Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 09. Feb. 2016 - 4 MB 6/16

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2016:0209.4MB6.16.0A
bei uns veröffentlicht am09.02.2016

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 14. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der aus Ägypten stammende Antragsteller reiste nach der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 1. Januar 2012 mit einem Visum zum Familiennachzug in das Bundesgebiet ein. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 26. Januar 2013 erteilt. Am 24. Januar 2013 stellte er einen Verlängerungsantrag. Wegen unterschiedlicher Meldeanschriften ging die Ausländerbehörde davon aus, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe, und erteilte Fiktionsbescheinigungen. Der Antragsteller beantragte in der Folgezeit weitere Aufenthaltstitel, u.a. am 16. Juli 2013 eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung.

2

Mit Verfügung vom 17. April 2015 lehnte das Bezirksamt X (B-Stadt) die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Der Antragsteller erhob Widerspruch und teilte mit, er sei seit dem 1. Juni 2015 in A-Stadt (Schleswig-Holstein) wohnhaft. Das Bezirksamt X vertrat mit Schreiben vom 26. Juni 2015 die Auffassung, durch den Wegzug sei das Verfahren erledigt, und hob die Verfügung vom 17. April 2015 auf. Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 erklärte das Bezirksamt, nach Prüfung der Sach- und Rechtslage sei festzustellen, dass die Zuständigkeit bei dem Bezirksamt verbleibe. Die Verfügung vom 17. April 2015 sei nicht im Rechtssinne aufgehoben worden. Hilfsweise werde die Aufhebung zurückgenommen. Mit Schreiben vom 10. August 2015 stellte das Bezirksamt „verbindlich“ fest, dass die Verfügung vom 17. April 2015 mit dem Schreiben vom 26. Juni 2015 wirksam zurückgenommen worden sei. Die zunächst angedachte Rücknahme der Rücknahme komme aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht in Betracht.

3

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mangels örtlicher Zuständigkeit ab. Hilfsweise würden sämtliche Anträge aus den Gründen des Bescheides des Bezirksamts X vom 17. April 2015 abgelehnt. Hinsichtlich des Antrags zu § 18 AufenthG werde ergänzt, dass ein nahtloser Wechsel des Aufenthaltszwecks hin zu einem Arbeitsaufenthalt nicht in Betracht komme.

4

Der Antragsteller erhob Widerspruch. Seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Januar 2016 abgelehnt. Für eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung sei das Visumserfordernis nicht erfüllt.

5

Gegen den am 20. Januar 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die am 2. Februar 2016 eingegangene und begründete Beschwerde des Antragstellers.

II.

6

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Beschwerde aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

7

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

8

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig. Der Antragsteller verfolgt die erstinstanzlich anhängig gemachten Rechtsschutzanträge ausweislich des Antrags in der Beschwerdeschrift noch insoweit, als er die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 28. Dezember 2015 begehrt. Dieser Antrag ist unter dem Gesichtspunkt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einen belastenden Verwaltungsakt darstellt und der Widerspruch hiergegen gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat.

9

Die belastende Wirkung ergibt sich daraus, dass der Versagungsbescheid vom 28. Dezember 2015 die durch den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 24. Januar 2013 ausgelöste Fiktionswirkung gemäß §81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beendet. Dagegen spricht im Ergebnis nicht, dass der Antragsgegner den Antrag wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit abgelehnt hat. Allerdings wird die Fiktionswirkung dann nicht beendet, wenn die Ausländerbehörde die Ablehnung lediglich damit begründet, dass die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Die Fortbestehensfiktion gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG soll die sich aus der bisherigen Rechtsstellung des Ausländers ergebenden Rechtswirkungen aufrechterhalten, solange der Antrag auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels anhängig ist, d.h. bis er durch eine Sachentscheidung erledigt wird. Der Antrag muss vollständig beschieden werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand 2014, AufenthG § 81 Rn. 41; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier, GK-AufenthG, Stand 2015, § 81 Rn. 23). Das ist nicht nur dann zu verneinen, wenn die geltend gemachten Aufenthaltszwecke nicht vollständig abgearbeitet werden, sondern erst recht dann, wenn eine Entscheidung in der Sache überhaupt nicht ergeht.

10

Im vorliegenden Fall ist die Fiktionswirkung deshalb beendet worden, weil der Antragsgegner hilfsweise für den Fall, dass seine örtliche Zuständigkeit eingetreten sein sollte, in eine Sachprüfung eingetreten und sämtliche Anträge aus den Gründen des Bescheides vom 17. April 2015, ergänzt durch eigene Erwägungen, abgelehnt hat. Diese Hilfsbegründung ist tragend, da der Antragsgegner für die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis örtlich zuständig ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Verbandskompetenz (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 5/11 -, juris Rn. 17) mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers nach A-Stadt von dem Land B-Stadt auf das Land Schleswig-Holstein übergegangen und der Antragsgegner gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a LVwG örtlich zuständig geworden ist. Gegen die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts kann nicht eingewandt werden, dass der Aufenthalt des Antragstellers aufgrund des Bescheides vom 17. April 2015 auf das Gebiet des Landes B-Stadt beschränkt war (§§ 61 Abs. 1 Satz 1, 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG), da diese Beschränkung mit der Aufhebung jenes Bescheides entfallen ist.

11

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist jedoch unbegründet. Das Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet überwiegt nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, denn der Bescheid vom 28. Dezember 2015 ist offensichtlich rechtmäßig.

12

Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, die Aufenthaltserlaubnis könne nicht zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft gemäß §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG oder als eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 AufenthG verlängert werden. Auch die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 AufenthG sieht es nicht als gegeben an. Dagegen wendet sich die Beschwerdebegründung nicht. Der Antragsteller macht lediglich geltend, die Voraussetzungen einer Erteilung nach § 18 AufenthG lägen vor. Damit dringt er nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung an der fehlenden Durchführung des Visumsverfahrens scheitert. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. Für längerfristige Aufenthalte ist gemäß § 6 Abs. 3 Satz1 AufenthG ein nationales Visum erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Der Antragsteller besitzt kein Visum zur Ausübung einer Beschäftigung.

13

Von der Durchführung des Visumsverfahrens kann nicht gemäß § 39 Nr. 1 AufenthV abgesehen werden. Danach kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er ein nationales Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Diese Voraussetzung ist im Fall des Antragstellers nicht erfüllt. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bis zum 26. Januar 2013 erteilt. Erst nachdem dieser Aufenthaltstitel abgelaufen war, nämlich am 16. Juli 2013, hat er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18 AufenthG beantragt. Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dieser Antrag sei verspätet, hält die Beschwerdebegründung entgegen, damit werde die Bedeutung der Fiktionswirkung verkannt. Das überzeugt nicht. Zwar galt die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft infolge des Verlängerungsantrags vom 24. Januar 2013 gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als fortbestehend. Soweit es - wie hier - um die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels geht, steht diese Fiktion dem Besitz der Aufenthaltserlaubnis jedoch nur dann gleich, wenn es tatsächlich zu einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt (BVerwG, Urteil vom 30. März 2010 - 1 C 6/09 -, juris Rn. 19 ff.; Beschluss vom 6. März 2014 - 1 B 17/13 -, juris Rn. 6 f.). Nach dem Willen des Verordnungsgebers zielt § 39 Nr. 1 AufenthV darauf ab, dass ein Ausländer, der bereits im Bundesgebiet ansässig ist, einen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde einholen kann, ohne zuvor ausreisen zu müssen. Maßgeblich dafür ist der Besitz eines Aufenthaltstitels, der die Perspektive für einen Daueraufenthalt eröffnet. Deshalb reicht etwa der Besitz eines Schengen-Visums nicht aus (BR-Drs. 731/04, S. 182). Dementsprechend kann auch die Fortbestehensfiktion, die im Sinne einer Überbrückungsfunktion lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag Rechtswirkungen entfaltet, den Tatbestand des § 39 Nr. 1 AufenthV nicht ausfüllen. Würde die Fiktionswirkung eine materiellrechtliche Rechtsposition vermitteln, so würde dies die Stellung unbegründeter Verlängerungsanträge und eine Verzögerung des Verfahrens durch den Antragsteller geradezu herausfordern. Sie würde es auch der Ausländerbehörde ermöglichen, durch den Zeitpunkt ihrer Entscheidung Einfluss auf die materielle Rechtslage zu nehmen. Dies war vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt. Die Fiktionswirkung zielt darauf ab, dass ein Antragsteller durch die verspätete Entscheidung über seinen Antrag nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll, als wenn die Behörde alsbald entschieden hätte (BVerwG, Urteil vom 30. März 2010, a.a.O. Rn. 21 f.).

14

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner die Voraussetzungen verneint, unter denen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG von der Durchführung des Visumsverfahrens abgesehen werden kann. Die Norm setzt - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines Anspruchs auf Erteilung - voraus, dass es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumsverfahren nachzuholen. Das Verwaltungsgericht hat in die erforderliche Abwägung zu Gunsten des Antragstellers den mittlerweile vierjährigen Aufenthalt in Deutschland eingestellt, diesen Gesichtspunkt jedoch deshalb nicht für ausschlaggebend gehalten, weil sich bei dem Antragsteller ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass ihm der Aufenthalt zu anderen Zwecken als dem der Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft erlaubt werde, nicht habe bilden können. Der Antragsteller wendet dagegen ein, es müsse auch berücksichtigt werden, dass er über ein Beschäftigungsverhältnis, Wohnraum und Krankenversicherungsschutz verfüge. Das verfängt nicht. Solche Anzeichen für eine Aufenthaltsverfestigung sind nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit der Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (hier gemäß § 28 Abs. 5 AufenthG a.F.) nichts Ungewöhnliches und rechtfertigen nicht die Annahme eines Ausnahmefalls im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller - wie naheliegend - gegenwärtig nicht über Arbeit, Krankenversicherungsschutz und eigenen Wohnraum in seinem Heimatland verfügt. Allenfalls kommt es auf die zu erwartenden Lebensbedingungen während der Dauer des durchzuführenden Visumsverfahrens an. Dazu enthält die Beschwerdebegründung nichts. Die weiteren vom Antragsteller genannten Umstände - angeblich keine Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigung in einer Flüchtlingsunterkunft - lassen einen Bezug zum Kriterium der Unzumutbarkeit nicht erkennen. Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, in vergleichbaren Fällen sei von einer Nachholung des Visumsverfahrens abgesehen worden. Diese Fälle werden nicht konkret geschildert; ggf. bestünde ohnehin kein Anspruch auf Beibehaltung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

15

Unabhängig davon, dass für eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung das Visumsverfahren durchzuführen ist, scheitert die Erteilung auch daran, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht nach § 39 AufenthG zugestimmt hat (§ 18 Abs. 2 AufenthG). Diese Zustimmung ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BeschV entbehrlich. Der Antragsteller müsste dafür nicht nur eine bestimmte Vorbeschäftigungs- oder Voraufenthaltszeit vorweisen, sondern auch eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Das für die Erteilung des Aufenthaltstitels maßgebliche konkrete Arbeitsplatzangebot (§ 18 Abs. 5 AufenthG) datiert vom 18. Dezember 2015. Zu diesem Zeitpunkt galt die Aufenthaltserlaubnis lediglich gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als fortbestehend. Gleiches würde gelten, wenn auf den Zeitpunkt der Antragstellung (16. Juli 2013) abzustellen wäre. Die Fiktionswirkung steht nach ihrem dargestellten Zweck dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nur dann gleich, wenn es tatsächlich zu einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt. Anderenfalls hätte sich der Antragsteller die Zustimmungsfreiheit schon durch einen bloßen (formellen) Verlängerungsantrag verschafft (OVG Berlin, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 3 S 82.14 -, juris Rn. 5; ähnlich Welte, Jurion-Onlinekommentar zum AufenthG, Stand 2015, § 18 Rn. 28; zur Vorgängerregelung in § 3b Abs. 1 BeschVerfV vgl. VGH München, Beschluss vom 10. April 2013 - 19 CS 13.141 -, juris Rn. 18).

16

Mit dem Einwand, der Antragsgegner habe auf den uneingeschränkten Antrag nicht jede für den Aufenthalt in Betracht kommende Anspruchsgrundlage geprüft, kann der Antragsteller nicht gehört werden. Es ist nicht vorgetragen, welche Anspruchsgrundlagen damit gemeint sind und woraus sich die Relevanz für das hiesige Rechtsschutzbegehren ergeben soll.

17

Unerheblich ist, dass der Antragsgegner den Antragsteller nicht zur Ausreise aufgefordert hat. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Eine solche Verfügung ist keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides; durch ihr (vorläufiges) Unterbleiben ist der Antragsteller nicht beschwert.

18

Zu Unrecht vermisst der Antragsteller weitergehende Ausführungen dazu, warum eine sofortige Vollziehung geboten sei. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, so bedarf es in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage - wie hier - kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, nicht noch zusätzlich einer gesonderten Begründung für das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (Senat, Beschluss vom 6. August 1991 -4M 109/91 -, juris Rn. 3).

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.

20

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn1.er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besit

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(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Abschnitt setzt voraus, dass

1.
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt,
2.
die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat; dies gilt nicht, wenn durch Gesetz, zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch die Beschäftigungsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist; in diesem Fall kann die Erteilung des Aufenthaltstitels auch versagt werden, wenn einer der Tatbestände des § 40 Absatz 2 oder 3 vorliegt,
3.
eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist, soweit diese erforderlich ist,
4.
die Gleichwertigkeit der Qualifikation festgestellt wurde oder ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss vorliegt, soweit dies eine Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist, und
5.
in den Fällen der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a oder § 18b Absatz 1 nach Vollendung des 45. Lebensjahres des Ausländers die Höhe des Gehalts mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, es sei denn, der Ausländer kann den Nachweis über eine angemessene Altersversorgung erbringen. Von den Voraussetzungen nach Satz 1 kann nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht, abgesehen werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(3) Fachkraft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ausländer, der

1.
eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
2.
einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

(4) Aufenthaltstitel für Fachkräfte gemäß den §§ 18a und 18b werden für die Dauer von vier Jahren oder, wenn das Arbeitsverhältnis oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet sind, für diesen kürzeren Zeitraum erteilt. Die Blaue Karte EU wird für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre beträgt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Tatbestand

1

Die in der Türkei lebende Klägerin erstrebt die Befristung der Wirkungen ihrer Abschiebungen aus den Jahren 1988 und 2005, um anschließend ein Visum zum Familiennachzug zu ihrem in Berlin lebenden Sohn zu erlangen.

2

Die 1934 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie reiste im Oktober 1984 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Im Rahmen des Asylverfahrens wurde sie im Januar 1985 der Stadt S. im Hochsauerlandkreis (Nordrhein-Westfalen) zugewiesen und nahm dort ihren Wohnsitz. Nach Ablehnung ihres Asylantrags wurde sie zur Ausreise aufgefordert, befolgte die Aufforderung jedoch nicht. Daraufhin erhielt sie mehrfach verlängerte förmliche Duldungen. Am 30. April 1988 wurde sie auf Veranlassung des Landrats des beigeladenen Hochsauerlandkreises abgeschoben.

3

Die Klägerin reiste nach eigenen Angaben im Januar 2005 erneut nach Deutschland ein und stellte einen weiteren Asylantrag. Am 22. Januar 2005 wurde gegen sie auf Antrag des Beigeladenen, in dessen Bezirk sie sich aufhielt, Abschiebungshaft angeordnet. Nachdem der Asylfolgeantrag der Klägerin abgelehnt worden war, wurde sie auf Betreiben des Landrats des Hochsauerlandkreises am 13. April 2005 erneut in die Türkei abgeschoben.

4

Im Februar 2006 beantragte die Klägerin beim Landrat des Hochsauerlandkreises, die Wirkung ihrer Abschiebungen von 1988 und 2005 mit sofortiger Wirkung zu befristen. Sie führte dazu aus, sie leide an altersbedingten Krankheiten und vertraue darauf, die notwendige Lebenshilfe bei ihrem in Berlin lebenden Sohn erlangen zu können. Mit der Aufhebung der Sperrwirkung solle eine der Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass ein Visum zum Familiennachzug erwirkt werden könne.

5

Der Landrat des Hochsauerlandkreises befristete die Wirkung der Abschiebungen mit Bescheid vom 3. April 2006 auf den 30. April 2010. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhobene Klage wurde im April 2008 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Landrat des Hochsauerlandkreises sei im Hinblick auf die begehrte Befristungsentscheidung nicht passiv legitimiert. Nach § 4 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) sei diejenige Ausländerbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Dies sei dort der Fall, wo der Ausländer sich aufhalte beziehungsweise aufhalten wolle. Im Fall der Klägerin sei daher das Land Berlin zuständig, da sie hinreichend konkret beabsichtige, ihren künftigen Aufenthalt bei ihrem Sohn in Berlin zu nehmen. Im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der Berufung wurde auf Vorschlag des Oberverwaltungsgerichts Münster der Befristungsbescheid vom 3. April 2006 aufgehoben. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. In dem Einstellungsbeschluss erlegte das Oberverwaltungsgericht der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf und bezog sich zur Begründung u.a. auf seine Rechtsprechung, wonach für die Befristungsentscheidung die Ausländerbehörde örtlich zuständig sei, in deren Bezirk sich der Ausländer nach seiner Einreise begeben wolle (Beschluss vom 11. März 2008 - 18 B 210/08 - InfAuslR 2008, 250).

6

Die Klägerin beantragte daraufhin im Dezember 2009 bei der Ausländerbehörde des beklagten Landes Berlin, die Wirkungen der Abschiebungen von 1998 und 2005 mit sofortiger Wirkung zu befristen. Dabei gab sie an, dass sie beabsichtige, nach der Befristungsentscheidung ein Visum für den Nachzug zu ihrem in Berlin lebenden Sohn zu beantragen. Die Ausländerbehörde des Beklagten teilte der Klägerin mit, dass sie sich für die Bescheidung des Befristungsbegehrens als nicht zuständig ansehe und den Antrag daher an die zuständige Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises abgegeben habe. Der Landrat des Hochsauerlandkreises setzte die Ausländerbehörde des Beklagten im Februar 2010 darüber in Kenntnis, dass nach seiner Auffassung nicht er, sondern der Beklagte für die Befristungsentscheidung zuständig sei, und erteilte zugleich sein Einvernehmen mit einer Entscheidung des Beklagten.

7

Im März 2010 hat die Klägerin Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten zur sofortigen Befristung der Wirkungen der Abschiebungen von 1988 und 2005 begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2011 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin habe keinen Befristungsanspruch gegen den Beklagten, weil dieser nicht sachentscheidungsbefugt sei. Das Land Nordrhein-Westfalen dürfe Regelungen nur zur landesinternen örtlichen Zuständigkeit treffen, nicht aber die Zuständigkeit der Behörde eines anderen Bundeslandes anordnen. Enthalte das Bundesrecht, wie hier, keine ausdrückliche Regelung zu der Frage, welche Behörde in welchem Bundesland zuständig sei, müsse diese Frage aus dem materiellen Bundesrecht beantwortet werden. Aus den insofern maßgeblichen Regelungen des Aufenthaltsgesetzes ergebe sich, dass für die Entscheidung über die Befristung der Wirkungen einer Abschiebung regelmäßig - und so auch hier - allein diejenige Behörde sachentscheidungsbefugt sei, die die Abschiebung veranlasst habe. Denn diese habe durch die Veranlassung der Abschiebung die alleinige Regelungsbefugnis in Bezug auf die Wirkungen der Abschiebung erlangt. § 11 Abs. 1 AufenthG regele als grundsätzliche Wirkung jeder Abschiebung, dass sie die Einreise des abgeschobenen Ausländers dauerhaft verhindere. Die Befristung stelle eine Beschränkung der Wirkungen der Abschiebung dar. Diese Beschränkung habe stets durch die Behörde zu erfolgen, die die Abschiebung veranlasst habe. Werde eine Beschränkung nachträglich verfügt, handele es sich materiell um eine teilweise Aufhebung (Rücknahme, Widerruf) der ursprünglichen Abschiebungsentscheidung. Für Rücknahme und Widerruf gelte der bundesrechtliche Grundsatz, dass sie nur diejenige Behörde verfügen dürfe, die die zurückzunehmende oder zu widerrufende Entscheidung erlassen habe. Dies sei nur anders, wenn Bundesrecht ausdrücklich die Sachentscheidungskompetenz einer anderen Behörde zuweise, was im Falle der nachträglichen Befristung der Ausweisung nicht der Fall sei.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen, die von der Klägerin mit Zustimmung des Beklagten eingelegt worden ist. Die Revision beruft sich darauf, dass der Bund keine verbindliche Regelung der Zuständigkeit treffen könne. Eine hierfür früher bestehende Kompetenz sei durch das Zuwanderungsgesetz entfallen. Aus Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes könne eine Zuständigkeit der die Abschiebung verfügenden Behörde ebenfalls nicht abgeleitet werden. Dass für die nachträgliche Befristung die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet sein könne, folge auch aus § 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach die Ausgangsbehörde bei einer Entscheidung der infolge Ortswechsels nunmehr zuständigen Ausländerbehörde zu beteiligen sei. Eine Zuständigkeit des Beklagten ergebe sich aus dem für den Bereich der Gefahrenabwehr geltenden Grundsatz, dass die Behörde zuständig sei, in deren Bereich sich die dem Ausländer zugeschriebene Gefahr potentiell realisiere. Das sei im Fall der angestrebten Einreise aus dem Ausland das Land Berlin, da die Klägerin dort ihren Wohnsitz nehmen wolle.

9

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Im Übrigen vertritt er die Auffassung, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach den in § 3 VwVfG festgelegten Grundsätzen bestimme. Danach sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG der Hochsauerlandkreis örtlich zuständig, weil die Klägerin in dessen Bezirk ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren beteiligt und schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des Beklagten an.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Klägerin, des Beigeladenen und des Vertreters des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verhandeln und entscheiden, da diese in der Ladung darauf hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihren Anspruch auf die Befristung der Wirkungen der in den Jahren 1988 und 2005 verfügten Abschiebungen nicht gegenüber dem beklagten Land Berlin geltend machen kann, weil dieses für die Befristungsentscheidung nicht zuständig ist.

12

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei aufenthaltsrechtlichen Verpflichtungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung in der Tatsacheninstanz (hier: 27. Januar 2011). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind nach der Rechtsprechung des Senats allerdings zu beachten, wenn das Tatsachengericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgebliche Rechtsgrundlage für die erstrebte Befristung der Wirkungen der Abschiebungen von 1988 und 2005 ist daher das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854). Damit sind insbesondere auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 - zu beachten.

13

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG haben die 1988 und 2005 durchgeführten Abschiebungen der Klägerin zur Folge, dass sie nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich hier aufhalten darf. Ihr darf nach Satz 2 der Vorschrift auch kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Nach Satz 3 sind die Wirkungen der Abschiebungen aber auf Antrag, wie er hier gestellt wurde, zu befristen. Die Frist ist nach Satz 4 unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Da die Klägerin nicht aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde und Anhaltspunkte für eine von der Klägerin ausgehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung weder vorgetragen noch ersichtlich sind, dürften nach dem mittlerweile erfolgten Ablauf der Fünfjahresfrist die materiellen Voraussetzungen für die Befristung der Wirkungen der Abschiebungen vorliegen. Allerdings ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung über das Befristungsbegehren nicht in der Kompetenz des beklagten Landes Berlin liegt.

14

1. Dass der Beklagte für die erstrebte Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nicht zuständig ist, ergibt sich allerdings nicht aus dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Grundsatz, dass die Behörde, die die Abschiebung verfügt hat, stets auch für die Befristung ihrer Wirkungen zuständig sei. Ein solcher Grundsatz lässt sich weder dem Aufenthaltsgesetz noch dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht entnehmen.

15

Das Aufenthaltsgesetz trifft in § 71 AufenthG nur eine Regelung über die sachliche Zuständigkeit. Danach sind die Ausländerbehörden für aufenthaltsrechtliche Entscheidungen nach diesem Gesetz - und somit auch für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG - zuständig. Anders als das Ausländergesetz 1965 regelt das Aufenthaltsgesetz jedoch - von wenigen Einzelfällen abgesehen (vgl. etwa § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG) - nicht die örtliche Zuständigkeit der zur Entscheidung berufenen Ausländerbehörde. Damit besteht für die nachträgliche Befristung der Wirkungen einer Ausweisung oder Abschiebung sowie deren nachträgliche Änderung auch nicht mehr die noch in § 15 Abs. 1 Satz 3 AuslG 1965 geregelte Annexkompetenz der Behörde, die den Ausländer ausgewiesen oder abgeschoben hat. Vielmehr berücksichtigt das Aufenthaltsgesetz - wie zuvor schon das Ausländergesetz 1990 - mit Rücksicht auf die Kompetenz der Länder zur eigenverantwortlichen Ausführung von Bundesgesetzen nach Art. 83 GG den Grundsatz, dass die Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Ausländerbehörden grundsätzlich Sache der Länder ist (Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG; vgl. die Gesetzesbegründung zu § 63 AuslG 1990, der Vorläufervorschrift von § 71 AufenthG, in BTDrucks 11/6321 S. 78). Eine Annexkompetenz ist im Aufenthaltsgesetz aufgrund ausdrücklicher Regelung nur ausnahmsweise für die Zurückschiebungen an der Grenze durch die Grenzschutzbehörden vorgesehen (§ 71 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG).

16

Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ergibt sich eine Annexkompetenz der den Bescheid erlassenden Ausgangsbehörde für nachträgliche Befristungsentscheidungen auch nicht aus einem angeblich dem Verwaltungsverfahrensgesetz zu entnehmenden Grundsatz, demzufolge für nachträgliche Beschränkungen eines Verwaltungsaktes - wie etwa Rücknahme und Widerruf - grundsätzlich die Ausgangsbehörde zuständig bleibe. Zum einen ist für Rücknahme und Widerruf nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder gerade nicht die Ausgangsbehörde, sondern die nach § 3 VwVfG zu bestimmende Behörde zuständig, auch wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist (vgl. § 48 Abs. 5 und § 49 Abs. 5 VwVfG). Zum anderen ist die Befristung der gesetzlichen Wirkungen einer Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nicht mit der (Teil-)Aufhebung eines Verwaltungsakts vergleichbar. Ebenso wenig kann sie, wie das Verwaltungsgericht meint, als Nebenbestimmung der Abschiebung angesehen und den Regeln des § 36 VwVfG unterworfen werden. Schließlich spricht die Beteiligungsregelung des § 72 Abs. 3 AufenthG gegen eine Annexkompetenz. Nach § 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen u.a. Befristungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf die Änderung einer bereits verfügten Befristung, sondern erfasst nach ihrem Sinn und Zweck auch die erstmalige Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand August 2008, § 72 AufenthG Rn. 11; zur Vorgängervorschrift des § 64 Abs. 2 AuslG 1990 auch VGH Kassel, Urteil vom 28. Oktober 1996 - 12 UE 628/96 - DVBl 1997, 913). Das Aufenthaltsgesetz geht demzufolge davon aus, dass die Zuständigkeit für die Verfügung der Ausweisung oder Abschiebung und für die Befristung ihrer Wirkungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auseinanderfallen kann, und sieht für diese Fälle ein Einvernehmenserfordernis vor.

17

2. Dass im vorliegenden Fall die Ausländerbehörde der Beklagten für die begehrte Befristungsentscheidung nicht zuständig ist, ergibt sich vielmehr aus folgenden Erwägungen. Die für das Befristungsbegehren zuständige Behörde ist in zwei Schritten zu bestimmen. In einem ersten Schritt ist festzustellen, welches Bundesland die Verbandskompetenz zur Sachentscheidung besitzt. Diese Frage ist - wenn keine speziellen koordinierten landesrechtlichen Kompetenzregelungen vorliegen - durch entsprechende Anwendung der mit § 3 VwVfG übereinstimmenden Regelungen über die örtliche Zuständigkeit in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder zu beantworten. In einem zweiten Schritt ist auf der Grundlage des Landesrechts des zur Sachentscheidung befugten Bundeslandes zu ermitteln, welche Behörde innerhalb des Landes örtlich zuständig ist.

18

§ 3 Abs. 1 VwVfG regelt ebenso wie die gleichlautenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder die örtliche Zuständigkeit der Behörden, soweit diese im Bereich des öffentlichen Rechts zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig werden (§ 1 VwVfG). Während die örtliche Zuständigkeit die Frage betrifft, welche von mehreren sachlich zuständigen Behörden desselben Verwaltungsträgers ein Verfahren durchzuführen hat, dient die Verbandskompetenz der Zuweisung von Aufgaben an einen bestimmten Verwaltungsträger sowie der Aufgabenabgrenzung zwischen verschiedenen selbstständigen Verwaltungsträgern und damit der Sicherung der Verwaltungshoheit des Bundes, der Länder, der Kommunen sowie sonstiger juristischer Personen des öffentlichen Rechts (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 3 Rn. 6; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl. 2010, § 82 Rn. 80 ff.; Oldiges, DÖV 1989, 873 ff.; zur Verbandskompetenz im Ausländerecht vgl. im Übrigen auch Urteil vom 10. Dezember 1996 - BVerwG 1 C 19.94 - Buchholz 402.240 § 5 AuslG 1990 Nr. 1 S. 2 f.). Führen die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, wie das beim Vollzug des Aufenthaltsgesetzes der Fall ist, so regeln sie gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich die Einrichtung der Behörden, d.h. den Ländern in ihrer Gesamtheit obliegt die Bestimmung der Verbandskompetenz und dem einzelnen Bundesland im Rahmen seiner Kompetenz die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit. Allerdings verlangt Bundesrecht, dass durch eine koordinierte Regelung der Länder, hilfsweise durch eine Regelung des Bundes, bestimmt ist, welches Land zur Ausführung der konkreten Aufgabe - hier: Befristung der Wirkungen einer Abschiebung - berechtigt und verpflichtet ist. Das gebietet zum einen das Rechtsstaatsprinzip, da der von einer gesetzlichen Regelung Betroffene seine Rechte nicht verfolgen kann, wenn nicht feststeht, an welche Behörde er sich hierfür zu wenden hat. Das erfordert aber auch die grundgesetzliche Verteilung der Verwaltungskompetenzen innerhalb des föderal gegliederten Staatsverbandes der Bundesrepublik Deutschland. Danach sind die Verbandskompetenzen der Länder nach dem Territorialprinzip voneinander abgegrenzt und die Hoheitsbefugnisse der einzelnen Bundesländer grundsätzlich auf das Gebiet innerhalb ihrer jeweiligen Landesgrenzen beschränkt (vgl. Oldiges, DÖV 1989, 873 <877 f.>). Zugleich ergibt sich aus Art. 84 Abs. 1 GG die Verpflichtung des Landes, dem die Verbandskompetenz zur Ausführung eines Bundesgesetzes für einen bestimmten Personenkreis zugewiesen wurde, diese Aufgabe auch tatsächlich wahrzunehmen.

19

Fehlen - wie hier - spezielle koordinierte landesrechtliche Zuweisungsregelungen zur Verwaltungskompetenz, ergibt sich ein aufeinander abgestimmtes System im Wege der entsprechenden Anwendung der zur örtlichen Zuständigkeit getroffenen Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder, die insoweit inhaltsgleich sind und - sei es durch Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (wie in § 1 Abs. 1 LVwVfG Berlin), sei es durch gleichlautende Formulierungen jeweils in § 3 LVwVfG bzw. § 31 LVwVfG Schleswig Holstein - mit § 3 VwVfG übereinstimmen. Diese Regelungen finden daher entsprechende Anwendung, wenn das für die Ausführung einer bundesrechtlich begründeten Aufgabe zuständige Land auf andere Weise nicht zu ermitteln ist. Nicht maßgeblich für die Bestimmung der Verbandskompetenz sind hingegen landesrechtliche Vorschriften, die der koordinierten Regelung aller Länder in Gestalt der genannten übereinstimmenden Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit nicht entsprechen. Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Arnsberg in seinem gegen die Klägerin ergangenen Urteil vom 15. April 2008 und des Oberverwaltungsgerichts Münster in seinem Beschluss vom 11. März 2008 (18 B 210/08 - InfAuslR 2008, 250) kann daher aus § 4 Abs. 1 OBG NRW eine länderübergreifende Zuständigkeitsregelung nicht abgeleitet werden. Für eine einseitige länderübergreifende abdrängende Zuständigkeitsregelung (hier: zu Lasten des Landes Berlin) fehlt dem Land Nordrhein-Westfalen die Verbandskompetenz (vgl. Oldiges, a.a.O. S. 878; zur Möglichkeit der Verletzung der Verbandskompetenz durch Übergriff in einen fremden Zuständigkeitsbereich bei der Ausführung von Bundesgesetzen vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 3. Oktober 1978 - XV A 1927/75 - NJW 1979, 1057, 1058).

20

Aus der entsprechenden Anwendung der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG des Bundes übereinstimmenden Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder ergibt sich, dass die Ausländerbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bescheidung des Befristungsbegehrens der Klägerin zuständig sind. Nach dieser Vorschrift ist in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde zuständig, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Die Klägerin, die derzeit in der Türkei lebt, hatte ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Zuständigkeitsbereich des beigeladenen Hochsauerlandkreises in Nordrhein-Westfalen. Sie hat dort vor ihrer Abschiebung im Jahr 1988 seit 1985 gewohnt und damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Durch ihre rund dreimonatige Anwesenheit in Deutschland im Jahr 2005 hat die Klägerin keinen erneuten gewöhnlichen Aufenthalt begründet, da sie diese Zeit überwiegend in Abschiebungshaft verbrachte. Durch die Abschiebungshaft wird aber kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet, da diese nach Zweck und gesetzlicher Ausgestaltung vorübergehender Natur ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 2 BvR 742/10 - NVwZ 2011, 1254 <1256>).

21

Der aus dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin folgenden Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen steht nicht entgegen, dass die Klägerin inzwischen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei hat. Denn der Rechtsgedanke, der der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG mit der Anknüpfung der Zuständigkeit an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt zugrunde liegt, kommt auch in diesen Fällen zum Tragen. Anders als bei der Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts innerhalb des Bundesgebiets führt die Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts in das Ausland nicht zur Zuständigkeit einer anderen, nunmehr sachnäheren Ausländerbehörde. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum die Zuständigkeit der Behörde des letzten gewöhnlichen Aufenthalts nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG mit der - möglicherweise nur schwer zu ermittelnden - Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland entfallen sollte. Die Zuständigkeit nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt (im Bundesgebiet) besteht daher auch dann fort, wenn der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt nunmehr im Ausland genommen hat. Ein Rückgriff auf die Auffangzuständigkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG, der voraussetzt, dass sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Ausländer über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland weder derzeit verfügt noch in der Vergangenheit verfügt hat (so auch Dienelt, in: Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 71 AufenthG Rn. 5; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 7. Aufl. 2008, § 3 Rn. 25; a.A. Kopp/Ramsauer, VwVfG 12. Aufl. 2011, § 3 Rn. 28). Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich in Fällen, in denen der Ausländer keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, die Zuständigkeit der die Abschiebung veranlassenden Behörde für die nachträgliche Befristung ihrer Wirkungen aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG ergeben dürfte, da der Anlass für das Befristungsbegehren in der von dieser Behörde verfügten Abschiebung liegt.

22

Ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG übereinstimmenden Regelungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder, dass die Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bescheidung des Befristungsbegehrens der Klägerin zuständig sind, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht eine Sachentscheidungsbefugnis der Ausländerbehörde des Landes Berlin verneint.

23

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass sich die Frage, welche Behörde innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bescheidung des Befristungsbegehrens im vorliegenden Fall örtlich zuständig ist, allein nach dem Recht des Landes Nordrhein-Westfalen bestimmt. Wenn keine landesrechtliche Spezialvorschrift eingreift, wäre nach der in § 3 Abs. 1 Nr. 3a LVwVfG Nordrhein-Westfalen (GV NRW 1999, 602) getroffenen Regelung, die einer Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht zugänglich ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), der Landrat des Hochsauerlandkreises zuständig.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die besonderen Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte dienen der Sicherung der Fachkräftebasis und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind ausgerichtet auf die nachhaltige Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft unter Beachtung der Interessen der öffentlichen Sicherheit.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Abschnitt setzt voraus, dass

1.
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt,
2.
die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat; dies gilt nicht, wenn durch Gesetz, zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch die Beschäftigungsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist; in diesem Fall kann die Erteilung des Aufenthaltstitels auch versagt werden, wenn einer der Tatbestände des § 40 Absatz 2 oder 3 vorliegt,
3.
eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist, soweit diese erforderlich ist,
4.
die Gleichwertigkeit der Qualifikation festgestellt wurde oder ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss vorliegt, soweit dies eine Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist, und
5.
in den Fällen der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a oder § 18b Absatz 1 nach Vollendung des 45. Lebensjahres des Ausländers die Höhe des Gehalts mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, es sei denn, der Ausländer kann den Nachweis über eine angemessene Altersversorgung erbringen. Von den Voraussetzungen nach Satz 1 kann nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht, abgesehen werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(3) Fachkraft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ausländer, der

1.
eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
2.
einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

(4) Aufenthaltstitel für Fachkräfte gemäß den §§ 18a und 18b werden für die Dauer von vier Jahren oder, wenn das Arbeitsverhältnis oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet sind, für diesen kürzeren Zeitraum erteilt. Die Blaue Karte EU wird für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre beträgt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die besonderen Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte dienen der Sicherung der Fachkräftebasis und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind ausgerichtet auf die nachhaltige Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft unter Beachtung der Interessen der öffentlichen Sicherheit.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Abschnitt setzt voraus, dass

1.
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt,
2.
die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat; dies gilt nicht, wenn durch Gesetz, zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch die Beschäftigungsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist; in diesem Fall kann die Erteilung des Aufenthaltstitels auch versagt werden, wenn einer der Tatbestände des § 40 Absatz 2 oder 3 vorliegt,
3.
eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist, soweit diese erforderlich ist,
4.
die Gleichwertigkeit der Qualifikation festgestellt wurde oder ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss vorliegt, soweit dies eine Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist, und
5.
in den Fällen der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a oder § 18b Absatz 1 nach Vollendung des 45. Lebensjahres des Ausländers die Höhe des Gehalts mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, es sei denn, der Ausländer kann den Nachweis über eine angemessene Altersversorgung erbringen. Von den Voraussetzungen nach Satz 1 kann nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht, abgesehen werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(3) Fachkraft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ausländer, der

1.
eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
2.
einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

(4) Aufenthaltstitel für Fachkräfte gemäß den §§ 18a und 18b werden für die Dauer von vier Jahren oder, wenn das Arbeitsverhältnis oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet sind, für diesen kürzeren Zeitraum erteilt. Die Blaue Karte EU wird für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre beträgt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, hilfsweise einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen und wendet sich zugleich gegen die ihm angedrohte Abschiebung in den Irak.

2

Der 1968 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 16. Mai 2000 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - stellte mit Bescheid vom 14. März 2001 fest, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen. Die Ausländerbehörde der Beklagten erteilte dem Kläger daraufhin am 28. März 2001 eine auf ein Jahr befristete und dann jeweils verlängerte Aufenthaltsbefugnis, die nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, zuletzt bis zum 5. September 2006 verlängert wurde.

3

Mit Bescheid vom 2. Januar 2006 widerrief das Bundesamt die Flüchtlingsanerkennung des Klägers und stellte zugleich fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG im Hinblick auf den Irak vorliegen. Diese Entscheidung wurde am 19. Mai 2006 bestandskräftig.

4

Am 4. September 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Er erhielt aufgrund der Antragstellung eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG bis zum 3. März 2007, die später bis zum 3. September 2007 verlängert wurde. Im Mai 2007 beantragte er ferner die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.

5

Nach Anhörung des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. August 2007, zugestellt am 6. August 2007, sowohl die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als auch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ab und drohte dem Kläger die Abschiebung in den Irak an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass wegen des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung und der Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG durch das Bundesamt als Rechtsgrundlagen für einen Anspruch des Klägers auf einen humanitären Aufenthaltstitel nur §§ 23, 25 Abs. 4 und 5 sowie § 26 Abs. 4 AufenthG in Betracht kämen. Der Kläger erfülle aber weder die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (in Umsetzung des Bleiberechtsbeschlusses der Innenministerkonferenz vom 17. November 2006) noch die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 oder 5 AufenthG. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG scheide aus, da der Kläger die erforderliche Frist eines mindestens siebenjährigen Besitzes eines Aufenthaltstitels bei Ablauf der zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis am 5. September 2006 noch nicht erreicht habe. Die Zeiten des Besitzes einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 AufenthG seien nicht anzurechnen.

6

Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 2. April 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen besitze. Die Zeit von seiner Asylantragstellung im Mai 2000 bis zum Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis im September 2006 betrage weniger als sieben Jahre. Die anschließende Zeit der Fiktionswirkung des Verlängerungsantrags vom 4. September 2006 bis zur Entscheidung der Beklagten über diesen Antrag im August 2007 sei dabei nicht anzurechnen. Die Fiktion des Fortbestehens des Aufenthaltstitels nach § 81 Abs. 4 AufenthG sei mit dem Besitz des Aufenthaltstitels im Sinne von § 26 Abs. 4 AufenthG nicht gleichzustellen. Dafür, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 81 Abs. 4 AufenthG die Rechtsposition des Ausländers im Vergleich zu der Vorgängerregelung in § 69 Abs. 3 AuslG 1990 derart habe verbessern wollen, dass die Zeit der Fiktionswirkung in die Siebenjahresfrist des § 26 Abs. 4 AufenthG einzurechnen sei, gebe es keine Anhaltspunkte. Die Ersetzung der bisherigen Erlaubnisfiktion durch eine Titelfortbestandsfiktion sei nur der Abschaffung der Doppelspurigkeit von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrecht durch das Zuwanderungsgesetz geschuldet. Mit der Neuregelung habe lediglich sichergestellt werden sollen, dass der betroffene Ausländer während der Schwebezeit in arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht so gestellt werde, wie er durch seinen abgelaufenen Aufenthaltstitel gestanden habe. Eine Verfestigung des noch ungeklärten Aufenthaltsrechts für die Zukunft sei damit aber nicht bezweckt gewesen.

7

Auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehe dem Kläger, wie in dem angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, nicht zu. Demnach sei auch die Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.

8

Auf die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 4. Februar 2009 (InfAuslR 2009, 335) das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie den Bescheid der Beklagten aufgehoben und diese verpflichtet, dem Kläger eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu. Er erfülle zum einen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 AufenthG i.V.m. der Übergangsregelung in § 104 Abs. 2 AufenthG, da sein Lebensunterhalt gesichert sei und er über ausreichenden Wohnraum und einfache Deutschkenntnisse verfüge. Zum anderen erfülle er auch das Erfordernis des siebenjährigen Besitzes einer humanitären Aufenthaltserlaubnis. Auf diese Frist sei gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG auch die Zeit von der Stellung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bis zur Entscheidung der Behörde über den Antrag (sog. Fiktionszeit) anzurechnen. Dies ergebe sich unmittelbar aus dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte, vor allem aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 81 Abs. 4 AufenthG. Wenn es dort heiße, dass der bisherige Aufenthaltstitel "mit allen sich daran anschließenden Wirkungen" als fortbestehend gelte, seien damit nicht nur die arbeits- und sozialrechtlichen Wirkungen, sondern sämtliche Wirkungen des Aufenthaltstitels - einschließlich der Rechtsfolgen in § 26 Abs. 4 AufenthG - gemeint. Der Gesetzgeber habe anders als bei der Vorgängerregelung des § 69 Abs. 3 AuslG 1990 bewusst nicht nur eine Erlaubnisfiktion, sondern eine Titelfiktion angeordnet und damit die Fiktionswirkung insgesamt auf eine neue Grundlage gestellt. Daraus ergebe sich eine wesentliche Verbesserung der Rechtsstellung der Betroffenen, die zugleich der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes Rechnung trage, Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit zu ermöglichen und zu gestalten. Die Fiktion des Titels stehe daher dem Besitz des Titels gleich. Sie wolle sicherstellen, dass Vorschriften, die - wie § 26 Abs. 4 AufenthG - an den Besitz eines Aufenthaltstitels anknüpfen, weiterhin anwendbar blieben. Die Ausländerbehörde hätte es ansonsten in der Hand, durch "planvolles Nichtentscheiden" über den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder Erteilung der Niederlassungserlaubnis das Erreichen der Siebenjahresfrist des § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu verhindern und dem Betroffenen damit den durch diese Vorschrift garantierten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Einräumung eines Daueraufenthaltsrechts zu nehmen, obwohl der Betroffene auch während des Fiktionszeitraums an seiner Integration arbeite und damit eine Anwartschaft auf aufenthaltsrechtliche Verfestigung erwerbe. In seinem Vertrauen hierauf sei er schutzwürdig und auch schutzbedürftig. Die Fiktion des Aufenthaltstitels stelle diesen Schutz sicher, indem sie für den Zeitraum, den die Behörde zu ihrer Entscheidung benötige, eine Hemmung des Fristlaufs verhindere. Durch die Anrechnung des Fiktionszeitraums werde zugleich auch ein Konflikt mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes und dem Anspruch auf ein faires Verfahren vermieden. Dabei bleibe es der Ausländerbehörde unbenommen, den Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen durch eine rasche ablehnende Entscheidung vor Ablauf der Siebenjahresfrist zu verhindern.

9

Der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis stehe auch nicht entgegen, dass die humanitären Gründe für die Aufenthaltserlaubnis nach dem Widerruf der Flüchtlingsanerkennung des Klägers entfallen seien. § 26 Abs. 4 AufenthG verlange nämlich nicht, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis die Voraussetzungen für die Erteilung oder Verlängerung der humanitären Aufenthaltserlaubnis noch vorlägen. Es genüge vielmehr, dass der Ausländer sich noch im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis befinde, was bei dem Kläger wegen des Titelbesitzes infolge der Fiktionswirkung der Fall sei.

10

Schließlich sei auch das der Ausländerbehörde nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zustehende Ermessen vorliegend auf Null reduziert. Lägen die strengen Anforderungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG vor, sei durch den Normzweck und die gesetzgeberische Intention, Zuwanderung zu ermöglichen und zu gestalten, regelmäßig - und so auch hier - eine Ermessensausübung zugunsten des Betroffenen intendiert. Ebenso wenig stehe die Nichterfüllung der Passpflicht der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entgegen. Denn hiervon könne gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach Ermessen abgesehen werden. Die Voraussetzungen hierfür seien aufgrund der feststehenden Identität des Klägers erfüllt.

11

Gegen diese Entscheidung wendet sich die beteiligte Landesanwaltschaft Bayern mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung von § 5 AufenthG in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht sowie die Verletzung von § 26 Abs. 4 AufenthG wegen der Anrechnung der Fiktionszeit auf den siebenjährigen Besitz eines Aufenthaltstitels. Ferner bemängelt sie, dass der Verwaltungsgerichtshof sowohl hinsichtlich des Absehens von der Passpflicht als auch hinsichtlich der Erteilung der Niederlassungserlaubnis eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen habe.

12

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und sieht die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auch durch die inzwischen erlassene Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz bestätigt. Nach deren Nr. 26.4.8 würden Zeiten des Besitzes einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG zu einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auf die Siebenjahresfrist angerechnet. Im Übrigen verweist er darauf, dass er der Beklagten inzwischen einen gültigen irakischen Reisepass vorgelegt habe.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt. Nach seiner Auffassung ist bei der Frage, ob der Fiktionszeitraum des § 81 Abs. 4 AufenthG bei der Berechnung der Siebenjahresfrist zu berücksichtigen sei, zu differenzieren: Werde dem Antrag des Ausländers auf Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen, sei der Fiktionszeitraum anzurechnen. Werde jedoch die Verlängerung des Aufenthaltstitels letztlich abgelehnt, dürften diese Zeiten nicht berücksichtigt werden. In diesem Sinne sei auch der vom Kläger angeführte Passus der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz zu verstehen. Der Grund für die Fiktionswirkung bestehe ausweislich der Gesetzesbegründung darin, die arbeits- und sozialrechtliche Position des Ausländers während des Schwebezustandes zu stärken. Dagegen bezwecke die Regelung nicht, die Rechtsposition des Ausländers dahingehend zu verbessern, dass der rechtsunsichere Zeitraum der Fiktionswirkung bei Ablehnung der Verlängerung gleichwohl als anrechenbare Zeit des Besitzes des Aufenthaltstitels zu betrachten sei, die zur Aufenthaltsverfestigung führen könne.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Landesanwaltschaft Bayern ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG zusteht, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Unrecht die Fiktionszeiten nach § 81 Abs. 4 AufenthG den Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 26 Abs. 4 AufenthG gleichgestellt. Da der Kläger mangels Besitzes eines humanitären Aufenthaltstitels seit sieben Jahren im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dieser Vorschrift nicht erfüllt, hat sein Hauptantrag keinen Erfolg (1.). Auch mit seinem Hilfsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen kann er nicht durchdringen (2.). Folglich ist auch die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Abschiebungsandrohung rechtlich nicht zu beanstanden (3.). Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und das die Klage insgesamt abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts wiederherzustellen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

15

1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des mit dem Hauptantrag verfolgten Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz, hier also im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung am 4. Februar 2009. Es ist deshalb auf die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) abzustellen, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten.

16

Nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt (Abschnitt 5: Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) - im Folgenden: humanitäre Aufenthaltserlaubnis - besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 102 Abs. 2 AufenthG wird auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet. Ferner wird gemäß § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG abweichend von § 55 Abs. 3 AsylVfG die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens auf die Frist angerechnet.

17

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dieser Bestimmung müssen grundsätzlich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung der Tatsacheninstanz erfüllt sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 24.08 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE bestimmt - im Anschluss an das Urteil vom 22. Januar 2002 - BVerwG 1 C 6.01 - BVerwGE 115, 352 <355>).

18

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzung des Besitzes einer humanitären Aufenthaltserlaubnis seit sieben Jahren im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Denn er hat unter Berücksichtigung der anrechenbaren Zeit seines Asylverfahrens nach § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG und der Zeit des Besitzes von Aufenthaltsbefugnissen nach § 102 Abs. 2 AufenthG zusammen mit den Besitzzeiten einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG nur eine Zeit von sechs Jahren und dreieinhalb Monaten erreicht. Die Zeiten der anschließenden Fiktionswirkung des Verlängerungsantrags nach § 81 Abs. 4 AufenthG (vom 6. September 2006 bis zur Zustellung des Ablehnungsbescheides am 6. August 2007) können diesen Zeiten nicht hinzugerechnet werden, weil sie den Zeiten des Besitzes einer humanitären Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht gleichzustellen sind.

19

Dabei ist vorab klarzustellen, dass sich die hier aufgeworfene Frage der Anrechenbarkeit nur bei Zeiten der Fiktionswirkung eines Verlängerungsantrags oder eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis stellt, die am Ende der Titelbesitzzeit liegen und die nicht in einen positiven Bescheid der Ausländerbehörde münden. Denn die Berücksichtigung von Fiktionszeiten, die zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels geführt haben und damit zwischen zwei Titelbesitzzeiten liegen, ist unproblematisch (vgl. auch Nr. 26.4.8 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz des Bundesministeriums des Innern - AVwV AufenthG -, GMBl 2009, 878).

20

aa) Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 81 Abs. 4 AufenthG können nach Auffassung des Senats keine eindeutigen Schlüsse auf eine Anrechenbarkeit oder Nichtanrechenbarkeit der Zeiten der Fiktionswirkung im Rahmen von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gezogen werden. Nach § 81 Abs. 4 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn ein Ausländer die Verlängerung seines Aufenthaltstitels oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt. Insofern ist in der Formulierung gegenüber der Vorgängervorschrift des § 69 Abs. 3 AuslG 1990 eine Änderung zu verzeichnen, da diese Bestimmung in vergleichbaren Fällen anordnete, dass "der Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt gilt". Diese Änderung lässt allerdings nicht, wie das Berufungsgericht meint, eindeutig den Schluss auf eine vollständige Gleichstellung der Fiktion mit dem Besitz eines Aufenthaltstitels zu. Eindeutig in diesem Sinne wäre eine Formulierung, die anordnete, dass der bisherige Aufenthaltstitel bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde fortgilt. Die hier gewählte Formulierung, dass der Aufenthaltstitel bis zu diesem Zeitpunkt "als fortbestehend" gilt, kann auch als Hinweis auf einen Unterschied zwischen dem fiktiven Fortbestehen eines Aufenthaltstitels und dem tatsächlichen Titelbesitz verstanden werden. Auch die Aussage in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 81 Abs. 4 AufenthG (BTDrucks 15/420, S. 96), dass der bisherige Aufenthaltstitel "mit allen sich daran anschließenden Wirkungen" bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gelten soll, mag zwar auf den ersten Blick für eine Gleichstellung mit dem Besitz eines Aufenthaltstitels sprechen. Angesichts der weiteren Ausführung in der Gesetzesbegründung ist aber keineswegs sicher, dass mit diesen Wirkungen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch materiellrechtliche Folgen in Bezug auf das Bestehen des noch streitigen und ungeklärten Anspruchs auf Verlängerung oder Erteilung des Aufenthaltstitels selbst gemeint waren. Die Formulierung in der Begründung des Gesetzentwurfs kann auch dahingehend verstanden werden, dass damit nur alle außerhalb des Aufenthaltstitels selbst liegenden Wirkungen, etwa hinsichtlich der Berechtigung zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit, aber auch die sonstigen Wirkungen im Sozialrecht sowie die durch den Aufenthaltstitel ermöglichten Reisen im Schengen-Raum und die Wiedereinreise nach Deutschland angesprochen werden sollten, die sich aus der mit der Fiktionswirkung bezweckten vorläufigen Besitzstandswahrung ergeben.

21

bb) Entscheidend sprechen allerdings der Sinn und Zweck der Regelung des § 81 Abs. 4 AufenthG einerseits und der des § 26 Abs. 4 AufenthG andererseits sowie die Gesamtsystematik des Aufenthaltsgesetzes gegen eine Gleichstellung der Fiktionszeiten nach § 81 Abs. 4 AufenthG mit den Zeiten des Titelbesitzes. Sinn und Zweck der neugestalteten Fiktionswirkung in § 81 Abs. 4 AufenthG war es, der Neuordnung des Arbeitsgenehmigungsrechts durch das Zuwanderungsgesetz gerecht zu werden. Da nunmehr nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt, war es zwingend erforderlich, die bisher über das gesonderte Arbeitsgenehmigungsrecht mögliche Fortsetzung der Erwerbstätigkeit während eines noch ungeklärten Anspruchs auf Verlängerung oder Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch eine fiktive Aufrechterhaltung des Aufenthaltstitels sicherzustellen (für die Dauer des Antragsverfahrens bei der Ausländerbehörde in § 81 Abs. 4 AufenthG, für das Widerspruchs- und Klageverfahren in § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG; zu dieser grundlegenden Umgestaltung des Arbeitsgenehmigungsverfahrens vgl. auch Urteile vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 1 C 14.08 und BVerwG 1 C 16.08 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE bestimmt). Dass darüber hinaus durch § 81 Abs. 4 AufenthG auch die aufenthaltsrechtlichen Verfestigungsmöglichkeiten im Vergleich zum bisher geltenden Recht - unabhängig von der materiellen Rechtslage - grundlegend umgestaltet und verbessert werden sollten, ist dagegen nicht ersichtlich. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Fortbestandsfiktion ebenso wie früher die Fiktion eines erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3 AuslG 1990 nur vorläufigen Charakter bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde haben und sich auf die Beurteilung des materiellen Anspruchs auf Verlängerung oder Neuerteilung eines anderen Aufenthaltstitels nicht auswirken sollte (zur früheren Rechtslage ausführlich Urteil vom 22. Januar 2002 a.a.O. S. 359). Denn ein Antragsteller soll durch die verspätete Entscheidung über seinen Antrag nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn die Behörde alsbald entschieden hätte. Daher hat auch die Fiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG besitzstandswahrende, nicht aber rechtsbegründende Wirkung.

22

Nicht zutreffend ist daher auch die im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs im vorliegenden Verfahren vertretene Ansicht (Pfersich, ZAR 2009, 147, Anmerkung zu VGH Kassel, Beschluss vom 15.10.2008 - 11 B 2104/08 - ZAR 2009, 146), dass die Neuregelung der Fiktionswirkung in § 81 Abs. 4 AufenthG nicht nur eine verfahrensrechtliche, sondern eine materiellrechtliche Position vermittele. Diese verbessere nicht nur die Möglichkeiten der Aufenthaltsverfestigung in Gestalt einer Niederlassungserlaubnis, sondern wirke sich auch bei der aufenthaltsrechtlichen Stellung von türkischen Arbeitnehmern im Rahmen von Art. 6 ARB 1/80 dahingehend aus, dass die Fiktionszeiten als gesicherte aufenthaltsrechtliche Position für eine ordnungsgemäße Beschäftigung im Sinne dieser Bestimmungen ausreichten. Für die Annahme einer derart weitgehenden Änderung der bisherigen Rechtslage bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Wie der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend bemerkt, würde eine derartige materiellrechtliche Wirkung der Fiktion die Stellung unbegründeter Verlängerungsanträge und eine Verzögerung des Verfahrens durch den Antragsteller geradezu herausfordern. Sie würde es auch der Ausländerbehörde ermöglichen, durch den Zeitpunkt ihrer Entscheidung Einfluss auf die materielle Rechtslage zu nehmen. Dies war vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.

23

Auch mit Blick auf den hier einschlägigen § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ist eine Gleichstellung von Zeiten des Besitzes eines Aufenthaltstitels und Zeiten der Fiktionswirkung eines Verlängerungsantrags mit dem Sinn und Zweck der Regelung nur schwer vereinbar. Es mag zwar zutreffen, dass die Niederlassungserlaubnis nach dieser Vorschrift - anders als die Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG - das Fortbestehen der ursprünglich gegebenen humanitären Gründe nicht voraussetzt. Das Gesetz verlangt aber jedenfalls auch im Falle des § 26 Abs. 4 AufenthG, dass der Ausländer im Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis noch im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ist. Damit setzt die Vorschrift nicht nur den durchgehenden Titelbesitz seit sieben Jahren, sondern auch einen nahtlosen Übergang zwischen der humanitären Aufenthaltserlaubnis und der Niederlassungserlaubnis voraus. Der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gilt als Beleg für das Vorliegen humanitärer Gründe (vgl. auch § 26 Abs. 2 AufenthG). Diese gesetzliche Vermutung gilt bei Zeiten der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG aber gerade nicht. Jedenfalls dann, wenn letztendlich die Verlängerung oder Neuerteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wird, wäre es nicht nachvollziehbar, wenn derartige Zeiten zur Verfestigung des Aufenthalts führen würden.

24

cc) Schließlich besteht auch unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und des fairen Verfahrens keine Notwendigkeit der Anrechnung der Fiktionszeiten im Rahmen von § 26 Abs. 4 AufenthG. Eine befriedigende Lösung der vom Verwaltungsgerichtshof angesprochenen Fallgestaltungen ist auf anderem Wege und mit sachgerechterem Ergebnis möglich.

25

Im Fall des Klägers sind diese Verfassungsgrundsätze - anders als der Verwaltungsgerichtshof meint - schon von vornherein nicht berührt. Denn der Kläger hat durch die Dauer des Verfahrens keine Nachteile erlitten. Auch wenn über die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gleich nach Ablauf des vorangegangenen Titels negativ entschieden worden wäre, wäre die Siebenjahresfrist nicht erfüllt gewesen und er hätte - da kein Verlängerungsanspruch aus humanitären Gründen bestand - keine Chance zum Erwerb einer Niederlassungserlaubnis gehabt. Er wäre also bei einer zeitnahen Entscheidung der Behörde nicht besser gestellt und ist deshalb durch die angeblich "verspätete" Entscheidung der Behörde auch nicht benachteiligt. Vielmehr wäre er umgekehrt bei Anrechnung der Fiktionszeiten ohne zugrundeliegenden materiellen Verlängerungsanspruch durch die spätere Entscheidung der Behörde, also allein aufgrund der Verfahrensdauer, besser gestellt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht.

26

Für den - hier nicht gegebenen - Fall eines fortbestehenden Verlängerungsanspruchs, dem die Behörde zu Unrecht nicht nachkommt, kann dieser im Klageweg verfolgt werden und damit nach der Rechtsprechung des Senats letztlich auch ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Niederlassungserlaubnis durchgesetzt werden. Denn in diesem Fall wären sowohl die Zeiten eines inzident festzustellenden Anspruchs auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis anzurechnen als auch das Erfordernis des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung durch die Feststellung eines solchen Rechtsanspruchs als erfüllt anzusehen. Entsprechendes gilt, wenn der Ausländer während des Verfahrens nicht nur über einen Anspruch auf Verlängerung seiner humanitären Aufenthaltserlaubnis verfügt, sondern auch einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erwirbt. Denn in diesem Fall ist im gerichtlichen Verfahren auch inzident zu prüfen, ob der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer beantragten Niederlassungserlaubnis während des Verfahrens erworben hat, der dann dem Erfordernis des fortbestehenden Besitzes einer humanitären Aufenthaltserlaubnis bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gleichstehen würde.

27

Diese Erwägungen zeigen, dass, ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Senats, eine angemessene Lösung der verschiedenen Fallgestaltungen über das Instrumentarium der inzidenten Prüfung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts erreicht werden kann, die den Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes und eines fairen Verfahrens entspricht. Demgegenüber bestünde bei einer vom materiellrechtlichen Anspruch losgelösten Anrechnung des Fiktionszeitraums die Gefahr einer ungerechtfertigten Privilegierung eines Ausländers, bei dem keine humanitären Gründe mehr vorliegen, der sich aber wegen eines - aus welchen Gründen auch immer - hinziehenden Verwaltungsverfahrens mit Hilfe der Fiktionszeiten in eine Niederlassungserlaubnis "hinüberrettet".

28

Da der Kläger mangels Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis seit sieben Jahren im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach dieser Vorschrift nicht erfüllt, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.

29

b) Auf die übrigen von der Revision geltend gemachten Rügen kommt es daher nicht mehr an.

30

Der Senat bemerkt allerdings, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Ausländerbehörde von dieser Voraussetzung auch im Fall der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach Ermessen absehen kann. Das Vorliegen eines Ausnahmefalles ist dafür entgegen der Ansicht der Revision nicht erforderlich. Während § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in den Fällen der Erteilung im Einzelnen benannter humanitärer Aufenthaltstitel zwingend ein Absehen von der Anwendung der Absätze 1 und 2 vorschreibt, sieht § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vor, dass in den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden kann. Darunter fällt grundsätzlich auch die von Satz 1 der Vorschrift nicht erfasste Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 C 34.07 - (Buchholz 402.242 § 26 AufenthG Nr. 3 = NVwZ 2009, 246) eine Anwendbarkeit von § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in Fällen der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG verneint hat, bezog sich dies nur auf die Erteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Grund hierfür war, dass § 26 Abs. 4 AufenthG mit seiner Verweisung auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts (in Nr. 3) eine spezielle, abschließende Regelung enthält, die einen Rückgriff auf die allgemeine Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG verbietet. Bei der Erteilungsvoraussetzung der Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG ist dies nicht der Fall, so dass § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG insoweit auch bei der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG anwendbar ist. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Möglichkeit, nach Ermessen von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, dient dazu, im Einzelfall der besonderen Situation von Ausländern gerecht zu werden, deren Aufenthalt auf humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen beruht und die deshalb unter Umständen mehr Schwierigkeiten bei der Passbeschaffung haben als sonstige Ausländer. Dieser Grundgedanke trifft auch für die Fälle der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG zu.

31

Soweit sich die Revision gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs wendet, dass das Ermessen der Behörde sowohl beim Absehen von der Passpflicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als auch bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG auf Null reduziert sei, hätten die Rügen allerdings Erfolg gehabt. Denn in beiden Fällen ist die vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Ermessensreduzierung zumindest nicht nachvollziehbar begründet. So reicht für das Absehen von der Passpflicht allein die feststehende Identität des Klägers nicht aus. Für eine Ermessensreduzierung zugunsten der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis dürfte es u.a. an der Berücksichtigung des Umstandes fehlen, dass bei dem Kläger mit dem Widerruf der Flüchtlingsanerkennung die humanitären Gründe für seinen Aufenthalt schon seit längerem weggefallen waren.

32

2. Über das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ist nicht mehr in der Sache zu entscheiden, da die Berufung des Klägers insoweit bereits unzulässig ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Verwaltungsgerichtshof trotz der allein auf das Hauptbegehren bezogenen Begründung in seinem Beschluss vom 16. Oktober 2008 die Berufung unbeschränkt zugelassen hat, hat der Kläger jedenfalls in Bezug auf das vom Verwaltungsgericht beschiedene und abgewiesene Hilfsbegehren innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keinerlei Berufungsgründe geltend gemacht, sondern sich auf die Frage der Anrechnung der Fiktionszeiten für den Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beschränkt. Die Berufung hinsichtlich des Hilfsbegehrens war deshalb nach § 124a Abs. 3 Satz 4 und 5 VwGO unzulässig. Der Senat kann über den nach Erfolglosigkeit des Hauptantrags im Revisionsverfahren nunmehr angefallenen Hilfsantrag selbst abschließend entscheiden, da er die Sachurteilsvoraussetzungen eigenständig zu ermitteln und zu beurteilen hat. Ist die Berufung des Klägers danach auch hinsichtlich des Hilfsantrags erfolglos, verbleibt es insoweit ebenfalls bei der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht.

33

3. Auch die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist demzufolge rechtlich nicht zu beanstanden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste 1995 mehrfach mit gefälschten Personaldokumenten nach Deutschland ein. Auf einen ebenfalls unter falschem Namen gestellten Asylantrag wurde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG in seiner Person festgestellt. Er erhielt im März 1996 unter diesem Namen eine Aufenthaltsbefugnis, die im Februar 2005 als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG bis August 2005 verlängert wurde; im Anschluss daran erhielt der Kläger Fiktionsbescheinigungen. Ebenfalls im Februar 2005 wurde die Flüchtlingsanerkennung bestandskräftig widerrufen. Im März und April 2005 beantragte er, nunmehr unter seinem richtigen Namen, die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Dies sowie einen hilfsweise gestellten Antrag auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 2. Dezember 2011 ab und wies den Kläger aus. Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung aufgehoben, die Klage auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis, hilfsweise der Aufenthaltserlaubnis, indes abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

3

Die Grundsatzrüge des Klägers greift nicht durch.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. auf Grund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Beantwortung nicht zugänglich ist.

5

Die Frage,

"ob dem Tatbestandsmerkmal des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis Besitz einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG bei der Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG gleichzustellen ist, wenn zwar alle Tatbestandsmerkmale zum Zeitpunkt des Ablaufs der Aufenthaltserlaubnis vorliegen und nicht erst während der Fiktionszeit entstehen, jedoch der Nachweis von Erteilungsvoraussetzungen erst nach Ablauf der Gültigkeit des Aufenthaltstitels erfolgt",

ist bereits geklärt bzw. ohne weiteres klärungsfähig, soweit sie einer abstrakten Beantwortung zugänglich ist; hiervon abgesehen würde sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

6

Nach § 26 Abs. 4 AufenthG kann eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn der Adressat seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzt und wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG sowie die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG vorliegen, soweit sie nicht durch spezielle Regelungen verdrängt werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis ist, wenn der Antragsteller Verpflichtungsklage erhoben hat, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Tatsachengerichts, im vorliegenden Fall also des Verwaltungsgerichtshofes (25. Juni 2013). Ist in diesem Zeitpunkt die erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht mehr vorhanden und fehlt es daher am Erfordernis des unbestrittenen, gesicherten Aufenthaltsrechts, so besteht ein Anspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht. Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Betracht, wenn der erforderliche Aufenthaltstitel zwar abgelaufen, über seine Verlängerung jedoch noch nicht entschieden ist und wenn der Antragsteller für die Dauer des Verlängerungsverfahrens über eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 AufenthG verfügt. Nach dem Sinn dieser Bescheinigung gilt dies allerdings nur, wenn es zu einer Verlängerung des Aufenthaltstitels tatsächlich kommt. Besteht hingegen -wie im vorliegenden Fall - kein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, kann die Zeit der Fiktionswirkung nicht auf die für die Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis angerechnet werden (Urteil vom 30. März 2010 - BVerwG 1 C 6.09 - BVerwGE 136, 211 = Buchholz 402.242 § 26 AufenthG Nr. 5 jeweils Rn. 18 ff.).

7

Die von der Beschwerde möglicherweise sinngemäß aufgeworfene Frage, ob Zeiten einer Fiktionsbescheinigung auch dann anrechenbar sein können, wenn es nicht zu der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt - insbesondere dann, wenn zwar das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen, nicht aber ihr Nachweis bei Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis bejaht werden kann -, ist mit dieser Rechtsprechung bereits im verneinenden Sinne beantwortet, ohne dass neuerlicher Klärungsbedarf geltend gemacht oder erkennbar ist. Denn der Funktion der Fiktionsbescheinigung, den zur Verlängerung anstehenden Titel bis zu der Verlängerung als fortbestehend behandeln zu können, bedarf es nicht, wenn das Verlängerungsbegehren scheitert. Soweit die Beschwerde darüber hinaus die Frage aufwirft, ob zwischen dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen und ihrem Nachweis vor dem maßgeblichen Zeitpunkt unterschieden werden muss und ob in der dargestellten Konstellation eine Anrechnung der Fiktionszeiten möglich ist, lässt sich auch diese Frage auf dem Boden der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten. Eine Anrechnung der Fiktionszeiten kommt - wie ausgeführt - auch in solchen Fällen nur dann in Betracht, wenn der abgelaufene Aufenthaltstitel tatsächlich verlängert wird. Ob zu einem früheren Zeitpunkt die Erteilungsvoraussetzungen vorgelegen haben, ohne ausnahmslos beweisbar zu sein, spielt dabei keine Rolle. Ohne Bedeutung ist es auch, ob die Fiktionszeit erst dazu führt, dass das Erfordernis der siebenjährigen Dauer der Aufenthaltserlaubnis erstmalig erfüllt wird ("Hineinwachsen" in diese Tatbestandsvoraussetzung) oder ob sie nur dazu dient, das Bestehen der bereits hinreichend langen Dauer der Aufenthaltserlaubnis auch im entscheidungsmaßgeblichen Zeitpunkt zu fingieren.

8

Die Annahme der Beschwerde, die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG habe in der hier vorliegenden Konstellation keine "rechtsbegründende", sondern lediglich "besitzstandswahrende" Wirkung, trifft auch in der Sache nicht zu. Denn die Beschwerde geht zu Unrecht davon aus, dass die Frage der Identität des Klägers bei Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis bereits "geklärt" gewesen und später nur noch der ausstehende Nachweis dieser Identität geführt worden sei. Eine solche Unterscheidung wird dem Erfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG nicht gerecht. Vielmehr ist die Identität des Ausländers so lange ungeklärt, bis ein gültiges Ausweispapier oder doch gleich beweiskräftige Unterlagen als Nachweis der Identität vorgelegt werden kann; eine spätere Klärung der Identität entfaltet in Bezug auf die materiellrechtliche Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG keine Rückwirkung.

9

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage würde sich mithin in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn im Zeitpunkt des Ablaufs der Aufenthaltserlaubnis (20. August 2005) lagen alle Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gerade nicht vor, wie dies die Fragestellung voraussetzt. Vielmehr fehlte es jedenfalls an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG, da im August 2005 die Identität des Klägers noch nicht geklärt war. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt zwar schon seinen richtigen Namen angegeben - wenn man von der leichten Abweichung in der Schreibweise zwischen "Hamza" und Hamzah" absieht -, aber noch nicht belegt. Sowohl seinen irakischen Personalausweis, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst an das Landeskriminalamt gesandt wurde, als auch weitere Personalpapiere legte er erst nach dem 20. August 2005 vor. Noch im Frühjahr 2006 gelangten Bescheinigungen über die gesetzliche Krankenversicherung unter mehreren Namen zu den Ausländerakten; die erste auf den wirklichen Namen des Klägers lautende Fiktionsbescheinigung wurde im März 2006 ausgestellt. Angesichts der langjährigen Täuschung der Behörden über seine Identität bestand hier auch Anlass zu besonderer Sorgfalt bei deren Klärung.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung setzt die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit voraus, es sei denn, die Zustimmung ist kraft Gesetzes, auf Grund der Beschäftigungsverordnung oder Bestimmung in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht erforderlich. Die Zustimmung kann erteilt werden, wenn dies durch ein Gesetz, die Beschäftigungsverordnung oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist.

(2) Die Bundesagentur für Arbeit kann der Ausübung einer Beschäftigung durch eine Fachkraft gemäß den §§ 18a oder 18b zustimmen, wenn

1.
sie nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird,
2.
sie
a)
gemäß § 18a oder § 18b Absatz 1 eine Beschäftigung als Fachkraft ausüben wird, zu der ihre Qualifikation sie befähigt, oder
b)
gemäß § 18b Absatz 2 Satz 2 eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung ausüben wird,
3.
ein inländisches Beschäftigungsverhältnis vorliegt und,
4.
sofern die Beschäftigungsverordnung nähere Voraussetzungen in Bezug auf die Ausübung der Beschäftigung vorsieht, diese vorliegen.
Die Zustimmung wird ohne Vorrangprüfung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 3 erteilt, es sei denn, in der Beschäftigungsverordnung ist etwas anderes bestimmt.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit kann der Ausübung einer Beschäftigung durch einen Ausländer unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft zustimmen, wenn

1.
der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird,
2.
die in den §§ 19, 19b, 19c Absatz 3 oder § 19d Absatz 1 Nummer 1 oder durch die Beschäftigungsverordnung geregelten Voraussetzungen für die Zustimmung in Bezug auf die Ausübung der Beschäftigung vorliegen und
3.
für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind, oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung), soweit diese Prüfung durch die Beschäftigungsverordnung oder Gesetz vorgesehen ist.

(4) Für die Erteilung der Zustimmung hat der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit Auskunft über Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und sonstige Arbeitsbedingungen zu erteilen. Auf Aufforderung durch die Bundesagentur für Arbeit hat ein Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigt oder beschäftigt hat, eine Auskunft nach Satz 1 innerhalb eines Monats zu erteilen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten auch, wenn bei Aufenthalten zu anderen Zwecken nach den Abschnitten 3, 5 oder 7 eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung erforderlich ist.

(6) Absatz 3 gilt für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis zum Zweck der Saisonbeschäftigung entsprechend. Im Übrigen sind die für die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit geltenden Rechtsvorschriften auf die Arbeitserlaubnis anzuwenden, soweit durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist. Die Bundesagentur für Arbeit kann für die Zustimmung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Saisonbeschäftigung und für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis zum Zweck der Saisonbeschäftigung am Bedarf orientierte Zulassungszahlen festlegen.

(1) Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die besonderen Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte dienen der Sicherung der Fachkräftebasis und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind ausgerichtet auf die nachhaltige Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft unter Beachtung der Interessen der öffentlichen Sicherheit.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Abschnitt setzt voraus, dass

1.
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt,
2.
die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat; dies gilt nicht, wenn durch Gesetz, zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch die Beschäftigungsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist; in diesem Fall kann die Erteilung des Aufenthaltstitels auch versagt werden, wenn einer der Tatbestände des § 40 Absatz 2 oder 3 vorliegt,
3.
eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist, soweit diese erforderlich ist,
4.
die Gleichwertigkeit der Qualifikation festgestellt wurde oder ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss vorliegt, soweit dies eine Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist, und
5.
in den Fällen der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a oder § 18b Absatz 1 nach Vollendung des 45. Lebensjahres des Ausländers die Höhe des Gehalts mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, es sei denn, der Ausländer kann den Nachweis über eine angemessene Altersversorgung erbringen. Von den Voraussetzungen nach Satz 1 kann nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht, abgesehen werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(3) Fachkraft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ausländer, der

1.
eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
2.
einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

(4) Aufenthaltstitel für Fachkräfte gemäß den §§ 18a und 18b werden für die Dauer von vier Jahren oder, wenn das Arbeitsverhältnis oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet sind, für diesen kürzeren Zeitraum erteilt. Die Blaue Karte EU wird für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre beträgt.

(1) Keiner Zustimmung bedarf die Ausübung einer Beschäftigung bei Ausländerinnen und Ausländern, die eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und

1.
zwei Jahre rechtmäßig eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet ausgeübt haben oder
2.
sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten; Unterbrechungszeiten werden entsprechend § 51 Absatz 1 Nummer 7 des Aufenthaltsgesetzes berücksichtigt.

(2) Auf die Beschäftigungszeit nach Absatz 1 Nummer 1 werden nicht angerechnet Zeiten

1.
von Beschäftigungen, die vor dem Zeitpunkt liegen, an dem die Ausländerin oder der Ausländer unter Aufgabe ihres oder seines gewöhnlichen Aufenthaltes ausgereist war,
2.
einer nach dem Aufenthaltsgesetz oder dieser Verordnung zeitlich begrenzten Beschäftigung und
3.
einer Beschäftigung, für die die Ausländerin oder der Ausländer auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung von der Zustimmungspflicht für eine Beschäftigung befreit war.

(3) Auf die Aufenthaltszeit nach Absatz 1 Nummer 2 werden Zeiten eines Aufenthaltes nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes nur zur Hälfte und nur bis zu zwei Jahren angerechnet. Zeiten einer Beschäftigung, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dieser Verordnung zeitlich begrenzt ist, werden auf die Aufenthaltszeit angerechnet, wenn der Ausländerin oder dem Ausländer ein Aufenthaltstitel für einen anderen Zweck als den der Beschäftigung erteilt wird.

(1) Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt. Die besonderen Möglichkeiten für ausländische Fachkräfte dienen der Sicherung der Fachkräftebasis und der Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind ausgerichtet auf die nachhaltige Integration von Fachkräften in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft unter Beachtung der Interessen der öffentlichen Sicherheit.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Abschnitt setzt voraus, dass

1.
ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt,
2.
die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat; dies gilt nicht, wenn durch Gesetz, zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch die Beschäftigungsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist; in diesem Fall kann die Erteilung des Aufenthaltstitels auch versagt werden, wenn einer der Tatbestände des § 40 Absatz 2 oder 3 vorliegt,
3.
eine Berufsausübungserlaubnis erteilt wurde oder zugesagt ist, soweit diese erforderlich ist,
4.
die Gleichwertigkeit der Qualifikation festgestellt wurde oder ein anerkannter ausländischer oder ein einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss vorliegt, soweit dies eine Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels ist, und
5.
in den Fällen der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a oder § 18b Absatz 1 nach Vollendung des 45. Lebensjahres des Ausländers die Höhe des Gehalts mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, es sei denn, der Ausländer kann den Nachweis über eine angemessene Altersversorgung erbringen. Von den Voraussetzungen nach Satz 1 kann nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen ein öffentliches, insbesondere ein regionales, wirtschaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Beschäftigung des Ausländers besteht, abgesehen werden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt das Mindestgehalt für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. Dezember des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(3) Fachkraft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Ausländer, der

1.
eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
2.
einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

(4) Aufenthaltstitel für Fachkräfte gemäß den §§ 18a und 18b werden für die Dauer von vier Jahren oder, wenn das Arbeitsverhältnis oder die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einen kürzeren Zeitraum befristet sind, für diesen kürzeren Zeitraum erteilt. Die Blaue Karte EU wird für die Dauer des Arbeitsvertrages zuzüglich dreier Monate ausgestellt oder verlängert, wenn die Dauer des Arbeitsvertrages weniger als vier Jahre beträgt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.