Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose (Untätigkeits-)Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 30 Abs. 1 Satz 1 AufenthG weiter.

Der Antrag ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, noch liegen die ausdrücklich bzw. jedenfalls der Sache nach geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger zwar die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, nicht jedoch die Voraussetzung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG - Einreise mit dem erforderlichen Visum - erfülle. Der Kläger sei unstreitig am 20. November 2017 eingereist, um eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu seiner kurz zuvor geehelichten Frau zu beantragen, und hätte daher eines nationalen Visums gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG bedurft. Das Visumerfordernis entfalle auch nicht gemäß § 39 Nr. 6 AufenthV. Zwar sei der Kläger im Besitz einer bis 14. November 2019 gültigen ungarischen Aufenthaltserlaubnis, jedoch aufgrund dieses Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates nicht berechtigt gewesen, am 20. November 2017 in das Bundesgebiet einzureisen und sich in der Folge hier aufzuhalten. Ein solches Recht ergebe sich nicht aus Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ). Denn Einreise und Aufenthalt ohne nationales Visum seien gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ dann nicht rechtmäßig, wenn der Drittstaatsangehörige bereits in der Absicht einreise, sich dauerhaft und nicht nur für maximal 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet aufzuhalten. Dies ergebe sich nach zutreffender Auffassung aufgrund einer systematischen und am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung von Art. 21 Abs. 1 SDÜ. Auch § 39 Nr. 6 AufenthV stehe diesem Normverständnis nicht entgegen; für die Regelung verbleibe auch dann ein hinreichender Anwendungsbereich, wenn der Aufenthalt bei von vornherein beabsichtigtem Daueraufenthalt nicht aufgrund Art. 21 Abs. 1 SDÜ „berechtigt“ im Sinne von § 39 Nr. 6 AufenthV sei. Zwar könne vom Visumerfordernis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, jedoch liege durch die unerlaubte Einreise des Klägers im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein Ausweisungsinteresse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor, weshalb es an dem Erfordernis eines strikten Rechtsanspruchs im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG fehle. Die Nachholung des Visumverfahrens sei dem Kläger auch nicht aufgrund besonderer Umstände unzumutbar im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG; die vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau und der mit einer Reise nach Ungarn verbundene Aufwand seien zumutbar.

Demgegenüber macht der Kläger im Zulassungsverfahren geltend, das Verwaltungsgericht weiche mit seiner Entscheidung bzw. Auffassung zur Entbehrlichkeit des Visumerfordernisses von der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 4.2.2011 - 10 CS 10.3149 u.a. -, B.v. 8.12.2014 - 10 CS 14.2500 u.a.) sowie des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (B.v. 6.1.2011 - 18 B 1662/10) ab. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe mit der Entscheidung vom 14. Februar 2018 (10 CS 18.350, 10 C 18.351) seine bisherige Rechtsprechung zu § 39 Nr. 6 AufenthV auch nicht aufgegeben, weil diese neuere Entscheidung eine andere, nicht vergleichbare Fallkonstellation betreffe. Der „berechtigte“ Aufenthalt des Klägers im Sinne des § 39 Nr. 6 AufenthV ergebe sich unmittelbar aus Art. 21 Abs. 1 SDÜ. Dieser Bestimmung lasse sich nicht die Voraussetzung entnehmen, dass der Drittausländer bei seiner Einreise auch lediglich einen solchen Kurzaufenthalt beabsichtigt habe. Unabhängig davon sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts der Entschluss zur Eheschließung von den Ehegatten am 14. Oktober 2018 und damit vier Tage nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland getroffen worden, sodass § 39 Nr. 6 AufenthV in jedem Fall anwendbar sei. Insofern liege auch ein Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, weil es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, erforderliche tatsächliche Feststellungen zum von ihm angenommenen „von vornherein beabsichtigten Daueraufenthalt“ zu treffen. Die Einreise des Klägers sei auch nicht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unerlaubt gewesen, da der Kläger Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Mitgliedstaats gewesen sei und es bezüglich der Rechtmäßigkeit einer Einreise allein auf objektive Kriterien und nicht auf die Motivation des Einreisenden ankomme. Die Ehefrau sei inzwischen im vierten Monat schwanger, weshalb eine schützenswerte eheliche Lebensgemeinschaft unzweifelhaft sein sollte.

Diese Einwendungen begründen jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils.

Derartige Zweifel am Urteilsspruch und damit am Ergebnis der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen vorliegend schon deshalb nicht, weil zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.8.2018 - 1 C 22.17 - juris Rn. 11 m.w.N.) schon die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beanspruchte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 30 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht mehr vorliegen. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist (nur) nach dem Ergebnis, also dem Sachausspruch der Urteilsformel, und nicht - isoliert - nach den Entscheidungsgründen zu beurteilen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 12 m. Rspr-Nachweisen). Eine Änderung der Sachlage ist im Zulassungsverfahren im Rahmen der Prüfung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach diesen Grundsätzen des maßgeblichen Entscheidungszeitpunkts zu berücksichtigen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 21 m.w.N.).

Wie die Parteien auf Nachfrage des Senats mitgeteilt haben, ist die (stammberechtigten) Ehefrau des Klägers derzeit (nur) im Besitz einer Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG, da über ihren Antrag vom 16. August 2018 auf Verlängerung ihrer befristeten (Gültigkeitsdauer bis 21.8.2018) Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG von der zuständigen Ausländerbehörde noch nicht entschieden worden ist; die Prüfung der Voraussetzungen für eine Verlängerung benötige aufgrund von „Unklarheiten“ offensichtlich noch einige Zeit.

Damit ist die stammberechtigte Ehefrau aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht mehr im „Besitz“ eines nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitels; die Fiktion des Fortbestehens des Aufenthaltstitels gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG steht gerade auch mit Blick auf die Grundsätze der Zweckbindung und Akzessorietät beim Familiennachzug (s. § 27 Abs. 4 AufenthG) dem „Besitz“ der Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht gleich (a.A. Marx in GK-AufenthG, Stand: Jan. 2019, II - § 29 Rn. 21 m.w.N.; nicht eindeutig: Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 29 Rn. 10, § 30 Rn. 12 f.). Denn nach Sinn und Zweck der Regelung des § 81 Abs. 4 AufenthG sowie der Gesamtsystematik des Aufenthaltsgesetzes vermittelt diese Regelung nur eine vorläufige verfahrensrechtliche, aber gerade keine materiellrechtliche Position (vgl. eingehend BVerwG, U.v. 30.3.2010 - 1 C 6.09 - juris Rn. 18 ff. zur Frage der Gleichstellung von Fiktionszeiten mit Titelbesitzzeiten nach § 26 Abs. 4 AufenthG; vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2017 - 19 CS 16.2376 - juris Rn. 13 zur Frage der Gleichstellung beim Ausweisungsschutz nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; B.v. 4.3.2015 - 10 ZB 15.124 - juris Rn. 8 zur Frage der Gleichstellung mit Zeiten einer ordnungsgemäßen Beschäftigung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80; OVG RhPf, B.v. 23.10.2018 - 7 A 10866/18 - juris Rn. 29 zur Frage der Gleichstellung bei § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG; OVG SH, B.v. 9.2.2016 - 4 MB 6/16 - juris Rn. 13 zur Frage der Gleichstellung bei § 39 Nr. 1 AufenthV; nicht eindeutig: VGH BW, B.v. 7.11.2018 - 11 S 2018/18 - Ls. 1, Rn. 10 ff. zur Frage der Anrechnung von Fiktionszeiten nach § 26 Abs. 4 AufenthG). Dafür, dass allein der rechtzeitige Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Stammberechtigten trotz der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG dem „Besitz“ eines Aufenthaltstitels im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht gleichsteht, spricht auch der dem Aufenthaltsrecht zugrunde liegende Grundsatz der Zweckbindung und akzessorischen Verknüpfung zum Aufenthaltsrecht des Stammberechtigten (s. § 27 Abs. 4 AufenthG; vgl. auch Nr. 27.4 AVV AufenthG). Deshalb kann dem nachziehenden Familienangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis nicht für einen Zeitraum erteilt werden, für den der Titelbesitz des Stammberechtigten nicht nur nicht feststeht, sondern aufgrund der weiter erforderlichen Prüfung der Verlängerungsvoraussetzungen zumindest noch unsicher ist. Für diese Auslegung und gegen eine Gleichstellung sprechen schließlich auch Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Buchst. e Richtlinie 2003/86/EG vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 Buchst. ii der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (zum Besitz eines Aufenthaltstitels nach diesen Bestimmungen vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 27 Rn. 27 ff.).

Ernstlichen Zweifeln begegnet die angegriffene Entscheidung aber auch insofern nicht, als das Verwaltungsgericht das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (Einreise ohne das erforderliche nationale Visum nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG für den beabsichtigten Daueraufenthalt) verneint und eine Anwendung der Ausnahmeregelung des § 39 Nr. 6 AufenthV abgelehnt hat.

Schon im Ansatz verfehlt ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Klägers, der Entschluss zur Eheschließung sei von seiner Ehefrau und ihm am 14. Oktober 2018 und damit vier Tage nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland getroffen worden, weil das Verwaltungsgericht insoweit zu Recht auf die erneute Einreise nach der Eheschließung am 20. November 2017 abgestellt hat. Das Verwaltungsgericht ist daher auch völlig zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger am 20. November 2017 eingereist ist, um eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu seiner Ehefrau zu beantragen und mit dieser auf Dauer die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen. Die auf einen „nachträglichen Wechsel des Aufenthaltszwecks“ und demzufolge eine Anwendbarkeit von § 36 Nr. 6 AufenthV zielenden Einwendungen des Klägers greifen somit nicht.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Rechtsauffassung des Erstgerichts, der Kläger sei aufgrund seines von Ungarn ausgestellten Aufenthaltstitels nicht im Sinne von § 39 Nr. 6 AufenthV in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) berechtigt gewesen, in das Bundesgebiet einzureisen und sich in der Folge hier aufzuhalten, weil er in der Absicht eingereist sei, sich dauerhaft und nicht nur für maximal 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet aufzuhalten. Das Verwaltungsgericht ist trotz des insoweit offenen Wortlauts des Art. 21 Abs. 1 SDÜ zu dieser Auslegung vor allem aufgrund der in dieser Bestimmung normierten Voraussetzung gelangt, dass die in Art. 5 (jetzt: Art. 6) Abs. 1 Buchst. a, c und e der (früheren) Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex, im Folgenden: SGK a.F.) - für das Überschreiten der Außengrenzen - aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllt sein müssen. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c SGK a.F. (jetzt Art. 6 Abs. 1 Buchst. c SGK) muss der Drittstaatsangehörige den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben. Der beabsichtigte Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung bezieht sich nach dem vorangehenden Satz 1 (unmittelbar) auf einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen; dieser Zeitraum korrespondiert wiederum mit der nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ maximal zulässigen Aufenthaltsdauer. Dieser Umstand sowie der systematische Zusammenhang mit der für sichtvermerksfreie Drittausländer geltenden Regelung des Art. 20 SDÜ (vgl. dazu VG Stuttgart, B.v. 7.5.2014 - 5 K 4470/13 - juris Rn. 6; a.A. mit jedoch nicht überzeugender, weil bzgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) widersprüchlicher Begründung VG Aachen, U.v. 13.4.2016 - 8 K 669/15 - juris Rn. 48 ff.) und Sinn und Zweck der Regelung in Art. 21 SDÜ (vgl. OVG Hamburg, B.v. 1.6.2018 - 1 Bs 126/17 - juris Rn. 19) sprechen für das vom Erstgericht zugrunde gelegte Normverständnis.

Damit setzt sich das Verwaltungsgericht auch nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats, der Art. 21 Abs. 1 SDÜ zuletzt (vgl. B.v. 14.2.2018 - 10 CS 18.350, 10 C 1810 C 18.351 - juris Rn. 26) in gleicher Weise verstanden hat. In den vom Kläger zur Stützung seiner Auffassung angeführten früheren Entscheidungen hat der Senat (B.v. 4.2.2011 - 10 CS 10.3149 u.a. -, B.v. 8.12.2014 - 10 CS 14.2500, 10 C 14.2501 - jeweils juris) nicht entscheidungstragend und ohne eingehende Auseinandersetzung mit dieser Frage zwar noch eine gegensätzliche Auffassung geäußert; daran wird aber aus den oben dargelegten Gründen nicht festgehalten.

2. Auch die Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) hat aus den zuletzt genannten Gründen keinen Erfolg.

Eine Divergenz in diesem Sinn ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2004 - 6 PB 15/03 - NVwZ 2004, 889/890) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz oder einem verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung der genannten übergeordneten Gerichte aufgestellten tragenden Rechts- oder Tatsachensatz oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abweicht und die Entscheidung darauf beruht (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 124 Rn. 42; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73 m.w.N.).

Eine zur Zulassung der Berufung führende Abweichung ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil die vom Kläger angeführten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 4.2.2011 - 10 CS 10.3149 u.a. -, B.v. 8.12.2014 - 10 CS 14.2500, 10 C 14.2501 - jeweils juris) zum einen nicht tragend auf dem Rechtssatz beruhen, der nach Auffassung des Klägers die Divergenz begründet, und zum anderen der Senat an der in den genannten Entscheidungen (jeweils nicht entscheidungstragend) geäußerten Auffassung zur Tragweite von § 39 Nr. 6 AufenthV bzw. Art. 21 Abs. 1 SDÜ nicht mehr festhält (vgl. B.v. 14.2.2018 - 10 CS 18.350, 10 C 1810 C 18.351 - juris Rn. 26; zu diesen Vorauss. für eine Abweichung vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 42).

3. Die Berufung ist schließlich nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO zuzulassen.

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die gebotene Sachaufklärung bezüglich eines „von vornherein beabsichtigten Daueraufenthalts“ unterlassen, obwohl dargelegt worden sei, dass die Entscheidung zur Eheschließung erst am 14. Oktober 2018 und damit vier Tage nach der Einreise in die Bundesrepublik gefasst worden sei, vermag dies den behaupteten Verfahrensmangel nicht zu begründen. Denn das Verwaltungsgericht hat - wie bereits oben ausgeführt - diesbezüglich auf den Zeitpunkt der erneuten Einreise des Klägers nach der Eheschließung am 20. November 2017 abgestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


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Gesetz


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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindesten

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2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
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c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden:

1.
ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen (Schengen-Visum),
2.
ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen.

(2) Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen verlängert werden. Für weitere 90 Tage innerhalb des betreffenden Zeitraums von 180 Tagen kann ein Schengen-Visum aus den in Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009/EG genannten Gründen, zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder aus völkerrechtlichen Gründen als nationales Visum verlängert werden.

(2a) Schengen-Visa berechtigen nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, sie wurden zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt.

(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU geltenden Vorschriften. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts mit einem nationalen Visum wird auf die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Blauen Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU angerechnet.

(4) Ein Ausnahme-Visum im Sinne des § 14 Absatz 2 wird als Visum im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 erteilt.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil einen der folgenden Aufenthaltstitel besitzt:

1.
Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach Abschnitt 3 oder 4,
2.
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative,
3.
Aufenthaltserlaubnis nach § 28, § 30, § 31, § 36 oder § 36a,
4.
Aufenthaltserlaubnis nach den übrigen Vorschriften mit Ausnahme einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
5.
Blaue Karte EU, ICT-Karte, Mobiler-ICT-Karte,
6.
Niederlassungserlaubnis oder
7.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU.

(2) Hat das minderjährige ledige Kind bereits das 16. Lebensjahr vollendet und verlegt es seinen Lebensmittelpunkt nicht zusammen mit seinen Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in das Bundesgebiet, gilt Absatz 1 nur, wenn es die deutsche Sprache beherrscht oder gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt,
2.
der Ausländer oder sein mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebender Ehegatte eine Niederlassungserlaubnis nach § 18c Absatz 3, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 18f, § 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 besitzt, oder
3.
der Ausländer oder sein mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebender Ehegatte unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(3) Bei gemeinsamem Sorgerecht soll eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 auch zum Nachzug zu nur einem sorgeberechtigten Elternteil erteilt werden, wenn der andere Elternteil sein Einverständnis mit dem Aufenthalt des Kindes im Bundesgebiet erklärt hat oder eine entsprechende rechtsverbindliche Entscheidung einer zuständigen Stelle vorliegt.

(4) Im Übrigen kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen. Für minderjährige ledige Kinder von Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative besitzen, gilt § 36a.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf das minderjährige ledige Kind keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich das Kind in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für das minderjährige Kind entsprechend.

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiterverfolgt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, gegen die Abschiebungsanordnung aus der Haft heraus und gegen die Abschiebungsandrohung (Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.12.2015) nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen, ist nicht begründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antragsteller rügt mit seiner Beschwerde, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die im Bescheid vom 18. Dezember 2015 ebenfalls verfügte, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes inzident zu prüfende Ausweisung rechtmäßig erfolgt und die begehrte Erteilung der Aufenthaltserlaubnis deshalb nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu versagen sei, denn die Vorbelastungen des Antragstellers rechtfertigten die Ausweisung nicht; er sei vielfach wegen Straftaten im Bagatellbereich verurteilt worden. Die verbüßte Freiheitsstrafe habe nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Er habe weiterhin Kontakt zu seinen deutschen Kindern, so dass ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG anzuerkennen sei. Auch sei ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 gegeben, da er über eine Aufenthaltserlaubnis verfüge und sich seit mindestens fünf Jahren in der Bundesrepublik aufhalte.

Diese Rügen greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner inzident vorgenommenen Prüfung der Rechtmäßigkeit der verfügten Ausweisung (a) zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass diese nicht zu beanstanden sein wird (b).

a) Da für die Auslösung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AufenthG bereits die Wirksamkeit der Ausweisung ausreicht, hat das Verwaltungsgericht im Rahmen des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis eine Überprüfung der Ausweisungsverfügung vorgenommen. Wird der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG einer gleichzeitig verfügten Ausweisung abgelehnt, so hat dies zur Folge, dass aufgrund des Entfallens der aufschiebenden Wirkung nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG insoweit auch die Ausweisungsverfügung mittelbar vollzogen wird. Unerlässlich ist es deshalb, um den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu genügen, dass im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Versagung der Aufenthaltserlaubnis die Ausweisungsverfügung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft wird (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 10 CS 14.2656 – juris Rn. 22 m.w.N.).

b) Das Beschwerdevorbringen, mit dem der Antragsteller geltend macht, die Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis sei rechtswidrig, weil wegen der Fehlerhaftigkeit der Ausweisung § 11 Abs. 1 AufenthG nicht anwendbar sei, rechtfertigt nicht die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

aa) Das Verwaltungsgericht hat mit überzeugender Begründung festgestellt, dass die nach § 53 Abs. 1 AufenthG in der ab 1. Januar 2016 geltenden Neufassung (des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.2015, BGBl I S. 1886, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.3.2016, BGBl I S. 394) vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beim Antragsteller auch aktuell noch gegeben ist, weil die Wahrscheinlichkeit besteht, dass er weiterhin schwerwiegende, vor allem (auch) gegen die körperliche Unversehrtheit und damit ein besonders bedeutsames Schutzgut (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gerichtete Straftaten begehen wird. Das Verwaltungsgericht hat bei dieser Prognose die besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Umstände der Begehung der Straftaten, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt berücksichtigt.

Der Antragsteller hat während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik seit 2004 zahlreiche, vielfältige und wiederholt nicht nur geringfügige Straftaten bei hoher Rückfallgeschwindigkeit begangen, dabei auch die körperliche Unversehrtheit anderer Personen, insbesondere die seines entwicklungsverzögerten Sohnes und somit Schutzbefohlenen, vorsätzlich verletzt und ist insoweit auch als Wiederholungstäter und Bewährungsversager anzusehen. Am 19. Februar 2004 wurde er wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 15 Euro verurteilt; dem schloss sich am 22. Juli 2005 eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 30 Euro wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis an. Am 21. Februar 2006 wurde er wegen Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt (als Bewährungszeit sind 3 Jahre festgesetzt worden, die im weiteren Verlauf verlängert worden sind, bis schließlich die Strafaussetzung widerrufen werden und der Antragsteller vom 3.12.2008 bis 14.1.2009 in Haft genommen werden musste; der Verurteilung lagen Faustschläge und zugefügte Bissverletzungen zugrunde). Am 22. August 2006 folgte eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu 25 Euro wegen Erschleichens von Leistungen. Am 25. Januar 2007 wurde der Antragsteller wegen Freiheitsberaubung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 20 Euro verurteilt; nachträglich wurde am 27. Februar 2008 mit der Entscheidung vom 22. August 2006 eine Gesamtstrafe von 105 Tagessätzen zu 20 Euro gebildet. Am 12. Juni 2008 wurde der Antragsteller wegen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Beleidigung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt; der Strafrest wurde nach Verbüßung von zwei Dritteln am 25. Oktober 2011 zur Bewährung ausgesetzt. Dem folgte am 1. Dezember 2008 eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 20 Euro und am 25. Mai 2009 eine Verurteilung wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten. Nach einer weiteren Verurteilung am 19. April 2010 wegen Erschleichens von Leistungen folgte am 5. Februar 2013 die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung des Sohnes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Am 19. Februar 2014 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt; der Verurteilung lag ein Faustschlag ins Gesicht im Rahmen einer zunächst verbalen Auseinandersetzung mit dem Geschädigten (Hausmeister der Mietwohnung des Antragstellers) zugrunde. Eine Strafaussetzung zur Bewährung kam ausweislich des Urteils wegen deutlich negativer Sozialprognose und Bewährungsversagens nicht in Betracht. Der Antragsteller befand sich vom 12. März 2014 bis zum 7. März 2016 erneut in Strafhaft. Während der Strafhaft hat sich der Antragsteller gegenüber einem Mitgefangenen wegen Beleidigung durch Anspucken strafbar gemacht, abgeurteilt am 23. März 2016 mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 10 Euro.

Der Antragsteller ist damit seit 2004 fortlaufend strafrechtlich in Erscheinung getreten, und zwar nicht nur - wie in der Beschwerde vorgetragen – mit Straftaten im Bagatellbereich, sondern vor allem wiederholt mit vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten. Bereits mit der am 19. Februar 2014 abgeurteilten Straftat hat der Antragsteller ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG und – nach der seit dem 17. März 2016 geltenden Rechtslage (vgl. G.v. 11.3.2016, BGBl 2016 I, S. 394) - auch ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG begründet. Der Vollzug vorangegangener Freiheitsstrafen oder eine laufende Bewährung haben ihn nicht von der Begehung weiterer Körperverletzungsdelikte abhalten können. Das ungehemmte Aggressionspotential des Antragstellers belegt, dass der Antragsteller dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), das innerhalb der Wertordnung des Grundgesetzes einen besonderen Platz einnimmt, nicht die erforderliche Bedeutung beimisst.

Der Antragsteller trägt vor, er habe seit der Haftentlassung vom März 2016 keine Straftaten mehr begangen und sich gewandelt. Dies ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu widerlegen. Dass ihn entgegen des Beschwerdevorbringens auch die letzte Strafhaft nicht nachhaltig beeindruckt oder geläutert hat, belegt zunächst die erneute Straffälligkeit wegen Beleidigung gegen Ende der Haftzeit. Hinzu kommt, dass der Antragsteller seine Strafe voll verbüßen musste. Wäre dem Kläger eine Aussetzung eines Strafrests gewährt worden, hätte dies zumindest bedeutet, dass im Rahmen der Strafvollstreckung von einer „gewissen Wahrscheinlichkeit“ eines Resozialisierungserfolgs in der Bewährungszeit ausgegangen worden ist. Nach der strafgerichtlichen Rechtsprechung kann die Aussetzung des Strafrestes „verantwortet werden“ im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit, eine „reale Chance“ für den Erfolg spricht; eine Wahrscheinlichkeit der Resozialisierung, also eine Unwahrscheinlichkeit neuer Straftaten muss demgegenüber nicht unbedingt gegeben sein vgl. BGH, U.v. 28.06.2000 - 3 StR 156/00 - NStZ-RR 2001,15, juris Rn. 18 sowie BayObLG, U.v. 05.09.2002 - 5 St RR 224/2002 - NStZ-RR 2003, 105, juris Rn. 9 ff.; eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ der Bewährung in Freiheit wird nicht gefordert, vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 57 Rn. 14 ff. und Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 57 Rn. 14). Nachdem der Antragsteller eine solche Strafaussetzung nicht erhalten hat, ist im Rahmen der Strafvollstreckung weder von einer Wahrscheinlichkeit der Resozialisierung noch von einer diesbezüglichen realen Chance ausgegangen worden.

Schließlich ist nicht zu verkennen, dass der Antragsteller auch nach der Haftentlassung unter dem Druck des noch offenen Ausweisungsverfahrens steht. Eine drohende Ausweisung erzeugt im allgemeinen und insbesondere bei Personen mit Hafterfahrung einen Legalbewährungsdruck, der über denjenigen einer drohenden Inhaftierung hinausgeht. Dies entspricht nicht nur der Erfahrung des Senats. In Fällen, in denen therapeutische/psychologische Stellungnahmen zur Rückfall-Thematik vorliegen, wird häufig die erhebliche Beeindruckung durch eine bevorstehende Ausweisung beschrieben (vgl. beispielsweise S. 26 des Senatsbeschlusses vom 2.5.2017 – 19 CS 16.2466 – juris). Hierzu trägt auch der Umstand bei, dass im Ausweisungsrechtsstreit aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist noch nicht ergangen, so dass der Antragsteller deswegen auch jetzt noch unter einem besonderen Legalbewährungsdruck steht. Demzufolge ist das Legalverhalten des Antragstellers nach der Haftentlassung für die ausweisungsrechtliche Prognose zwar heranzuziehen, jedoch nur bedingt aussagekräftig, weil es nicht ohne weiteres auf ein straffreies Leben nach dem Abschluss des Ausweisungsverfahren schließen lässt. Insgesamt liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Antragsteller mit seiner erheblichen kriminellen Vergangenheit tatsächlich ernsthaft auseinandersetzt und es bei ihm nach Verbüßung der Freiheitsstrafe zu einem ernsthaften und nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist. In der Gesamtschau kommt den günstigen Prognoseaspekten lediglich ein geringes, die negativen Prognosekriterien nicht überwiegendes Gewicht zu.

bb) Soweit sich der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen auf ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG wegen seiner beiden deutschen Kinder beruft, bleibt der Vortrag betreffend Kontakte zu seinen Kindern unsubstantiiert und pauschal. Es kann somit nicht von einer gelebten Wahrnehmung der Personensorge und eines Umgangsrechtes ausgegangen werden. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Antragsteller zum älteren Sohn, der Opfer des 2013 abgeurteilten Körperverletzungsdelikts war, keinen Umgangskontakt hat und zu dem jüngeren Sohn, bei dem eine Vaterschaftsanfechtung seitens der Kindsmutter angekündigt wurde, keinen Kontakt hat, sind nicht in Zweifel gezogen. Dementsprechend widerspricht es nicht dem Wohl der Kinder und ist es dem Antragsteller zuzumuten, den Kontakt künftig von dem Heimatland aus, in dem der Antragsteller seine wesentliche Prägung erfahren hat, durch Briefe oder digitale Medien aufrecht zu erhalten.

Es kommt hinzu, dass selbst bei Vorliegen eines schwerwiegenden Bleibeinteresses gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG sich unter Berücksichtigung der Vielzahl an Straftaten, der Rückfallgeschwindigkeit und des Bewährungsversagens des Antragstellers die Ausweisung auch im Licht von Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK als verhältnismäßig erweisen würde. Durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützte familiäre Belange setzen sich bei der einzelfallbezogenen Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers auch dann nicht zwangsläufig durch, wenn sie gewichtig sind (stRspr; vgl. z.B. BayVGH, B.v. 14.4.2015 – 10 ZB 14.2534 – juris Rn. 9 m.w.N.). Art. 6 Abs. 1 GG gewährt nämlich nicht von vornherein einen Schutz vor Ausweisung, sondern verpflichtet dazu, die familiären Bindungen entsprechend ihrem Gewicht angemessen in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 5.6.2013 – 2 BvR 586/13 – NVwZ 2013, 1207, Rn. 12). Vorliegend käme dem schwerwiegenden Ausweisungsinteresse das höhere Gewicht gegenüber einem schwerwiegenden Bleibeinteresse zu.

Ein schwerwiegendes Bleibeinteresse ist auch nicht aus § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ableitbar. Der Antragsteller vermag nicht mit seinem Beschwerdevorbringen durchzudringen, er sei aufgrund der am 24. Juli 2006 beantragten Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis wegen der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und halte sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet auf. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG fordert den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Eine im Hinblick auf den Verlängerungsantrag eines Aufenthaltstitels erteilte Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 AufenthG steht dem nicht gleich (vgl. BayVGH, U.v. 4.7.2011 – 19 B 10.1631 – juris Rn. 40 ff.; U.v. 4.2.2009 – 19 B 08.2774 – juris Rn. 41; OVG Saarl, B.v. 27.8.2014 – 2 D 282/14 – juris Rn. 5; Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 55 AufenthG, Rn. 6; a.A. Cziersky-Reis in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 55 AufenthG, Rn. 30, dessen Meinung, der in § 55 Abs. 3 AufenthG enthaltene Verweis auf Absatz 2 sei als Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu werten, vgl. § 55 AufenthG Rn. 41 nicht überzeugt). Sinn und Zweck der Fiktionswirkung sowie die erforderliche Differenzierung zwischen Rechtmäßigkeit eines Aufenthalts und Titelbesitz sprechen dafür, dass der Fiktionswirkung nur eine besitzstandswahrende, aber nicht eine rechtsbegründende Wirkung zukommen soll (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.2010 – 1 C-6/09 –, BVerwGE 136, 211 bis 222, Rn. 21). Für das Bestehen eines schwerwiegenden Bleibeinteresses nach § 55 AufenthG kommt es danach auf den tatsächlichen Besitz des jeweiligen Aufenthaltstitels an. Der Senat hat diese Frage im Hinblick auf einen Ausweisungsschutz in mehreren Entscheidungen in dem Sinne beantwortet, dass die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG dem tatsächlichen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleich steht (vgl. BayVGH, U.v. 4.7.2011, a.a.O., U.v. 4.2.2009, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahrens wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis weiter.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet‚ weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt und der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bereits nicht hinreichend dargelegt ist.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen dann‚ wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG‚ B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/9 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Erstgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt‚ dass die Ehe des Klägers‚ der am 3. April 2012 mit einem Visum zum Familiennachzug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, nur bis längstens 30. September 2013 bestanden habe‚ so dass die in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorgesehene Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erfüllt sei. Selbst wenn - wie vom Kläger vorgetragen - seine Ehefrau ihn ständig um Geld gebeten und ihm das letzte Geld abgenommen haben sollte‚ würde daraus keine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 AufenthG folgen. Eine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 AufenthG liege nur vor‚ wenn es besondere Umstände während der Ehe in Deutschland dem Ehegatten unzumutbar machten‚ zur Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts an der ehelichen Lebensgemeinschaft festzuhalten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach Art. 6 ARB 1/80. Dies würde voraussetzen‚ dass der Kläger ein Jahr ordnungsgemäß beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt gewesen wäre. Am 5. Februar 2013 habe er zwar eine Beschäftigung begonnen‚ die er mehr als ein Jahr ausgeübt habe. Während dieser Zeit sei er jedoch nur im Besitz einer Fiktionsbescheinigung gewesen‚ die das Kriterium der Ordnungsgemäßheit i. S. v. Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erster Spiegelstrich nicht erfülle. Einen Anspruch auf Verlängerung des Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung habe der Kläger nicht‚ weil er inzwischen aus dem Bundesgebiet ausgereist sei und kein konkretes Arbeitsplatzangebot im Bundesgebiet bestehe. Es brauche nicht entschieden werden‚ ob die Klage allein schon deshalb unbegründet sei‚ weil der Kläger inzwischen in der Türkei lebe und zur Wiedereinreise in die Bundesrepublik ein Visum benötige, so dass die Beklagte dem Kläger derzeit keine Aufenthaltserlaubnis erteilen könne, sondern nur im Wege der zwischenbehördlichen Zustimmung eingebunden werde. Ein Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG bestehe nicht‚ weil die vorgelegten medizinischen Berichte nicht bestimmt genug seien‚ um eine Reiseunfähigkeit des Klägers aus gesundheitlichen Gründen annehmen zu können. Im Übrigen stelle sich nach der Ausreise des Klägers in die Türkei die Frage der Reisefähigkeit nicht mehr.

Der Kläger bringt im Zulassungsverfahren zunächst vor‚ die Beklagte könne sich nicht darauf berufen‚ dass die Beschäftigung des Klägers nicht ordnungsgemäß i. S. v. Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 gewesen sei. Er habe bereits am 10. Januar 2013 die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt und dabei eine Ehebestandserklärung abgegeben. Damals hätten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vorgelegen. Es stelle eine besondere Härte dar‚ dass ihm die Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht nicht verlängert worden sei. Auch durch das Verhalten seiner Ehefrau sei eine besondere Härte eingetreten. Durch ihre ständige Gier nach Geld sei der Kläger physisch und psychisch misshandelt worden. Dies ergebe sich aus dem Attest vom 27. Februar 2014. Es lägen daher auch gesundheitliche Gründe vor‚ weshalb die Verfügung der Beklagten rechtswidrig sei. Aus dem Attest ergebe sich‚ das die Krankheit erheblich und besorgniserregend sei.

Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils jedoch nicht ernstlich in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen‚ dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vorliegen. Die vom Kläger angeführte Gier seiner Ehefrau nach Geld stellt keine besondere Härte dar‚ die dem Kläger wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar gemacht hätte (§ 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG). Eine Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange läge z. B. dann vor‚ wenn der Ausländer oder ein in der Familie lebendes Kind Opfer von Übergriffen geworden wäre‚ die zu Beeinträchtigungen seiner Gesundheit‚ körperlichen oder psychischen Integrität oder Bewegungsfreiheit geführt hätten. Die Eingriffe des stammberechtigten Partners müssten auf Seiten des Opfers zu einer Situation geführt haben‚ die maßgeblich durch Angst vor physischer oder psychischer Gewalt geprägt gewesen sein müsste. Insoweit kommt es nicht auf die subjektiv empfundene Unzumutbarkeit an‚ sondern die Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange muss objektiv eine gewisse Intensität erreicht haben (BayVGH‚ B. v. 3.11.2014 - 10 ZB 14.1769 - juris Rn. 7 m. w. N.). Im Zulassungsvorbringen fehlt es über die bloße Behauptung hinaus‚ dass der Kläger durch die Geldgier seiner Ehefrau psychisch misshandelt worden sei, an jeglicher konkreten Darlegung‚ welche Art von Übergriffen seitens der Ehefrau objektiv zur Beeinträchtigung der psychischen Integrität des Klägers geführt haben sollen. Auch wenn der Kläger die finanziellen Forderungen seiner Ehefrau als belastend empfunden haben mag‚ ist aus dem Zulassungsvorbringen nicht ersichtlich‚ dass sich der Kläger während der Ehe und vor der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft in einer Situation befand‚ die maßgeblich von Angst vor psychischer oder physischer Gewalt geprägt war (vgl. BayVGH‚ B. v. 11.11.2014 - 10 ZB 14.2078 - juris Rn. 7 m. w. N.). Soweit dem Kläger ein depressiv-suizidales Syndrom bescheinigt wird (Bericht von Dr. med. G.R. v. 6.3.2014), liegt dieser Befund weit nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft am 30. September 2013. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verhalten der Ehefrau während der Ehe, der dadurch bedingten Auflösung der Ehe und der geltend gemachten Erkrankung ist nicht erkennbar.

Soweit der Kläger vorbringt‚ dass er zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis am 10. Januar 2013 noch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gehabt habe‚ die Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nur durch die zögerliche Sachbehandlung der Beklagten vereitelt worden sei und ihm die Beklagte nun vorhalte, sein Aufenthalt sei nicht ordnungsgemäß i. S. d. Art. 6 ARB 1/80‚ ergibt sich daraus keine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 AufenthG. § 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG setzt voraus‚ dass die erhebliche Beeinträchtigung von schutzwürdigen Belangen wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung droht. Erfasst werden damit nur solche Beeinträchtigungen des Ausländers‚ die mit der Ehe und ihrer Auflösung zumindest im mittelbaren Zusammenhang stehen (vgl. BayVGH‚ B. v. 3.7.2014 - 10 CS 14.687 - juris Rn. 13 m. w. N.). Eine womöglich verzögerte Sachbehandlung der Behörde bei der Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis ist davon nicht erfasst.

Das Verwaltungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen‚ dass der Kläger keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 hat. Der Kläger war zwar ab dem 5. Februar 2013 über ein Jahr beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt‚ seine Beschäftigung war aber nicht ordnungsgemäß i. S. v. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80‚ weil die Geltungsdauer der ihm am 2. Juli 2012 erteilten Aufenthaltserlaubnis am 18. Januar 2013 endete und die ihm am 10. Januar 2013 ausgestellte Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG keinen ordnungsgemäßen Aufenthalt für eine Aufenthaltserlaubnis nach Art. 6 ARB 1/80 vermittelt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt‚ dass eine ordnungsgemäße Beschäftigung i. S. d. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt voraussetzt. Notwendig ist ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht. Eine vorläufige aufenthaltsrechtliche Rechtsposition während eines laufenden Verfahrens reicht nicht aus. Ein unbestrittenes Aufenthaltsrecht in diesem Sinne liegt insbesondere dann nicht vor‚ wenn der bisherige Aufenthaltstitel gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG lediglich bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt und der Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels dann - wie vorliegend durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 14. Februar 2014 - abgelehnt wird. Die Regelung des § 81 Abs. 4 AufenthG vermittelt keine materielle Rechtsposition‚ so dass die Fiktionszeiten nicht als gesicherte aufenthaltsrechtliche Position für eine ordnungsgemäße Beschäftigung i. S. d. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 ausreichend sind (vgl. BVerwG‚ U. v. 19.4.2012 - 1 C 10.11 - juris Rn. 25; OVG Sachsen-Anhalt‚ B. v. 7.7.2014 - 2 M 29/14 - juris Rn. 14 m. w. N.; BayVGH‚ B. v. 18.8.2014 - 10 CS 14.1324 - Rn. 8 m. w. N.). Denn ein Antragsteller soll durch die verspätete Entscheidung über seinen Antrag nicht schlechter‚ aber auch nicht besser gestellt werden‚ als wenn die Behörde alsbald entschieden hätte. Deshalb hat die Fiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG nur besitzstandswahrende, nicht aber rechtsbegründende Wirkung (vgl. BVerwG‚ U. v. 30.3.2010 - 1 C 6.09 - juris Rn. 21). Bezogen auf den Fall des Klägers bedeutet dies‚ dass dann‚ wenn die Beklagte entschieden hätte‚ dem Kläger stehe ein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zu‚ die Zeiten ab Antragstellung als ordnungsgemäße Aufenthaltszeiten im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 Berücksichtigung gefunden hätten. Umgekehrt können die Fiktionszeiten nach der endgültigen Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht zu einer ordnungsgemäßen Beschäftigung i. S. d. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 führen.

Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag‚ die Beklagte sei bei Stellung des Verlängerungsantrags verpflichtet gewesen‚ ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, weil zu diesem Zeitpunkt die eheliche Lebensgemeinschaft noch bestanden habe, so dass seine Beschäftigung ordnungsgemäß i. S. v. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 gewesen sei‚ begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen‚ dass dem Kläger spätestens nach Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft am 30. September 2013 materiell kein Aufenthaltsrecht mehr zugestanden und daher keine ordnungsgemäße Beschäftigung i. S. v. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 vorgelegen habe. Mit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach das Innehaben einer formellen Rechtsposition für eine ordnungsgemäße Beschäftigung nicht ausreicht, hat sich der Kläger im Zulassungsverfahren nicht auseinander gesetzt.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Erforderlichkeit eines Visumverfahrens für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sind für die Entscheidung des Erstgerichts‚ die Klage auf Verpflichtung der Beklagten auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzuweisen‚ nicht entscheidungserheblich (vgl. S. 19 des Urteils). Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers im Zulassungsverfahren sind daher nicht geeignet‚ ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.

Soweit der Kläger vorbringt, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei nicht richtig, weil das Gericht die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen über seinen Gesundheitszustand nicht zutreffend gewürdigt habe, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Erkrankung des Klägers beziehen sich auf die Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 und Nr. 3 des Bescheides vom 14. Februar 2014, nicht auf die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Dies beruht darauf, dass der Kläger im Verfahren 10 CS 14.1324 geltend gemacht hat, er sei wegen seines besorgniserregenden Gesundheitszustands nicht reisefähig. Der behandelnde Arzt spricht in der ärztlichen Bescheinigung vom 6. März 2014 nur davon‚ dass eine Behandlung des depressiv-suizidalen Syndroms begonnen worden und der Zustand des Klägers weiter sehr besorgniserregend sei‚ so dass eine amtsärztliche Beurteilung der Reisefähigkeit erforderlich sei. Auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Juli 2014 ist vermerkt‚ dass der Kläger derzeit wegen seines schlechten Allgemeinzustands reiseunfähig sei. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt‚ dass sich nunmehr‚ nachdem der Kläger inzwischen in die Türkei ausgereist sei‚ die Frage der Reisefähigkeit nicht mehr stelle. Der Kläger legt im Zulassungsverfahren nicht hinreichend dar, aus welchen Gründen das Urteil diesbezüglich unrichtig sein sollte. Auch führt er nicht aus, inwieweit eine etwaige Reiseunfähigkeit des Klägers wegen einer behandlungsbedürftigen Depression Auswirkungen auf seinen geltend gemachten Anspruch auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gehabt haben solle.

Der Zulassungsgrund der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Für eine substantiierte Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache hätte es einer konkreten Bezeichnung und Darlegung bedurft‚ welche Rechts- und Tatsachenfragen der Kläger als besonders schwierig ansieht und worin der besondere Schwierigkeitsgrad besteht (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2015 - 10 ZB 14.345 - juris Rn. 18 m. w. N.). Dieses Erfordernis erfüllt das Zulassungsvorbringen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. Juni 2018 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Das vom Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen – soweit sie überhaupt den Voraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend vorgebracht wurden – nicht vor.

3

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel.

4

a) Solche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nur anzunehmen, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2017 – 2 BvR 2615/14 –, juris, Rn. 19). Dazu müssen substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Urteilselemente greifen nicht durch, wenn sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 – 7 AV 4.03 –, juris, Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 31. August 2017 – 8 ZB 16.1357 –, juris, Rn. 11).

5

Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die am 2. Juni 2017 verfügte Ausweisung des Klägers und auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Insbesondere hat es zutreffend wegen der vom Kläger am 15. Februar 2012 verübten Straftat (schwerer sexueller Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person in Tateinheit mit Aussetzung) ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse angenommen, dem kein gleichwertiges Bleibeinteresse gegenüberstehe. Das Verwaltungsgericht hat ferner nachvollziehbar dargelegt, dass unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände das Interesse an der Ausweisung des Klägers aus generalpräventiven Gesichtspunkten überwiege, die durch spezialpräventive Gründe gestützt würden. Die Richtigkeit dieser Erwägungen stellen die Einwände des Klägers nicht in Frage.

6

b) Soweit er sich gegen die Feststellung eines generalpräventiv begründeten Ausweisungsinteresses wendet, genügen seine Ausführungen teilweise den Darlegungserfordernissen nicht und sind insgesamt nicht geeignet, Zweifel am Vorliegen eines solchen Ausweisungsinteresses zu begründen.

7

Die vom Kläger aufgestellten Behauptungen, das Verwaltungsgericht habe sein Alter zur Tatzeit, das Fehlen einer „kriminellen Karriere“ und seinen Verzicht auf vorzeitige Haftentlassung zur Durchführung einer Sozialtherapie nicht ausreichend gewürdigt, erfüllen die Anforderungen an die Darlegung eines Grundes für die Zulassung der Berufung nicht. Gleiches gilt, soweit er anführt, der Dauer seines Aufenthalts in Deutschland, den hiesigen Bindungen und denen zur Türkei sei nicht das erforderliche Gewicht beigemessen worden.

8

Für die Begründung ernstlicher Zweifel muss sich der Rechtsmittelführer mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts substantiell auseinandersetzen und dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen sie ernstlich zweifelhaft sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 124a, Rn. 52). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht.

9

Das Verwaltungsgericht hat alle vom Kläger genannten Kriterien berücksichtigt. Es spricht mehrfach von Jugendstrafe und hatte damit das Alter des Klägers im Blick. Ferner wird mehrfach auf das Urteil des Landgerichts Mainz vom 16. Dezember 2013 (3111 Js 4733/12.jug – 1 KLs –) Bezug genommen, für das etwaige Vorstrafen von Bedeutung waren. Das Verwaltungsgericht setzt sich zudem mit dem Verhalten des Klägers während der Haftzeit und mit seiner Therapie auseinander (UA, S. 11). Mit dem im Tatbestand vermerkten Datum der Einreise des Klägers findet die Dauer seines Aufenthaltes in Deutschland Berücksichtigung. Schließlich erörtert das Verwaltungsgericht die Bindungen des Klägers in Deutschland und in der Türkei (UA, S. 12). Da das Verwaltungsgericht die genannten Kriterien berücksichtigt hat, hätte der Kläger darlegen müssen, weshalb deren Bewertung fehlerhaft war. Die bloße Behauptung, den Gesichtspunkten sei nicht das erforderliche Gewicht beigemessen worden, genügt nicht. Zudem fehlt eine Erläuterung dazu, warum diese Kriterien bei der Feststellung eines generalpräventiv begründeten Ausweisungsinteresses von Bedeutung sein könnten.

10

Generalpräventive Gesichtspunkte können auch nach dem seit dem 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrecht ein Ausweisungsinteresse begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 – 1 C 16/17 –, juris, LS 1; Urteil des Senats vom 5. April 2018 – 7 A 11529/17.OVG, juris, LS 1). Dabei kommt es bei der Prüfung, ob der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, darauf an, dass die Ausweisung eine angemessene generalpräventive Wirkung erwarten lässt. Dies ist der Fall, wenn damit gerechnet werden kann, dass sich andere Ausländer mit Rücksicht auf eine kontinuierliche Ausweisungspraxis ordnungsgemäß verhalten. Behörden und Gerichte dürfen davon ausgehen, dass eine aus Anlass einer strafgerichtlichen Verurteilung verfügte Ausweisung zur Verwirklichung dieses Zwecks geeignet ist. Erforderlich ist, dass es Ausländer gibt, die sich in einer mit dem Betroffenen vergleichbaren Situation befinden und sich durch dessen Ausweisung von gleichen oder ähnlichen strafbaren Handlungen abhalten lassen (vgl. Urteil des Senats vom 5. April 2018 – 7 A 11529/17.OVG –, juris, Rn. 44, m.w.N.). Selbst wenn bei einem straffälligen Ausländer keine (Wiederholungs-)Gefahr besteht, kann von seinem Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wenn im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer nicht davon abgehalten werden, vergleichbare Delikte zu begehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 – 1 C 16/17 –, juris, Rn. 16).

11

Im Fall des Klägers hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass dessen Ausweisung geeignet ist, Ausländer, die aus einem nicht der Gleichberechtigung von Mann und Frau verpflichteten Kulturkreis stammen, von der Begehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung abzuschrecken. Die Schwere der vom Kläger begangenen Tat und vor allem die Motivation für diese lassen die Ausweisung des Klägers als erforderlich erscheinen, um andere Ausländer in vergleichbarer Situation von ähnlichen Delikten abzuhalten.

12

Die besondere Brutalität der Tat ergibt sich aus den Feststellungen im bereits zitierten rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Mainz vom 16. Dezember 2013. Danach setzten der Kläger und zwei weitere junge Männer am 15. Februar 2012 eine 16jährige Bekannte unter Alkohol und verbrachten sie in ein Parkhaus. Dort entkleideten sie die inzwischen Willenlose und setzten sie auf den Kläger. Dieser drang in deren Scheide ein, während ein Mittäter mindestens zweimal mit der geballten Faust in den Anus des Opfers stieß, dies mit den Fingern beider Hände wiederholte und die Hände unter massiver Kraftanwendung auseinanderriss. Dabei riss im Unterleib des Opfers das gesamte Haut-, Binde- und Muskelgewebe unter Einschluss des Schließmuskels zwischen Vagina und Rektum. Nach Worten des rechtsmedizinischen Sachverständigen entstand eine riesige Wundhöhle. Die Täter ließen das Opfer zurück. Die Verletzungen der jungen Frau mussten operiert werden. Ein künstlicher Darmausgang konnte erst 18 Monate nach der Tat zurückverlegt werden. Sie leidet bis heute unter körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen.

13

Unter generalpräventiven Gesichtspunkten von besonderer Bedeutung ist das sich aus dem vorgenannten Strafurteil ergebende Geschehen im Vorfeld der Tat und insbesondere die sich daraus ergebende Einstellung der Täter. Sie kannten das Opfer, das wie sie einen türkischen bzw. kurdischen Migrationshintergrund aufweist. Die 16jährige nahm allerdings westliche Wertvorstellungen an. Sie kleidete und schminkte sich nach westlicher Mode und ging ohne Begleitung aus. Allein dies qualifizierte sie nach dem Welt- und Frauenbild der Täter bereits als zu verachtende „Schlampe, die es mit jedem und gerne auch mit mehreren Männern gleichzeitig treibe“. Aus diesem Grund wählten die Täter die Jugendliche als Opfer mit der Absicht aus, mit ihr gleichzeitig Sexualverkehr zu haben.

14

Die dieser Auswahl zu Grunde liegende Schlussfolgerung, junge Frauen, die allein ausgehen und sich nach westlicher Mode kleiden und schminken, seien „leicht zu haben“, zeugt von einem archaischen Frauenbild, welches mit dem im Grundgesetz zum Ausdruck kommenden Verständnis von der Rolle der Geschlechter nicht in Einklang zu bringen ist. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar, gleich ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Diese Rechte bilden den Rahmen, den das deutsche Recht für den selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang der Geschlechter miteinander vorsieht. Damit ist die Vorstellung, Frauen mit westlich geprägtem Auftreten stünden ohne weiteres für sexuelle Handlungen zur Verfügung, nicht vereinbar. Es ist Aufgabe des Rechts der Gefahrenabwehr – und damit des Ausweisungsrechts nach dem Aufenthaltsgesetz – zu verhindern, dass eine solche, nicht an der Gleichberechtigung von Mann und Frau ausgerichtete Vorstellung Ausländer, die sich nicht an den Wertvorstellungen des Grundgesetzes orientieren, zu Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verleitet.

15

Vor diesem Hintergrund ist die Ausweisung des Klägers zur Verhinderung schwerer Straftaten erforderlich, indem einer Vielzahl von jungen Männern verdeutlicht wird, dass der deutsche Staat nicht nur Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bestraft, sondern auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergreift. Adressaten sind Männer, die dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen nicht die Bedeutung beimessen, die ihm nach dem Grundrechtsverständnis des Grundgesetzes zukommt. Gerade im früheren Umfeld des Klägers dürften solche junge Männer anzutreffen sein. Nach der Stellungnahme zur Sozial- und Kriminalprognose der JVA D. vom 10. Januar 2017 war der Kläger früher Mitglied einer üblen und sich ins Dissoziale hinein entwickelnden Clique. In deren Verhalten sei auch die Verachtung gegenüber Frauen zum Ausdruck gekommen. Den ausländischen Mitgliedern dieser Gruppe wird durch die Ausweisung des Klägers verdeutlicht, dass der deutsche Staat präventive Maßnahmen zum Schutz der Frauen ergreift. Personen aus diesem Kreis, die eine frauenverachtende Einstellung haben, wird so aufgezeigt, dass Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nicht nur straf- sondern auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben. Umgekehrt würde das Anliegen des Staates, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht zu schützen, beeinträchtigt, wenn der Kläger trotz der schwer- und langwierigen Folgen seiner Tat für das Opfer weiter in Deutschland bleiben dürfte. Der Umstand, dass er seine Strafe vollständig verbüßt hat, steht dem nicht entgegen. Mit der Freiheitsstrafe wird das begangene Unrecht geahndet, während die Ausweisung der Gefahrenabwehr dient.

16

Das Ziel der Gefahrenabwehr wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass seit der Tat mehr als sechs Jahre vergangen sind. Diese Zeitspanne genügt nicht, um der Ausweisung des Klägers die generalpräventive Bedeutung zu nehmen. Zur Beurteilung der Frage, ab wann staatliche Maßnahmen wegen des zeitlichen Abstandes zu ihrem Anlass an Bedeutung verlieren, kann auf die Fristen der §§ 78 ff. StGB zur Strafverfolgungsverjährung zurückgegriffen werden. Diese geben dem mit zunehmendem Zeitabstand eintretenden Bedeutungsverlust staatlicher Reaktionen einen zeitlichen Rahmen, der auch bei der Bewertung des generalpräventiven Ausweisungsinteresses herangezogen werden kann. Dabei bildet die einfache Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 StGB eine untere Grenze. Die obere Grenze orientiert sich an der absoluten Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB, die regelmäßig das Doppelte der einfachen Verjährungsfrist beträgt. Innerhalb dieses Zeitrahmens ist vom Fortbestand des generalpräventiven Ausweisungsinteresses auszugehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 – 1 C 16/17 –, juris, Rn. 23). Dieser Zeitrahmen ist hier eingehalten. Schon für die Straftat der Aussetzung, wegen der der Kläger nach § 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB verurteilt wurde, beträgt die einfache Verjährungsfrist fünf Jahre, da sie mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft wird (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die absolute Verjährung tritt demnach nach zehn Jahren ein. Diese Zeit ist seit der Tat vom 15. Februar 2012 noch nicht vergangen.

17

c) Das Verwaltungsgericht hat zudem zu Recht bei der Abwägung zwischen den Ausweisungs- und den Bleibeinteressen spezialpräventive Gründe berücksichtigt.

18

Beim Kläger liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1, 1a AufenthG vor, da er wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu einer Freiheitsstrafe von sechs, also mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist. Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen nach § 53 Abs. 2 AufenthG und Art. 8 EMRK ist dann von Bedeutung, inwieweit eine Wiederholungsgefahr für diese Straftaten angenommen werden kann.

19

Angesichts des hohen Rangs der durch die Tat am 15. Februar 2012 verletzten Rechtsgüter – Leib, Leben und sexuelle Selbstbestimmung – und mit Rücksicht auf das Ausmaß und die Folgen der Rechtsgutverletzungen – lebenslange seelische und körperliche Beeinträchtigung des Opfers – sind an die Annahme einer Wiederholungsgefahr keine hohen Anforderungen zu stellen. Allerdings kann allein die entfernte Möglichkeit einer erneuten Rechtsgutverletzung keine Wiederholungsgefahr begründen; vielmehr muss auch dann, wenn hochrangige Rechtsgüter verletzt wurden, eine Wiederholungsgefahr ernsthaft zu besorgen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 2012 – 1 C 13.11 –, juris, Rn. 18; Beschluss des Senats vom 14. März 2017 – 7 B 11061/16.OVG – ESOVGRP, Rn. 11). Im Fall des Klägers sprechen maßgebliche Gesichtspunkte für eine Wiederholungsgefahr.

20

Gedanklicher Ausgangspunkt der Tat am 15. Februar 2012 und insbesondere der Auswahl des Opfers war das Frauenbild des Klägers. Dieses hat sich nach den zur Verfügung stehenden sachverständigen Einschätzungen nicht geändert. Deshalb ist zu befürchten, dass der Kläger auch in Zukunft das Selbstbestimmungsrecht der Frauen und deren Willen in sexuellen Belangen nicht ausreichend beachtet, übergriffig wird und gegen Strafvorschriften verstößt, die dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung dienen. Für eine Änderung seiner Vorstellung, unabhängig auftretende und westlich orientierte Frauen seien „leicht zu haben“, finden sich in den vorrangig in den Blick zu nehmenden jüngeren Stellungnahmen der JVA D. keine Anhaltspunkte. Diese sind ausreichend aussagekräftig, um eine zuverlässige Beurteilung der Wiederholungsgefahr zu ermöglichen. Einer zusätzlichen Bewertung durch einen Gutachter bedarf es dazu entgegen der Auffassung des Klägers nicht.

21

In der Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans der JVA D. vom 27. März 2017 wird festgehalten, dass das Thema Frauenbild weiter in der Therapie zu bearbeiten sei. Der Kläger müsse seine bisherige Haltung gegenüber Frauen und seinen Umgang mit diesen zunächst dezidiert darlegen. In einem nächsten Schritt müsse dann eine Entscheidung des Klägers erfolgen, ob er diese Haltung und dieses Bild verändern wolle; erst dann könne eine Verhaltensänderung angegangen werden. Nach dieser Einschätzung kann von einer nachhaltigen Veränderung der Einstellung des Klägers zu Frauen keine Rede sein. Denn augenscheinlich hat er sich noch nicht einmal mit seinem bisherigen Frauenbild auseinandergesetzt. Die Therapieverlaufsdokumentation der JVA D. vom 13. November 2017 zeigt kein anderes Bild. Danach habe der Kläger zwar das Thema Frauenbild ernst genommen. Es bedürfe allerdings noch eines Willensentschlusses zu einer Veränderung, selbst wenn er sich die Fähigkeit erarbeitet habe, sich von seiner bisherigen Lebensweise zu distanzieren. Auch danach fehlt ein positiver Entschluss des Klägers zur Änderung seiner Einstellung gegenüber Frauen.

22

Für eine Wiederholungsgefahr spricht ferner, dass der Kläger wieder bei seinen Eltern in W. wohnt. Ausweislich der Stellungnahme zur Sozial- und Kriminalprognose der JVA D. vom 11. Januar 2017 wollte er nach seiner Entlassung nicht nach W. und nicht zu seinen Eltern, um nicht in seine alten Kreise zurückzukehren. Das damit verbundene Risiko einer weiteren dissozialen Entwicklung ist durch den Einzug in die Wohnung der Eltern in W. eingetreten.

23

Die Annahme einer ernsthaft bestehenden Wiederholungsgefahr ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zum Tatzeitpunkt erst 19 Jahre alt war und es sich um eine einmalige Tat gehandelt habe. Beide Gesichtspunkte sind für die Prognose, ob der Kläger wieder straffällig wird, ohne wesentliche Bedeutung. Weder das Alter noch die Tathäufigkeit entkräften die Feststellung, dass sich das Frauenbild des Klägers nicht geändert hat. Zudem hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei Sexualstraftaten um Neigungstaten handelt, bei denen grundsätzlich mit einer Wiederholungsgefahr gerechnet werden müsse. Insoweit ist es unerheblich, ob der Kläger zuvor nicht straffällig wurde. Allerdings ergibt sich aus den Verwaltungsakten, dass er früher bereits wegen Diebstahls und schwerer Körperverletzung beschuldigt worden war.

24

d) Ernstliche Zweifel am Urteil des Verwaltungsgerichts bestehen auch nicht im Hinblick auf die übrigen Ziffern im Bescheid des Beklagten vom 2. Juni 2017. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis bereits § 11 Abs. 1 AufenthG entgegensteht. Deshalb bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob das im Fall des Klägers bestehende Ausweisungsinteresse der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).

25

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.

26

Solche Schwierigkeiten sind hier nicht zu erkennen. Der vom Kläger erwähnte Abwägungsprozess bereitet keine das normale Maß erheblich überschreitende Schwierigkeiten. Abwägungen zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteressen sind bei jeder Ausweisungsentscheidung durchzuführen. Der Kläger hat nicht dargelegt, worin in seinem Fall Probleme liegen, die über den Normalfall hinausgehen.

27

3. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.

28

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn der Streitfall die Entscheidung einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechts- oder Tatsachenfrage erfordert, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 2008 – 1 BvR 2587/06 –, juris, Rn. 19). An einer Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage des Gesetzes und bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 13. Dezember 2004 – VGH B 7/04 –, AS 35, 184).

29

Die hier gestellte Frage, ob eine Fortgeltungsfiktion gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG dem „Besitz“ einer Aufenthaltserlaubnis i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gleichsteht, ist nicht klärungsbedürftig. Die Frage lässt sich schon auf Grund des Wortlauts der letztgenannten Norm verneinen. Durch die Verwendung des Wortes „besitzt“ wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine Aufenthaltserlaubnis tatsächlich vorhanden, also dem jeweiligen Ausländer erteilt sein muss (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. März 2006 – 24 ZB 05.3139 –, juris, Rn. 16). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis genügt deshalb für sich genommen noch nicht, um ein Bleibeinteresse zu begründen (vgl. Beschluss des Senats vom 23. Mai 2017 – 7 A 11445/16.OVG –, juris, Rn. 51). Das entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat in Bezug auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung klargestellt, dass nur der Inhaber einer Niederlassungserlaubnis geschützt werden soll (s. BT-Drs. 18/4097, S. 53). Das lässt sich auf § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG übertragen, da beide Vorschriften den Begriff „besitzt“ verwenden.

30

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

31

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an Ziffer 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 14. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der aus Ägypten stammende Antragsteller reiste nach der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 1. Januar 2012 mit einem Visum zum Familiennachzug in das Bundesgebiet ein. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 26. Januar 2013 erteilt. Am 24. Januar 2013 stellte er einen Verlängerungsantrag. Wegen unterschiedlicher Meldeanschriften ging die Ausländerbehörde davon aus, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe, und erteilte Fiktionsbescheinigungen. Der Antragsteller beantragte in der Folgezeit weitere Aufenthaltstitel, u.a. am 16. Juli 2013 eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung.

2

Mit Verfügung vom 17. April 2015 lehnte das Bezirksamt X (B-Stadt) die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab. Der Antragsteller erhob Widerspruch und teilte mit, er sei seit dem 1. Juni 2015 in A-Stadt (Schleswig-Holstein) wohnhaft. Das Bezirksamt X vertrat mit Schreiben vom 26. Juni 2015 die Auffassung, durch den Wegzug sei das Verfahren erledigt, und hob die Verfügung vom 17. April 2015 auf. Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 erklärte das Bezirksamt, nach Prüfung der Sach- und Rechtslage sei festzustellen, dass die Zuständigkeit bei dem Bezirksamt verbleibe. Die Verfügung vom 17. April 2015 sei nicht im Rechtssinne aufgehoben worden. Hilfsweise werde die Aufhebung zurückgenommen. Mit Schreiben vom 10. August 2015 stellte das Bezirksamt „verbindlich“ fest, dass die Verfügung vom 17. April 2015 mit dem Schreiben vom 26. Juni 2015 wirksam zurückgenommen worden sei. Die zunächst angedachte Rücknahme der Rücknahme komme aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht in Betracht.

3

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mangels örtlicher Zuständigkeit ab. Hilfsweise würden sämtliche Anträge aus den Gründen des Bescheides des Bezirksamts X vom 17. April 2015 abgelehnt. Hinsichtlich des Antrags zu § 18 AufenthG werde ergänzt, dass ein nahtloser Wechsel des Aufenthaltszwecks hin zu einem Arbeitsaufenthalt nicht in Betracht komme.

4

Der Antragsteller erhob Widerspruch. Seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Januar 2016 abgelehnt. Für eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung sei das Visumserfordernis nicht erfüllt.

5

Gegen den am 20. Januar 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die am 2. Februar 2016 eingegangene und begründete Beschwerde des Antragstellers.

II.

6

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Beschwerde aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

7

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

8

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig. Der Antragsteller verfolgt die erstinstanzlich anhängig gemachten Rechtsschutzanträge ausweislich des Antrags in der Beschwerdeschrift noch insoweit, als er die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 28. Dezember 2015 begehrt. Dieser Antrag ist unter dem Gesichtspunkt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einen belastenden Verwaltungsakt darstellt und der Widerspruch hiergegen gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat.

9

Die belastende Wirkung ergibt sich daraus, dass der Versagungsbescheid vom 28. Dezember 2015 die durch den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 24. Januar 2013 ausgelöste Fiktionswirkung gemäß §81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beendet. Dagegen spricht im Ergebnis nicht, dass der Antragsgegner den Antrag wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit abgelehnt hat. Allerdings wird die Fiktionswirkung dann nicht beendet, wenn die Ausländerbehörde die Ablehnung lediglich damit begründet, dass die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Die Fortbestehensfiktion gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG soll die sich aus der bisherigen Rechtsstellung des Ausländers ergebenden Rechtswirkungen aufrechterhalten, solange der Antrag auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels anhängig ist, d.h. bis er durch eine Sachentscheidung erledigt wird. Der Antrag muss vollständig beschieden werden (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand 2014, AufenthG § 81 Rn. 41; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier, GK-AufenthG, Stand 2015, § 81 Rn. 23). Das ist nicht nur dann zu verneinen, wenn die geltend gemachten Aufenthaltszwecke nicht vollständig abgearbeitet werden, sondern erst recht dann, wenn eine Entscheidung in der Sache überhaupt nicht ergeht.

10

Im vorliegenden Fall ist die Fiktionswirkung deshalb beendet worden, weil der Antragsgegner hilfsweise für den Fall, dass seine örtliche Zuständigkeit eingetreten sein sollte, in eine Sachprüfung eingetreten und sämtliche Anträge aus den Gründen des Bescheides vom 17. April 2015, ergänzt durch eigene Erwägungen, abgelehnt hat. Diese Hilfsbegründung ist tragend, da der Antragsgegner für die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis örtlich zuständig ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Verbandskompetenz (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 5/11 -, juris Rn. 17) mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers nach A-Stadt von dem Land B-Stadt auf das Land Schleswig-Holstein übergegangen und der Antragsgegner gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a LVwG örtlich zuständig geworden ist. Gegen die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts kann nicht eingewandt werden, dass der Aufenthalt des Antragstellers aufgrund des Bescheides vom 17. April 2015 auf das Gebiet des Landes B-Stadt beschränkt war (§§ 61 Abs. 1 Satz 1, 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG), da diese Beschränkung mit der Aufhebung jenes Bescheides entfallen ist.

11

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist jedoch unbegründet. Das Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet überwiegt nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, denn der Bescheid vom 28. Dezember 2015 ist offensichtlich rechtmäßig.

12

Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, die Aufenthaltserlaubnis könne nicht zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft gemäß §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG oder als eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 AufenthG verlängert werden. Auch die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 AufenthG sieht es nicht als gegeben an. Dagegen wendet sich die Beschwerdebegründung nicht. Der Antragsteller macht lediglich geltend, die Voraussetzungen einer Erteilung nach § 18 AufenthG lägen vor. Damit dringt er nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung an der fehlenden Durchführung des Visumsverfahrens scheitert. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. Für längerfristige Aufenthalte ist gemäß § 6 Abs. 3 Satz1 AufenthG ein nationales Visum erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Der Antragsteller besitzt kein Visum zur Ausübung einer Beschäftigung.

13

Von der Durchführung des Visumsverfahrens kann nicht gemäß § 39 Nr. 1 AufenthV abgesehen werden. Danach kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er ein nationales Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Diese Voraussetzung ist im Fall des Antragstellers nicht erfüllt. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bis zum 26. Januar 2013 erteilt. Erst nachdem dieser Aufenthaltstitel abgelaufen war, nämlich am 16. Juli 2013, hat er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18 AufenthG beantragt. Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dieser Antrag sei verspätet, hält die Beschwerdebegründung entgegen, damit werde die Bedeutung der Fiktionswirkung verkannt. Das überzeugt nicht. Zwar galt die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft infolge des Verlängerungsantrags vom 24. Januar 2013 gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als fortbestehend. Soweit es - wie hier - um die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels geht, steht diese Fiktion dem Besitz der Aufenthaltserlaubnis jedoch nur dann gleich, wenn es tatsächlich zu einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt (BVerwG, Urteil vom 30. März 2010 - 1 C 6/09 -, juris Rn. 19 ff.; Beschluss vom 6. März 2014 - 1 B 17/13 -, juris Rn. 6 f.). Nach dem Willen des Verordnungsgebers zielt § 39 Nr. 1 AufenthV darauf ab, dass ein Ausländer, der bereits im Bundesgebiet ansässig ist, einen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde einholen kann, ohne zuvor ausreisen zu müssen. Maßgeblich dafür ist der Besitz eines Aufenthaltstitels, der die Perspektive für einen Daueraufenthalt eröffnet. Deshalb reicht etwa der Besitz eines Schengen-Visums nicht aus (BR-Drs. 731/04, S. 182). Dementsprechend kann auch die Fortbestehensfiktion, die im Sinne einer Überbrückungsfunktion lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag Rechtswirkungen entfaltet, den Tatbestand des § 39 Nr. 1 AufenthV nicht ausfüllen. Würde die Fiktionswirkung eine materiellrechtliche Rechtsposition vermitteln, so würde dies die Stellung unbegründeter Verlängerungsanträge und eine Verzögerung des Verfahrens durch den Antragsteller geradezu herausfordern. Sie würde es auch der Ausländerbehörde ermöglichen, durch den Zeitpunkt ihrer Entscheidung Einfluss auf die materielle Rechtslage zu nehmen. Dies war vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt. Die Fiktionswirkung zielt darauf ab, dass ein Antragsteller durch die verspätete Entscheidung über seinen Antrag nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll, als wenn die Behörde alsbald entschieden hätte (BVerwG, Urteil vom 30. März 2010, a.a.O. Rn. 21 f.).

14

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner die Voraussetzungen verneint, unter denen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG von der Durchführung des Visumsverfahrens abgesehen werden kann. Die Norm setzt - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines Anspruchs auf Erteilung - voraus, dass es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumsverfahren nachzuholen. Das Verwaltungsgericht hat in die erforderliche Abwägung zu Gunsten des Antragstellers den mittlerweile vierjährigen Aufenthalt in Deutschland eingestellt, diesen Gesichtspunkt jedoch deshalb nicht für ausschlaggebend gehalten, weil sich bei dem Antragsteller ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass ihm der Aufenthalt zu anderen Zwecken als dem der Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft erlaubt werde, nicht habe bilden können. Der Antragsteller wendet dagegen ein, es müsse auch berücksichtigt werden, dass er über ein Beschäftigungsverhältnis, Wohnraum und Krankenversicherungsschutz verfüge. Das verfängt nicht. Solche Anzeichen für eine Aufenthaltsverfestigung sind nach der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit der Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (hier gemäß § 28 Abs. 5 AufenthG a.F.) nichts Ungewöhnliches und rechtfertigen nicht die Annahme eines Ausnahmefalls im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller - wie naheliegend - gegenwärtig nicht über Arbeit, Krankenversicherungsschutz und eigenen Wohnraum in seinem Heimatland verfügt. Allenfalls kommt es auf die zu erwartenden Lebensbedingungen während der Dauer des durchzuführenden Visumsverfahrens an. Dazu enthält die Beschwerdebegründung nichts. Die weiteren vom Antragsteller genannten Umstände - angeblich keine Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigung in einer Flüchtlingsunterkunft - lassen einen Bezug zum Kriterium der Unzumutbarkeit nicht erkennen. Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, in vergleichbaren Fällen sei von einer Nachholung des Visumsverfahrens abgesehen worden. Diese Fälle werden nicht konkret geschildert; ggf. bestünde ohnehin kein Anspruch auf Beibehaltung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.

15

Unabhängig davon, dass für eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung das Visumsverfahren durchzuführen ist, scheitert die Erteilung auch daran, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht nach § 39 AufenthG zugestimmt hat (§ 18 Abs. 2 AufenthG). Diese Zustimmung ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BeschV entbehrlich. Der Antragsteller müsste dafür nicht nur eine bestimmte Vorbeschäftigungs- oder Voraufenthaltszeit vorweisen, sondern auch eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Das für die Erteilung des Aufenthaltstitels maßgebliche konkrete Arbeitsplatzangebot (§ 18 Abs. 5 AufenthG) datiert vom 18. Dezember 2015. Zu diesem Zeitpunkt galt die Aufenthaltserlaubnis lediglich gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als fortbestehend. Gleiches würde gelten, wenn auf den Zeitpunkt der Antragstellung (16. Juli 2013) abzustellen wäre. Die Fiktionswirkung steht nach ihrem dargestellten Zweck dem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nur dann gleich, wenn es tatsächlich zu einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt. Anderenfalls hätte sich der Antragsteller die Zustimmungsfreiheit schon durch einen bloßen (formellen) Verlängerungsantrag verschafft (OVG Berlin, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 3 S 82.14 -, juris Rn. 5; ähnlich Welte, Jurion-Onlinekommentar zum AufenthG, Stand 2015, § 18 Rn. 28; zur Vorgängerregelung in § 3b Abs. 1 BeschVerfV vgl. VGH München, Beschluss vom 10. April 2013 - 19 CS 13.141 -, juris Rn. 18).

16

Mit dem Einwand, der Antragsgegner habe auf den uneingeschränkten Antrag nicht jede für den Aufenthalt in Betracht kommende Anspruchsgrundlage geprüft, kann der Antragsteller nicht gehört werden. Es ist nicht vorgetragen, welche Anspruchsgrundlagen damit gemeint sind und woraus sich die Relevanz für das hiesige Rechtsschutzbegehren ergeben soll.

17

Unerheblich ist, dass der Antragsgegner den Antragsteller nicht zur Ausreise aufgefordert hat. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Eine solche Verfügung ist keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides; durch ihr (vorläufiges) Unterbleiben ist der Antragsteller nicht beschwert.

18

Zu Unrecht vermisst der Antragsteller weitergehende Ausführungen dazu, warum eine sofortige Vollziehung geboten sei. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, so bedarf es in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage - wie hier - kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, nicht noch zusätzlich einer gesonderten Begründung für das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (Senat, Beschluss vom 6. August 1991 -4M 109/91 -, juris Rn. 3).

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.

20

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden:

1.
ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen (Schengen-Visum),
2.
ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen.

(2) Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen verlängert werden. Für weitere 90 Tage innerhalb des betreffenden Zeitraums von 180 Tagen kann ein Schengen-Visum aus den in Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009/EG genannten Gründen, zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder aus völkerrechtlichen Gründen als nationales Visum verlängert werden.

(2a) Schengen-Visa berechtigen nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, sie wurden zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt.

(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU geltenden Vorschriften. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts mit einem nationalen Visum wird auf die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Blauen Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU angerechnet.

(4) Ein Ausnahme-Visum im Sinne des § 14 Absatz 2 wird als Visum im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 erteilt.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

Abweichend von § 31 bedarf das Visum nicht der Zustimmung der Ausländerbehörde, das einem Mitglied ausländischer Streitkräfte für einen dienstlichen Aufenthalt im Bundesgebiet erteilt wird, der auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung stattfindet. Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die eine Befreiung von der Visumpflicht vorsehen, bleiben unberührt.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller, der die ukrainische Staatsangehörigkeit besitzt und mit einer Deutschen verheiratet ist, begehrt die einstweilige Feststellung einer Fiktionswirkung i.S.v. § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG; hilfsweise begehrt er die einstweilige Anordnung, dass die Antragsgegnerin vorläufig von Abschiebungsmaßnahmen absieht. Beide Anträge können keinen Erfolg haben, denn sie sind in der Sache nicht begründet.
I. Die Voraussetzungen für den Erlass einer dem Hauptantrag des Antragstellers entsprechenden einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt. Das Gericht kann gemäß § 123 Abs. 1 VwGO schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder wenn eine Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Inhalt einer solchen Anordnung kann auch die einstweilige Feststellung eines Rechtsverhältnisses sein (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123, Rdn. 64). Der Hauptantrag des Antragstellers ist danach, obwohl er sich seiner Begründung nach auf § 80 Abs. 5 VwGO stützt, bei sachdienlicher Auslegung (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) darauf gerichtet, einstweilig nach § 123 Abs. 1 VwGO festzustellen, dass der Aufenthalt des Antragstellers als erlaubt gilt, bis die Ausländerbehörde über seinen Antrag vom 06.11.2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entschieden hat. Für diese einstweilige Feststellung fehlt es jedoch an einem Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsanspruch liegt nur vor, wenn das mit Anordnung nach § 123 VwGO einstweilig zu sichernde oder zu regelnde Recht materiell-rechtlich besteht. Dies wäre glaubhaft zu machen (§§ 920 Abs. 2 ZPO, 123 Abs. 3 VwGO). Der Antragsteller hat keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, bei dem sein Aufenthalt als erlaubt gilt, bis über seinen Aufenthaltserlaubnisantrag entschieden wird. Gemäß § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG gilt der Aufenthalt eines Ausländers, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und einen Aufenthaltstitels beantragt, bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über diesen Antrag als erlaubt. Dieser Tatbestand ist vorliegend nicht erfüllt, denn als der Antragsteller am 06.11.2013 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragte, hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
1. Dem Antragsteller fehlte das für seinen Aufenthalt erforderliche Visum. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich eines Aufenthaltstitels. Für längerfristige Aufenthalte ist dabei grundsätzlich ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird (§ 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Der Aufenthalt des Antragstellers stellt einen längerfristigen Aufenthalt i.S.v. § 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG dar, denn er dient der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis und des damit zu ermöglichenden längerfristigen Bleibens im Bundesgebiet. Über das dafür nach §§ 4, 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG erforderliche nationale Visum verfügt der Antragsteller nicht.
2. Der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet war auch nicht aufgrund seiner polnischen Aufenthaltserlaubnis - ohne Visum - als rechtmäßig anzusehen.
Das Erfordernis eines Aufenthaltstitels (wie des nationalen Visums) nach § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG gilt zwar grundsätzlich nur, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union (EU) etwas Anderes bestimmt ist. Zum Recht der EU zählt Art. 21 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) in seiner gemäß Art. 2 Ziff. 3 der Verordnung (EU) Nr. 610/2013 geänderten Fassung. Nach Art. 21 SDÜ können Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a), c) und e) des Schengener Grenzkodex aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen; der sonst gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) des Schengener Grenzkodex erforderliche Besitz eines gültigen Visums gehört nicht zu den Voraussetzungen von Art. 21 SDÜ. Gemessen am Wortlaut von Art. 21 SDÜ ist dessen Tatbestand vorliegend auch erfüllt. Zumindest ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung anzunehmen, dass der Antragsteller am 06.11.2013 Inhaber eines gültigen, von einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels war, weil er über eine wirksame polnische Aufenthaltserlaubnis bis 22.09.2022 verfügte. Die Existenz einer solchen Aufenthaltserlaubnis ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine Kopie eines entsprechenden Dokuments mit Ausstellungsdatum 20.09.2012 und Ablaufdatum 22.09.2022 befindet sich in den Verwaltungsakten (AS. 274). Von der Wirksamkeit der Aufenthaltserlaubnis ist mangels gegenteiliger Hinweise auszugehen. Ebenso ist anzunehmen, dass der Antragsteller die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a), c) und e) des Schengener Grenzkodex aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllte. Seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag zufolge hielt er sich bei Antragstellung (06.11.2013) zudem noch weniger als 90 Tage im Bundesgebiet auf; er hat erklärt, die Dauer seines Aufenthalts habe am 13.11.2013 drei Monate betragen.
Der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet ist dennoch nicht von Art. 21 SDÜ gedeckt. Art. 21 SDÜ begründet trotz seines insoweit offenen Wortlauts keine Berechtigung zu einem von vornherein als Daueraufenthalt geplanten Aufenthalt. Dies folgt aus einer Auslegung der Norm, die über ihren Wortlaut hinaus auch ihren systematischen Kontext und Telos berücksichtigt. Zum Kontext der Regelung von Art. 21 SDÜ gehören Art. 20 SDÜ und Art. 5 Abs. 1 Buchst. a), c) und e) des Schengener Grenzkodex. Nach Art. 20 SDÜ können sich Staatsangehörige bestimmter Drittstaaten schon allein wegen dieser Staatsangehörigkeit (als sichtvermerksfreie Drittausländer) visumsfrei im Bundesgebiet bewegen (für bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen). Dementsprechend regelt Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/ 2001, dass die Staatsangehörigen bestimmter Drittländer von der sonst bestehenden Visumspflicht für einen Aufenthalt von insgesamt bis zu drei Monaten befreit sind. Die sich aus diesen Vorschriften ergebende Visumsfreiheit entfällt aber etwa, wenn der Aufenthalt von Anfang an dazu dient, einen Aufenthaltstitel für den Familiennachzug zu beantragen und so von vornherein ein Daueraufenthalt im Bundesgebiet bezweckt ist (HambOVG, B. v. 23.09.2013 - 3 Bs 131/13 -, juris; VGH BW, B. v. 14.09.2011 - 11 S 2438/11 -, juris). Dies muss auch gelten, wenn ein Drittausländer nicht schon wegen seiner Staatsangehörigkeit zum visumsfreien Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, sondern erst aufgrund eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels i.V.m. Art. 21 SDÜ. Andernfalls entstünde ein Wertungswiderspruch zwischen der besonderen „Privilegierung“ sichtvermerksfreier Drittausländer nach Art. 20 SDÜ und der (demgegenüber weniger privilegierten) Stellung von Drittausländern, die auf Art. 21 SDÜ angewiesen sind, denn (nur) die Letztgenannten wären berechtigt, ohne Visum einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet zu suchen, und zwar ohne dass diese Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund hätte. Gegen ein solches Verständnis von Art. 21 SDÜ spricht überdies auch Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) des Schengener Grenzkodex, auf den Art. 21 SDÜ verweist. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) des Schengener Grenzkodex gehört es zu den Voraussetzungen der Einreise eines Drittstaatsangehörigen, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegt; gemäß Art. 5 Abs. 2 enthält der Anhang I des Grenzkodex eine nicht abschließende Liste von Belegen, die sich der Grenzschutzbeamte von dem Drittstaatsangehörigen vorlegen lassen kann, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 Buchst. c) erfüllt sind. Dies lässt darauf schließen, dass ein visumsfreier Aufenthalt nicht unabhängig von seinem Zweck und seiner geplanten Dauer möglich ist (vgl. HambOVG, a.a.O.).
Dass Art. 21 SDÜ nicht zu einem von vornherein auf Dauer angelegten Aufenthalt berechtigt, entspricht aber schließlich auch dem Telos der Norm. Denn Art. 21 SDÜ soll, vergleichbar wie Art. 19 und 20 SDÜ, den vorübergehenden Aufenthalt erleichtern und nicht einen Daueraufenthalt erlauben, der das Visa-System aushöhlt (vgl. Tiede/Schirmer/Yang, FamRZ 2014, 527, juris, zum Missbrauch eines Schengen-Visums). Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts i.S.v. § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG ist daher ausgeschlossen, wenn der Aufenthalt des Ausländers „von Anfang an […] einem Daueraufenthalt dienen sollte“, für den es eines Visums i.S.v. § 6 Abs. 3 AufenthG bedurft hätte (vgl. VGH BW, a.a.O., zu einem Fall von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/ 2001). Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet von vornherein - zumindest auch - dazu diente, eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, sodass von vornherein ein Daueraufenthalt bezweckt war. Zwar trägt der Antragsteller vor, die Absicht zu einem Daueraufenthalt im Bundesgebiet beruhe auf einem erst nach der Einreise gefassten Entschluss. Dies ist aber nicht hinreichend glaubhaft. Der entsprechende Vortrag erweckt vielmehr den Eindruck einer Schutzbehauptung als Reaktion auf den Vortrag der Antragsgegnerin. Die Behauptung eines Nachentschlusses erfolgte erst, nachdem die Antragsgegnerin im Hinblick auf das Visumserfordernis geltend gemacht hatte, der Antragsteller habe von vornherein einen Daueraufenthalt beabsichtigt. Zudem hat der Antragsteller zur Erläuterung seines Nachentschlusses lediglich ausgeführt, er habe zunächst beabsichtigt wieder auszureisen, was sich daran zeige, dass er auch in der Vergangenheit die Aufenthaltsdauer zu Besuchszwecken von drei Monaten nicht überschritten habe, sondern regelmäßig ausgereist sei; dieses Mal habe er aber einen Nachentschluss gefasst, nachdem ihn seine Ehefrau gebeten habe, im Bundesgebiet einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu stellen. Demgegenüber ist aus Sicht der Kammer aber gerade vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller in der Vergangenheit regelmäßig ins Bundesgebiet „pendelte“ und nicht ersichtlich ist, wodurch sich sein derzeitiger Aufenthalt von früheren Besuchen unterscheidet, anzunehmen, dass er die Absicht, eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, schon früher hatte, und zwar auch schon bei der Einreise. Das Gegenteil wäre auch dann nicht schon ohne Weiteres glaubhaft, wenn es zuträfe, dass die Ehefrau des Antragstellers ihn erst nach seiner Einreise gebeten hätte, noch vor der Ausreise eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass auch eine solche Bitte nur einen schon bestehenden Entschluss aktualisiert und nicht erst eine neue Absicht begründet hätte. Merkmale, die demgegenüber dennoch auf die Glaubhaftigkeit des gegenteiligen Vortrags des Antragstellers schließen ließen, fehlen. Sein Vortrag ist arm an Details. Vor allem innere Vorgänge des Antragstellers, die seinen Vortrag und insbesondere seine Entscheidungsfindung glaub-haft erscheinen ließen, werden nicht geschildert. Bezüge zu Orten, Zeiten und Lebensgewohnheiten werden ebenso wenig hergestellt wie Querverbindungen zu Begleitumständen oder Geschehnissen aus der Vergangenheit. Etwaige ungewöhnliche, überraschende oder sogar überflüssige Einzelheiten, die für die Glaubhaftigkeit des Vortrags sprechen könnten, fehlen völlig. Insgesamt wirkt der Vortrag des Antragstellers zu seinem Nachentschluss beliebig erfindbar und - zumindest bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung - wie ein Erklärungsversuch ins Blaue.
II. Die Voraussetzungen für eine dem Hilfsantrag des Antragstellers entsprechende einstweilige Anordnung liegen ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller begehrt mit seinem Hilfsantrag, dass der Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO aufgegeben wird, vorläufig von Abschiebungsmaßnahmen ihm gegenüber abzusehen. Ob dieser Antrag nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO korrekterweise wegen einer sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 AAZuVO ergebenden Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegen das Land zu richten wäre, oder ob er (auch) gegen die Antragsgegnerin als Trägerin der unteren Ausländerbehörde zu richten ist (vgl. VGH BW, a.a.O.), kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist der Antrag unbegründet, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde. Dieser könnte sich aus §§ 60, 60a AufenthG ergeben. Dass die Voraussetzungen dieser Normen vorliegen, ist aber weder aufgrund des Vortrags des Antragstellers noch sonst ersichtlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ehe des Antragstellers mit einer Deutschen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet begründen und dass es grundsätzlich mit dem Recht auf Ehe und Familie vereinbar ist, die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft von der Beantragung eines Visums aus dem Ausland abhängig zu machen (OVG NRW, B. v. 07.09.2005 - 18 E 1048/05 -, juris, m.w.N.).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
10 
IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 S. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 45 Abs. 1 S. 2 GKG und ist nach der Bedeutung der Sache für den Antragsteller bemessen.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

2

Der ... geborene Antragsteller ist burkinischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben „ungefähr am 29.9.2015“ aus Italien kommend in das Bundesgebiet ein. Dabei war er im Besitz einer italienischen Aufenthaltserlaubnis („Permesso di soggiorno“) und eines italienischen Reiseausweises für Ausländer („Titolo di viaggio per stranieri“), die beide bis zum 8. Juli 2017 gültig waren.

3

Am 16. Dezember 2015 schloss der Antragsteller in Dänemark die Ehe mit dem deutschen Staatsangehörigen .... Nach seiner erneuten Einreise in das Bundesgebiet beantragte er am 21. Dezember 2015 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

4

Mit Bescheid vom 25. August 2016 lehnte die Antragsgegnerin durch das Einwohnerzentralamt den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und die Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ab. Den dagegen am 15. September 2016 erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2016 zurück.

5

Am 12. Januar 2017 hat der Antragsteller dagegen Klage (5 K 345/17) erhoben und Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

6

Mit Beschluss vom 18. Mai 2017, der Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 29. Mai 2017, hat das Verwaltungsgericht Hamburg den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt: Der Antrag sei nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft. Der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet habe nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als erlaubt gegolten. Der Antragsteller habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens wegen seines italienischen Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. In der Sache habe der Antrag keinen Erfolg. Der Antragsteller erfülle zwar die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 AufenthG. Ihm könne der Titel jedoch gemäß § 5 Abs. 2 AufenthG nicht ohne Durchführung des Visumverfahrens erteilt werden. Die Voraussetzungen des § 39 Nr. 6 AufenthV zur Einholung des Aufenthaltstitels ohne die Durchführung eines Visumverfahrens seien mangels Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht erfüllt. Hierzu müssten alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erfüllt sein und der Behörde kein Ermessen mehr zustehen. Im vorliegenden Fall reichten jedoch die Angaben und Belege des Antragstellers nicht aus, um von einer Sicherung seines Lebensunterhalts im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auszugehen. Auch die Voraussetzungen für ein Absehen vom Erfordernis der Durchführung des Visumverfahrens gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG lägen nicht vor. Insbesondere sei die Durchführung des Visumverfahrens auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden verfahrensbedingten vorübergehenden Trennung von seinem Lebenspartner zumutbar.

7

Dagegen hat der Antragsteller am 12. Juni 2017 Beschwerde eingelegt. Außerdem hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

8

Ebenfalls am 12. Juni 2017 hatte der Antragsteller noch vor Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Abänderung des Beschlusses vom 18. Mai 2017 gestellt (5 E 6175/17). Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Oktober 2017 ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist ebenfalls beim Oberverwaltungsgericht anhängig (1 Bs 260/17).

II.

9

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

10

1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der Antragsteller kurz vor ihrer Erhebung am 12. Juni 2017 beim Verwaltungsgericht auch einen Antrag gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 18. Mai 2017 gestellt hat. Der Abänderungsantrag begründet weder eine anderweitige Rechtshängigkeit im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG noch nimmt er der Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Beschwerde hat nicht denselben Streitgegenstand wie das Abänderungsverfahren: Sie unterliegt nicht den Beschränkungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände) und mit ihr können – wenn auch grundsätzlich nur innerhalb der Beschwerde- und Begründungsfrist nach §§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO – neben diesen Umständen alle Rechtsanwendungsfehler des Gerichts geltend gemacht werden, aufgrund deren der Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO im Ergebnis falsch sein soll (vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 23.7.2014, 2 Bs 111/14, juris Rn. 19). Deshalb kommt lediglich umgekehrt die Unzulässigkeit des parallel gestellten Abänderungsantrags in Betracht, über die im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu entscheiden ist (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom heutigen Tage in dem gegen die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gerichteten Beschwerdeverfahren 1 Bs 260/17).

11

2. In der Sache hat der Antragsteller mit den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht zunächst grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung erfolgreich in Zweifel gezogen (unten 2.1.). Die hiernach zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt indes zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt (unten 2.2.).

12

2.1. Der Antragsteller trägt mit der Beschwerde vor, das Einwohnerzentralamt sei sachlich unzuständig gewesen. Grundsätzlich seien die Bezirksämter nach Teil I Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 der Anordnung über Zuständigkeiten im Ausländer- und Asylverfahrensrecht vom 17. Dezember 2004 (Amtl. Anz. 2004, S. 2621 mit nachf. Änd., im Folgenden: Zuständigkeitsanordnung) für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und der Aufenthaltsverordnung zuständig. Ein Fall des Teils II der Zuständigkeitsanordnung, wonach die Behörde für Inneres und Sport zuständig wäre, liege hier nicht vor. Zwar sei die Behörde für Inneres und Sport nach Teil II Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Buchst. b) Zuständigkeitsanordnung zuständig für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 27 bis 30 AufenthG an Ausländer, deren Abschiebung nach § 60a AufenthG vorübergehend ausgesetzt sei. Der Antragsteller habe im Zeitpunkt der Entscheidung auch formal eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufenthG besessen. Er sei aber tatsächlich nicht vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, weil sein Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Fiktionswirkung gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4 AufenthG ausgelöst habe. Auch das Verwaltungsgericht sei von einer rechtmäßigen Einreise und einem für die folgenden drei Monate rechtmäßigen Aufenthalt des Antragstellers ausgegangen. Die Antragsgegnerin habe die Zuständigkeit der Behörde für Inneres und Sport insoweit unter unzutreffender Beurteilung der Sach- und Rechtslage angenommen. Eine anderweitige Zuweisung der Zuständigkeit an die Behörde für Inneres und Sport sei nicht ersichtlich.

13

Damit zieht der Antragsteller die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zumindest ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe die Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgelöst, weil der Antragsteller sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund seines italienischen Aufenthaltstitels gemäß Art. 21 Abs. 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000 Nr. L 239 S. 19, Schengener Durchführungsübereinkommen – SDÜ) in seiner gemäß Art. 2 der VO (EU) 610/2013 geänderten Fassung (ABl. L 182 S. 1) rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. In seiner weiteren Begründung setzt sich das Verwaltungsgericht nicht mit dem Bestehen der sachlichen Zuständigkeit des Einwohnerzentralamts auseinander. Diese Frage ist jedoch jedenfalls problematisch, wenn der Ausländer – wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist – nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist. Teil II Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Buchst. b) Zuständigkeitsanordnung setzt voraus, dass die Abschiebung des Ausländers nach § 60a AufenthG vorübergehend ausgesetzt ist. Es ist zumindest begründungsbedürftig, die sachliche Zuständigkeit der Behörde für Inneres und Sport nach dieser Vorschrift auch dann anzunehmen, wenn die Ausländerbehörde zu Unrecht von der vollziehbaren Ausreisepflicht des Ausländers ausgeht und ihm aufgrund dieser Annahme (formal) die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung bescheinigt.

14

2.2. Der damit durch das Beschwerdegericht vollständig zu prüfende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

15

a) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der Antrag nicht als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft. Denn der Antragsteller wurde nicht erst durch die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 25. August 2016 gemäß §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Er hielt sich im Zeitpunkt der Antragstellung am 21. Dezember 2015 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, so dass sein Aufenthalt nicht gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aufgrund der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt galt. Der Antragsteller war bei seiner Einreise nicht im Besitz des erforderlichen Aufenthaltstitels im Sinne von §§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist für längerfristige Aufenthalte ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Der Antragsteller, der nach der Eheschließung im Dezember 2015 in Dänemark in der Absicht in das Bundesgebiet einreiste, mit seinem Ehepartner dauerhaft im Bundesgebiet zusammen zu leben, war nicht im Besitz eines zu diesem Aufenthaltszweck berechtigenden Visums.

16

Die Rechtmäßigkeit der Einreise und des Aufenthalts des Antragstellers folgte auch nicht wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts aus Art. 21 Abs. 1 SDÜ. Danach können Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a), c) und e) der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (ABl. L 105 S. 1) in der durch Art. 1 der Verordnung (EU) 610/2013 geänderten Fassung (ABl. L 182 S. 1, Schengener Grenzkodex – SGK a. F.) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen. Der Antragsteller war bei seiner Einreise aus Dänemark im Dezember 2015 zwar im Besitz eines gültigen italienischen Aufenthaltstitels und eines italienischen Reiseausweises für Ausländer. Jedoch gilt zum einen die Privilegierung des Art. 21 Abs. 1 SDÜ von vornherein nicht, wenn der Ausländer bereits mit der Absicht eines Daueraufenthalts in das Bundesgebiet einreist (unten aa). Zum anderen erfüllte der Antragsteller bei seiner Einreise auch nicht die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 SDÜ i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) SGK a. F. (unten bb).

17

aa) Einreise und Aufenthalt ohne nationales Visum sind nicht gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ rechtmäßig, wenn der Drittstaatsangehörige bereits in der Absicht einreist, sich dauerhaft und nicht nur für maximal 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet aufzuhalten (ebenso VGH Kassel, Beschl. v. 4.6.2014, 3 B 785/14, InfAuslR 2014, 435, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 14.2.2018, 10 CS 18.350, 10 C 1810 C 18.351, juris Rn. 26; VG Stuttgart, Beschl. v. 7.5.2014, 5 K 4470/13, juris Rn. 6 f.; ebenso für die Einreise eines von der Visumspflicht befreiten Ausländers nach Art. 20 SDÜ: OVG Hamburg, Beschl. v. 23.9.2013, 3 Bs 131/13, NVwZ-RR 2014, 490, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 7.10.2014, 2 L 152/13, juris Rn. 7; VGH Mannheim, Beschl. v. 14.9.2011, 11 S 2438/11, InfAuslR 2011, 443, juris Rn. 8; OVG Münster, Beschl. v. 11.11.2015, 18 B 387/15, NVwZ-RR 2016, 354, juris Rn. 3; zum Streitstand bei sog. „Positivstaatern“ Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2018, § 14 Rn. 17 m. w. N.; anders noch zu Art. 21 Abs. 1 SDÜ OVG Hamburg, Beschl. v. 9.1.2014, 1 Bs 320/13 und 1 So 137/13; anders auch VG Karlsruhe, Urt. v. 6.3.2018, 1 K 2902/16, juris Rn. 44 ff.; VG Freiburg, Urt. v. 13.5.2016, 4 K 1497/15, juris Rn. 54).

18

Dies ergibt sich systematisch aus dem Verweis von Art. 21 Abs. 1 SDÜ auf Art. 5 Abs. 1 SGK a. F., der bereits im Einleitungssatz von einem „geplanten“ Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen spricht. Ebenso bezieht sich Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) SGK a. F. ausdrücklich auf einen „beabsichtigten“ Aufenthalt, dessen Zweck und Umstände belegt und für dessen Dauer ebenso wie für die Rückreise ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts vorliegen müssen. Nach Art. 5 Abs. 2 SGK a. F. enthält zudem der Anhang I eine nicht abschließende Liste von Belegen, die sich der Grenzschutzbeamte von dem Drittstaatsangehörigen vorlegen lassen kann, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) erfüllt sind. Zu diesen Belegen gehören bei touristischen oder privaten Reisen etwa Belege betreffend den Reiseverlauf und die Rückreise (Anhang I, Buchst. c) ii) und iii)). Art. 5 Abs. 3 Satz 1 SGK a. F. sieht zudem eine Berechnung des notwendigen Lebensunterhalts anhand der Dauer des Aufenthalts, insbesondere der „Zahl der Aufenthaltstage“ vor. Diese Regelungen ergeben nur Sinn, wenn sie sich auf einen von vornherein als solchen beabsichtigten Aufenthalt von begrenzter Dauer beziehen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 23.9.2013, 3 Bs 131/13, juris Rn. 8).

19

Auch Sinn und Zweck der durch Art. 21 Abs. 1 SDÜ gewährten Privilegierung von Drittausländern, die Inhaber eines mitgliedstaatlichen Aufenthaltstitels sind, gebieten ihre Beschränkung auf Fälle, in denen die Einreise nicht von vornherein zum Zweck des Daueraufenthalts erfolgt. Art. 21 Abs. 1 SDÜ dispensiert lediglich für Kurzaufenthalte vom Erfordernis des Visumverfahrens; bei derartigen Aufenthalten ist das Interesse der Mitgliedstaaten an einer präventiven Einreisekontrolle nicht in dem Maße betroffen wie bei einem längerfristigen Aufenthalt im Sinne von § 6 Abs. 3 AufenthG. Beabsichtigt der Ausländer indes bereits bei der Einreise einen Daueraufenthalt, so ist das Interesse des Mitgliedstaates, mit dem Instrument des Visumverfahrens die Zuwanderung in sein Gebiet wirksam zu steuern und zu begrenzen, bereits zum Zeitpunkt der Einreise und nicht erst nach Ablauf eines Aufenthalts von 90 Tagen berührt. Denn das nationale Visumverfahren kann seine Kontrollfunktion nur erfüllen, wenn es vor der Einreise des Ausländers durchgeführt wird.

20

Diesem Verständnis der Reichweite des Art. 21 Abs. 1 SDÜ steht nicht § 39 Nr. 6 AufenthV entgegen. Zwar ermöglicht diese Vorschrift einem Drittstaatsangehörigen, aus einem durch Art. 21 Abs. 1 SDÜ gewährten "Besuchsaufenthalt" heraus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu stellen. Dies impliziert, dass es Fälle geben kann, in denen nach der Einreise die Erlaubnis auch für einen längerfristigen Aufenthalt erstrebt werden darf (vgl. insoweit auch OVG Hamburg, Beschl. v. 9.1.2014, 1 Bs 320/13 und 1 So 137/13). Daraus folgt jedoch nicht, dass Art. 21 Abs. 1 SDÜ auch dann eine rechtmäßige Einreise und einen rechtmäßigen Aufenthalt ermöglicht, wenn der längerfristige Aufenthalt bereits bei der Einreise beabsichtigt war. Zum einen kann die Reichweite einer nationalen Vorschrift wie § 39 Nr. 6 AufenthV schon im Ansatz nicht den Anwendungsbereich einer Vorschrift des SDÜ, das zum unionsrechtlichen Schengen-Besitzstand zählt, bestimmen. Zum anderen verbleibt für die Regelung des § 39 Nr. 6 AufenthV auch dann ein hinreichender Anwendungsbereich, wenn der Aufenthalt bei von vornherein beabsichtigtem Daueraufenthalt nicht aufgrund des Art. 21 Abs. 1 SDÜ „berechtigt“ im Sinne von § 39 Nr. 6 AufenthV ist. Dieser erfasst insbesondere die Fälle eines nachträglichen Wechsels des Aufenthaltszwecks (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2011, 1 C 23/09, BVerwGE 138, 353 ff., juris Rn. 20 a. E.).

21

Auch die nationalen Regelungen in § 15 AufenthG über die Zurückweisung an der Grenze gebieten kein anderes Ergebnis. Der dritte Senat des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts hat hierzu in seinem Beschluss vom 23. September 2013 (3 Bs 131/13, juris Rn. 12 ff.) im Zusammenhang mit der Einreise gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ ausgeführt:

22

„Soweit in § 15 Abs. 1 AufenthG die zwingende Zurückweisung eines Ausländers vorgesehen ist, der unerlaubt einreisen will, und in § 15 Abs. 2 AufenthG mehrere lediglich fakultative Zurückweisungsgründe normiert sind, die teilweise Berührungspunkte zur unerlaubten Einreise aufweisen, ändert dies nichts an der unerlaubten Einreise von Drittstaatsangehörigen, die deshalb missbräuchlich die Visaerleichterung nach der EG-Visa-VO in Anspruch nehmen, weil sie bei der Einreise einen nicht bloß kurzfristigen Aufenthalt beabsichtigen.

23

Soweit nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG der Ausländer an der Grenze zurückgewiesen werden kann, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient, hat diese Bestimmung gegenüber der in § 15 Abs. 1 AufenthG geregelten zwingenden Zurückweisung bei gewollter unerlaubter Einreise einen eigenen Anwendungsbereich, wenn der beabsichtigte zweckwidrige Aufenthalt nicht feststeht, sondern hierfür lediglich begründete Verdachtsmomente vorliegen [...].

24

Soweit nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 a AufenthG der Ausländer an der Grenze zurückgewiesen werden kann, wenn er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Erwerbstätigkeit auszuüben, sollte diese mit dem Richtlinien-Umsetzungsgesetz 2007 eingeführte Bestimmung nach der Begründung des betreffenden Gesetzentwurfs im Hinblick auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 27.4.2005, BGHSt 50, 105) „klarstellen“, dass ein Ausländer auch unter den genannten Voraussetzungen zurückgewiesen werden kann (BT-Drs. 16/5065 vom 23.4.2007, S. 164). Die Regelung betrifft aber ohnehin nicht die hier interessierenden Fälle, in denen sich die Missbräuchlichkeit der Inanspruchnahme der Visaerleichterungen nach EG-Visa-VO gerade aus der von vornherein bestehenden Absicht eines Daueraufenthalts ergibt.

25

Soweit nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG der Ausländer an der Grenze zurückgewiesen werden kann, wenn er die Voraussetzungen für eine Einreise in das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten nach Art. 5 des Schengener Grenzkodexes nicht erfüllt, hat diese Vorschrift jedenfalls in den Fällen, in denen der Drittstaatsangehörige erkennbar über den tatsächlichen Einreisezweck des Daueraufenthalts zu täuschen versucht, keine eigenständige Bedeutung, da dann die Einreise ohnehin zwingend nach der anwendungsvorrangigen Regelung in Art. 13 Abs. 1 des Schengener Grenzkodexes zu verweigern ist [...].“

26

Diesen auch auf die Bestimmung der Reichweite der Einreisemöglichkeit nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat im vorliegenden Fall an.

27

Die hier angenommene Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 21 Abs. 1 SDÜ widerspricht zuletzt auch nicht der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, ein Ausländer mit einem Schengen-Visum für einen Kurzaufenthalt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG reise nicht unerlaubt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in das Bundesgebiet ein, auch wenn er schon im Zeitpunkt der Einreise einen längerfristigen Aufenthalt anstrebte (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.1.2011, 1 C 23/09, BVerwGE 138, 353 ff., juris Rn. 20). Denn in diesem Fall existiert mit dem Schengen-Visum eine wirksame verwaltungsbehördliche Erlaubnis zur Einreise, von der bis zu ihrer Aufhebung Tatbestandswirkung ausgeht (vgl. auch BGH, Urt. v. 27.4.2005, 2 StR 457/04, BGHSt 50, 105 ff., juris Rn. 23 im Kontext der strafrechtlichen Beurteilung der Einreise und des Aufenthalts). Eine solche Erlaubnis fehlt bei der hier zu beurteilenden visumfreien Einreise unter Inanspruchnahme der Privilegierung des Art. 21 Abs. 1 SDÜ gerade (die Strafbarkeit der Einreise in derartigen Fällen deshalb bejahend LG Hof, Urt. v. 20.4.2017, 5 KLs 354 Js 1442/16, juris Rn. 77 f., 82 ff.; nachgehend BGH, Beschl. v. 25.10.2017, 1 StR 426/17, juris).

28

bb) Der Antragsteller erfüllte bei seiner Einreise außerdem die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 SDÜ i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c) Alt. 2 SGK a. F. nicht. Danach gilt für den Aufenthalt die Einreisevoraussetzung, dass der Drittstaatsangehörige über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein muss, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben. Nach Art. 5 Abs. 3 SGK a. F. werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission entsprechende festgesetzte Richtbeträge. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Kommission hierzu mitgeteilt (vgl. ABl. C 247 vom 13.10.2006, S. 21), dass insoweit keine verbindlichen Tagessätze bestünden. Es seien die jeweiligen persönlichen Umstände wie Art und Zweck der Reise, Dauer des Aufenthalts, etwaige Unterbringung bei Angehörigen oder Freunden sowie Kosten für Verpflegung zu berücksichtigen. Könne der Drittstaatsangehörige für diese Umstände keine Belege vorweisen oder zumindest glaubhafte Angaben machen, so müssten für jeden Tag 45 Euro zu seiner Verfügung stehen. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass die Rückreise bzw. Weiterreise des Drittstaatsangehörigen möglich sei. Der Nachweis könne zum Beispiel durch Vorlage eines Weiter- oder Rückreisetickets erfolgen.

29

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er im Zeitpunkt der Einreise aus Dänemark im Dezember 2015 über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts in diesem Sinne verfügte. Seine eigenen Angaben in der Anhörung durch die Antragsgegnerin am 15. März 2016 legen den Schluss nahe, dass er selbst über keine ausreichenden derartigen Mittel verfügte. Auf die Frage, ob er Geld von zu Hause oder anderes Vermögen mitgebracht habe, antwortete er, kein Vermögen dabei zu haben. Er habe nur von einem Freund Geld für die Reise bekommen. Er habe mit seinem Lebenspartner und Freunden den Lebensunterhalt gesichert. Auf Nachfrage, ob er bei der Einreise mittellos gewesen sei, antwortete er, Geld für den Transport bekommen zu haben, von dem ca. 50 oder 60 Euro übrig geblieben seien. Auf die Frage, wie er beabsichtige, seinen Lebensunterhalt in Deutschland sicherzustellen, antwortete er, es hänge von seinem Ehemann ab, er sei ja jetzt verheiratet. Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sein Lebensunterhalt im Zeitpunkt seiner Einreise durch seinen Lebenspartner ausreichend gesichert war. Er hat zu den Einkommensverhältnissen seines Lebenspartners im Dezember 2015 überhaupt keine Angaben gemacht. Im Schriftsatz vom 17. August 2017 im Verfahren 5 E 6175/17 (1 Bs 260/17) finden sich lediglich Angaben zu dem durch den Lebenspartner erzielten Einkommen im Jahr 2016. Dieses setze sich „zusammen aus verschiedenen Einkommensquellen“ und eine Aufstellung sei „deshalb nicht ohne weiteres beizubringen“. Der Lebenspartner habe als Student BAföG-Leistungen erhalten, sei nebenbei in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen abhängig beschäftigt und habe zudem Nebeneinkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Höhe der BAföG-Leistungen habe 649 € monatlich betragen. Außerdem habe er durchschnittlich ca. 400 € monatlich aus abhängigen Beschäftigungsverhältnissen hinzu verdient und im gesamten Jahr einen Gewinn von 635 € aus selbständiger Tätigkeit erzielt. Diese Angaben für das Jahr 2016 beziehen sich jedoch zum einen nicht auf die Verhältnisse im Dezember 2015 bzw. auf den Zeitraum eines sich daran anknüpfenden Kurzaufenthalts. Der vorgelegte Arbeitsvertrag für Hilfskräfte mit der Jugendhilfe e. V. galt erst ab dem 26. September 2016. Zum anderen ist das behauptete Einkommen – mit Ausnahme der BAföG-Leistungen, die für eine Sicherung des gemeinsamen Lebensunterhalts nicht ausreichten – hinsichtlich der genauen Höhe der tatsächlich ausgezahlten Mittel unsubstantiiert und ohne jeglichen Nachweis geblieben. In einem solchen Fall, in dem die tatsächlichen Einkommensverhältnisse trotz der aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c), Abs. 3 SGK a. F. folgenden Nachweispflicht ohne jeden Beleg bleiben, genügt allein das bloße Indiz, dass keine öffentlichen Leistungen beantragt werden (vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschl. v. 9.1.2014, 1 Bs 320/13 und 1 So 137/13), für die Annahme der Sicherung des Lebensunterhalts nicht. Da der Antragsteller bei seiner Einreise auch nicht über eine Beschäftigungserlaubnis verfügte, war er auch nicht in der Lage, die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c), 2. Alt. SGK a. F. rechtmäßig zu erwerben.

30

b) Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist allerdings als Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, einstweilen aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den Antragsteller zu unterlassen, statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

31

Ein Anspruch darauf, von der Antragsgegnerin einstweilen zur Sicherung eines möglichen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geduldet zu werden, ist nicht ersichtlich. Denn dem Antragsteller ist aller Voraussicht nach keine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (unten aa und bb). Auch die Voraussetzungen eines originären Duldungsanspruchs nach § 60a Abs. 2 AufenthG sind nicht glaubhaft gemacht worden (unten cc).

32

aa) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zur Wahrung der Lebensgemeinschaft mit seinem Lebenspartner.

33

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die sachliche Zuständigkeit der Behörde für Inneres und Sport zur Entscheidung über die Erteilung dieses Aufenthaltstitels nach Teil II Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Buchst. b) Zuständigkeitsanordnung nach dem Obenstehenden nicht mehr zweifelhaft ist. Die Antragsgegnerin hatte die Abschiebung des Antragstellers nach § 60a AufenthG vorübergehend ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt galt der Aufenthalt des Antragstellers entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG als erlaubt (s. o. 2.2.a).

34

Im Übrigen sind unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 27 Abs. 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG jedenfalls die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen der Passpflichterfüllung (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) und der Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 AufenthG) nicht erfüllt.

35

(1) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt wird. Nach § 3 Abs. 1 AufenthG dürfen Ausländer nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Der Antragsteller ist derzeit nicht im Besitz eines anerkannten und gültigen Passes. Bei der am 5. Mai 2017 von der burkinischen Botschaft in Berlin ausgestellten „Carte d’identité consulaire“ handelt es sich nicht um einen anerkannten Pass. Die Anerkennung eines Passes ist ein souveräner Akt des anerkennenden Staates (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8.3.2013, OVG 7 N 91.13, juris Rn. 12; Urt. v. 17.3.2016, OVG 7 B 24.15, juris Rn. 31; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 3 AufenthG Rn. 8). Die Zuständigkeit für die Anerkennung liegt gemäß § 71 Abs. 6 AufenthG beim Bundesministerium des Innern oder der von ihm bestimmten Stelle. Nach der auf dieser Grundlage erlassenen Allgemeinverfügung über die Anerkennung eines ausländischen Passes oder Passersatz des Bundesministeriums des Innern vom 6. April 2016 (BAnz. AT 25.4.2016 B 1, S. 1) gehört die von dem Antragsteller vorgelegte „Carte d’identité consulaire“ nicht zu den anerkannten Pässen und Passersatzpapieren aus Burkina Faso (vgl. Ziffer I. Nr. 2 i. V. m. Anlage 1, Rubrik „Burkina Faso“ der Allgemeinverfügung). Der Antragsteller ist auch nicht im Besitz eines anerkannten und gültigen Passersatzes im Sinne von § 3 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 AufenthV. Sein italienischer Reiseausweis für Ausländer („Titolo di viaggio per stranieri“) ist am 8. Juli 2017 abgelaufen; maßgeblich ist insoweit auf die aktuelle Sach- und Rechtslage abzustellen.

36

Es liegen auch keine Gründe vor, aufgrund deren von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen wäre. Dies ist nur geboten, wenn ein atypischer Sachverhalt gegeben ist, der sich von der Menge gleich liegender Fälle durch besondere Umstände unterscheidet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht des der Regelerteilungsvoraussetzung zugrunde liegenden öffentlichen Interesses beseitigen. Derartige Umstände hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Grundsätzlich ist er gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes mitzuwirken. Die ihm zumutbaren Initiativ- und Mitwirkungshandlungen zur Erlangung eines Passes richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ihm ist insbesondere zumutbar, derart rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit eines Passes oder Passersatzes bei den zuständigen Behörden im In- und Ausland die erforderlichen Anträge für die Neuerteilung oder Verlängerung zu stellen, dass mit der Neuerteilung oder Verlängerung innerhalb der Gültigkeitsdauer des bisherigen Passes oder Passersatzes gerechnet werden kann (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthV). Umstände, die einen Ausnahmefall begründen, sind vom Ausländer darzulegen und nachzuweisen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 8.2.2018, 13 LB 45/17, juris Rn. 41). Dies hat der Antragsteller nicht getan. Er hat lediglich eine Bescheinigung der Konsularabteilung der burkinischen Botschaft in Berlin vom 25. Juli 2017 vorgelegt, in der bestätigt wird, dass die Botschaft seinen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses erhalten und diesen am 14. Juli 2017 zur Bearbeitung an die zuständigen Behörden in Burkina Faso weitergeleitet hat. Daraus folgt nicht, dass er alle zumutbaren Anstrengungen zur rechtzeitigen Erlangung eines Passes unternommen hat. Der Antragsteller hat den Antrag bei der burkinischen Botschaft bereits nicht mit dem gebotenen Vorlauf, sondern in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Ablauf der Gültigkeit seines italienischen Reisedokuments gestellt. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er mit der Antragstellung alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat und die lange Bearbeitungszeit seines Antrags von ihm nicht zu vertreten ist. Aus der Bescheinigung vom 25. Juli 2017 ergibt sich nicht, dass die von ihm bei der Antragstellung beigebrachten Angaben und Unterlagen vollständig und für die Ausstellung des Passes ausreichend waren. Es wäre dem Antragsteller außerdem zumutbar gewesen, sich in den seit Antragstellung verstrichenen fast elf Monaten bei der burkinischen Botschaft nach dem Sachstand und den Gründen für die Verzögerung der Ausstellung zu erkundigen.

37

(2) Der Antragsteller ist außerdem nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG mit dem erforderlichen Visum eingereist. Für den zur Herstellung der Lebensgemeinschaft mit seinem Lebenspartner beabsichtigten längerfristigen Aufenthalt war gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die Erteilung eines nationalen Visums vor der Einreise erforderlich, über das der Antragsteller bei der Einreise nicht verfügte.

38

Der Antragsteller kann den Aufenthaltstitel auch nicht ausnahmsweise gemäß § 39 Nr. 6 AufenthV im Bundesgebiet einholen. Dies würde voraussetzen, dass er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und aufgrund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind. Nach dem Obenstehenden verfügte der Antragsteller zwar bei der Einreise und Antragstellung über einen gültigen italienischen Aufenthaltstitel, war jedoch wegen des beabsichtigten Daueraufenthalts nicht gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ aufgrund dieses Aufenthaltstitels berechtigt, sich im Bundesgebiet aufzuhalten.

39

Von dem Erfordernis der Einreise mit dem erforderlichen Visum ist auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abzusehen. Danach kann von dem Visumserfordernis abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Die Voraussetzungen eines Anspruchs, der auch in diesem Kontext als strikter Rechtsanspruch zu verstehen ist, liegen wie ausgeführt wegen der fehlenden Passpflichterfüllung nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller die Nachholung des Visumverfahrens aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unzumutbar wäre. Eine solche Unzumutbarkeit folgt insbesondere nicht aus einer mit der Nachholung des Visumverfahrens verbundenen Beeinträchtigung der durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinem Lebenspartner, wobei offen bleiben kann, ob der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass die Lebenspartnerschaft noch fortbesteht, obwohl er mit Frau... eine Beziehung eingegangen ist, aus der ein gemeinsames Kind hervorgegangen ist. Dies gilt selbst für den Fall, dass er das Visumverfahren wegen des Ablaufs der Gültigkeit seiner italienischen Papiere in Burkina Faso nachholen müsste. Nach den auf der Webseite der deutschen Botschaft in Ouagadougou abrufbaren Informationen beträgt die Regelbearbeitungsdauer für einen Antrag auf Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung nach Eheschließung zwischen acht und zwölf Wochen (https://ouagadougou.diplo.de/blob/1909720/81bb1603a068bcf2f4435be1a5016c16/visa-mariage-03-2018-data.pdf). Die damit voraussichtlich mehrmonatige Trennung des Antragstellers von seinem erwachsenen Lebenspartner wäre angesichts der Möglichkeit, fernmündlich oder über das Internet Kontakt zu halten, und unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Kontroll- und Steuerungsfunktion des Visumverfahrens zumutbar.

40

Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 31. Mai 2018 nunmehr außerdem vorträgt, Vater eines schwer erkrankten deutschen Kindes geworden zu sein, bei dessen Behandlung er ständig anwesend sei, so hat er eine aus Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 Abs. 1 EMRK folgende Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat hierzu eine Geburtsurkunde vorgelegt, in der er neben der Mutter ... als Vater des am 12. Dezember 2017 geborenen Kindes ... eingetragen ist. Außerdem hat er eine ärztliche Bescheinigung vom 23. Februar 2018 eingereicht, wonach sich das Kind wegen einer schweren malignen Erkrankung zur Chemotherapie im Universitätsklinikum Eppendorf befinde und die ständige Begleitung des Kindes von einem Elternteil bei allen Behandlungsmaßnahmen aus medizinischen Gründen für dringend erforderlich gehalten werde. Der Antragsteller hat lediglich behauptet und in keiner Weise (insbesondere durch eine von ihm selbst oder der Kindesmutter abgegebene eidesstattliche Versicherung) gemäß § 123 Abs. 3, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass zwischen ihm und dem Kind eine schützenswerte Lebensgemeinschaft besteht und er die vorgetragenen eigenen Beiträge zur Betreuung des Kindes tatsächlich erbringt. In einem solchen Fall ist das Gericht nicht gehalten, den anwaltlich vertretenen Antragsteller auf die ersichtlich nicht erfüllten Voraussetzungen der Glaubhafthaftmachung hinzuweisen. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung ist im Übrigen mittlerweile über drei Monate alt und damit nicht mehr geeignet, den aktuellen Gesundheitszustand des Kindes glaubhaft zu machen.

41

bb) Wegen der fehlenden Glaubhaftmachung der schützenswerten Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Kind scheidet auch ein Anordnungsanspruch zur Sicherung eines möglichen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG oder § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus. Ein solcher Anspruch könnte im Übrigen auch nicht im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden. Denn er stellt wegen des Wechsels des Aufenthaltszwecks einen neuen Streitgegenstand dar, mit dem die Antragsgegnerin bisher noch nicht durch einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis befasst wurde.

42

cc) Der Antragsteller hat auch nicht die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Aussetzung seiner Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht. Danach ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Der Antragsteller hat insbesondere kein aus Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 Abs. 1 EMRK folgendes rechtliches Abschiebungshindernis glaubhaft gemacht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der familiären Lebensgemeinschaft mit seinem Lebenspartner als auch hinsichtlich des neuen Vortrags des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, Vater eines schwer erkrankten deutschen Kindes geworden zu sein. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Zumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens verwiesen.

III.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

IV.

44

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hinreichende Aussicht auf Erfolg ist zwar bereits dann anzunehmen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung besteht. Denn die Prüfung der Erfolgsaussichten im Prozesskostenhilfeverfahren darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung seitens einer unbemittelten Partei unverhältnismäßig zu erschweren und die Gewährung von Prozesskostenhilfe von einem schon hoch wahrscheinlichen oder gar sicheren Prozesserfolg abhängig zu machen; die Rechtsverfolgung würde sonst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.1.1994, 1 A 14/92, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 33). Auch nach diesem Maßstab sind indes keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Beschwerde gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife, die im vorliegenden Fall frühestens am 1. Juni 2018 eingetreten ist, weil der Antragsteller vorher keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beschwerde jedenfalls wegen der fehlenden Erfüllung der Passpflicht keine hinreichenden Erfolgsaussichten im oben dargelegten Sinne.

Tenor

I. Die Verfahren 10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt in den Beschwerdeverfahren seine Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klage- und das Antragsverfahren weiter.

Der am … 1992 geborene Antragsteller ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er reiste am 30. März 2013 zu seinem bereits seit 1. Juli 2011 in der Bundesrepublik lebenden Vater, der ebenfalls ghanaischer Staatsangehöriger ist, ein. Dem Antragsteller war am 26. September 2012 von der italienischen Botschaft in Accra/Ghana ein nationales italienisches Visum zum Zwecke des Familiennachzugs erteilt worden, das vom 28. September 2012 bis 27. September 2013 gültig war. Mit diesem Visum reiste der Antragsteller am 31. Oktober 2012 zunächst nach Italien und dann später in das Bundesgebiet ein. Der Vater des Antragstellers ist in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG. Er lebte vor seiner Einreise in die Bundesrepublik in Italien und war dort Inhaber eines Daueraufenthaltsrechts nach der Richtlinie 2003/109/EG (Daueraufenthaltsrichtlinie).

Am 18. April 2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er wolle zu seinem hier lebenden Vater nachziehen. Zudem wolle er eine Ausbildung zum Altenpfleger beginnen und/oder einen Deutschkurs absolvieren. Einer vom Antragsteller zudem beabsichtigten Beschäftigung als Zimmerboy stimmte die Bundesagentur für Arbeit nicht zu.

Nachdem die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis angehört hatte, beantragte er am 16. Januar 2014 erneut, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, hilfsweise aus humanitären Gründen, zu erteilen. Er sei mit einem italienischen Visum zum Familiennachzug nach Italien gekommen. Allerdings sei sein Vater zu diesem Zeitpunkt schon in Deutschland gewesen. Der Antragsteller legte im Verwaltungsverfahren eine Bestätigung vom 4. Juni 2014 vor, wonach er am 28. April 2014 an einem Einstufungstest für einen Deutschkurs teilgenommen habe. Er sei auf das Niveau Vorkurs eingestuft worden.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2014 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 18. April 2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug und zum Besuch eines Deutschkurses bzw. zur Absolvierung einer Ausbildung als Altenpfleger ab. Ebenso lehnte sie den Antrag vom 16. Januar 2014 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug oder aus humanitären Gründen ab.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass ein Familiennachzug nach § 32 Abs. 2a AufenthG i.d.F. vom 1. Juni 2012 (gültig ab 1. August 2012 bis 5. September 2013) nicht in Frage komme, weil die familiäre Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinem Vater nicht bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestanden habe. Der Vater habe sich bereits seit dem 1. Juli 2011 ununterbrochen in M. aufgehalten, während der Antragsteller erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist sei. Darüber hinaus sei der Antragsteller, als er in die Bundesrepublik eingereist sei, nicht mehr minderjährig gewesen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i.d.F. vom 1. Juni 2012 scheitere ebenfalls an der Tatbestandsvoraussetzung der Minderjährigkeit. Dies gelte auch für § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i.d.F. vom 29. August 2013, gültig ab 6. September 2013. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG liege nicht vor. Der Antragsteller habe bis zu seinem 20. Lebensjahr in Ghana gelebt und sei erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist. Er habe seine Schulbildung in seinem Heimatland absolviert. Eine Aufenthaltserlaubnis zum Besuch eines Sprachkurses gemäß § 16 Abs. 5 AufenthG könne nicht erteilt werden, weil die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 17 AufenthG habe nicht geprüft werden können, weil der Antragsteller bislang keinen Ausbildungsvertrag vorgelegt habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2014 einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm sowohl für das Klageverfahren (M 12 K 14.3639) als auch für das Eilverfahren (M 12 S 14.3636) Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 3. November 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 ab (Nr. 1). Zugleich lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren und das Klageverfahren ab (Nr. 4 des Beschlusses). Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2014. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs seien nach deutschem Recht zu prüfen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG scheitere daran, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. April 2013 bzw. am 16. Januar 2014 das 18. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe und damit nicht minderjährig gewesen sei.

Der Antragsteller erhob gegen Nr. 1 und Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 Beschwerde (10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501). Zur Begründung brachte er vor, dass sein von der italienischen Botschaft in Accra ausgestelltes Visum sämtliche Voraussetzungen des Art. 5 SDÜ erfüllt habe. Zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Schengen-Gebiet bzw. bei der Visumerteilung durch die italienische Botschaft zum Familiennachzug habe er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Da er vor Vollendung des 21. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sei, könne ihm nicht entgegengehalten werden, dass er jetzt nach deutschem Recht die Altersgrenze überschritten habe. Im Übrigen hätte auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte geprüft werden müssen. Der Antragsteller sei selbstverständlich nach wie vor auf die Unterstützung des Vaters bzw. der Familie angewiesen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 dargelegten Gründe, die der Senat ausschließlich prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der Nr. 1 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (1.). Die Beschwerde gegen Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (10 C 14.2501) ist ebenfalls unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren M 12 K 14.3639 und für das Antragsverfahren M 12 S 14.3636 zu Recht abgelehnt hat (2.).

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug, zum Besuch eines Sprachkurses oder wegen des Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG hat zur Voraussetzung, dass der Antragsteller das 16. bzw. 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn er die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug beantragt. Zum damit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. Tewocht in Beck´scher Online-Kommentar, AuslR, § 32 Rn. 6; Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 32 Rn. 73) am 18. April 2013 bzw. 16. Januar 2014 war der am 1. Januar 1992 geborene Antragsteller 21 Jahre bzw. bereits 22 Jahre alt. Die im jeweiligen Antragszeitpunkt geltenden Fassungen des § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG setzen jedoch die Minderjährigkeit des Antragstellers voraus, d.h. der Antragsteller darf bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Denn die Volljährigkeit tritt nach deutschem Recht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein (§ 2 BGB). Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist im Rahmen des § 32 AufenthG nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung des italienischen Visums bzw. der Antragstellung für das italienische Visum bei der italienischen Botschaft in Ghana abzustellen. Zwar ist für die Einhaltung der Altersgrenze bei der Antragstellung für die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug der Zeitpunkt der Antragstellung im Visumverfahren maßgeblich, wenn Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis die vorherige Einholung eines Visums ist (Marx in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, § 32 Rn. 100 m.w.N; BVerwG, U.v. 29.11.2012 –10 C 11.12 – juris Leitsatz 4). Da es sich bei der Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG jedoch um einen nationalen Aufenthaltstitel handelt, kommt es für die rechtzeitige Antragstellung ausschließlich auf die Antragstellung bei der jeweils zuständigen nationalen Behörde an. Das italienische Visum zur Familienzusammenführung privilegiert den Antragsteller nur insoweit, als Art. 21 SDÜ Drittausländern, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen dürfen. Wenn der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hätte, könnte er sich daher auf § 39 Nr. 6 AufenthV berufen und den deutschen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug erst im Bundesgebiet einholen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Daueraufenthaltsrichtlinie (RL 2003/109/EG) oder der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Nach Art. 4 Abs. 1 Familienzusammenführungsrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten dem Ehegatten des Zusammenführenden und seinen minderjährigen Kindern (vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b) bis d)) die Einreise und den Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet Die minderjährigen Kinder im Sinne des Art. 4 Familienzusammenführungsrichtlinie dürfen das nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats geltende Volljährigkeitsalter noch nicht erreicht haben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2). Eine Ausnahme für volljährige unverheiratete Kinder sieht die Richtlinie in Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b) nur dann vor, wenn das volljährige Kind aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen könnte. Die Festlegung der Modalitäten für die Antragstellung und die Antragsprüfung obliegt nach Kapitel III der Familienzusammenführungsrichtlinie dem jeweiligen Mitgliedstaat, in den der Antragsteller die Familienzusammenführung beantragt. Sowohl der Eintritt der Volljährigkeit als auch das Verfahren für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug bestimmen sich somit nach den nationalen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats. Es ist für die Entscheidung über einen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug nach deutschen Recht damit unerheblich, ob die italienischen Behörden dem Antragsteller ein Visum zum Familiennachzug nach Italien ausgestellt hatten und ob die italienischen Regelungen zum Kindernachzug eventuell einen Nachzug auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres ermöglichen.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug ergibt sich auch nicht aus Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie. Voraussetzung für die Anwendung des Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie ist u.a., dass die Familie bereits im ersten Mitgliedstaat, hier also in Italien, bestand. Da der Vater des Antragstellers aber bereits im Jahr 2011 dauerhaft seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat und der Antragsteller erst im Oktober 2012 nach Italien eingereist ist, kann er sich nicht auf diese Regelung berufen, so dass gemäß Art. 16 Abs. 5 Daueraufenthaltsrichtlinie ausschließlich die Familienzusammenführungsrichtlinie Anwendung findet.

Im Übrigen hatte der Antragsteller bereits bei der Ausstellung des Visums zur Familienzusammenführung in Ghana im September 2012 das 18. Lebensjahr vollendet, so dass sich selbst dann, wenn man auf den Zeitpunkt der Ausstellung des italienischen Visums abstellen würde, nach den für den Kindernachzug nach Deutschland geltenden Regelungen keine für den Antragsteller günstigere Lösung ergeben würde.

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 AufenthG zur Durchführung eines Sprachkurses bereits daran scheitere, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert sei, legt die Beschwerde schon keine Gründe dar, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben wäre. Dasselbe gilt für den vom Verwaltungsgericht ebenfalls geprüften Anspruch des Antragstellers nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller legt im Beschwerdeverfahren nicht dar, worin in seinem Fall eine außergewöhnliche Härte bestünde, wenn er wieder nach Ghana zurückkehren müsste. Der Antragsteller ist bereits 22 Jahre alt und hat seine gesamte Kindheit in Ghana verbracht (vgl. insoweit auch unter 2.).

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO liegen weder für das Klageverfahren noch für das Antragsverfahren vor. Prozesskostenhilfe erhält derjenige, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Insoweit ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für alle vom Antragsteller genannten Aufenthaltszwecke voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und daher auch bei der Interessenabwägung im Antragsverfahren, die anhand der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erfolgt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung das private Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist der Senat allerdings nicht auf die Prüfung des Beschwerdevorbringens begrenzt. Aber auch aus den vorgelegten Akten oder dem Parteivortrag vor dem Verwaltungsgericht ergibt sich nicht, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG liege nicht vor, unzutreffend wäre, oder, dass in der Person des Antragstellers eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliege. Denn von einer außergewöhnlichen Härte ist nur dann auszugehen, wenn Umstände eintreten, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit nahelegen, weil sie eine vergleichbare Situation wie die zwischen den Mitgliedern der Kernfamilie kennzeichnen, so dass die Pflicht des Staates die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Gesichtspunkte zurückdrängt. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn ein Familienmitglied auf die Hilfe des anderen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe, weil im Herkunftsland keine zur Beistandsleistung geeigneten Familienangehörigen leben, nur im Bundesgebiet erbringen lässt (Marx, Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 36 Rn. 45 m.w.N.). In den vorgelegten Akten finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller auf die Beistandsleistungen seines Vaters angewiesen wäre. Der Antragsteller ist offensichtlich gesund und arbeitsfähig.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, deren Erfolgsaussichten mangels entsprechender Darlegung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 10 CS 14.2500 sind, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG nicht erfüllt sind. Selbst wenn der Antragsteller in Ghana keine Familienangehörigen mehr hätte, die ihn bei einer Rückkehr unterstützen könnten, ist es ihm auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und/oder Art. 8 EMRK zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren, in dem er 20 Jahre lang gelebt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2501 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I. Die Verfahren 10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt in den Beschwerdeverfahren seine Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klage- und das Antragsverfahren weiter.

Der am … 1992 geborene Antragsteller ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er reiste am 30. März 2013 zu seinem bereits seit 1. Juli 2011 in der Bundesrepublik lebenden Vater, der ebenfalls ghanaischer Staatsangehöriger ist, ein. Dem Antragsteller war am 26. September 2012 von der italienischen Botschaft in Accra/Ghana ein nationales italienisches Visum zum Zwecke des Familiennachzugs erteilt worden, das vom 28. September 2012 bis 27. September 2013 gültig war. Mit diesem Visum reiste der Antragsteller am 31. Oktober 2012 zunächst nach Italien und dann später in das Bundesgebiet ein. Der Vater des Antragstellers ist in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG. Er lebte vor seiner Einreise in die Bundesrepublik in Italien und war dort Inhaber eines Daueraufenthaltsrechts nach der Richtlinie 2003/109/EG (Daueraufenthaltsrichtlinie).

Am 18. April 2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er wolle zu seinem hier lebenden Vater nachziehen. Zudem wolle er eine Ausbildung zum Altenpfleger beginnen und/oder einen Deutschkurs absolvieren. Einer vom Antragsteller zudem beabsichtigten Beschäftigung als Zimmerboy stimmte die Bundesagentur für Arbeit nicht zu.

Nachdem die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis angehört hatte, beantragte er am 16. Januar 2014 erneut, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, hilfsweise aus humanitären Gründen, zu erteilen. Er sei mit einem italienischen Visum zum Familiennachzug nach Italien gekommen. Allerdings sei sein Vater zu diesem Zeitpunkt schon in Deutschland gewesen. Der Antragsteller legte im Verwaltungsverfahren eine Bestätigung vom 4. Juni 2014 vor, wonach er am 28. April 2014 an einem Einstufungstest für einen Deutschkurs teilgenommen habe. Er sei auf das Niveau Vorkurs eingestuft worden.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2014 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 18. April 2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug und zum Besuch eines Deutschkurses bzw. zur Absolvierung einer Ausbildung als Altenpfleger ab. Ebenso lehnte sie den Antrag vom 16. Januar 2014 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug oder aus humanitären Gründen ab.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass ein Familiennachzug nach § 32 Abs. 2a AufenthG i.d.F. vom 1. Juni 2012 (gültig ab 1. August 2012 bis 5. September 2013) nicht in Frage komme, weil die familiäre Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinem Vater nicht bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestanden habe. Der Vater habe sich bereits seit dem 1. Juli 2011 ununterbrochen in M. aufgehalten, während der Antragsteller erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist sei. Darüber hinaus sei der Antragsteller, als er in die Bundesrepublik eingereist sei, nicht mehr minderjährig gewesen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i.d.F. vom 1. Juni 2012 scheitere ebenfalls an der Tatbestandsvoraussetzung der Minderjährigkeit. Dies gelte auch für § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG i.d.F. vom 29. August 2013, gültig ab 6. September 2013. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG liege nicht vor. Der Antragsteller habe bis zu seinem 20. Lebensjahr in Ghana gelebt und sei erst am 31. Oktober 2012 nach Italien eingereist. Er habe seine Schulbildung in seinem Heimatland absolviert. Eine Aufenthaltserlaubnis zum Besuch eines Sprachkurses gemäß § 16 Abs. 5 AufenthG könne nicht erteilt werden, weil die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 17 AufenthG habe nicht geprüft werden können, weil der Antragsteller bislang keinen Ausbildungsvertrag vorgelegt habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2014 einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und ihm sowohl für das Klageverfahren (M 12 K 14.3639) als auch für das Eilverfahren (M 12 S 14.3636) Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 3. November 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 ab (Nr. 1). Zugleich lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren und das Klageverfahren ab (Nr. 4 des Beschlusses). Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2014. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs seien nach deutschem Recht zu prüfen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG scheitere daran, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. April 2013 bzw. am 16. Januar 2014 das 18. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe und damit nicht minderjährig gewesen sei.

Der Antragsteller erhob gegen Nr. 1 und Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 Beschwerde (10 CS 14.2500 und 10 C 14.2501). Zur Begründung brachte er vor, dass sein von der italienischen Botschaft in Accra ausgestelltes Visum sämtliche Voraussetzungen des Art. 5 SDÜ erfüllt habe. Zum Zeitpunkt seiner Einreise in das Schengen-Gebiet bzw. bei der Visumerteilung durch die italienische Botschaft zum Familiennachzug habe er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Da er vor Vollendung des 21. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sei, könne ihm nicht entgegengehalten werden, dass er jetzt nach deutschem Recht die Altersgrenze überschritten habe. Im Übrigen hätte auch das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte geprüft werden müssen. Der Antragsteller sei selbstverständlich nach wie vor auf die Unterstützung des Vaters bzw. der Familie angewiesen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 dargelegten Gründe, die der Senat ausschließlich prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der Nr. 1 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (1.). Die Beschwerde gegen Nr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. November 2014 (10 C 14.2501) ist ebenfalls unbegründet, weil das Verwaltungsgericht die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren M 12 K 14.3639 und für das Antragsverfahren M 12 S 14.3636 zu Recht abgelehnt hat (2.).

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug, zum Besuch eines Sprachkurses oder wegen des Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG hat zur Voraussetzung, dass der Antragsteller das 16. bzw. 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn er die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug beantragt. Zum damit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. Tewocht in Beck´scher Online-Kommentar, AuslR, § 32 Rn. 6; Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 32 Rn. 73) am 18. April 2013 bzw. 16. Januar 2014 war der am 1. Januar 1992 geborene Antragsteller 21 Jahre bzw. bereits 22 Jahre alt. Die im jeweiligen Antragszeitpunkt geltenden Fassungen des § 32 Abs. 1 und 2 AufenthG setzen jedoch die Minderjährigkeit des Antragstellers voraus, d.h. der Antragsteller darf bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Denn die Volljährigkeit tritt nach deutschem Recht mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein (§ 2 BGB). Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist im Rahmen des § 32 AufenthG nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung des italienischen Visums bzw. der Antragstellung für das italienische Visum bei der italienischen Botschaft in Ghana abzustellen. Zwar ist für die Einhaltung der Altersgrenze bei der Antragstellung für die Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug der Zeitpunkt der Antragstellung im Visumverfahren maßgeblich, wenn Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis die vorherige Einholung eines Visums ist (Marx in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, § 32 Rn. 100 m.w.N; BVerwG, U.v. 29.11.2012 –10 C 11.12 – juris Leitsatz 4). Da es sich bei der Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG jedoch um einen nationalen Aufenthaltstitel handelt, kommt es für die rechtzeitige Antragstellung ausschließlich auf die Antragstellung bei der jeweils zuständigen nationalen Behörde an. Das italienische Visum zur Familienzusammenführung privilegiert den Antragsteller nur insoweit, als Art. 21 SDÜ Drittausländern, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen dürfen. Wenn der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels hätte, könnte er sich daher auf § 39 Nr. 6 AufenthV berufen und den deutschen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug erst im Bundesgebiet einholen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Daueraufenthaltsrichtlinie (RL 2003/109/EG) oder der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Nach Art. 4 Abs. 1 Familienzusammenführungsrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten dem Ehegatten des Zusammenführenden und seinen minderjährigen Kindern (vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b) bis d)) die Einreise und den Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet Die minderjährigen Kinder im Sinne des Art. 4 Familienzusammenführungsrichtlinie dürfen das nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats geltende Volljährigkeitsalter noch nicht erreicht haben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2). Eine Ausnahme für volljährige unverheiratete Kinder sieht die Richtlinie in Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b) nur dann vor, wenn das volljährige Kind aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen könnte. Die Festlegung der Modalitäten für die Antragstellung und die Antragsprüfung obliegt nach Kapitel III der Familienzusammenführungsrichtlinie dem jeweiligen Mitgliedstaat, in den der Antragsteller die Familienzusammenführung beantragt. Sowohl der Eintritt der Volljährigkeit als auch das Verfahren für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug bestimmen sich somit nach den nationalen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats. Es ist für die Entscheidung über einen Aufenthaltstitel zum Kindernachzug nach deutschen Recht damit unerheblich, ob die italienischen Behörden dem Antragsteller ein Visum zum Familiennachzug nach Italien ausgestellt hatten und ob die italienischen Regelungen zum Kindernachzug eventuell einen Nachzug auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres ermöglichen.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug ergibt sich auch nicht aus Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie. Voraussetzung für die Anwendung des Art. 16 Daueraufenthaltsrichtlinie ist u.a., dass die Familie bereits im ersten Mitgliedstaat, hier also in Italien, bestand. Da der Vater des Antragstellers aber bereits im Jahr 2011 dauerhaft seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat und der Antragsteller erst im Oktober 2012 nach Italien eingereist ist, kann er sich nicht auf diese Regelung berufen, so dass gemäß Art. 16 Abs. 5 Daueraufenthaltsrichtlinie ausschließlich die Familienzusammenführungsrichtlinie Anwendung findet.

Im Übrigen hatte der Antragsteller bereits bei der Ausstellung des Visums zur Familienzusammenführung in Ghana im September 2012 das 18. Lebensjahr vollendet, so dass sich selbst dann, wenn man auf den Zeitpunkt der Ausstellung des italienischen Visums abstellen würde, nach den für den Kindernachzug nach Deutschland geltenden Regelungen keine für den Antragsteller günstigere Lösung ergeben würde.

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 AufenthG zur Durchführung eines Sprachkurses bereits daran scheitere, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesichert sei, legt die Beschwerde schon keine Gründe dar, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben wäre. Dasselbe gilt für den vom Verwaltungsgericht ebenfalls geprüften Anspruch des Antragstellers nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller legt im Beschwerdeverfahren nicht dar, worin in seinem Fall eine außergewöhnliche Härte bestünde, wenn er wieder nach Ghana zurückkehren müsste. Der Antragsteller ist bereits 22 Jahre alt und hat seine gesamte Kindheit in Ghana verbracht (vgl. insoweit auch unter 2.).

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO liegen weder für das Klageverfahren noch für das Antragsverfahren vor. Prozesskostenhilfe erhält derjenige, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Insoweit ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für alle vom Antragsteller genannten Aufenthaltszwecke voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, und daher auch bei der Interessenabwägung im Antragsverfahren, die anhand der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erfolgt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung das private Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist der Senat allerdings nicht auf die Prüfung des Beschwerdevorbringens begrenzt. Aber auch aus den vorgelegten Akten oder dem Parteivortrag vor dem Verwaltungsgericht ergibt sich nicht, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG liege nicht vor, unzutreffend wäre, oder, dass in der Person des Antragstellers eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliege. Denn von einer außergewöhnlichen Härte ist nur dann auszugehen, wenn Umstände eintreten, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit nahelegen, weil sie eine vergleichbare Situation wie die zwischen den Mitgliedern der Kernfamilie kennzeichnen, so dass die Pflicht des Staates die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Gesichtspunkte zurückdrängt. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn ein Familienmitglied auf die Hilfe des anderen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe, weil im Herkunftsland keine zur Beistandsleistung geeigneten Familienangehörigen leben, nur im Bundesgebiet erbringen lässt (Marx, Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 36 Rn. 45 m.w.N.). In den vorgelegten Akten finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller auf die Beistandsleistungen seines Vaters angewiesen wäre. Der Antragsteller ist offensichtlich gesund und arbeitsfähig.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, deren Erfolgsaussichten mangels entsprechender Darlegung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 10 CS 14.2500 sind, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG nicht erfüllt sind. Selbst wenn der Antragsteller in Ghana keine Familienangehörigen mehr hätte, die ihn bei einer Rückkehr unterstützen könnten, ist es ihm auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und/oder Art. 8 EMRK zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren, in dem er 20 Jahre lang gelebt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2500 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2501 bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.