Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 03. Juni 2015 - 6 A 2326/12


Gericht
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 25. April 1949 geborene Kläger stand als Regierungsgewerbeamtsrat (A 12 BBesO) im Dienst des beklagten Landes und war bei der Bezirksregierung N. tätig. Er begehrt die finanzielle Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs für das Jahr 2007.
3Er wurde mit Zurruhesetzungsverfügung vom 21. Dezember 2007 zum 31. Dezember 2007 auf der Grundlage des sogenannten Anreizsystems der Landesregierung NRW (Personaleinsatzmanagement - PEM-Anreizsystem) gemäß § 39 i.V.m. § 40 LBG NRW in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
4Bereits im Jahr 2002 hatte der Kläger erfolglos die Genehmigung von Altersteilzeit nach dem Blockmodell gemäß § 78 Buchst. d) LBG NRW, beginnend mit dem 1. Mai 2004, beantragt.
5Der Zurruhesetzung vorausgegangen war eine im Sommer 2007 vom Dienstherrn durchgeführte Online-Abfrage zur Inanspruchnahme von PEM-Anreizen, auf die der Kläger sich allerdings nicht gemeldet hatte, weil er sie für sich aus verschiedenen Gründen nicht in Betracht zog. Am 12. Oktober 2007 war er von seinem Dienstherrn darüber informiert worden, dass sich für ihn nun wider Erwarten die Möglichkeit eröffnet hatte, den PEM-Anreiz bis zum Ablauf einer Ausschlussfrist am 15. Oktober 2007 in Anspruch zu nehmen. Unter dem 15. Oktober 2007 hatte er dann seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach § 39 LBG NRW beantragt.
6Am 7. November 2007 beantragte der Kläger, ihm den für das Kalenderjahr 2007 zustehenden Erholungsurlaub von 30 Kalendertagen für den Zeitraum vom 12. November 2007 bis zum 21. Dezember 2007 zu gewähren.
7Die Bezirksregierung N. gewährte ihm darauf lediglich fünf Urlaubstage und lehnte den Urlaubsantrag im Übrigen ab. Das beklagte Land hat dazu erklärt, dass vor dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand nach Erläuterung der Vorgesetzten Dr. A. noch ein sehr aufwändiger und umfangreicher Vorgang „Kündigungsverfahren im Mutterschutz“ habe abschließend bearbeitet werden müssen. Eine Weiterbearbeitung dieses Vorgangs durch einen anderen Kollegen sei aufgrund des Umfangs und der Komplexität nicht sinnvoll gewesen.
8Mit E-Mail vom 18. Dezember 2007 teilte die Bezirksregierung N. dem Kläger mit, dass seinem Zurruhesetzungsantrag zum 31. Dezember 2007 entsprochen werde.
9Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 eine finanzielle Abgeltung für die 25 im Jahr 2007 nicht gewährten Urlaubstage.
10Die Bezirksregierung N. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Januar 2008 ab und führte zur Begründung aus, dass die Erholungsurlaubsverordnung (EUV NRW) eine monetäre Umwandlung von Resturlaubsansprüchen nicht vorsehe. Im Übrigen wäre im Sommer 2007, als mit der Online-Abfrage über die PEM-Anreizsysteme der Anstoß für eine Beantragung des einstweiligen Ruhestands gegeben worden sei, eine Urlaubsabwicklung unproblematisch gewesen.
11Der Kläger entgegnete mit Schreiben vom 26. Februar 2008, er habe sich im Sommer 2007 gar nicht an der Online-Abfrage zum PEM-Anreizsystem beteiligt, weil er beabsichtigt habe, im Mai 2009 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit einzutreten. Erst auf die Nachfrage von Herrn T. am 13. Oktober 2007 habe er seinen „einstweiligen Ruhestand“ beantragt und anschließend vorhandene Vorgänge abgearbeitet, Gleitzeitstunden reduziert und den restlichen Urlaub beantragt. Die Vorgesetzte habe dem rechtzeitig beantragten Urlaub dann nicht zugestimmt, jedoch die Auszahlung des Urlaubs zugesagt. Anderen Mitarbeitern des Hauses, denen allerdings ein positiver PEM-Bescheid bereits in Aussicht gestellt gewesen sei, sei Urlaub genehmigt worden, nachdem sie rechtliche Schritte angekündigt bzw. unternommen hätten. Die Möglichkeit, die Versetzung in den Ruhestand auf den 31. Januar 2008 zu verschieben, habe der Dienstherr nicht genutzt.
12Daraufhin verwies die Bezirksregierung N. den Kläger mit Schreiben vom 3. März 2008 auf den Klageweg.
13In einem weiteren Schreiben vom 6. Juni 2008 stützte der Kläger seinen Anspruch ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/RG).
14In Beantwortung dieses Schreibens teilte die Bezirksregierung N. am 10. Juni 2008 dem Kläger erneut mit, dass ihm der Klageweg offen stehe.
15Am 30. Januar 2009 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen darauf berufen, dass nach der Richtlinie 2003/88/EG jeder Arbeitnehmer, auch Beamte, einen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub hätten. Aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG sowie aus den vom EuGH in der Entscheidung vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – entwickelten Grundsätzen ergebe sich, dass dem Arbeitnehmer für krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaub im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanzieller Ersatz zu leisten sei. Das gelte ebenso bei aus sonstigen Gründen unverschuldet nicht in Anspruch genommenem Urlaub. Er habe trotz der unklaren Situation – er habe erst am 18. Dezember 2007 die stattgebende Entscheidung über seinen Zurruhesetzungsantrag erhalten – bereits im November 2007 versucht, seinen Urlaubsanspruch zu realisieren. Veranlassung, sich bereits im Sommer 2007 Gedanken über den noch offenen Jahresurlaub zu machen, habe nicht bestanden, weil es zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit gegeben hätte, den einstweiligen Ruhestand im PEM-Programm bewilligt zu bekommen, und die anderweitig angebotenen Anreize für ihn finanziell uninteressant gewesen seien. Dienstliche Belange nach § 9 EUV NRW für die Ablehnung seines Urlaubsantrags seien nicht erkennbar. Insbesondere seien aufgrund der aktenkundigen Dokumentation aller Ermittlungen auch die anderen Beschäftigten des Dezernats 55 zur abschließenden Bearbeitung des Vorgangs „Kündigungsverfahren im Mutterschutz“, den das beklagte Land zur Begründung der Urlaubsablehnung benenne, in der Lage gewesen. Außerdem hätte die Möglichkeit bestanden, die Zurruhesetzung zur Abarbeitung offener Vorgänge auf den 31. März 2008 zu verschieben. Auch sei Beschäftigten anderer Dezernate, teilweise nach Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe, der Urlaub gewährt worden. Er habe von rechtlichen Schritten u.a. deswegen abgesehen, weil seine damalige Vorgesetzte Dr. A. ihm die Auszahlung des Urlaubs in Aussicht gestellt habe.
16Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
17das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide der Bezirksregierung N. vom 30. Januar 2008, 3. März 2008 und 10. Juni 2008 zu verpflichten, an ihn für den im Jahr 2007 nicht genommenen Erholungsurlaub (25 Tage) Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.200 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
18Das beklagte Land hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Es hat im Wesentlichen vorgetragen, es gebe für die Auszahlung des Urlaubs keine Anspruchsgrundlage. Im Übrigen widerspreche es dem Sinn der Erholungsurlaubsverordnung, dass der Kläger im November 2007 noch über das gesamte Kontingent von 30 Urlaubstagen verfügt habe. Außerdem sei bereits im Sommer 2007 ein ausreichender Informationsfluss über die verfügbaren PEM-Anreize gegeben gewesen. Die späte Antragstellung sei nicht vom beklagten Land zu vertreten. Auch sei die Ablehnung des Urlaubs zu Recht wegen dienstlicher Belange erfolgt, da eine Einarbeitung eines anderen Bearbeiters in das Verfahren „Kündigungsverfahren im Mutterschutz“ wegen der allein durch den Kläger durchgeführten Recherchen in diesem komplexen Verfahren nicht sinnvoll gewesen sei. Aber auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH sei der Kläger – anders als in Erkrankungsfällen – nicht aus von seinem Willen unabhängigen Gründen gehindert gewesen, seinen Urlaub zu nehmen, da ihm seit Oktober 2007 die Urlaubsplanung möglich gewesen sei. Es sei dem Kläger auch unbenommen gewesen, einen Zurruhesetzungsantrag erst zum 31. März 2008 zu stellen. Die abweichende Abwicklung von Resturlaubsansprüchen anderer Beamter finde ihren Grund in den unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
21Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. September 2012 abgewiesen. Weder Bundes- noch Landesrecht sähen für Beamte eine Abfindung für nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaub vor. Insbesondere der Erholungsurlaubsverordnung des Landes NRW und dem Bundesbesoldungsgesetz seien entsprechende Regelungen fremd. Auch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG, auf den sich der Kläger wegen des Ablaufs der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie in nationales Recht berufen könne, ergebe sich kein Anspruch auf die begehrte Urlaubsabgeltung im Umfang von 25 Arbeitstagen. Als Beamter unterfalle er zwar dem Anwendungsbereich der Richtlinie. Denn nach dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – sei Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG dahin auszulegen, dass ein Beamter bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bezahlten Mindestjahresurlaub im Rahmen von vier Wochen habe, der deshalb nicht in Anspruch genommen worden sei, weil der Betreffende aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet habe. Gleichwohl stehe dem Kläger der Ausgleichsanspruch nicht zu. Dabei könne offen bleiben, ob und inwieweit mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH und Art. 3 Abs. 1 GG ein europarechtlich begründeter Abgeltungsanspruch auch dann anzuerkennen sei, wenn andere als krankheitsbedingte Gründe für die unterbliebene Inanspruchnahme des Mindestjahresurlaubs ursächlich geworden seien. Derartige Gründe könnten allenfalls dann vorliegen, wenn sie krankheitsbedingten Gründen vergleichbar seien, was nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann der Fall sei, wenn die Gründe sich als von dem Willen des Beamten unabhängig darstellten. Diese Voraussetzung sei hier jedoch nicht erfüllt. Denn der Kläger sei nicht aus von seinem Willen unabhängigen Gründen an der Inanspruchnahme des Mindestjahresurlaubs gehindert gewesen, sondern in Folge seines in eigener Verantwortung getroffenen Entschlusses, im Rahmen des PEM-Anreizsystems zum Jahresende 2007 vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Insbesondere seien keine greifbaren Anhaltspunkte erkennbar, dass der Dienstherr den Kläger in einer dessen Entscheidungsfreiheit rechtswidrig beeinträchtigenden Weise gezwungen haben könnte, einen Antrag auf Zurruhesetzung zu stellen. Unerheblich sei, ob die Versagung des Urlaubs tatsächlich von dienstlichen Gründen getragen gewesen sei. Da danach der auf Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gestützte europarechtliche Abgeltungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht gegeben sei, habe es keiner weiteren Aufklärung bedurft, ob und in welchem Umfang der Kläger in dem betreffenden Urlaubsjahr 2007 möglicherweise bereits den Mindestjahresurlaub von vier Wochen – sei es auch durch aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub – in Anspruch genommen hatte.
22Gegen das am 26. September 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Oktober 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und seinen Antrag am 26. November 2012 begründet. Mit Beschluss vom 20. November 2014, zugestellt am selben Tage, hat der Senat die Berufung zugelassen.
23Der Kläger trägt mit seiner am 19. Dezember 2014 eingegangenen Berufungsbegründung vor, dass das Verwaltungsgericht zwar zu Recht von einem individualrechtsschützenden Regelungsgehalt des Art. 7 RL 2003/88/EG ausgehe, der Kläger als Beamter dem Anwendungsbereich unterfalle und eine Beendigung des Dienstverhältnisses im Sinne dieser Regelung auch im Fall der Versetzung in den Ruhestand anzunehmen sei. Zu bejahen sei aber auch die vom Verwaltungsgericht offen gelassene Frage, ob aufgrund des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ein gemeinschaftsrechtlicher Urlaubsabgeltungsanspruch auch dann bestehe, wenn die Nichtinanspruchnahme des Erholungsurlaubs nicht krankheitsbedingt sei, sondern – wie hier – auf der Versagung des Urlaubs durch den Dienstherrn wegen entgegenstehender dienstlicher Belange beruhe. Dieser Regelungsgehalt lasse sich auch ohne ausdrückliche Entscheidung des EuGH im Wege der Auslegung ermitteln. Insbesondere enthalte der Wortlaut von Art. 7 Abs. 2 RL 3002/88/EG keine Beschränkung auf Krankheitsfälle. Auch Verschuldensgesichtspunkte fänden darin keinen Anklang. Ein Rückgriff auf die in dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – herangezogenen Grundsätze zeige, dass auch unter teleologischen Gesichtspunkten keine Beschränkung auf Krankheitsfälle anzunehmen sei. Denn die Regelung verfolge die Zielrichtung sicherzustellen, dass der betreffende Arbeitnehmer in den Genuss des gemeinschaftsrechtlich verbürgten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub (ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union) gelange und im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Anspruch in natura nicht mehr erfüllt werden könne, zumindest einen finanziellen Ausgleich erhalte. Dieser Schutzzweck sei auch dann anzuerkennen, wenn die Nichtinanspruchnahme auf anderen, nicht der Einflussnahme des Arbeitnehmers unterliegenden Gründen beruhe. Das gelte besonders, wenn – wie hier – unter zeitlichen Gesichtspunkten die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs durch den Beamten noch ohne Weiteres möglich gewesen wäre und nur durch außerhalb seiner Einflusssphäre liegende Gründe – wie die vom beklagten Land für die Versagung angeführten dienstlichen Belange – unmöglich gemacht worden sei.
24In diesem Sinne übertrage auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19. Juni 2012 – 9 AZR 652/10 – die in den beiden Urteilen des EuGH vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – und vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – zum Ausdruck kommenden Grundsätze auf Arbeitsverhältnisse nicht erkrankter Arbeitnehmer. Dazu führe es aus, es gebe keine sachlichen Gründe dafür, bei einem arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regelungen für den Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs anzuwenden als bei einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Diese Auffassung lasse sich ohne Weiteres auf die Beamten übertragen, die nach der Rechtsprechung des EuGH insoweit ohnehin durch unionsrechtlich mit Arbeitnehmern gleich zu behandeln seien. Auch das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf stelle in seiner Entscheidung vom 31. März 2010 – 12 Sa 1512/09 – unter anderem fest: „(...) Dass den EuGH-Urteilen Konstellationen zugrunde lagen, in denen der Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gehindert war, Urlaub überhaupt (T. -I. ) oder während der Betriebsferien (W. Q. ) zu nehmen, erlaubt keine Verengung des Richtlinienzwecks auf „Erkrankungsfälle“. Vielmehr steht der Erkrankungsfall exemplarisch für die Situation, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hat, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. (...)“. In einem Urteil vom 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – habe das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ferner festgestellt: „(...) Da er [der Arbeitgeber] es ist, der die tatsächliche Urlaubsverwirklichung zu gewährleisten hat, liefe es dem Zweck der Richtlinie zuwider, wenn es dem Arbeitnehmer überbürdet würde, mittels eines von ihm gegen den Arbeitgeber eingeleiteten Gerichtsverfahrens die fristwahrende Durchsetzung des Urlaubsanspruchs zu versuchen. (…)“. Bei zutreffender rechtlicher Würdigung sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für einen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfüllt seien. Der Kläger sei aufgrund der Versagung seines Urlaubsbegehrens aus Gründen an einer Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs gehindert gewesen, die seiner Einflussnahme entzogen gewesen seien. Nichts Gegenteiliges ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 – 2 C 10.12 –. Soweit darin ein unionsrechtlicher Urlaubsabgeltungsanspruch explizit nur für krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Urlaub bejaht werde, sei dies ausschließlich dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt geschuldet, in dem eine krankheitsbedingte Verhinderung vorgelegen habe.
25Unzutreffend sei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei nicht aus von seinem Willen unabhängigen Gründen an der Inanspruchnahme des Jahresurlaubs gehindert gewesen; vielmehr habe dies letztlich auf dem eigenverantwortlichen Entschluss des Klägers beruht, zum Jahresende 2007 im Rahmen des PEM-Anreizsystems vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Mit dem Antrag auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand habe er lediglich eine Mitursache dafür gesetzt, dass der Jahresurlaub nur noch in einem beschränkten Zeitfenster hätte in Anspruch genommen werden können. Das allein reiche für den Ausschluss eines Anspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG aber nicht aus. Das zeige sich schon an der Kontrollüberlegung, dass dann auch in den – unstreitig zum Abgeltungsanspruch berechtigenden – Fällen, in denen der Beamte krankheitsbedingt an der Inanspruchnahme des Jahresurlaubs gehindert gewesen sei, ein Anspruch stets verneint werden müsste, wenn die Beendigung des Beamtenverhältnisses im Wege einer Zurruhesetzung erfolgt sei. Denn dann hätte der Beamte auch in diesen Konstellationen durch seinen Antrag auf Zurruhesetzung stets eine relevante Ursache dafür gesetzt, dass er den Jahresurlaub nach Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht mehr habe in Anspruch nehmen können. Ausschlaggebend sei daher, ob der „letzte“ Grund, der den Beamten an der Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs hindere, seiner Einflussnahme entzogen sei. Das sei hier die Versagung der Urlaubsbewilligung aus dienstlichen Gründen. Dass es auf die „letzte“ Ursache ankomme, bestätige das Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 22. August 2012 – 1 A 2122/10 –, in dem herausgestellt werde, dass nicht von Belang sei, ob der betreffende Beamte in dem Urlaubsjahr teilweise im Dienst gewesen sei und damit Gelegenheit zur Inanspruchnahme von Erholungsurlaub gehabt hätte. Entscheidend sei danach allein, dass ihm dies in Folge der letzten, zur Versetzung in den Ruhestand führenden Erkrankung nicht mehr möglich gewesen sei. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 – 2 C 10.12 – werde ebenfalls bestätigt, dass der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch auch dann bestehe, wenn der Beamte in dem Urlaubsjahr teilweise dienstfähig gewesen sei. Denn auch in diesem Fall habe der Beamte den ihm zustehenden Urlaub unabhängig von seinem Willensentschluss nicht mehr nehmen können. Da der Kläger seinen Urlaub – im Übrigen zu einem Zeitpunkt, in dem es mangels Bescheidung seines Zurruhesetzungsantrags noch völlig offen gewesen sei, ob es zeitnah zu einer Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses kommen würde – so rechtzeitig beantragt habe, dass der Anspruch noch voll hätte realisiert werden können, liege die letzte und damit relevante Ursache für die Nichtinanspruchnahme in der Versagung der Urlaubsgewährung durch das beklagte Land aufgrund (vermeintlicher) dienstlicher Belange. Die Versagung habe sich damit nicht nur unabhängig vom Willen des Klägers vollzogen, sondern seinem expliziten Wunsch sogar diametral widersprochen.
26Der Urlaubsabgeltungsanspruch stehe auch nicht deswegen in Frage, weil der Kläger es vor der Stellung seines Zurruhesetzungsantrags unterlassen habe, die Frage der Gewährung des Jahresurlaubs zu klären. Verschuldensgesichtspunkte seien der Anspruchsnorm des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG fremd. Unabhängig davon falle dem Kläger auch kein Verschulden zur Last. Er habe seinen Urlaubsantrag am 7. November 2007 mit ausreichendem Vorlauf gestellt; der Bezirksregierung sei der Jahresurlaubsanspruch aufgrund des elektronischen Urlaubsregisters bekannt gewesen. Auch sei die – offensichtlich landesweit singuläre – Nichtgewährung des Jahresurlaubs nicht vorhersehbar gewesen. Aber selbst bei einer vorherigen Urlaubsbewilligung wäre damit keine endgültige Klärung verbunden gewesen, weil die Bezirksregierung nach Maßgabe von § 9 EUV NRW aufgrund entgegenstehender dienstlicher Gründe zum Widerruf berechtigt gewesen wäre. Schließlich bestehe weder eine Verpflichtung, die Gewährung ausstehenden Jahresurlaubs zur Voraussetzung eines Zurruhesetzungsantrags zu machen, noch könne verlangt werden, den Zeitpunkt der Zurruhesetzung im Hinblick auf eine vorübergehend nicht mögliche Urlaubsgewährung hinauszuschieben. Nicht entgegen gehalten werden könne ihm auch, dass er gegen die Urlaubsversagung keinen Rechtsschutz ergriffen habe. Dieser Gesichtspunkt sei schon deswegen irrelevant, weil es im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nicht darauf ankomme, ob die ausgesprochene Urlaubsversagung von hinreichenden dienstlichen Belangen getragen und auch im Übrigen rechtmäßig gewesen sei. Unabhängig davon hätte er ohnehin nicht die für einen Anordnungsgrund erforderlichen unzumutbaren Nachteile, die ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung gedroht hätten, nachweisen können, da ihm der Ruhestandseintritt erst mit Bescheid vom 18. Dezember 2007 bewilligt worden sei.
27Die Anspruchsberechtigung werde ferner durch weitere gemeinschaftsrechtliche Grundgedanken des Urlaubsabgeltungsanspruchs, wie sie insbesondere in dem Schlussantrag der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 in der Rechtssache – C-214/19 – zum Ausdruck kämen, belegt. Danach führe es zu einer nicht zu rechtfertigenden Begünstigung des Arbeitgebers bzw. Belastung des Arbeitnehmers, wenn der ihm zustehende Jahresurlaub nicht gewährt werde. Der Kläger habe nämlich in Folge des abgelehnten Urlaubs weiterhin seiner Dienstverpflichtung nachkommen müssen, wodurch der Dienstherr die in die Haushaltsplanung eingestellten Personalkosten in sachlich nicht gerechtfertigter Weise eingespart habe. Das gelte auch bei einer „absichtlichen“ im Sinne einer „intentionellen“ Nichterfüllung des Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber, so dass dem Kläger auch dann ein Urlaubsabgeltungsanspruch zustehe, wenn dienstliche Gründe die Ablehnung des Urlaubsantrags gerechtfertigt hätten.
28Der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch stehe dem Kläger auch in dem begehrten Umfang von 25 Urlaubstagen zu.
29Die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 C 10.12 – vertretene Beschränkung des Urlaubsabgeltungsanspruchs auf den durch Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verbürgten gemeinschaftsrechtlichen Mindeststandard finde im Gemeinschaftsrecht ebenso wenig eine Stütze wie die Anrechnung von gewährten, aber aus den Vorjahren übertragenen Urlaubstagen. Ausschlaggebend dafür sei, dass der Landesgesetzgeber in der Erholungsurlaubsverordnung in Ausfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungsspielräume detaillierte Regelungen insbesondere zum Umfang des Urlaubsanspruchs getroffen habe, die sich auch auf den gemeinschaftsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch auswirkten. Dies folge aus der Funktionsgleichheit, die das Gemeinschaftsrecht dem Urlaubsanspruch und dem Urlaubsabgeltungsanspruch, nämlich die Sicherstellung des Urlaubsgenusses, beimesse. Der Urlaubsabgeltungsanspruch stelle das Surrogat des nicht mehr in natura erfüllbaren Urlaubsanspruchs dar. Das habe zur Folge, dass nationale Regelungen, die über den gemeinschaftsrechtlich garantierten Mindesturlaub hinausgingen, auch auf den Urlaubsabgeltungsanspruch durchschlügen. Diese, auch in den Ausführungen des EuGH in der Entscheidung vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – zum Ausdruck kommende und in dem Schlussantrag der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 in der Rechtssache – C-214/10 – näher erläuterte Funktionsgleichheit führe zu einer gemeinschaftsrechtlich anzunehmenden Akzessorietät von Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch. Daraus folge, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht auf 20 Tage beschränkt sei, sondern der vom Landesgesetzgeber vorgegebene Jahresurlaub von 30 Tagen abzugelten sei. Ebenso seien genommene Urlaubstage, die aus einer Übertragung aus dem Vorjahr resultierten, nicht anspruchsmindernd anzurechnen. Dies werde bestätigt durch aktuelle Entscheidungen des EuGH. Dieser weise in seinem Urteil vom 12. Juni 2014 – C-118/13 – erneut auf die weitergehenden und günstigeren nationalen Regelungen hin. Insbesondere hebe er hervor, dass der Anspruch auf finanzielle Vergütung neben dem nicht vollständig in Anspruch genommenen Jahresurlaub an keine weitere Voraussetzung anknüpfe als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Beschränkung auf den Mindesturlaub lasse sich dieser Entscheidung ebenso wenig entnehmen wie dem Beschluss vom 13. Juni 2013 – C-415/12 –. Darin verdeutliche der EuGH mit der Zuerkennung eines Urlaubsanspruchs von 22 Tagen aus dem Jahr 2010, dass der über den Mindesturlaub nach der Richtlinie 2003/88/EG hinausgehende nationale Urlaubsanspruch zu berücksichtigen sei. Darüber hinaus werde in dieser Entscheidung bestätigt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht auf krankheitsbedingte Hinderungsgründe beschränkt sei.
30Der Kläger beantragt,
31das angefochtene Urteil zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung N. vom 30. Januar 2008 zu verpflichten, an ihn für den im Jahr 2007 nicht genommenen Erholungsurlaub (25 Tage) Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.200,00 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
32Das beklagte Land beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Es führt aus, das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht aus von seinem Willen unabhängigen Gründen daran gehindert gewesen sei, seinen Mindestjahresurlaub im Jahr 2007 in Anspruch zu nehmen. Es greife zu kurz, wenn man nur die Ablehnung des Urlaubsantrags isoliert in den Blick nehme. Denn das Begehren des Klägers sei bereits seit 2002 – zunächst erfolglos – auf ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst gerichtet gewesen. Der damalige Antrag auf Altersteilzeit sei jedoch abgelehnt worden; die nachfolgende Klage sei ohne Erfolg geblieben. Gleichwohl habe der Kläger suggerieren wollen, dass sein kurzfristiger Antrag auf Inanspruchnahme der PEM-Anreize „im Wesentlichen auf Wunsch der Beklagten“ erfolgt sei und nach seiner Lebensplanung „der Urlaubsanspruch vorausblickend problemlos realisiert worden wäre“. Tatsächlich sei dem Kläger im Gegenteil aber klar gewesen, dass es seine eigene Entscheidung gewesen sei, kurzfristig an den PEM-Anreizen teilhaben zu wollen, und er damit die Möglichkeit eingeschränkt habe, den Urlaub vor der Zurruhesetzung zu nehmen.
35Darüber hinaus sei das beklagte Land durch die zwischenzeitliche richtlinienkonforme Umsetzung der in Rede stehenden europarechtlichen Vorgaben durch § 19 a der Verordnung über die Freistellung wegen Mutterschutz für Beamtinnen und Richterinnen, Eltern- und Pflegezeit, Erholungs- und Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Land Nordrhein-Westfalen (FrUrlV NRW) gebunden. Danach sei bei Beendigung des Beamtenverhältnisses ein Abgeltungsanspruch allein für krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommen Mindesturlaub von 20 Tagen pro Urlaubsjahr vorgesehen. Für eine Ausweitung auf andere Fallgestaltungen sei weder unter Berücksichtigung der Richtlinie 2003/88/EG noch des Urteils des EuGH vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – Raum. Bei einer längerfristigen Erkrankung könne der Zweck des Erholungsurlaubs, der in der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Arbeitskraft liege, ohne Dispositionsmöglichkeit des Betroffenen nicht erreicht werden, so dass ein Ausgleich gerechtfertigt sei. In anderen Fällen – wie auch hier – fehle es bereits an dem Erfordernis, einen Ausgleich zu schaffen, weil der Zweck des Erholungsurlaubs in keinem inhaltlichen Zusammenhang zu der nicht erfolgten Inanspruchnahme stehe. Zudem sei der Kläger nicht aus willensunabhängigen Gründen nicht in der Lage gewesen, seinen Anspruch auf Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszuüben. Entscheidend sei, dass sich ohne den kurzfristigen Antrag des Klägers, zum 1. Januar 2008 in den einstweiligen Ruhestand versetzt zu werden, das Problem der Inanspruchnahme des Jahresurlaubs überhaupt nicht gestellt hätte und insofern sein Antrag adäquat ursächlich gewesen sei und nicht lediglich, wie der Kläger meine, mitursächlich.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
39Die dem angegriffenen Urteil zu Grunde liegende Verpflichtungsklage ist unbegründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Abgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) zu. Auch hat er keinen über den Mindesturlaub hinausgehenden Anspruch auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insgesamt zu Recht abgewiesen.
40Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 C 10.12 –:
41"Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).
42a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff.
b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.
44c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.
45Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).
46Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.
47Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.
48d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.
49e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.
50Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch „im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres“ gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.
51f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.
52Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).
53Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.
54g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.
55h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.
56Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, T. -I. - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.
57Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.
58i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25
j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.
60Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.
61k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.
62Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).
63Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar."
64Den in diesem Urteil aufgestellten Rechtsgrundsätzen ist der Senat in der Vergangenheit in seiner ständigen Rechtsprechung gefolgt.
65Vgl. etwa Beschluss vom 16. Januar 2014 – 2855/12 – und Urteil vom 2. April 2013 – 1615/11 –, jeweils nrwe.de.
66Anlass, davon abzuweichen sieht er auch im vorliegenden Verfahren nicht.
67Der Kläger hat im Jahr 2007 den ihm unionsrechtlich zustehenden Mindesturlaub vollständig in Anspruch genommen. Neben den fünf im November und Dezember 2007 bewilligten Urlaubstagen, hatte er nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung schon früher im Jahr 15 weitere Urlaubstage – dabei handelte es sich um Resturlaub aus dem Jahr 2006 – genommen. Bereits deswegen bleibt seine Klage ohne Erfolg.
68Einen darüber hinaus gehenden Anspruch auf finanzielle Abgeltung auch des über den Mindesturlaub von 20 Tagen hinaus gehenden, aus § 5 Abs. 2 der Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen in der bis zum 30. April 2008 gültigen Fassung (EUV NRW) folgenden Urlaubsanspruchs von 30 Tagen vermittelt Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 RL 2003/88/EG hingegen nicht.
69Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem oben wiedergegebenen Urteil vom 31. Januar 2013 umfassend dargestellt, dass der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen bzw. 20 Tage Erholungsurlaub im Jahr beschränkt ist. Diese Einschätzung hat das Bundesverwaltungsgericht in nachfolgenden Entscheidungen mehrfach bestätigt.
70Ebenfalls bereits geklärt ist es nach dem oben zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013, dass es bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG nach dem Zweck dieser Norm nur darauf ankommt, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.
71Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2013 – 1 WRB 2.11 – und vom 25. Juli 2014 – 2 B 57.13 –, jeweils juris.
72Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15. Mai 2014,
73- 2 BvR 324/14 –, juris,
74im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts festgestellt, dass insbesondere aus der Entscheidung des EuGH in der Sache Neidel,
75Urteil vom 3. Mai 2012 – C-337/10 –, juris,
76eindeutig hervorgehe, dass eine Abgeltungspflicht nur für den unionsrechtlichen Mindesturlaub von vier Wochen bzw. 20 Tagen bestehe.
77Es hat in diesem Beschluss ferner ausgeführt, dass nach der Entscheidung des EuGH in der Sache KHS,
78Urteil vom 22. November 2011 – C-214/10 –, juris,
79die Möglichkeit einer unbegrenzten Ansammlung von Mindesturlaub unionsrechtlich gerade nicht geboten sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass Mindesturlaub nicht als genommen gelten dürfe, wenn es sich insoweit um Resturlaub aus dem Vorjahr gehandelt habe, trage daher nicht.
80Die vom Kläger vorgebrachten Argumente für eine weitergehende finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen greifen nicht durch. Insbesondere lässt die Rechtsprechung des EuGH, auf die sich der Kläger zur Begründung seiner Einschätzung beruft, nicht die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen zu.
81Das betrifft zunächst die vom Kläger behauptete unionsrechtliche Gewährleistung einer Abgeltung von insgesamt 30 Urlaubstagen pro Jahr. Er meint, die u.a. in dem Urteil vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – und dem Schlussantrag der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 in der Rechtssache – C-214/10 – zum Ausdruck kommende Funktionsgleichheit, die das Gemeinschaftsrecht dem Urlaubsanspruch und dem Urlaubsabgeltungsanspruch beimesse, führe zu einer (vollständigen) Akzessorietät dieser beiden Ansprüche. Das habe zur Folge, dass Regelungen, die der nationale Gesetzgeber in Ausfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungsspielräume getroffen habe, auch auf den Urlaubsabgeltungsanspruch durchschlügen.
82Der Kläger vernachlässigt mit dieser Argumentation, dass das Unionsrecht in Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG nur einen Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen vorsieht und gerade deswegen auch die vom Kläger herausgestellte Funktionsgleichheit bzw. Akzessorietät von Urlaubsanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch nur einen unionsrechtlich gewährleisteten Abgeltungsanspruch in diesem Umfang begründen kann. Der EuGH hat im Übrigen in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – ausdrücklich festgestellt, dass das Unionsrecht mit Art. 7 RL 2003/88/EG gerade auch dann, wenn nationale Bestimmungen zusätzlich zu dem bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren, keinen entsprechend weitergehenden finanziellen Ausgleichsanspruch verlangt.
83Aus dem weiter angeführten Beschluss des EuGH vom 13. Juni 2013 – C-415/12 – ergibt sich nichts Abweichendes. Der Umstand, dass sich diesem Beschluss „keine Beschränkung auf Mindesturlaub entnehmen lässt“, gibt schon wegen des abweichenden Verfahrensgegenstandes nichts für den Umfang des hier streitigen Abgeltungsanspruchs her. In der benannten Entscheidung stand die Vereinbarkeit einer Kürzung eines nicht in Anspruch genommenen Urlaubsanspruches bei Übergang zu einer Teilzeitbeschäftigung insbesondere mit RL 97/81/EG bzw. RL 98/23/EG zur Überprüfung.
84Auch das Urteil des EuGH vom 12. Juni 2014 – C-118/13 – rechtfertigt keine andere Bewertung hinsichtlich der Begrenzung des Abgeltungsanspruchs auf den Mindesturlaub von 20 Tagen. Das folgt bereits daraus, dass die Vorlagefragen ausdrücklich nur den durch Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG auf vier Wochen beschränkten Mindestjahresurlaub zugrunde gelegt und diesen nicht als solchen zur Überprüfung gestellt haben. Hätte der EuGH gleichwohl von seinen eindeutigen Feststellungen in dem Urteil vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – abweichen wollen, hätte er dies zudem – gerade auch mit Blick auf die diese Frage nicht aufwerfende Vorlage – eindeutig zum Ausdruck bringen müssen und ohne Zweifel auch zum Ausdruck gebracht.
85Entsprechendes gilt in Bezug auf das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommene Urteil des EuGH vom 18. März 2004 – C-342/01 –. Zunächst ist der dort entschiedene Fall weder von seiner tatsächlichen Ausgangslage noch von den maßgeblichen rechtlichen Grundlagen mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbar. Aber selbst unterstellt, der EuGH hätte darin die Annahme aufgestellt, dass der gesamte dem Arbeitnehmer nach nationalem Recht zustehende Urlaub abzugelten wäre, so hätte er diese Rechtsprechung jedenfalls mit seinem Urteil vom 3. Mai 2012 – C-337/10 – aufgegeben.
86Ebenso wenig ist den vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des EuGH zu entnehmen, dass im Jahr des Ausscheidens genommene Urlaubstage, die aus einer Übertragung aus dem Vorjahr resultierten, nicht auf den Mindesturlaub angerechnet werden dürften. In den Urteilen vom 3. Mai 2012 – C-337/10 –, vom 22. November 2011 – C-214/10 – und vom 20. Januar 2009 – C-350/06 – bringt der EuGH vielmehr (lediglich) zum Ausdruck, dass Art. 7 RL 2003/88/EG nur dann einem Erlöschen des Anspruchs entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und deshalb seinen mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub nicht ausüben konnte. Der Kläger macht schon nicht geltend, dass er im vorangegangenen Jahr 2006 keine 20 Tage Mindesturlaub in Anspruch genommen hat. Einen entsprechenden Abgeltungsantrag hat er nicht gestellt. Auch ist nichts dafür ersichtlich, dass eine der Inanspruchnahme von Urlaub entgegenstehende Erkrankung vorgelegen haben könnte.
87Nichts anderes lässt sich dem Urteil des EuGH vom 12. Juni 2014 – C-118/13 – entnehmen. Auch danach verlangt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann die Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaubs, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub nicht wahrnehmen konnte.
88Ohne dass es nach Vorstehendem noch darauf ankäme, sieht sich der Senat mit Blick auf das umfassende Vorbringen der Beteiligten, insbesondere des Klägers, zur Ursache der Nichtinanspruchnahme von Urlaubstagen zu folgenden, nicht entscheidungstragenden Anmerkungen veranlasst:
89Der unionsrechtliche Abgeltungsanspruch wird grundsätzlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Unterschreitung des unionsrechtlichen Mindesturlaubs von vier Wochen – anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall – nicht auf Krankheit ist, sondern darauf beruht, dass der Dienstherr einem Urlaubsantrag des Beamten im Umfang des Mindesturlaubsanspruchs nicht oder nur teilweise entsprochen hat.
90Zunächst steht der unmittelbaren Heranziehung der unionsrechtlichen Regelung in Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG als Anspruchsgrundlage in einem solchen Fall nicht entgegen, dass der Landesgesetzgeber des beklagten Landes mit § 19 a FrUrlV NRW mittlerweile die finanzielle Abgeltung von Mindesturlaub bei Beendigung des Beamtenverhältnisses geregelt hat. Denn diese Vorschrift ist erst am 31. Oktober 2013 in Kraft getreten (ÄndVO vom 15. Oktober 2013, GV. NRW. S. 576), also auf Erholungsurlaub aus früheren Jahren wie hier nicht anzuwenden. Unabhängig davon dürfte die ausdrücklich nur den Ausgleich krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Mindesturlaubs erfassende Regelung (vgl. Abs. 1 Satz 1) mit Blick auf ihren eindeutigen Wortlaut schwerlich einer analogen Anwendung zugänglich sein.
91Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 RL 2003/88/EG enthält allerdings keine Beschränkung der Verpflichtung zum finanziellen Ausgleich für nicht in Anspruch genommenen Mindesturlaub auf Krankheitsfälle. Eine solche Verengung des Geltungsbereichs findet im Wortlaut der Richtlinie keine Grundlage.
92Aber auch der Blick auf den Sinn und Zweck des unionsrechtlichen Ausgleichsanspruchs, wie er in der Rechtsprechung des EuGH zum Ausdruck kommt, zeigt, dass die finanzielle Ausgleichsverpflichtung des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn nicht auf die krankheitsbedingte Nichtinanspruchnahme des Mindesturlaubs beschränkt ist.
93Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG soll verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen der Vereitelung des Mindesturlaubs durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder Genuss bezahlten Jahresurlaubs verwehrt wird. Danach ist eine finanzielle Vergütung (immer) dann zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage war, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszuüben.
94EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – C-350/06 –, juris, Rn. 56, 61.
95Auch wenn in den vom EuGH entschiedenen Fällen der Arbeitnehmer in Folge des Eintritts einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht in den Genuss des Mindesturlaubs gekommen war, bedeutet dies nicht, dass der finanzielle Abgeltungsanspruch auf Krankheitsfälle beschränkt ist. In den fraglichen Entscheidungen kommt deutlich zum Ausdruck, dass maßgeblich für den Anspruch auf finanzielle Abgeltung des nicht in Anspruch genommenen Urlaubs der Umstand ist, dass der Arbeitnehmer (willensunabhängig) nicht die Möglichkeit hatte, den ihm nach der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben.
96Vgl. EuGH, Urteile vom 12. Juni 2014 – C 118/13 –, juris, Rn. 18 und 23 bis 26, vom 3. Mai 2012 – C-337/10 –, juris, Rn. 29, vom 22. November 2011 – C-214/10 –, juris, Rn. 26 bis 28, und vom 20. Januar 2009 – C-350/06 –, a.a.O., Rn. 43, 52, 55, 61.
97Eine Verengung des finanziellen Abgeltungsanspruchs allein auf Krankheitsfälle ließe sich auch sonst nicht mit dem von Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG mit der Festlegung eines Mindesturlaubsanspruchs verfolgten Sinn und Zweck vereinbaren. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft anzusehen, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der Richtlinie 2003/88/EG selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen.
98Vgl. EuGH, Urteile vom 12. Juni 2014 – C 118/13 –, , Rn. 20, vom 3. Mai 2012 – C-337/10 –, juris, Rn. 28, vom 22. November 2011 – C-214/10 –, , Rn. 37, und vom 20. Januar 2009 – C-350/06 –, , Rn. 22 ff., jeweils a.a.O. und mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
99Der in Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG vorgesehenen finanziellen Abgeltung kann, wie dem zweiten Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 1 RL 2003/88/EG mittelbar zu entnehmen ist, (ebenfalls) keine andere Funktion zugeordnet werden als der Schutz der Sicherheit und der Gesundheit des Arbeitnehmers.
100Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 – C-214/10 –, a.a.O., Rn. 31; Schlussanträge der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 – C-214/10 – , juris, Rn. 60 ff.
101(Nur) dann, wenn es dem Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist, tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, sieht Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG eine finanzielle Vergütung vor.
102Vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – C-350/06 –, a.a.O., Rn. 46-48, 56; Schlussanträge der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 – C-214/10 – , a.a.O., Rn. 35.
103Zwischen Mindesturlaubsanspruch und Abgeltungsanspruch besteht demnach eine Funktionsidentität. Die finanzielle Abgeltung stellt das Surrogat für den nicht in Anspruch genommenen Urlaub dar. Die Auszahlung einer finanziellen Vergütung verhindert, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit der Ausübung des Anspruchs auf Jahresurlaub der Genuss dieses Anspruchs (insgesamt) verwehrt wird.
104Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 – C-214/10 – , a.a.O., Rn. 45, 67.
105Mit dieser, in der Rechtsprechung des EuGH zum Ausdruck kommenden Bedeutung des Mindesturlaubsanspruchs wäre es nicht vereinbar, wenn ausschließlich in Krankheitsfällen sichergestellt wäre, dass der Arbeitnehmer in den Genuss des ihm zustehenden Mindesturlaubs bzw. des entsprechenden Surrogats der finanziellen Abgeltung käme, während er bei einer sonstigen willensunabhängigen Vorenthaltung seinen Urlaubsanspruch ersatzlos verlöre.
106Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin U. vom 7. Juli 2011 – C-214/10 – , a.a.O., Rn. 45.
107Folgt aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ein Abgeltungsanspruch für Fälle, in denen – wie u.a. im Krankheitsfall – die Vereitelung des Urlaubs auf weder dem Arbeitnehmer noch dem Arbeitgeber unmittelbar zuzurechnenden Unwägbarkeiten beruht, wird deutlich, dass ein Abgeltungsanspruch erst recht zu bejahen ist, wenn die Nichtinanspruchnahme etwa darauf beruht, dass der Beamte seinen Urlaubsanspruch an sich hätte ausüben können, der Dienstherrn ihm den beantragten Urlaub jedoch nicht gewährt hat. Der Beamte ist insoweit der Dispositionsbefugnis seines Dienstherrn unterworfen und zur Dienstleistung verpflichtet. Übt der Dienstherr seine Dispositionsbefugnis dahingehend aus, dass er der Erledigung bestimmter Aufgaben durch den Beamten und dessen Dienstleistung den Vorrang gegenüber der Gewährung des dem Beamten zustehenden Mindesturlaubs (in der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. bis zur Zurruhesetzung verbleibenden Zeit) einräumt, muss er dem Beamten den Urlaubsanspruch jedenfalls in Gestalt eines finanziellen Äquivalents zu Gute kommen lassen.
108Vgl. dazu auch BAG, Urteil vom 19. Juni 2012 – 9 AZR 652/10 –, juris, und LAG Düsseldorf, Urteile vom 31. März 2010 – 12 Sa 1512/09 – und vom 2. Februar 2009 – 12 Sa 486/06 – , jeweils juris.
109Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Beamte mit einer (kurzfristigen) Beantragung seiner einstweiligen Zurruhesetzung selbst und willentlich die Beendigung des (aktiven) Dienstverhältnisses herbeigeführt hat. Denn maßgeblich für das Bestehen des Abgeltungsanspruchs ist nicht, ob die Beendigung des Beschäftigungs- oder Dienstverhältnisses aus Gründen erfolgte, die der Willensfreiheit des Arbeitnehmers bzw. Beamten unterlagen, sondern ob die Nicht-inanspruchnahme des Mindesturlaubs unmittelbares Ergebnis einer Willensentscheidung des Betroffenen selbst war. Mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, auf dessen Zeitpunkt der Dienstherr zudem regelmäßig einen Einfluss hat, werden lediglich die Rahmenbedingungen für die Ausübung des Mindesturlaubsanspruchs verändert.
110Diese Sichtweise findet ihre Bestätigung bei einem Vergleich mit der Anspruchsberechtigung bei krankheitsbedingter Nichtinanspruchnahme des Mindesturlaubs. In diesen Fällen ist es (ebenfalls) nicht entscheidend, ob die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitnehmer veranlasst worden ist. Der Abgeltungsanspruch eines Beamten steht nicht etwa dann in Frage, wenn er nicht von Amts wegen (vgl. § 34 LBG NRW) zur Ruhe gesetzt worden ist oder wegen Erreichens der Regelaltersgrenze (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW) in den Ruhestand tritt, sondern besteht auch dann, wenn er die (vorzeitige) Zurruhesetzung selbst beantragt hat (vgl. § 33 Abs. 3 LBG NRW) oder sonst auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist. Dementsprechend enthält auch die landesrechtliche Regelung zur finanziellen Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Mindesturlaub in § 19 a FrUrlV keine Vorgaben dazu, in welcher Weise die Beendigung des Beamtenverhältnisses eingetreten sein muss.
111Schließlich ist es für die Anspruchsberechtigung nicht von Belang, ob der Beamte seinen Jahresurlaub bereits für einen früheren Zeitraum im streitigen Urlaubsjahr hätte beantragen können, für den der Dienstherr ihm (wohl) auch Urlaub bewilligt hätte. Denn auch unter dieser Voraussetzung war der Beamte letztlich wegen der Ablehnung seines Urlaubsantrags, d.h. unabhängig von seinem Willensentschluss, nicht in der Lage, den ihm noch zustehenden Mindesturlaub in Anspruch zu nehmen. Erst die ablehnende Entscheidung des Dienstherrn war unmittelbar kausal dafür, dass der Urlaub nicht mehr genommen werden konnte.
112Vgl. entsprechend zur krankheitsbedingten Nichtinanspruchnahme OVG NRW, Urteil vom 22. August 2012 – 1 A 2122/10 –, juris, Rn. 21.
113Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
114Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.

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(1) Durch die Besitzeinweisung wird zu dem im Besitzeinweisungsbeschluß bezeichneten Zeitpunkt dem Eigentümer und, wenn ein anderer unmittelbarer Besitzer ist, auch diesem der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Durch die Besitzeinweisung wird ein Recht zur Nutzung des Grundstücks insoweit ausgeschlossen, als die Ausübung der Nutzung mit dem Zweck der Besitzeinweisung nicht vereinbar ist.
(2) Die Besitzeinweisungsentschädigung wird ohne Rücksicht darauf, ob Klage nach § 59 Abs. 1 erhoben wird, mit dem Zeitpunkt, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird (§ 39 Abs. 1 Nr. 5), fällig. Bei einer wiederkehrenden Entschädigung wird die erste Rate zu dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt fällig.
(1) Der Besitzeinweisungsbeschluß muß enthalten
- 1.
die Bezeichnung der durch die Besitzeinweisung Betroffenen, des Bundes als Antragsteller und des Eingewiesenen sowie des Zweckes, für den die Enteignung vorgesehen ist; - 2.
die Bezeichnung des Gegenstands der Besitzeinweisung; hierbei soll - a)
das von der Enteignung betroffene Grundstück nach Größe, grundbuchmäßiger, katastermäßiger oder sonst üblicher Bezeichnung angegeben werden; im Fall der Enteignung eines Grundstücksteils ist bei der Besitzeinweisung die Begrenzung dieses Teiles zu beschreiben; - b)
soweit ein Recht an einem Grundstück (§ 12 Abs. 1) Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach Inhalt und grundbuchmäßiger Bezeichnung angegeben werden; - c)
soweit ein sonstiges Recht im Sinne des § 12 Abs. 1 Buchstabe b Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens angegeben werden;
- 3.
die Entscheidung über die gegen den Besitzeinweisungsbeschluß erhobenen Einwendungen der durch die Besitzeinweisung Betroffenen; - 4.
die Festsetzung einer Besitzeinweisungsentschädigung; - 5.
den Zeitpunkt, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird.
(2) Der Besitzeinweisungsbeschluß ist dem Betroffenen, dem Bund als Antragsteller und dem Eingewiesenen zuzustellen. Er ist mit einer Rechtsmittelbelehrung und einer Belehrung über das Antragsrecht nach § 41 zu versehen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soldaten mit Dienstbezügen nach der Bundesbesoldungsordnung A erhalten für tatsächlich geleistete Dienste in den in § 30c Absatz 4 des Soldatengesetzes genannten Fällen eine Vergütung, soweit ein über einen dienstfreien Tag im Kalendermonat hinausgehender zeitlicher Ausgleich nicht gewährt werden kann.
(2) Die Vergütung beträgt 91 Euro für jeden Tag, für den keine Freistellung vom Dienst gewährt werden kann.
(3) Die Vergütung wird nicht gewährt
- 1.
neben Auslandsbesoldung nach Abschnitt 5, - 2.
für Dienst, der als erzieherische Maßnahme angeordnet worden ist, sowie für Dienst, der während der Vollstreckung von gerichtlicher Freiheitsentziehung, Disziplinararrest oder Ausgangsbeschränkung geleistet worden ist, - 3.
im Spannungs- oder Verteidigungsfall, - 4.
für Dienst im Bereitschaftsfall.
(4) Neben der Vergütung nach Absatz 1 wird keine Vergütung nach den §§ 50 und 50b gewährt.
Das Beamtenverhältnis endet durch
- 1.
Entlassung, - 2.
Verlust der Beamtenrechte, - 3.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach dem Bundesdisziplinargesetz oder - 4.
Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.
(1) In der schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:
- 1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe (Leistungsvereinbarung) und - 2.
die Vergütung der Leistungen der Eingliederungshilfe (Vergütungsvereinbarung).
(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen:
- 1.
der zu betreuende Personenkreis, - 2.
die erforderliche sächliche Ausstattung, - 3.
Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe, - 4.
die Festlegung der personellen Ausstattung, - 5.
die Qualifikation des Personals sowie - 6.
soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
(3) Mit der Vergütungsvereinbarung werden unter Berücksichtigung der Leistungsmerkmale nach Absatz 2 Leistungspauschalen für die zu erbringenden Leistungen unter Beachtung der Grundsätze nach § 123 Absatz 2 festgelegt. Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Leistungspauschalen sind nach Gruppen von Leistungsberechtigten mit vergleichbarem Bedarf oder Stundensätzen sowie für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte (§ 116 Absatz 2) zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Fachleistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.
(4) Die Vergütungsvereinbarungen mit Werkstätten für behinderte Menschen und anderen Leistungsanbietern berücksichtigen zusätzlich die mit der wirtschaftlichen Betätigung in Zusammenhang stehenden Kosten, soweit diese Kosten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse beim Leistungserbringer und der dort beschäftigten Menschen mit Behinderungen nach Art und Umfang über die in einem Wirtschaftsunternehmen üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen. Können die Kosten im Einzelfall nicht ermittelt werden, kann hierfür eine Vergütungspauschale vereinbart werden. Das Arbeitsergebnis des Leistungserbringers darf nicht dazu verwendet werden, die Vergütung des Trägers der Eingliederungshilfe zu mindern.
(1) Dieses Gesetz regelt die Besoldung der
- 1.
Beamten des Bundes; ausgenommen sind Ehrenbeamte, - 2.
Richter des Bundes; ausgenommen sind ehrenamtliche Richter, - 3.
Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit.
(2) Zur Besoldung gehören folgende Dienstbezüge:
- 1.
Grundgehalt, - 2.
Leistungsbezüge für Professoren sowie hauptberufliche Leiter von Hochschulen und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen, - 3.
Familienzuschlag, - 4.
Zulagen, - 5.
Vergütungen, - 6.
Auslandsbesoldung.
(3) Zur Besoldung gehören ferner folgende sonstige Bezüge:
(4) Dieses Gesetz gilt nicht für die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihre Verbände.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Einwendungen, die nicht während der Fristen des § 31 Abs. 4 und des § 32 Abs. 2 vorgebracht worden sind, sind gegenüber der Enteignungsbehörde spätestens im Termin zu erheben; sie sollen nebst ihrer Begründung schriftlich im Termin vorgelegt werden. Nach diesem Zeitpunkt vorgebrachte Einwendungen und Anträge werden nicht mehr berücksichtigt; dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
(2) Mündliche Einwendungen sind in die Niederschrift aufzunehmen.
(1) Die Enteignungsbehörde stellt einen Plan auf, aus dem die Grundstücke ersichtlich sind, die von der Enteignung betroffen werden.
(2) Ein Auszug des Plans nebst einem Verzeichnis, in dem die von der Enteignung betroffenen Grundstücke nach ihrer grundbuchmäßigen, katastermäßigen oder sonst üblichen Bezeichnung unter Angabe des Namens und des Wohnorts des Eigentümers, soweit diese aus dem Grundbuch ersichtlich oder der Enteignungsbehörde bekannt sind, aufgeführt sind, ist in der betreffenden Gemeinde einen Monat öffentlich auszulegen. Die Enteignungsbehörde kann die Auslegungsfrist verlängern.
(3) Zeit, Dauer und Ort der öffentlichen Auslegung sind den Beteiligten mitzuteilen, es sei denn, daß bei ihnen die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung vorliegen (§ 10 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes). Diese Tatsachen sind außerdem vorher, soweit sie nicht durch die Gemeinde ortsüblich bekanntgegeben werden, durch die Enteignungsbehörde in den Zeitungen bekanntzumachen, die in den für die Grundstücke zuständigen Orten verbreitet sind. In der Bekanntmachung sind die Beteiligten, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind (§ 29 Abs. 1 Nr. 3), aufzufordern, ihre Rechte bei der Enteignungsbehörde anzumelden.
(4) Während der Auslegungsfrist kann jeder Beteiligte Einwendungen gegen den Plan und Anträge nach § 26 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 bei der Gemeinde schriftlich einreichen oder zur Niederschrift geben.
(5) Die Enteignungsbehörde teilt dem Grundbuchamt, in dessen Bezirk die von dem Plan betroffenen Grundstücke liegen, zu deren Grundakten den Zeitpunkt des Beginns der öffentlichen Auslegung des Plans mit. Das Grundbuchamt hat die Enteignungsbehörde von allen Eintragungen zu benachrichtigen, die nach diesem Zeitpunkt in den Grundbüchern der betroffenen Grundstücke vorgenommen worden sind oder vorgenommen werden.
(1) Nach Ablauf der Frist (§ 31 Abs. 2, § 32 Abs. 2) ist der Plan in einem nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin (Planprüfungstermin) mit den Beteiligten zu erörtern. Im Fall des § 32 tritt an die Stelle des Plans das Verzeichnis gemäß § 31 Abs. 2.
(2) Zu dem Termin sind zu laden
- 1.
der Bund, - 2.
von den sonstigen Beteiligten außer dem Eigentümer diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, - 3.
die Gemeinde und der Landkreis.
(3) Der Ladung des Eigentümers ist ein Auszug aus dem Plan, der die ihn berührenden Teile des Plans enthält, beizufügen.
(4) Das Verfahren wird auch bei Nichterscheinen der zum Termin Geladenen fortgesetzt.
(5) In der Ladung ist auf die Vorschriften des Absatzes 4 und des § 34 hinzuweisen.
(6) Tag und Ort des Termins sind, soweit sie nicht durch die Gemeinde ortsüblich bekanntgemacht werden, durch die Enteignungsbehörde in den Zeitungen bekanntzumachen, die in den für die Grundstücke zuständigen Orten verbreitet sind. Hierbei sind diejenigen, deren Rechte durch das Enteignungsverfahren beeinträchtigt werden, aufzufordern, ihre Rechte im Termin wahrzunehmen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:
- 1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. - 2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.