Verwaltungsgericht Köln Urteil, 18. Jan. 2016 - 19 K 5267/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger absolvierte ab 2008 seine Ausbildung zum Kommissaranwärter. Im Rahmen seines Bachelorstudiums an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (FHöV NRW) legte er in der Folgezeit die Modulprüfungen bis auf den 3000 m-Lauf (Teilmodul 7, Körperliche Leistungsfähigkeit) erfolgreich ab. Zum 3000 m-Lauf trat er erstmals am 02.03.2011 an. Er musste diesen Lauf - nach seinen Angaben wegen einer Schienbeinentzündung - abbrechen. Die Prüfung wurde als nicht bestanden gewertet. In der Folgezeit konnte er an mehreren Prüfungsterminen im Jahr 2011 für die Wiederholungsprüfung krankheitsbedingt nicht teilnehmen. Ein weiterer Prüfungsversuch sollte am 05.04.2012 stattfinden. Auch an dieser Prüfung nahm der Kläger nicht teil, nachdem er nach seinen Angaben am Abend des Vortages Zeuge geworden war, wie ein Selbstmörder versucht hatte, sich im Rhein zu ertränken und er sich bei seinem erfolglosen Rettungsversuch neben einer Blasenentzündung eine Verletzung am Bein zugezogen hatte.
3Mit Bescheid vom 10.04.2012 gab die FHöV NRW - Prüfungsamt - dem Kläger auf, dass er sich im Falle eines weiteren krankheitsbedingten Rücktritts von jeder weiteren anberaumten Nachholung der Wiederholungsprüfung „Laufabnahme 3000 Meter“ zwingend bei einer Polizeiärztin/einem Polizeiarzt am Tag der Prüfung vorzustellen habe und dass das polizeiärztliche Attest dem Prüfungsamt vorzulegen sei.
4Der nächste Termin für die Wiederholung der Laufabnahme war auf den 23.05.2012 festgesetzt. Zu der Prüfung trat der Kläger nicht an. Mit Bescheid vom 13.06.2012 erklärte das Prüfungsamt der FHöW NRW die Wiederholungsprüfung der Laufabnahme im "Berufspraktischen Training (BPT),Teilmodul 7 – Körperliche Leistungsfähigkeit " vom 23.05.2012 für nicht bestanden. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger zur Prüfung nicht erschienen sei. Zum Rücktritt berechtigende Gründe habe er nicht geltend gemacht. Am 23.05.2012 habe der Polizeiarzt Dr. med. I. keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Durchführung des 3000 m-Laufs attestiert. Er habe damit das Teilmodul 7 – körperliche Leistungsfähigkeit – und damit das BPT sowie die gesamte Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden.
5Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 13. 06. 2012 blieben erfolglos (VG Köln, Urteil vom 23. 01. 2014 - 6 K 5183/12 -)
6Mit Ablauf des 21. 06. 2012 wurde der Kläger aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen.
7Unter dem 23. 06. 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm noch zustehende Resturlaubstage finanziell abzugelten.
8Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. 03. 2013 ab. Den dagegen unter dem 12. 04. 2013 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. 08. 2014, zugestellt am 26. 08. 2014, zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, der Kläger könne sich nicht auf die zur Abgeltung krankeitsbedingt nicht genommenen Urlaubs ergangene Rechtsprechung des EuGH berufen, weil er nicht krankheitsbedingt daran gehindert gewesen sei, seinen Erholungsurlaub zu nehmen.
9Der Kläger hat am 25. 09. 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er unter anderem vor, der Kläger habe im Jahr 2009 lediglich 16 Urlaubstage und im Jahr 2012 überhaupt keinen Urlaub in Anspruch genommen. Die maßgeblichen Entscheidungen des EuGH und des BVerwG würden die Abgeltungspflicht keinesfalls nur auf krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Urlaub beschränken. Der Anspruch ergebe sich auch unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 der EU Richtlinie 2003/88. Maßgeblich sei, dass die Nichtinanspruchnahme des Urlaubs nicht auf einer Willensentscheidung des Klägers beruht habe.
10Der Kläger beantragt sinngemäß,
11die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 12. 03. 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 18. 08. 2014 zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2009 insgesamt 4 Urlaubstage und für das Jahr 2012 insgesamt 20 Urlaubstage abzugelten.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie führt unter anderem aus, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht, da der Kläger während seiner Dienstzeit keine andauernden Ausfallzeiten wegen Krankheit gehabt habe, die ihn daran gehindert hätten, seinen Jahresurlaub zu nehmen. Er könne sich deshalb auch nicht auf die Vorschrift des § 19 a FrUrlV NRW berufen Der Kläger habe auch nach dem mehrfachen Nichtantreten zu der vorgeschriebenen Prüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit und dem Nichterbringen der geforderten Prüfungsleistung damit rechnen müssen, aus dem Beamtenverhältnis entlassen zu werden.
15Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Das Gericht konnte gem. § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
19Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
20Die Ablehnung der begehrten Urlaubsabgeltung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer finanziellen Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs.
21Die Voraussetzungen des § 19 a FrUrlV NRW und der von der Rechtsprechung des EuGH vor Erlass dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG für die Abgeltung von Resturlaub sind nicht gegeben. § 19 a FrUrlV NRW sieht eine Abgeltung nur von krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub vor. Der Kläger macht nicht geltend, dass er krankheitsbedingt an der Inanspruchnahme des Urlaubs gehindert war.
22Es kann dahinstehen, ob die Vorschrift des § 19 a FrUrlV NRW oder die von der Rechtsprechung des EuGH vor Erlass dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG auf andere als Krankheitsgründe entsprechend angewendet werden können. Voraussetzung eines solchen Anspruchs wäre jedenfalls, dass der Beamte aus von seinem Willen unabhängigen Gründen nicht in der Lage war, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende des Beamtenverhältnisses auszuüben, er also willensunabhängig nicht die Möglichkeit hatte, den ihm nach der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben.
23Vgl. EuGH, Urteile vom 12. 06. 2014 - C 118/13 -, juris, vom 03. 05. 2012 - C 337/10 -, juris, vom 22. 11. 2011 - C-214/10 -, juris und vom 20. 01. 2009 - C-350/06 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 03. 06. 2015 - 6 A 2326/12 -, juris.
24Daran fehlt es vorliegend. Der Kläger war nicht daran gehindert, im Jahr 2009 oder vor dem 21. 06. 2012 den ihm zustehenden Urlaub in Anspruch zu nehmen. Die Nichtinanspruchnahme des Urlaubs in dieser Zeit beruhte darauf, dass der Kläger entsprechende Urlaubsanträge nicht gestellt hatte. Gründe in der Sphäre des Dienstherrn, die einer Urlaubsgewährung entgegengestanden hätten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es beruhte auf einer willentlichen Entscheidung des Klägers, dass er vor der Beendigung des Beamtenverhältnisses mit Ablauf des 21. 06. 2012 die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub nicht wahrgenommen hatte. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die vorzeitige Beendigung des Beamtenverhältnisses für ihn überraschend gekommen sei. Nach dem wiederholten Nichtantreten der Laufprüfung muss dem Kläger bewusst gewesen sein, dass die konkrete Möglichkeit des Scheiterns auch im letzten Versuch am 23. 05. 2012 bestand. Die Beendigung des Widerrufsbeamtenverhältnisses nach dem Nichtantreten auch am 23. 05. 2012 konnte den Kläger deshalb nicht mehr überraschen. Im Übrigen beruhte auch das endgültige Nichtbestehen der Laufprüfung nicht auf Gründen, die in der Sphäre des Dienstherrn lagen. Vielmehr sind die Gründe, die zum endgültigen Nichtbestehen der Prüfung führten, der Sphäre des Klägers zuzurechnen. Es liegt in der Person des Klägers begründet, dass er vor dem 21. 06. 2012 keinen Urlaub genommen hat und nach dem 21. 06. 2012 keinen Urlaub mehr nehmen konnte.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
26Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.