Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 04. Aug. 2016 - 1 MB 21/15
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 17.07.2015 geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (VG 8 A 90/15) gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird gemäß den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Antragssteller ist Eigentümer des Grundstücks … in …, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Er wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines neuen Rinderboxenlaufstalls, zum Umbau eines vorhandene Boxenlaufstalls und zur Errichtung sog. Kälberiglus auf dessen Grundstück … (Flurstück …).
- 2
Der Beigeladene ist Landwirt. Auf seinem Grundstück befinden sich neben einem Wohnhaus Stallgebäude, Silagelager, Güllebehälter sowie eine Maschinenhalle. In den vorhandenen, zwischen 1959 und 2008 genehmigten Stallungen werden 410 Rinder (Kühe, Färsen, Kälber [ca. 350 GV]) gehalten. Er beabsichtigt auf dem westlichen (hinteren) Teil seines Grundstücks, südlich des vorhandenen Rinderboxenlaufstalls, die Errichtung eines neuen Rinderboxenlaufstalls für 86 Kühe und 100 Jungtiere; zugleich sollen der vorhandene Boxenlaufstall umgebaut (Innenausbau) und sog. Kälberiglus errichtet werden. Der Tierbestand wird dadurch auf ca. 590 GV erweitert.
- 3
Am 25.04.2014 erteilte der Antragsgegner antragsgemäß die Baugenehmigung, wobei eine „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 als „Bestandteil“ der Baugenehmigung bezeichnet wurde, die „bei der Errichtung und dem Betrieb des Vorhabens zu beachten“ sei.
- 4
Nach dieser Stellungnahme wurden als Immissionsquellen die vorhandenen Stallungen, Güllebehälter, eine Dungplatte und zwei von drei Silagelagerstätten (eine Lagerstätte soll nicht mehr genutzt werden) sowie der neue Stall (126,0 GV) berücksichtigt, ferner „emissionsrelevante“ Betriebe in der „nahen“ Umgebung (Betriebe …, …, …, …). Für den am Haus des Antragstellers bestimmten Beurteilungspunkt (BUP 4) ergab sich für die „vorhandene Situation“ eine Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden von 24,7 % und für die „geplante Situation“ von 22,8 % pro Jahr. Dadurch werde die nach dem gemeinsamen Erlass des Umwelt- und Innenministeriums vom 04.09.2009 belästigungsrelevante Kenngröße von 15 % für Dorfgebiete überschritten; in der Stellungnahme heißt es dazu:
- 5
„Im Laufe der Jahre hat sich in … … quasi als Schicksalsgemeinschaft ein räumlich enges Miteinander von landwirtschaftlichen Betrieben und Wohnhäusern ergeben. Dieses … ist historisch gewachsen, hat bisher gut funktioniert und ist daher als ortsüblich zu bezeichnen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich … die belästigungsrelevante Kenngröße … deutlich verbessert, so dass hier keine Verschlechterung der Immissionssituation zu erwarten ist. Berücksichtigt man ferner, dass im Außenbereich und auch in von Tierhaltung geprägten Ortsbereichen oft höhere Geruchsimmissionen (häufig 15 bis 25 % der Jahresstunden) vorhanden … sind, dann können die in dem vorliegenden Fall ermittelten belästigungsrelevanten Kenngrößen als ortsüblich betrachtet werden.“
- 6
Der Antragsteller erhob, nachdem ihm – auf Anforderung – die Baugenehmigung übersandt worden war, dagegen am 21.01.2015 Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 zurückwies.
- 7
Am 22.05.2015 hat der Antragsteller dagegen Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung derselben beantragt.
- 8
Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.07.2015 entsprochen und zur Begründung i. w. ausgeführt, das Grundstück des Antragstellers werde unzumutbaren Immissionen ausgesetzt. Bei einer Geruchsstundenhäufigkeit von 22,8 % werde die Zumutbarkeitsschwelle, die sich aus der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) ergebe, überschritten. Auch wenn für eine Außenbereichs(-rand-)lage, eine Häufigkeit von bis zu 20 % diskutabel sei, werde auch diese mit dem Wert von 22,8 % noch erheblich überschritten. Es sei fraglich, ob überhaupt eine Verbesserung der Geruchssituation zu erwarten sei, da keine Veränderungen im Baubestand oder in der Futter- oder Entmistungstechnik vorlägen. Zwar werde die Geruchsbelastung durch die Aufgabe der Bullenmast und des Silagelagers 3 gemindert, doch werde diese Minderung durch die hinzukommenden Tierzahlen weit überwogen. Eine Verbesserung der Geruchsbelastung führe nicht automatisch zur Nachbarverträglichkeit, wenn die Zumutbarkeitsgrenzen – wie hier - überschritten würden. Ein Wert von mehr als 20 % sei ausnahmsweise nur hinnehmbar, wenn die nach dem Stand der Technik möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Geruchsbelastung durchgeführt würden. Für das Grundstück des Antragstellers komme eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze nicht in Betracht. Der Neubau des Stalls und die Erhöhung der Tierzahlen „verfestige und vertiefe“ die schon im Bestand nicht zumutbare Geruchsbelastung.
- 9
Gegen diesen Beschluss haben der Beigeladene am 29.07.2015 und der Antragsgegner am 03.08.2015 Beschwerde erhoben.
- 10
Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren eine „Immissionsprognose“ der Frau Dr. … (…) vom 17.08.2015 vorgelegt, der zufolge die belästigungsrelevante Kenngröße am Wohnhaus des Antragstellers, die durch den Betrieb des Beigeladenen „im Planzustand“ verursacht wird, 17 % (0,17) beträgt. Diese Prognose sei für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen. Als Maßstab sei hier der Immissionsrichtwert von 0,20 anzusetzen. Das genehmigte Vorhaben liege im Außenbereich, für das Dorfgebiet … sei als unterer Bezugswert 0,15 anzusetzen. Für das “einreihig bebaute Straßendorf“ mit jahrzehntealten landwirtschaftlichen Betrieben sei 0,20 angemessen, was hier eingehalten werde. Auch bei einer nur geringen Richtwert-Überschreitung dürfe in Anwendung des Rechtsgedankens des § 6 Abs. 3 BImSchG die Baugenehmigung nicht versagt werden. Der Antragsteller habe früher als Nebenerwerbslandwirt Hochlandrinder gehalten, mit Misthaufen auf dem Grundstück, er sei deshalb Teil der Schicksalsgemeinschaft der Landwirte. Ein Immissionswert von „über 0,20 und somit auch von 0,228“ sei damit nicht rücksichtslos. Auch nach der GIRL könnten mehr als 20 % maßgeblich sein, insbesondere in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen. Auch wenn der Antragsteller seine Viehhaltung aufgegeben habe, sei er mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet.
- 11
Der Antragsgegner hält eine obergerichtliche Entscheidung für geboten, da es in Schleswig-Holstein bislang noch keine Entscheidung zur Zulässigkeit einer Überschreitung der Geruchsimmissionsrichtwerte gebe.
- 12
Der Antragsteller erwidert, auch nach dem neuen Gutachten, das in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft sei, werde der maßgebliche Immissionsrichtwert von 0,15 für Dorfgebiete deutlich überschritten. Eine Erhöhung der zulässigen Geruchsbelastung lasse sich weder daraus ableiten, dass … ein „einreihiges Straßendorf“ sei noch daraus, dass der Ort seit Jahrzehnten durch Landwirtschaft geprägt sei. Das Vorhandensein landwirtschaftlicher Betriebe im Dorf werde bereits durch den höheren Richtwert von 0,15 berücksichtigt. Beim Erwerb seines Grundstücks 1972 sei die Entwicklung zur Massentierhaltung noch nicht absehbar gewesen. Er selbst habe Rinderhaltung als Hobby ohne Gewinn betrieben. Einen Misthaufen habe es nicht gegeben. Eine erhöhte Hinnahme von Gerüchen komme nur bei ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieben in Betracht; das treffe hier nicht zu. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 6 Abs. 3 BImSchG seien nicht gegeben. Durch Traktoren und Maschinen auf dem Hof entstehe Lärm, außerdem Staub.
- 13
Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren einen „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 von Frau Dr. … vorgelegt, der die Auswirkungen von Maßnahmen untersucht, die „emissions- bzw. immissionsmindernd“ wirken. Danach ergibt sich – nach Umsetzung von sieben i. e. bezeichneten Maßnahmen – eine „belästigungsrelevante“ Zusatzbelastung am Wohnhaus des Antragstellers von 0,13 bzw. eine Gesamtbelastung durch die Betriebe ... und … von 0,15.
- 14
Der Berichterstatter des Senats hat am 29.02.2016 einen Orts- und Erörterungstermin durchgeführt; auf das Protokoll – nebst acht Fotos – sowie auf die Berichtigungshinweise des Antragstellers (Schriftsatz vom 24.03.2016) wird Bezug genommen. Zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen sind in der Folgezeit Einigungsgespräche geführt worden, die ergebnislos geblieben sind.
II.
- 15
Die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts sind begründet. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 ist abzulehnen. Ausgehend von den - im erstinstanzlichen Beschluss (S. 4 des Beschl.-Abdr.) zutreffend wieder gegebenen - rechtlichen Maßstäben für eine Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 2 Satz 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht festzustellen. Die infolge des genehmigten Vorhabens des Beigeladenen zu erwartenden Immissionen bleiben im Rahmen des Zumutbaren. Das gilt sowohl für die (erst) im Erörterungstermin geltend gemachten Lärmwirkungen (1.) als auch für die Geruchsimmissionen (2.).
- 16
1. Im Erörterungstermin hat der Antragsteller Lärmwirkungen in Bezug auf Fahrzeuggeräusche (u. a. Traktoren) angesprochen, die entweder auf dem Betriebsgrundstück des Beigeladenen oder auf dem Weg dorthin - auf der „…“ - entstehen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Lärmwirkungen - soweit vorhanden - durch die in der angefochtenen Baugenehmigung genannten Vorhaben bedingt sind. Zwar sind Verkehrsgeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt einem Vorhaben zuzurechnen (Nr. 7.4 TA Lärm), doch folgt daraus nicht, dass insoweit ein konkreter Regelungsbedarf für eine Baugenehmigung zur Neuerrichtung eines Stalls bzw. zum Umbau eines vorhandenen Stalls entsteht. Anders wäre es nur, wenn gerade die (Nutzung der) genehmigten Bauvorhaben zu unzumutbaren Lärmbelastungen führten. Dafür bestehen keine Ansatzpunkte. Eine Verpflichtung, Immissionsquellen, die dem Bestand der zwischen 1976 und 2012 genehmigten Bauten des Beigeladenen zuzurechnen sind, bei Gelegenheit der vorliegend erteilten Genehmigung zu „sanieren“, besteht nicht. Verkehrslärm, der auf der „…“ entsteht, ist dem Vorhaben des Beigeladenen nicht generell zurechenbar. Diesbezügliche Lärmminderungswünsche sind der Prüfung durch die zuständigen Baulastträger bzw. Straßenverkehrsbehörden überantwortet.
- 17
2. Die den genehmigten Vorhaben zuzurechnenden Geruchsimmissionen überschreiten nicht die Grenze dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist.
- 18
Die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen liegen im Außenbereich. Ihre planungsrechtliche Zulässigkeit erfordert - insbesondere - im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen die Beachtung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Das Rücksichtnahmegebot wird zu Lasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss; maßgeblich sind insoweit § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (vgl. Urt. des Senats v. 09.12.2010, 1 LB 6/10, NordÖR 2011, 284; BVerwG, Beschl. v. 10.1.2013, 4 B 48.12, BauR 2013, 934).
- 19
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme - zu Lasten des Antragstellers - ist nicht festzustellen, weil die neu genehmigte Nutzung auf dem Grundstück des Antragstellers voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen im Sinne der § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG verursacht.
- 20
2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Immissionswerte der Geruchsimmissionsrichtlinie - GIRL - i. d. F. vom 04.09.2009 (Amtsbl. SH S. 1006) bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; das entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt des Senats v. 09.12.2010, a.a.O., Beschl. des Senats v. 27.11.2015, 1 LA 52/14, NordÖR 2015, 169). Dem entsprechend ist von den Zumutbarkeitsgrenzen nach Nr. 3.1 (Tabelle 1) auszugehen; für Dorfgebiete kann danach eine erhebliche Belästigung i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG vorliegen, wenn die Gesamtbelastung (Nr. 4.6 GIRL) eine relative Häufigkeit der Geruchsstunden pro Jahr von 0,15 (15 %) überschreitet. Mit diesem Wert wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass - innerhalb von Dorfgebieten - auf die Belange land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist (§ 5 Abs. 1 S. 2 BauNVO; vgl. „Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL“ i. d. F. vom 29.02.2008, zu Nr. 3.1).
- 21
2.2 Die Richtwerte der GIRL sind nicht allerdings nicht „starr“ konzipiert, sie lassen vielmehr Abweichungen im Einzelfall zu.
- 22
Das belegen die „Auslegungshinweise“ (a.a.O.) etwa für den „Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung“, für den Fall einer „Vorbelastung durch gewachsene Strukturen“ oder beim „Aufeinandertreffen immissionsträchtiger Nutzungen“. In begründeten Einzelfällen sind (dann) auch Überschreitungen des Immissionswerts von 0,15 möglich (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, AUR 2014, 316). Eine - ähnlich begründete - „Zwischenwertbildung“ ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, so in Fällen einer Gemengelage zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und angrenzender Wohnnutzung (VGH Kassel, Urt. v. 08.12.2005, 4 UE 1207/05, BauR 2006, 807, vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 30.11.2012, 2 D 95/11.NE, Juris sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 13.01.2016, 12 LA 217/14, Juris). Das Gleiche gilt auch für Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich, die - dort - mit der Ansiedlung privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich und entsprechenden Immissionen rechnen müssen und deren Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, (deshalb) deutlich herabgesetzt ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 07.10.2009, 1 A 10872/07, BauR 2010, 581 ff. [bei Juris Rn. 84 m. w. N.]; OVG Magdeburg, Urt. v. 24.03.2015, 2 L 184/10, UPR 2016, 39 Ls.; VGH Kassel, Urt. v. 01.04.2014, 9 A 2030/12, BauR 2014, 1826 Ls. [bei Juris Rn. 64]; VGH München, Beschl. v. 03.05.2016, 15 CS 15.1576, [bei Juris Rn. 14]).
- 23
In begründeten Einzelfällen kann in Fällen der genannten Art eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze für Wohngebiete bis hin zu den Werten für Dorfgebiete und für Dorfgebiete eine Überschreitung des Immissionswerts für Dorfgebiete in Betracht kommen (OVG Magdeburg, a.a.O., Rn. 97 a. E.).
- 24
2.3 Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Überschreitung des Immissionswerts von 0,15 im Einzelfall - bei einer bestehenden - prägenden - und erheblichen Geruchs-Vorbelastung - gerechtfertigt ist und (dann) - jedenfalls - ein Immissionswert von 0,18 nicht zu beanstanden ist (Urt. v. 09.12.2010, a.a.O.); ob auch höhere Überschreitungen zulässig sein können, hat der Senat bislang offen gelassen.
- 25
Im vorliegenden Verfahren bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung, denn es spricht ganz Überwiegendes dafür, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt sein wird. Sein Grundstück ist bereits einer erheblichen Vorbelastung ausgesetzt, wie die vorliegenden Immissionsbeurteilungen der Landwirtschaftskammer bzw. von Frau Dr. … - insoweit übereinstimmend - ergeben. Es kommt hinzu, dass das Grundstück des Antragstellers im Hinblick auf seine Lage in einem ausgeprägt ländlich strukturierten Dorfgebiet sowie auf die Randlage zum Außenbereich eine deutlich herabgesetzte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, hinzunehmen hat. Der Senat geht deshalb - auch im Hinblick auf seine Entscheidung vom 09.12.2010 (a.a.O.) - davon aus, dass vorliegend zumindest ein Immissionswert von 0,18 zumutbar ist (vgl. – im gleichen Sinne - : VGH Kassel, Beschl. v. 10.04.2014, 9 B 2156/13, NuR 2014, 864 sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, Juris [Rn. 14]).
- 26
Dieser Wert wird durch die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen eingehalten.
- 27
2.3.1 Die zum „Bestandteil“ der angefochtenen Genehmigung erhobene „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 geht allerdings von einer Überschreitung (auch) des Immissionswertes von 0,18 aus, indem sie eine Gesamtbelastung (Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden) von 24,7 % (vorhandene Situation) bzw. 22,8 % (geplante Situation) annimmt. Die genannten Werte sind indes nicht überzeugend.
- 28
Sie beruhen auf nicht gerechtfertigten Ansätzen für die vorhandene Geruchs-Vorbelastung (Nr. 4.4 GIRL) durch andere Betriebe, für die keine Untersuchung der (Geruchs-)Ausbreitungsbedingungen erfolgt ist. Die Betriebsweise und der Viehbestand dieser Betriebe ist - zudem - nur „überschlägig“ (s. z. B. Tabelle S. 7, Fn. 3) ermittelt worden; zweifelhaft sind - schließlich - die Ansätze „tierartspezifischer“ Faktoren für Pferdehaltung (die der GIRL [Nr. 4.6, Tabelle 4] nicht zu entnehmen sind) und für „Grassilagelagerung“.
- 29
In der „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 (S. 5) werden Geruchs-Vorbelastungen durch die Betriebe …, …, …, … und … erfasst und in der Ausbreitungsrechnung berücksichtigt (S. 7-8); weiter entfernte Tierhaltungen sind im Hinblick auf die sog. Irrelevanzgrenze (Nr. 3.3 GIRL) außer Betracht geblieben. Die Frage, ob die genannten Betriebe im Hinblick auf dieses Kriterium nicht ebenfalls unberücksichtigt bleiben konnten, wird in der „Stellungnahme“ ebenso wenig geprüft, wie die (weitere) Frage, inwieweit sich Gerüche aus den genannten Betrieben bis zum Grundstück des Antragstellers („Beurteilungspunkt 4“) ausbreiten. Ungeprüft bleibt auch, ob der von den genehmigten Vorhaben des Beigeladenen erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet. In diesem Fall erhöht das „neue“ Vorhaben die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nur „bagatellartig“ und damit nicht relevant (BVerwG, Urt. v. 19.04.2012, 4 CN 3.11, BVerwGE 143, 24 ff. = NVwZ 2012, 1338 [bei Juris Rn. 16]). Von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung kann dann abgesehen werden und die Genehmigung der Vorhaben des Beigeladenen dürfte nach Nr. 3.3 GIRL nicht versagt werden.
- 30
Zu einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose ist es - zwar - erforderlich, die voraussichtliche Gesamtbelastung aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung zu ermitteln, wobei in diesem Fall keine Addition erfolgen darf, sondern die Vor- und die Zusatzbelastung in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden muss (s. „Auslegungshinweise“ [a.a.O.], zu Nr. 4.6 GIRL). In dieser Rechnung wirken sich Vorbelastungen nicht genehmigungsschädlich aus, die die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzuordnenden Zusatzbelastungen als irrelevant erscheinen lassen. Die „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 geht darauf nicht ein.
- 31
Die „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer erfasst - überdies - Betriebe, die aufgrund ihrer Art, Größe oder Entfernung zum Grundstück des Antragstellers dort keine „vorbelastenden“ Geruchsimmissionen (mehr) bewirken. Darauf weisen schon die Entfernungen der Betriebe … (ca. 400 m) und … (ca. 500 m) zum Grundstück des Antragstellers hin, aber auch die bekannten Tierbestände (…: Pferde [23,5 GV], …: Rinder [24 GV]) und der Umstand, dass für größere Tierkapazitäten keine Gebäudekapazitäten vorhanden sind (vgl. „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, S. 56, zu 14). Im Ergebnis gilt Gleiches für den in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 weiter berücksichtigten Betrieb …, der zwar näher zum Grundstück des Antragstellers (200 m) liegt, aber aufgrund des Tier- und Gebäudebestandes (Pferde [55 GV]) keine relevante (Vorbelastungs-)Wirkung verursachen kann. Der Betrieb … (Rinder [96 GV]) liegt aufgrund seiner Entfernung zum Grundstück des Antragstellers (ca. 300-400 m) ebenfalls außerhalb des relevanten Einwirkungsbereichs. Die genannten, auch im Ortstermin deutlich gewordenen örtlichen Verhältnisse, sind in der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 56-63) zutreffend aufgearbeitet worden; wenn in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 die „belästigungsrelevanten Kenngrößen“ gleichwohl unter Berücksichtigung der genannten Betriebe ermittelt werden, vermag dies nicht zu überzeugen.
- 32
In der „Immissionsprognose“ Dr. … wird darauf hingewiesen, dass in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer der ca. 300 m vom Grundstück des Antragstellers entfernte Hof … nicht berücksichtigt worden ist. Dies ist allerdings auch nicht erforderlich, weil die dort betriebene Schweinehaltung 2007 aufgegeben worden ist (Dr. …, S. 169). Nach Angaben des Antragsgegners im Ortstermin vom 29.02.2016 sind die Ländereien verkauft worden. Das spricht dafür, dass auf eine künftige Nutzung des Hofs zur Schweinehaltung dauerhaft verzichtet worden ist; eine (künftig) evtl. erfolgende Nutzung des Hofes zur Tierhaltung wäre von dem - unterstellten - Bestandsschutz der bis 2007 betriebenen Schweinehaltung nicht mehr umfasst. Ansatzpunkte dafür, dass auf dem Hof … wieder eine Schweinehaltung betrieben werden wird, sind im Übrigen nicht hervorgetreten.
- 33
In der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 25) heißt es zur „Geruchsvorbelastung“ zusammenfassend:
- 34
„Von insgesamt 5 untersuchten Betrieben, die als Verursacher einer Vorbelastung in Frage kamen, waren 4 Betriebe mit hinreichender Sicherheit irrelevant. Bei dem als relevant identifizierten Betrieb handelt es sich um den o. g. Schweinehaltungsbetrieb […], dessen Tierhaltung im Moment nicht ausgeübt wird.“
- 35
Dieser Beurteilung ist zuzustimmen; die in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 in Ansatz gebrachten Immissionswerte zur „vorhandenen“ bzw. zur „geplanten“ Situation vermögen damit nicht zu überzeugen.
- 36
2.3.2 Der Senat folgt demgegenüber der Beurteilung und den Ergebnissen der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, die auf der Grundlage einer sorgfältigen Erfassung der örtlichen Verhältnisse, der Einflussgrößen für die Geruchsausbreitung (u. a. Bodenrauhigkeit, Meteorologie, Bebauung) und der relevanten „Vorbelastungsbetriebe“ (s.o.) zu dem Ergebnis gelangt, dass „die belastungsrelevante Kenngröße der Zusatzbelastung, die durch den Betrieb …. im Planzustand verursacht wird“, 0,17 beträgt; unter Berücksichtigung des – nicht mehr „aktiven“ Betriebs … liegt der Prognosewert bei 0,18 (S. 25).
- 37
Der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Ansicht des Antragstellers, die Prognose vom 17.08.2015 sei „in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft“ (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 13 f.), ist nicht zu folgen; im Gegenteil: Die Prognose ist methodisch korrekt aus den Vorgaben der GIRL abgeleitet und berücksichtigt alle für eine realistische Beurteilung des Einzelfalls relevanten Faktoren. Die prognostizierte Gesamtbelastung liegt auch auf der „sicheren Seite“, indem sie aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt (OVG Münster, Urt. v. 01.06.2015, 8 A 1487/14, Juris). Sie unterstellt für alle im Rahmen der Vorbelastung berücksichtigten Fälle einen legalen Betrieb (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 02.12.2013, 2 A 2652/11, BauR 2014, 959) und bezieht für den höheren Wert (0,18) auch den Hof … mit ein, der nicht mehr existiert und zudem mit Schweinehaltungsgerüchen einen tierartspezifisch ungünstigen Bewertungsfaktor (vgl. Nr. 4.6, Tabelle 4 GIRL) beisteuert.
- 38
Allein der (pauschale) Einwand, die „Immissionsprognose“ Dr. … vom 17.08.2015 sei „kurz nach dem erwirkten Baustopp“ vom Beigeladenen beauftragt und mit „deutlich unterhalb“ der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 liegenden Werten erstellt worden, vermag inhaltliche oder methodische Fehler der Prognose nicht zu begründen. In methodischer Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, dass die Prognose aus einer Ausbreitungsrechnung abgeleitet wird, da - jedenfalls für das vorliegende Verfahren - eine Rasterbegehung mit einem unverhältnismäßigen (Personal-, Kosten- und Zeit-) Aufwand verbunden wäre (vgl. Nr. 4.1 [2. Abs.] GIRL). Der Vorgabe in Nr. 4.6 GIRL entsprechend ist die Gesamtbelastung - aus vorhandener Belastung und Zusatzbelastung - auch in einem Rechengang bestimmt worden (vgl. auch die „Auslegungshinweise“ zur GIRL [a.a.O.], zu Nr. 4.6). Entgegen der Kritik des Antragstellers ist in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 auch die Vorbelastung - sowohl bzgl. umliegender Betriebe (s. dazu S. 58-63 der Prognose) als auch bzgl. des Betriebs des Beigeladenen (s. S. 21-24 der Prognose) - sachgerecht erfasst worden. Soweit die Datengrundlage zu den Tierbestandszahlen (insbesondere) der umliegenden Betriebe angezweifelt wird, ist - zunächst - festzustellen, dass diese in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 jedenfalls nicht schlechter ist, als es bei der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 der Fall war. Im Unterschied dazu sind in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 die Angaben zu Tierbeständen anhand der örtlichen Verhältnisse bzw. „anhand von Karten und Luftbildern auf Plausibilität“ geprüft worden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insoweit - ergebnisrelevante - Fehler vorliegen, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass sich die vom Antragsteller angesprochenen Abweichungen zwischen Baugenehmigung und Immissionsprognose (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 17 f.: Anzahl der Kälber, Fahrsiloplatte, Kälberhütten) auf die Validität der Prognosewerte auswirken, liegen ebenfalls nicht vor.
- 39
2.3.3 Die in dem von Frau Dr. … vorgelegten „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 (S. 11) ermittelte belästigungsrelevante Kenngröße von 0,13 bzw. (bei Berücksichtigung des [nicht mehr existenten] Betriebes …) 0,15 ist auf der Grundlage von immissions- und emissionsmindernden Maßnahmen ermittelt worden.
- 40
Maßnahmen dieser Art sind in der angefochtenen Genehmigung nicht gefordert worden. Dazu bestand auch kein Anlass, denn die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzurechnende Immissionsbelastung von 0,17 (0,18) bleibt im Rahmen dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist (s. o. 2.3). Die im Erörterungstermin angebotene Möglichkeit, unter Berücksichtigung der in dem „Nachtrag“ (S. 3) aufgeführten emissions- bzw. immissionsmindernden Maßnahmen einen geänderten Bauantrag zu stellen, mag im Sinne der Regelung in Nr. 2 GIRL liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1990, 7 B 57.90, UPR 1990, 438). Der Antragsteller kann als Nachbar solche – dem umweltrechtlichen Vorsorgegebot dienenden - Maßnahmen allerdings nicht beanspruchen, zumal diese nicht aus dem "Stand der Technik" im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG abgeleitet sind, sondern Fragen der Betriebsorganisation betreffen. Der Beigeladene hat seine Bereitschaft zu derartigen Modifikationen im Interesse einer gütlichen Streitbeilegung erklärt; wenn diese – wohlmöglich wegen weitergehender oder anderer „Forderungen“ des Antragstellers – nicht erreicht werden konnte, ist daraus für die vorliegende Entscheidung nichts abzuleiten.
- 41
2.4 Die - im Anschluss an den erstinstanzlichen Beschluss (S. 6-8 d. Abdr.) - vom Beigeladenen und vom Antragsgegner angesprochene Frage, ob auch eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der GIRL (gemeint ist wohl der Richtwert für Dorfgebiete [0,15]) zulässig ist, ist - soweit im vorliegenden Fall relevant - durch die Ausführungen zu 2.3 beantwortet.
- 42
Die weitergehende Frage, ob die in § 6 Abs. 3 BImSchG enthaltene Regelung zu einer sog. „Verbesserungsgenehmigung“ analog oder ihrem Rechtsgedanken nach auch auf nicht-immissionsschutzrechtliche Genehmigungen - hier: eine Baugenehmigung - übertragbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die dazu vorliegende - divergierende - Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 06.03.2013, 1 ME 205/12, BauR 2014, 1263) bzw. des OVG Münster (Beschl. v. 23.04.2013, 2 B 141/13, BauR 2013, 1251) hat der Senat dazu in einem anderen Rechtsstreit die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ob das Bundesverwaltungsgericht dazu - im Anschluss an den Beschluss vom 07.04.2016 - 4 B 37.15 - in dem dort anhängigen Revisionsverfahren eine Entscheidung treffen wird, bleibt abzuwarten.
- 43
3. Entgegen der Ansicht des Antragstellers bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zu „Belastungen durch Ammoniak, Lachgas und Methan“ oder durch Staub.
- 44
Lachgas (N2O) und Methan (CH4) sind nicht geruchsrelevant; evtl. klimaschädliche Wirkungen dieser Substanzen sind vorliegend unerheblich, da sie nicht nachbarrechtsrelevant sind. Ammoniak (NH3) ist zwar ein Geruchsträgerstoff, für den in der TA Luft (Tabelle 11) Ammoniakemissionsfaktoren je kg/Tierplatz und Jahr u. a. auch für Milchvieh, Mastbullen und Jungvieh ausgewiesen sind. Die Geruchswirkungen von Ammoniak werden aber durch das Beurteilungsverfahren nach der GIRL (mit) umfasst; einer eigenen Untersuchung dazu bedarf es nicht.
- 45
Staubemissionen (im Zusammenhang mit dem Futtermischen) sind in Bezug auf die angefochtene Baugenehmigung irrelevant. Sollten solche Emissionen außerhalb der genehmigten Vorhaben auftreten, sind ggf. die Betreiberpflichten durchzusetzen (§ 22 Abs. 1, § 24 BImSchG).
- 46
4. Der Beschwerde war nach alledem - wie aus dem Tenor ersichtlich - stattzugeben.
- 47
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.
- 48
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 04. Aug. 2016 - 1 MB 21/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 04. Aug. 2016 - 1 MB 21/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenSchleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 04. Aug. 2016 - 1 MB 21/15 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 07. Dezember 2009 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin, Eigentümerin des mit einer Doppel-(Wohn-)haushälfte bebauten Grundstücks … auf …, wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 21. August 2006 (in der zuletzt durch die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geänderten Fassung). Gegenstand dieser Baugenehmigung ist die Nutzungsänderung eines Sauen- bzw. Abferkelstalls in einen Schweinemaststall mit 290 Mastplätzen. Wegen des Sachverhalts im Übrigen und des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird gem. § 130 b S. 1 VwGO auf den Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 07. Dezember 2009 verwiesen.
- 2
Mit diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht - nach Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen … - der Klage mit der Begründung stattgegeben, die von dem genehmigten Vorhaben auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geruchsimmissionen überschritten die Grenze des Zumutbaren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 18. Dezember 2009 zugestellt.
- 3
Am 18. Januar 2010 hat der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen mit Schriftsatz vom 12. Februar 2010, bei Gericht eingegangen am 15. Februar 2010, begründet. Durch Beschluss vom 31. März 2010 hat der Senat die Berufung mit der Begründung zugelassen, die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob nicht privilegierte Wohnbebauung im Außenbereich generell mehr Geruchsbelästigungen hinzunehmen habe als Wohnhäuser in einem Dorfgebiet, sei grundsätzlich bedeutsam.
- 4
Mit Schriftsatz vom 19. April 2010 begründet der Beklagte die Berufung wie folgt: Das Verwaltungsgericht gehe in dem angefochtenen Urteil davon aus, dass das "sonstige" Wohnen im Außenbereich denselben Schutz vor Geruchsbelästigungen beanspruchen könne wie die Wohnnutzung im Dorfgebiet. Das sei falsch. Die "sonstige" Wohnnutzung im Außenbereich habe mehr an Geruchsbelästigungen hinzunehmen, weil landwirtschaftliche Betriebe oder entsprechende gewerbliche Betriebe im Außenbereich privilegiert zulässig seien, die "sonstige" Wohnnutzung dagegen nicht. Deshalb sei für diese nach den (bundesrechtlichen) Auslegungshinweisen zur GIRL ein Immissionswert von bis zu 0,25 (= 25 v.H. geruchsbelastete Stunden / Jahr) zumutbar. Dieser Wert werde hier mit 0,18 deutlich unterschritten. Hinzu komme, dass die Gutachterin bei der Ermittlung des Werts von 0,18 unzulässigerweise von einer worst-case-Betrachtung ausgegangen sei, d.h. im Normalfall werde dieser Wert nicht erreicht werden. Das Verwaltungsgericht habe ferner die Vorbelastung unzutreffend berücksichtigt, die vor der Umstellung auf einen reinen Schweinmastbetrieb - aufgrund der Nutzung der Stallanlagen für die Sauenhaltung mit Ferkelaufzucht - bestanden habe. Für die frühere Nutzung sei die Zahl der GV nicht mit 23,5 anzusetzen gewesen, sondern mit 31,5 GV. Zudem sei die tatsächliche Ausstattung der für die Sauenhaltung mit Ferkelaufzucht genutzten Stallanlagen nur mit 68 Punkten zu bewerten gewesen, während der Maststall eine Punktzahl von (mindestens) 100 beanspruchen könne. Daraus folge - zusammengenommen -, dass sich die Immissionssituation durch die streitige Genehmigung sogar verbessert habe: Während der halbierte Mindestabstand nach der VDI-Richtlinie 3471 für die Sauenhaltung mit Ferkelaufzucht 95 m betragen habe, betrage er für die Mastschweinehaltung nur 83 m. Schon das schließe es aus, die Nachbarrechte der Klägerin als verletzt anzusehen. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch dann nicht, wenn man nicht nur bezüglich des Immissionswerts auf die GIRL abstelle, sondern auch für die Ermittlung der Geruchsimmissionen ergänzend die GIRL heranziehe: Die Erhöhung der Abluftkamine habe dazu geführt, dass auch bei ungünstigen Windbedingungen nur ein Teil der Geruchsfahne auf das Grundstück der Klägerin einwirke. Vorher habe sich die Geruchsfahne insgesamt in Bodennähe bewegt. Völlig unberücksichtigt gelassen habe das Verwaltungsgericht, dass bei günstigeren Windbedingungen als zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung durch die Gutachterin, bei der mittlere bis hohe Windgeschwindigkeiten geherrscht hätten, die Abluftführung ausreiche, um die Abluftfahne über das Haus der Klägerin hinwegzuführen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei es für die Beurteilung nach der GIRL auch unerheblich, falls die Gerüche bei ungünstigen Windbedingungen in mehr als 10 v.H. des Beurteilungszeitraums (Stunde) wahrnehmbar wären. Die Laubbäume auf dem Innendeich, die nach dem Gutachten bei ungünstigen Windbedingungen die Ableitung der Geruchsfahne zusätzlich behinderten und sie in Bodennähe drückten, seien im Übrigen inzwischen beseitigt worden. Unzulässig sei schließlich, dass das Verwaltungsgericht die Position des Beigeladenen deshalb als nicht besonders schutzwürdig angesehen habe, weil er lediglich als Genehmigungsantragsteller für seinen Pächter auftrete, dessen Betrieb sich auf dem Festland, im ..., befinde. Die Gründe, die es rechtfertigten, der Klägerin einen höheren Geruchs-Immissionswert als 0,15 zuzumuten, nämlich die Privilegierung der Schweinehaltung im Außenbereich, würden unabhängig davon und ungeachtet der Frage gelten, ob die Schweinehaltung in Form eines landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebs betrieben werde.
- 5
Der Beklagte beantragt,
- 6
das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
- 7
Die Klägerin beantragt,
- 8
die Berufung zurückzuweisen.
- 9
Sie verteidigt das angefochtene Urteil: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass auch für Wohnnutzungen im Außenbereich der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten werden dürfe. Es lägen auch keine Besonderheiten vor, die es rechtfertigten, ausnahmsweise einen höheren Immissionswert - hier: von 0,18 - für zumutbar zu halten. Im Gegenteil: Nach der GIRL gelte eine Stunde bereits dann als geruchsbelastet, wenn die Gerüche während 6 Minuten in dieser Stunde wahrnehmbar seien. Hier sei die Situation bei den kritischen Windrichtungen viel schlimmer, weil sich die Geruchsfahne zwischen Außen- und Binnendeich, also im Bereich ihres Hauses, niederschlage und es deshalb nicht nur 6 Minuten / Stunde, sondern permanent stinke. Erschwerend komme hinzu, dass die Gerüche ekelerregend und übelkeitsauslösend seien. Auch die gesundheitsschädliche Ammoniakbelastung, die zu einer schweren Atemwegserkrankung bei der Ehefrau ihres Mieters geführt habe, sei zu berücksichtigen. Durch die Erhöhung der Abluftkamine und das (rechtswidrige) Fällen der 60 bis 80 Jahre alten, gesunden Bäume auf dem Binnendeich habe sich die Immissionssituation nicht gebessert. Es stinke vielmehr stärker als vorher, weil die Filterwirkung der Bäume weggefallen sei. Die Richtigkeit der Angaben des Beklagten zur früheren Nutzung der Stallanlagen und damit die Richtigkeit der von ihm durchgeführten "Hochrechnung" der Vorbelastung bestreite sie. Eine Verwirkung ihrer Nachbarrechte sei keinesfalls eingetreten. Im Übrigen halte sie auch den vom Verwaltungsgericht für maßgeblich erachteten Immissionswert von 0,15 für zu hoch, dies neben den bereits angeführten Umständen deshalb, weil … ein anerkanntes Seeheilbad sei - für Kurgebiete gelte ein Immissionswert von nur 0,06 -, weil ihr Haus und die anderen Häuser zwischen den Deichen bereits lange vorhanden gewesen seien, als der Beigeladene 1997 mit der Schweinehaltung begonnen habe, und weil der Beigeladene keine typische Landwirtschaft mehr betreibe, sondern die Bewirtschaftungsform - für einen Pächter, dessen Hofstelle sich auf dem Festland befinde - einen deutlich gewerblichen Charakter trage.
- 10
Die Klägerin legt ein Urteil des Landgerichts Flensburg vom 15. Februar 2010 vor. Damit wird dem Beigeladenen und seinem Pächter, Herrn …, untersagt, ihr Grundstück durch von dem Schweinemastbetrieb ausgehende Gerüche mehr als unwesentlich zu beeinträchtigen. Das Urteil ist rechtskräftig.
- 11
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ferner mehrere Beweisanträge gestellt. Der Senat hat diese abgelehnt. Der Vorsitzende hat die Ablehnung begründet.
- 12
Der Beigeladene unterstützt den Standpunkt des Beklagten. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ist das streitige Stallgebäude derzeit nicht belegt: Der Pächter, Herr …, habe den Pachtvertrag gekündigt. Er, der Beigeladene, beabsichtige, die Schweinemast wieder aufzunehmen, falls die Berufung des Beklagten Erfolg hätte.
- 13
Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung ferner erklärt, dass er, obwohl er nach der angefochtenen Baugenehmigung nur verpflichtet gewesen sei, die Abluftschächte auf eine Höhe von 1,50 m über Dachfirst zu erhöhen, diese tatsächlich in einer Höhe von ca. 2,50 m ausgeführt habe. Daraufhin hat der Vertreter des Beklagten die angefochtene Baugenehmigung um die Auflage ergänzt, dass die Abluftschächte in der jetzt vorhandenen Höhe zu erhalten seien. Die Klägerin hat klargestellt, dass sie die Baugenehmigung in dieser ergänzten bzw. geänderten Fassung anfechte.
- 14
Der Senat hat die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ergänzend angehört. Auf die Verhandlungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
- 15
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Deren Inhalt ist - soweit erforderlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
- 16
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtene Baugenehmigung vom 21. August 2006 (in der Fassung der Nachtragsgenehmigung vom 28. Februar 2007 und der Erklärung des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat), mit der dem Beigeladenen gestattet worden ist, einen Sauen- und Abferkelstall künftig als Schweinemaststall mit 290 Plätzen zu nutzen, verletzt keine öffentlich-rechtlichen (Nachbar-) Rechte der Klägerin: Sie verstößt nicht gegen das hier allein in Betracht kommende, sich aus § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG ableitende Gebot der Rücksichtnahme, dessen Kriterien das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zutreffend beschrieben hat.
- 17
Das Rücksichtnahmegebot ist deshalb nicht verletzt, weil die neu genehmigte Nutzung auf dem Grundstück der Klägerin keine schädlichen und damit unzumutbaren Umwelteinwirkungen im Sinne der § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG verursacht.
- 18
Dieses Ergebnis ergibt sich mit ausreichender Sicherheit allerdings nicht bereits aus der vom Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, auch wenn danach der nach der VDI-Richtlinie 3471 "Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine" (Ziff. 3.2.3.2) im Außenbereich und in Dorfgebieten nur einzuhaltende halbierte Mindestabstand von 83 m gegenüber dem Grundstück bzw. der Doppelhaushälfte der Klägerin (gerade) eingehalten wird und die vom Verwaltungsgericht beauftragte Sachverständige dies in ihrem Gutachten - im Ergebnis - als richtig bestätigt hat (Ziff. 3.5, S. 16). Nach Ziff. 3.2.3.4 der Richtlinie ist im Nahbereich von unter 100 m - wie hier - vielmehr regelmäßig eine Sonderbeurteilung durch Fachbehörden oder Sachverständige erforderlich, bei der die einzelbetrieblichen Standortverhältnisse zu berücksichtigen sind. Auch die Sachverständige und - ihr folgend - das Verwaltungsgericht und die Klägerin haben eine solche Sonderbeurteilung auf der Grundlage der Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29. Februar 2008 / 10. September 2008 für erforderlich gehalten (Ziff. 3.6, S. 17, ihres Gutachtens). Die Sachverständige hat sie in ihrem Gutachten durchgeführt. Nach Auswertung und Bewertung des Gutachtens steht für den Senat fest, dass die Klägerin nach der GIRL, die nach dem gemeinsamen Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume und des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 04. September 2009 (Amtsblatt S. 1006) bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen als Orientierungs- bzw. Entscheidungshilfe herangezogen werden kann, keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt ist bzw. sein wird.
- 19
Die Sachverständige hat den Immissionswert von 0,18 (= Wahrnehmbarkeit der Gerüche oberhalb einer bestimmten Intensität - Erkennungsschwelle - in Prozent der Jahresstunden) aufgrund einer worst-case-Abschätzung ermittelt, die auf S. 18 des Gutachtens wie folgt beschrieben wird:
- 20
"Dem Verfahren [= worst-case-Abschätzung] liegt die Idee zugrunde, dass ein Immissionsort von einer Punktquelle unter Berücksichtigung einer Fahnenaufweitung von mindestens 60 Grad beaufschlagt wird. Über eine geeignete Windrichtungshäufigkeitsverteilung lässt sich die Häufigkeit der Windrichtungen aus diesem Sektor berechnen. Die so ermittelte Windrichtungshäufigkeit stellt die Beauf-schlagungshäufigkeit für den Immissionsort dar und wird im pessimalen Sinne gleich der dort auftretenden Geruchsimmissionshäufigkeit gesetzt. Voraussetzung dafür ist die Vorstellung, dass Gerüche immer dann am Immissionsort wahrnehmbar sind, wenn die Winde aus dem ermittelten Sektor wehen. Daher stellt der mit diesem Verfahren ermittelte Wert einen Maximalwert für die Überschreitungshäufigkeit der Erkennungsschwelle dar."
- 21
Dieses Verfahren hält der Senat jedenfalls im vorliegenden Fall für zulässig und geeignet, da die Sachverständige - überzeugend - dargelegt hat, dass und aus welchen Gründen die in der GIRL unter Ziff. 4.1 beispielhaft aufgeführten Methoden zur Ermittlung von Geruchsimmissionen, die Ausbreitungsberechnung und die Rasterbegehung, hier keine verlässlichen Werte geliefert hätten (Ziff. 3.6.1 u. 3.6.2 des Gutachtens). Die Klägerin hat gegen das Verfahren der worst-case-Abschätzung keine Einwände erhoben. Den Einwänden des Beklagten kann ausreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass bei der abschließenden Bewertung, ob die Geruchsimmissionen für den oder die Betroffenen zumutbar sind oder nicht, im Blick behalten wird, dass der danach ermittelte Wert ein Maximalwert ist. Tut man dies, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Immissionswert von 0,18 für die Klägerin zumutbar und damit hinnehmbar.
- 22
Der Umstand, dass die Gemeinde … ein anerkanntes Seeheilbad ist, hat entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Folge, dass in ihrem Falle der in der GIRL (Ziff. 3.1) für Wohngebiete festgelegte Immissionswert von 0,10 oder der noch niedrigere Wert für Kurgebiete von 0,06 (vgl. die bundesrechtlichen Auslegungshinweise zu Ziff. 5 der GIRL) als Zumutbarkeitsschwelle maßgeblich wäre. Die GIRL knüpft mit der Verwendung der Begriffe "Wohn- / Mischgebiete", "Gewerbe- / Industriegebiete" und "Dorfgebiete" (in Ziff. 3.1) ersichtlich an die Begriffsbestimmungen der Baunutzungsverordnung, also des Bauplanungsrechts, an, nicht dagegen an Anerkennungen, die einen gesundheitspolitischen und touristischen Hintergrund haben. Bauplanungsrechtlich ist die Bebauung, zu der die Doppelhaushälfte der Klägerin gehört, als Splittersiedlung im Außenbereich zu bewerten: Sie liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Sie ist auch kein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Dafür fehlt der Bebauung, selbst wenn man dazu nicht nur die Bebauung östlich der Straße "…" (Nr. 1 bis 5), sondern auch - trotz des dazwischen liegenden Binnendeichs - die Gebäude auf der Hofstelle des Beigeladenen zählte, das für die Annahme eines Ortsteils erforderliche zahlenmäßige "gewisse Gewicht"; denn ein räumlicher Zusammenhang mit der Bebauung an der Straße "…" und der Bebauung des Ortes Süderhafen besteht wegen der dazwischen liegenden unbebauten Grundstücke nicht. Das ergibt sich eindeutig aus dem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kartenmaterial. Zudem fehlt der beschriebenen Bebauung die Ortsteilsqualität, weil sie nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (zum Begriff des Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, vgl. BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 31.66 -, BRS 20 Nr. 36).
- 23
Einen Immissionswert für den Außenbereich enthält die GIRL nicht. Die Übernahme des Immissionswerts für Dorfgebiete von 0,15, wie es das Verwaltungsgericht und ihm (hilfsweise) folgend auch die Klägerin für richtig gehalten hat und wie es auch in den schleswig-holsteinischen Auslegungshinweisen zur GIRL in der Fassung vom 29. Februar 2008 (Amtsblatt 2009, S. 1019 ff, 1023 u. / 1024 o.) vertreten wird, überzeugt nicht; denn sog. sonstige, d.h. nicht privilegierte Wohnbebauung im Außenbereich, um die es hier geht, ist in Bezug auf von landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder sonstigen tierhaltenden Betrieben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausgehenden Geruchsemissionen weniger schutzwürdig als Wohnbebauung im Dorfgebiet. Das liegt zum einen darin begründet, dass die sonstige Wohnbebauung im Außenbereich eine schwächere "Position" hat als die entsprechende Wohnbebauung im Dorfgebiet: Im Außenbereich hat sonstige Wohnbebauung grundsätzlich nichts "zu suchen", sie ist nur (ausnahmsweise) zulässig, wenn sie keine öffentlichen Belange beeinträchtigt (§ 35 Abs. 2 u. 3 BauGB). Im Dorfgebiet sind dagegen sonstige Wohngebäude allgemein zulässig (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Zum anderen ist die "Position" der landwirtschaftlichen Betriebe und der sonstigen unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fallenden tierhaltenden (gewerblichen) Betriebe im Außenbereich stärker als im Dorfgebiet: Im Außenbereich sind die Betriebe privilegiert, also bevorrechtigt, zulässig. Im Dorfgebiet sind unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fallende Betriebe dagegen gar nicht zulässig, landwirtschaftliche Betriebe sind zwar zulässig, auf deren Belange und Entwicklungsmöglichkeiten ist jedoch nach § 5 Abs. 1 S. 2 BauNVO nur vorrangig Rücksicht zu nehmen - was "weniger" ist als Bevorrechtigung bzw. Privilegierung. Daraus folgt, dass sonstige Wohnbebauung im Außenbereich regelmäßig einen höheren Immissionswert als 0,15 hinzunehmen hat (zur geringeren Schutzwürdigkeit von Wohnbebauung im Außenbereich gegenüber heranrückenden Betrieben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, vgl. schon den Beschluss des Senats v. 13.03.2006 - 1 LA 5/06 -). Davon gehen auch die bundesrechtlichen Auslegungshinweise zur GIRL aus. Danach soll es möglich sein, der sonstigen Wohnbebauung im Außenbereich "unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls" einen Immissionswert von bis zu 0,25 für Gerüche aus tierhaltenden Betrieben zuzumuten. Dem folgt das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - BRS 74 Nr. 22 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Überschreitung des Werts von 0,25 regelmäßig nicht zumutbar sein dürfte. Das Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg hat in seinen Auslegungshinweisen zur GIRL, die der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2010 auszugsweise zitiert hat, im Außenbereich den Immissionswert von 0,25 für landwirtschaftstypische Gerüche "im Regelfall" als zulässig bezeichnet.
- 24
Der Senat lässt es dahingestellt, ob er in Fallgestaltungen wie der vorliegenden ebenfalls einen Immissionswert von bis zu 0,25 "im Regelfall" für zumutbar hält; denn letztlich ist die Frage, ob Geruchsbelastungen aus tierhaltenden Betrieben der benachbarten (sonstigen) Wohnbebauung zuzumuten sind, anhand der - wie es, wie erwähnt, in den bundesrechtlichen Auslegungshinweisen heißt - "speziellen Randbedingungen des Einzelfalls" zu beurteilen (vgl. auch Ziff. 5 der GIRL). Der vielfach "im Regelfall" für zulässig erachtete Immissionswert von bis 0,25 macht jedoch deutlich, dass der hier von der Sachverständigen ermittelte Wert von 0,18 nur ausnahmsweise als unzumutbar angesehen werden kann. Dafür, dass hier eine Ausnahmesituation vorliegt, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Die Situation war geprägt durch eine vom Betrieb des Beigeladenen ausgehende (Geruchs-) Vorbelastung: Unter dem 23. Januar 1998 war dem Beigeladenen die Genehmigung erteilt worden, den ehemaligen Kuhstall künftig als Abferkelstall zu nutzen und eine vorhandene Maschinenhalle in einen Ferkel- und Sauenstall umzubauen. Dabei kann offen bleiben, ob die Auffassung des Beklagten richtig ist, dass die Vorbelastung - bei richtiger Berechnung der Großvieheinheiten (GV) und richtiger Berechnung der für diese Stallanlagen anzusetzenden Punktzahl - sogar höher gewesen ist als die jetzige Belastung, sich die Immissionssituation durch die hier angefochtene Genehmigung also sogar verbessert hat. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, war die Vorbelastung doch erheblich. Das belegt die Beschwerde einer aus Eigentümern und Mietern, u.a. der Klägerin, der östlich der Straße "…" stehenden Häuser bestehenden Interessengemeinschaft, mit der sie sich darüber beklagt, dass seit der Umstellung von der Milchviehhaltung auf Schweinehaltung insbesondere bei Winden aus süd- bis nordwestlicher Richtung "unzumutbare Geruchsbelästigungen" und "teilweise penetranter Güllegeruch" auf ihren Grundstücken aufträten (Schreiben vom 28. April 1998). Klage gegen die Genehmigung vom 23. Januar 1998 haben die Interessengemeinschaft bzw. einzelne ihrer Mitglieder seinerzeit freilich nicht erhoben. Diese (Geruchs-) Vorbelastung rechtfertigt auch nach den schleswig-holsteinischen Auslegungshinweisen zur GIRL die Annahme eines begründeten Einzelfalls, in dem der Immissionswert von 0,15 überschritten werden darf. Die Klägerin kann sich zur Begründung einer Ausnahmesituation auch nicht darauf berufen, dass die von dem Betrieb des Beigeladenen einwirkenden Gerüche ekelerregend und deshalb besonders belastend seien. Die Art der Gerüche wird nach der GIRL (Tabelle 4, S. 14 o.) durch Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Tierarten berücksichtigt. Das hat die Sachverständige in ihrem Gutachten getan (S. 21). Ebenfalls zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, dass nach Ziff. 4.4.7 der GIRL eine Stunde bereits als geruchsbelastet gelte, wenn (nur) in mindestens 10 v.H. dieser Stunde relevante Geruchsimmissionen wahrnehmbar seien, hier jedoch - wenn sich bei ungünstigen Windbedingungen die Geruchsfahne zwischen Außen- und Binnendeich und damit im Bereich ihres Hauses und Grundstücks "niederschlage" - die Stunde regelmäßig zu 100 v.H. und in besonders hoher Konzentration geruchsbelastet sei. Zum einen wirken sich diese Umstände nach dem System der GIRL - bewusst und gewollt - nicht auf die Anzahl der zu wertenden Geruchsstunden und damit auf den Immissionswert aus (Gutachten S. 22). Die Bewertung einer Stunde als geruchsbelastet bei Auftreten von relevanten Geruchsbelastungen in nur 10 v.H. dieses Zeitraums beruht nämlich darauf, dass der Geruchssinn des Menschen viele kurz andauernde Geruchsschwellenüberschreitungen als belästigender empfindet als wenige länger andauernde, da letztere durch Adaption wirkungsseitig verkürzt werden (Auslegungshinweise zu Ziff. 4.4.7 der GIRL). Ob diese Wirkung angesichts der "in der Tendenz größeren Geruchsintensität" (Gutachten S. 22) hier einträte, sei dahingestellt; denn - zum anderen - wird die von der Klägerin als besonders belastend geschilderte Situation keinesfalls in 18 v.H. der Jahresstunden auftreten. Der Immissionswert von 0,18 ist - wie bereits dargelegt - ein Maximalwert, bei dem unterstellt wird, dass relevante Gerüche immer dann am Immissionsort wahrnehmbar sind, wenn Winde aus dem kritischen (Windrichtungs-) Sektor wehen. Das ist jedoch tatsächlich nicht der Fall. Die Sachverständige führt in ihrem Gutachten (S. 18 u. / 19 o.) aus, dass "real" auch Situationen aufträten, in denen die Geruchsfahne aufgrund einer deutlichen Fahnenüberhöhung so abgeführt werde, dass die Wohnhäuser der Klägerin und der Klägerin des Parallelverfahrens hinreichend sicher überströmt würden, ohne dass Gerüche in Bodennähe wahrnehmbar seien. Konkret seien dies einerseits Situationen mit geringen Windgeschwindigkeiten und kalten Außentemperaturen, wenn die warme Abluftfahne durch thermischen Auftrieb hinreichend sicher über die Häuser hinweg geführt werde, und andererseits Wetterlagen mit geringen Windgeschwindigkeiten und hohen Außentemperaturen, wenn durch die hohen Luftvolumenströme und die damit verbundenen hohen Austrittsgeschwindigkeiten eine dynamische Fahnenüberhöhung wirksam werde. Aber auch bei anderen Wetterlagen tritt die von der Klägerin als besonders belastend empfundene Immissionssituation nicht stets auf: Aufgrund dessen, dass die Abluftkamine ca. 2,50 m über First hinausragen, wird der sog. "Downwash" der Geruchsfahne in Bodennähe zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend vermieden (Gutachten S. 21). Zudem hat sich die Situation seit Erstellung des Gutachtens und des Erlasses des erstinstanzlichen Urteils dadurch verbessert, dass einige auf dem Deich stehende Laubbäume, die die Ableitung der Geruchsfahne zusätzlich behindert und die Gefahr verstärkt haben, dass sich die Geruchsfahne in Bodennähe ausbreitete (Gutachten S. 21), inzwischen beseitigt worden sind. Dass sich dadurch die Immissionssituation verbessert hat, hat die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich bestätigt und damit zugleich die Behauptung der Klägerin, das Laub der Bäume habe quasi als Geruchsfilter gewirkt, entkräftet (vgl. S. 2 des Verhandlungsprotokolls). Schließlich kommt dem Umstand, dass der Beigeladene die Mastschweinehaltung nicht auf "eigene Rechnung" betrieben hat, sondern für seinen Pächter, den Landwirt …, dessen Hofstelle sich auf dem Festland, im ..., befindet, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Klägerin keine Bedeutung zu. Das würde selbst dann gelten, wenn das streitige Stallgebäude nicht Teil des landwirtschaftlichen Betriebs des Herrn … wäre, sondern die Schweinehaltung dort gewerblich betrieben würde; denn auch im letzteren Fall wäre die Schweinehaltung angesichts der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2010 (S 7, 2. Abs.) beschriebenen konkreten Situation in den Ortslagen der Gemeinde Nordstrand - nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - im Außenbereich privilegiert zulässig und hätte - wie im Übrigen für gewerbliche, unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fallende Tierhaltungen schon oben dargelegt - damit die stärkere Position, die es rechtfertigt, der Wohnbebauung im Außenbereich mehr an Geruchsimmissionen zuzumuten als der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.01.2010 - 8 B 1015/09 -, UPR 2011, 33).
- 25
Die im Verhandlungstermin gestellten Beweisanträge hat der Senat abgelehnt. Der Vorsitzende hat die Ablehnung mündlich begründet. Dafür waren - nochmals zusammengefasst - folgende Gründe maßgeblich:
- 26
Der nach der VDI-Richtlinie 3471 einzuhaltende halbierte Mindestabstand von 83 m zwischen dem Emissionsschwerpunkt der streitigen Stallanlage und dem Grundstück der Klägerin wird eingehalten. Das ergibt sich sowohl aus der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 17. Mai 2006 als auch aus dem Gutachten der Sachverständigen …, die das - im Ergebnis - bestätigt hat. Abgesehen davon, bedarf es insoweit deshalb nicht der Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens, weil - wie dargelegt - eine Beurteilung der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen nach der VDI-Richtlinie 3471 hier nicht ausreicht, sondern eine Sonderbeurteilung nach der GIRL erforderlich war (die das Verwaltungsgericht durch Frau … hat erstellen lassen). Von der Notwendigkeit einer Sonderbeurteilung nach der GIRL war im Übrigen bisher auch die Klägerin ausgegangen.
- 27
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob 290 ausgemästete Schweine im Gewicht von 120 kg / Schwein einen höheren Immissionswert als 0,25 verursachen, ist ebenfalls nicht erforderlich. Zum einen beträgt der genehmigte Schweinebesatz 290 Mastschweine im Gewicht von (nur) 20 bis 110 kg, für die korrekterweise bei der Beurteilung nach der VDI-Richtline 3471 0,13 GV/Schwein in Ansatz gebracht worden ist (vgl. die der angefochtenen Genehmigung zugrundeliegende Betriebsbeschreibung sowie Ziff. 3.1 des Gutachtens der Sachverständigen). Zum anderen verkennt die Klägerin, dass der von der Sachverständigen ermittelte Immissionswert von 0,18 bereits ein Maximalwert ist. Dieser ist, da er auf der (worst-case-) Unterstellung beruht, dass eine relevante Geruchsbelastung immer dann vorhanden ist, wenn der Wind aus dem festgelegten kritischen Sektor weht, von dem Gewicht der gehaltenen Schweine völlig unabhängig.
- 28
Auch die beantragte Vernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde Nordstrand zum Beweis der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dass das Gebiet "…" in der nächsten Gemeinderatssitzung in den Ort … eingemeindet würde, brauchte nicht zu erfolgen. Die "Eingemeindung" änderte nichts an der Zugehörigkeit des Grundstücks der Klägerin und der anderen bebauten Grundstücke östlich des Weges "…" zum Außenbereich; denn für die Abgrenzung des Außenbereichs von der im Zusammenhang bebauten Ortslage kommt es auf die tatsächlichen, äußerlich erkennbaren Verhältnisse und nicht auf Gemeindegrenzen u.ä. an. Zudem ist für die zu treffende Entscheidung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgebend.
- 29
Der Behauptung der Klägerin, dass die Bäume auf dem Deich wegen der von der streitigen Stallanlage, besetzt mit 290 Mastschweinen mit einem Gewicht von 120 kg / Schwein, ausgehenden Ammoniakbelastungen abgestorben seien, brauchte ebenfalls nicht nachgegangen zu werden. Der Senat bewertet den diesbezüglichen Beweisantrag als unzulässigen "Ausforschungsbeweis-" Antrag, d.h. als einen Antrag, mit dem Beweis für eine Behauptung angetreten wird, für deren Richtigkeit nicht einmal wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 16. Aufl., § 86 Rn. 18 a). Eine solche Fallgestaltung ist hier gegeben. Schon das von der Klägerin im Verhandlungstermin vorgelegte Foto belegt, dass die Behauptung nicht schlüssig ist; denn darauf ist - außer den abgestorbenen Bäumen - eine Vielzahl weiterer Bäume zu sehen, deren Laubwerk voll ausgebildet ist, die also offenbar gesund sind (s. auch das Luftbild auf S. 2 und die Fotodokumentation über die Rauchversuche auf S. 8 ff des Sachverständigengutachtens). Der Vortrag der Klägerin ist insoweit auch widersprüchlich. Im Schriftsatz vom 09. März 2010 hatte sie sich noch darüber beklagt, dass die auf dem Binnendeich stehenden, nach dem Gutachten der Sachverständigen die Ableitung der Geruchsfahne behindernden Laubbäume vom Beigeladenen gefällt worden seien, obwohl sie gesund gewesen seien und ihr Laubwerk eine Filterwirkung entfaltet habe. Das alles spricht dafür, dass das Absterben der genannten Bäume andere Ursachen gehabt haben muss als die Ammoniakbelastung aus der streitigen Stallanlage (möglicherweise den vom Beigeladenen genannten Grund, vgl. dazu das Verhandlungsprotokoll). Dafür spricht weiter, dass der Stall nur für 290 Mastplätze zugelassen und damit relativ klein ist. Er erreicht nicht annähernd die Größe, ab der Mastanlagen für Schweine zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes gehören (vgl. Ziff. 7.1, Spalte 2, des Anhangs zur 4. BImSchV). Selbst die TA-Luft, die vornehmlich für nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen gilt, fordert eine Prüfung, ob durch die Einwirkung von Ammoniak schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, nur dann, wenn hierfür hinreichende Anhaltspunkte bestehen (Ziff. 4.4.2 i.V.m. Ziff. 4.8). Solche Anhaltspunkte gibt es hier nicht, weil - wie dargelegt - keine auch nur ansatzweise hinreichenden Indizien dafür vorliegen, dass das Absterben der Bäume auf Ammoniakeinwirkungen beruht, und weil die streitige Stallanlage nur eine verhältnismäßig geringe Größe aufweist.
- 30
Entsprechendes gilt für den Antrag, über die Richtigkeit der Behauptung Beweis zu erheben, dass die von der Stallanlage des Beigeladenen ausgehenden Ammoniakemissionen zu schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen und Erkrankungen der Atemwege der auf dem Grundstück der Klägerin sich aufhaltenden bzw. lebenden Menschen geführt hätten bzw. führen könnten. Es gibt angesichts der verhältnismäßig geringen Größe der Stallanlage - weit unter der Schwelle der Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz -, der Entfernung von ca. 83 m zur Grundstücksgrenze und angesichts dessen, dass das Grundstück maximal in 18 v.H. der Jahresstunden, real noch weniger (vgl. o.), von Ammoniakeinwirkungen betroffen ist, keinen Anhaltspunkt, dass diese die genannten Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorrufen könnten. Das hat die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt: Sie hat es wegen der tierschutzrechtlich und arbeitsrechtlich nur zulässigen Ammoniakkonzentration im Stall sowie wegen der Verdünnung, die eintrete, bis die Abluftfahne das Grundstück der Klägerin erreiche, für "ausgeschlossen" erklärt, dass derartige Gesundheitsbeeinträchtigungen auftreten könnten. Die von der Klägerin als Zeugin benannte Frau …, die Ehefrau des Mieters des Hauses der Klägerin, ist zudem ein ungeeignetes "Beweismittel": Ob die von dem Stall des Beigeladenen ausgehenden Ammoniakemissionen schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorrufen können, kann nur ein Sachverständiger beurteilen. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass für die Frage, ob die Ammoniakeinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (gesundheits-) schädlich sind, auf einen - wie es das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 14. Januar 2010 (a.a.O.) ausgedrückt hat - "Durchschnittsmenschen" abzustellen ist, nicht dagegen auf die individuelle Empfindlichkeit eines konkreten Dritten, hier der benannten Zeugin.
- 31
Das (rechtskräftige) Urteil des Landgerichts Flensburg vom 15. Februar 2010, mit dem dem Beigeladenen und Herrn … untersagt wird, das Grundstück der Klägerin durch vom Schweinmastbetrieb ausgehende Gerüche mehr als unwesentlich zu beeinträchtigen, ist für das vorliegende Verfahren bedeutungslos: Die Streitgegenstände sind nicht identisch - im landgerichtlichen Verfahren war Streitgegenstand der Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB, im vorliegenden Verfahren ist Streitgegenstand die Baugenehmigung des Beklagten vom 21. August 2006 -, ebenfalls nicht identisch sind die (Haupt-) Beteiligten des Verfahrens, so dass eine Rechtskraftbindung nicht eintritt. Das vorliegende Urteil würde dem Beigeladenen bei einem behaupteten Verstoß gegen seine Unterlassungspflicht nur helfen, wenn sich das Landgericht im Vollstreckungsverfahren zur Festsetzung bzw. Beitreibung des in Ziff. 2 des Urteilstenors angedrohten Ordnungsgeldes (von bis zu 250.000,-- EURO) der Auffassung des Senats anschlösse, dass von dem streitigen Stall, wenn er im Rahmen und im Einklang mit der angefochtenen Baugenehmigung betrieben wird, keine unzumutbaren und damit keine wesentlich beeinträchtigende Geruchsimmissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirkten. Ob das Landgericht das tun wird, unterliegt seiner freien Entscheidung, bei der es auch nicht an das Urteil des Senats, selbst wenn dieses rechtskräftig würde, gebunden wäre.
- 32
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Dafür, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, besteht kein Anlass; denn der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
- 33
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 34
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor. Das gilt auch für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zwar hat der Senat die Berufung zugelassen, weil es die Frage, ob sonstige, d.h. nicht privilegierte, Wohnbebauung im Außenbereich mehr Geruchsbelästigungen hinzunehmen habe als Wohnbebauung im Dorfgebiet, für grundsätzlich bedeutsam hielt. Dies hatte jedoch keinen - die Zulassung der Revision an das Bundesverwaltungsgericht nur rechtfertigenden - bundesrechtlichen, sondern einen landesrechtlichen Hintergrund, nämlich den Umstand, dass nach den landesrechtlichen Auslegungshinweisen zur GIRL die sonstige Wohnbebauung im Außenbereich im Grundsatz den gleichen immissionschutzrechtlichen Schutzstatus besitzen sollte wie die Wohnbebauung im Dorfgebiet (0,15).
- 35
Beschluss
- 36
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf
- 37
15.000,-- EURO
- 38
festgesetzt.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, - 2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, - 3.
sonstige Wohngebäude, - 4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, - 5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 6.
sonstige Gewerbebetriebe, - 7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 8.
Gartenbaubetriebe, - 9.
Tankstellen.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - vom 19.06.2013 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Nutzungsänderung eines Hauses auf dem ihr gehörenden Grundstück … in der Gemeinde … zu einem Wohnhaus.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage aus den Gründen des Widerspruchsbescheides (mit Ausnahme der Ausführungen zu Fragen des Denkmalschutzes) abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die beabsichtigte reine Wohnnutzung des Gebäudes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung des Gebäudes verlassen würde. Auch lägen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und/oder Nr. 5 BauGB nicht vor. Es gehe nicht um die Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes und das betroffene Gebäude sei auch kein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude. Schließlich stehe die eingetragene Baulast einem positiven Bauvorbescheid für eine reine Wohnnutzung des Gebäudes entgegen.
II.
- 3
1. Zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wäre darzulegen, dass das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung - Klagabweisung - ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt ist. Dazu ist eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil geboten. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. u. a. BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009, 1 BvR 814/09, NJW 2009, 3642).
- 4
a. Die Klägerin führt in der Begründung des Zulassungsantrags zunächst aus, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (S. 7) könne das streitgegenständliche Haus aus heutiger Sicht nicht mehr als "Ausstellungshaus" bezeichnet werden. Diese Darlegungen der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das Gebäude als Ausstellungshaus genehmigt worden ist. Die gerügte Bezeichnung ist - dies zeigen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu nachfolgend erfolgten Teilgenehmigungen einer Wohnnutzung einzelner Räume - unzweifelhaft als Darstellung der Genehmigungshistorie zu verstehen und als solche richtig.
- 5
Dies gilt auch, soweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts zum genehmigten Umfang einer wohnlichen Nutzung des Erdgeschosses gerügt wird. Auch insoweit lassen die Ausführungen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit dem das Haus der Klägerin betreffenden Beschluss des erkennenden Senates vom 16.09.2008 - 1 LA 69/08 - zur Nutzung der Räume im Erdgeschoss als Galerie. Im Übrigen ist diese Rüge unbeachtlich, weil die dargelegten Gründe nicht erkennen lassen, dass das Endergebnis des Verwaltungsgerichts falsch ist (dazu nachfolgend Ziffer 1c).
- 6
b. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass die beabsichtigte reine Wohnnutzung die Variationsbreite der genehmigten Nutzung des Gebäudes verlassen würde, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Senat hat sich zur Frage einer Nutzung von Räumen im Erdgeschoss des Gebäudes zu anderen als Ausstellungszwecken bereits im o.g. Beschluss vom 16.09.2008 geäußert und eine Büronutzung für unzulässig erachtet. Die von der Klägerin nunmehr beabsichtigte reine Wohnnutzung des streitgegenständlichen Gebäudes ist von den erteilten Baugenehmigungen vom 15.01.1970 mit Nachtrag vom 09.02.1971 sowie der Baugenehmigung vom 15.02.2005 nicht abgedeckt. Zutreffend stellt bereits der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 15.09.2011 (S. 2) fest, dass die Nutzung von Räumen im Dachgeschoss zu Wohnzwecken allein vor dem Hintergrund zugelassen worden ist, um den Betrieb der Galerie im Außenbereich sicherzustellen. Die Variationsbreite dieser primär genehmigten Nutzung des Gebäudes zum Betreiben einer Kunstausstellung mit Verkauf im Erdgeschoss umfasst zweifelsfrei keine andere Nutzungsart ohne jedweden Bezug zu einer künstlerischen Betätigung.
- 7
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die beabsichtigte reine Wohnnutzung des Anwesens daher nicht vom Bestandsschutz erfasst, da sie nicht in der Variationsbreite der genehmigten Nutzung liegt.
- 8
Auf die Darlegungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift zu den Belangen des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB (städtebauliche Belange), § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB (Belange des Umweltschutzes) und § 1 Abs. 6 Nr. BauGB (Belange des Verkehrs) kommt es dementsprechend nicht an.
- 9
c. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Auffassung des Beklagten im Widerspruchsbescheid dazu, dass die beabsichtigte Nutzung des Gebäudes als Einfamilienhaus mit einer unerwünschten Zersiedelung des Außenbereiches bzw. Entstehung einer Splittersiedlung verbunden wäre und öffentlichen Belangen iSd § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB entgegen stehe, falsch ist.
- 10
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass bereits das Fehlen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 4 bzw. Nr. 5 BauGB einer Einzelfallgenehmigung gemäß § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegensteht.
- 11
Gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB kann zwar der Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, nicht entgegen gehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind und einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwertes dient.
- 12
Ohne erkennbare Rechtsfehler ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Die Ausführungen in der Beschwerde stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das streitgegenständliche Anwesen kein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude sei, nicht substantiiert in Frage. Allein der Umstand, dass das Haus der Klägerin – dies deuten die vom Einzelrichter des Verwaltungsgerichts gefertigten Bilder an – offenbar mit hochwertigen Materialien (Reet etc.) errichtet worden ist und das Anwesen an die Formsprache angeglichen ist, die in dieser Landschaft ansonsten typisch ist, macht es selbst noch nicht zu einem erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäude. Auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB kommt es angesichts dessen nicht (mehr) an.
- 13
Ohne erkennbare Rechtsfehler hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB hier nicht vorliegen.
- 14
Nach dieser Vorschrift kann zwar unter den dort benannten Voraussetzungen der Erweiterung eines Wohngebäudes nicht entgegen gehalten werden, dass dieses Vorhaben Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, soweit es im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist.
- 15
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der geplanten reinen Wohnnutzung des Hauses nicht um die Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes im Sinne dieser Vorschrift handelt, lässt entgegen der Auffassung der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu. Das Gebäude ist ursprünglich als Ausstellungshaus genehmigt worden; die in 2005 zur Sicherung dieser Nutzung genehmigte Teilnutzung von Räumen zu Wohnzwecken ändert daran jedenfalls im Hinblick auf § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB nichts.
- 16
d. Soweit die Klägerin den Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid zu Fragen des Denkmalschutzes entgegentritt, liegen die Voraussetzungen im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bereits deshalb nicht vor, weil das Verwaltungsgericht darauf in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht Bezug genommen (vgl. EA S. 7), sondern diese als nicht entscheidungserheblich offen gelassen hat.
- 17
e. Die Kritik der Klägerin an den Ausführungen des Beklagten in dem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Widerspruchsbescheid zur Bedeutung des Flächen-nutzungsplanes für das Vorhaben und ihre Kritik an der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 1 BauGB begründen ebenfalls keine Richtigkeitszweifel an dem erstinstanzlichen Urteil. Das Gebäude liegt eindeutig in einer Außenbereichslage gemäß § 35 BauGB und eine reine Wohnnutzung ist - dazu bereits oben Ziffer 1c - nicht genehmigungsfähig.
- 18
f. Soweit die Klägerin mit der Beschwerde ausführt, die eingetragene Baulast stehe einem positiven Bauvorbescheid nicht entgegen, genügt dies zur Darlegung ernstlicher Richtigkeitszweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung nicht. Der Senat hat bereits mit seinem das Gebäude der Klägerin betreffenden Beschluss vom 16.09.2008 - 1 LA 69/08 - hinreichend deutlich gemacht, dass Zweifel an der Wirksamkeit dieser Baulast, mit der sich die Klägerin verpflichtet hat, die Ausstellungsräume I und II und den Lagerraum im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Gebäudes "ausschließlich zum Betreiben einer Kunstausstellung mit Verkauf zu nutzen", nicht bestehen. Das Vorbringen der Klägerin zur Unwirksamkeit dieser Baulast stellt dies nicht mit überzeugenden Gründen in Abrede.
- 19
Ernstliche Richtigkeitszweifel bestehen auch nicht, soweit die Klägerin eine Verpflichtung des Beklagten, einen Verzicht auf die Baulast nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 LBO zu erklären, reklamiert. Selbst angesichts der vorgetragenen Gründe ist hier weder eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse noch ein Wegfall des öffentlichen Interesses an der Baulast erkennbar. Im Übrigen vermag ein Verzicht des Beklagten auf die Baulast der Klägerin nicht weiterzuhelfen, da die fehlenden Voraussetzungen des § 35 BauGB einer Änderung der Nutzung des Gebäudes zu reinen Wohnzwecken entgegensteht.
- 20
g. Auf die Ausführungen der Klägerin zur Gleichbehandlung im Hinblick auf eine Wohnnutzung von Neu- und Umbauten in der Nachbarschaft des Anwesens und zum Brandschutz des Gebäudes nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 LBO kommt es angesichts dessen, dass bereits die fehlenden Voraussetzungen des § 35 BauGB einer Nutzung des Gebäudes zu reinen Wohnzwecken entgegensteht, nicht an; im Übrigen sind sie auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründen zu können.
- 21
2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor. Die von der Klägerin (lediglich) mit dem Hinweis auf das mit der Beschwerde dargelegte Vorbringen selbst eingeschätzte "Komplexität der tatsächlichen und rechtlichen Fragen" des Falles lässt keine tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten erkennen. Das ergibt sich aus den vorhergehenden Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
- 22
3. Zur Grundsatzbedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird im Zulassungsantrag zunächst als klärungsbedürftig die Frage aufgeworfen, ob, wenn im Grundsatz gleich ausgestattete Räume nicht mehr zu Ausstellungs-, sondern zu Wohnzwecken genutzt werden, dies die dem Bestandsgebäude immanente eigene tatsächliche Variationsbreite überschreitet oder nicht.
- 23
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dieser Frage keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen. Eine bestimmte, über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung ist daraus schon deshalb nicht zu entnehmen, weil die Variationsbreite der genehmigten Nutzung eines Gebäudes regelmäßig vom Einzelfall abhängt.
- 24
Auch die als grundsätzlich bedeutsam angeführte Frage, ob ein nach (unrichtiger) Auffassung des Erstgerichts "banaler Bau" der Prägung des Bildes einer Kulturlandschaft im Sinne des § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BauGB entgegenstehen kann, lässt keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung erkennen. Die Frage, ob ein Gebäude nach Maßgabe dieser Vorschrift erhaltenswert ist und das Bild der Kulturlandschaft prägt, ist nicht verallgemeinerungsfähig, da dies vom Einzelfall abhängt.
- 25
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Frage, ob eine sich aus der vorangegangenen Genehmigung gemäß der LBO Schleswig-Holstein ergebende öffentlich-rechtliche Verpflichtung Gegenstand einer Baulast im Sinne des § 80 Abs. 1 S. 1 LBO Schleswig-Holstein sein kann, nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung klärungsbedürftig. Die aufgeworfene Frage ist für den Ausgang des Verfahrens schon deswegen unbeachtlich, weil - anders als der Frage zugrundegelegt - hier eine andere Reihenfolge der Ereignisse bei einer rechtlichen Würdigung des Falles zu beachten ist: Die notariell beurkundete Verpflichtungserklärung der Klägerin zur Übernahme einer Baulast datiert auf den 08.12.2004 (Beiakte B, Bl. 20/21), die Eintragung in das Baulastenverzeichnis ist am 26.01.2005 vorgenommen worden ist (Beiakte B, Bl. 19) und erst nachfolgend ist die Baugenehmigung der Klägerin am 15.02.2005 erteilt worden.
- 26
Schließlich lässt auch die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob der Verzicht auf eine Baulast wegen eines fehlenden öffentlichen Interesses dann zu erklären ist, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse dahingehend geändert haben, dass das Gebäude bei Beibehaltung der Baulast auf Dauer nicht mehr unterhalten werden kann und der Baulastverpflichtete dadurch in seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG unverhältnismäßig verletzt ist, keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung erkennen. Diese Frage ist nicht verallgemeinerungsfähig, sondern hängt gerade auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Belastung des Baulastverpflichteten vom Einzelfall ab.
- 27
4. Zum Zulassungsgrund des Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist dem Zulassungsantrag nicht zu entnehmen, worin der Verfahrensmangel liegt, auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen kann.
- 28
Die Klägerin rügt zwar, dass für die Augenscheinseinnahme der Örtlichkeit, Anfertigung von Fotos und die Erörterung der Sache nur 45 Minuten zur Verfügung gestanden hätten, der Einzelrichter wegen nachfolgender Termine offensichtlich unter Zeitdruck gestanden und auf eine schnelle Beendigung der Erörterung gedrängt habe. Aufgrund dessen habe sich keine Zeit gefunden, die anwesenden Gesellschafter der Klägerin ausreichend anzuhören. Die Erörterung habe im Übrigen im Stehen stattgefunden, so dass den Parteien ein Rückgriff auf unterstützende Unterlagen zum Vortrag schlicht nicht möglich gewesen sei. Der Rechtsstreit mit seiner umfangreichen Vorgeschichte hätte nach erfolgter Durchführung der Ortsbesichtigung im Gerichtssaal des Verwaltungsgerichts stattfinden müssen. Die Art und Weise der Verhandlungsführung habe den Grundsatz eines fairen Verfahrens und auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Auf diesen Verfahrensmängeln könne das erstinstanzliche Urteil beruhen, da bei ausreichender Zeit zum Austausch der Sach- und Rechtsmeinungen der Einzelrichter in entscheidungserheblichen Punkten zu einer anderen Rechtsauffassung hätte gelangen können.
- 29
Mit diesem Vortrag dringt die Klägerin nicht durch. Die von ihr als Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens und einen Gehörsverstoß gerügten äußeren Umstände der mündlichen Verhandlung und die aus ihrer Sicht zu kurz bemessene Äußerungsmöglichkeit begründen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
- 30
Gegen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort ist grundsätzlich weder im Hinblick auf das Gebot eines fairen Verfahrens, noch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs etwas zu erinnern.
- 31
Gemäß § 102 Abs. 3 VwGO können die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist. Gerade in baurechtlichen Streitigkeiten ist es bekanntermaßen eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob nur eine Augenscheinseinnahme „vor Ort“ mit einer Fortsetzung im Gerichtssaal erfolgt, oder ob Orts- und Verhandlungstermin zusammengelegt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 1992 - 4 B 27.92 -, juris; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, Stand August 2012, § 102 Rn. 12). Abgesehen davon, dass die Frage der Zweckmäßigkeit einer Zusammenlegung von Orts- und Verhandlungstermin gemäß § 173 Satz 1 VwGO iVm § 219 Abs. 1 ZPO in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt ist, lassen weder die Verfahrensakte noch das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts im Übrigen erkennen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin oder ihre beiden anwesenden Gesellschafter Einwände gegen die Zweckmäßigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort in … erhoben haben.
- 32
Ob die von der Klägerin gerügten Umstände der vom Verwaltungsgericht vor Ort in … durchgeführten mündlichen Verhandlung geeignet sind, einen Verfahrensmangel zu begründen, ist bereits zweifelhaft, kann hier aber im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat die Klägerin ein diesbezügliches Rügerecht verloren.
- 33
Nach § 173 Satz 1 VwGO iVm § 295 Abs. 1 ZPO verliert ein Beteiligter das Rügerecht, wenn er auf die Befolgung einer Verfahrensvorschrift verzichtet oder den Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat, obgleich er zu dieser Verhandlung erschienen war und ihm der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 03.06.2014 - 2 B 105/12 - m.w.N.).
- 34
Das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 13.06.2013 weist nichts dazu auf, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin oder ihre beiden anwesenden Gesellschafter Einwände im Hinblick auf die Art und Weise der Durchführung dieser Verhandlung erhoben haben.
- 35
Bereits aufgrund der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor Ort musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin damit rechnen, dass die Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Einschränkungen, beispielsweise im Hinblick auf einen Rückgriff auf unterstützende Unterlagen zum Vortrag, verbunden sein würde.
- 36
Auch soweit die Klägerin einen Zeitdruck des Einzelrichters und zu kurz bemessenen Äußerungsmöglichkeiten rügt, enthält das Gerichtsprotokoll nicht einmal ansatzweise einen Hinweis auf einen irregulären Verfahrensablauf beziehungsweise eine darauf bezogene und förmlich zu Protokoll erklärte Rüge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, obwohl dies nach den oben dargestellten Grundsätzen geboten gewesen wäre. Im Gegenteil, ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung am 13.06.2013 ist u.a. die Sach- und Rechtlage erörtert und anschließend von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem Beklagten Sachanträge gestellt worden.
- 37
5. Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt.
- 38
Die Kosten des Antragsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil ihr Antrag keinen Erfolg gehabt hat (§ 154 Abs. 1 VwGO).
- 39
Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, besteht nicht; denn die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
- 40
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO), das Urteil des Verwaltungsgerichts mithin rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 S. 4 VwGO).
Tatbestand
- 1
Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.
- 2
Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.
- 3
Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.
- 4
Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.
- 5
Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.
- 6
Die Klägerin hat beantragt,
- 7
den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.
- 8
Der Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.
- 11
Die Beigeladene hat beantragt,
- 12
die Klage abzuweisen.
- 13
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
- 14
Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.
- 15
Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.
- 16
Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.
- 17
Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.
- 18
Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.
- 19
Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 20
Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.
- 21
Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.
- 22
Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.
- 23
Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.
- 24
Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.
- 25
Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.
- 26
Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.
- 27
Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.
- 28
Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.
- 29
Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.
- 30
Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.
- 31
Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.
- 32
Die Klägerin beantragt,
- 33
das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.
- 34
Der Beklagte beantragt,
- 35
die Berufung zurückzuweisen.
- 36
Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.
- 37
Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.
- 38
Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.
- 39
Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.
- 40
Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.
- 41
Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.
- 42
In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.
- 43
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
- 44
die Berufung zurückzuweisen.
- 45
Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:
- 46
Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.
- 47
Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.
- 48
Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.
- 49
Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.
- 50
Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.
- 51
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 52
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
- 53
1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.
- 54
2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.
- 55
Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).
- 56
2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
- 57
2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.
- 58
Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).
- 59
Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.
- 60
Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.
- 61
2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.
- 62
Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.
- 63
Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.
- 64
2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.
- 65
2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.
- 66
Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).
- 67
Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).
- 68
2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.
- 69
2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).
- 70
Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.
- 71
2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.
- 72
2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.
- 73
2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.
- 74
a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.
- 75
Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).
- 76
Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).
- 77
b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
- 78
Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.
- 79
Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).
- 80
Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.
- 81
§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).
- 82
Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.
- 83
Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.
- 84
Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.
- 85
Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.
- 86
2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.
- 87
Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).
- 88
Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.
- 89
2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
- 90
Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).
- 91
2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
- 92
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).
- 93
2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.
- 94
2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.
- 95
a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).
- 96
Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).
- 97
b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.
- 98
c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.
- 99
d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.
- 100
Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.
- 101
Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.
- 102
aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.
- 103
Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.
- 104
In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.
- 105
Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.
- 106
bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.
- 107
aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.
- 108
Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.
- 109
Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.
- 110
Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.
- 111
Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.
- 112
Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.
- 113
Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.
- 114
bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.
- 115
ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.
- 116
Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.
- 117
Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.
- 118
Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.
- 119
Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.
- 120
Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.
- 121
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).
- 122
Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:
- 123
z0 in m
CORINE-Klasse
0.01
Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)
0,02
Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)
0,05
Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)
0,10
Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)
0,20
Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)
0,50
Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)
1,00
Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)
1,50
Laubwälder (311); Mischwälder (313)
2,00
Durchgängig städtische Prägung (111)
- 124
Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.
- 125
Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.
- 126
Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.
- 127
Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.
- 128
Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.
- 129
2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.
- 130
Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).
- 131
Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.
- 132
2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.
- 133
Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.
- 134
Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).
- 135
Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.
- 136
2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.
- 137
Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).
- 138
2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.
- 139
a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).
- 140
b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.
- 141
c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.
- 142
d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.
- 143
aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).
- 144
Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.
- 145
bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.
- 146
Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).
- 147
aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.
- 148
bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.
- 149
ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.
- 150
Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.
- 151
dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.
- 152
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).
- 153
aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).
- 154
Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.
- 155
Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.
- 156
bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).
- 157
Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.
- 158
ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).
- 159
Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).
- 160
Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.
- 161
ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.
- 162
Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.
- 163
2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.
- 164
Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.
- 165
2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).
- 166
2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.
- 167
Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.
- 168
2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.
- 169
Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).
- 170
Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
- 171
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
- 172
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.
- 173
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 € festgesetzt.
Gründe
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer, Einzelrichter - vom 19.06.2013 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Nutzungsänderung eines Hauses auf dem ihr gehörenden Grundstück … in der Gemeinde … zu einem Wohnhaus.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage aus den Gründen des Widerspruchsbescheides (mit Ausnahme der Ausführungen zu Fragen des Denkmalschutzes) abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die beabsichtigte reine Wohnnutzung des Gebäudes die Variationsbreite der genehmigten Nutzung des Gebäudes verlassen würde. Auch lägen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und/oder Nr. 5 BauGB nicht vor. Es gehe nicht um die Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes und das betroffene Gebäude sei auch kein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude. Schließlich stehe die eingetragene Baulast einem positiven Bauvorbescheid für eine reine Wohnnutzung des Gebäudes entgegen.
II.
- 3
1. Zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wäre darzulegen, dass das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung - Klagabweisung - ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt ist. Dazu ist eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil geboten. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. u. a. BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009, 1 BvR 814/09, NJW 2009, 3642).
- 4
a. Die Klägerin führt in der Begründung des Zulassungsantrags zunächst aus, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (S. 7) könne das streitgegenständliche Haus aus heutiger Sicht nicht mehr als "Ausstellungshaus" bezeichnet werden. Diese Darlegungen der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass das Gebäude als Ausstellungshaus genehmigt worden ist. Die gerügte Bezeichnung ist - dies zeigen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu nachfolgend erfolgten Teilgenehmigungen einer Wohnnutzung einzelner Räume - unzweifelhaft als Darstellung der Genehmigungshistorie zu verstehen und als solche richtig.
- 5
Dies gilt auch, soweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts zum genehmigten Umfang einer wohnlichen Nutzung des Erdgeschosses gerügt wird. Auch insoweit lassen die Ausführungen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit dem das Haus der Klägerin betreffenden Beschluss des erkennenden Senates vom 16.09.2008 - 1 LA 69/08 - zur Nutzung der Räume im Erdgeschoss als Galerie. Im Übrigen ist diese Rüge unbeachtlich, weil die dargelegten Gründe nicht erkennen lassen, dass das Endergebnis des Verwaltungsgerichts falsch ist (dazu nachfolgend Ziffer 1c).
- 6
b. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass die beabsichtigte reine Wohnnutzung die Variationsbreite der genehmigten Nutzung des Gebäudes verlassen würde, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Senat hat sich zur Frage einer Nutzung von Räumen im Erdgeschoss des Gebäudes zu anderen als Ausstellungszwecken bereits im o.g. Beschluss vom 16.09.2008 geäußert und eine Büronutzung für unzulässig erachtet. Die von der Klägerin nunmehr beabsichtigte reine Wohnnutzung des streitgegenständlichen Gebäudes ist von den erteilten Baugenehmigungen vom 15.01.1970 mit Nachtrag vom 09.02.1971 sowie der Baugenehmigung vom 15.02.2005 nicht abgedeckt. Zutreffend stellt bereits der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 15.09.2011 (S. 2) fest, dass die Nutzung von Räumen im Dachgeschoss zu Wohnzwecken allein vor dem Hintergrund zugelassen worden ist, um den Betrieb der Galerie im Außenbereich sicherzustellen. Die Variationsbreite dieser primär genehmigten Nutzung des Gebäudes zum Betreiben einer Kunstausstellung mit Verkauf im Erdgeschoss umfasst zweifelsfrei keine andere Nutzungsart ohne jedweden Bezug zu einer künstlerischen Betätigung.
- 7
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die beabsichtigte reine Wohnnutzung des Anwesens daher nicht vom Bestandsschutz erfasst, da sie nicht in der Variationsbreite der genehmigten Nutzung liegt.
- 8
Auf die Darlegungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift zu den Belangen des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB (städtebauliche Belange), § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB (Belange des Umweltschutzes) und § 1 Abs. 6 Nr. BauGB (Belange des Verkehrs) kommt es dementsprechend nicht an.
- 9
c. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Auffassung des Beklagten im Widerspruchsbescheid dazu, dass die beabsichtigte Nutzung des Gebäudes als Einfamilienhaus mit einer unerwünschten Zersiedelung des Außenbereiches bzw. Entstehung einer Splittersiedlung verbunden wäre und öffentlichen Belangen iSd § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB entgegen stehe, falsch ist.
- 10
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass bereits das Fehlen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 4 bzw. Nr. 5 BauGB einer Einzelfallgenehmigung gemäß § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegensteht.
- 11
Gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB kann zwar der Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, nicht entgegen gehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind und einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwertes dient.
- 12
Ohne erkennbare Rechtsfehler ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Die Ausführungen in der Beschwerde stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das streitgegenständliche Anwesen kein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude sei, nicht substantiiert in Frage. Allein der Umstand, dass das Haus der Klägerin – dies deuten die vom Einzelrichter des Verwaltungsgerichts gefertigten Bilder an – offenbar mit hochwertigen Materialien (Reet etc.) errichtet worden ist und das Anwesen an die Formsprache angeglichen ist, die in dieser Landschaft ansonsten typisch ist, macht es selbst noch nicht zu einem erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäude. Auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB kommt es angesichts dessen nicht (mehr) an.
- 13
Ohne erkennbare Rechtsfehler hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB hier nicht vorliegen.
- 14
Nach dieser Vorschrift kann zwar unter den dort benannten Voraussetzungen der Erweiterung eines Wohngebäudes nicht entgegen gehalten werden, dass dieses Vorhaben Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, soweit es im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist.
- 15
Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der geplanten reinen Wohnnutzung des Hauses nicht um die Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes im Sinne dieser Vorschrift handelt, lässt entgegen der Auffassung der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu. Das Gebäude ist ursprünglich als Ausstellungshaus genehmigt worden; die in 2005 zur Sicherung dieser Nutzung genehmigte Teilnutzung von Räumen zu Wohnzwecken ändert daran jedenfalls im Hinblick auf § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB nichts.
- 16
d. Soweit die Klägerin den Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid zu Fragen des Denkmalschutzes entgegentritt, liegen die Voraussetzungen im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bereits deshalb nicht vor, weil das Verwaltungsgericht darauf in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht Bezug genommen (vgl. EA S. 7), sondern diese als nicht entscheidungserheblich offen gelassen hat.
- 17
e. Die Kritik der Klägerin an den Ausführungen des Beklagten in dem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Widerspruchsbescheid zur Bedeutung des Flächen-nutzungsplanes für das Vorhaben und ihre Kritik an der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 1 BauGB begründen ebenfalls keine Richtigkeitszweifel an dem erstinstanzlichen Urteil. Das Gebäude liegt eindeutig in einer Außenbereichslage gemäß § 35 BauGB und eine reine Wohnnutzung ist - dazu bereits oben Ziffer 1c - nicht genehmigungsfähig.
- 18
f. Soweit die Klägerin mit der Beschwerde ausführt, die eingetragene Baulast stehe einem positiven Bauvorbescheid nicht entgegen, genügt dies zur Darlegung ernstlicher Richtigkeitszweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung nicht. Der Senat hat bereits mit seinem das Gebäude der Klägerin betreffenden Beschluss vom 16.09.2008 - 1 LA 69/08 - hinreichend deutlich gemacht, dass Zweifel an der Wirksamkeit dieser Baulast, mit der sich die Klägerin verpflichtet hat, die Ausstellungsräume I und II und den Lagerraum im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Gebäudes "ausschließlich zum Betreiben einer Kunstausstellung mit Verkauf zu nutzen", nicht bestehen. Das Vorbringen der Klägerin zur Unwirksamkeit dieser Baulast stellt dies nicht mit überzeugenden Gründen in Abrede.
- 19
Ernstliche Richtigkeitszweifel bestehen auch nicht, soweit die Klägerin eine Verpflichtung des Beklagten, einen Verzicht auf die Baulast nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 LBO zu erklären, reklamiert. Selbst angesichts der vorgetragenen Gründe ist hier weder eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse noch ein Wegfall des öffentlichen Interesses an der Baulast erkennbar. Im Übrigen vermag ein Verzicht des Beklagten auf die Baulast der Klägerin nicht weiterzuhelfen, da die fehlenden Voraussetzungen des § 35 BauGB einer Änderung der Nutzung des Gebäudes zu reinen Wohnzwecken entgegensteht.
- 20
g. Auf die Ausführungen der Klägerin zur Gleichbehandlung im Hinblick auf eine Wohnnutzung von Neu- und Umbauten in der Nachbarschaft des Anwesens und zum Brandschutz des Gebäudes nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 LBO kommt es angesichts dessen, dass bereits die fehlenden Voraussetzungen des § 35 BauGB einer Nutzung des Gebäudes zu reinen Wohnzwecken entgegensteht, nicht an; im Übrigen sind sie auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründen zu können.
- 21
2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor. Die von der Klägerin (lediglich) mit dem Hinweis auf das mit der Beschwerde dargelegte Vorbringen selbst eingeschätzte "Komplexität der tatsächlichen und rechtlichen Fragen" des Falles lässt keine tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten erkennen. Das ergibt sich aus den vorhergehenden Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
- 22
3. Zur Grundsatzbedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird im Zulassungsantrag zunächst als klärungsbedürftig die Frage aufgeworfen, ob, wenn im Grundsatz gleich ausgestattete Räume nicht mehr zu Ausstellungs-, sondern zu Wohnzwecken genutzt werden, dies die dem Bestandsgebäude immanente eigene tatsächliche Variationsbreite überschreitet oder nicht.
- 23
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dieser Frage keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen. Eine bestimmte, über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung ist daraus schon deshalb nicht zu entnehmen, weil die Variationsbreite der genehmigten Nutzung eines Gebäudes regelmäßig vom Einzelfall abhängt.
- 24
Auch die als grundsätzlich bedeutsam angeführte Frage, ob ein nach (unrichtiger) Auffassung des Erstgerichts "banaler Bau" der Prägung des Bildes einer Kulturlandschaft im Sinne des § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BauGB entgegenstehen kann, lässt keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung erkennen. Die Frage, ob ein Gebäude nach Maßgabe dieser Vorschrift erhaltenswert ist und das Bild der Kulturlandschaft prägt, ist nicht verallgemeinerungsfähig, da dies vom Einzelfall abhängt.
- 25
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Frage, ob eine sich aus der vorangegangenen Genehmigung gemäß der LBO Schleswig-Holstein ergebende öffentlich-rechtliche Verpflichtung Gegenstand einer Baulast im Sinne des § 80 Abs. 1 S. 1 LBO Schleswig-Holstein sein kann, nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung klärungsbedürftig. Die aufgeworfene Frage ist für den Ausgang des Verfahrens schon deswegen unbeachtlich, weil - anders als der Frage zugrundegelegt - hier eine andere Reihenfolge der Ereignisse bei einer rechtlichen Würdigung des Falles zu beachten ist: Die notariell beurkundete Verpflichtungserklärung der Klägerin zur Übernahme einer Baulast datiert auf den 08.12.2004 (Beiakte B, Bl. 20/21), die Eintragung in das Baulastenverzeichnis ist am 26.01.2005 vorgenommen worden ist (Beiakte B, Bl. 19) und erst nachfolgend ist die Baugenehmigung der Klägerin am 15.02.2005 erteilt worden.
- 26
Schließlich lässt auch die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob der Verzicht auf eine Baulast wegen eines fehlenden öffentlichen Interesses dann zu erklären ist, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse dahingehend geändert haben, dass das Gebäude bei Beibehaltung der Baulast auf Dauer nicht mehr unterhalten werden kann und der Baulastverpflichtete dadurch in seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG unverhältnismäßig verletzt ist, keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Fragestellung erkennen. Diese Frage ist nicht verallgemeinerungsfähig, sondern hängt gerade auch im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Belastung des Baulastverpflichteten vom Einzelfall ab.
- 27
4. Zum Zulassungsgrund des Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist dem Zulassungsantrag nicht zu entnehmen, worin der Verfahrensmangel liegt, auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen kann.
- 28
Die Klägerin rügt zwar, dass für die Augenscheinseinnahme der Örtlichkeit, Anfertigung von Fotos und die Erörterung der Sache nur 45 Minuten zur Verfügung gestanden hätten, der Einzelrichter wegen nachfolgender Termine offensichtlich unter Zeitdruck gestanden und auf eine schnelle Beendigung der Erörterung gedrängt habe. Aufgrund dessen habe sich keine Zeit gefunden, die anwesenden Gesellschafter der Klägerin ausreichend anzuhören. Die Erörterung habe im Übrigen im Stehen stattgefunden, so dass den Parteien ein Rückgriff auf unterstützende Unterlagen zum Vortrag schlicht nicht möglich gewesen sei. Der Rechtsstreit mit seiner umfangreichen Vorgeschichte hätte nach erfolgter Durchführung der Ortsbesichtigung im Gerichtssaal des Verwaltungsgerichts stattfinden müssen. Die Art und Weise der Verhandlungsführung habe den Grundsatz eines fairen Verfahrens und auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Auf diesen Verfahrensmängeln könne das erstinstanzliche Urteil beruhen, da bei ausreichender Zeit zum Austausch der Sach- und Rechtsmeinungen der Einzelrichter in entscheidungserheblichen Punkten zu einer anderen Rechtsauffassung hätte gelangen können.
- 29
Mit diesem Vortrag dringt die Klägerin nicht durch. Die von ihr als Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens und einen Gehörsverstoß gerügten äußeren Umstände der mündlichen Verhandlung und die aus ihrer Sicht zu kurz bemessene Äußerungsmöglichkeit begründen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
- 30
Gegen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort ist grundsätzlich weder im Hinblick auf das Gebot eines fairen Verfahrens, noch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs etwas zu erinnern.
- 31
Gemäß § 102 Abs. 3 VwGO können die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist. Gerade in baurechtlichen Streitigkeiten ist es bekanntermaßen eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob nur eine Augenscheinseinnahme „vor Ort“ mit einer Fortsetzung im Gerichtssaal erfolgt, oder ob Orts- und Verhandlungstermin zusammengelegt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 1992 - 4 B 27.92 -, juris; Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, Stand August 2012, § 102 Rn. 12). Abgesehen davon, dass die Frage der Zweckmäßigkeit einer Zusammenlegung von Orts- und Verhandlungstermin gemäß § 173 Satz 1 VwGO iVm § 219 Abs. 1 ZPO in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt ist, lassen weder die Verfahrensakte noch das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts im Übrigen erkennen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin oder ihre beiden anwesenden Gesellschafter Einwände gegen die Zweckmäßigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort in … erhoben haben.
- 32
Ob die von der Klägerin gerügten Umstände der vom Verwaltungsgericht vor Ort in … durchgeführten mündlichen Verhandlung geeignet sind, einen Verfahrensmangel zu begründen, ist bereits zweifelhaft, kann hier aber im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat die Klägerin ein diesbezügliches Rügerecht verloren.
- 33
Nach § 173 Satz 1 VwGO iVm § 295 Abs. 1 ZPO verliert ein Beteiligter das Rügerecht, wenn er auf die Befolgung einer Verfahrensvorschrift verzichtet oder den Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat, obgleich er zu dieser Verhandlung erschienen war und ihm der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 03.06.2014 - 2 B 105/12 - m.w.N.).
- 34
Das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 13.06.2013 weist nichts dazu auf, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin oder ihre beiden anwesenden Gesellschafter Einwände im Hinblick auf die Art und Weise der Durchführung dieser Verhandlung erhoben haben.
- 35
Bereits aufgrund der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor Ort musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin damit rechnen, dass die Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Einschränkungen, beispielsweise im Hinblick auf einen Rückgriff auf unterstützende Unterlagen zum Vortrag, verbunden sein würde.
- 36
Auch soweit die Klägerin einen Zeitdruck des Einzelrichters und zu kurz bemessenen Äußerungsmöglichkeiten rügt, enthält das Gerichtsprotokoll nicht einmal ansatzweise einen Hinweis auf einen irregulären Verfahrensablauf beziehungsweise eine darauf bezogene und förmlich zu Protokoll erklärte Rüge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, obwohl dies nach den oben dargestellten Grundsätzen geboten gewesen wäre. Im Gegenteil, ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung am 13.06.2013 ist u.a. die Sach- und Rechtlage erörtert und anschließend von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem Beklagten Sachanträge gestellt worden.
- 37
5. Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt.
- 38
Die Kosten des Antragsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil ihr Antrag keinen Erfolg gehabt hat (§ 154 Abs. 1 VwGO).
- 39
Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, besteht nicht; denn die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
- 40
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO), das Urteil des Verwaltungsgerichts mithin rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 S. 4 VwGO).
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 2. September 2011 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 124.200 Mastplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. - genannt O. -, auf welchem er auch wohnt. Der Kläger betrieb in der Vergangenheit Landwirtschaft in der Form des Ackerbaus und der Tierhaltung, die er im Jahr 2005 aufgab. Aufgrund einer ihm am 11. Januar 2005 erteilten Baugenehmigung baute der Kläger eine landwirtschaftliche Gerätehalle in zwei Wohnungen um, die er seitdem vermietet. Heute hält er fünf Ponys bzw. Pferde zu Hobbyzwecken.
4Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. - genannt H. -. Er betreibt dort auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 10. Juli 2007 (Az. 533.09 - GV 63/07) einen Hähnchenmaststall mit 39.900 Mastplätzen auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Der bestehende Hähnchenmaststall liegt etwa 190 m nord-nordöstlich der Bebauung auf dem Grundstück des Klägers. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde X. ist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
5Östlich der ehemaligen Hofstelle des Klägers liegt die Hofstelle T. Dieser betreibt dort derzeit eine Hähnchenmastanlage mit 39.900 Mastplätzen auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Der Abstand zwischen der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück und dem bestehenden Hähnchenmaststall beträgt ca. 210 m. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 erteilte der Beklagte für diesen Betrieb eine Genehmigung zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 121.900 Mastplätzen. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (Aktenzeichen des Berufungsverfahrens 8 A 1577/14).
6Am 19. Mai 2010 beantragte der Beigeladene eine (Erweiterungs-)Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 124.200 Mastplätzen sowie die Errichtung von Flüssiggaslagern mit einer Gesamtlagerkapazität von 9,6 t. Die von dem Beklagten beteiligte Landwirtschaftskammer NRW kam mit Schreiben vom 6. Juli 2010 zu der Einschätzung, bei dem Vorhaben des Beigeladenen handele es sich nicht um Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Für eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage werde bei überschlägiger Berechnung eine Fläche von 142,52 ha benötigt. Tatsächlich stünden aber nur 45,41 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
7Der Beklagte machte am 19. Juli 2010 öffentlich bekannt, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010 eingesehen und vom 26. Juli bis einschließlich 7. September 2010 Einwendungen erhoben werden könnten.
8Gegen den Antrag des Beigeladenen machte der Kläger am 6. September 2010 Einwendungen geltend: Die Immissionsuntersuchungen beschränkten sich auf die isolierte Betrachtung des in diesem Verfahren zur Genehmigung stehenden Vorhabens. Unberücksichtigt bleibe das Vorhaben auf der Hofstelle T. und in der Folge der Umstand, dass durch diese beiden Vorhaben zusammen sein Anwesen gleichsam „in die Zange genommen“ werde. Von jedem der Vorhaben - jedenfalls bei der angezeigten Gesamtbetrachtung - gingen schädliche Umwelteinwirkungen aus. So sei mit Belästigungen durch Geruch und Bioaerosole zu rechnen.
9Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 2. September 2011 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage. Nach Ziffer III. des Genehmigungsbescheides schließt diese die Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW sowie eine Befreiung gemäß § 67 BNatSchG ein. Der Betrieb erfülle entsprechend der Stellungnahme der Landwirtschaftkammer nicht die Voraussetzungen des § 201 BauGB. Die Tierhaltung könne nicht auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben werden. Somit sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen und erweise sich im Außenbereich als zulässig. Durch die Erweiterung der Anlage komme es ausweislich der Immissionsprognose des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 21. September 2009 nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden. Die Nebenbestimmung Nr. 56 zu dem Genehmigungsbescheid bestimmt diesbezüglich, dass die Immissionsprognose vom 21. September 2009 (Az. G‑1275-02) Bestandteil des Bescheides und bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zu beachten ist. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 57 ist die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über Abluftschächte mindestens 11,10 m über dem Erdboden (mindestens 3,00 m über Dachfirst) mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen.
10Das Immissionsgutachten vom 21. September 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass an den im Außenbereich gelegenen Häusern im Umkreis von 600 m im Planzustand eine Gesamtbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden erreicht werde. Mithin werde der Immissionswert der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) für Wohnhäuser im Außenbereich (IW = 0,25) eingehalten. Für die ehemalige Hofstelle des Klägers gibt das Gutachten eine Geruchsimmissionsbelastung im Planzustand mit der Vorbelastung E., O., P., R. und T. von 0,12 an. Die Eigenbelastung des Klägers betrage 0,01. Das Gutachten nimmt Bezug auf die KTBL-Schrift 333 „Geruchs- und NH3-Emissionen aus der Tierhaltung“ und setzt insoweit für Masthähnchen bis 35 bzw. 49 Tage Geruchsemissionen von 50 GE/s/GV bzw. GE/(s*m²) an. Da die Bedingungen der TA Luft eingehalten seien und den Anforderungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) genügt werde, werde für das Vorhaben eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt.
11Der Beigeladene legte in der Folge ein Ergänzungsgutachten zu den Geruchsimmissionen vom 14. März 2012 vor. Dieses legt für die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen bei Verwendung einer Emissionszeitreihe einen Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) und im Übrigen die VDI-Richtlinie 3894 aus September 2011 zugrunde. Für die ehemalige Hofstelle des Klägers ergibt das Ergänzungsgutachten im Planzustand einen maximalen Immissionswert für die Fremdbelastung von 0,17. Als immissionsmindernde Maßnahme hält das Gutachten fest, dass die Abluft aus den Ställen jeweils nach dem Stand der Technik über maximal 12 Kamine mindestens 11,10 m über Erdboden mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen sei.
12Unter dem Datum des 28. Dezember 2012 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG zum Zwecke des Einbaus einer Vernebelungsanlage „Aerocleaner“ der I. + M. GmbH & Co KG, F., in die Hähnchenmastställe. Ausweislich einer von der Herstellerfirma vorgelegen Zusammenfassung der Ergebnisse einer Diplomarbeit an der Universität Bonn betrage die Minderung der Geruchsemissionen im Geflügelstall im Durchschnitt der Tagesmittel ca. 45 %. Wegen der stark schwankenden Messergebnisse sei die Minderungsleistung des Aerocleaners weiter zu validieren. In diesem Zusammenhang legte der Beigeladene ein weiteres Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 6. November 2012 mit der Nummer G‑1275-04 vor, welches zusätzlich zu den Grundlagen des Ergänzungsgutachtens vom 14. März 2012 auch den Einsatz der Abluftreinigungsanlage berücksichtigt. Hiernach wird an der ehemaligen Hofstelle des Klägers im Planzustand eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung von maximal 14 % Jahresgeruchsstunden erreicht.
13Mit Bescheid vom 11. März 2013 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die begehrte Änderungsgenehmigung zur Installation und zum Betrieb der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ in den Hähnchenmaststallungen. Nach Ziffer II. Bedingung Nr. 3 des Bescheids dürfen die neu zu errichtenden Stallungen BE I.2 und I.3 nur in Betrieb genommen werden, wenn in diesen die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert ist und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben wird. Vor Inbetriebnahme der neu zu errichtenden Stallungen muss auch in dem vorhandenen Stall BE I.1 die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert sein und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben werden. Schädliche Umwelteinwirkungen würden nicht hervorgerufen, wie sich aus dem Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. Nr. G-1275-04 vom 6. November 2012 ergebe. An der ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle des Klägers betrage der Anteil der durch benachbarte landwirtschaftliche Betriebe einschließlich des Betriebs des Beigeladenen hervorgerufenen Geruchsimmissionen 0,14. Somit seien die zulässigen Immissionsrichtwerte in Bezug auf die zu erwartenden Geruchsimmissionen für Wohngebäude im Außenbereich eingehalten.
14Am 28. April 2014 erließ der Beklagte einen Nachtrag zu den Genehmigungsbescheiden vom 2. September 2011 und 11. März 2013. Die Bedingung Nr. 3 aus dem Bescheid vom 11. März 2013 wurde insoweit ergänzt, dass der „Aerocleaner“ dauerhaft in allen Stallungen mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielen müsse. Nach der Auflage Nr. 12 ist dies durch regelmäßige Messungen nachzuweisen. Die ordnungsgemäße Wartung ist nach der Auflage Nr. 14 durch Abschluss eines Wartungs- und Servicevertrages sicherzustellen. Zur Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls gemäß GIRL führt der Nachtragsbescheid in Ergänzung beider Bescheide sodann aus:
15„Bei dem O. handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung. Derzeit wird auf der Hofstelle noch Pferde- und Hühnerhaltung als Hobbylandwirtschaft betrieben. […]
16In dem Gutachten vom 04.02.2014 (Az. des Anschreibens 73.12014-05) gibt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) unter Punkt 4. S. 19 f. Empfehlungen, welche Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranzuziehen sind. So wird für Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben ein Immissionswert bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung unberücksichtigt bleibt.
17Des Weiteren empfiehlt das LANUV bei Wohnnutzungen innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere gehalten wurden und [die] somit einen landwirtschaftlichen Bezug haben, die aber heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt werden, ebenfalls einen Immissionswert von 0,25 heranzuziehen.
18Die spezielle Prüfung des Einzelfalles hat insgesamt ergeben, dass es sich bei allen Immissionsorten um landwirtschaftliche Hofstellen im Außenbereich handelt. Bei der Hofstelle R. und dem E. handelt es sich weiterhin um landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb mit eigener Tierhaltung. Die sonstigen Immissionsorte stellen ebenfalls landwirtschaftliche Hofstellen dar, welche jedoch nicht mehr im Vollerwerb, sondern teilweise nur noch als Landwirtschaft mit Hobbytierhaltung betrieben werden.
19Aufgrund dieser Fakten sowie der Empfehlungen des LANUV kommt die spezielle Prüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung von 0,15 für Dorfgebiete zulässig ist, da alle Immissionsorte einen für den Außenbereich typischen landwirtschaftlichen Bezug haben. Ein Immissionswert von 0,25 kann somit für alle Immissionsorte als zulässig angesehen werden.“
20Der Kläger hat bereits gegen die dem Beigeladenen durch den Beklagten mit Bescheid vom 2. September 2011 erteilte Genehmigung am 29. September 2011 Klage erhoben.
21Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung sei schon deshalb fehlerhaft, weil die Frist für die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG zu kurz bemessen gewesen sei. Die Nebenbestimmung Nr. 56, mit der die Immissionsprognose zum Bestandteil der Genehmigung gemacht worden sei, erweise sich als zu unbestimmt, da unklar bleibe, welche Teile des Gutachtens zu beachten seien. Die vorgelegten Immissionsprognosen erwiesen sich als ungenügend. An seinem Wohnhaus werde der maximale Immissionsrichtwert von 0,15 überschritten, so dass es einer eingehenden Überprüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bedurft hätte. Im Baugenehmigungsverfahren habe er sich verpflichtet, auf dem Hof kein Nutzvieh mehr zu halten. Heute halte er Ponys und Pferde aus Liebhaberei. Durch die Genehmigung der Abluftreinigungsanlage sei die ursprüngliche Genehmigung weder geändert noch ergänzt worden. Insbesondere stelle der Einbau der Abluftreinigungsanlage keine Auflage für den Betrieb der Mastanlage dar. Der Beigeladene sei nicht verpflichtet, von der Genehmigung der Abluftreinigungsanlage Gebrauch zu machen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung sei der 11. März 2013, also der Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides. Planungsrechtlich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB n.F. zu beurteilen, da der Antrag des Beigeladenen vor dem maßgeblichen Stichtag nicht bescheidungsfähig gewesen sei. Die Antragsunterlagen des Beigeladenen hätten die Umweltauswirkungen des Vorhabens nicht hinreichend dargestellt.
22Der Kläger hat beantragt,
23die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 2. September 2011 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und Aufzucht mit 124.400 (davon 39.900 Bestand) Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) sowie Lagerung von brennbaren Gasen von 9,6 t (davon 3,2 t Bestand) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen in der Gestalt des Genehmigungsbescheides vom 11. März 2013 und des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 aufzuheben.
24Der Beklagte hat beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem ursprünglichen sowie in dem Änderungs- bzw. dem Nachtragsbescheid bezogen.
27Der Beigeladene hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Zur Begründung hat er ausgeführt: Die bauplanungsrechtliche Situation sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. zu beurteilen. Zum Stichtag (4. Juli 2012) sei die Genehmigung bereits erteilt gewesen. Nach dem Erscheinen der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 als verbindliche Ausgabe habe er das Geruchsimmissionsgutachten vom 14. März 2012 erstellen lassen. Hiernach liege die Fremdbelastung an den Wohnnutzungen des Klägers an keiner Stelle höher als 0,17. Dabei gelte nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 Aufzählungspunkt 7 i.V.m. denen zu Nr. 1 der GIRL, dass Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen gar nicht in die Beurteilung der Geruchssituation einzubeziehen seien. Dieser Gedanke sei im Hinblick auf die frühere Tierhaltung auf dem Hof des Klägers heranzuziehen. Jedenfalls liege die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls sei vorliegend ein Wert von mindestens 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. So sei die Wohnnutzung auf der Hofstelle des Klägers eine landwirtschaftsbezogene Wohnnutzung. Die Umgebung der Hofstelle des Klägers sei insgesamt landwirtschaftlich und durch Tierhaltungsbetriebe geprägt. Die Zusatzbelastung durch das Vorhaben des Beigeladenen betrage lediglich 0,06. Eine andere Standortwahl sei ihm aufgrund der konkreten Umgebungsprägung nicht möglich. Auch im Falle einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sei auf den Immissionswert von 0,25 zurückzugreifen.
30Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, ob der in dem Geruchsimmissionsgutachten gewählte Ansatz zur Immissionsbeurteilung bei Masthähnchen unter Berücksichtigung des Zeitpunktes des Erlasses des Genehmigungsbescheids am 2. September 2011 zutreffend war, und, für den Fall der Verneinung, welcher Wert in Ansatz zu bringen sei und ob von der Anlage unter Einbeziehung der bestehenden Vorbelastungen schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Das mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte LANUV NRW hat diesbezüglich ausgeführt, es empfehle bereits seit dem Jahr 2010 eine Berücksichtigung von Mastgeflügelimmissionen anhand einer sich an der Mastperiode orientierenden Zeitreihe. Die Eigenbelastung an den Wohnungen auf dem klägerischen Grundstück liege je nach Lage des Beurteilungspunktes zwischen 0,04 und 0,07, die Zusatzbelastung durch das Vorhaben des Klägers durchgängig bei 0,06. Die Vorbelastung (ohne die Eigenbelastung des Klägers) betrage 0,17 bzw. 0,18. Die Gesamtbelastung (ohne die Eigenbelastung des Klägers) gibt das Gutachten mit 0,22 bzw. 0,23 an. Die Ergebnisse berücksichtigen den Einsatz einer Abluftreinigungsanlage nicht.
31Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Genehmigungsbescheid aufgehoben. Eine Prognose, die eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers auszuschließen vermöge, liege nicht vor. Das Geruchsimmissionsgutachten vom 21. September 2009 beruhe noch auf der KTBL-Schrift 333 und setze einen zu niedrigen Emissionsfaktor an. Auch die später eingeholten Gutachten führten nicht zu einem anderen Ergebnis, denn sie alle kämen zu einer Immissionsbelastung von über 0,15 am Haus des Klägers. Die Anwendung eines Immissionswertes von maximal 0,25 scheide aus, weil es sich bei den Immissionen aus dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen nicht um landwirtschaftliche Gerüche im Sinne der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL handele. Die Landwirtschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfahre insoweit eine Privilegierung. Selbst bei Annahme eines Immissionswertes von 0,25, welcher eine absolute Obergrenze darstelle, sei das Vorhaben nicht zulässig. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 14. März 2012 wie auch das Gutachten des LANUV NRW prognostizierten eine Gesamtbelastung unter Einschluss der eigenen Vorbelastung des Klägers von mehr als 0,25. Das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 6. November 2012 nehme eine Minderung der Geruchsimmissionen von 40 % durch die Abluftreinigungsanlage an. Diese Wirkung sei aber nicht hinreichend sicher anzunehmen, da es an einem anzuerkennenden Nachweis mangele.
32Gegen das Urteil hat der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
33Zur Begründung führt er aus: Die Umgebung der Grundstücke sei geprägt durch eine Vielzahl landwirtschaftlicher Hofstellen und Tierhaltungsanlagen. Der Kläger sei früher selbst Landwirt gewesen und halte auch heute noch mehrere Ponys bzw. Pferde. Für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigung sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zu Grunde zu legen. Insofern erweise sich schon das Geruchsimmissionsgutachten vom 21. September 2009 als zutreffend. Eine rechtssichere Genehmigungserteilung sei unmöglich, wenn Antragsteller und Genehmigungsbehörde solche Erkenntnisse zu berücksichtigen hätten, die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch gar nicht vorgelegen hätten. Mithin müsse auch hinsichtlich des wissenschaftlichen Kenntnisstandes auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung abzustellen sein. Soweit neue wissenschaftliche Erkenntnisse weitergehende Maßnahmen bedingten, könnten diese durch eine nachträgliche Anordnung gemäß § 17 BImSchG getroffen werden.
34Jedenfalls auf der Grundlage der späteren Gutachten sei die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen auszuschließen: Landwirtschaftliche Gerüche i.S.d. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben i.S.d. § 201 BauGB. Auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien hierunter zu fassen. § 201 BauGB stelle eine rein planungsrechtliche Vorschrift dar. Eine Anknüpfung hieran im Rahmen der Geruchsbewertung sei nicht angezeigt. Zwar nehme die GIRL in Nr. 3.1 Bezug auf planungsrechtliche Kategorien, diese Anknüpfung erfolge aber in Anknüpfung an die Schutzwürdigkeit des Immissionsbelasteten. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit und den Belästigungsgrad spiele es keine Rolle, ob der Anlage viele oder wenige Flächen zugeordnet seien. Auch der Auslegungshinweis zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, enthalte einen generellen Verweis auf § 35 Abs. 1 BauGB, nicht nur auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Schließlich werde auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL unter dem Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Raum“ ausschließlich auf Tierhaltungsanlagen abgestellt.
35Die GIRL lege keine absolute Obergrenze von 0,25 fest. Schon bei unbeteiligten Dritten im Außenbereich sei ein Immissionswert von 0,25 zumutbar. Da die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL ausführten, dass bei benachbarten Tierhaltungsanlagen die Grenze der erheblichen Belastung deutlich über der bei unbeteiligten Dritten liege, könne keine starre Obergrenze von 0,25 angenommen werden. Bei der Bestimmung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung des Klägers nicht zu berücksichtigen. Andernfalls stünde die bei landwirtschaftlichen Betrieben häufig anzutreffende Eigenbelastung jeder Erweiterung eines Nachbarhofes, die mit einer nicht irrelevanten Erhöhung der Immissionen einhergehe, im Wege. Hier müsse auch Berücksichtigung finden, dass der Kläger nur Hobbytierhaltung betreibe, die die Entwicklung eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs nicht verhindern können dürfe. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, wie hoch der Beitrag des Vorhabens zu der Gesamtbelastung sei und welchen Immissionen sich der Kläger selbst aussetze. Die Wohnnutzung des Klägers sei nur wegen der zuvor betriebenen Landwirtschaft im Außenbereich genehmigungsfähig gewesen.
36Das Verwaltungsgericht habe schließlich den Einbau der Abluftbehandlungsanlage „Aerocleaner“ zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Die Angaben zur Wirksamkeit beruhten nicht nur auf den Angaben des Herstellers, sondern auf Messberichten, denen die maßgeblichen Informationen zu entnehmen gewesen seien. Die Nebenbestimmung in dem Nachtragsbescheid vom 28. April 2014 erweise sich als hinreichend bestimmt. Angesichts der vorgelegten Informationen sei der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Nebenbestimmung erfüllbar sei. Sollte sich dies später als unzutreffend herausstellen, könne der Beklagte auch andere Maßnahmen zur Immissionsminderung ergreifen.
37Der Beigeladene beantragt,
38das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
39Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen erster Instanz und schließt sich im Übrigen den Ausführungen des Beigeladenen an.
40Er beantragt,
41das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
42Der Kläger beantragt,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Zur Begründung weist er darauf hin, dass der angefochtene Bescheid schon aus formellen Gründen aufgehoben werden müsse. Die Unbestimmtheit der die Minderungsleistung des „Aerocleaners“ betreffenden Bedingung führe zur Rechtswidrigkeit sowohl des Ausgangs- wie auch des Änderungsbescheides. Unklar bleibe, wie die Geruchsreduzierung zu ermitteln und auf welcher Bemessungsgrundlage eine Minderung um 40 % zu erreichen sei. Gerade in dieser Hinsicht habe es einer genauen Festlegung bedurft, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten, welches eine Gesamtbelastung von 0,19 am Haus des Klägers ausweise, stelle keine auf der sicheren Seite liegende Prognose dar, da der Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ anders als in dem Gutachten nicht mit 40 % angesetzt werden könne. Eine Zertifizierung der Anlage liege nicht vor.
45Im Berufungsverfahren hat das LANUV NRW auf Ersuchen des erkennenden Gerichts zu seinem Geruchsimmissionsgutachten vom 4. Februar 2014 mit schriftlicher Stellungnahme vom 26. Mai 2015 ergänzend ausgeführt, die Vorbelastung an der Hofstelle des Klägers allein durch die westlich liegende Kläranlage betrage 0,001.
46Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung ‑ einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. ‑ wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
48Entscheidungsgründe:
49Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
50Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 2. September 2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. März 2013 und des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
51A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Zwar hat der Beklagte unstreitig die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG fehlerhaft berechnet und bekanntgemacht. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010. Nach den öffentlichen Bekanntmachungen konnten Einwendungen bis einschließlich 7. September 2010 erhoben werden. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG sieht vor, dass Einwendungen durch die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde erhoben werden können. Nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB endete die Einwendungsfrist damit erst am Mittwoch, den 8. September 2010.
52Hieraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
53vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174,
54führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat - vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten - am 6. September 2010 bei dem Beklagten schriftlich Einwendungen insbesondere zu der zu erwartenden Geruchsimmissionssituation angebracht. Diese verfolgt er im gerichtlichen Verfahren weiter. Hat ein Betroffener trotz Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also hier seine Einwendungen trotz fehlerhafter Berechnung des Endes der Einwendungsfrist innerhalb der Frist erhoben, hat die fehlerhafte Berechnung der bekanntgemachten Einwendungsfrist in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
55Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
56Dass der Kläger durch die Verkürzung der Einwendungsfrist gehindert gewesen wäre, seine Einwände vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
57B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
58Bei der durch den Beigeladenen geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 124.400 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
59Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage auftretenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei sind neben der eigenen Wohnung des Klägers auch die auf der ehemaligen Hofstelle u. a. durch Umbau einer Gerätehalle entstandenen fremdvermieteten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
60Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
61Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
62Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
63In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
65Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Beigeladenen als auch die ehemalige Hofstelle des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.4.).
66Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
67I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
68vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
69bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen (dazu 3.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen (dazu 4.).
701. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
71Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
72Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
73Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
74Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für die von ihm vermieteten Wohneinheiten geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
752. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
76Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
77kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
783. Für die Frage, welche Voraussetzungen Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsbetrieben zu erfüllen haben, damit sie in einer hinreichend sicheren Immissionsprognose Berücksichtigung finden können, fehlt es an spezifischen normativen Festlegungen. Hinsichtlich der Einhaltung der Betreibergrundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass die Genehmigung (nur) zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 ergebenden Pflichten erfüllt sind. Das hierin enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Sicherstellens“ bedeutet dabei nicht, dass keine auch nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf, weil etwa ein bestimmter Immissionswert gar nicht erreicht werden könnte. Risiken der Verletzung der Betreiberpflichten müssen vielmehr mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 = juris Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 12; enger Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 6 BImSchG Rn. 19 „eindeutig und ohne verbleibenden ernsthaften Zweifel“.
80Das hinnehmbare Maß an Prognoseunsicherheit hängt dabei von der Art der gefährdeten Rechtsgüter ab: Je höher deren Rang ist, desto unwahrscheinlicher muss das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen sein.
81Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 ‑ 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Dezember 2014, § 6 BImSchG Rn. 30.
82Auf dieser Grundlage ist es sachgerecht, mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass die Vermeidung erheblicher Geruchsimmissionen aufgrund der durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu erzielenden Minderung der Emissionen aus Tierhaltungsanlagen grundsätzlich dann i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, wenn deren Wirksamkeit dem Grunde und dem Grade nach unter Angabe der einzuhaltenden Einbau- und Betriebsparameter entweder durch Vorlage des Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen oder der Zertifizierung durch eine hierfür anerkannte Stelle nachgewiesen ist. Dies entspricht der in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 19. Februar 2013 - Aktenzeichen V 2 - (sog. Filtererlass) geltenden Verwaltungspraxis, die insoweit als sachgerecht anzusehen ist.
834. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
84a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
85Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
86Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
87Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
88Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
89Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
90b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
91Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
92Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
93Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
94Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
95Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
96Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
97Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
98Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
99Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
100Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
101c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Emissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
102aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
103Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
104Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
105In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
106bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem X. erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
107Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
108Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass etwa Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
109cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
110Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
111In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
112Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
113dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
114Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
115Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
116II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich des geplanten Vorhabens des Beigeladenen sowie des auf der Hofstelle T. geplanten Vorhabens nicht überschritten (dazu 2.).
1171. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls wie der landwirtschaftlichen Prägung und der früher bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
118Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der ehemaligen Hofstelle des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich befinden sich die Hofstelle R. mit insgesamt 2.000 Mastschweinplätzen nebst Güllelagerung, der C. (Hofstelle T.) mit 350 Mastschweinen nebst Güllelagerung und zwei Pferden, der E. (T.) mit 63 Pferden, der P. (Hofstelle U.) mit fünf Pferden, Haus C. (Hofstelle T.) mit derzeit 39.900 Masthähnchenplätzen sowie die Hofstelle des Beigeladenen mit derzeit ebenfalls 39.900 Masthähnchenplätzen. Insbesondere die Betriebe sowohl des Beigeladenen wie auch des Herrn T. weisen bisher ausreichend große landwirtschaftliche Flächen auf, so dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage möglich ist und sie somit Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB betreiben. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen - mit Ausnahme der derzeit zum Kiesabbau verwendeten Flächen - landwirtschaftlich genutzt.
119Der Kläger unterhielt bis ins Jahr 2005 und damit noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang auf seiner Hofstelle einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem er in etwa 200 Mastschweine, 60 Bullen und 20 Kühe hielt. Insbesondere die Haltung von Mastschweinen geht mit Geruchsemissionen einher, die geeignet sind, an der eigenen Hofstelle, aber auch in der näheren Umgebung nicht unwesentliche Geruchsimmissionen zu verursachen.
120In dieser Situation einer über lange Zeit bestehenden Vorprägung durch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe auf engem Raum und die damit einhergehende Prägung des Raumes durch Tierhaltungsgerüche besteht für den Kläger als ehemaligen Landwirt, der in der Vergangenheit die Geruchssituation mitgeprägt hat und von der wechselseitigen Rücksichtnahme profitiert hat, eine besondere, das Überschreiten der Grenze von 0,15 rechtfertigende Verpflichtung zur Hinnahme solcher Gerüche, die bis zu dem in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, genannten Wert von 0,25 reicht.
1212. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen überschreiten den Immissionswert von 0,25 nicht. Unter Einbeziehung auch des Vorhabens auf der Hofstelle T. ergibt sich ausweislich des Geruchsimmissionsgutachtens des LANUV NRW vom 4. Februar 2014 nebst den schriftlichen Erklärungen vom 26. Mai 2015 eine Gesamtbelastung an den Wohnungen auf der ehemaligen Hofstelle von 0,23 bezogen auf die Beurteilungspunkte BUP 2 und BUP 4. Das Immissionsgutachten setzt zu Recht die Geruchsemissionen masttagabhängig an (dazu a) und berücksichtigt die Abluftbehandlungsanlage nicht geruchsmindernd (dazu b).
122a) Das LANUV NRW hat in seinem Gutachten zu Recht die von der Geflügelmast ausgehenden Emissionen zeitreihenabhängig ermittelt. In Abweichung von dem Ansatz eines Emissionsjahresmittelwertes gemäß VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 setzt das Gutachten die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) an. Dies entspricht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft betreffend die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen und wird vom LANUV NRW allgemein als realistisch empfohlen.
123Vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 13.
124b) Entgegen der Ansicht des Beigeladenen findet der Einbau einer Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ weder in seiner Anlage noch in der auf der Hofstelle T. geplanten Anlage eine immissionsmindernde Berücksichtigung. Die Geruchsminderung durch den Einsatz der Anlage steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest (dazu aa). Sie kann auch nicht durch eine Nebenbestimmung zu dem Genehmigungsbescheid gesichert werden (dazu bb).
125aa) Eine Geruchsimmissionsprognose, die wie das durch den Beigeladenen vorgelegte Gutachten Nr. G-1276-04 des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 eine solche Minderung zu Grunde legt, ist nicht auf der sicheren Seite. Ihr Ergebnis wäre nicht geeignet, das Vorliegen erheblicher Geruchsbelastungen auszuschließen.
126Ob und in welchem Umfang eine Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ der Firma I. & M. GmbH & Co. KG eine Reduzierung der Geruchsemissionen herbeizuführen vermag, steht jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Juni 2012 enthält hierzu keinerlei Feststellungen, sondern gibt an, die Abluftreinigungsanlage zu berücksichtigen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung für den „Aerocleaner“ selbst nennt, unabhängig von der Frage, inwieweit unvalidierte Angaben des Herstellers überhaupt eine hinreichende Sicherheit zu bieten vermögen, keine Reduktionsrate. Der auf dem Internetauftritt der Herstellerfirma,
127www.hl-agrar.de/de/Gefluegel/Stalltechnik/AeroCLEANER
128abzurufende Produktflyer macht für die Geruchsimmissionsminderung lediglich die Angabe „ca. -40%“.
129Der „Aerocleaner“ ist für die Geflügelmast hinsichtlich der Geruchsreduzierung nicht zertifiziert. Insbesondere liegt keine Bestätigung einer positiven Eignungsprüfung durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) vor. Der von dem Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Messbericht der A. Ingenieurgesellschaft mbH erfüllt nicht die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten, welches die zu erwartende Minderung der Geruchsemissionen belegen soll. Dies folgt unmittelbar schon daraus, dass ausweislich des Messberichts (Ziffer 2.6) zur Minderung der Geruchsemissionen das „LUBING Top Klima System“ der LUBING GmbH & Co. KG (Pumpentyp Eco 250) zum Einsatz gekommen ist. Dass dieses identisch mit dem System „Aerocleaner“ ist, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird von dem Beigeladenen auch nicht geltend gemacht. Eine allein vergleichbare Art der Wirkung genügt nicht. Weiterhin handelt es sich erkennbar nicht um ein umfassendes Gutachten, sondern nur um einen Messbericht, welcher unter Ziffer 6.1 lediglich ausführt, nach den Betreiberangaben seien die Betriebsbedingungen repräsentativ gewesen. Wesentliche Angaben des Berichts sind geschwärzt, so der Auftraggeber, die Bearbeiter, der Standort, die Messzeit und die Angaben zu den Messstellen. Ebenfalls geschwärzt sind die gesamten Einzelergebnisse der olfaktorischen Messungen. Lediglich wird unter Ziffer 6.2 der mittlere Wirkungsgrad dieser Anlage mit 64,8 % angegeben.
130Im Gegenteil weisen die von dem Beigeladenen im Rahmen des Änderungsantrags vom 28. Dezember 2012 vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass diese Anlage nicht sicher geeignet ist, eine Minderung der Geruchsbelastung von stets mindestens 40 % herbeizuführen. Ausweislich der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Emissionsmessungen von Staub und Geruch im Rahmen der Diplomarbeit der Frau S. an der Universität Bonn soll zwar eine durchschnittliche Minderungsleistung von 48,57 % gegeben sein. Die Messung 3 ergibt aber lediglich eine Minderung von 28,6%. Auch wird in der Zusammenfassung angeben, die Geruchsminderungsleistung sei angesichts der stark schwankenden Messergebnisse weiter zu validieren.
131bb) Die Einbeziehung einer Geruchsminderungsleistung durch das System „Aerocleaner“ wird auch nicht dadurch erreicht, dass der Beklagte in dem Nachtrag vom 28. April 2014 den Betrieb unter die Bedingung gestellt hat, dass in den Stallungen das „Aerocleaner“-System installiert ist und betrieben wird, und der „Aerocleaner“ in allen drei Stallungen (BE I.1, BE I.2 und BE I.3) mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielt.
132Ob sich die Bedingung deshalb gegenüber dem Kläger als rechtswidrig erweist, weil sie hinsichtlich der Bestimmung der Geruchsbelastung in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt ist,
133vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44,
134kann vorliegend offenbleiben, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Für eine mangelnde Bestimmtheit spricht, dass aus dem letzten Satz der Bedingung Nr. 4 nicht hervorgeht, ob sich die angeordnete Reduzierung auf die Geruchsimmissionen (z.B. die Zusatzbelastung in Jahresgeruchsstunden) oder auf die Geruchsemissionen (z.B. Geruchseinheiten je Zeiteinheit) bezieht.
135Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Bedingung Nr. 4 nicht geeignet, die Reduzierung der Geruchsbelastung um mindestens 40 % - unter Außerachtlassung der maßgeblichen Bezugsgröße - sicherzustellen. Eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen darf nicht durch den Erlass einer Nebenbestimmung umgangen werden. Die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte muss vielmehr effektiv sichergestellt sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Genehmigungsbehörde bei der Anordnung von Nebenbestimmungen aufgrund ihrer Erfahrungen oder aufgrund sachverständiger Stellungnahmen davon ausgehen darf, dass die Geruchsbegrenzung realistisch und durch eine technisch machbare Einrichtung zur Begrenzung zu erreichen ist.
136Vgl. Mann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 12 BImSchG Rn. 153; vgl. zur Immissionsreduzierung durch technische Anlagen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 8 A 2894/12 -, juris Rn. 29.
137Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist das von der Beklagten in der Bedingung Nr. 4 formulierte Erfordernis der dauerhaften Geruchsreduzierung um mindestens 40 % nicht hinreichend sicher erreichbar. Allein die Möglichkeit der Erreichung eines solchen Wertes genügt nicht.
138Soweit der Beigeladene einwendet, für den Fall der Nichteinhaltung der Minderungsrate seien nachträgliche Anordnungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG möglich, greift dies schon deshalb nicht durch, weil die Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 6 Abs. 1 BImSchG sowohl für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme wie auch für die Dauer des Betriebs gewährleistet sein muss.
139Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15.
140Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
141Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
142Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks C.------allee 3 (Gemarkung I. , Flur 12, Flurstück 937), die Klägerin zu 2. betreibt auf diesem Grundstück seit vielen Jahren - der Kurbetrieb an dieser Stelle geht bis ins Jahr 1713 zurück - eine Kurklinik, die X. . Im Zentrum der angebotenen Therapieleistungen steht die orthopädische Rehabilitation. Das Kurgelände umfasst das Flurstück 937, das im Süden von der Straße Auf dem C1. begrenzt wird und auf dem das Klinikgebäude steht sowie der eigentliche Kurgarten angelegt ist. Zu dem Kurgelände zählt darüber hinaus das sich südlich der Straße Auf dem C1. anschließende ausgedehnte, ca. 41.000 m² große Flurstück 139/46, das Herrn G. I1. - einem der Geschäftsführer der Klägerinnen - persönlich gehört. Wie die Klägerinnen dem Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 erläutert haben, beherbergt das Flurstück 139/46 den sog. M. , der für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen ist. Dafür sind im Inneren des M1. Wege freigemäht, die einen Rundweg bilden. Ansonsten ist der M. von hohen Bäumen umstanden.
3Das Kurgelände befindet sich im Stadtteil C2. I. der Stadt Q. P. , den das Land Nordrhein-Westfalen als Heilbad anerkannt hat. Das Kurgelände liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der Flächen-nutzungsplan der Stadt Q. P. stellt die Flurstücke 937 und 139/46 als Sondergebiet „Kur“ dar. Das Kurgelände ist von der geschlossenen Bebauung des Ortsteils abgesetzt und - wie der Ortstermin vom 18. September 2012 bestätigte - größtenteils von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. Am 26. Mai 2010 beschloss der Rat der Stadt Q. P. eine am 26. Juni 2010 öffentlich bekannt gemachte Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ im Stadtteil C2. I. . Mit Beschluss vom 13. Juni 2012 wurde die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert. Der avisierte Geltungsbereich des Bebauungsplans schließt u. a. die Kurklinik der Klägerinnen mit dem M. ein. Zwischenzeitlich ist die Veränderungssperre ausgelaufen.
4Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks E. Straße 9 (Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 1307; im Folgenden: Vorhabengrundstück). Dieses liegt in den nördlichen Ausläufern des X1. südwestlich des Kurgeländes in einer Luftlinienentfernung von etwa 600 m. Auf dem Vorhabengrundstück existiert ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die - zur Zeit an einen Dritten, den Landwirt L. , verpachtete - Hofstelle umfasst ein Wohnhaus und im Bestand zwei Ställe mit zur Zeit insgesamt 140 Jung- und Mastbullen.
5Am 13. Mai 2009 stellte die Beigeladene bei dem Beklagten einen Bauantrag auf Erweiterung der Hofstelle um einen Bullenmaststall, den sie unter dem 7. Oktober 2009 namentlich hinsichtlich des Standorts des neuen Stalls (mit 285 Plätzen) neu fasste. Im Lauf des Genehmigungsverfahrens äußerte sich die Beigeladene zu der betrieblichen Situation der Hofstelle wie folgt: Sie selbst bewirtschafte mit ihrem Ehemann einen (reinen Pacht-)Betrieb in T. mit etwa 450 Bullen. Der Hof in I. gehöre ihr seit fast zwei Jahren, nachdem sie mit ihrer Mutter einen Übergabevertrag geschlossen habe. Unter dem 16. Oktober 2007 habe die Landwirtschaftskammer NRW festgestellt, dass an der Hofeigenschaft kein Zweifel bestehe. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - M2. habe den Übergabevertrag mit Beschluss vom 22. August 2008 genehmigt. Bis 1998 habe ihr verstorbener Vater den Betrieb bewirtschaftet. Nach seinem Tod seien die Rinderhaltung fortgeführt und die Stallungen dazu verpachtet worden. Grund für die nun projektierte Baumaßnahme sei die Dringlichkeit, die vorhandene Rinderhaltung der allgemein notwendigen Entwicklung anzupassen und weiter zu entwickeln, um den landwirtschaftlichen Betrieb für die Zukunft attraktiv und konkurrenzfähig zu gestalten. Einer ihrer Söhne - insbesondere N. , der sich zum Landwirt ausbilden lasse - solle den Hof weiterführen. Sie, die Beigeladene, habe 59,42 ha Betriebsfläche als Eigentum (20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 6,85 ha sonstige landwirtschaftliche Nutzfläche, 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen). Gepachtet habe sie 6,85 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 1,82 ha sonstige Flächen. Sie bewirtschafte davon 20 ha Ackerland, 9,5 ha Grünland, 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 21,25 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche, also in der Summe 50,75 ha. Ihr Ziel sei, die Eigentumsnutzfläche auf 64,12 ha zu erweitern und 4,95 ha hinzuzupachten. 8,67 ha wolle sie weiterhin verpachten. Insgesamt wolle sie mithin in Zukunft eine Fläche von 60,40 ha bewirtschaften. Die angestrebte Pachtdauer über die zuzupachtende Fläche von 4,95 ha belaufe sich auf bis zu 18 Jahre. Die Beigeladene legte weiterhin einen „Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger“ vom 20. November 2009 vor. Darin verpflichtete sich der Abnehmer X2. L. , der Beigeladenen jährlich Wirtschaftsdünger zur landwirtschaftlichen Verwertung abzunehmen. Der Vertrag wurde beginnend ab Inbetriebnahme der Stallungen geschlossen. Er ist nicht befristet.
6Am 29. Dezember 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung zur Errichtung eines (dritten) Bullenmaststalls, Strohlagers, Fahrsilos, Erdwalls und einer Dungplatte auf dem Vorhabengrundstück. Am 6. Oktober 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die entsprechende Baugenehmigung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Baugenehmigung sind diverse Nebenbestimmungen beigefügt. U. a. sieht die Nebenbestimmung M.03 vor, dass der Bauherr bzw. Landwirt verpflichtet ist, dem Beklagten erloschene oder geänderte Abnahmeverträge unmittelbar vorzulegen, soweit sie die Vertragsverhältnisse über die landwirtschaftliche Verwertung des aus der Bullenmast anfallenden Wirtschaftsdüngers ändern. Nach der Nebenbestimmung zum Immissionsschutz UWS 1 darf in den Fahrsilos nur Trockensilage gelagert werden. Von den zwei Fahrsilos darf zeitgleich nur eines geöffnet sein. Die Nebenbestimmung UWS 2 schreibt vor, dass die Entnahmefläche regelmäßig von Silageresten zu säubern ist. Sobald die Entnahme von Silage beendet ist, ist das geöffnete Fahrsilo umgehend wieder zu schließen, so dass keine unnötigen Immissionen aus dem Fahrsilo austreten können. Das Geruchsgutachten des Sachverständigenbüros für Schall und Geruch M3. vom 14. Oktober 2009 sowie die Ergänzung vom 5. August 2010 sind Bestandteil der Antragsunterlagen (Nebenbestimmung UWS 3). Beide Gutachten sind grüngestempelt.
7Das Geruchsgutachten vom 14. Oktober 2009 geht davon aus, dass die Hofstelle der Beigeladenen an deren Sohn N. übergeben werden solle. Zu diesem Zweck sei ihre Weiterentwicklung vorgesehen. Durch den Neubau eines Rindermaststalls mit 285 Plätzen solle der Tierbestand auf 425 Mastplätze erhöht werden. Mit dem Neubau seien Rückbaumaßnahmen verbunden. Zur Sicherung der Futtergrundlage sei die Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage geplant. Die Emissionsdaten zur Zusatz-, Vor- und Gesamtbelastung setzten sich wie folgt zusammen: Der neue Bullenmaststall auf dem Vorhabengrundstück solle ein 51 m langer und 32 m breiter Außenklimastall mit einer Firsthöhe von ca. 8 m werden. Dem Stand der Technik entsprechend sei er mit einer Traufe-/First-Lüftung geplant. Der Frischlufteintritt erfolge über die seitlich geöffneten Außenwände. Die Stallabluft werde über den Dachfirst (Pultdach) abgeführt. Im Mittelschiff des Stalls stünden die 285 Mastbullen (jünger als 24 Monate, Lebendgewicht 450 kg bis 600 kg; Geruchsstoffstrom 7,18 MGE/h) auf unterkellerten Spaltenböden. Der anfallende Festmist werde auf einer neu zu errichtenden Platte bis zur Ausbringung auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen zwischengelagert. Das vorhandene Fahrsilo werde aufgrund der erhöhten Tierplätze auf ca. 42 m x 15 m erweitert. Zur Sicherung der Futtergrundlage solle ein zusätzliches Fahrsilo (50 m x 12,5 m) errichtet werden. In den vorhandenen Ställen 1 und 2 sollten nach Abschluss der Baumaßnahmen jeweils 70 Jungbullen (älter als zwölf Monate, Lebendgewicht 150 kg bis 450 kg; Geruchsstoffstrom jeweils 0,76 MGE/h) gehalten werden.Stall 1 sei ebenfalls mit einer Traufe-/First-Lüftung ausgestattet, Stall 2 mit einer Fenster-/Tür-Lüftung. Beide Stallsysteme entsprächen ebenfalls dem Stand der Technik. Die bestehenden Stallungen seien mit Güllelagern unterkellert. Der vorhandene ungenutzte Güllehochbehälter werde wie ein Teil der Wirtschaftsgebäude zurückgebaut. Im Beurteilungsgebiet (Umkreis 600 m) befänden sich weitere landwirtschaftliche Betriebe: Die unmittelbar benachbarte Hofstelle N1. X3. (E. Straße 7) sei ein Obstbaubetrieb und geruchstechnisch irrelevant. Auf dem dem Vorhabengrundstück nördlich gegenüber liegenden Grundstück E. Straße 40 sei die Hofstelle C3. ansässig. Neben dem „Hotel M4. C3. “ finde im landwirtschaftlichen Teil der Gebäude eine Schweinehaltung mit 160 Zuchtsauen und Ferkeln statt (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h). Die erzeugten Ferkel würden nach vier bis fünf Wochen mit einem Gewicht von ca. 7,5 kg von der Muttersau getrennt und in der Regel an Mastbetriebe verkauft. Die Hofstelle L1. X3. auf dem Grundstück E. Straße 32 diene nur noch als Pferdepension für ca. sechs bis zehn Gästepferde. Der Landgasthof L2. auf dem Grundstück E. Straße 5 sei eine ehemalige Hofstelle. Als Ermittlungs- und Berechnungsgrundlage des Geruchsgutachtens diene die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von Oktober 2008. Zur Ermittlung der Geruchshäufigkeiten sei das Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 verwendet worden. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Daten der Wetterstation P2. werde herangezogen. Die rechnerisch ermittelte Anemometerhöhe im Rechengebiet liege bei 10,3 m über Geländeniveau. Die programmintern berechnete Rauhigkeitslänge betrage 0,05 m. Nach erfolgter Ausbreitungsrechnung werde eine Beurteilung der Geruchssituation gemäß der GIRL vorgenommen. Dabei seien Gewichtungsfaktoren für einzelne Tierarten - Mastschweine, Sauen: 0,75, Rinder: 0,50 - berücksichtigt worden. Die Darstellung der Ergebnisse erfolge flächendeckend als farbige Rasterkarte und als Rasterkarte mit der Angabe der zu erwartenden prozentualen Häufigkeit als Zellenwert. Die Rasterkarte der belästigungsrelevanten Geruchshäufigkeiten ergibt für das gesamte Kurklinikgelände der Klägerinnen einschließlich des M1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit bis zu 0,06/6 %.
8Der in der Nebenbestimmung UWS 3 weiterhin in Bezug genommenen Ergänzung des Geruchsgutachtens vom 5. August 2010 ging eine Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) vom 23. Juni 2010 voraus, das der Beklagte hinzugezogen hatte: Die Emissionssituation sei - so das LANUV NRW - im Gutachten vom 14. Oktober 2009 plausibel dargestellt. Der Gutachter habe die Einzeltiermassen nachvollziehbar der Tabelle 10 der TA Luft entnommen. Das Vorgehen sei auch hinsichtlich der verwendeten Geruchsemissionsfaktoren akzeptiert. Die Verwendung des Ausbreitungsmodells AUSTAL2000 zur Erstellung der Immissionsprognose sei GIRL-konform. Die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. auf den Anlagenstandort sei klärungsbedürftig. Die Verwendung des diagnostischen Windfeldmodells TALdia zur Berücksichtigung der Geländeunebenheiten sei TA Luft-konform. Die verwendete Qualitätsstufe +1 sei sachgerecht. Die eingesetzte Rauhigkeitslänge von 0,05 sei plausibel - sie ergebe sich im Ausbreitungsmodell AUSTAL2000 automatisch als für bewässerte Ackerflächen typisch - ebenso die Modellierung der Quellen als vertikale Linienquellen. Da der Anlagenstandort sich am Nordhang des X1. befinde, sei möglicherweise eine Vergrößerung des Rechengebiets über das vorgeschriebene Maß notwendig, um den Einfluss des X1. auf das Windfeld zu erfassen. Aufgrund des Vorhabenstandorts sei das Auftreten von Kaltluftabflüssen möglich. Eine Betrachtung dieser Kaltluftabflüsse fehle bisher. Im Gutachten solle eine ausführliche Beschreibung des festgelegten Anemometerstandorts mit kritischer Betrachtung erfolgen. Eine Nachfrage des LANUV NRW habe jedoch ergeben, dass der Gutachter als Anemometerstandort den höchsten Punkt im Rechengebiet gewählt habe. Dies sei plausibel. Die DWD-Wetterstation mäßen die Windgeschwindigkeit standardmäßig in einer Höhe von 10 m. Der Gewichtungsfaktor von 0,5 für die Bullenmast entspreche nicht der GIRL. Danach wäre der Faktor 1,0 korrekt. Die Güllelagerung unter dem Stall werde mit dem Geruchsemissionsfaktor der darüberstehenden Tiere berücksichtigt. Dabei sei nicht relevant, wann und wie oft der Keller entleert werde. Ob die Vorbelastung hinreichend erfasst worden sei, lasse sich vom LANUV NRW nicht beurteilen.
9In seiner Ergänzung vom 5. August 2010 - vorangegangen war noch eine Berechnung vom 20. Juli 2010 mit Daten der Wetterstation E1. - legte der Gutachter M3. mit Blick auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 23. Juni 2010 dar, die Daten der Wetterstation P2. würden unverändert im Einvernehmen mit der zuständigen Fachbehörde als repräsentativ für den Vorhabenstandort angesehen. In Ergänzung zu den vorliegenden Berechnungsergebnissen werde auf Anregung des LANUV NRW die Größe des Rechnungsgitters erweitert, um den Einfluss des X1. auf die Windfeldbibliothek zu erfassen. Somit würden die Einflüsse des X1. hinsichtlich der Strömungsverhältnisse erfasst. In einem erneuten Rechengang sei der Gewichtungsfaktor 1,0 für die reine Bullenmast eingestellt worden. Kaltluftabflüsse seien nicht zu berücksichtigen. Unter Beachtung der Umstände in der näheren Umgebung - keine Tallage im klassischen Sinn mit einem Flussverlauf; die Höhendifferenz betrage bei einer Entfernung von 600 m gerade einmal 30 m (5 % Gefälle) - könnten diese als vernachlässigbar eingestuft werden. Überdies sei die Bodenrauhigkeitslänge im vorliegenden Fall nicht gering. Die Neuberechnung vom 5. August 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass auf dem Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung von maximal 0,06/6 % der Jahresstunden erreicht werde. Die Geruchsbelastung im M. (Flurstück 139/46) bewege sich in dessen Südhälfte zwischen 0,10/10 % und in der Spitze in der südwestlichsten Ecke 0,16/16 %.
10Am Genehmigungsverfahren hatte der Beklagte Nachbarn und Träger öffentlicher Belange beteiligt:
11Die Klägerin zu 2. erhob mit Schreiben vom 17. Juli 2009 Einwände. Die durch das beantragte Vorhaben zu erwartende Geruchsbelastung lasse eine Beeinträchtigung des Kurbetriebs befürchten, der vor Ort ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sei. Unter dem 14. Februar 2010 vertieften beide Klägerinnen ihre Einwendungen.
12Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 wandten sich die Betreiber des „Hotels M4. C3. “ (E. Straße 40) gegen das Vorhaben. Sie trugen vor, sie hätten sich vor einigen Jahren entschlossen, nicht in die Erweiterung der Landwirtschaft zu investieren, sondern in den Hotel- und Gastronomiebereich. Sie betrieben seit sechs Jahren ein kleines Hotel mit Gastronomiebetrieb. Die vorhandenen Zimmer seien renoviert und saniert worden. Durch die beantragte Genehmigung zusätzlicher Bullenmastplätze sähen sie ihre Existenz gefährdet.
13Genehmigungsrechtlich stellt sich das Anwesen C3. nach den von dem Beklagten überreichten Bauakten so dar: Am 22. September 1981 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht auf dem Grundstück Gemarkung I. , Flur 11, Flurstück 852 (E. Straße 40). In der genehmigten Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, der neue Stall sei für 50 Sauen eingerichtet. Für den Abferkelvorgang seien vier Abteile mit je acht Abferkelbuchten geplant. In den genehmigten Bauvorlagen heißt es zum maximal möglichen Viehbestand für den ersten Stallbereich: tragende Sauen 50 Stück, Jungsauen zwölf Stück, Zuchteber zwei Stück und für den zweiten Stallbereich: Zuchtsauen mit Ferkeln 32 Stück. Am 18. Mai 2004 erteilte der Beklagte Herrn L1. C3. eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des Pensionsteils auf dem Grundstück E. Straße 40 als Nachtrag zu einem Bauschein vom 14. Juni 2002. Danach wurde das an den Stall angebaute Wohngebäude in einen Hotelbetrieb umgebaut. Zur Erläuterung dieses Bauvorhabens war ausgeführt worden, Herr C3. betreibe unter dem Stichwort „Urlaub auf dem Bauernhof“ im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs einen Pensionsbetrieb. Die Gästezimmer und Versorgungsräume sollten modernisiert und erweitert werden.
14Unter dem 3. November 2009 teilte die Bezirksregierung Detmold dem Beklagten mit, § 3 Nr. 2 des Kurortegesetzes NRW (KOG) fordere den Schutz des Kurgebiets, der Gesundheitseinrichtungen, des Erholungswerts und der therapeutischen Möglichkeiten vor schädlichen Einwirkungen. Vor diesem Hintergrund werde angeregt, im Genehmigungsverfahren für den geplanten Bullenmaststall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Schutz des Kurgebiets zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass auch künftig die Voraussetzungen für das Prädikat „I2. “ und einen erfolgreichen Betrieb der Gesundheitseinrichtungen gegeben seien.
15Mit Schreiben vom 11. November 2009 teilte die Landwirtschaftskammer NRW dem Beklagten mit, dass die Beigeladene mit ihrem Ehemann in T. einen landwirtschaftlichen Betrieb führe, auf dem 450 Mastbullen und 2.500 Mastschweine gehalten würden. Für diesen Betrieb könne nicht eingeschätzt werden, ob er rein landwirtschaftlich oder zum Teil gewerblich genutzt werde, da genaue Betriebsdaten fehlten. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass in I. ein eigenständiger Betrieb aufgebaut werden solle. Dabei würden die bisherigen Aussagen gelten, wenn gewährleistet sei, dass die Eigentumsflächen wieder in Eigenbewirtschaftung genommen würden und entsprechend Pachtflächen hinzu kämen. Um bei einer Bullenplatzzahl für 425 Tiere die überwiegende Futtergrundlage bereitstellen zu können, müssten knapp 40 ha landwirtschaftliche Fläche selbst bewirtschaftet werden. Diese Flächen reichten allerdings nicht, um die anfallenden organischen Dünger sinnvoll auszubringen. Es seien daher entsprechende Abnahmeverträge erforderlich. In ihrer Stellungnahme vom 1. Dezember 2009 ergänzte die Landwirtschaftskammer NRW, die Beigeladene habe die fehlende eigene Ausbringungsfläche kompensiert, indem sie den vorgelegten Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger abgeschlossen habe. Darüber würden so viel Nährstoffe abgegeben, dass die geforderte sinnvolle Ausbringung gewährleistet sei. Der Abnahmevertrag sei auf unbestimmte Zeit vereinbart, da mit der Beendigung der Flächenpachtverhältnisse mit dem noch nicht präzise festzulegenden Datum des Eintritts des Sohnes N. in den Betrieb auch der Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger beendet werden könne. Die in der Stellungnahme vom 11. November 2009 geforderten knapp 40 ha selbstbewirtschafteter Fläche seien nachgewiesen.
16Die Klägerinnen haben am 28. April 2010 Klage erhoben, die sie am 19. November 2010 auf die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 erstreckt haben. Die Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 31. März 2010 zugestellt, die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 am 21. Oktober 2010.
17Zur Begründung haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen:
18Das Vorhaben der Beigeladenen sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es fehle die hinreichende Futtergrundlage für eine Bullenhaltung mit 425 Mastplätzen. Dafür müsse die Beigeladene ca. 40 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. Nach den Bauantragsunterlagen verfüge der Betrieb der Beigeladenen zur Zeit aber nur über 29,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Die von der Beigeladenen erhoffte Flächenausweitung sei unklar und ungesichert. Des Weiteren würden die dem früheren Betrieb zugewiesenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Stallgebäude nicht von der Beigeladenen, sondern von einem Pächter genutzt, der außerdem einen weiteren Betrieb bewirtschafte. Das Wohngebäude werde von der Mutter der Beigeladenen bewohnt. Die Hofstelle sei keine geschlossene Betriebseinheit. Das Vorhaben weise nicht die notwendige Nachhaltigkeit auf. Der Hinweis, in Zukunft wolle der Sohn der Beigeladenen den Betrieb übernehmen, sei zu unspezifisch. Der vorlegte Abnahmevertrag über Wirtschaftsdünger gewährleiste in keiner Weise, dass der Wirtschaftsdünger durch den Abnehmer tatsächlich abgenommen werde. Unklar sei auch, für welchen Zeitraum dieser Vertrag geschlossen sein solle. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, wie sie den anfallenden Wirtschaftsdünger entsorgen wolle. Dies sei aber auch für die Frage der Beurteilung der Geruchsimmissionen von entscheidender Bedeutung. Das Vorhaben sei mit Blick auf die Veränderungssperre für den Bereich des neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 „I2. P1. “ nicht mehr genehmigungsfähig. Das Vorhaben der Beigeladenen lasse sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vereinbaren. Dieser stelle die Kurklinik als Kurgebiet dar. Das genehmigte Vorhaben rufe in Bezug auf den Kurbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen in der Gestalt von Geruchsimmissionen hervor. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten M3. sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Der von dem Gutachter angesetzte Immissionswert von 0,06/6 % der Jahresstunden sei zu hoch. Die Kurklinik sei von einem Kurpark umgeben. Dieser diene dem Aufenthalt von Menschen und sei schutzwürdig. Die Klinik werde erheblich nachteilig betroffen. Die zu erwartenden erheblichen Geruchsimmissionen würden unmittelbaren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kurgäste und damit den Erholungswert haben, den die Kurklinik bieten könne. Dies werde den wirtschaftlichen Erfolg des Kurbetriebs negativ beeinflussen. Der angesetzte Immissionswert werde auch nach den neueren Berechnungen des Gutachters eindeutig überschritten. Im Kurgebiet selbst würden - gerade in den Bereichen, die von den Kurgästen zur Erholung genutzt werden - Geruchsstundenhäufigkeiten von über 0,20/20 % prognostiziert. Im Bereich der Kurklinik betrage die Geruchsstundenhäufigkeit immer noch 0,03/3 % bis 0,06/6 % der Jahresstunden. Das Gutachten M3. mache zum Weiteren keine Angaben dazu, in welcher Form die Bullenmast betrieben werden solle und wie alt die aufgestallten Tiere seien. Er habe andere relevante Emissionsquellen nicht bzw. nicht richtig berücksichtigt. Bei der Pferdepension X3. bleibe unklar, wie viele Pferde auf der Hofstelle aufgrund der einschlägigen Baugenehmigung gehalten werden dürften. Auch für die Hofstelle C3. sei nicht geprüft worden, ob aufgrund von Baugenehmigungen Tierhaltung zulässig sei. Für die richtige Berechnung der Vorbelastung sei allein entscheidend, in welchem Umfang der jeweilige landwirtschaftliche Betrieb Immissionen erzeugen dürfe. Der Umstand, dass auf dem Hof C3. noch eine Pension betrieben werde, besage nichts darüber, in welchem Ausmaß die Schweinehaltung Immissionen erzeuge. Der Gutachter M3. gebe an, auf der Hofstelle C3. würden 160 Zuchtsauen und Ferkel gehalten. Im Gutachten gehe er von lediglich 60 Sauen und 100 Abferkelbuchten aus. In einem Sauenbetrieb seien aber auch die Plätze für Jungsauen, die Ferkelaufzuchtplätze sowie die Eberplätze zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen. Die angesetzte Bodenrauhigkeit von 0,05 m werde von dem Gutachter M3. nicht weiter erläutert. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Bodenverhältnisse hätte ein Wert von 0,20 m zugrunde gelegt werden müssen. Für die Silage und die Mistplatte hätte ein Hedonikfaktor von 1,0 angesetzt werden müssen. Die neuen Fahrsilos habe das Gutachten bei der Ermittlung der Immission nicht berücksichtigt. Es sei unklar, ob und inwieweit der Gutachter die Güllelagerung berücksichtigt habe. Die Wetterdaten der Station P2. seien auf den Vorhabenstandort nicht übertragbar. Die Anemometerhöhe sei unzutreffend angegeben worden. Das LANUV NRW sei in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2010 zu dem Ergebnis gekommen, dass der größte Teil ihrer, der Klägerinnen, Argumente zutreffend sei. Die ergänzende Stellungnahme vom 5. August 2010 sei nicht geeignet, die Einwände auszuräumen. Dazu werde auf eine geruchstechnische Stellungnahme des Sachverständigenbüros S. und I. vom 19. November 2010 verwiesen. Diese Stellungnahme weise nach, dass die Ausführungen des Gutachters M3. im Hinblick auf die Rauhigkeit, den Gewichtungsfaktor für Silage und Mistplatte, die Wetterdaten sowie die Anemometerhöhe der Wetterstation P2. nach wie vor fehlerhaft seien. Die weitere gutachterliche Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 bestätige die Fehlerhaftigkeit der Geruchsimmissionsprognose M3. .
19Die Klägerinnen haben in der Sache beantragt,
20die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte hat im Kern dies vorgetragen: Das genehmigte Vorhaben diene einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dies habe die Landwirtschaftskammer NRW in ihren Stellungnahmen bestätigt und ergebe sich auch aus den Angaben der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu Lasten der Klägerinnen liege nicht vor. Dies stellten u. a. die Nebenbestimmungen UWS 1 und UWS 2 hinsichtlich der Fahrsilos sicher. Das Geruchsgutachten M3. sei plausibel. Der Gutachter habe die Geruchsvorbelastung durch die Hofstelle C3. nicht unterschätzt. Diese liege auf der sicheren Seite. In den Bauakten zur Hofstelle C3. zur Erweiterung eines Stallgebäudes für die Schweinezucht aus dem Jahr 1981 - dem letzten genehmigten Bauvorhaben zur Tierhaltung auf der Hofstelle - werde ein etwas kleinerer Tierbestand als künftiger Zielbestand angegeben. Der Eigentümer der Hofstelle habe in einem bei dem Beklagten anhängigen Baugenehmigungsverfahren in seiner Betriebsbeschreibung vom 29. November 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück angegeben, der nicht weiter gesteigert werden solle. Zu der ergänzenden Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 sei anzumerken, dass der auf der Hofstelle C3. maximal mögliche Schweinebestand durch die Gesamtgröße der Stallungen, die vorhandenen Güllekapazitäten sowie tierschutzrechtliche Anforderungen begrenzt werde. Anhaltspunkte dafür, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden oder zukünftig gehalten werden könnten, lägen nicht vor. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung habe das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln gemeldet. Hinzu komme, dass auf der Hofstelle eine Pension betrieben werde, deren Erweiterung im Jahre 2002 genehmigt worden sei. In der Beschreibung dieser Baumaßnahme sei ausgeführt worden, es sei dazu erforderlich, den landwirtschaftlichen Teil geringfügig einzuschränken und den Übernachtungs- und Beherbergungsteil auszubauen.
24Die Beigeladene hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt. Sie hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
25Der Beklagte und die Beigeladene haben sich zudem auf ergänzende Stellungnahmen des Gutachters M3. berufen. Unter dem 24. Dezember 2010 führte der Gutachter M3. - veranlasst durch die Stellungnahme von S. und I. vom 19. November 2010 - aus, die Rauhigkeitslänge der Geländeoberfläche betrage im maßgeblichen Bereich eindeutig 0,05 m. Für den landwirtschaftlichen Betrieb C3. habe er insgesamt 160 Sauenplätze zugrunde gelegt. Diese Angabe stamme von Herrn C3. persönlich. Eine Überprüfung vor Ort habe nicht stattgefunden. In der Nachbetrachtung der geruchstechnischen Untersuchung seien alle Quellen der Hofstelle der Beigeladenen den Vorgaben des LANUV NRW entsprechend mit einem Gewichtungsfaktor f = 1,0 (bzw. ohne Gewichtungsfaktor) gerechnet worden. Zur Fütterung der Tiere werde aus vielerlei Gründen grundsätzlich nur eines der Fahrsilos mit Maissilage angeschnitten. Dies sei entweder das bestehende oder das neue Fahrsilo. Nur die Anschnittfläche des Fahrsilos stelle eine relevante Geruchsquelle dar. Die Verwendung der meteorologischen Daten der Wetterstation P2. sei mit dem Beklagten abgesprochen. Die Anemometerhöhe von 10,3 m habe AUSTAL 2000 standardmäßig festgelegt. Das LANUV NRW habe dies als plausibel eingestuft.
26In einer weiteren ergänzenden Geruchsimmissionsberechnung vom 25. September 2011 ging der Gutachter M3. auf die Stellungnahme von S. und I. vom 19. April 2011 ein: Weiterhin bestünden keine Zweifel an der verwendeten Rauhigkeitslänge. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand seien die Wetterdaten der Station P2. für den Vorhabenstandort repräsentativ. Im Übrigen wiesen die Windrosen der Wetterstationen P2. , C2. T. und E1. hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung keine signifikanten Abweichungen auf. Unter Einbeziehung folgender Randbedingungen sei eine erneute Ausbreitungsrechnung durchgeführt worden: aktives Fahrsilo im südlichen Hofbereich, Rauhigkeitslänge 0,20 m und Anemometerhöhe 19,20 m. Ergebnis dessen ist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) eine Geruchsbelastung bis zu einem Immissionswert von 0,05/5 % und für das Flurstück 139/46 südlich der Straße Auf dem C1. - den M. - eine Geruchsbelastung von im Wesentlichen bis zu 0,10/10 %. Lediglich in der äußersten südwestlichen Ecke dieses Flurstücks soll sich die Geruchsimmissionsbelastung auf voraussichtlich maximal 0,12/12 % belaufen.
27Mit Urteil vom 4. Oktober 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerinnen sei nicht festzustellen. Schädliche Umwelteinwirkungen infolge der genehmigten Erweiterung der Bullenmast seien für das Betriebsgrundstück des Kurbetriebs nicht zu erwarten. Auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsgutachtens sei davon auszugehen, dass im Bereich des Kurbetriebsgebäudes einschließlich des umgebenden Kurparks nördlich der Straße Auf dem C1. eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von maximal 0,06/6 % sowie im Bereich des südlichen Kurparks - mit Ausnahme einer stärker belasteten Teilfläche geringfügigen Ausmaßes - von maximal 0,10/10 % zu erwarten sei. Die zugrunde liegende Ausbreitungsberechnung werde durch die Einwendungen der Klägerinnen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es sei zu berücksichtigen, dass die Parkanlage südlich der Straße Auf dem C1. ersichtlich nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen diene. Der Aufenthalt der Kurgäste in der Kurklinik dürfte sich im Regelfall auf wenige Wochen beschränken, derjenige im Kurpark auf wenige Stunden am Tag. Es sei zu beachten, dass die nördlich der Straße gelegenen Kurparkflächen eine deutlich geringere Immissionsbelastung aufwiesen. Es sei kein Bedürfnis vorhanden, diese Außenfläche mit einem höheren Schutzanspruch gegen Geruchsbelastung auszustatten als Wohngebiete, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt seien.
28Mit Beschluss vom 9. August 2012 hat der Senat die Berufungen der Klägerinnen zugelassen.
29Am 18. September 2012 hat der Berichterstatter des Senats - wie schon angesprochen - die Kurklinik, ihre Umgebung, das Vorhabengrundstück und den Weg von der Kurklinik zu dem Vorhabengrundstück in Augenschein genommen. Im Zuge der anschließenden Erörterung hat der Berichterstatter den Geruchsgutachter der Beigeladenen, Herrn Dipl.-Ing. M3. , zu seiner Ausbreitungsrechnung befragt. Wegen der Einzelheiten des Ortstermins und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder verwiesen.
30Im Nachgang zu dem Ortstermin ergänzte die Beigeladene ihre Geruchsimmissionsprognostik bzw. rechnete sie am 20. September 2012 neu. Absprachegemäß legte sie dabei die Wetterdaten der Station C2. T. zugrunde, obwohl dies nach ihrer Auffassung wegen des zu hohen Schwachwindanteils von über 20 % fachlich nicht zulässig sei. Ein Vergleich dieser Berechnung mit den vorangegangenen auf der Grundlage von Daten der Wetterstationen P2. (Ergänzung vom 5. August 2010) und E1. (Stellungnahme vom 20. Juli 2011) lasse aber erkennen - so die Beigeladene -, dass in den Beurteilungsflächen im Bereich der Kurklinik der Immissionswert von 0,06/6 % nicht überschritten werde. Die farbige Rasterkarte vom 20. September 2012 zeigt für den südlichen Teil des M1. eine Geruchsbelastung zwischen 0,10/10 % und 0,14/14 % und bezogen auf den Kurgarten auf dem Flurstück 937 überwiegend bis zu 0,06/6 %. Lediglich ein schmaler Streifen des Kurgartens ist danach mit 0,07/ 7 % beaufschlagt.
31Die Klägerinnen treten der ergänzenden Geruchimmissionsprognose vom 20. September 2012 zu Beginn des Berufungsverfahrens entgegen: Der Geruchsgutachter äußere sich nicht zur Übertragbarkeit der Wetterdaten der Station C2. T. auf den Vorhabenstandort. Die Berechnung sei tatsächlich wegen des zu hohen Schwachwindanteils fehlerhaft. Eine im Auftrag der Klägerinnen erstellte Übertragbarkeitsstudie der Firma B. vom 13. November 2012 besage, dass die Wetterdaten der Station M. auf den Vorhabenstandort am Besten übertragbar seien. Eine Berechnung auf der Basis dieser Daten liege nicht vor. In der Studie von B. heißt es außerdem, eine Immissionsrelevanz von Kaltluftströmungen könne am Vorhabenstandort nicht ausgeschlossen werden. Die Auswertung des Kaltlufteinflusses zeige jedoch, dass die Bereiche in südwestlichen und nordöstlichen Quadranten überwiegend positiven Einfluss während einer Kaltluftsituation erführen. Die sich dabei einstellende Strömungssituation erzeugt demnach niedrigere Immissionen. Für den Standort der Klägerinnen ergebe sich, dass Kaltluftsituationen aus Richtung des Vorhabenstandorts keine Problemsituation erzeugten.
32Mit Verfügung vom 29. November 2012 hat der Senat das LANUV NRW darum gebeten, alle im Lauf des Verfahrens eingereichten Geruchsgutachten und Stellungnahmen auf ihre Plausibilität zu überprüfen sowie zu allen aufgeworfenen geruchsimmissionstechnischen Fragen Stellung zu nehmen. In seiner fachbehördlichen Stellungnahme vom 18. Juni 2013 hat das LANUV NRW ausgeführt, die von dem Gutachter M3. verwendete Rauhigkeitslänge von 0,05 m müsse aus heutiger Sicht hinterfragt werden. Inzwischen empfehle das LANUV NRW, die im Corine-Kataster hinterlegten Rauhigkeitslängen mit den Landnutzungen vor Ort abzugleichen und, wenn die Angaben im Corine-Kataster von der tatsächlichen, kleinräumigen Landnutzung vor Ort abwichen, die mittlere Rauhigkeitslänge direkt aus den vor Ort vorhandenen Landnutzungen und deren Flächenanteil zu bestimmen. Im Umfeld der streitgegenständlichen Anlage befänden sich sowohl Gebäude als auch ein mit Bäumen bewachsener Teilbereich, so dass dieser eine höhere Rauhigkeitslänge habe als 0,05 m. Aus heutiger Sicht sei ggf. eine Korrektur der automatisch ermittelten Rauhigkeitslänge durchzuführen. Aus Sicht des LANUV NRW seien die meteorologischen Daten der Station M. für die Ausbreitungsrechnung zu verwenden. Zudem seien die weiteren Hinweise aus der plausiblen Übertragbarkeitsprüfung der Firma B. vom 13. November 2012 zu verwenden. Was die Frage der Gesamtvorbelastung angehe, zeigten Erfahrungen aus dem Bereich der Geruchsimmissionsmessung, dass bei Vorliegen von Geruchsimmissionen aus unterschiedlichen Tierhaltungen bei den jeweiligen Messtakten (alle 10 Sekunden) weit überwiegend eine Geruchsqualität/Geruchsart eindeutig erkannt werde. Das heiße z. B. bei Geruchsimmissionen aus Rinder- und Schweinehaltungen aus der gleichen Einwirkungsrichtung würden am Immissionsort entweder Rinder- oder Schweinehaltungsgerüche erkannt. Innerhalb eines Messinterwalls (10 Minuten, 60 Einzelmessungen) könne es vorkommen, dass sowohl Messtakte mit Schweine- als auch mit Rinderhaltungsgerüche aufträten. Mischgerüche, also Geruchserkennungen, die aufgrund der Geruchsqualität noch eindeutig einer Tierhaltungsanlage zugeordnet werden könnten, aber nicht eindeutig einer bestimmten Tierart, träten kaum auf. Mit den u. a. im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur GIRL 2008 „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ durchgeführten Ausbreitungsrechnungen mit dem im Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Partikelmodell habe demonstriert werden können, dass mit diesem sowohl die Gesamtbelastung als auch die Anteile unterschiedlicher Geruchsarten (Schweine-/Rinder-/Geflügelhaltung) gut beschrieben werden könnten.
33Auf die Stellungnahme des LANUV NRW vom 18. Juni 2013 reagierte die Beigeladene mit einem weiteren ergänzenden Geruchsgutachten M3. vom 23. August 2013, das jetzt auf den Wetterdaten der Station M. inklusive der quantifizierten Kaltlufteinflüsse gemäß dem B. -Gutachten vom 13. November 2012 fuße. Im Geruchsgutachten vom 23. August 2013 wird ausgeführt, dass die ergänzenden Anregungen des M1. NRW vom 18. Juni 2013 bei der erneuten Ausbreitungsrechnung Berücksichtigung gefunden hätten. Es sei eine korrigierte Rauhigkeitslänge von 0,20 m verwendet worden. Die Emissionsdaten (Geruchsstofffracht, Quellengeometrie etc.) blieben gegenüber den bisherigen Berechnungen unverändert. Im Ergebnis sei zu erkennen, dass die Häufigkeiten der belästigungsrelevanten Kenngrößen der gesamten Geruchsbelastung selbst unter Einbeziehung möglicher Kaltluftabflüsse im Bereich des Kurgebiets abnähmen, wenn man die Wetterdaten der Station M. heranziehe. Die Darstellung der Geruchsbelastung vom 23. August 2013 weist für das Kurgelände nördlich der Straße Auf dem C1. (Flurstück 937) einen Wert von höchstens 0,05/5 % aus sowie für den M. (Flurstück 139/46) südlich der Straße Auf dem C1. einen Höchstwert von 0,06/6 % in dessen äußerstem südwestlichen Bereich. Im Übrigen fällt die errechnete Geruchsbelastung niedriger aus.
34Auch zu der letzten Prognose M3. vom 23. August 2013 hat das M1. NRW auf Bitte des Senats Stellung genommen. Unter dem 11. November 2013 hat es als Fazit mitgeteilt, die Änderungen in der vorgelegten Ergänzung des Gutachtens vom 23. August 2013 - Rauhigkeitslänge 0,20 m, Daten der Wetterstation M. , Einfluss von Kaltluftabflüssen - in Verbindung mit der Übermittlung weiterer Informationen des Gutachters vom 7. November 2013 seien plausibel. Damit seien die in der vorigen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 aufgeworfenen Punkte geklärt. Die Fragen zur Erläuterung der Anemometerhöhe hätten zu einer neuen Berechnung durch den Gutachter - mit einer plausiblen Anemometerhöhe von 4,30 m - geführt. Diese Neuberechnung zeigt eine Geruchsbelastung von Kurklinik und Kurgarten auf dem Flurstück 937 von maximal 0,03/3 % und im M. (Flurstück 139/46) von höchstens 0,04/4 % in dessen äußerstem südwestlichen Winkel. Die Ergebnisse der neuen Berechnungen wichen - so das M1. NRW - deutlich von den bisherigen ab. Sie führten zu deutlich geringeren Immissionshäufigkeiten im Umfeld der Anlage. Sie sollten bei der Bewertung der Gesamtsituation berücksichtigt werden.
35Zur Begründung ihrer Berufungen wiederholen und vertiefen die Klägerinnen im Kern ihr erstinstanzliches Vorbringen. Gemäß den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL dürfe in Kurgebieten in der Regel der Wert von 0,06/6 % nicht überschritten werden. Dies gelte insbesondere in Luftkurorten. Vorliegend habe eine Einzelfallprüfung nach Nr. 5 GIRL zu erfolgen. Der Immissionswert von 0,06/6 % gelte auch für den M. . Das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich des M1. nicht hinreichend mit dem Sinn und Zweck eines Kuraufenthalts auseinander gesetzt. Diejenigen Personen, die sich in die Kurklinik der Klägerinnen begäben, seien gesundheitlich - zum Teil extrem - geschwächt. Sinn des Kuraufenthalts sei, eine Rehabilitation durchzuführen und dadurch die gesundheitliche Situation insgesamt zu verbessern. Neben den einzelnen medizinisch veranlassten Kuranwendungen solle gerade das Umfeld, in dem sich die Kurgäste aufhielten, sicherstellen, dass der Erholungsprozess gefördert werde. Aus diesem Grund gebe es den Kurpark, der die Kurgäste zum Aufenthalt und zur Bewegung an der frischen Luft animieren solle. Dieser Zweck werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Aufenthalt im Kurpark mit ekelerregenden Gerüchen verbunden sei. Dies führe sowohl zu einer Verminderung des Kurerfolgs als auch zu einer erheblichen Verärgerung der Kurgäste. Dies wiederum wirke sich negativ auf das Kurangebot aus. Die Klägerinnen müssten befürchten, dass ihr Kurangebot infolgedessen weniger nachgefragt werde oder dass die Kurgäste sich beispielsweise bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern über die Geruchsbelästigungen beschwerten. Dies könne zu einer Existenzgefährdung des Kurbetriebs führen. Da die Kurgäste sich jeweils nur für wenige Wochen in der Kurklinik aufhielten, sei es durchaus wahrscheinlich, dass ein Teil der Kurgäste aufgrund der bestehenden Windverhältnisse während des gesamten Kuraufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen sei. Daher sei der Hinweis auf den statistischen Jahreswert für Wohngebiete unangebracht. In Wohngebieten seien die betroffenen Personen während des gesamten Jahres der Möglichkeit von Geruchsimmissionen ausgesetzt, so dass ein statistischer Jahreswert angemessen sei, um die Zumutbarkeit der Immissionen zu überprüfen. Bei Kurgästen greife dieser statistische Ansatz nicht. Rein statistisch betrachtet würde der Ansatz eines Grenzwerts von 0,06/6 % der Jahresstunden bedeuten, dass es in der Kurklinik jeden Tag ca. 1,5 Stunden nach Tierexkrementen stinke. Dies sei für den Betrieb einer Kurklinik völlig unzumutbar. Diese Unzumutbarkeit steigere sich noch, wenn sich die Verteilung der Geruchsstunden aufgrund der Windverhältnisse anders darstelle. Gerade in den Sommermonaten müssten die Klägerinnen befürchten, dass in dem Klinikgebäude insbesondere auch in den Nachtstunden, wenn die Kurgäste nach Ruhe suchten, mehrere Stunden Gerüche nach Tierexkrementen aufträten. Aber auch sonst sei die Einzelfallabwägung des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Beklagte die Kurklinik und den Kurpark baurechtlich genehmigt habe, bleibe unerwähnt. Die Klägerinnen seien deswegen schutzwürdig, auch wenn das Gebiet nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen sei, sondern im Außenbereich liege. Jedenfalls gebe es eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan. Das jahrzehntelange Nebeneinander der Kurklinik und landwirtschaftlichen Nutzungen sage nichts darüber aus, ob die zu erwartende Zusatzbelastung zumutbar sei. Dieses Nebeneinander habe sich bislang in der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ausgedrückt. Die Geruchsimmissionen, die von diesen landwirtschaftlichen Flächen ausgingen, seien jedoch gering. Anders sehe es aus, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen einer Massentierhaltung ständig Gerüche emittiere. Das Vorhaben der Beigeladenen habe im Hinblick auf die Geruchsbelastung eine andere Dimension. Dadurch erhöhe sich das Risiko der Kurgäste, während ihres Aufenthalts von Geruchsimmissionen betroffen zu werden. Man dürfe auch nicht von einem einheitlichen Begriff der Landwirtschaft ausgehen. Vorliegend sei die Errichtung einer Anlage für die Massentierhaltung geplant. Die Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. sei unterschätzt worden. Der Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Altgebäude auf der Hofstelle, für das keine Genehmigungsunterlagen vorlägen, nicht mehr als 96 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten werden könnten. Der Beklagte trage insoweit lediglich vor, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass auf der Hofstelle jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten worden seien oder zukünftig gehalten werden könnten. Dies reiche nicht aus, um nachvollziehbar darzulegen, in welchem Umfang auf der Hofstelle C3. die Haltung von Sauen mit Ferkeln baurechtlich zulässig sei. Unklar bleibe ferner, wie der Beklagte bzw. der Geruchsgutachter der Beigeladenen das Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln bestimmt habe. Die fachbehördlichen Stellungnahme des M1. NRW vom 18. Juni 2013 belege, dass das bereits mehrfach nachgebesserte Geruchsgutachten M3. nicht den rechtlichen Anforderungen entspreche.
36Die Klägerinnen beantragen,
37das angefochtene Urteil zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 29. Dezember 2009 und die Baugenehmigung vom 6. Oktober 2010 aufzuheben.
38Der Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Er trägt im Grundzug ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe das Geruchsschutzniveau des Kurbetriebs zutreffend bestimmt. Dieser liege im Außenbereich. Die Darstellung im Flächennutzungsplan ändere daran nichts. Ein Kurpark südlich der Straße Auf dem C1. sei baurechtlich nicht genehmigt. Nachfragen bei der Landschafts- und Wasserbehörde hätten keine Hinweise auf eine entsprechende Genehmigung erbracht. Vielmehr sei davon auszugehen, dass diese Fläche in der Vergangenheit schleichend von einer landwirtschaftlichen Nutzfläche hin zu einer Parkanlage entwickelt worden sei. Das Flurstück 139/46 stehe ohnehin nicht im Eigentum der Klägerinnen, sondern von Herrn G. I1. . Dies mache es auch fraglich, ob die Klägerinnen für dieses Grundstück eigene Schutzansprüche reklamieren könnten. Jedenfalls diene dieses Grundstück ersichtlich nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen. Davon abgesehen liege der eigentliche Kurpark C2. I. mit dem Haus des Gastes am Westrand von C2. I. und werde von dem Vorhaben nicht berührt. Die Klägerinnen stellten die bisherige Geruchsbelastung des Kurbetriebs unrichtig dar. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Umgebung der Kurklinik werde seit Jahrzehnten mehrfach im Jahr Gülle aufgebracht. Die Möglichkeit der Gülleaufbringung unterliege keinerlei Beschränkungen. Hinzu kämen die Geruchsimmissionen durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. . Rein statistisch bedeute die Vorbelastung von 0,02/2 % bis 0,03/3 % der Jahresstunden, dass es schon heute an der Kurklinik 45 Minuten pro Tag rieche. Damit müssten die Kurgäste rechnen und es akzeptieren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ausschließlich die Häufigkeit und Intensität von Geruchsimmissionen quasi monokausal über den Erfolg einer Kur und im Ergebnis über die wirtschaftliche Existenz eines Kurbetriebs entscheide. Das Umfeld einer Kurklinik sei nur ein Faktor von vielen. Anhand der Bauakten könne sicher ausgeschlossen werden, dass auf der Hofstelle C3. jemals mehr als 160 Sauen - teilweise mit Ferkeln - gehalten würden. Hinsichtlich möglicher Verschiebungen im Verhältnis der Sauen mit Ferkeln zu Zucht- oder Jungsauen ergebe sich keine andere Beurteilung, weil der Geruchsgutachter M3. hierzu einen sicheren Ansatz gewählt habe. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 betrage das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtige die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1. Die letzten Stellungnahmen des M1. NRW und Nachberechnungen des Gutachters M3. schlössen eine unzumutbare Geruchsbeeinträchtigung des Kurbetriebs hinreichend sicher aus.
41Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Sie schließt sich in den Grundzügen den Ausführungen des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, ihr Sohn N. habe bei dem Berufswettbewerb der Deutschen Landjugend den fünften Platz errungen. Er benötige endlich eine sichere Betriebsperspektive auf dem familieneigenen Hof. Die Hofstelle C3. sei in den letzten Jahren nicht weiter entwickelt, sondern zunehmend zu einem Hotelbetrieb umgebaut worden. Eine der beiden Töchter des Betriebsleiters absolviere eine hotelfachliche Ausbildung mit dem Ziel, den elterlichen Hotelbetrieb zu übernehmen.
44In der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2013 sind Herr G. H. als Vertreter des M1. NRW und Herr Dipl.-Ing. M3. zugegen gewesen. Sie haben sich zu aufgeworfenen Fragen der Geruchsimmissionsprognostik geäußert. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Der Senat hat den Beweisantrag durch Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beweisantrag sei zum einen unbestimmt und auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Weder gebe der Beweisantrag an, wie er die Drei‑Wochen‑Zeiträume im Einzelnen bestimmen wolle noch bestehe nach den vorliegenden Geruchsgutachten ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass unmittelbar am Kurklinikgebäude unzumutbare Geruchsimmissionen aufträten. Insoweit seien die vorliegenden Gutachten ausreichend zur Beurteilung der anstehenden (rechtlichen) Fragestellungen. Zum anderen sei der Beweisantrag unschlüssig. Einerseits bestehe er auf dem auf das Jahr gemittelten Richtwert von 6 %, andererseits will er sich von der statistisch-mittelnden Jahresbetrachtung der GIRL lösen.
45Wegen der weiteren Einzelzeiten des Sach- und Streitstands und der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
47Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg.
48Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
49Dabei mag dahinstehen, ob auch die Klage der Klägerin zu 2. zulässig ist (dazu I.). Jedenfalls sind die Klagen unbegründet (dazu II).
50I. Die Klage der Klägerin zu 1. ist zulässig. Sie ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil sie Eigentümerin des zu dem Kurbetrieb gehörenden Flurstücks 937 (Kurklinik mit Kurgarten) ist. Als solche kann sie geltend machen, dass die angefochtenen Baugenehmigungen sie in ihrem Recht aus § 35 Abs. 3 Satz 1Nr. 3 BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme verletzen könnten. Demgegenüber gelangte man zu einer Klagebefugnis der Klägerin zu 2., die weder Eigentümerin des Flurstücks 937 noch des Flurstücks 139/46 (M. ) ist, das Herrn G. I1. , einem der Geschäftsführer der Klägerinnen, persönlich gehört, nur nach einer erweiternden Interpretation der baurechtlichen Klagebefugnis im Einzelfall.
51Der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Normen, ihr Schutzumfang, beschränkt sich prinzipiell nur auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke oder die in ähnlicher Weise an ihnen dinglich Berechtigten. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet, hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Dies gilt auch dann, wenn Grundstückseigentümer und obligatorisch Berechtigter eine betriebliche Einheit bilden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die mit dem Grundstück verknüpften Nachbarrechte nicht zum Vermögensbestand des Gewerbebetriebs eines mit dem Grundstück nur obligatorisch verbundenen Nutzers gehören.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1989 - 4 B 33.89 -, BRS 49 Nr. 185 = juris Rn. 4, m. w. N.
53Bleibt man dabei stehen, fehlt der Klägerin zu 2. die Klagebefugnis und fällt das Flurstück 139/46 als wehrfähige Anspruchsposition aus. Demzufolge könnten sich beide Klägerinnen - die Klägerin zu 1. ist lediglich Eigentümerin des Flurstücks 937 mit Kurklinik und Kurgarten - auf den Grad der Geruchsbelastung des M1. nicht berufen. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführten engen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen den Klägerinnen und ihren Geschäftsführern sind unbeachtlich. Derartige zivilrechtliche Konstruktionen modifizieren anspruchsfähige öffentlich-rechtliche Abwehrrechte des Baurechts gerade nicht. Diese bleiben strikt dinglich fundiert.
54Allein wenn man den baurechtlichen und den weiteren immissionsschutzrechtlichen Nachbarbegriff,
55vgl. zu diesem BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50.78 -, DVBl. 1983, 183 = juris Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 6/08.NE -, juris Rn. 33,
56für den vorliegenden Einzelfall verschränkte, ließe sich eine Klagebefugnis der Klägerin zu 2. (auch) hinsichtlich des Flurstücks 139/46 vertreten. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung.
57II. Denn die Klagen sind - jedenfalls - unbegründet.
58Die angefochtenen (Teil-)Baugenehmigungen vom 29. Dezember 2009 und vom 6. Oktober 2010 verletzen die Klägerinnen - auch bei Einbeziehung einer wehrfähigen Anspruchsposition aus dem Flurstück 139/46 (M. ) in die Sachprüfung - nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
591. Die Klägerinnen haben gegen den genehmigten Bullenmaststall keinen Gebietsgewährleistungsanspruch. Einen solchen gibt es im Außenbereich nicht,
60vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 4 B 38.99 -, BRS 62 Nr. 189 = juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 13, und vom 3. Mai 2012 - 2 B 503/12 -, S. 3 f. des amtlichen Umdrucks,
61so dass es insofern nachbarrechtlich ohne Belang ist, ob das Vorhaben der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert oder ansonsten gemäß § 35 BauGB objektiv-rechtlich zulässig ist.
62Auch die am 26. Mai 2010 in Kraft getretene - im Juni 2012 verlängerte und zwischenzeitlich außer Kraft getretene - Veränderungssperre für den Bereich eines neu aufzustellenden Bebauungsplans Nr. 25 HO „I2. P1. “ der Stadt Q. P. gewährt(e) den Klägerinnen für sich genommen kein subjektives Abwehrrecht. Davon abgesehen konnte die Veränderungssperre auf den Erfolg der Nachbarklage sowieso keinen Einfluss haben, weil für die Prüfung eines nachbarrechtlichen Aufhebungsanspruchs die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich ist. Nachträgliche Änderungen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für den Bauherrn günstig sind.
63Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BRS 60 Nr. 178 = juris Rn. 3, und vom 22. April 1996 - 4 B 54.96 -, BRS 58 Nr. 157 = juris Rn. 4.
64Dies trifft auf die Veränderungssperre nicht zu, die nach Maßgabe des § 14Abs. 1 BauGB ein Bau- und Veränderungsverbot zur Folge hat(te).
652. Die Baugenehmigungen verstoßen nicht zum Nachteil der Klägerinnen gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Der genehmigte Bullenmaststall mit insgesamt 425 Plätzen wird voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von Geruchsimmissionen in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen hervorrufen. Dies gilt sowohl für das Flurstück 937 - die Kurklinik mit dem Kurgarten - als auch für das Flurstück 139/46 - den M. -. Die Kurklinik mit dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 kann grundsätzlich das Geruchsschutzniveau eines Immissionswerts von 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für sich in Anspruch nehmen. Dieses nimmt allerdings im Bereich des M1. auf dem Flurstück 139/46 mit zunehmender Entfernung zur Kurklinik auf etwa 0,10/10 % ab. (dazu a). Diese Immissionswerte werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich eingehalten (dazu b).
66a) Der für den Kurbetrieb der Klägerinnen anzusetzende Geruchsimmissionswert beträgt im Ausgangspunkt 0,06/6 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit für Kurklinik und Kurgarten mit der Möglichkeit der Anhebung im Einzelfall (dazu aa). Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. verschlechtert er sich schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % ebenfalls mit einer einzelfallbezogenen Anhebungsmöglichkeit (dazu bb).
67aa) Die prinzipielle Vergabe des Immissionswerts von 0,06/6 % für die Kurklinik und den Kurgarten auf dem Flurstück 937 folgt der Empfehlung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL.
68Die Geruchsimmissionsrichtlinie entfaltet für das Gericht keine Bindungswirkung. Sie darf aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat. Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
69Vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, BRS 76 Nr. 191 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 39, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193 = juris Rn. 12 ff., vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rn. 10, vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 59, und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, BRS 70 Nr. 172 = juris Rn. 12.
70Diesen Ansatz weiterverfolgend sieht Nr. 5 b) GIRL vor, dass für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ein Vergleich der nach dieser Richtlinie zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten u. a. nicht ausreichend ist, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (z. B. Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (z. B. bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche). In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen. Die Erheblichkeit - stellt Nr. 5 GIRL klar - ist keine absolut festliegende Größe. Sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstande festgestellt werden. Dabei sind - unter Berücksichtigung der eventuell bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) - insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen: der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke, landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen, besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchseinwirkung sowie Art und Intensität der Geruchseinwirkung. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u. a. dazu führen kann, dass der Belästigte - etwa wegen Bestandsschutzes des Emittenten - in höherem Maß Geruchseinwirkungen hinnehmen muss.
71Der Sache nach sind diese - der in Rede stehenden Geruchsimmissionsbeurteilung angemessen flexiblen - Erwägungen zugleich Elemente der Zwischenwertbildung in Gemengelagen (Ortsüblichkeit, Priorität, Einzelfallumstände), fließen also bereits in die Findung des dort nach Lage der Dinge jeweils einschlägigen Immissionswerts ein.
72Vgl. zur Zwischenwertbildung bei Geruchsimmissionen: BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 7 B 4.10 -, BauR 2011, 1304 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012
73- 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 43 ff.
74Die Besonderheit bei der Beurteilung von Kurgebieten greifen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL auf und geben dafür typisierende, die Zwischenwertbildung gewissermaßen pauschal vorwegnehmende bzw. vorgezogen feinsteuernde Empfehlungen: Demzufolge gelten für Kurgebiete andere Kriterien als die Immissionswerte für in der GIRL ausdrücklich genannte Gebiete. Mindestens sind die Immissionswerte für Wohngebiete (0,10/10 %, Nr. 3.1 Abs. 1) zugrunde zu legen. Der Wert 0,06/6 % sollte - gerade in Luftkurorten - nicht überschritten werden.
75Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, sind diese Immissionswerte keinesfalls „gegriffen“. Sie gehen auf sachverständige Erhebungen und Gremienarbeit zurück und sind sowohl fachbehördlich als auch in der Rechtsprechung als Leitschnur akzeptiert. Herr H. vom M1. NRW hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Dessen unbeschadet lässt der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen vertretene Ansatz offen, ob er sich ganz oder doch nur teilweise und in welchen Fällen von der Systematik der GIRL entfernen will. Dann müsste er aber im Weiteren benennen, welche Maßstäbe er zur Geruchsbelästigungsbeurteilung fortan stattdessen heranziehen will, um insoweit konsistente, d. h. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB angemessene Ergebnisse zu erzielen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen indessen nicht konkretisiert.
76Ausgehend von den - somit auch hier Platz greifenden - Maßstäben der GIRL ist es nach deren Nr. 5 gerechtfertigt, der Kurklinik und dem Kurgarten auf dem Flurstück 937 im Grundsatz den in den Auslegungshinweisen vorgeschlagenen Immissionswert 0,06/6 % zuzuerkennen. Es handelt sich um ein faktisches Kurgebiet, auf dem die Kurklinik seit sehr langer Zeit betrieben wird. Der Umstand, dass das Klinikgelände bis jetzt nicht durch Bebauungsplan als Kurgebiet ausgewiesen ist, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Er wird durch die lange Dauer und die Etabliertheit des Klinikbetriebs sowie die Darstellung im Flächen-nutzungsplan als Sondergebiet „Kur“ und den Status als staatlich anerkanntes I2. kompensiert, das den Schutz von § 3 Nr. 2 KOG genießt. Auf diesen und die mit ihm verbundenen immissionsschutzrechtlichen Implikationen hat die Bezirksregierung E. den Beklagten mit Schreiben vom 3. November 2009 besonders hingewiesen.
77Die Vergabe eines noch besseren Geruchsschutzniveaus an das Flurstück 937 als den Wert von 0,06/6 % - der, wie gesagt, besser ist als der Wohngebietswert der Nr. 3.1 Abs. 1 GIRL - ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls nicht veranlasst.
78Schon die Auslegungshinweise zu Nr. 5 sehen dies nicht vor. Vielmehr kennzeichnen sie den Immissionswert 0,06/6 % für Kurgebiete lediglich als Regelwert, der insbesondere für Luftkurorte gelten soll, d. h. für Orte, deren Luft und Klima laut einem Gutachten Eigenschaften aufweisen, die für Erholung und Gesundheit förderlich sind (vgl. § 11 in Verbindung mit § 3 Nr. 4 KOG). Dies rechtfertigt im Besonderen die Besserstellung gegenüber Wohngebieten. Eine - kurortegesetzliche - weitergehende Anerkennung als I2. - wie hier - führt entgegen der Annahme der Klägerinnen nicht regelhaft zu einem noch sensibleren Schutzniveau. Die zusätzlichen prägenden Besonderheiten, die § 4 KOG für die Anerkennung als I2. fordert, geben dafür - anders als vielleicht die prägenden Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Heilklimatischen Kurorts nach § 6 KOG - schon aus der allgemeinen Warte der Systematik des Kurortegesetzes NRW nichts her. Um so mehr gilt dies für wenigstens im Schwerpunkt orthopädisch ausgerichteten Therapiezentren wie der X. der Klägerinnen, die typischerweise nicht in gleichem Maß geruchsimmissionssensibel sind. Kurgäste in der orthopädischen Rehabilitation sind weniger auf von landwirtschaftlichen Gerüchen freie Luft offenkundig weniger angewiesen als etwa Atemwegspatienten. Im Gegenteil empfehlen die Auslegungshinweise zu Nr. 5 ein Richtwertfenster, das sich zwischen 0,06/6 % auf der einen und dem Wohngebietswert 0,10/10 % auf der anderen Seite öffnet. Das heißt, der vorgeschlagene Immissionswert für Kurgebiete kann nach der Systematik der GIRL unter Umständen nach oben angehoben werden, um den Umständen des Einzelfalls - wiederum nach dem Gedanken der feindifferenzierenden Zwischenwertbildung bzw. Einzelfallbeurteilung - Genüge zu tun. Die Tatsache, dass sich Kurgäste regelmäßig nur für eine beschränkte Zeitdauer in einem Kurgebiet aufhalten und es daher sein kann, dass sie während ihres Aufenthalts überdurchschnittlich von Geruchsimmissionen betroffen sind, kann dabei als in der typisierenden Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL mitberücksichtigt gelten. Der auf einige Wochen oder wenige Monate begrenzte Kuraufenthalt ist der Regelfall. Diese Nutzungstypik gebietet für sich genommen keine Abweichung von der GIRL-immanenten statistischen, d. h. über das Jahr hinweg mittelnden Herangehensweise der Geruchsimmissionsbeurteilung. Dies erschließt sich auch daraus, dass es innerhalb eines Jahres genauso gut sein kann, dass manche Kurgäste während ihres Aufenthalts faktisch überhaupt nicht von Geruchsimmissionen betroffen sind. Im jährlichen Mittel gleichen sich diese potentiellen Ungleichheiten der Betroffenheit absehbar aus. Dies ist auch gerade der Sinn des statistischen Beurteilungsansatzes und seine innere Rechtfertigung.
79Auch aus diesen Gründen war der in der mündlichen Verhandlung von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gestellte Beweisantrag abzulehnen, Sachverständigenbeweis zu erheben über die Tatsache, dass bei Verwirklichung des der Beigeladenen mit der im Streit stehenden Baugenehmigung genehmigten Projekts die Geruchsstundenhäufigkeit unmittelbar an dem Gebäude der Kurklinik in der C.------allee 3, Q. P. , mindestens dreimal in einem Kalenderjahr bezogen auf Zeiträume von jeweils drei Wochen in dieser Zeit über 30,24 Stunden und damit über 6 % liegen wird. Wie der Senat in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrags u. a. dargelegt hat, ist der Beweisantrag unbestimmt und unschlüssig, weil er einerseits ganz aus der Geruchsbeurteilungssystematik der GIRL herausgehen will, indem er Drei-Wochen-Zeiträume als neue Beurteilungszeiträume statuieren will, er andererseits aber bei dem Richtwert der 0,06/6 % verharrt, der auf die Jahresmittelung zugeschnitten ist. Herr H. , den der Senat vor der Entscheidung über den Beweisantrag gehört hat, ist ebenfalls dieser Ansicht gewesen. Zudem hat er - ebenso wie Herr Dipl.-Ing. M3. - Zweifel geäußert, ob die von den Klägerinnen begehrte zeitabschnittsweise Berechnung sich mit den zur Verfügung stehenden Berechnungsprogrammen und Emissionsdatensätzen überhaupt (aussagekräftig) leisten lässt. Die spezifischen betrieblichen Belange der Klägerinnen sind solchermaßen nicht über einen zusätzlichen Sachverständigenbeweis zu eruieren und zu bewerten, sondern tatrichterlich mit den Mitteln der (ergänzenden) Einzelfallbeurteilung. Diese ist nach dem oben Gesagten auch für die Berücksichtigung etwaiger tages- oder jahreszeitlicher Schwankungen der Geruchsbelastung geöffnet.
80Wendet man die besagten Kriterien der Zwischenwertbildung/Einzelfallbeurtei-lung auf den Fall der Klägerinnen an, ergibt sich, dass der grundsätzlich zugunsten des Flurstücks 937 anzusetzende Immissionswert von 0,06/6 % nach Lage der Dinge im begründeten Einzelfall anhebbar ist, soweit die Überschreitungen nicht über 0,02/2 % der Jahresstunden - den Irrelevanzwert der Nr. 3.3 GIRL - hinausgehen. Wie die Klägerinnen selbst sagen, ist der Kurbetrieb seit jeher mit landwirtschaftlichen Gerüchen beaufschlagt. Der Berichterstatter des Senats konnte sich im Ortstermin am 18. September 2012 davon überzeugen, dass der Kurbetrieb in eine von landwirtschaftlich bewirtschafteten Äckern und Feldern geprägte Nutzlandschaft eingebettet ist. Dieser Befund deckt sich mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Stadt Q. P. in diesem Bereich. Wegen dieses jahrelangen - gewissermaßen schon immer gegebenen - Nebeneinanders von Kurgebiet und Landwirtschaft kann keine der beiden Nutzungen als Akzeptor bzw. Geruchsemittent maximale geruchsimmissionsschutzrechtliche Positionen reklamieren. Wägt man den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 GIRL und § 3 Nr. 2 KOG zum Ausdruck gelangenden besonderen geruchsimmissionsschutzrechtlichen Schutz von Kurgebieten gegen das Zwischenwertpotential ab, das landwirtschaftliche Nutzungen auslösen - die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL sprechen davon, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls sei bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25/25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche gegenüber Wohnnutzungen heranzuziehen -,
81vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 30. November 2012 - 2 D 95/11.NE -, juris Rn. 45 ff.,
82kommt man zu der eben benannten Feindifferenzierung und leichten Flexibilisierung des Geruchsschutzniveaus von Kurklinik, Kurgarten und M. . Sie ist ein gerechter Ausgleich zwischen den widerstreitenden Nutzungen und bleibt für die Umstände des Einzelfalls auch noch auf der nachfolgenden konkreten Beurteilungsebene hinreichend offen.
83Die demnach auch in der vorliegenden Gemengelage „Kurgebiet versus Landwirtschaft“ Platz greifende gewisse geruchsimmissionsschutzrechtliche Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe kommt ohne Weiteres auch dem Vorhaben der Beigeladenen zugute. Es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat zwar auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt von einer gewerblichen Tierhaltung der Beigeladenen gesprochen, aber nicht substantiiert, worauf er diese Einschätzung gründet.
84Die landwirtschaftliche Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet. Er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebes sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d. h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist. Geht es um die Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität, hat die Gewinnerzielung einen geringeren Stellenwert als im Fall der beabsichtigten Neugründung einer Nebenerwerbsstelle.
85Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 7 f., m. w. N.
86Beständigkeit der Betätigung setzt voraus, dass der Zugriff auf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche dauerhaft gesichert ist. Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt die für seine Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauernd zur Verfügung steht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Dauerhaftigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs auch auf gepachteten Flächen gewährleistet sein kann. Liegen langfristige Pachtverhältnisse vor, kann davon ausgegangen werden, dass ein dauerhafter Zugriff auf die erforderlichen Flächen sichergestellt ist.
87Vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 4 C 9.11 -, BauR 2013, 207 = juris Rn. 10, m. w. N.
88Wie § 201 BauGB es verlangt, gehört zum Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs darüber hinaus die „überwiegend eigene Futtergrundlage“.
89Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1997 - 4 B 256.96 -, BRS 59 Nr. 85 = juris Rn. 4.
90Alle diese Merkmale werden von der Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen, wo die Erweiterung um den streitgegenständlichen Bullenmaststall stattfinden soll, erfüllt. Dies hat die Landwirtschaftskammer NRW im Baugenehmigungsverfahren mit Schreiben vom 11. November 2009 und vom 1. Dezember 2009 bestätigt. Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Die derzeit von der Beigeladenen an einen anderen Landwirt verpachtete Hofstelle weist eine hinreichend spezifische betriebliche Organisation auf. Es findet dort auch gegenwärtig eine Bullenhaltung statt. Dies war auch schon so, bevor die Beigeladene den Hof von ihren Eltern - zuletzt durch Übergabevertrag mit ihrer Mutter - überantwortet bekam. Betriebsinhaber war bis 1998 der verstorbene Vater der Beigeladenen. Die Beständigkeit der Bewirtschaftung ist gegeben. Die Beigeladene verfügt nach eigenen Angaben über umfangreiche Eigentums- und Pachtflächen - etwa 50 ha, angestrebt seien rund 60 ha -, die durch den Betrieb bewirtschaftet werden können. Wegen des Erreichens der 40-ha-Schwelle bewirtschafteter Nutzfläche sieht die (insoweit fachkundige) Landwirtschaftskammer NRW die für eine Bullenhaltung mit insgesamt 425 Stück notwendige „überwiegende eigene Futtergrundlage“ als vorhanden. Auch einen Abnahmevertrag über die Abnahme von Wirtschaftdünger hat die Beigeladene vorgelegt. Diesen Punkt hat der Beklagte zudem über die Nebenbestimmung M.03 rechtlich gesichert. Die personelle Beständigkeit in der Generationenfolge erscheint dadurch gewährleistet, dass der Sohn N. der Beigeladene den Betrieb auf dem Vorhabengrundstück - wie offenbar geplant - übernehmen kann, nachdem er die Ausbildung zum Landwirt mit Erfolg abgeschlossen hat.
91bb) Im Bereich des M1. südlich der Straße Auf dem C1. auf dem Flurstück 139/46 verschlechtert sich der zu vergebende Immissionswert schrittweise auf ungefähr 0,10/10 % mit einer deutlichen Toleranz für Richtwertüberschreitung, auch soweit diese den oben angesprochenen Irrelevanzwert von 0,02/2 % übersteigen.
92Auch dies ist das Ergebnis einer alle Faktoren des Einzelfalls einstellenden Zwischenwertbildung für diese Beurteilungsfläche. Für den M. gelten die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL nur mit verringertem Gewicht. Einerseits ist er in den Kurbetrieb integriert und nimmt an der Darstellung des Flächennutzungsplans Sondergebiet „Kur“ teil. Andererseits ist er nach den unwidersprochenen Ausführungen des Beklagten nicht als Kurpark genehmigt, sondern wird nur faktisch als solcher genutzt. Nach den Erläuterungen von Herrn G. I1. im Ortstermin am 18. September 2012 ist er für Spaziergänge von Kurgästen vorgesehen, so dass seine Funktion mit der orthopädischen Rehabilitation als solcher, welche die Klägerinnen in der X. anbieten, lediglich mittelbar zusammenhängt. Erholung durch Spaziergänge können die Kurgäste in der Umgebung der Kurklinik auch anderweitig finden. Diese Gesichtspunkte führen in der Gesamtschau dazu, dass das Geruchsschutzniveau des M1. mit zunehmender Entfernung zum Kurgarten nördlich der Straße Auf dem C1. abnimmt, bis es im südlichen Teil des M1. deutlich unterhalb des Kurgebietsstandards in etwa auf dem Level des Wohngebietsrichtwerts der Nr. 3.1 GIRL ankommt, der seinerseits im begründeten Einzelfall nach oben zuungunsten des Kurbetriebs durchbrochen werden kann. Rechtfertigung für diesen Richtwertpuffer ist erneut das Zwischenwertpotential der umliegenden landwirtschaftlichen Nutzungen, also auch derjenigen der Beigeladenen.
93b) Diese Immissionswerte für die Flurstücke 937 und 139/46 werden beim Betrieb des genehmigten Bullenmaststalls voraussichtlich deutlich eingehalten.
94aa) Zieht man die letzte Geruchsimmissionsprognose M3. vom 23. August/7. November 2013 heran, werden die herausgearbeiteten Regelwerte für Kurklinik und Kurgarten - 0,06/6 % - einerseits und M. - in einem verschiebbaren Rahmen ca. 0,10/10 % - anderseits bei dem Betrieb des streitgegenständlichen Bullenmaststalls aller Voraussicht nach - eindeutig - beachtet. Der Gutachter Lanngguth wirft hier Geruchsbelastungen von maximal 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. - und dies auch nur in dessen äußerstem südwestlichen Bereich - aus.
95Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist genauso wie ihre im Klage- und Berufungsverfahren vorgelegten Vorgängerinnen verwertbar. Nach Baugenehmigungserteilung gewonnene Erkenntnisse über die Immissionssituation können im Rahmen einer Nachbarklage berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die - wie oben bereits gesagt - auch nur zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
96Vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f., und vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9.
97Die ergänzte Geruchsimmissionsprognose vom 23. August/7. November 2013 ist fachlich valide. Dies hat das M1. NRW, welches das gesamte Verfahren begleitet hat, in seiner Stellungnahme vom 11. November 2013 bestätigt. Zweifel an dieser fachbehördlichen Einschätzung bestehen nicht. Die letzte Berechnung der Geruchsbelastung hat sämtliche Einwände der Klägerinnen sowie die vorhergehenden Stellungnahmen des M1. NRW vom 23. Juni 2010 und vom 18. Juni 2013 zu Modalitäten der Ausbreitungsberechnung, der Emissionsansätze und der Gewichtungsfaktoren aufgegriffen und eingestellt. Sie kann als das im Lauf der Zeit gewachsene und fachlich richtige Resultat der für diesen Fall passenden Geruchsimmissionsprognostik angesehen werden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen hat sie in der mündlichen Verhandlung insofern auch auf Nachfrage nicht mehr grundsätzlich angegriffen.
98Auch den möglicherweise einzigen noch offenen - und von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung thematisierten - Punkt der zutreffenden Berücksichtigung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf dem Hof C3. hat der Gutachter M3. korrekt behandelt.
99Die Immissionsprognostik hat an die legale Vorbelastung zu denken, d. h. daran, in welchem genehmigten Umfang die vorbelastende emittierende Anlage betrieben werden dürfte.
100Vgl. z. B. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 26 ff., und vom 13. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BauR 2013, 1078 = juris Rn. 41.
101Dies hat der Gutachter M3. getan, indem er die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. in seiner Ausgangsprognose vom 14. Oktober 2009 mit insgesamt 160 Zuchtsauen und Ferkeln (Stall 1: 60 Sauen ohne Ferkel - Geruchsstoffstrom, 1,43 MGE/h -, Stall 2: 100 Sauen mit Ferkeln - Geruchsstoffstrom 2,74 MGE/h) veranschlagt hat. Den Baugenehmigungsvorgängen über die Hofstelle C3. lässt sich keine genehmigte Höchstzahl an Schweinehaltungsplätzen entnehmen. Wegen dieser Unklarheit ist von den von dem Beklagten und dem Gutachter M3. abgefragten tatsächlichen Tierzahlen in Verbindung mit den bekundeten (realistischen) landwirtschaftlichen Betriebs- und etwaigen (konkret aber nicht vorhandenen) Erweiterungsinteressen des Betreibers der Hofstelle C3. auszugehen. Diese Sachlage und Erklärungen definieren zugleich die für die Geruchsvorbelastung maßgebende Genehmigungslage.
102Gegenüber dem Beklagten und dem Gutachter M3. hat der Eigentümer der Hofstelle im Jahr 2010 einen Zuchtsauenbestand von 150 Stück bzw. von insgesamt 160 Sauenplätzen angegeben. Im Rahmen der jährlichen Nutztiererfassung meldete das Veterinäramt des Beklagten zum 1. Januar 2011 125 Sauen nebst Ferkeln auf der Hofstelle C3. . Da neben der Schweinehaltung auf der Hofstelle seit Jahren noch eine Pension - das Hotel M4. C3. - betrieben wird, deren seinerseits geruchsimmissionsempfindlicher Übernachtungs- und Beherbergungsteil erklärtermaßen ausgebaut werden soll - weshalb sich auch die Blankensteins im Genehmigungsverfahren gegen das Vorhaben der Beigeladenen ausgesprochen haben - ist realistisch, dass es auf absehbare Dauer bei diesem Schweinebestand bleiben wird. Mit Blick auf diese Sachlage und Erklärungen ist der Betreiber der Hofstelle C3. für die Geruchsimmissionsprognose so zu stellen, als ob sich eine etwaige über die Zahl von 160 Zuchtsauen mit Ferkeln hinausgehende Baugenehmigung wegen dauerhafter Nichtausnutzung erledigt hätte.
103Vgl. insofern im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 9. August 2013 - 2 A 2520/12 -, juris Rn. 9 ff., m. w. N.
104Die - auch in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene - Kritik der Klägerinnen an dem von dem Gutachter M3. angenommenen Verhältnis der Jungsauen zu den Sauen mit Ferkeln (60:100) greift ebenfalls nicht durch. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Annahmen des Gutachters insoweit hinreichend konservativ sind und auf der sicheren Seite liegen. Nach den genehmigten Bauvorlagen aus dem Jahr 1981 für die Hofstelle C3. beträgt das Verhältnis der Sauen mit Ferkeln (32) zu Zucht- oder Jungsauen (64) 1:2. Das Geruchsgutachten berücksichtigt die geringfügig stärkeren Geruchsstoffströme der Sauen mit Ferkeln jedoch im Verhältnis von annähernd 2:1 (100 Sauen mit Ferkeln zu 60 Jungsauen). Etwaige Verschiebungen in der Zusammensetzung des Sauenbestands sind damit - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - hinreichend sicher erfasst.
105Letzten Endes sind die zuletzt berechnen Immissionswerte von 0,03/3 % für das Flurstück 937 und von maximal 0,04/4 % für den M. auf dem Flurstück 139/46 auch so weit von den jeweils einschlägigen Richtwerten entfernt, dass eventuelle Unschärfen bei der Erfassung der Geruchsvorbelastung durch die Schweinehaltung auf der Hofstelle C3. den Klägerinnen mit hinreichender Sicherheit nicht zum Nachteil gereichen werden. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich, dass die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Es gibt nach den vorliegenden Geruchsgutachten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine wie auch immer geartete zeiträumliche Betrachtung der Geruchsbelastung am Kurklinikgebäude selbst - auf dieses ist der Beweisantrag zugeschnitten - unzumutbare Belastungswerte zu Tage fördern könnte. Die im Ermessen des Senats stehende Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens war vor diesem Hintergrund weder durch das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung noch anderweitig veranlasst.
106bb) Die sonstigen Einzelfallumstände, für die die Geruchsimmissionsbeurteilung immer offen ist, schlagen demgegenüber nicht zugunsten der Klägerinnen aus. Die von dem genehmigten Bullenmaststall in Bezug auf den Kurbetrieb der Klägerinnen voraussichtlich ausgehenden Geruchsimmissionen bleiben für diese auch jenseits der reinen mathematisch-statistischen Geruchsimmissionsprognostik anhand der GIRL, wie sie sich bis zur Berechnung vom 23. August/7. November 2013 entwickelt hat, zumutbar.
107Im Anschluss an die Ausführungen zur Zwischenwertbildung und dem Verständnis der Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL für Kurgebiete ist dafür leitend, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen sich schon immer in einem stark landwirtschaftlich geprägten Umfeld befand. In diesem mussten und müssen die Klägerinnen und ihre Kurgäste stets in gewissem Umfang mit landwirtschaftlichen Gerüchen - auch etwa durch Güllen - rechnen. Diese Gerüche sind traditionell gebietsprägend. In dem solchermaßen tolerierbaren Rahmen hält sich nach der geprüften Geruchsimmissionsprognostik der geplante Bullenmaststall der Beigeladenen ohne Weiteres. Dies deckt sich mit den Wahrnehmungen vor Ort, die der Berichterstatter des Senats im Ortstermin am 18. September 2012 gemacht hat. Danach ist es unwahrscheinlich, dass die Kurgäste eine signifikante genehmigungsbedingte Verschlechterung der Geruchssituation durch den erweiterten Bullenmaststall objektiv überhaupt wahrnehmen. Am Tag der Begehung konnte der Berichterstatter im Umfeld des Vorhabengrundstücks und der Hofstelle C3. zwar landwirtschaftliche Gerüche aufnehmen. Allerdings rissen diese in einer Entfernung von etwa 100 m schlagartig ab. Weder im M. noch im Kurgarten waren Tierhaltungsgerüche zu festzustellen. Dies mag nur eine Momentaufnahme sein, die aber gleichwohl in das rechnerisch prognostizierte Gesamtbild passt, dass der Kurbetrieb der Klägerinnen die meiste Zeit des Jahres nicht von erheblichen landwirtschaftlichen Gerüchen betroffen sein wird. Von daher trägt auch die Befürchtung der Klägerinnen nicht, sie werde einschneidende wirtschaftliche Einbußen erleiden, wenn der Bullenmaststall in Betrieb ginge. Dafür spricht nach Lage der Dinge in Anbetracht der von dort zu erwartenden Geruchsimmissionen, die sich überdies angenehmer als etwa Schweinegeruch darstellen (vgl. dazu die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL), nichts. Die von den Klägerinnen zuletzt in den Fokus gerückten angeblichen subjektiven Empfindlichkeiten mancher Kurgäste sind angesichts dessen unmaßgeblich. Sie werden zudem dadurch relativiert, dass einige Kurgäste während ihres Aufenthalts in der Kurklinik womöglich stärker mit landwirtschaftlichen Gerüchen konfrontiert sein werden, andere dagegen weniger bis gar nicht. Sie können die objektiv zu bestimmenden nachbarrechtlichen Betreiberpflichten der Beigeladenen damit nicht determinieren.
108Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
109Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
110Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.