im Sinne dieser Vorschrift darstellen.

19

Liegt eine baulichen Anlage im Sinne des Bauordnungsrechts vor, folgt nicht – gewissermaßen automatisch –, dass sie auch eine baulichen Anlage im Sinne des Bauplanungsrechts darstellt (vgl. NdsOVG, Urt. v. 16.02.1995 – 1 L 6044/92 –, juris, RdNr. 13). Der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage ist im Vergleich zu dem entsprechenden Begriff des Bauordnungsrechts nicht schlechthin der weitere, sondern – was allerdings regelmäßig eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung nicht ausschließt – ein im Verhältnis zu ihm eigenständiger und insofern vom Landesrecht unabhängiger (BVerwG, Urt. v. 31.08.1973 – BVerwG IV C 33.71 –, juris, RdNr. 19, m.w.N.). Planungsrechtlich muss es sich um ein Vorhaben handeln, das – erstens – den verhältnismäßig weiten Begriff des "Bauens" erfüllt, das – zweitens – mit dem Boden fest verbunden ist und das – drittens – von (möglicher) bauplanungsrechtlicher Relevanz ist (BVerwG, Urt. v. 31.08.1973, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 16.02.1995, a.a.O.). Ob Plätze, auf denen eine bestimmte Nutzung beabsichtigt ist, den weiten Begriff des "Bauens" erfüllen, kann nur unter Würdigung der zur Errichtung des jeweiligen Platzes getroffenen Maßnahmen entschieden werden (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 RdNr. 33). So ist etwa in dem hier maßgebenden weiten Sinn ein Parkplatz oder Lagerplatz zwar schon dann "gebaut", wenn er auf seiner Oberfläche nur mit Baumaterial aufgefüllt oder sonst befestigt werden soll; andererseits kann ein völlig unbefestigter Platz keine "bauliche" Anlage sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.10.1977 – BVerwG IV C 47.75 –, juris, RdNr. 39; Beschl. v . 18.12.1995 – BVerwG 4 B 260.95 – juris, RdNr. 6). Ein Platz, der lediglich eingeebnet oder mit einer geringfügigen Aschenlage versehen ist, stellt keine bauliche Anlage dar; in derartigen Fällen liegen die Merkmale einer baulichen Anlage erst dann vor, wenn zusätzlich Einfriedungen oder sonstige bauliche Anlagen hinzukommen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O.).

20

Ob das Aufbringen einer Sandschicht auf dem bislang als Garten oder Freifläche genutzten Grundstücksteil innerhalb der dort bereits vorhandenen baulichen Umgrenzungen als ein "Bauen" im Sinne des Planungsrechts angesehen werden kann, bedarf hier aber keiner abschließenden Bewertung.

21

bb) Der Reitplatz erfüllt jedenfalls nicht die Anforderungen, die § 13 Satz 1 BauO LSA an die Anordnung, die Errichtung, Änderung und Instandhaltung von Anlagen im bauordnungsrechtlichen Sinne stellt. Danach müssen Anlagen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse, Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Der Schutzzweck dieser Vorschrift umfasst nicht nur den Schutz der Bewohner und Benutzer der Anlage selbst, sondern darüber hinaus auch den Schutz Dritter, also auch ggf. der Nachbarn gegenüber Einflüssen einer baulichen Anlage (vgl. Bauer, in: Jäde/Dirnberger, BauO LSA, § 13 RdNr. 3).

22

Nach summarischer Prüfung ist der Reitplatz der Antragstellerin nicht so beschaffen, dass unzumutbare Belästigungen der Nachbarschaft nicht entstehen. Vielmehr wird der dort aufgebrachte Sand bzw. Staub in nicht unerheblichem Umfang aufgewirbelt und auf nur wenige Meter entfernt liegende Wohngrundstücke geweht. Dies ist durch entsprechende Lichtbilder (vgl. Bl. 269 ff. des Verwaltungsvorgangs) sowie die Angaben weiterer Nachbarn (Bl. 269, 270 GA) glaubhaft gemacht worden.

23

Das Maß der Zumutbarkeit von Belästigungen dieser Art richtet sich nach dem Gebietscharakter. Im Bauplanungsrecht kommt dies in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Ausdruck. Danach sind bauliche und sonstige Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Soweit bauordnungsrechtliche Vorschriften einerseits und § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO andererseits gebieten, dass von Anlagen keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft ausgehen dürfen, stimmen diese Vorschriften im Ergebnis – aus tatsächlichen Gründen – regelmäßig überein (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.2000 – BVerwG 4 C 3.00 –, juris, RdNr. 14).

24

Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht nach summarischer Prüfung einem faktischen allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO. Der Antragsgegner hat im Verwaltungsverfahren eine Ortsbesichtigung durchgeführt und dabei eine umfangreiche Bilddokumentation erstellt (vgl. Bl. 92 bis 156 des Verwaltungsvorgangs), die diese Einschätzung rechtfertigt. Danach befinden sich in der näheren Umgebung des Grundstücks der Antragstellerin nahezu ausschließlich Wohnhäuser. Ferner sind noch ein Sanitärhandwerksbetrieb sowie ein kleiner Lebensmittelmarkt vorzufinden, die in einem allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO als ein der Versorgung des Gebiets dienender Laden bzw. Handwerksbetrieb allgemein zulässig sind.

25

Die Antragstellerin hat diese Einordnung als faktisches allgemeines Wohngebiet nicht in Frage stellen können. Sie hat im erstinstanzlichen Verfahren zur Untermauerung ihrer Auffassung, dass es sich um ein faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO handele, vorgetragen, dass die Gemeinde ländlich geprägt und von landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Haltung von Groß- und Kleintieren umgeben sei, sich im Ort und in der Umgebung verschiedene land- und forstwirtschaftliche Betriebe angesiedelt hätten und die Gemeinde historisch ebenfalls von der Landwirtschaft und der Tierhaltung geprägt sei, was bereits aufgrund der hohen Anzahl von landwirtschaftlich geprägter Bebauung in Form von vermehrt vorhandenen Drei- und Vierseitenhöfen nebst umfangreichen Scheunen und Stallungen ersichtlich sei; zudem sei eine umfangreiche Vegetation im gesamten Dorfgebiet erkennbar. Diese Gesichtspunkte genügen aber nicht, um von einem faktischen Dorfgebiet ausgehen zu können.

26

Ein Dorfgebiet dient gemäß § 5 Abs. 1 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetriebe, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, juris, RdNr. 33). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, juris, RdNr. 5).

27

Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, wo sich konkret in der hier maßgeblichen näheren Umgebung landwirtschaftliche Betriebe befinden sollen. Auch die von ihr vorgelegten Lichtbilder (Anlagenkonvolut A 13 zum Schriftsatz vom 08.06.2017, Bl. 207 bis 209) lassen eine solche Nutzung nicht erkennen. Es genügt nicht, dass sich in der näheren Umgebung früher einmal landwirtschaftliche Betriebe befunden haben und die Ortslage umgebende Außenbereichsflächen landwirtschaftlich genutzt werden.

28

In dem hier anzunehmenden faktischen allgemeinen Wohngebiet sind die oben dargestellten Beeinträchtigungen durch Sand- und Staubverwehungen jedenfalls für die nur wenige Meter entfernt liegenden Wohngrundstücke nicht zumutbar im Sinne von § 13 Satz 1 BauO LSA.

29

2.1.3. Die Anordnung zur Beseitigung des Sandes lässt auch keine Ermessensfehler erkennen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist diese Maßnahme nicht deshalb unverhältnismäßig, weil mit der Bewässerung des Reitplatzes ein ebenso geeignetes, aber für die Antragstellerin milderes Mittel zur Verfügung stünde, mit dem Belästigungen durch Staub- und Sandverwehungen vermieden werden können.

30

a) Diese Argumentation überzeugt schon deshalb nicht, weil die hier in Rede stehende Ziffer 2 der Verfügung im Zusammenhang mit den anderen im Bescheid vom 11.05.2017 verfügten Anordnungen gesehen werden muss. Mit der Verfügung verfolgt der Antragsgegner das Ziel, insgesamt die Nutzung des Grundstücks als Reitplatz und zur Pferdehaltung zu unterbinden. Die Anordnung zur Beseitigung des Sandes ist lediglich Teil der Gesamtmaßnahme. Geht man aber – wie der Antragsgegner – von der materiellen Baurechtswidrigkeit und damit auch von der fehlenden Genehmigungsfähigkeit dieser Nutzung aus, kommt die vom Verwaltungsgericht ins Auge gefasste Bewässerung des Sandplatzes, die in Gestalt einer "Nutzungsauflage" verfügt werden soll, nicht ernsthaft in Betracht; zumal nicht ersichtlich ist, dass der Sandbelag bei Wegfall der Pferdehaltung noch von Nutzen für die Antragstellerin sein könnte.

31

An der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung bestehen auch keine ernstlichen Zweifel. Die Haltung von Pferden, insbesondere auch der Betrieb eines Sandreitplatzes in einem allgemeinen Wohngebiet ist grundsätzlich unzulässig. Diese Nutzung ist in § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO nicht erwähnt und aufgrund der damit typischerweise verbundenen Störungen – Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen – mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets regelmäßig nicht vereinbar (VGH BW, Urt. v. 17.04.2013 – 5 S 3140/11 –, juris, RdNr. 44; Urt. v. 10.10.2003 – 5 S 1692/02 –, juris RdNr. 40; BayVGH, Beschl. v. 30.06.2014 – 9 ZB 13.911 –, juris, RdNr. 4; NdsOVG, Beschl. v. 19.11.2008 – 1 ME 233/08 –, juris, RdNr. 11; SaarlOVG, Beschl. v. 02.02.2009 – 2 B 439/08 –, juris, RdNr. 18). Pferdehaltung ist in allgemeinen Wohngebieten zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, als Kriterien für die Bewertung der Zumutbarkeit kommen zum Beispiel die Intensität und die Häufigkeit der von der Pferdenutzung ausgehenden Geruchs- und Geräuschimmissionen, die Anzahl der untergebrachten Pferde, die bauliche Nutzung des Baugrundstücks und seiner näheren Umgebung sowie vorhandene Vorbelastungen in Betracht (Beschl. d. Senats v. 29.07.2004 – 2 L 168/03 –, juris, RdNr. 6, m.w.N.). Ausnahmen kommen hiernach aber nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht, etwa wenn es sich um weiträumige Grundstücke handelt, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlauben oder wenn er derart am Ortsrand errichtet sei, dass er mehr der freien Landschaft, als einem Wohngebiet zugeordnet werden kann (BayVGH, Urt. v. 05.10.2009 – 15 B 08.2380 –, juris), oder bei diffusen Lagen und bei dörflichem Charakter der Umgebung (OVG RP, Urt. v. 30.04.2010 – 1 A 11294/09 –, RdNr. 35). Umstände dieser Art, die eine ausnahmsweise Zulässigkeit der Pferdehaltung auf dem Grundstück der Antragstellerin begründen könnten, sind aber nicht ersichtlich, insbesondere weil sich mehrere Wohngrundstücke in unmittelbarer Nähe des Reitplatzes befinden.

32

Die vom Verwaltungsgericht für ausreichend angesehene Bewässerung des Sandreitplatzes mag als Übergangslösung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Verfügung vom 11.05.2017 in Betracht zu ziehen sein, die das Gericht bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs als Auflage nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO anordnen könnte. Als milderes Mittel kommt sie unter Berücksichtigung des Gesamtzwecks der Verfügung aber nicht in Betracht.

33

b) Aber auch wenn man die Anordnung zur Beseitigung des Sandes isoliert betrachtet, stellt eine "Nutzungsauflage" zur Bewässerung des Sandreitplatzes gegenüber der Anordnung zur vollständigen Beseitigung des Sandes kein gleich geeignetes Mittel zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen für die nur wenige Meter entfernt liegenden Wohngrundstücke dar. Zwar mag sich mit einer regelmäßigen Bewässerung die Staubentwicklung eindämmen lassen. Zu Recht wenden die Beigeladenen aber ein, dass es kaum eine Möglichkeit geben wird, den Reitplatz so zu bewässern, dass es zu keinen unzumutbaren Beeinträchtigungen der Nachbarschaft kommen wird. Dazu müsste, insbesondere bei Trockenheit, auch wenn die Pferde nicht geritten werden, eine häufige – u.U. kostenintensive – Bewässerung vorgenommen werden, die offenbar in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat und die vom Antragsgegner auch nur schwer zu kontrollieren wäre. Es ist nicht erkennbar, wie etwa eine Nutzungsauflage so gestaltet werden könnte, dass sie in Bezug auf die Intensität und Häufigkeit der Bewässerung den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten genügt und zugleich gewährleistet, dass keine für die Nachbarschaft unzumutbare Staubentwicklung oder Sandverwehung stattfindet.

34

Vor diesem Hintergrund hält der Senat es auch nicht für zweckmäßig, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO mit einer Auflage zur Bewässerung des Reitplatzes anzuordnen.

35

2.1.4. Es besteht auch das vom Antragsgegner angenommene besondere öffentliches Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung von Ziffer 2 der Verfügung, das er gemäß den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend begründet hat. Insoweit genügt es, dass es durch die vom Reitplatz ausgehenden Sand- und Staubverwehungen zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für mehrere benachbarte Wohngrundstücke kommt. Es lässt sich auch nicht die Gefahr von der Hand weisen, dass es aufgrund der mit Ausscheidungen der Pferde in Berührung gekommenen Sand bzw. Staub zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachbarn kommen kann.

36

2.2. Die Beigeladenen würden ferner durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wenn diese aufrechterhalten bliebe, in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt (vgl. zu dieser Voraussetzung für den "Erfolg" eines Rechtsmittels eines Beigeladenen etwa BVerwG, Beschl. v. 05.03.1998 – BVerwG 4 B 153.97 –,https://www.juris.de/r3/?docId=WBRE410004438&docFormat=xsl&docPart=K juris; SaarlOVG, Urt. v. 14.12.1999, a.a.O., RdNr. 30). Sie können sich darauf berufen, dass die auch ihrem Schutz dienende nachbarschützende Vorschrift des § 13 Satz 1 BauO LSA voraussichtlich dadurch verletzt wird, dass ihr nur wenige Meter vom Sandreitplatz entferntes Wohngrundstück durch Sand- und Staubverwehungen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.

37

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie im erstinstanzlichen Verfahren einen Sachantrag gestellt, das Rechtsmittel eingelegt und sich so jeweils dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben.

38

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.

39

D. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.