Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 28. Sept. 2015 - 13 D 116/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt Entschädigung wegen überlanger Dauer des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 4 L 1371/13.
3Dieses steht im Zusammenhang mit dem Bemühen des 1953 geborenen Klägers, im Land Nordrhein-Westfalen die Zweite juristische Staatsprüfung abzulegen. Damit ist er bisher in allen Versuchen bereits im schriftlichen Teil gescheitert, weil jeweils sechs von seinen acht Klausuren mit „mangelhaft“ bewertet wurden. Aufgrund dessen stellte das zuständige Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen (LJPA) in entsprechenden Bescheiden zum jeweiligen Prüfungsversuch das Nichtbestehen des Klägers fest; zu einer mündlichen Prüfung kam es nicht.
4Nach jeweils erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens beim LJPA unter Beteiligung der entsprechenden Prüfer erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht zu jedem der Prüfungsversuche eine auf Neubewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten gerichtete Klage gegen den Beklagten. Dahinter stand die Absicht, bei erfolgreicher Klage zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden. Zu jeder dieser Klagen stellte er nach einer gewissen Zeit beim Verwaltungsgericht Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, ihn vorläufig zur mündlichen Prüfung zuzulassen und zum nächstmöglichen Prüfungstermin zu laden.
5Zu dem jeweiligen Prüfungsversuch waren die folgenden Verfahren beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anhängig:
6 Zum 1. Versuch das Klageverfahren 4 K 3173/12 und das Eilverfahren 4 L 1520/12;
7 zum 1. Wiederholungsversuch das Klageverfahren 4 K 5374/12 und das Eilverfahren 4 L 1371/13;
8 zum 2. Wiederholungsversuch das Klageverfahren 4 K 2916/13 und das Eilverfahren 4 L 566/14.
9Gegenstand dieser Entschädigungsklage ist das Eilverfahren VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13.
10Der Kläger stellte am 8. Oktober 2013 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Beklagten. Den Antrag, für den er zugleich Prozesskostenhilfe beantragte, bezog er nach der Begründung auf den 1. Wiederholungsversuch und das Klageverfahren 4 K 5374/12 sowie den 2. Wiederholungsversuch und das Klageverfahren 4 K 2916/13. Die einstweilige Anordnung sei geboten, da es nicht unwahrscheinlich sei, dass ihm bei einer Neubewertung der schriftlichen Arbeiten die fehlenden zwei Punkte zur Zulassung zur mündlichen Prüfung zuerkannt würden, und es nicht zumutbar sei, sein Prüfungswissen über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.
11Zu der am 16. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht vorliegenden Erwiderung des LJPA nahm der Kläger am 30. Oktober 2013 Stellung.
12Nach einer Akteneinsicht an Gerichtsstelle drängte der Kläger mit an das Verwaltungsgericht gerichtetem Schreiben vom 28. November 2013 auf Entscheidung.
13Unter dem 10. Dezember 2013 machte er gegenüber dem Verwaltungsgericht geltend, das LJPA solle sich zu der Anregung des Verwaltungsgerichts äußern, ihm die Teilnahme an einer mündlichen Prüfung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ zu ermöglichen; sollte das LJPA dies ablehnen, solle das Gericht entscheiden. Hierauf teilte der Berichterstatter unter dem 12. Dezember 2013 mit, sein Begehren stütze sich auf sämtliche Einwendungen aus zwei Prüfungsverfahren, weshalb alle Einwendungen aus den Verfahren 4 K 5374/12 und 4 K 2916/13 zu prüfen seien; diese umfangreiche Prüfung sei aufgrund des derzeitigen Anhangs noch nicht abgeschlossen und werde zumindest noch den Monat Januar 2014 benötigen.
14Am 8. Januar 2014 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht gemäß § 198 Abs. 3 GVG Verzögerungsrüge und machte im Wesentlichen geltend: Ihm entstehe durch die Verzögerung materieller Schaden dadurch, dass Kosten für die Auffrischung und Aktualisierung des Prüfungswissen z. B. durch den Besuch von Repetitorien anfielen, und sich als immaterieller Schaden seine Zeit und Mühe für die Auffrischung und Aktualisierung des Prüfungswissens ergebe. Nach seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 2013 sei die Sache nach einer Äußerungsfrist von zwei Wochen spätestens ab dem 15. November 2013 entscheidungsreif, zumal die Gerichts- und Behördenakten in den Klageverfahren 4 K 5374/12 und 4 K 2916/13 seit sechs bzw. zwölf Monaten vorlägen. Er erinnerte an die Intervention des Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren 4 L 1520/12, die nach 8 ½ Monaten zur Entscheidung der Eilrechtssache geführt habe.
15Nach Übermittlung der Verzögerungsrüge an das LJPA lag die Eilsache dem Berichterstatter – abgesehen von einer weiteren Akteneinsicht durch den Kläger Ende Januar 2014 – im Wesentlichen von Mitte Januar bis Ende März 2014 vor.
16Am 31. März 2014 ging beim Verwaltungsgericht der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2014 – 1 BvQ 9/14 – ein, mit dem dieses den auf einstweilige Zulassung zur mündlichen Prüfung gerichteten Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte, weil ein schwerer und unabwendbarer Nachteil des Klägers durch weiteres Zuwarten auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ersichtlich sei.
17Am selben Tage erhob der Kläger beim Präsidenten des Verwaltungsgerichts eine „Beschwerde wegen Untätigkeit der 4. Kammer“ im Eilverfahren 4 L 1371/13, die er im Wesentlichen damit begründete, dass die Kammer es seit sechs Monaten unterlasse, geeignete Maßnahmen zu einer Entscheidung in angemessener Frist zu treffen; bisher sei jegliche inhaltliche Bearbeitung der Sache unterblieben. Diese Beschwerde ergänzte er am 7. April 2014 und erhob insbesondere gegen den Berichterstatter Vorwürfe wegen unterbliebener inhaltlicher Bearbeitung der Eilsache sowie der Klageverfahren 4 K 5374/13 und 4 K 2916/13, ferner wegen vorsätzlicher Falschauskunft über den Sachstand der Bearbeitung und disziplinarrelevanter Arbeitsverweigerung.
18Mit Beschluss vom 8. April 2014 trennte die 4. Kammer das Begehren des Klägers auf vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung ab und führte es unter dem Aktenzeichen 4 L 556/14 fort, soweit es sich auf den zweiten Wiederholungsversuch (Klageverfahren 4 K 2916/13) bezog.
19Am 9. April 2014 erhob der Kläger erneut Verzögerungsrüge, die er mit der Verfahrensdauer von jetzt sechs Monaten begründete. Bei seiner Einsicht in die Gerichtsakte am 7. April 2014 habe er keinerlei Hinweise richterlicher Bearbeitung in der Sache gefunden, was als Rechtsschutzverweigerung gerügt werde.
20Am 12. April 2014 lehnte der Kläger den Berichterstatter, der auch für alle seine sonstigen Eil- und Klageverfahren zur Zweiten juristischen Staatsprüfung zuständig war, wegen Besorgnis der Befangenheit ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass dieser in allen Gerichtsverfahren, insbesondere den Eilsachen, die inhaltliche Bearbeitung unterlassen habe. Die 4. Kammer wies dieses Befangenheitsgesuch am 14. April 2014, einem Montag, zurück.
21Mit Schreiben vom 13. April 2014 trug der Kläger ergänzend vor und verwies für den Fall, dass der Umfang der Sache und der daraus folgende Zeitbedarf für eine inhaltliche Prüfung einer schnellen Entscheidung entgegenstünden, auf die Möglichkeit einer Entscheidung auf der Grundlage einer Folgenabwägung.
22Mit Beschluss vom 7. Mai 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einschließlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Dieser dem Kläger am 9. Mai 2014 zugestellte Beschluss fiel kurz aus, weil die Kammer inhaltlich auf den Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe vom selben Tage im Klageverfahren 4 K 5374/12 verwies.
23Am 13. Mai 2014 erhob der Kläger hiergegen mit einem 25-seitigen Schriftsatz nebst zehn Seiten Anlagen Beschwerde in Bezug auf die Ablehnung von Prozesskostenhilfe und beantragte Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen die Ablehnung der einstweiligen Anordnung.
24Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung mit Beschluss vom 17. Juni 2014 – 14 E 577/14 – zurück und lehnte den PKH-Antrag für eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom selben Tage – 14 B 592/14 - ab. Die gegen diese Beschlüsse gerichteten Anhörungsrügen vom 30. Juni 2014 wies das Gericht mit Beschlüssen vom 10. Juli 2014 zurück (14 B 762/14 und 14 E 737/14).
25Der zu diesem Zeitpunkt nicht anwaltlich vertretene Kläger hat am 4. November 2014 beim erkennenden Gericht für dieses beabsichtigte Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines zur Übernahme bereiten Rechtsanwalts beantragt. Das Entschädigungsklageverfahren solle auf eine Entschädigung i.H.v. 700 Euro nebst Zinsen gerichtet sein. Er hat dies auf die Dauer des Eilverfahrens VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13 bezogen, bei dem er von einer pflichtwidrigen Untätigkeit des Verwaltungsgerichts von sieben Monaten ausgegangen ist.
26Am 8. Juni 2015 hat der Kläger eine Verzögerungsrüge erhoben.
27Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Senatsbeschluss vom 14. Juli 2015 hat der Bevollmächtigte des Klägers am 21. Juli 2015 diese Klage erhoben und die Begründung des Klägers zum PKH-Antrag inhaltlich wiederholt. Wegen der weiteren Einzelheiten der eingehenden Begründung der Klage wird auf die Klageschrift vom 21. Juli 2015 verwiesen.
28Der Kläger beantragt,
29den Beklagten zu verurteilen, an ihn - den Kläger ‑ 700,00 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Zur Begründung führt er aus, die Klage sei jedenfalls nicht begründet, weil die Verfahrensdauer nicht überlang sei, und verweist auf seinen Schriftsatz im Verfahren gleichen Rubrums 13 D 77/14 vom 25. Juli 2014. Dort hat der Beklagte ausgeführt: Das Verfahren habe einen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen und sei von ganz erheblicher Komplexität gewesen. Das gelte allgemein für die Überprüfung berufsbezogener Prüfungsentscheidungen in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht. Auch der spezifisch prüfungsrechtliche Beurteilungsmaßstab des Gerichts begründe Besonderheiten. Zusätzlich sei diese Überprüfung durch den außergewöhnlich großen Umfang des Streitstoffs erschwert. Das umfangreicht Vorbringen des Klägers, auch im Hauptsacheverfahren 4 K 5374/12, sei zu berücksichtigen gewesen. Angesichts dessen liege es auf der Hand, dass der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine nicht unerhebliche Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit vorausgegangen sei, ohne die eine durch das Rechtsstaatsprinzip gebotene eingehende Durchdringung des Streitstoffes nicht möglich gewesen wäre. Dies spiegele sich in dem 61-seitigen Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im Hauptsacheverfahren 4 K 5374/12 wider, auf den der Beschluss im Eilverfahren verweise.
33Eine besonders hohe Bedeutung der begehrten einstweiligen Anordnung für den Kläger sei deshalb nicht festzustellen, weil seine vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung und ein eventuelles erfolgreiches Abschneiden in dieser Prüfung für ihn noch keinen Zugang zu den durch die Prüfung eröffneten Berufen ermöglicht hätten. Denn sie hätte noch unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren gestanden.
34Keinesfalls könne der Kläger für die Verfahrensdauer in der ersten Instanz, die nur sieben Monate betragen habe, eine Entschädigung für sieben Monate Verzögerung erhalten.
35Der Kläger hat seine Rüge gegen die ordnungsmäßige Vertretung der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts NRW durch die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. G. , wozu der Senat im Beschluss über die Prozesskostenhilfe bereits Stellung genommen hatte, aufrechterhalten.
36Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 13 D 77/14 sowie des Ausgangsverfahrens VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13 und des entsprechenden Hauptsacheverfahrens 4 K 5374/12 (nebst Verwaltungsvorgängen) sowie den Verwaltungsvorgang des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen über die dortigen Eingaben des Klägers (Az. 3133 E; Beiakte 3) Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Richterin am Verwaltungsgericht Dr. G. , die die Prozessvertretung des Beklagten wahrnimmt, ist nicht gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO zurückzuweisen, wie der Senat bereits im Beschluss vom 14. Juli 2015 zur Prozesskostenhilfe dargelegt hat. Die Prozessvertretung durch sie verstößt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. September 2015 nicht gegen § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Im Beschluss vom 14. Juli 2015 hat der Senat ausgeführt:
39„Die Prozessvertreterin der den Beklagten endvertretenden Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts NRW – Richterin am Verwaltungsgericht Dr. G. – war nicht gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwGO zurückzuweisen. Weil sie dem erkennenden Gericht gegenwärtig nicht „als Richter“ im Sinne von § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO „angehört“, ist sie nicht von der Prozessvertretung ausgeschlossen.
40Der Senat konkretisiert insofern seine Rechtsprechung aus dem Beschluss vom 25. März 2015 – 13 D 27/14 – (NVwZ 2015, 680 f. = juris).
41Auf der Grundlage der dortigen Ausführungen, besonders zu den mit § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO verfolgten Zwecken, der Erwägungen des 8. Senats in dessen Beschluss vom 29. Oktober 2014 – 8 A 1943/13 – (NVwZ-RR 2015, 358 f. = juris) und insbesondere der Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren ist nur diejenige Person gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO von der Prozessvertretung vor einem bestimmten Gericht ausgeschlossen, die diesem Gericht als Richter gemäß Geschäftsverteilungsplanfür die Rechtsprechung gegenwärtig angehört. (Vgl. dazu nur BT-Drs. 16/3655, S. 90, 98.)
42Dies ist in Bezug auf die Prozessvertreterin des Beklagten nicht der Fall. Denn Richterin am VG Dr. G. ist – wie der Kläger richtig erkennt – an das erkennende Gericht allein zum Zwecke der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben zeitweilig abgeordnet und – wie andere Beamte oder Beschäftigte der Gerichtsverwaltung – in die Verwaltung der Behörde „Oberverwaltungsgericht NRW“ integriert. Aufgaben der Rechtsprechung nimmt sie nicht wahr, was der Geschäftsverteilungsplan für die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts verdeutlicht, in dem sie nicht aufgeführt ist. Ihre Amtsbezeichnung „Richterin am Verwaltungsgericht“ bezeichnet lediglich ihr Amt im statusrechtlichen Sinne; im funktionalen Sinne hat sie derzeit kein Richteramt inne, weil sie – wie ein Beamter des höheren Dienstes – in der Verwaltung der Behörde „Oberverwaltungsgericht“ verwendet wird. Der Anschein einer Voreingenommenheit des Gerichts sowie von möglichen Interessenkollisionen, den § 67 Abs. 5 Satz 1 VwGO vermeiden will, besteht in Bezug auf sie damit nicht. Dies wäre bei einem z.B. zum Zwecke der Erprobung abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht, welcher nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts erkennbar in der Rechtsprechung verwendet wird, anders.“
43Dem ist auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Klägerin nichts hinzuzufügen.
44Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (A.), aber nicht begründet (B.).
45A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
46I. Der Senat ist gemäß § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG zur Entscheidung berufen, da es um ein aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit stammendes Ausgangsverfahren geht, dessen unangemessene Verfahrensdauer der Kläger rügt.
47Die auf Verurteilung zur Zahlung der Entschädigung gerichtete allgemeine Leistungsklage ist statthaft. Der Kläger hat einen bezifferten und damit bestimmten Antrag gestellt.
48II. Es steht der Zulässigkeit der Leistungsklage nicht entgegen, dass der Kläger eine angemessene Entschädigung beim Beklagten nicht vorgerichtlich geltend gemacht hat. Ein solcher Antrag ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht erforderlich; dies lässt sich schon der Begründung zum Gesetzentwurf entnehmen.
49Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17. November 2010 zu einem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drs. 17/3802, Zu Abs. 5, Zu Satz 1, S. 22; BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 5 B 3/14 D –, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 5. Mai 2015 – B 10 ÜG 8/14 R –, Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom 4. September 2014 – 21 F 1/13 –, DVBl. 2014, 1477 ff. = juris Rn. 27.
50III. Die Entschädigungsklage ist nicht wegen Versäumung der Klagefrist gemäß § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG unzulässig. Zwar hat der Kläger diese Frist nicht gewahrt. Er hat jedoch den entscheidungsreifen PKH-Antrag innerhalb dieser Frist bei Gericht gestellt und nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine unverzügliche Klageerhebung durch einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt gesorgt.
51Nach § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG muss die Klage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Das Eilverfahren des Klägers VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13 ist mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2014 – 14 B 762/14 –, mit dem die Anhörungsrüge des Klägers gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht zurückgewiesen worden ist, unanfechtbar abgeschlossen. Die Entschädigungsklage hat der Bevollmächtigte des Klägers am 21. Juli 2015 und damit nach Ablauf der Frist erhoben.
52Jedoch wahrt der vom Kläger persönlich innerhalb der 6-Monats-Frist am 4. November 2014 gestellte PKH-Antrag, der mit einer eingehenden Begründung versehen war und dem die entsprechenden PKH-Unterlagen (PKH-Erklärung, Belege usw.) beigefügt waren, die Klagefrist.
53Dies ergibt sich zwar nicht aus einer der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wie es üblicherweise bei versäumter Klagefrist im Verwaltungsprozess nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe geschieht, weil die Frist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens von § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB wahrt der vollständige PKH-Antrag nach Treu und Glauben die Klagefrist, soweit die Klage unmittelbar bzw. alsbald nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben worden ist.
54Vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/13 R –, juris Rn. 12; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17. Dezember 2014 ‑ 6 S 2231/14 ‑, juris Rn. 5 m. w. N.; zu den Anforderungen an die Begründung eines PKH-Antrages OVG M.-V., Beschluss vom 9. August 2012 – 2 K 11/12 –, juris Rn. 3; ähnlich Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 Rn. 258.
55Diese Voraussetzungen hat der Kläger erfüllt.
56IV. Der Zulässigkeit steht ferner nicht das Erfordernis einer Wartefrist von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG entgegen. Seit der ersten Verzögerungsrüge vom 8. Januar 2014 sind bis zur die Klageerhebung ersetzenden Stellung des PKH-Antrages am 4. November 2014 mehr als sechs Monate verstrichen.
57B. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung oder sonstige Wiedergutmachung in Bezug auf die Dauer des Eilverfahrens VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13.
58Allein mögliche Grundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen.
59Die Voraussetzungen jedweden Anspruchs auf Wiedergutmachung gemäß § 198 Abs. 1 GVG – insbesondere Entschädigung – liegen nicht vor, weil die Dauer des vom Kläger in Bezug genommenen Gerichtsverfahrens (I.) nicht unangemessen war (II.).
60I. Die Dauer des Gerichtsverfahrens, welches der Kläger hier zur Überprüfung des Gerichts stellt, erstreckte sich von der Antragstellung am 8. Oktober 2013 beim Verwaltungsgericht bis zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2014 – 14 B 762/14 –, im Anhörungsrügeverfahren. Es dauerte damit rund neun Monate.
61Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss (§ 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG). Die Vorschrift erwähnt ausdrücklich Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Solche Eilverfahren können deshalb, unabhängig davon, ob daneben oder danach ein Hauptsacheverfahren durchgeführt wird, zum Gegenstand einer Entschädigungsklage gemacht werden.
62Vgl. Steinbeiß-Winkelmann/Ott, a. a. O., § 198 Rn. 41, 59.
63„Dasselbe" Gerichtsverfahren liegt nämlich nur bei demselben Streitgegenstand vor; dieser wird durch den mit der Klage bzw. dem Antrag geltend gemachten prozessualen Anspruch aufgrund eines bestimmten Sachverhalts und eines bestimmten rechtlichen Begehrens bestimmt. Klageverfahren und Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind – wie auch Verfahren zur Vollzugsfolgenbeseitigung – auf unterschiedliche Begehren gerichtet und haben deshalb auch dann, wenn ihnen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt, nicht denselben Streitgegenstand. Auch daraus, dass die Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbs. 1 GVG angeführt worden sind, folgt nicht, dass Klage- und Eilverfahren als ein einheitliches Verfahren im Sinne dieser Regelung anzusehen sind. Die ausdrückliche Erwähnung der Eilrechtsschutzverfahren soll vielmehr verdeutlichen, dass auch Verfahren dieser Art Gegenstand einer Entschädigungsklage sein können.
64Vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 22; Hess. VGH, Urteil vom 11. Februar 2015 – 29 C 1241/12.E –, juris Rn. 18.
65Bezugsrahmen des vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist danach das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren, auch in mehreren Instanzen, vom Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Antragstellung bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft, nicht aber das dem Verwaltungsprozess vorangegangene behördliche Vorverfahren.
66Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 16 ff., - 5 C 27.12 D –, BayVBl. 2014, 149 ff. = juris Rn. 10 ff.; BFH, Urteil vom 19. März 2014 – X K 3/13 –, BFH/NV 2014, 1053 ff. = juris Rn. 28 m. w. N.; BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, juris Rn. 27.
67Auch das Verfahren über die Anhörungsrüge gegen den abschließenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts im Eilverfahren gehört zu dem (entschädigungsrechtlich) einheitlichen entschädigungspflichtigen Gerichtsverfahren. Dieses ist dem zunächst beendeten Verfahren als Annex angegliedert und dient ausschließlich dem Zweck, das vorangegangene Verfahren auf den behaupteten Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu überprüfen.
68Vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2014 ‑ II ZR 355/13 ‑, juris Rn. 12 (zur Gehörsrüge nach § 44 FamFG); Hess. VGH, Urteil vom 11. Februar 2015 – 29 C 1241/12.E –, juris Rn. 20.
69Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in der Begründung seines Entschädigungsanspruchs allein auf die Überlänge des Verfahrens bis zum Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2014 abstellt. Dies sind allein Begründungselemente. Sein auf Entschädigung i.H.v. 700 Euro gerichteter Klageantrag enthält keine prozessuale Beschränkung auf die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht. Den materiell-rechtlichen Bezugsrahmen könnte dies ohnehin nicht beeinflussen.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 17 f.
71Das gleichwohl nach der Begründung des Klägers primär zu betrachtende Verfahren I. Instanz dauerte von der Stellung des Eilantrags am 8. Oktober 2013 bis zur Erhebung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 7. Mai 2014 – 4 L 1371/13 –, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einschließlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ziemlich genau sieben Monate. Die Gesamtverfahrensdauer bleibt insoweit von Bedeutung, als eventuelle Verzögerungen beim Verwaltungsgericht durch eine besonders schnelle Sachbehandlung beim Oberverwaltungsgericht ausgeglichen werden können.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 44.
73II. Die Dauer des Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht von sieben Monaten (oder die Gesamtverfahrensdauer von neun Monaten) war nicht unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG.
741. Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Wie die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zeigt, werden damit die Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit bedeutsam sind, beispielhaft und ohne abschließenden Charakter benannt.
75Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 17/3802, S. 18.
76Damit ist weder die Zugrundelegung fester Zeitvorgaben vereinbar, noch lässt es § 198 Abs. 1 GVG grundsätzlich zu, für die Beurteilung der Angemessenheit von bestimmten Orientierungswerten oder Regelfristen für die Laufzeit verwaltungsgerichtlicher Verfahren auszugehen. Der Gesetzgeber hat bewusst von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen. Damit sind schematische zeitliche Vorgaben für die Angemessenheit ausgeschlossen. Denn angesichts der Vielgestaltigkeit verwaltungsgerichtlicher Verfahren stießen solche Festlegungen an eine Komplexitätsgrenze. Die Bandbreite der Verwaltungsprozesse reicht von sehr einfach gelagerten Verfahren bis zu äußerst aufwändigen Verfahren (etwa im Infrastrukturbereich), die allein einen Spruchkörper über eine lange Zeitspanne binden können. Auch statistisch ermittelte Durchschnittslaufzeiten für Verwaltungsgerichtsverfahren in einem bestimmten Land oder im Bund können nicht zu einer Objektivierung des Angemessenheitsmaßstabs herangezogen werden, weil ansonsten der – nach den Maßstäben des Grundgesetzes oder der EMRK möglicherweise unzureichende – gegenwärtige Zustand als Maßstab des Zulässigen herangezogen würde. Gegenwärtige Zustände sind jedoch stets auch Ausdruck der den Gerichten zur Verfügung stehenden Ressourcen. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer darf hingegen grundsätzlich nicht von der faktischen Ausstattung der Justiz abhängig gemacht werden.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 27 ff.
78Bei der notwendigen Einzelfallbetrachtung ist die Verfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eintreten, bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind. Haftungsgrund für den gesetzlich normierten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer in § 198 Abs. 1 GVG ist die Verletzung des in Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit. Wegen dieser Rückbindung des Entschädigungsanspruchs an die Verletzung von Grund- und Menschenrechten ist eine gewisse Schwere der Belastung erforderlich; es reicht deshalb nicht jede Abweichung von einer optimalen Verfahrensführung des Gerichts aus. Diese muss vielmehr eine Grenze überschreiten, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt. Dabei haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen, weshalb sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung oder Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 37 ff.
80Die Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens bemisst sich auch danach, wie das Gericht das Verfahren geführt hat und ob und in welchem Umfang ihm Verfahrensverzögerungen zuzurechnen sind. Maßgeblich ist insoweit ‑ ebenso wie in Bezug auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände des Einzelfalls –, wie das Gericht die Lage aus seiner ex-ante-Sicht einschätzen durfte. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Verfahrensdauer in einem Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit gemäß Art. 97 Abs. 1 GG und zum rechtsstaatlichen Gebot steht, eine inhaltlich richtige, an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung zu treffen. Neben der zügigen Erledigung eines Rechtsstreits verlangt das Rechtsstaatsprinzip auch die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, benötigt das Gericht eine Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen ist. Dabei ist die Verfahrensgestaltung in erster Linie in die Hände des mit der Sache befassten Gerichts gelegt. Dieses hat, sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehenden Fälle nicht zulässt, zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festzulegen. Es hat dabei die Verfahren untereinander zu gewichten, den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu geboten sind. Zur Ausübung dieser verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht – auch im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit – ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Verfahrenslaufzeiten, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen nur zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, wenn sie – auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums – sachlich nicht zu rechtfertigen sind.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 40 ff.
82Hervorzuheben ist der Grundsatz, dass sich der Staat zur Rechtfertigung einer überlangen Verfahrensdauer nicht auf Umstände innerhalb seines Verantwortungsbereichs berufen kann. Eine entschädigungspflichtige Verfahrensverzögerung kommt insbesondere für Zeiträume in Betracht, in denen das Gericht ohne rechtfertigenden Grund untätig geblieben ist, also das Verfahren nicht gefördert oder betrieben hat. Soweit dies auf eine Überlastung der Gerichte zurückzuführen ist, gehört dies zu den strukturellen Mängeln, die der Staat zu beheben hat. Strukturelle Probleme, die zu einem ständigen Rückstand infolge chronischer Überlastung führen, muss sich der Staat zurechnen lassen.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23.12 D –, BVerwGE 147, 146 ff. = juris Rn. 43.
842. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die Verfahrensdauer hier nicht unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, weil eine an den Merkmalen des § 198 Absatz 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles – insbesondere der Schwierigkeit des Verfahrens (a.), seiner Bedeutung für den Kläger (b.) sowie des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten (c.) und der Verfahrensführung des Gerichts (d.) – ergibt, dass die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, nicht verletzt worden ist.
85a. In Bezug auf die Schwierigkeit des Verfahrens ist festzustellen, dass es sich um ein überdurchschnittlich schwieriges und von der Bearbeitung her sehr aufwändiges verwaltungsgerichtliches Eilverfahren handelte.
86Die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen, zumal bei Berufszugangsprüfungen wie der Zweiten Juristischen Staatsprüfung, stellt hohe Anforderungen an den Richter. Er muss die Prüfungsleistungen des Betroffenen einerseits sowie die Bewertung durch den Prüfer unter Wahrung dessen Wertungsspielraums andererseits überprüfen.
87Das klägerische Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, bei dem es um eine vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung nach dem ersten Wiederholungsversuch der Zweiten juristischen Staatsprüfung ging, stellte sich als besonders schwierig dar. Im seit November 2012 anhängigen Klageverfahren VG Gelsenkirchen 4 K 5374/12 griff der Kläger die Bewertung aller acht Klausuren an. Durch Bezugnahmen ist das gesamte Vorbringen des Klägers aus dem Widerspruchsverfahren und auch aus dem Hauptsacheverfahren zum Gegenstand des Eilverfahrens gemacht. Das Vorbringen des Klägers (einschließlich Anlagen) aus dem Klageverfahren 4 K 5374/12 umfasst bei grober Aktendurchsicht im Zeitraum von der Klageerhebung bis Ende 2013, welcher für das Eilverfahren jedenfalls von Bedeutung war, über 300 Blatt in der Gerichtsakte. Hinzu kam das auch zu sichtende Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
88Im Anfangsstadium des Eilverfahrens, bevor erkannt wurde, dass das Eilverfahren VG Gelsenkirchen 4 L 556/14 abzutrennen war, soweit es um die einstweilige Zulassung zur mündlichen Prüfung nach dem 2. Wiederholungsversuch ging, also bis Anfang April 2014, waren auch die gesamten Einwendungen zum 2. Wiederholungsversuch Gegenstand. Das im entsprechenden Klageverfahren 4 K 2916/13 enthaltene Vorbringen hat ähnlichen Umfang, da auch dort immerhin die Bewertung von sieben von acht Klausuren eingehend angegriffen wurde. Die Stellungnahme der Vorsitzenden der 4. Kammer vom 3. April 2014an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts anlässlich einer Eingabe des Klägers vom 31. März 2014 benennt insofern 318 Seiten Einwendungen zu den Klausuren, zuzüglich allgemeiner Einwendungen (z.B. zur Prüferqualifikation und zu den Anforderungen an ein Bewertungsgutachten) auf etwa 50 Seiten sowie 43 teilweise mehrseitige Anlagen.
89Diese Fülle an Stoff zu verarbeiten, erfordert erheblichen Zeitaufwand für den Richter, auch wenn jede zu beantwortende Frage für sich allein von handhabbarer Bedeutung sein mag. Dies schlägt sich, auch bedingt durch den Umfang des Vorbringens des Klägers, im Umfang der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nieder. Der die erste Instanz im hier entschädigungsrelevanten Eilverfahren 4 L 1371/13 abschließende Beschluss vom 7. Mai 2014 ist zwar kurz, jedoch nur durch die Verweisung auf den am selben Tage ergangenen Beschluss über Prozesskostenhilfe im zugehörigen Hauptsacheverfahren 4 K 5374/12. Dessen Umfang von 61 Seiten beruht keinesfalls auf der individuellen Arbeitsweise des Berichterstatters.
90Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass dieser Aufwand auf einen Bruchteil hätte reduziert werden können, wenn auf der Grundlage einer Folgenabwägung ohne Betrachtung der Erfolgsaussichten der Hauptsache entschieden worden wäre. Es ist Sache des Gerichts, über den Prüfungsmaßstab zu entscheiden. Da für den Kläger kein termingebundener Zeitdruck in der Weise bestand, dass nach Ablauf eines bestimmten Tages schlechthin unzumutbare Schäden eintraten oder sich das Begehren gar erledigte, drängte sich eine Folgenabwägung jedenfalls nicht auf.
91b. Der Senat schätzt die Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger als hoch, wenn auch nicht als existenziell, ein.
92Prüfungsrechtliche Angelegenheiten haben für die Betroffenen grundsätzlich eine hohe Bedeutung. Dies gilt für Berufszugangsprüfungen und insbesondere die für den weiteren beruflichen Lebensweg grundlegenden Staatsprüfungen in besonderer Weise, weil davon die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit, hier als „Volljurist“, abhängt.
93Es kann offen bleiben, ob diese hohe Bedeutung um ein wenig vermindert ist durch den Umstand, dass der 1953 geborene Kläger im Zeitraum 2013/2014 nicht als junger Mensch um den unmittelbaren Eintritt in den Arbeitsmarkt nach Abschluss einer langen Ausbildung stritt. Denn unabhängig davon ist die Bedeutung des Eilverfahrens als hoch zu bewerten.
94Dies folgt schon aus dem Charakter als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der einstweiligen Zulassung zur mündlichen Prüfung. Dieser Streitgegenstand bedarf zügiger Bearbeitung. Hintergrund dieses Begehrens ist die Unzumutbarkeit einer Situation, in der ein Prüfling während eines anhängigen Gerichtsverfahrens für ungewisse Zeit sein Prüfungswissen aktuell halten muss.
95Auch individuell betrachtet ist erkennbar, dass die subjektive Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger noch höher ist. Das Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung dürfte in seiner Lebensgestaltung nach dem sich aus den Akten ergebenden Eindruck einen ausgesprochen hohen Stellenwert einnehmen.
96c. Das Verhalten des Klägers war (mit-)ursächlich für die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht. Der Beklagte hat nicht negativ auf die Verfahrensdauer eingewirkt.
97Insofern ist nicht allein auf den Umfang des Vorbringens des Klägers abzustellen, welcher starken Einfluss auf die Schwierigkeit der Sache und damit auf die Verfahrensdauer hatte, weil dies schon zuvor berücksichtigt wurde. Jedoch ist in den Blick zu nehmen, dass das Vorbringen des Klägers sich nicht nur durch seinen Umfang auszeichnete, sondern auch dadurch, dass es nicht immer strukturiert war und in erheblichem Umfang Wiederholungen des im Wesentlichen „immer Gleichen“ enthielt. Zudem trug der Kläger nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt umfassend und im Wesentlichen abschließend vor, sondern bei Gericht gingen häufig und immer wieder viele verschiedene Schreiben nebst Anlagen ein. Ein Verfahrensbeteiligter darf keinen entschädigungsrechtlichen Vorteil daraus ziehen, dass er unstrukturierte umfangreiche Schriftsätze bei Gericht einreicht oder Anträge stellt, denen das Gericht nachgehen muss, auch wenn dies letztlich nicht zur Verfahrensförderung beiträgt.
98Vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, juris Rn. 40.
99Der Kläger hat keine ihm gesetzten Fristen versäumt oder sonst wie verzögerlich gehandelt. Er hat stets unaufgefordert und binnen kurzer Frist schriftlich Stellung genommen. Zugleich hat er die für ihn bestehende hohe Bedeutung der Sache und auch die zeitliche Dringlichkeit unmissverständlich verdeutlicht, indem er sich mit entsprechenden dieses betonenden Schreiben vom 28. November 2013 und vom 10. Dezember 2013 schon frühzeitig an das Gericht gewandt hat. Bereits am 8. Januar 2014 hat er erstmals und am 9. April 2014 erneut Verzögerungsrüge erhoben. Dies ließ keinen Zweifel an der für ihn bestehenden Dringlichkeit.
100Jedoch hat er zugleich durch Nutzung der ihm zustehenden prozessualen und sonstigen Rechtsbehelfe zur Verlängerung der Verfahrensdauer beigetragen. Seine „Beschwerde wegen Untätigkeit der 4. Kammer“ im Klageverfahren 4 K 3173/12 vom 11. Januar 2014 (die als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt worden ist), die weitere Dienstaufsichtsbeschwerde vom 31. März 2014 wegen der Verfahrensdauer im Eilverfahren 4 L 1371/13 sowie der Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter vom 12. April 2014 erzeugen für den Berichterstatter und/oder den betroffenen Spruchkörper Aufwand, der zulasten der Sachbearbeitung geht und damit unabweisbar die Verfahrensdauer verlängert. Dabei kommt es auf eine „Prozessverschleppungsabsicht“ oder eine sonstige Vorwerfbarkeit des Verhaltens nicht an. Auch durch zulässiges Prozessverhalten herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen. Die Zeit, die für das Gericht zur ordnungsgemäßen Reaktion auf ein Prozessverhalten erforderlich ist, wird nicht dem Staat zugerechnet.
101Vgl. hierzu BSG, Urteil vom 3. September 2014 ‑ B 10 ÜG 12/13 R ‑, juris Rn. 39 m. w. N.; BGH, Urteil vom 13. März 2014 – III ZR 91/13 –, NJW 2014, 1816 ff. = juris Rn. 43.
102Durch einen Ablehnungsantrag ist der abgelehnte Richter von der Bearbeitung der Sache bis zu dessen Zurückweisung ausgeschlossen. Dienstaufsichtsbeschwerden oder andere Eingaben an den Präsidenten des Gerichts führen regelmäßig dazu, dass (häufig alle in einem Zusammenhang stehenden) Verfahrensakten des Beteiligten dem Präsidenten zuzuleiten sind, gegebenenfalls mit einer auf die Eingabe bezogenen Stellungnahme des Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auch des zuständigen Berichterstatters. Die Stellungnahmen kosten Zeit und die Akten stehen bis zur Beantwortung der Eingabe für einen gewissen Zeitraum dem Spruchkörper nicht zur Verfügung.
103d. Aus der Verfahrensführung des Gerichts ergibt sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte keine unangemessene Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht.
104Es ist erkennbar, dass dem Berichterstatter die hohe Bedeutung der Sache für den Kläger und deren Dringlichkeit bewusst war. Demgemäß hat er sich die Akte nach Eingang von Schriftsätzen der Beteiligten nach deren Übermittlung an die jeweilige Gegenseite fast immer sofort wiedervorlegen lassen. Die Gerichtsakte der Eilsache befand sich mithin mit den Gerichtsakten des zugehörigen Klageverfahrens, soweit verfügbar, mit Ausnahme der durch die Eingaben und Rechtsbehelfe des Klägers verursachten Zeiten fast ständig im Dienstzimmer des Berichterstatters. Es kann unterstellt werden, dass diese dort in Abwägung mit Bedeutung und Dringlichkeit anderer eiliger Prüfungs-Streitigkeiten wann immer möglich bei Gelegenheit bearbeitet wurde. Solche Bearbeitung ist – anders als der Kläger anscheinend meint - der Gerichtsakte nicht zu entnehmen, weil sie auf Papier oder mittels EDV außerhalb der Gerichtsakte stattfindet und dort regelmäßig keinen Niederschlag findet.
105Die Entscheidungsreife trat im Verlauf des Monats November 2013 – etwa in der zweiten Monatshälfte – ein. Nach der Stellungnahme des Klägers vom 30. Oktober 2013 zur Antragserwiderung des LJPA war dem Antragsgegner ein gewisser Zeitraum für eine Reaktion hierauf einzuräumen, den der Kläger selbst mit zwei Wochen ansetzt. Der Senat hält hier auch einen Zeitraum bis vier Wochen im Hinblick auf die Schwierigkeit und Bedeutung der Sache für noch angemessen. Im Dezember 2013 und Januar 2014 sind in der fast permanent dem Berichterstatter vorliegenden Akte keine Bearbeitungsschritte des Gerichts ersichtlich. Dabei war die Akte für den Berichterstatter im Januar 2014 ungefähr die Hälfte des Monats nicht verfügbar, weil sie aufgrund der Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers vom 11. Januar 2014 zum Verfahren 4 K 3173/12 mit allen Verfahren des Klägers in der 4. Kammer dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts vorgelegt worden sein dürfte.
106In den Monaten Februar und März 2014 ist davon auszugehen, dass von den zahlreichen Verfahren des Klägers die im Klageverfahren 4 K 3173/12 auf den 19. März 2014 terminierte mündliche Verhandlung mit beabsichtigtem Verfahrensabschluss – jedenfalls seit der Ladung vom 3. Februar 2014 – im Vordergrund der Bearbeitung des Berichterstatters gestanden hat. Diese Verhandlung und die abschließende Entscheidung der Klage in Bezug auf den 1. Prüfungs-versuch des Klägers zum II. Staatsexamen dürfte den Berichterstatter – neben den sonstigen im Dezernat anhängigen Eil- und Klageverfahren – im Wesent-lichen gebunden haben. Dieses Klageverfahren verfügte ebenfalls über einen hohen Schwierigkeitsgrad, der sich in dem 42 Seiten umfassenden Endurteil teilweise niederschlägt, und hatte als Prüfungssache entsprechend hohe Bedeutung und Dringlichkeit. Nach etwa 20 Monaten Verfahrensdauer bis zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, mehreren Verzögerungsrügen sowie der Intervention des Bundesverfassungsgerichts im zugehörigen Eilverfahren 4 L 1520/12 im Juli 2013 bedurfte dies dringend der Bearbeitung und Entscheidung. Es hatte aufgrund dieser Umstände eine Bedeutung, die es vertretbar erscheinen lässt, dieses Klageverfahren dem Eilverfahren 4 L 1371/13 zum 1. Wiederholungsversuch vorzuziehen. Dies gilt besonders deshalb, weil die Entscheidung über die Klage zum 1. Prüfungsversuch des Zweiten Staatsexamens des Klägers im Erfolgsfall nach seinem Begehren auf eine Zulassung zur mündlichen Prüfung gerichtet war und (jedenfalls über das Zwischenziel der hilfsweise begehrten Neubewertung) hierzu auch führen konnte. Insofern bestand auch inhaltlich kein Nachrang gegenüber dem Eilverfahren 4 L 1371/13. Mit der Abfassung des entsprechenden Kammerurteils vom 19. März 2014 war der Berichterstatter wohl noch bis Ende März befasst, wie die Anfang April 2014 erfolgte Zustellung an die Beteiligten zeigt. In der 1. Aprilwoche war der Berichterstatter anscheinend, wie die Stellungnahme der Kammervorsitzenden an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts vom 3. April 2014 zur Eingabe des Klägers vom 31. März 2014 erkennen lässt (Beiakte 3, Bl. 5), im Urlaub. In den darauf folgenden ungefähr vier Wochen ab der 2. Aprilwoche bis zum Entscheidungszeitpunkt am 7. Mai 2014 dürften die Bearbeitung der Sache und entsprechende Vorbereitung der Entscheidung erfolgt sein, nachdem die Trennung der Eilverfahren 4 L 1371/13 und 4 L 556/14 (jeweils zum 1. und 2. Wiederholungsversuch) mit Beschluss vom 8. April 2014 erfolgte. Beeinträchtigungen lagen vor durch die jetzt zum Verfahren 4 L 1371/13 erhobene Eingabe des Klägers vom 31. März 2014, ergänzt mit Schreiben vom 7. April 2014, an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts, die wiederum als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt wurde. Insofern nahm die Kammervorsitzende unter dem 3. April 2014 gegenüber dem Präsidenten Stellung, dem für die Zwischenmitteilung vom 9. April 2014 an den Kläger jedenfalls die Verfahrensakte 4 L 1371/13 vorlag. Sodann war über den Befangenheitsantrag des Klägers vom 12. April 2014 zu entscheiden. Nach dessen Ablehnung mit Beschluss der Kammer vom 14. April 2014 stand die Eilsache mit der zugehörigen Klage 4 K 5374/12 dem Berichterstatter zur Bearbeitung zur Verfügung, was in die Beschlüsse vom 7. Mai 2014 mündete (Eilbeschluss einschließlich PKH in 4 L 1371/13 sowie PKH-Beschluss in 4 K 5374/12).
107Bei dieser den Verfahrensablauf im Ausgangsverfahren im Einzelnen in den Blick nehmenden Betrachtungsweise wird erkennbar, dass allein der Zeitraum von etwa Ende November 2013 bis ungefähr Mitte Januar 2014 feststellbar ist, in dem eine frühere Bearbeitung dieses Eilverfahrens in Betracht hätte kommen können. Zu diesem Zeitpunkt stand das Verfahren, das inhaltlich vor der Abtrennung noch alle Einwendungen zum 1. und 2. Wiederholungsversuch der Staatsprüfung aus den Klageverfahren 4 K 5374/12 und 4 K 2916/13 umfasste, eventuell im Hinblick auf andere vorrangig zu bearbeitende Verfahren noch nicht zur Bearbeitung an.
108Auch wenn der Kläger sein Entschädigungsbegehren inhaltlich mit der Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht begründet, so ist nach dem Maßstab des § 198 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 Nr. 1 GVG auch das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht zu berücksichtigen. Dieses ist ab der Erhebung der Beschwerde des Klägers vom 13. Mai 2014 im Eilverfahren 4 L 1371/13 (PKH-Beschwerde und PKH-Antrag für Eilbeschwerde), die dem Oberverwaltungsgericht ab dem 22. Mai 2014 vorlag, in den Verfahren 14 B 592/14 und 14 E 577/14 durch die Beschlüsse vom 17. Juni 2014 ausgesprochen zügig entschieden worden. Auch über die Anhörungsrügen des Klägers gegen diese Sachentscheidungen (14 B 762/14 und 14 E 737/14) entschied das Oberverwaltungsgericht binnen kurzer Zeit am 10. Juli 2014.
109e. Insgesamt lässt sich für das Eilverfahren VG Gelsenkirchen 4 L 1371/13 ‑ auch unter Berücksichtigung der Gesamt-Verfahrensdauer – eine unangemessene Dauer nicht feststellen.
110Nach den obigen Ausführungen kommt für eine nicht zu rechtfertigende Nichtbearbeitung – also Verzögerung – allein ein Zeitraum von etwa sechs bis acht Wochen bzw. zwei Monaten in Betracht: Entscheidungsreife trat nach der „Anfangsphase“ des Eilverfahrens erst Mitte bis Ende November 2013 ein. Etwa der halbe Januar 2014 – nach den typischen Beschränkungen der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit vor und um den Jahreswechsel – entfiel wegen der Dienstaufsichtsbeschwerde aus dem Januar 2014. Februar und März 2014 standen im Zeichen der mündlichen Verhandlung und des die Instanz abschließenden Urteils im Klageverfahren 4 K 3173/12. Die ersten zwei April Wochen waren mit Urlaub des Berichterstatters, der Abtrennung des Eilverfahrens 4 L 556/14 zum 2. Wiederholungsversuch sowie „Geplänkel“ (Befangenheitsantrag, weitere Dienstaufsichtsbeschwerde) belegt. In den folgenden drei Wochen bis zu den Beschlüssen vom 7. Mai 2014 – 4 L 1371/13 und 4 K 5374/12 – diese nach dem Grad der inhaltlichen Durchdringung die Entscheidung in der Hauptsache 4 K 5374/12 stark präjudizierenden Sachentscheidungen vorzubereiten und abzufassen bedeutete – neben dem Tagesgeschäft und anderen (Eil-)Verfahren – intensive richterliche Arbeit.
111Der danach für eine Verzögerung überhaupt in Betracht kommende Zeitraum von max. zwei Monaten von Mitte/Ende November 2013 bis Mitte Januar 2014 führt nicht zu einer Feststellung unangemessener Verfahrensdauer. Dieser Zeitraum wird durch die ausgesprochen kurze Verfahrensdauer beim 14. Senat des Oberverwaltungsgerichts einerseits und die dem Gericht auch in jenem Eilverfahren zuzugestehende Bearbeitungs- und Bedenkzeit gerechtfertigt.
112Die Verfahrensdauer in der II. Instanz belief sich von der Erhebung der Beschwerde am 13. Mai 2014 bis zu den Beschlüssen über die Anhörungsrügen vom 10. Juli 2014 auf rund zwei Monate. Das ist für die dort zu treffenden Entscheidungen in der hier vorliegenden, nach den obigen Ausführungen schwierigen und vor allem sehr aufwändigen Sache derart schnell, dass es Verfahrensdauer in der Vorinstanz ausgleichen kann. Die Zeit von rund einem Monat bis zu den Entscheidungen des 14. Senats vom 17. Juni 2014 ist extrem kurz, besonders wenn man bedenkt, dass die Akten zunächst einmal vom Verwaltungsgericht zum Oberverwaltungsgericht gelangen müssen und dort regelmäßig auch noch ein Zeitraum bis zur Entscheidungsreife durch die dem Antragsgegner einzuräumende Gelegenheit zur Erwiderung vergeht. Ab der Eingangsverfügung des erkennenden Gerichts am 26. Mai 2014 bis zur Entscheidung vom 17. Juni 2014 vergingen nur etwa drei Wochen. Dies war nur durch den Verzicht des Senatsvorsitzenden auf eine Antragserwiderung des Antragsgegners möglich. Hier wäre es in keiner Weise unangemessen gewesen, das LJPA zu einer Stellungnahme, z.B. mit einer Frist von zwei Wochen, aufzufordern. Hierzu hätte, abhängig von deren Inhalt, dem Kläger wiederum rechtliches Gehör gegeben werden können. Dies verdeutlicht, dass sich der Zeitraum bis zu einer Entscheidung über die PKH-Beschwerde und den PKH-Antrag des Klägers ohne weiteres allein hierdurch um etwa drei bis vier Wochen hätte verlängern können. Auch der sehr kurze Zeitraum bis zur Entscheidung hätte länger ausfallen können, was auch für die Anhörungsrügeverfahren gilt. Eine Gesamtdauer des Verfahrens beim Oberverwaltungsgericht einschließlich der Anhörungsrügeverfahren wäre üblicherweise sicher mit etwa vier Monaten zu erwarten gewesen. Dementsprechend kann das sehr kurze Verfahren II. Instanz die Verfahrensdauer in der I. Instanz für etwa sechs bis acht Wochen ausgleichen.
113Zudem ist auch noch ein gewisser Zeitraum als Bearbeitungs- und Bedenkzeit zuzugestehen. Als konkrete Bearbeitungs- und Bedenkzeit im Hinblick auf die Sachentscheidung vom 7. Mai 2014 sind bisher nur etwa drei Wochen vor dieser Entscheidung berücksichtigt worden. Angesichts des sehr hohen Aufwands und der Schwierigkeit dieses Verfahrens wäre auch ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen – besonders weil zugleich die PKH-Entscheidung in der Hauptsache-Klage 4 K 5374/12 vorbereitet wurde – angemessen gewesen. Darüber hinaus ist dem Verwaltungsgericht auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch ein der richterlichen Gestaltungsfreiheit entsprechender Freiraum bei der Führung des Dezernats unter Berücksichtigung von Art. 97 GG zuzugestehen, der auch erforderlich ist, um bei gleichzeitig zu bearbeitenden Verfahren eine Reihenfolge der Bearbeitung zu bilden. Dieser ist im Eilverfahren eher kurz anzusetzen, hier mit zwei Wochen. Daraus ergibt sich – teils konkret verfahrensbezogen, teils abstrakt – in diesem Einzelfall eine Bearbeitungs- und Bedenkzeit für das Eilverfahren 4 L 1371/13 von etwa acht Wochen bzw. zwei Monaten. Über die etwa drei Wochen vor dem Beschluss vom 7. Mai 2014 hinaus decken damit etwa fünf Wochen eventuelle Verzögerungszeiten in diesem Verfahren – insbesondere zwischen Ende November 2013 und Ende Januar 2014 – ab.
114Die etwaige Verzögerung im streitigen Eilverfahren ist durch diese 11 bis 13 Wochen Spielraum, durch die sehr kurze Verfahrensdauer II. Instanz und verbleibende Bearbeitungs- und Bedenkzeit in der I. Instanz, jedenfalls gerechtfertigt. Dies lässt auch noch erheblichen Raum, soweit bei der Bewertung des Verfahrensablaufs vor dem Verwaltungsgericht in Einzelpunkten strengere Maßstäbe angelegt werden sollten.
115III. Entfällt ein Entschädigungsanspruch schon, weil die Verfahrensdauer nicht unangemessen war, scheidet auch eine Feststellung unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 GVG aus. Auch für den Zinsanspruch ist mangels Verurteilung zur Zahlung kein Raum.
116C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
117Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
118Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 28. Sept. 2015 - 13 D 116/14
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Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 28. Sept. 2015 - 13 D 116/14 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.
(2) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter ist ausgeschlossen. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Revision nach Maßgabe des § 543 der Zivilprozessordnung statt; § 544 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(3) Das Entschädigungsgericht kann das Verfahren aussetzen, wenn das Gerichtsverfahren, von dessen Dauer ein Anspruch nach § 198 abhängt, noch andauert. In Strafverfahren, einschließlich des Verfahrens auf Vorbereitung der öffentlichen Klage, hat das Entschädigungsgericht das Verfahren auszusetzen, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
(4) Besteht ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe, wird aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Tenor
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 30. Oktober 2014 - 6 S 1847/14 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
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Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Entschädigungsklage wird abgelehnt.
Gründe
- 1
Mit ihrer Eingabe vom 10.07.2012 (bzw. 24.02.2012) begehrt die Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Entschädigungsklage nach §§ 173 Satz 2 VwGO, 201 GVG. Dieser durch die Eingangsverfügung des Vorsitzenden des Senats vom 12.07.2012 erfolgten rechtlichen Bewertung der Eingabe vom 10.07.2012 ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Ob der Prozesskostenhilfeantrag – wie im Schreiben der Klägerin vom 15.07.2012 anklingt – schon einige Monate früher eingereicht worden ist, bedarf keiner weiteren Klärung. Das insoweit wohl in Betracht kommende Schreiben der Klägerin vom 24.02.2012 (soweit in der Eingabe vom 10.07.2012 das Datum „24.03.2012“ genannt ist, könnte es sich um einen Schreibfehler handeln), spielt rechtlich keine entscheidende Rolle. Auch dieses Schreiben ist dem Senat im Übrigen erst zugleich mit der Eingabe vom 10.07.2012 zugegangen.
- 2
Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin den Prozesskostenhilfeantrag nun schon im Februar oder erst im Juli 2012 gestellt hat, ist dieser nach §§ 166 VwGO, 114 ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
- 3
Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten ist zu beachten, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Gewährung des Rechtsschutzes zu gewährleisten und damit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsgebot nach Artikel 20 Abs. 3 GG Rechnung zu tragen. Deshalb dürfen bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der (beabsichtigten) Klage keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere dürfen im Prozesskostenhilfeverfahren keine schwierigen, bislang noch nicht hinreichend geklärten Rechts- und Tatsachenfragen entschieden werden, was grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist (vgl. Beschl. des Senats vom 20.12.2011 - 2 O 84/11 -). Dementsprechend ist jedenfalls von einem nicht anwaltlich vertretenen Kläger auch nicht zu erwarten, dass er sich in der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags mit schwierigen Rechts- bzw. Tatsachenfragen auseinander setzt. Erforderlich ist aber ein Mindestmaß von Angaben, die es dem Gericht ermöglichen, zu erkennen, weshalb der Kläger um gerichtlichen Rechtsschutz nachsucht. Dazu gehört bei der Entschädigungsklage etwa die Angabe, in welchem gerichtlichen Verfahren und in welchem Zeitrahmen es zu einer seiner Auffassung nach die angestrebte Entschädigung rechtfertigenden Verzögerung gekommen sein soll.
- 4
Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass der Klägerin die begehrte Prozesskostenhilfe zu versagen ist. Weder den bereits genannten Eingaben noch den weiteren zu dem vorliegenden Verfahren eingereichten Schriftstücken ist zu entnehmen, in welchem verwaltungsgerichtlichen Verfahren es zu überlangen Verzögerungen gekommen sein soll, die eine Entschädigung rechtfertigen könnten. Die Klägerin gibt zwar eine Reihe (auch) verwaltungsgerichtlicher Aktenzeichen an und übt auch Kritik an gerichtlichen Vorgehensweisen (so wird zum Beispiel der Vorwurf von „Rechtsbeugungen“ und „unterschlagenen PKH-Raten“) erhoben (siehe Seite 2 und 6 der Eingabe vom 24.02.2012). Dass es in einem konkreten Verfahren zu einer überlangen Verzögerung gekommen wäre, ist dem Vortrag der Klägerin aber nicht zu entnehmen. Am ehesten könnte insoweit noch die Bemerkung der Klägerin im Schreiben vom 10.07.2012 in Betracht zu ziehen sein, dass auf einen Befangenheitsantrag vom 24.02.2012 „bis heute“ (also bis zum 10.07.2012) keine „richterliche Stellungnahme“ erfolgt sei. Auch in diesem Punkt ist die beabsichtigte Klage aber offensichtlich aussichtslos, da die Klägerin auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 12.07.2012 weder angegeben hat, um welches verwaltungsgerichtliche Verfahren es geht, noch dass sie die Dauer des Verfahrens bei dem mit der Sache befassten Gericht gerügt hätte (vgl. § 198 Abs. 3 GVG).
- 5
Ob die Prozesskostenhilfe auch abzulehnen ist, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht durch eine ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung im Sinne von §§ 166 VwGO, 117 Abs. 2 ff. ZPO nachgewiesen hat (vgl. gerichtlichen Hinweis vom 12.07.2012), kann danach auf sich beruhen.
- 6
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. §§ 173 Satz 3, 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines familiengerichtlichen Verfahrens zur Regelung des Umgangs mit seinem am 29. November 1994 außerhalb einer Ehe geborenen Sohn C. in Anspruch. Daneben begehrt er die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer.
- 2
- Das erstinstanzliche Verfahren vor dem Familiengericht dauerte nahezu zwei Jahre und acht Monate, während das anschließende Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht nach acht Monaten beendet war.
- 3
- Bereits vor Einleitung des streitgegenständlichen Umgangsrechtsverfahrens herrschte zwischen den Kindeseltern ein jahrelanger, in mehreren Gerichtsverfahren ausgetragener Streit über die Besuchskontakte des Klägers zu seinem Sohn.
- 4
- Auf Anregung des Jugendamts entzog das Familiengericht dem Kläger durch einstweilige Anordnung vom 14. September 2007 vorläufig das Umgangsrecht , da unbelastete Umgangskontakte auf Grund der ständigen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern nicht möglich waren, das Kind Verhaltensweisen mit Krankheitswert zeigte und sogar Suizidabsichten äußerte. Die am 31. Oktober 2007 durchgeführte Anhörung der Kindeseltern und des Amtsarztes führte dazu, dass der persönliche Umgang des Klägers mit seinem Sohn "vorerst bis längstens 31. März 2008" ausgesetzt wurde, um die Begutachtung des Kindes durch eine Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu ermöglichen. Der Kläger war mit dieser Verfahrensweise einverstanden. Der bereits am 23. Januar 2008 erstellte Klinikbericht wurde im Mai 2008 dem Familiengericht zugeleitet. Dieses ordnete sodann am 17. Juli 2008 an, dass der Umgang im Interesse des Kindeswohls weiter ausgesetzt werde und eine (abschließende) gutachterliche Stellungnahme des Gesundheitsamts einzuholen sei. Nach Richterwechsel fand am 29. Oktober 2008 ein weiterer Anhörungstermin statt, in dem sich der als Sachverständiger befragte Amtsarzt im Interesse des Kindeswohls gegen Besuchskontakte des Klägers aussprach. Vor diesem Hintergrund schlug das Familiengericht unter anderem vor, der Kläger solle künftige Besuche behutsam durch Briefkontakte vorbereiten. Darauf ging der Kläger jedoch nicht ein. Mit Beschluss vom 28. November 2008 bestellte das Gericht eine berufsmäßige Verfahrenspflegerin für das Kind. Diese erstellte in der Folgezeit einen umfangreichen Bericht, den sie am 6. Februar 2009 zu den Akten reichte und in dem sie zu dem Ergebnis kam, dass ein erzwungener Umgang eine Kin- deswohlgefährdung darstelle. Nachdem ein auf den 6. Mai 2009 bestimmter Anhörungstermin auf Antrag des Klägers verlegt werden musste und er zudem mit Schreiben vom 5. Mai 2009 mitgeteilt hatte, dass er einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe, verfügte die zuständige Richterin am 5. Juni 2009, ihr die Akte nach vier Wochen wieder vorzulegen. Im Hinblick auf ein Schreiben des Klägers vom 15. Juni 2009 notierte die Richterin am 22. Juni 2009 eine neue Wiedervorlagefrist von vier Wochen ("Stellungnahme RA R. ?"). Mit Verfügung vom 30. September 2009 setzte sie, nachdem bis dahin eine anwaltliche Stellungnahme nicht eingegangen war, den Kläger hiervon in Kenntnis und bestimmte eine weitere Wiedervorlagefrist von zwei Wochen. Am 2. Dezember 2009 fand sodann ein "Abschlusstermin" statt. Wenige Tage zuvor hatte sich der vom Kläger angekündigte Verfahrensbevollmächtigte erstmals gemeldet und schriftlich mehrere Anträge zum Umgangsrecht gestellt. Außerdem machte er einen Anspruch auf vierteljährliche Auskunftserteilung über die persönlichen Verhältnisse des Kindes geltend. Am 3. Dezember 2009 hörte die Familienrichterin das Kind persönlich an und fertigte darüber ein ausführliches Protokoll. Mit Beschluss vom 28. April 2010 entschied das Familiengericht in der Hauptsache, dass der persönliche Umgang des Klägers mit seinem Sohn bis auf weiteres ausgesetzt werde. Eine Entscheidung über den Auskunftsanspruch unterblieb versehentlich und wurde mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 nachgeholt.
- 5
- Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2010 legte der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss vom 28. April 2010 ein und begründete diese unter dem 5. Juli 2010. Nach Gewährung von Stellungnahmefristen für die übrigen Beteiligten hörte das Oberlandesgericht am 17. November 2010 das Kind an und verhandelte am 23. November 2010 abschließend. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2010, der an den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 27. Dezember 2010 zugestellt wurde, wies das Oberlandesgericht die Beschwerde zurück. Anhörungsrü- ge und Gegenvorstellung des Klägers vom 10. Januar 2011 blieben erfolglos. Sie wurden mit Beschluss vom 17. Februar 2011 zurückgewiesen. Die Verfassungsbeschwerde des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der das Verfahren beendende Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2011 wurde ihm am 27. Dezember 2011 zugestellt.
- 6
- Bereits zuvor hatte der Kläger mit Schriftsätzen vom 4. November 2010 und 13. Oktober 2011 Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erhoben und die überlange Dauer des umgangsrechtlichen Verfahrens gerügt.
- 7
- Die vorliegende Entschädigungsklage, die dem Beklagten am 25. Juni 2012 zugestellt wurde, hat der Kläger am 11. Mai 2012 beim Oberlandesgericht eingereicht.
- 8
- Er hat geltend gemacht, das erstinstanzliche Verfahren sei um etwa 25 Monate, das Auskunftsverfahren um neun Monate und das Beschwerdeverfahren um vier Monate verzögert. Die durchschnittliche Dauer eines erstinstanzlichen Umgangsrechtsverfahrens betrage lediglich 6,8 Monate. Da sein Umgangsrecht durch die überlange Verfahrensdauer faktisch entwertet worden sei, entspreche eine Entschädigung in Höhe von 13.400 € der Billigkeit (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG).
- 9
- Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zur Zahlung einer Entschädi- gung für immaterielle Nachteile von 1.500 € verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
- 10
- Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist.
Entscheidungsgründe
- 11
- Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
- 12
- Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 13
- Dem Kläger stehe gegen das beklagte Land gemäß § 198 Abs. 1, 2 GVG ein Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer des Umgangs- rechtsverfahrens in Höhe von 1.500 € zu. Die Entschädigungsregelung der §§ 198 ff GVG sei nach Art 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren anwendbar , da das innerstaatliche Ausgangsverfahren erst mit Zustellung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts am 27. Dezember 2011 beendet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei das Beschwerdeverfahren beim EGMR bereits eingeleitet gewesen.
- 14
- Der für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer maßgebliche Zeitraum erstrecke sich von der Einleitung des Umgangsrechtsverfahrens am 14. September 2007 bis zur Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2010.
- 15
- Für die Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer sei nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die Annahme fester Zeitgrenzen komme ebenso wenig in Betracht wie die Heranziehung der durchschnittlichen Dauer von Verfahren einer bestimmten Art. Es sei dem Kläger deshalb verwehrt, für die Berechnung seines Entschädigungsanspruchs lediglich auf die Differenz zwischen der tatsächlichen und der statistischen Verfahrensdauer bei Umgangssachen abzustellen.
- 16
- Eine unangemessene Verfahrensdauer liege regelmäßig dann vor, wenn sachlich nicht begründete Lücken in der Verfahrensförderung vorlägen. Im Streitfall habe es sich um ein komplexes Verfahren gehandelt, bei dem das Zeitmoment wegen der Gefahr der Entfremdung zwischen dem Kläger und seinem Sohn wesentlich sei. Unter Berücksichtigung des Prozessverhaltens des Klägers, der zahlreiche Stellungnahmen und Anfragen zu den Akten gereicht habe, und des dem Gericht bei der Verfahrensgestaltung zukommendem Freiraums könne eine sachwidrige Verzögerung des Beschwerdeverfahrens nicht festgestellt werden. Allein die Verfahrensführung durch das Amtsgericht habe zu einer entschädigungspflichtigen Gesamtverzögerung des Verfahrens im Umfang von acht Monaten geführt, insbesondere durch die unzureichende Verfahrensförderung in Bezug auf den Bericht der Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 23. Januar 2008, die verspätete Bestellung der Verfahrenspflegerin und die zwischen den Verfügungen vom 22. Juni und 30. September 2009 liegende, sachlich nicht gerechtfertigte "Lücke".
- 17
- Die nach dem Pauschalsatz des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG sich ergeben- de Entschädigung von 800 € sei unbillig im Sinne von § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG. Da Gegenstand des Ausgangsverfahrens eine Kindschaftssache sei und das Familiengericht über den parallel geltend gemachten Auskunftsanspruch zunächst nicht entschieden habe, sei eine moderate Erhöhung des Entschädi- gungsbetrags auf 1.500 € geboten. Ein schwerwiegender Fall im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG liege nicht vor. Die zusätzliche Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer könne der Kläger deshalb nicht verlangen.
II.
- 18
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
- 19
- 1. Die Entschädigungsregelung bei überlanger Verfahrensdauer (§§ 198 ff GVG) findet nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 Halbsatz 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) auf den Streitfall Anwendung. Danach gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 (gemäß Art. 24 ÜGRG) bereits abgeschlossen waren, wenn deren Dauer zu einer nach Art. 35 Abs. 1 EMRK zulässigen Beschwerde vor dem EGMR geführt hat (Senatsurteil vom 11. Juli 2013 - III ZR 361/12, NJW 2014, 218 Rn. 9, 15). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 20
- Das vom Kläger als unangemessen lang angesehene familiengerichtliche Verfahren wurde durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2010 und 17. Februar 2011, mit denen die Beschwerde und die Anhörungsrüge des Klägers zurückgewiesen wurden, beendet. Damit war der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft (Art. 35 Abs. 1 EMRK). Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts kommt es in diesem Zusammenhang auf die Zustellung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2011 nicht an. Wird die überlange Dauer eines zivilrechtlichen Verfahrens geltend gemacht, stellt die Verfassungsbeschwerde keinen effektiven Rechtsbehelf im Sinne von Art. 13 EMRK dar. Ein Beschwerdeführer ist demnach nicht verpflichtet, vor Anrufung des EGMR eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen (EGMR, NJW 2006, 2389 Rn. 105 ff und NVwZ 2008, 289 Rn. 64 ff; Schäfer in Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 35 Rn. 34, 57; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl., Art. 13 Rn. 38, Art. 35 Rn. 19). Da der Kläger die Verfahrensdauer bereits mit Individualbeschwerde vom 4. November 2010 gerügt hatte, wurde die Sechs-Monats-Frist des Art. 35 Abs. 1 EMRK gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass der innerstaatliche Rechtsweg zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschöpft war (vgl. Schäfer aaO Art. 35 Rn. 3, 35, 52 ff). Die nach Fristablauf eingelegte (erneute) Beschwerde vom 13. Oktober 2011 ist lediglich als jederzeit mögliche Ergänzung der bereits zulässig erhobenen Beschwerde anzusehen (vgl. Schäfer aaO Art. 35 Rn. 17). Dementsprechend wurde sie beim EGMR unter demselben Aktenzeichen geführt.
- 21
- Durch die am 11. Mai 2012 eingereichte und am 25. Juni 2012 zugestellte Klageschrift wurde die Ausschlussfrist des Art. 23 Satz 6 ÜGRG eingehalten (§ 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 167 ZPO).
- 22
- 2. Die Rüge der Revision, das Oberlandesgericht hätte die nachgeholte Entscheidung des Familiengerichts über den zunächst übersehenen Antrag auf Auskunftserteilung gemäß § 1686 BGB als gesondert zu entschädigendes Verfahren behandeln müssen, bleibt ohne Erfolg.
- 23
- § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthält eine Legaldefinition des Gerichtsverfahrens im Sinne der Entschädigungsregelung. Gerichtsverfahren ist nicht jeder einzelne Antrag oder jedes Gesuch im Zusammenhang mit dem verfolgten Rechtsschutzbegehren. Vielmehr geht das Gesetz von einem an der Hauptsache orientierten Verfahrensbegriff aus (Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, BeckRS 2013, 22861 Rn. 20). Lediglich für den Bereich des bereits eröffneten Insolvenzverfahrens fingiert § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 3 GVG, dass jeder Antrag auf Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren gilt (Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren , § 198 GVG Rn. 49). In zeitlicher Hinsicht ist der gesamte Zeitraum von der Einleitung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung als ein Verfahren zu behandeln (Senatsurteil vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 21).
- 24
- Nach diesem Maßstab ist der Antrag auf Auskunftserteilung (§ 1686 BGB), den der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 30. November 2009 kumulativ neben weiteren Anträgen in dem familiengerichtlichen Umgangsrechtsverfahren gestellt hat (dazu Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl., § 1686 Rn. 1), nicht als Einleitung eines getrennt zu betrachtenden Gerichtsverfahrens anzusehen. Vielmehr sollte darüber in dem bereits anhängigen Umgangsrechtsverfahren entschieden werden. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass sich das Familiengericht erstmals in dem Beschluss vom 8. Oktober 2010 sachlich mit dem Auskunftsantrag befasst hat. Denn zu diesem Zeitpunkt war das Hauptsacheverfahren noch nicht beendet. Das Oberlandesgericht hatte zwischenzeitlich die Akten zur Entscheidung über das Auskunftsbegehren an das Familiengericht zurückgesandt. Das Umgangsrechtsverfahren wurde parallel in der zweiten Instanz fortgeführt und im Dezember 2010 durch Zurückweisung der Beschwerde des Klägers abgeschlossen.
- 25
- 3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Oberlandesgericht über die festgestellte Verzögerung von acht Monaten hinaus eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens zu Recht verneint. Die diesbezügliche Verfahrensförderung durch die Gerichte des Ausgangsverfahrens weist keine entschädigungsrechtlich relevanten Lücken auf. Durch die zunächst unterbliebene Entscheidung über den Auskunftsanspruch wurde die Gesamtverfahrensdauer - wie unter 2. dargelegt - nicht verlängert.
- 26
- a) Die Rüge, das Oberlandesgericht hätte bei der Beurteilung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer nicht auf die konkreten Fallumstände, sondern auf die durchschnittliche Dauer eines erstinstanzlichen Umgangsverfahrens , die bei 6,8 Monaten liege, abstellen müssen, greift nicht durch.
- 27
- aa) Für die Feststellung, ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, kommt es nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt die Umstände , die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind, nur beispielhaft ("insbesondere") und ohne abschließenden Charakter (BTDrucks. 17/3702 S. 18). Weitere gewichtige Beurteilungskriterien sind die Verfahrensführung durch das Gericht sowie die zur Verfahrensbeschleunigung, die nicht zum Selbstzweck werden darf, gegenläufigen Rechtsgüter, wobei vor allem die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gewährleistung der inhaltlichen Richtigkeit von Entscheidungen sowie die Grundsätze der richterlichen Unabhängigkeit und des gesetzlichen Richters in den Blick zu nehmen sind. Erforder- lich ist eine umfassende Gesamtabwägung aller Umstände (grundlegend Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, NJW 2014, 220 Rn. 25, 28, 32 ff; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13 aaO Rn. 37, 40, 43 ff und vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BeckRS 2014, 03167 Rn. 36, 39 f, jeweils zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
- 28
- bb) Eine abstrakt-generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich und würde im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit bereits an der Vielgestaltigkeit der Verfahren und prozessualen Situationen scheitern.
- 29
- Mit der Entscheidung des Gesetzgebers, dass sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls richtet (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG), wurde bewusst von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen. Ein nach Verfahrensarten oder -gegenständen, nach Schwierigkeitsgraden oder in ähnlicher Weise ausdifferenziertes System fester "Normwerte" scheidet deshalb aus (vgl. Maidowski, JM 2014, 81, 82). Die Ausrichtung auf den Einzelfall ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes, wird durch dessen Entstehungsgeschichte bestätigt (dazu Steinbeiß-Winkelmann aaO Einführung Rn. 236 ff) und entspricht dem in den Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 17/3802 S. 18). Feste Zeitvorgaben können auch der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht entnommen werden (siehe dazu die Übersicht bei Meyer-Ladewig aaO Art. 6 Rn. 199 ff, insbesondere Rn. 207 f). Das Bundesverfassungsgericht hat ebenfalls keine festen Zeitgrenzen aufgestellt und beurteilt die Frage, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, stets nach den besonderen Um- ständen des einzelnen Falls (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2811, 2812 und NJW 2013, 3630 Rn. 30, 32 mwN).
- 30
- Der Verzicht auf allgemeingültige Zeitvorgaben schließt es auch regelmäßig aus, die Angemessenheit der Verfahrensdauer allein anhand statistischer Durchschnittswerte zu ermitteln. Nach dem Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG kommt es auf die "angemessene" und nicht auf die "durchschnittliche" Verfahrensdauer an. Daneben ist zu bedenken, dass § 198 GVG nicht nur einzelfallbezogene "Ausreißer" erfasst, sondern auch dann eingreift, wenn die Verzögerung auf strukturellen Problemen (zum Beispiel unzureichende Personalausstattung der Justiz) beruht. Die Ermittlung aussagekräftiger Vergleichswerte , die keine solchen "Systemfehler" enthalten, stellt sich als schwierig dar, zumal die Verschiedenartigkeit der einzelnen Verfahrensarten eine einheitliche Betrachtung verbietet. Selbst brauchbare statistische Durchschnittswerte sind nur bedingt taugliche Parameter und können ohne eine Einzelfallbetrachtung nicht zur Grundlage einer Entschädigungsentscheidung gemacht werden. Deshalb reicht es - entgegen der Revision - für die Berechnung eines Entschädigungsanspruchs nicht aus, lediglich auf die Differenz zwischen der tatsächlichen und der statistischen Verfahrensdauer hinzuweisen (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 26; Heine MDR 2013 1081, 1085; Schlick, Festschrift für Klaus Tolksdorf, S. 549, 554; siehe auch BVerwG, NJW 2014, 96 Rn. 28 ff und BSG, NJW 2014, 248 Rn. 25 ff zu dem Sonderfall des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nach dem SGG: statistische Zahlen als "hilfreicher Maßstab").
- 31
- b) Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensführung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist (ausführlich Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 28 ff; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 36 ff und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 35 ff jeweils mwN).
- 32
- Dies bedeutet, dass die Verfahrensdauer eine Grenze überschreiten muss, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 31; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 42 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 38; vgl. BVerfG, NVwZ 2013, 789, 791 f; BVerwG aaO Rn. 39; siehe auch BFH, BeckRS 2013, 96642 Rn. 53; BSG aaO Rn. 26: "deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen").
- 33
- Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte Gesamtverfahrensdauer (vgl. Ott aaO § 198 GVG Rn. 78). Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, können innerhalb einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert werden (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 30; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 41 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 37; Ott aaO § 198 GVG Rn. 79, 97, 100 f).
- 34
- c) Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungsund Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 33; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 44 und vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 39). Dementsprechend wird die Verfahrensführung des Richters im nachfolgenden Entschädigungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (Senatsurteile vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 14; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 45 f und vom 13. Februar2014 - III ZR 311/13, juris Rn. 30). Da der Rechtsuchende keinen Anspruch auf optimale Verfahrensförderung hat (BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10, juris Rn. 16), begründen eine vertretbare Rechtsauffassung des Gerichts oder eine nach der jeweiligen Prozessordnung vertretbare Verfahrensleitung auch dann keinen Entschädigungsanspruch, wenn sie zu einer Verlängerung des Gerichtsverfahrens geführt haben (Senatsurteile vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 46 und vom 13. Februar 2014 aaO Rn. 30). Im Entschädigungsprozess dürfen diejenigen rechtlichen Überlegungen, die der erkennende Richter bei der Entscheidungsfindung im Ausgangsprozess angestellt hat, grundsätzlich nicht auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft werden (Schlick aaO S. 555). Stets muss jedoch in den Blick genommen werden, dass die Gerichte sich mit zunehmender Verfahrensdauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen haben (vgl. nur Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 11, 14; BVerfG, NJW 2013, 3630 Rn. 32, 37, 44).
- 35
- Erst wenn die Verfahrenslaufzeit, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt ist, in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung des weiten richterlichen Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor (Senatsurteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 33; vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 44 ff; vom 23. Januar 2014 aaO Rn. 40 und vom 13. Februar 2014 aaO Rn. 31; BVerwG aaO Rn. 42).
- 36
- d) Bei Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze hält die Beurteilung des Oberlandesgerichts, durch die Verfahrensführung des Familiengerichts sei das erstinstanzliche Verfahren lediglich im Umfang von acht Monaten ohne sachlichen Grund nicht gefördert worden, den Angriffen der Revision stand.
- 37
- Die Überprüfung der Verfahrensführung im Ausgangsprozess obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, der über die Entschädigungsklage entscheidet. Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Verfahrensdauer hat das Revisionsgericht den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren und ist in seiner Prüfung darauf beschränkt, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (vgl. nur Senatsurteile vom 4. November 2010 aaO Rn. 18; vom 14. November 2013 aaO Rn. 34 und vom 5. Dezember 2013 aaO Rn. 47).
- 38
- Solche Rechtsfehler liegen nicht vor. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Gesamtabwägung anhand der nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG maßgeblichen Kriterien belegt, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind.
- 39
- aa) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass das Ausgangsverfahren vor allem wegen des angespannten Verhältnisses der Eltern und der notwendigen Beteiligung weiterer Stellen (Jugendamt, Verfahrenspfleger, medizinischer Sachverständiger ) von einer "gewissen Komplexität" war (vgl. EGMR, FamRZ 2011, 1283 Rn. 47). Dies rechtfertigt die Annahme, dass von vornherein mit zeitaufwändigen zusätzlichen Verfahrensschritten und einer längeren Verfahrensdauer zu rechnen war.
- 40
- bb) Das Oberlandesgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass die zeitnahe Entscheidung des Umgangsverfahrens für den Kläger von besonderer persönlicher Bedeutung war.
- 41
- In Verfahren, die das Verhältnis einer Person zu ihrem Kind betreffen, obliegt den Gerichten eine besondere Förderungspflicht, weil die Gefahr besteht , dass allein der fortschreitende Zeitablauf zu einer faktischen Entscheidung der Sache führt. Verfahren, die das Sorge- oder Umgangsrecht betreffen, sind deshalb besonders bedeutsam (vgl. EGMR, NJW 2006, 2241 Rn. 100; FamRZ 2011, 1283 Rn. 45 und Urteil vom 10. Mai 2007, Beschwerde Nr. 76680/01, juris Rn. 93, 99, 104). Bei der Festlegung des konkreten Beschleunigungsmaßstabs hat das Oberlandesgericht das Alter des Kindes zu Recht in seine Überlegungen einbezogen. Denn eine Verpflichtung zur "größtmöglichen Beschleunigung" des Verfahrens besteht vor allem bei sehr kleinen Kindern (vgl. EGMR, FamRZ 2011, 1283 Rn. 45). Kleinere Kinder empfinden, bezogen auf objektive Zeitspannen, den Verlust einer Bezugsperson - anders als ältere Kinder oder gar Erwachsene - schneller als endgültig (Ott aaO § 198 GVG Rn. 111). In diesen Fällen ist die Gefahr der Entfremdung zwischen Eltern und Kind, die für das Verfahren Fakten schaffen kann, besonders groß, so dass eine besondere Sensibilität für die Verfahrensdauer erforderlich ist (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2811, 2812 und NJW 2001, 961, 962). Im vorliegenden Fall war das Kind allerdings zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung bereits knapp 13 Jahre alt und lehnte - zermürbt durch die früheren gerichtlichen Auseinandersetzungen um das Umgangsrecht des Klägers - weitere "erzwungene" Besuchskontakte ab. Den Vorschlag des Familiengerichts, etwaige künftige Besuchsregelungen durch einen Briefkontakt vorzubereiten, hat der Kläger nicht aufgegriffen. Bei dieser Sachlage durfte das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass keine Situation vorlag, in der allein durch Zeitablauf die Sachentscheidung faktisch präjudiziert wurde. Im konkreten Fall erschien ein Zuwarten mit dem Verfahrensabschluss schon deshalb sinnvoll, um gerade durch Zeitablauf Klärungsprozesse sowohl bei dem älter werdenden Kind als auch bei den Kindeseltern zu ermöglichen und auf diese Weise die innerfamiliären "Selbstheilungskräfte" zu mobilisieren (vgl. Keidel/Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., § 155 Rn. 5).
- 42
- cc) Vergeblich wendet die Revision ein, das Oberlandesgericht habe die zahlreichen und zum Teil umfangreichen schriftlichen Stellungnahmen und Anfragen des Klägers sowie den Umstand, dass er von den ihm durch das Prozessrecht eingeräumten Verfahrenshandlungen Gebrauch gemacht habe, bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer nicht berücksichtigen dürfen, da das Vorgehen des Klägers weder sachwidrig noch missbräuchlich gewesen sei.
- 43
- Die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat, ist unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Mitverursachung wesentlich für die Beurteilung der Verfahrensdauer (BT-Drucks. 17/3802 S. 18). Denn von ihm verursachte Verzögerungen können keine Unangemessenheit der Verfahrensdauer begründen (Ott aaO § 198 GVG Rn. 116). Dabei kommt es auf eine "Prozessverschleppungsabsicht" oder eine sonstige Vorwerfbarkeit des Verhaltens nicht an. Auch durch zulässiges Prozessverhalten herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen. Dies gilt beispielsweise für häufige umfangreiche Stellungnahmen und Anfragen, Fristverlängerungsanträge und Anträge auf Ruhenlassen des Verfahrens (Ott aaO Rn. 117 f). In allen diesen Fällen wird die Zeit, die für das Gericht zur ordnungsgemäßen Reaktion auf ein Prozessverhalten erforderlich ist, nicht dem Staat zugerechnet (Senatsurteil vom 13. Februar 2014 aaO Rn. 42 mwN).
- 44
- Das Oberlandesgericht durfte deshalb bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigen, dass der Kläger insbesondere durch zahlreiche Stellungnahmen und Anfragen, einen Terminsaufhebungsantrag sowie die späte Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten beträchtliche Verfahrensverzögerungen verursacht hat, die nicht in den Verantwortungsbereich des Familiengerichts fielen. Dazu zählt auch, dass er zu einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 29. Oktober 2008, der ihm begleitete Umgänge in Aussicht stellte, erst mit Schreiben vom 25. November 2008 (ablehnend) Stellung nahm.
- 45
- dd) Die Beurteilung der Verfahrensführung der Ausgangsgerichte durch das Oberlandesgericht lässt einen Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen.
- 46
- Das Entschädigungsgericht hat den zutreffenden Beurteilungsmaßstab (nur Vertretbarkeitskontrolle) zugrunde gelegt. Es ist unter Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG und unter Berücksichtigung des richterlichen Gestaltungsspielraums zu dem Ergebnis gelangt, dass sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Verzögerungen im Umfang von acht Monaten vorhanden sind. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 47
- Soweit die Revision darüber hinaus geltend macht, das Oberlandesgericht habe das Vorrang- und Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen (§ 50e FGG aF, § 155 FamFG) außer Acht gelassen und insbesondere übersehen , dass ein Erörterungstermin bereits binnen eines Monats nach Verfahrenseinleitung hätte stattfinden müssen (§ 50e Abs. 2 FGG aF), geht die Rüge ins Leere.
- 48
- Wie bereits ausgeführt, hat das Oberlandesgericht das spezifische Vorrang - und Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen zutreffend erkannt und gewichtet. Mit den Einzelheiten der von der Revision angeführten gesetzlichen Bestimmungen (§ 50e FGG aF, § 155 FamFG) musste es sich nicht näher auseinandersetzen. Nach Art. 111 Abs. 1 des FGG-Reformgesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) ist § 155 FamFG auf Verfahren, die - wie hier - vor dem 1. September 2009 eingeleitet wurden, nicht anwendbar (Keidel/Engelhardt aaO Art. 111 FGG-RG Rn. 2). § 50e FGG aF wurde durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls vom 4. Juli 2008 (BGBl. I S. 1188) eingeführt. Demgemäß konnte das Gebot aus § 50e Abs. 2 FGG aF (Sollvorschrift), spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchzuführen , im Streitfall noch keine Wirkung entfalten. Unabhängig davon hat das Familiengericht nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts bereits am 31. Oktober 2007, also nur sechs Wochen nach Verfahrensbeginn , einen Anhörungstermin durchgeführt. Nach allem ist eine (weitere) sachwidrige Verfahrensverzögerung nicht ersichtlich.
- 49
- 4. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Klägers, im vorliegenden Fall sei eine deutliche Erhöhung des Regelsatzes (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG geboten, da die Dauer des Ausgangsverfahrens sein Umgangsrecht faktisch entwertet habe und nach den vom EGMR entwickelten Grundsätzen (dazu EGMR, FamRZ 2012, 1123) eine Entschädigung von 13.400 € gerechtfertigt sei.
- 50
- § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG sieht zur Bemessung der Höhe der Entschädi- gung für immaterielle Nachteile einen Pauschalsatz in Höhe von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung vor. Ist dieser Betrag nach den Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG). Mit der Pauschalierung unter Verzicht auf einen einzelfallbezogenen Nachweis sollen Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung, die eine zusätzliche Belastung der Gerichte bedeuten würden, vermieden werden. Zugleich ermöglicht dies eine zügige Erledigung der Entschädigungsansprüche im Interesse der Betroffenen (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 46; vgl. auch BT-Drucks. 17/3802 S. 20). Die Entschädigung wird dabei nur für den konkreten Verzögerungszeitraum geleistet, so dass verzögerte Verfahrensabschnitte, die die Gesamtverfahrensdauer nicht verlängert haben, außer Betracht bleiben müssen (Ott aaO § 198 GVG Rn. 225). Insoweit hat das Oberlandesgericht, was den Kläger jedoch nicht beschwert, bei der Bemessung des Entschädigungsbetrags die nachgeholte Entscheidung über den Auskunftsantrag, die sich auf die Gesamtverfahrensdauer in keiner Weise ausgewirkt hat, zu Unrecht zur Begründung einer Erhöhung des Pauschalsatzes herangezogen.
- 51
- Im Hinblick auf den eine Verfahrensvereinfachung anstrebenden Gesetzeszweck ist der Tatrichter nur bei Vorliegen besonderer Umstände gehalten, von dem normierten Pauschalsatz aus Billigkeitserwägungen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) abzuweichen. Dabei ist für eine Abweichung nach oben insbesondere an solche Fälle zu denken, in denen die Verzögerung zur Fortdauer einer Freiheitsentziehung oder zu einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt hat (Senatsurteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 46 mwN). Derartige Ausnahmefälle macht die Revision nicht geltend. Allein der Umstand, dass eine Kindschaftssache (Umgangsrechtsverfahren) vorliegt, rechtfertigt noch keine Erhöhung des Regelsatzes. Denn entscheidend ist, dass die "Umstände des Einzelfalls", das heißt die konkreten Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer, die Pauschalhöhe als unbillig erscheinen lassen. Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich, da das knapp 13-jährige Kind nach seinem klar geäußerten Willen gerichtlich erzwungene Umgangskontakte von Anfang an abgelehnt hat und die einstweiligen Anordnungen des Familiengerichts, mit denen der Umgang vorläufig ausgesetzt wurde, durch die in der Hauptsache ergangenen Entscheidungen bestätigt wurden. Eine faktische Entwertung des Umgangsrechts durch bloßen Zeitablauf hat gerade nicht stattgefunden.
- 52
- Der Hinweis der Revision auf die in dem Urteil des EGMR vom 27. Oktober 2011 (Beschwerde Nr. 8857/08, FamRZ 2012, 1123) zugesprochene Ent- schädigung von 10.000 € ist verfehlt. Der Entscheidung lag ein Fall aus Tsche- chien zugrunde lag, in dem die Mutter eines Kleinkindes über einen Zeitraum von vier Jahren das Umgangsrecht verweigert hatte, ohne dass die nationalen Behörden einschritten. Dadurch wurde eine de-facto-Situation geschaffen, die schließlich zu einem Verlust der emotionalen Bindung des Kindes zum Vater führte. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
Seiters Reiter
Vorinstanz:
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 08.02.2013 - 4 SchH 1/12 -
(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.