Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 04. Mai 2017 - 3 KM 152/17

bei uns veröffentlicht am04.05.2017

Tenor

Der am 9. Januar 2017 bekanntgemachte und am 24. Januar 2017 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 1 „A“ der Antragsgegnerin wird bis zu einer Entscheidung in dem noch anhängig zu machenden Normenkontrollhauptsacheverfahren außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller – eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung – begehrt die einstweilige Außervollzugsetzung des Bebauungsplanes Nr. 1 „A“ der Antragsgegnerin bis zu einer Entscheidung der - noch nicht anhängigen - Hauptsache.

2

Mit dem am 9. Januar 2017 bekanntgemachten und am 24. Januar 2017 in Kraft getretene Bebauungsplan werden die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von 54 Ferienhäusern, eines Hotels bzw. Hotelkomplexes mit 80 Betten sowie weiterer Gebäude und Anlagen für die Versorgung des Gebietes auf einer Fläche von ca. 8,1 ha geschaffen. Nach dem Umweltbericht des Bebauungsplans verläuft die Grenze des FFH-Gebietes „B und C“ (DE1542-302) ca. 115 m entfernt vom Plangebiet am Boddenufer; hierzu ist eine FFH-Vorprüfung durchgeführt worden (Anlage zum Umweltbericht). Das Europäische Vogelschutzgebiet „D und E“ (DE1542-401; SPA 28) befindet sich 115 m vom Geltungsbereich des Bebauungsplanes entfernt; auch hierzu ist eine FFH-Vorprüfung durchgeführt worden (Anlage zum Umweltbericht). Ein Nationalpark oder ein Biosphärenreservat sind vom Geltungsbereich nicht unmittelbar betroffen. Allerdings befindet sich südwestlich des Plangebietes der Nationalpark „D“ mit seiner Pflege- und Entwicklungszone. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans überlagert sich nicht mit einem Naturschutzgebiet; das Plangebiet befindet sich aber vollständig im Landschaftsschutzgebiet „D“. Nach dem Umweltbericht befinden sich gemäß der Daten des Kartenportals Umwelt M-V (LUNG M-V) innerhalb des Geltungsbereiches bzw. im Untersuchungsraum von 300 m des B-Plans nach § 20 NatSchG M-V besonders geschützte Biotope.

3

Beide Vorprüfungen kamen zu dem Ergebnis, dass der Bebauungsplan Nr. 1 „A“ der Antragsgegnerin nicht geeignet sei, dass FFH-Gebiet und das SPA jeweils in seinen maßgeblichen Bestandteilen, Erhaltungszielen und Schutzzwecken erheblich zu beeinträchtigen; eine weitergehende Verträglichkeitshauptprüfung sei jeweils nicht erforderlich. Das Vorhaben sei zulässig.

4

Der Antragsgegnerin ist am 22. November 2016 vom Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen eine Naturschutzgenehmigung gem. § 40 NatSchAG M-V erteilt worden (über den Widerspruch des Antragstellers ist wohl noch nicht entschieden; unter dem 1. März 2017 ist die sofortige Vollziehung der Naturschutzgenehmigung angeordnet worden, nachdem das OVG M-V mit Beschluss vom 31. Januar 2017 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs festgestellt hatte, Az.: 1 M 38/17). Mit der Naturschutzgenehmigung wurde der Antragsgegnerin zur Umsetzung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes eine Erlaubnis zum Bauen nach § 5 Abs. 3 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „D“ vom 21. Mai 1996 sowie eine Ausnahme gem. § 30 Abs. 4 BNatSchG vom gesetzlichen Biotopschutz für den Verlust einer Strauchhecke als geschütztes Biotop und den Teilverlust und die Beeinträchtigung eines Fließwasserröhrichts erteilt.

5

Der Antragsteller – der sich mit Schreiben vom 27. November 2014, 21. August 2015, 12. und 22. Oktober 2015 und 2. August 2016 am Planverfahren beteiligt hatte – hat am 10. März 2017 die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans im Wege einstweiligen Rechtsschutzes begehrt. Im Wesentlichen macht er geltend, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Der Abstand zwischen den geschützten Lebensraumelementen der Zielarten des EU-Vogelschutzgebietes und dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes sei deutlich geringer als die Relevanz-, Stör- und/oder Fluchtdistanz der entsprechenden Zielarten, so dass im Ergebnis einer überschlägigen Prüfung eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele nicht offensichtlich und von vornherein ausgeschlossen werden könne. Auch verändere die Bebauung, Versiegelung und teilweise Aufschüttung einer Fläche von 8 ha auf dem bisher unverbauten A den Charakter und das Landschaftsbild des betroffenen Landschaftsschutzgebietes nachhaltig und laufe zudem dem besonderen Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes „D“ zuwider, so dass das Verbot aus § 4 Abs. 1 LSG-VO „D“ der Planung grundsätzlich entgegenstehe. Eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG sei nicht erteilt, das Vorhaben nicht befreiungsfähig. Zudem seien insbesondere die Belange des Hochwasserschutzes und die Standortwahl und des Lärmschutzes nicht ordnungsgemäß ermittelt und abgewogen worden. Die Erschließungsfrage des Plangebiets sei nicht beantwortet worden, die Straße „F“ entspreche nicht den Vorgaben der RASt 06, es handele sich nicht um einen Wohnweg, sondern mindestens um eine Wohnstraße. Auch die wasserseitige Erschließung sei unzulässigerweise auf nachfolgende Genehmigungsverfahren verlagert worden.

6

Die Antragsgegnerin hat Stellung genommen. Auf Grundlage der Feststellungen in der FFH-Vorprüfung (Ergebnisgutachten Dezember 2014 und Januar 2013; Zusatzuntersuchung Brutvögel Juni 2015) – an deren Methodik anders als der Antragsteller meine, keine Zweifel bestünden – seien der H A und die G als Rastvogelgebiet mit geringer Bedeutung anzusehen, es handele sich nicht um ein potentielles Bruthabitat. Die Frage, ob sich die Erforderlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aufgrund der Beeinträchtigung der Lebensräume von geschützten Vogelarten ergibt, obliege der Einschätzung der Antragsgegnerin, der eine gewisse Einschätzungsprärogative einzuräumen sei. Vorbelastungen seien zu berücksichtigen. Durch das Vorhaben würden keine irreparablen Schäden in Bezug auf eine Störung und Beeinträchtigung von rastenden und überwinternden Vögeln im angrenzenden SPA verursacht. Dies schon deshalb, weil der angrenzende I bis zur Schilfkante einer intensiven Wassersportnutzung (v.a. Surfen und Kite-Surfen) genutzt werde; auch werde der H A über das Plangebiet hinaus seit je her als Hundeauslaufwiese frequentiert. Durch die avisierte Bebauung verspreche sich die Antragsgegnerin eine Beruhigung des Schilfgürtels. Die gesamte Bereichslage sei faktisch nahezu völlig frei von Zugvögeln, worauf auch in den Gutachten zur Vorprüfung Bezug genommen werde, es seien gerade nicht die geschützten Lebensraumelemente betroffen (Wasserröhricht als potentielles Bruthabitat).

7

Auch hinsichtlich der Rohrweihe sei kein Bestand zu verzeichnen. Auch wenn in dem Schilfgürtel um die Kaasenrinne ein insoweit maßgeblicher Gebietsbestandteil gesehen werden könnte, werde dieser durch den Vollzug des Bebauungsplanes in keiner Weise, weder unmittelbar noch mittelbar, nachhaltig negativ tangiert. Die anerkannten Fluchtdistanzen – Rohrweihe bis zu 300 m – würden das Plangebiet nur dann betreffen, wenn sie sich ausgehend vom als schützenswert behaupteten Habitat um den Röhrichtgürtel am Bodden in einem Radius von 300 m erstrecken würden. Fluchtdistanzen würden keine Tabu-Bereiche begründen, sondern sich je nach konkreter Bereichslage indifferent ausdehnen, sie seien keine unabhängige physikalische Größe. Fluchtdistanzen variierten nach dem Habitat, insbesondere nach Fluchtmöglichkeiten und Fluchtpräferenzen. Sie würden hier eher die südlich des Plangebiets belegene Nationalparkzone, den Boddenbereich um die Kaasenrinne und die Schutzzone südlich davon erfassen. Auch insoweit seien die Vorbelastungen erheblich. Negative Auswirkungen auf die Population der Rohrweihe seien damit unwahrscheinlich. Allein die Möglichkeit des Wegfalls eines geeigneten Brutreviers sei fernliegend. Auch hinsichtlich der Populationen von Gänsen und Kranichen sei seit Jahren keine entsprechende Vogelkonzentration gegeben.

8

Auch wenn sich hinsichtlich des Kranichs ein schützenswertes Lebensraumelement bis in den Brackwasserröhrichtbereich zuordnen ließe, wohin der Abstand zum Planbereich etwa 300 m betrage, könne eine Betroffenheit nicht konstatiert werden. Die Fluchtdistanz dieser Rastvögel (500 m) sei durch das Plangebiet nicht wesentlich tangiert, eine Beeinträchtigung faktisch auszuschließen.

9

Zwar liege das Plangebiet zudem in der weiteren Schutzzone des LSG „D“, nicht aber in der engeren Schutzzone, ein diesbezüglicher Antrag des Antragstellers sei erfolglos geblieben. Wesentliche Auswirkungen bzw. erhebliche Beeinträchtigungen naturschutzrechtlicher Aspekte seien nicht zu erwarten. § 5 Abs. 3 LSG-VO „D“ beziehe sich auf die Wirkungen des § 4 Abs. 1 LSG VO und sonstige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Weder könne von einer konkreten Schädigung des Naturhaushaltes noch von einer Beeinträchtigung des Naturgenusses gesprochen werden; auch seien eine erhebliche Veränderung des Gebietscharakters oder eine nachhaltige Änderung des Landschaftsbildes allein aufgrund der überschaubaren Größe des Plangebiets und des unmittelbaren Zusammenhangs zur präsenten Bebauung auszuschließen.

10

Ihre – der Antragsgegnerin – Planungs- und Gestaltungshoheit sei in der weiteren Schutzzone nicht ausgeschlossen. Sie habe vielmehr den besonderen Belangen des Naturschutzes in qualifizierter Weise – durch Verkleinerung des ursprünglichen Plangebiets und durch Vermeidung und Kompensation einer relevanten Beeinträchtigung des Biotopschutzes – Rechnung getragen. Die vom Antragsteller unter Hinweis auf die Bodenschutzklausel und die Umwandlungssperre angeführten Gebietsalternativen seien in der Planbegründung ausführlich reflektiert und sachgerecht ausgeschlossen worden (B-Planbegründung Seite 54). Auch bestehe ein Bedarf für das Ferienhausgebiet/Hotel. Der A sei bei Inkrafttreten der LSG VO als Ackerland genutzt worden, auch habe es damals bereits Planungen gegeben. Der A gehöre zu den höher gelegenen Stellen der Gemeinde und sei noch nie überschwemmt gewesen. Die Planung komme auch nicht ausschließlich privaten Interessen zugute. Interessen des Tourismus und des Küstenschutzes stünden dem Planvorhaben in keiner Weise entgegen. Im Gemeindegebiet betrage das Verhältnis Ferienbetten pro Einwohner 2 zu 1, was der geringste Faktor auf der Halbinsel J sei. Wenn sie den Trend der Modernisierung im Bereich der touristischen Angebote nicht gefährden wolle, müsse sie im Bereich der Marktentwicklung Möglichkeiten schaffen. Der Gemeinde würden modern ausgestattete Ferienhäuser fehlen. Entsprechendes gelte für den geplanten Hotelbau, in ihrem Gebiet gebe es kein Hotel. Die durchschnittliche Auslastung pro Bett sei dagegen nicht geeignet, den Bedarf an modernen und qualitativ hochwertigen Ferienhäusern zu negieren; im Gegensatz zu den Übernachtungsmöglichkeiten würden die Gästezahlen und Übernachtungen stetig ansteigen. Die Zahl der Nachfragen könne nicht gedeckt werden. Innerörtlich habe sie zudem das – eine bauliche Verdichtung oftmals unmöglich machende – öffentliche Interesse des Denkmalschutzes zu beachten; dies sei ein öffentlicher Belang.

11

Soweit der Antragsteller abwägungsrelevante Fehler im Zusammenhang mit den durch den Erschließungsverkehr hervorgerufenen Lärmbelästigungen behaupte, sei weder ein offensichtlicher Mangel im bei der Zusammenstellung und Bewertung des Abwägungsmaterials noch ein erheblicher Mangel im Abwägungsvorgang erkennbar.

12

Gleiches gelte hinsichtlich der durch die Planung hervorgerufenen Zusatzbelastung und hinsichtlich der bestehenden Vorbelastung. Soweit der Antragsteller die Abwägung als fehlerhaft kritisiere, lege er völlig unrealistische Daten zugrunde. Schließlich seien auch die Rügen einer fehlenden Beantwortung der Erschließungsfrage und des Verstoßes gegen das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung unzutreffend. Bei den RASt 06 handele es sich zum einen um Empfehlungen und zum anderen um ein technisches Regelwerk für die Planung und den Entwurf von Stadtstraßen, bei der Straße „F“ handele es sich um eine bestehende Verkehrssituation. Die RASt 06 sei herangezogen worden, um die bestehenden Verkehrsanlagen auf ihre Leistungsfähigkeit bewerten zu können.

13

Im Übrigen sei ein schwerer Nachteil i.S.v. § 47 Abs. 6 VwGO insoweit für den Antragsteller nicht erkennbar. Der letztlich zuerkannte Schutzanspruch sei ausgiebig im Planungsverfahren untersucht und dargestellt worden.

II.

14

Der Antrag ist zulässig und begründet.

15

Der Antrag ist zulässig.

16

Der Antragsteller – eine Umweltvereinigung im Sinne von § 3 UmwRG – verfügt über die für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO notwendige Antragsbefugnis, welche als Sachentscheidungsvoraussetzung auch für das vorliegende Verfahren auf eine der Entscheidung in der Hauptsache vorgeschaltete Außervollzugsetzung nach § 47 Abs. 6 VwGO entsprechend erforderlich ist, weil ein Antragsteller, der in der Hauptsache keinen Rechtsschutz erhalten kann, auch kein schutzwürdiges Interesse an einer vorläufigen Regelung besitzt.

17

Der Antragsteller ist nach § 2 Abs. 1 UmwRG (der als gleichrangiges späteres Bundesrecht trotz Fehlens einer der Öffnungsklausel des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechenden Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Antragsbefugnis für ein Normenkontrollverfahren vermitteln kann, vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 11. Oktober 2012 – 2 B 276/12 – Juris) antragsbefugt, weil nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, dass mit dem angegriffenen Bebauungsplan eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 Var. 1 UVPG vorliegt, durch die vorliegend die Zulässigkeit eines Bauvorhabens begründet werden soll, für das nach der Nr. 18.1.2 der Anlage 1 zum UVPG eine allgemeine Vorprüfungspflicht des Einzelfalles besteht. Insbesondere ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass § 2 Abs. 3 Nr. 3 Var. 1 UVPG unter Berücksichtigung der weiteren Regelungen in § 17 UVPG neben vorhabenbezogenen Bebauungsplänen i.S.v. § 12 BauGB auch Angebotsplanungen erfasst, sofern sie die Zulässigkeit eines UVP-pflichtigen Vorhabens begründen sollen, also die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für dessen Verwirklichung schaffen. Für die Antragsbefugnis genügt die potentielle UVP-Pflichtigkeit des – hier durch Bebauungsplan – zugelassenen Vorhabens (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27. April 2015 – 2 B 39/15 – Juris Rn. 7; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14 – Juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2014 – 2 D 14/13.NE – Juris).

18

Der Antragsteller macht geltend, dass der Bebauungsplan (u.a.) mit dem FFH-Gebietsschutz und damit mit umweltrechtlichen Regelungen nicht zu vereinbaren sei (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG). Er macht weiter auch geltend, in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich (Schutz der Umwelt, einschließlich der natürlichen Lebensgrundlagen sowie von Landschaft, Pflanzen und Tieren) berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG), was sich aus seiner Satzung ergebe. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG steht der Antragsbefugnis des Antragstellers nicht entgegen, denn er hat sich mit Schreiben vom 27. November 2014, 21. August 2015, 12. und 22. Oktober 2015 und 2. August 2016 am Planverfahren beteiligt.

19

Die der Antragsgegnerin am 22. November 2016 vom Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen erteilte Naturschutzgenehmigung zur Umsetzung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes (Erlaubnis zum Bauen nach § 5 Abs. 3 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „D“ vom 21. Mai 1996) sowie eine Ausnahme gem. § 30 Abs. 4 BNatSchG vom gesetzlichen Biotopschutz für den Verlust einer Strauchhecke als geschütztes Biotop und den Teilverlust und die Beeinträchtigung eines Fließwasserröhrichts) und deren sofortige Vollziehbarkeit steht einem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen. Dem Antragsteller geht es nämlich nicht nur um die Verhinderung der aktuellen Bauarbeiten (Erschließungsarbeiten), er will vielmehr auch die sich anschließenden Projekte einstweilen verhindern.

20

Der Antrag ist auch begründet. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ist aus einem wichtigen Grund dringend geboten.

21

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind bei Bebauungsplänen ‎zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, ‎soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. ‎Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder ‎unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § ‎‎47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen ‎dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ‎zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, ‎dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ‎suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn ‎dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile ‎befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener ‎Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit ‎Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen ‎Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des ‎Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten ‎einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: ‎Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige ‎Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, ‎die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen ‎Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich ‎überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz ‎offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5.14 – Juris; dem folgend Beschlüsse des Senats vom 28. Oktober 2015 – 3 M 199/15 – Juris sowie vom 19. August 2015 – 3 M 54/14 – n.v. und 3 M 64/15 – n.v.).

22

Bei der danach grundsätzlich gebotenen Prüfung der Erfolgsaussichten des noch anhängig zu machenden Normenkontrollantrags erweist sich, dass der Bebauungsplan zum einen wegen Unterlassung einer Prüfung auf Verträglichkeit der von ihm vorgesehenen baulichen Nutzung mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes nach § 34 Abs. 1 BNatSchG aufgrund einer fehlerhaften FFH-Vorprüfung (einem beachtlichen Verfahrensfehler, vgl. Urteil des Senats vom 30. Juni 2010 – 3 K 19/06 – Juris Rn. 131) unwirksam und zum anderen mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung „D vom 21. Mai 1996 nicht zu vereinbaren ist (dazu unter I.). Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist auch dringend geboten (dazu unter II.).

I.

23

Der noch anhängig zu machende Normenkontrollantrag wäre nach dem Prüfungsmaßstab des Eilrechtsschutzverfahrens begründet.

1.

24

Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen Natura 2000-Gebietes (FFH-Gebiet oder Vogelschutzgebiet) zu überprüfen, § 34 Abs. 1 BNatSchG, § 1a Abs. 4 BauGB. Danach sind Projekte, die nicht unmittelbar der Verwaltung des Natura 2000-Gebiets dienen, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des betroffenen Natura 2000-Gebietes zu unterziehen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen.

25

Ob die Voraussetzungen des § 34 BNatSchG vorliegen, ist im Rahmen einer Vorprüfung festzustellen. FFH-Vorprüfung und FFH-Verträglichkeitsprüfung sind naturschutzrechtlich obligatorische Verfahrensschritte (BVerwG, Urteil vom 10. April 2013 – 4 C 3/12 – Juris Rn. 10). Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht (BVerwG, Beschluss vom 13. August 2010 – 4 BN 6/10 – Juris Rn. 4; Beschluss vom 26. November 2007 – 4 BN 46.07 – Juris Rn 11; Urteil vom 17. Januar 2007 – BVerwG 9 A 20.05 – Juris Rn. 60).

26

Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht – unter Hinweis auf das Ergebnis der Vorprüfung (von Oktober 2015, Anlagen zum Umweltbericht) – eine FFH-Prüfung auf Verträglichkeit der vom angefochtenen Bebauungsplan vorgesehenen baulichen Nutzung mit den Erhaltungszielen bzw. Schutzzwecken des EU-Vogelschutzgebietes „D und E“ (DE 1542-401) nach § 34 Abs. 1 BNatSchG unterlassen.

27

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem oder mehreren Gebieten vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU); umgesetzt durch die Natura 2000-LVO M-V vom 12. Juli 2011 (i.d.F vom 9. August 2011).

28

Hiervon ausgehend ist bei der Frage, ob der Plan zu „erheblichen Beeinträchtigungen“ führen kann, wobei mit Blick auf die Erhaltungsziele des Natura-2000-Gebietes auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen ist, zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Es soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße hinsichtlich des Verbreitungsgebiets und der Populationsgröße einer vom Erhaltungsziel umfassten Tier- oder Pflanzenart vermieden werden. Hieran darf – aus wissenschaftlicher Sicht – kein vernünftiger Zweifel bestehen; der dem Planungsträger obliegenden (Gegen-)Beweis ist in der Regel nur geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet (vgl. Urteil des Senats vom 30. Juni 2010 – 3 K 19/06 – Juris Rn. 120 ff.).

29

Dieser (Gegen-)Beweis ist der Antragsgegnerin nicht gelungen, so dass eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG durchzuführen ist. Zur Überzeugung des Senats sind nach dem im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfungsumfang erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Europäischen Vogelschutzgebietes „D und E“ (DE 1542-401) nach einer Vorprüfung nicht "offensichtlich" ausgeschlossen. Das Projekt ist geeignet, zu einer erheblichen Gebietsbeeinträchtigung zu führen.

30

Zwar werden Gebiete des genannten Vogelschutzgebietes vom Gebiet des Bebauungsplanes nicht unmittelbar in Anspruch genommen, jedoch sind mittelbare erhebliche Beeinträchtigungen bei summarischer Betrachtung nicht „offensichtlich“ ausgeschlossen.

31

Der Antragsteller weist zu Recht darauf hin, dass zwischen den nach Anlage 1 zu § 3 Natura-2000-LVO M-V geschützten Lebensraumelementen der Zielarten des Europäischen Vogelschutzgebietes DE 1542-401 und dem Plangebiet ein Abstand von nur 115 m liegt (vgl. auch Seite 3 der FFH-Vorprüfung). Als – etwa für die Rohrweihe (nach Standarddatenbogen Erhaltungszustand B, d.h. ungünstig, unzureichend) – geschützte Lebensraumelemente (als i.S. des Erhaltungsziels des genannten Vogelschutzgebietes maßgeblich zu erhaltener oder wiederherzustellender Bestandteil, § 3 Natura-2000-LVO M-V) werden in der Anlage 1 „möglichst unzerschnittene Landschaftsbereiche (insbesondere im Hinblick auf Hochspannungsleitungen und Windkraftanlagen) mit störungsarmen, weitgehend ungenutzten Röhrichten mit möglichst hohem Anteil an flach überstauten Wasserröhrichten und geringem Druck durch Bodenprädatoren (auch an Kleingewässern) und mit ausgedehnten Verlandungszonen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen (insbesondere Grünland) als Nahrungshabitat“ aufgeführt, die insbesondere der im Schutzgebiet liegende, zwischen 60 m und 80 m breite Röhrichtgürtel mit anschließender landwirtschaftlich genutzter Grünlandfläche (im südlichen Bereich des A‘s auch im Vogelschutzgebiet belegen) erfüllt, von dem das Plangebiet einen minimalen Abstand von 115 m einhält. Für die Rohrweihe – als genannter Zielart – nimmt die FFH-Vorprüfung (auf Seite 15 nach Flade [1994]) eine Fluchtdistanz von 100 m bis 300 m an, so dass auch hiernach das Plangebiet grundsätzlich - ausgehend vom für sie geschützten Lebensraumelement - im Bereich der Fluchtdistanz der Rohrweihe liegt.

32

Für den Senat ist damit nicht offensichtlich und von vornherein auszuschließen, dass die etwa für die Zielart Rohrweihe geschützten Lebensraumelemente durch den Bebauungsplan bzw. Realisierung seiner Vorhaben und der hierdurch hervorgerufenen Wirkungen beeinträchtigt werden können.

33

Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, Fluchtdistanzen würden keine Tabubereiche begründen, geht es im vorliegenden Fall nicht um solche Wirkungen, sondern um die Frage, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG vorzunehmen war/ist, d.h. ob offensichtlich und von vornherein auszuschließen ist, dass die Zielart oder deren Lebensraumelemente durch den Bebauungsplan bzw. Realisierung seiner Vorhaben und der hierdurch hervorgerufenen Wirkungen beeinträchtigt werden können.

34

Als relevante Wirkfaktoren stellt die FFH-Vorprüfung (auf Seite 15) auf optische oder akustische Störung der Tierwelt im Gebiet und auf benachbarten Flächen durch Anwesenheit von Menschen, Fahrzeugbetrieb und baulichen Anlagen sowie siedlungsbedingte Emissionen, beginnend mit der Bauzeit ab.

35

Soweit die Prognose der FFH-Vorprüfung (auf Seite 21) darauf verweist, das vorhandene Röhricht mit maximal ca. 80 m Breite stelle eine Sichtbarriere an der Grenze des FFH-Gebietes dar, so dass vom Land her keine freie Sicht auf den Bodden gegeben sei und der Wirkfaktor einer optischen Störung durch die menschliche Silhouette zwischen Baugebiet und Flachwasserzone des Boddens nicht zur Wirkung komme, vermag dies aus Sicht des Senats eine Beeinträchtigung jedenfalls nicht offensichtlich und von vornherein ausschließen. Denn hiermit wird zum einen offenbar der Umstand des An- und Abflugs der Vögel mit Blick über den Lebensraum Röhricht hinaus vernachlässigt – zumal (auf Seite 16 oben) wohl nur auf den weiter entfernten Rohrweihen-Brutplatz im südlichen Brackwasserröhricht abgestellt wird. Außerdem ist das Brackwasserröhricht durch einzelne Trampelpfade zum Bodden hin geöffnet. Ferner ist in diesem Zusammenhang offen, ob und inwieweit optische Störungen (vollständig) „neutralisiert“ werden oder ob etwa „Reststörungen“ verbleiben, was möglicherweise auch jahreszeitlich differenziert zu betrachten sein könnte. Auch soweit die FFH-Vorprüfung (auf Seite 16 unten) – mangels quantitativer Beurteilungskriterien für Vögel hinsichtlich Meideabstände gegenüber Häusern oder Siedlungsstellen – abschätzt, dass aufgrund des Mindestabstandes von 115 m voraussichtlich keine optischen Beeinträchtigungen zu erwarten seien, die maßgebliche Bestandteile des SPA erheblich beeinträchtigten, ist – abgesehen von der Frage, ob damit eine Beeinträchtigung schon „offensichtlich und von vornherein auszuschließen“ ist – nach dem Bebauungsplan praktisch parallel zum südwestlichen Röhrichtgürtel eine Bebauung mit neun Häusern und einer Firsthöhe von 10.50 m zulässig (SO FE 2). Auch hier wird im Übrigen auf eine „gedeckte Sicht im bodennahen Bereich“ abgestellt und werden eventuell störende Wirkungen im An- und Abflug nicht angesprochen. Hinzukommt, dass wie vom Antragsteller unwidersprochen vorgetragen (Bl. 48, 244 GA), ein in der FFH-Vorprüfung überhaupt nicht angesprochener, sich wohl an das Plangebiet in südwestlicher Richtung anschließender Geländestreifen (wohl mit dem Zweck des Freizeitaufenthaltes von Feriengästen dort) an den Vorhabensträger veräußert worden sein soll, was die Distanz zum geschützten Lebensraumelement weiter verringert. Unterbewertet bleibt in diesem Zusammenhang nach Ansicht des Senats auch das quantitative Ausmaß der (maximalen) zusätzlichen Belastung durch Anwesenheit und Verhalten der zusätzlichen Feriengäste. Denn bei einer Ferienanlage mit (geplant) maximal 296 zusätzlichen Menschen, von denen ein Teil seine Freizeitaktivitäten – etwa auch zu den Abendstunden – aus dem Plangebiet hinaus in die Natur in Richtung Bodden verlegen wird, dürfte alles dafür sprechen, dass von diesen erhebliche Wirkungen ausgehen. Zumindest aber dürften solche Beeinträchtigungen für den Brackwasserröhricht als etwa für die Zielart Rohrweihe geschütztes Lebensraumelement nicht offensichtlich und von vornherein auszuschließen sein.

36

Soweit in der FFH-Vorprüfung und in deren Prognose darauf abgestellt wird, durch Kartierung (Büro PfaU 2012) sei lediglich ein Brutplatz der Zielart Rohrweihe, und dieser außerhalb des 500 m Untersuchungsraumes festgestellt worden und auch ansonsten seien im Randbereich des A‘s nur sehr geringe Individuenzahlen rastender Entenvögel festgestellt worden, die hinsichtlich der im Vergleich zu der 2007 vorgenommenen Bewertung weit hinter den Erwartungen zurückblieben, verkennt die Vorprüfung und mit ihr auch die Entscheidung der Antragsgegnerin, von einer Verträglichkeitsprüfung abzusehen, erkennbar den Gebietsschutzcharakter des Europäischen Vogelschutzgebietes „D und E“ (DE 1542-401) nach dem die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU) umsetzenden § 3 Natura 2000-LVO M-V. Zu Recht hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass danach als maßgebliche Bestandteile (deren Erhaltung oder Wiederherstellung Erhaltungsziel des jeweiligen Vogelschutzgebietes ist) sowohl die Vogelarten als auch die hierfür erforderlichen Lebensraumelemente gebietsbezogen festgesetzt werden. Es kommt also gerade nicht darauf an, ob aktuell dort Brutplätze vorhanden oder rastende Vögel anzutreffen sind. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass – vorbehaltlich der Feststellungen einer FFH-Prüfung – ein Hineinrücken möglicher Störungsquellen in die Fluchtdistanzen der Zielarten zu einer letztlich vollständigen und dauerhaften Entwertung deren geschützter Lebensraumelemente und damit des Vogelschutzgebietes führen könnte, zumal die Vorprüfung eine (nachvollziehbare) Prognose etwa zu Brut- und Rastverhalten der Zielarten in den kommenden Jahren nicht trifft. Zudem dürfte die Betrachtung der Antragsgegnerin übersehen, dass Erhaltungsziel auch die Wiederherstellung der maßgeblichen Bestandteile des jeweiligen Schutzgebietes ist.

37

Im Übrigen ist hinsichtlich des – außerhalb des nunmehrigen Untersuchungsraums liegenden – 2012 nachgewiesenen Brutplatzes der Rohrweihe (südlich der Kaasenrinne) darauf hinzuweisen, dass im südlichen Teil des A‘s ein Teil des in der Karte der Vorprüfung als „Grünland (Mähwiese)“ bezeichneten Bereichs ebenfalls im Vogelschutzgebiet liegt und für die Zielart Rohrweihe in der Anlage 1 der Natura 2000-LVO M-V auch als ein geschütztes Lebensraumelement möglichst unzerschnittene Landschaftsbereiche „mit ausgedehnten Verlandungszonen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen (insbesondere Grünland) als Nahrungshabitat“ aufgeführt sind. Insoweit ist der Hinweis des Antragstellers nicht von der Hand zu weisen, dass eine Verknüpfung der vorgelagerten Schilfinsel (mit Brutplatz), des Röhrichtgürtels und des ufernahen Bereichs eine dauerhafte Ansiedlung der Rohrweihe sicherstellen soll. Der südliche Brackwasserröhricht und das sich in nördliche Richtung anschließende Grünland liegen indes im 500 m-Untersuchungraum und das im Vogelschutzgebiet liegende Grünland auch innerhalb der bis zu 300 m betragenden Fluchtdistanz der Rohrweihe.

38

Aber auch soweit die Prognose der FFH-Vorprüfung auf eine „gewisse“ (Seite 14) bzw. „nennenswerte Vorbelastung (v.a. Surfer wasserseitig, zudem landseitig Spaziergänger mit Hunden)“ (Seite 29) abstellt, ist für den Senat bereits nicht nachvollziehbar, warum einerseits bei der Berücksichtigung des Ausmaßes der aufgrund der zusätzlichen Menschen auftretenden Störungen die „illegalen Trampelpfade im Röhricht (…) hier außer Betracht bleiben“ müssten (Seite 17 oben), andererseits jedoch auch mit dieser Vorbelastung wohl eine (erhebliche) Beeinträchtigung verneint werden soll. Wenn - wie in der FFH-Vorprüfung ausgeführt - im Rahmen der Rastvogelkartierung 2014 „eine aktuell geringe Frequentierung durch Rastvögel vor allem auf die permanente tagtägliche Störung des Gebietes“ (Seite 16) zurückzuführen ist, wäre – für einen offensichtlichen Ausschluss von erheblichen Beeinträchtigungen – im Rahmen der FFH-Vorprüfung zu hinterfragen gewesen, ob die Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führt, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben oder ob diese Vorbelastung auch Auswirkungen nach sich zieht, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Bewegt sich bereits die Vorbelastung in einem kritischen Bereich, dürfte der aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstige Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 – 9 B 28/09 – Juris Rn. 3; Urteil des Senats vom 30. Juni 2010 – 3 K 19/06 – Juris Rn. 122). Ausführungen zu einer Belastungsgrenze (des Lebensraumes und der Zielart) sind der Vorprüfung nicht zu entnehmen. Hinzu kommt auch in diesem Zusammenhang, dass für das vorliegende SPA Erhaltungsziel auch und gerade die Wiederherstellung der maßgeblichen Bestandteile des jeweiligen Schutzgebietes ist – gemeint ist der günstige Erhaltungszustand (§ 3 Natura 2000-LVO M-V).

2.

39

Der Bebauungsplan ist ferner nach Auffassung des Senats auch aus dem Grunde voraussichtlich nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB rechtswidrig und unwirksam, weil seine Festsetzungen mit den Regelungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung „D“ vom 21. Mai 1996 nicht vereinbar sind.

40

Sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans mit den Regelungen einer Landschaftsschutzverordnung nicht zu vereinbaren, ist dieser Bebauungsplan mangels Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) dann unwirksam, wenn sich die entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen als dauerhaftes rechtliches Hindernis erweisen. In einem solchen Fall besteht zugleich ein inhaltlicher Widerspruch im Sinne von § 6 Abs. 2, § 10 Abs. 2 Satz 2 BauGB zwischen dem Bebauungsplan und der Landschaftsschutzverordnung, der ebenfalls zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt. Wirksam ist der Bebauungsplan hingegen, wenn für die geplante bauliche Nutzung die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von diesen Bestimmungen rechtlich möglich ist, weil objektiv eine Ausnahme- oder Befreiungslage gegeben ist, und einer Überwindung der naturschutzrechtlichen Verbotsregelung auch sonst nichts entgegensteht. Andernfalls kann die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Bebauungsplans nur dadurch vermieden werden, dass vor Abschluss des Planaufstellungsverfahrens die der konkreten Planung widersprechenden naturschutzrechtlichen Regelungen durch die vollständige oder zumindest teilweise Aufhebung der Landschaftsschutzverordnung beseitigt werden (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2004 – 4 BN 28/03 – Juris Rn. 6).

41

Zwar liegt das Plangebiet nicht in der – von jeglicher Bebauung freizuhaltender – engeren Schutzzone (vgl. Liste der engeren Schutzzonen der LSG VO) des Landschaftsschutzgebiets, jedoch steht die Planung im Widerspruch zu dem Verbot des § 4 Abs. 1 LSG VO, wonach u.a. alle Handlungen verboten sind, die den Charakter des Gebietes verändern und das Landschaftsbild nachhaltig verändern. Dass vorliegend die geplante Bebauung von 54 Ferienhäusern und einem Hotel sowie Versorgungseinrichtungen und Nebenanlagen auf einer Schutzgebietsfläche von über 8 ha den Charakter des zuvor unbebauten Gebietes – des nach § 3 Abs. 4 Nr. 8 LSG VO besonders prägenden erhaltenswerten Landschaftselementes Halbinsel H A – verändert und zudem dessen Landschaftsbild nachhaltig verändert, liegt für den Senat auf der Hand. Das folgt zudem daraus, dass nicht etwa nur eine Lücke in einer vorhandenen Bebauung – etwa am Ortsrand der Gemeinde H – geschlossen werden soll, sondern das geplante, zuvor unbebaute Gebiet in den verbliebenen unverbauten A „hineinragt“.

42

Dem steht die der Antragsgegnerin unter dem 22. November 2016 für den Bebauungsplan erteilte „Genehmigung“ nach § 5 Abs. 3 LSG VO nicht entgegen. Diese „Genehmigung“ geht, soweit sie die „Erlaubnis“/“Genehmigung“ für den Bebauungsplan Nr. 1 „A“ nach § 5 Abs. 3 LSG VO betrifft, in´s Leere. Denn sowohl aus den verbotenen „Handlungen“ des § 4 LSG VO als auch aus den nach § 5 LSG VO erlaubnispflichtigen „Handlungen“ folgt, dass die „Erlaubnis“ vorhabenbezogen ist und nur für „Tathandlungen“, nicht aber für den Erlass von Rechtsvorschriften erteilt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2004 – 4 BN 28/03 – Juris Rn. 8). Adressat der Vorschrift ist nicht der Plangeber, sondern derjenige, der den Bebauungsplan umsetzen will, weshalb die „Erlaubnis“ im vorliegenden Fall auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet ist und in´s Leere geht.

43

Auch wenn es sich bei der genannten „Erlaubnis“ nach § 5 Abs. 3 LSG VO der Sache nach um eine Befreiung nach § 67 BNatSchG handeln sollte, wonach unter bestimmten Voraussetzungen von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung aufgrund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag Befreiung gewährt werden kann, würde gleiches gelten. Denn auch diese kann nicht für den Erlass von Rechtsnormen – insbesondere einen Bebauungsplan – erteilt werden. Eine gleichwohl erteilte Befreiung für eine Rechtsnorm geht ebenso in´s Leere, weil der Befreiungsbescheid auf etwas Unmögliches gerichtet ist. Auch die Befreiung nach § 67 BNatSchG ist dem Bauherrn und nicht vorab dem Träger der Bauleitplanung zu erteilen, was nicht zuletzt die Regelung des § 30 Abs. 4 BNatSchG zeigt (vgl. zum Ganzen: Sauthoff in: GK-BNatSchG, 2. Auflage, § 67 Rn. 12 und 35).

44

Auch der Landesgesetzgeber M-V hat insoweit nicht bestimmt, dass die Erteilung einer Erlaubnis/Befreiung an die Gemeinde (Träger der Bauleitplanung) erteilt werden soll. Aus den Regelungen des NatSchAG M-V (etwa §§ 40, 41, 42) folgt, dass diese vorhabenbezogen/ maßnahmebezogen sind und nur für Tathandlungen, nicht aber für den Erlass von Rechtsvorschriften gelten.

45

Es ist auch keine offensichtliche “Erlaubnislage“ ersichtlich. Zwar bestimmt § 4 Abs. 1 LSG VO, dass in dem Schutzgebiet alle Handlungen verboten sind, die den Charakter des Gebiets verändern oder den besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, soweit nicht eine erlaubnispflichtige Handlung nach § 5 LSG VO vorliegt. § 5 Abs. 1 verbietet die dort genannten Handlungen, zu denen ersichtlich nicht die Errichtung oder wesentliche Änderung von baulichen Anlagen gehört. Sie sind nämlich in § 5 Abs. 2 Nummer 1 genannt, der nur für die engeren Schutzzonen gilt. In diesem Bereich liegt der streitbefangenen Bebauungsplan nicht. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jede Bebauung in diesem Bereich zulässig ist. Es bedarf nach der Systematik der Verordnung lediglich keiner speziellen, auf der Landschaftsschutzverordnung basierenden Erlaubnis. Es bleibt im Übrigen bei den Anforderungen, die sich aus § 3 Abs. 3 LSG VO ergeben. Besondere Bedeutung besitzen danach die großen unzersiedelten Landschaftsräume, die in Verbindung mit der vorhandenen typischen Ortsbebauung in hohem Maße den landschaftlichen Reiz der Region bestimmen. Danach muss sich jede neue Bebauung in die vorhandenen Ortslagen einpassen bzw. unmittelbar an die Orte anschließen. Damit kann nicht gemeint sein, dass eine großflächige Bebauung außerhalb des engeren Schutzgebietes zulässig sein soll, wenn sie sich nur an bereits vorhandene Bebauung anschließt. Einem solchen Verständnis würde schon die Rechtsgrundlage der Landschaftsschutzverordnung widersprechen. Nach § 15 Abs. 1 der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung geltenden Fassung des Bundesnaturschutzgesetzes sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft 1. zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, 2. wegen der Vielfalt, Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes oder 3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung erforderlich ist. Das Verständnis des Antragsgegners, wie es sich in der Begründung des Bebauungsplanes unter Punkt 2.4.5 (Seite 16/ 17 oben der Begründung) wiederfindet – wo ausgeführt wird, da das Plangebiet im Nordosten unmittelbar an die bebaute Ortslage der Gemeinde H angrenzt, sei die in § 3 Abs. 3 LSG VO genannte Voraussetzung für eine Bebauung außerhalb der engeren Schutzzone erfüllt – ist somit unzutreffend. Der Senat muss insoweit nicht entscheiden, ob mit dieser Regelung – in Abgrenzung zum Bauverbot in der engeren Schutzzone – etwa eine einzelne, sich in die vorhandene Ortslage einpassende bzw. unmittelbar an die Orte anschließende Bebauung oder aber eine das Schutzgebiet nur „punktuell“ oder „linear“ berührende Planung gemeint ist. Denn jedenfalls ist ein gesamtes Baugebiet – mit einer Fläche von ca. 8 ha – das zudem wie bereits ausgeführt quasi keilförmig von der vorhandenen Bebauung in Richtung des Landschaftsschutzgebietes „hineinzeigt“, nicht von dieser Regelung umfasst. Zum einen würde dies bereits aufgrund der Dimension des Baugebietes dem besonderen Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes widersprechen und zum anderen zu einer weiteren, schrittweisen Entwertung des Landschaftsschutzgebietes durch – etwa – weitere Bebauung, auch durch sich anschließende eventuelle Bebauungspläne führen. Die bisherigen bauplanungsrechtlichen Verhältnisse würden sich erheblich verändern, wenn die nach dem Bebauungsplan zulässige Bebauung verwirklicht sein wird. Diese wird nicht nur Teil der mit dem Ort zusammenhängenden Bebauung, sondern durch die geplante Bebauung wird durch die Überplanung des betroffenen Außenbereichs ein Keil in den Außenbereich geschlagen. Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil wird in ganz erheblichem Umfang in das Landschaftsschutzgebiet hinein erweitert. Die Bebauung mit 54 Ferienhäusern und einem Hotel mit Versorgungseinrichtungen und Nebenanlagen auf einer Fläche von 8 ha hat vorliegend ein erhebliches Gewicht, dass der Bebauungszusammenhang in einem über eine Ortsabrundung hinaus in das Schutzgebiet hinein erweitert wird und die Landschaft damit ihre schützenswerte natürliche Eigenart verliert. Diese Folge widerspricht dem Verbot des § 4 LSG VO, dem Schutzzweck des § 3 LSG VO und ist mit dem Landschaftsschutz nicht zu vereinbaren.

46

Dass die Verordnung nicht die flächenhafte Inanspruchnahme von unter Schutz gestellten Flächen außerhalb des der engeren Schutzzone erlauben will, wird auch aus § 7 Abs. 1 LSG VO deutlich. Hier wird angeordnet, dass bauliche Anlagen, die nach § 35 BauGB in der weiteren Schutzzone zulässig sind, sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der Landschaft einzufügen haben. Ein solches Einfügen scheidet von vornherein aus, wenn eine größere Fläche jenseits eines einzelnen – in der Regel nur als privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB denkbaren – Vorhabens mit einer Vielzahl von Gebäuden auf der Grundlage eines Bebauungsplans bebaut werden und damit die Fläche faktisch aus dem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert werden soll. Für einen solchen Fall kommt nur die vorherige Änderung der Landschaftsschutzverordnung in Betracht. Ohne eine solche Entscheidung steht der Planung die Landschaftsschutzverordnung als zwingendes Recht entgegen.

47

Mit § 3 Abs. 3 LSG VO handelt sich damit um eine gesetzliche Vorgabe, die einer Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung nicht zugänglich ist.

48

Aber auch eine Befreiungslage nach § 67 BNatSchG (für die nach dem Bebauungsplan bauplanungsrechtlich zulässigen Bauvorhaben, d.h. für die Bauherren) – aufgrund derer die Gemeinde nicht aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes gehindert wäre, in diese hinein zu planen (vgl. Sauthoff in: GK-BNatSchG, 2. Auflage, § 67 Rn. 33, 34) – besteht nicht. Voraussetzung hierfür wäre ein „atypischer“ Sachverhalt, d.h. ein Sachverhalt, auf den die jeweilige Norm nicht ohne weiteres zugeschnitten ist. Von einer solchen besonderen oder Ausnahmesituation ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Das Verbot des § 4 Abs. 1 LSG VO ist vielmehr ohne weiteres auf die nach dem Bebauungsplan zulässigen Bauvorhaben zugeschnitten.

49

Die Befreiungsmöglichkeit dient dazu, einer rechtlichen Unausgewogenheit zu begegnen, die sich ergeben kann, wenn aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles der Anwendungsbereich einer Vorschrift und deren materielle Zielrichtung nicht miteinander übereinstimmen: in derartigen (Sonder-)Fällen soll der generelle und damit zwangsläufig auch schematische Geltungsanspruch der Vorschrift zugunsten der Einzelfallgerechtigkeit durchbrochen werden können (BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 – 7 B 130/92 – Juris; Sauthoff in: GK-BNatSchG, 2. Auflage, § 67 Rn. 13). Von einem solchen Sonderfall ist vorliegend nicht auszugehen. Vielmehr stimmen Anwendungsbereich und Schutzzweck des Verbots überein. Es ist geradezu das Ziel der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „D“ großflächige Bebauung im Landschaftsschutzgebiet wie die von der Antragsgegnerin geplante auszuschließen und dagegen „große unzersiedelte Landschaftsräume“ und besonders prägende erhaltenswerte Landschaftselemente – wie die Halbinsel H A – zu bewahren.

II.

50

Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist auch dringend geboten. Dass der noch anhängig zu machende Normenkontrollantrag nach dem oben Gesagten in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird, ist bereits ein wesentliches Indiz für die Notwendigkeit, den Vollzug des Bebauungsplans bis zur Hauptsacheentscheidung zu suspendieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in diesem Fall eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung in der Hauptsache Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit zu gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, Beschluss vom 16. September 2015 – 4 VR 2/15 – Juris Rn. 15). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die in § 47 Abs. 6 VwGO geforderte Dringlichkeit voraussetzt, dass Umstände vorliegen, die ein Tätigwerden des Gerichts bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verlangen. Die vorläufige Suspendierung des Bebauungsplans im Vorgriff auf die zu erwartende Hauptsacheentscheidung ist auch im Falle eines voraussichtlichen Erfolgs in der Hauptsache geboten, wenn im Fall des Abwartens bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren konkrete Beeinträchtigungen oder Nachteile drohen, die eine vorläufige Weitergeltung des angegriffenen Rechtssatzes nicht zumutbar erscheinen lassen (OVG für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 1 MR 5/16 – Juris Rn. 26)

51

Hiervon ausgehend ist der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Vermeidung vollendeter Tatsachen, die eine Nachholung der Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG gefährden oder gar unmöglich bzw. gegenstandslos machen, dringend geboten, um die praktische Wirksamkeit des mit der – die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU) umsetzenden – Natura 2000-LVO M-V verfolgten Zwecks zu gewährleisten. Die Antragsgegnerin hat mit dem Beginn der Maßnahmen zur Baufeldfreimachung und Erschließung des Plangebietes mit der Vollziehung der Festsetzungen des Bebauungsplanes begonnen. Baugenehmigungen – sofern sie erforderlich sind – wären sofort vollziehbar (§ 212a BauGB).

52

Der Antragsteller kann den Antrag in der Hauptsache auch noch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO stellen. Ihm war nicht entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO eine Frist zur Einreichung des Normenkontrollantrags zusetzten, weil die Antragsgegnerin keinen solchen Antrag gestellt hat (vgl. auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Januar 2014 – 2 B 1367/13.NE – Juris Rn. 33; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 32. Ergänzungslieferung Oktober 2016, § 47 Rn. 146).

53

Auf die vom Antragsteller weiter geltend gemachten Einwendungen kommt es mit Blick auf Vorstehendes für das hiesige Verfahren nicht mehr an.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO.

55

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt insoweit der Empfehlung in Nr. 9.8.1, Nr. 1.2 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Hälfte des Streitwerts in der Hauptsache, den der Senat mit 15.000 EUR ansetzt).

56

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Juni 2010 - 3 K 19/06

bei uns veröffentlicht am 30.06.2010

Tenor Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist hinsichtlich der..
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 04. Mai 2017 - 3 KM 152/17.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Mai 2018 - 3 M 22/16

bei uns veröffentlicht am 08.05.2018

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 23. Dezember 2015 – 5 B 809/15 HGW – zu Ziffer 1. des Tenors geändert: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen

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(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 4. Januar 2017 – 5 B 2264/16 HGW – wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert:

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die Naturschutzgenehmigung des Antragsgegners vom 22. November 2016 aufschiebende Wirkung hat.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Vollziehbarkeit einer Naturschutzgenehmigung.

2

Der Antragsteller ist eine inländische Vereinigung mit der Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Die Gemeinde Born a. Darß beantragte am 20. Juli 2015 beim Antragsgegner im laufenden Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan Nr. 33 „Holm“ gemäß § 30 Abs. 4 Bundesnaturschutzgesetz eine Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz für den Verlust einer Strauchhecke als geschütztes Biotop und den Teilverlust und die Beeinträchtigung eines Fließgewässerröhrichts. Am 6. Oktober 2015 beantragte die Gemeinde zudem und gleichfalls zur Umsetzung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans eine Erlaubnis zum Bauen nach der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Boddenlandschaft“ vom 21. Mai 1996 (nachfolgend: LSG-VO). Der Antragsgegner erteilte der Gemeinde Born a. Darß am 22. November 2016 eine Naturschutzgenehmigung, mit der die Erlaubnis und die Ausnahme zusammengefasst erteilt wurden. Der Antragsteller legte gegen diese Genehmigung Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist. Antragsgegner und Gemeinde sind der Auffassung, dass der Bescheid vom 22. November 2016 trotz des Widerspruches vollziehbar ist. Der Bebauungsplan ist am 24. Januar 2017 in Kraft getreten.

3

Am 14. Dezember 2016 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Greifswald um vorläufigen Rechtsschutz mit dem Antrag nachgesucht, festzustellen, dass sein Widerspruch vom 5. Dezember 2016 gegen die Naturschutzgenehmigung des Antragsgegners vom 22. November 2016 aufschiebende Wirkung entfalte, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 4. Januar 2017 – 5 B 2264/16 HGW – abgelehnt. Dem Widerspruch komme keine aufschiebende Wirkung zu, weil er mangels Widerspruchsbefugnis unzulässig sei. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 6. Januar 2017 zugestellt worden. Am 11. Januar 2017 hat der Antragsteller dagegen Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Mit der Beschwerde verfolgt er sein Antragsbegehren weiter. Antragsgegner und Beigeladener treten dem weiterhin entgegen.

II.

4

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründet (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) worden. Sie ist auch begründet. Der Senat überprüft die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allein anhand der in der Beschwerde dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Diese geben Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und auf den Hauptantrag des Antragstellers festzustellen, dass sein Widerspruch gegen die Naturschutzgenehmigung des Antragsgegners vom 22. November 2016 aufschiebende Wirkung hat.

5

Das Gericht kann in entsprechender Anwendung von §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 VwGO feststellen, dass der Rechtsbehelf eines Dritten gegen einen Bescheid aufschiebende Wirkung hat, wenn die Behörde oder der Begünstigte Vollzugsmaßnahmen treffen oder solche Maßnahmen drohen, ohne dass die Voraussetzungen von § 80 Abs. 2 VwGO vorliegen oder die Beteiligten über die Frage streiten, ob der Widerspruch zulässig eingelegt worden ist und deswegen aufschiebende Wirkung entfalten kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.07.2012 – 9 VR 6/12 –, juris Rn. 5; OVG Greifswald, Beschl. v. 02.12.2014 – 3 M 51/14 –, juris Rn. 20; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.12.2016 – 6 S 346/16 –, juris Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, § 80, Rn. 181 m.w.N.). Die aufschiebende Wirkung ist hier nicht von Gesetzes wegen durch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO oder gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung entfallen, so dass dem Widerspruch des Antragstellers nach der Regel des § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukommt.

6

Die beantragte Feststellung scheidet allerdings dann aus, wenn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rechtsverletzung des Widerspruchsführers vorliegen kann. Wenn die Gewährung von Rechtsschutz nicht in Betracht kommt, (etwa) weil der Rechtsschutzsuchende als Nichtadressat des Verwaltungsakts nicht geltend machen kann, durch ihn in eigenen Rechten verletzt zu sein, besteht auch für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung kein hinreichender Anlass (BVerwG, Urt. v. 30.10.1992 – 7 C 24/92 –, juris Rn. 21). Ist der Widerspruch mangels Widerspruchsbefugnis unzulässig, weil der Widerspruchsführer nicht geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten betroffen zu sein, tritt die aufschiebende Wirkung nicht ein und wird der angefochtene Verwaltungsakt ungeachtet des Widerspruchs vollziehbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.08.2012 – 7 VR 6/12 –, juris Rn. 6).

7

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Widerspruch des Antragstellers gegen die Naturschutzgenehmigung des Antragsgegners ist zulässig. Die Widerspruchsbefugnis besteht für den Antragsteller gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG ohne Rücksicht auf die Betroffenheit in eigenen Rechten. Danach kann eine nach § 3 anerkannte inländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3). Diese Vorschrift stellt eine anderweitige gesetzliche Bestimmung im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO dar. Deren tatbestandliche Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfüllt.

8

Der Rechtsbehelf des Antragstellers richtet sich insbesondere gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Danach findet dieses Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Buchst. a), der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (Buchst. b) oder landesrechtlichen Vorschriften (Buchst. c) eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Zu den Entscheidungen in diesem Sinne rechnen unter anderem Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG). Die der Gemeinde erteilte Naturschutzgenehmigung vom 22. November 2016 ist eine solche Entscheidung.

9

Wenn für die Realisierung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Ausnahme, Befreiung oder Abweichung erforderlich ist, die neben der eigentlichen Zulassung zu erteilen ist und nicht von deren Konzentrationswirkung erfasst wird, werden grundsätzlich auch diese Entscheidungen von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG erfasst. Zweck der Vorschrift ist es, den Vereinigung den Rechtsschutz gegen jede einzelne Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift zu eröffnen, die für die Zulassung eines Vorhabens erforderlich ist (Fellenberg/Schiller, in; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 UmwRG, Rn. 10; vgl. auch OVG Koblenz, Beschl. v. 04.03.2016 – 8 B 10233/16 –, juris Rn. 5: „weiter Zulassungsbegriff“). Der Genehmigungsbegriff umfasst alle Teilentscheidungen innerhalb eines gestuften Genehmigungsverfahrens, durch die der Projektträger insgesamt das Recht zur Durchführung des Projekts erhält. Dazu zählen neben Teilgenehmigungen und Vorbescheiden auch Ausnahmeentscheidungen, wenn diese gleichermaßen dazu beitragen, dass der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält und für die Zulassung des Vorhabens erforderlich sind (Schieferdecker, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage, § 1 UmwRG, Rn. 17).

10

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanz, dass die Naturschutzgenehmigung keine (teilweise) Zulassungsentscheidung hinsichtlich der im Plangebiet zu verwirklichenden Bauvorhaben getroffen habe, sondern ausschließlich den Bebauungsplan betreffe. Die Bauleitplanung als solche ist mangels Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen noch kein Eingriff in Natur und Landschaft (Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 18, Rn. 1). Der Bescheid ist ausweislich der in Bezug genommenen Antragsunterlagen auf der Grundlage von § 30 Abs. 4 BNatSchG ergangen. Nach dieser Vorschrift kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden, wenn auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten sind. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird. Die Entscheidung des Antragsgegners beinhaltet eine Ausnahme vom Biotopschutz nach § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 NatSchAG M-V. Das ergibt sich zwar nicht aus der für sich genommen unbestimmten Entscheidungsformel des Bescheides, aber hinreichend bestimmt aus dessen Begründung. Die erteilte Ausnahme für die im Bebauungsplan vorgesehenen Festsetzungen macht innerhalb der gesetzlichen Frist weitere Ausnahmen auf Vorhabensebene überflüssig. Die Ausnahme ist auf die Zulassung der Realisierung des Plans gerichtet, sie wirkt als dinglicher Verwaltungsakt auch zugunsten des Bauherrn (Kratsch/Czybulka, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 52). Insoweit enthält die Naturschutzgenehmigung bereits eine vorhabenbezogene Zulassung. Das gilt gleichermaßen für die mit der Ausnahme in der Naturschutzgenehmigung gemäß § 40 Abs. 1 NatSchAG M-V verbundene Erlaubnis nach § 5 Abs. 3 LSG-VO. Auch diese Genehmigung ist nicht „für die Planung“ ergangen, sondern legalisiert naturschutzrechtlich den Vollzug des Bebauungsplans durch die erlaubnispflichtige Errichtung von baulichen Anlagen sowie von Leitungen, Wegen, Plätzen und Verkehrsflächen in der weiteren Schutzzone des Landschaftsschutzgebietes (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 LSG-VO). Das ergibt sich aus dem Erlaubnisantrag und der Begründung der Genehmigung.

11

Die Widerspruchsbefugnis des Antragstellers besteht auch im Übrigen. Der Antragsteller macht geltend, dass die Naturschutzgenehmigung Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, dass die Entscheidung ihn in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes berührt und dass er im Verwaltungsverfahren zur Beteiligung berechtigt war und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat (§ 2 Abs. 1 UmwRG). Der Antragsteller hat insbesondere dargelegt, dass für das betreffende Vorhaben nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG und Nr. 18.1 der Anlage 1). Dass der Widerspruch des Antragstellers schließlich aus anderen Gründen unzulässig sein könnte, tragen auch der Antragsgegner und der Beigeladene nicht vor.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

13

Hinweis:

14

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die zuständige Behörde unterrichtet die Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, einschließlich der von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden und Landkreise sowie der sonstigen im Landesrecht vorgesehenen Gebietskörperschaften, über das Vorhaben und übermittelt ihnen den UVP-Bericht.

(2) Die zuständige Behörde holt die Stellungnahmen der unterrichteten Behörden ein. Für die Stellungnahmen gilt § 73 Absatz 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Tenor

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 14 „Bioenergiezentrum“ der Stadt Y.      ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, tragen zur Hälfte die Antragsteller zu 1. und 2. als Gesamtschuldner und zur Hälfte der Antragsteller zu 3.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin „Östlich der Lindenstraße in Groß Schwansee“.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer von in der Nachbarschaft zum Plangebiet liegenden Hausgrundstücken. Diese liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 „Am Park“ der Antragsgegnerin, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Eigentum der Antragsteller zu 1. und 2. steht das Grundstück X. Nach ihren Angaben handelt es sich um ihren Zweitwohnsitz. Zwischen dem Grundstück der Antragsteller zu 1. und 2. und dem Plangebiet liegen zwei weitere Hausgrundstücke. Der Antragsteller zu 3. ist Eigentümer des Grundstücks Y, das unmittelbar an das Plangebiet angrenzt. Angaben zur Nutzung hat der Antragsteller nicht gemacht. Im Internet wird das Haus - wie weitere Häuser im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 - als Ferienhaus beworben („I.“). Die Straße Z ist in dem Bereich, an dem die Häuser der Antragsteller liegen, als Einbahnstraße ausgewiesen.

3

Der Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin sieht Sondergebiete für privat und touristisch genutztes Freizeitwohnen vor, in denen Ferienhäuser und Wochenendhäuser zulässig sind. Die Dauerwohnnutzung ist grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. I.1. der textlichen Festsetzungen). Vorgesehen sind Einzel- und Doppelhäuser in offener Bauweise mit höchstens einem Vollgeschoss. Die Grundflächenzahl ist auf 0,20 und die maximale Grundfläche auf 120 qm festgesetzt. Die Traufhöhe ist auf 3,80 m und die Firsthöhe auf 9,50 m begrenzt; für Reetdächer sind abweichende Regelungen getroffen. Die Größe der Baugrundstücke ist mit mindestens 500 qm vorgeschrieben (Ziff. I. 5 der textlichen Festsetzungen). Die höchstzulässige Zahl der Wohnungen ist je Einzelhaus und je Doppelhaushälfte auf maximal eine Wohnung begrenzt (Ziff. I. 7 der textlichen Festsetzungen). Nach der Planbegründung ist die Errichtung von 80 Häusern vorgesehen, wobei von durchschnittlich vier Betten je Wohneinheit auszugehen sei.

4

Das Planungsverfahren wurde bis zum Vorentwurfsstadium für zwei Teile des Plangebietes getrennt durchgeführt (Bebauungspläne 17.1 und 17.2). Die öffentliche Auslegung des sodann einheitlichen Planentwurfs wurde am 05.03.2014 in der Ostsee-Zeitung und vom 11.03.2014 bis zum 22.04.2014 durch Aushang bekanntgemacht und erfolgte vom 13.03.2014 bis zum 15.04.2014. Die Antragsteller erhoben am 15.04.2014 Einwendungen. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschloss am 21.05.2014 über die Abwägung der Einwendungen, fasste den Satzungsbeschluss und billigte die Planbegründung. Der Satzungsbeschluss wurde am 20.12.2014 bekannt gemacht.

5

Die Antragsteller haben am 11.05.2015 Normenkontrollantrag gestellt (Az. 3 K 200/15) und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

6

Die Antragsteller begründen ihre Antragsbefugnis wie folgt: Es sei zu befürchten, das der Bebauungsplan im Falle seiner Realisierung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf ihre Grundstücke und deren Nutzung haben werde, da die derzeit noch vorliegende ungestörte Wohnlage beseitigt würde. Bei der Erhaltung einer ungestörten Wohnlage handele es sich um einen abwägungserheblichen Belang nach § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 Buchst. c und e BauGB. Dieser sei im Rahmen der Abwägung nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

7

Nach Errichtung der geplanten 80 Ferienhäuser sei eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Grundstücke insbesondere durch Geräuschimmissionen und das erhöhte Verkehrsaufkommen zu erwarten. Entgegen der Prognose der Antragsgegnerin sei nicht von vier Betten je Wohneinheit, sondern von sechs Betten je Wohneinheit auszugehen, so dass die Ferienanlage eine Bettenkapazität von fast 500 Betten aufweise. Da im Plangebiet auch Ferienhausnutzung zugelassen sei, seien dort lärmverursachende Freizeitaktivitäten - z.B. freizeitsportliche Aktivitäten wie Ballspiele - auch in den Abend- und Nachtstunden zu erwarten. Im Wohngebiet „Am Park“ liege eine entsprechende Lärmbelastung nicht vor.

8

Auch das erhöhte Verkehrsaufkommen durch Kraftfahrzeuge und Fußgänger führe zu einer empfindlichen Beeinträchtigung des Wohngebietes „Am Park“. Für eine Bewältigung dieses erhöhten Verkehrsaufkommens seien die Straßen und Wege im Wohngebiet „Am Park“ nicht ausgelegt. Der Bebauungsplan sehe eine direkte Verbindung des nördlichen Teils des Gebietes mit dem Wohngebiet „Am Park“ vor. Es sei absehbar, dass die Nutzer des Plangebietes das Wohngebiet „Am Park“ durchquerten, wenn sie zur Ostsee gelangen wollten. Bei vollständiger Belegung der Ferien- und Wochenendhäuser würde es sich um mehr als 320 Feriengäste handeln.

9

Für den Kfz-Verkehr sei zwar keine direkte Verbindung zwischen dem neuen Baugebiet und dem Wohngebiet „Am Park“ vorgesehen. Es sei aber zu erwarten, dass eine Vielzahl von Fahrzeugen dennoch über die 1. Allee und sodann durch das Wohngebiet „Am Park“ fahren würden, um z.B. zur Ostsee oder zum Schlossgut zu gelangen. Nach der Verkehrslärmuntersuchung seien pro Tag mehr als 500 Kfz-Fahrten durch das Plangebiet zu erwarten, die dann durch das Wohngebiet „Am Park“ führen und eine erhebliche Lärmbelästigung mit sich bringen würde; die Immissionsrichtwerte der DIN 18005-1 von 55 dB(A) am Tag und 45 bzw. 40 dB(A) in der Nacht würden nicht mehr eingehalten. Dass sich die Kfz-Fahrten überwiegend außerhalb des Wohngebietes „Am Park“ abspielen würden, sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sämtliche Parkplätze der Gemeinde zum Strand und zum Schloss ausschließlich in räumlicher Nähe zum Wohngebiet „Am Park“ angeordnet seien. Auch ohne direkte Durchfahrtsmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ erscheine es unausweichlich, dass das Wohngebiet über andere Zufahrtsstraßen in Richtung Park tangiert werde.

10

Gegenstand der Untersuchung sei im Aufstellungsverfahren lediglich der von der Planstraße ausgehende Verkehrslärm gewesen, während Lärmbelästigungen durch die Nutzer des Plangebietes sowie in Folge des zu erwartenden Durchgangsverkehrs nicht berücksichtigt worden seien. Das Lärmschutzgutachten sei - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - auch in weiteren Punkten fehlerhaft.

11

Im Übrigen werde in Abrede gestellt, dass eine direkte Durchfahrtmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ nicht errichtet werde. Dies ergebe sich aus dem aktuellen Zustand der fertig gestellten „Planstraße M“. Auf die eingereichten Lichtbilder wird Bezug genommen.

12

Auch durch die lärmverursachenden Bauarbeiten würden die Antragsteller erheblich beeinträchtigt.

13

Schließlich sei auch die Verschlechterung der Grundstückssituation der Antragsteller durch die Überbebauung und Versiegelung der benachbarten bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche abwägungserheblich und von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Dabei gehe es nicht um die Erhaltung der bisherigen Aussicht.

14

Die im Plangebiet vorgesehenen Straßen sind bereits gebaut worden; eine Parzellierung ist erfolgt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

16

Der Antrag hat keinen Erfolg.

17

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind bei Bebauungsplänen ‎zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, ‎soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. ‎Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder ‎unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § ‎‎47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen ‎dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ‎zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, ‎dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ‎suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn ‎dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile ‎befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener ‎Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit ‎Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen ‎Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des ‎Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten ‎einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: ‎Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige ‎Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, ‎die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach ‎‎§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen ‎Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich ‎überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz ‎offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, B. v. ‎‎25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, BauR 2015, 968; dem folgend bereits B. d. Senats v. 19.08.2015 - 3 M 54/14, S. 8 und 3 M 64/15, S. 5).

18

In Anwendung dieser Grundsätze kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO vorliegend nicht in Betracht. Die Antragsteller sind nicht antragsbefugt.

19

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse des Betroffenen, berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die bloße verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet. Die Annahme eines solchen Falles ist aber ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibilitätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert; in jedem Fall ist die Prüfung nur auf der Grundlage der Darlegungen in der Antragsschrift, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen. Deswegen vermag die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen. Die Antragsbefugnis setzt nicht voraus, dass der Antragsteller überhaupt geltend macht, die Gemeinde sei zu einem anderen Abwägungsergebnis verpflichtet gewesen. Denn ausreichend für einen Abwägungsfehler ist bereits, dass sich das Planungsergebnis als nicht hinreichend abgewogen erweist. Es genügt, dass ein Antragsteller als Rechtsverletzung geltend macht, sein abwägungsrelevanter Belang sei in der Abwägung zu kurz gekommen. Auf die Frage, ob eine vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung des Abwägungsgebots, wenn sie vorläge, nach den Planerhaltungsvorschriften beachtlich wäre, kommt es für die Antragsbefugnis nicht an (BVerwG, B. v. 08.06.2011 - 4 BN 42/10 - BauR 2011, 1641).

20

‎Nach diesen Grundsätzen können sich die Antragsteller im vorliegenden Fall nicht auf abwägungserhebliche private Belange berufen.

21

a) Soweit die Antragsteller den Gesichtspunkt der lärmverursachenden Freizeitaktivitäten in dem Plangebiet anführen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie in einer abwägungserheblichen Weise betroffen sein könnten. In dem Plangebiet sind lediglich Einzel- und Doppelhäuser vorgesehen. Sonstige Freizeiteinrichtungen oder Freiflächen hierfür, Sport- oder Bolzplätze sind nicht Gegenstand der Planung. Hinzu kommt, dass das Plangebiet durch einen 15 m breiten Ackerstreifen von der Allee getrennt angeordnet ist, jenseits derer das Baugebiet der Antragsteller liegt. Allgemeine Bedenken gegen die benachbarte Anordnung eines allgemeinen Wohngebietes und eines Sondergebietes Ferien- und Wochenendwohnen bestehen nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht auf den höheren Schutzanspruch des Wochenend- und Ferienwohnens nach den Vorgaben der DIN 18005 Teil 1 - Schallschutz im Städtebau hingewiesen. Danach entsprechen die schalltechnischen Orientierungswerte für die städtebauliche Planung, deren Einhaltung oder Unterschreitung als wünschenswert angesehen wird, für Wochenend- und Ferienhausgebiete mit 50 dB tags und 40 bzw. 35 dB nachts denen für ein reines Wohngebiet und liegen damit niedriger als diejenigen für ein allgemeines Wohngebiet (55 dB tags und 45 bzw. 40 dB nachts). Soweit Zweifel an der Vereinbarkeit von Dauerwohnen einerseits und Wochenend- bzw. Ferienwohnen andererseits diskutiert werden (vgl. BVerwG U. v. 11.07.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 = Juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 18.09.2014 – 1 KN 123/12 – Juris Rn. 21; vgl. a. OVG Greifswald U. v. 19.02.2014 – 3 L 212/12 – Juris Rn. 49 f.) betreffen diese entsprechende Nutzungen in ein- und demselben Baugebiet, nicht aber zwei benachbarten Baugebieten.

22

b) Soweit die Antragsteller von erhöhtem Fußgängerverkehr durch ihr Wohngebiet verschont bleiben wollen, ist bereits nicht ersichtlich, welche Beeinträchtigungen dieser mit sich bringen soll. Eine relevante Erhöhung der Lärmbelastung haben die Antragsteller nicht dargelegt; hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin geht hinsichtlich der Durchquerung des Wohngebietes „Am Park“ durch Fußgänger nachvollziehbar davon aus, dass eine über einen Wert von 55 dB(A) hinausgehende Lärmeinwirkung sich nicht einstellen werde, weil der Pegel eines normalen Gesprächs in unmittelbarer Nähe bei 40 bis 55 dB(A), allenfalls gelegentlich 60 dB(A) liege, wobei der Spitzenpegel lediglich in einem kurzen Zeitraum erreicht werde, weil die Passanten den Einwirkungsbereich zeitnah wieder verließen.

23

c) Eine Antragsbefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer erhöhten Lärmbelastung ihrer Grundstücke durch Kraftfahrzeugverkehr.

24

Allerdings stellt das Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, grundsätzlich ein abwägungsbeachtliches Interesse dar. Nach Maßgabe des § 41 BImSchG hat ein Planungsträger sicherzustellen, dass durch eine geplante Straße keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Dies gilt unabhängig davon, auf welcher rechtlichen Grundlage der Bau der Straße beruht, also auch dann, wenn die Straße aufgrund einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB getroffenen Festsetzung angelegt wird. § 41 BImSchG i.V.m. der zu ihrer Durchführung erlassenen Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) setzt der Planung insoweit eine strikte, im Wege der planerischen Abwägung nicht überwindbare äußerste Grenze, als die Werte der Verkehrslärmschutzverordnung nicht überschritten werden. Das bedeutet nicht, dass eine Planung stets abwägungsgerecht ist, wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Vielmehr gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms auch unterhalb der Grenzwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial und begründet damit die Antragsbefugnis des Betroffenen. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden und die Antragsbefugnis entfällt. Es bedarf jeweils einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebietes (vgl. BVerwG B. v. 24.05.2007 – 4 BN 16.07, 4 BN 1.07, 4 VR 164 VR 16.07 und 4 VR 1.4 VR 1.07 – Juris Rn. 5 mwN).

25

Entgegen der Auffassung der Antragsteller erreicht das Risiko einer erhöhten Verkehrsbelastung hinsichtlich des Kraftfahrzeugverkehrs im vorliegenden Fall nicht die Schwelle der Abwägungsrelevanz.

26

Das gesamte Plangebiet ist für den Kraftfahrzeugverkehr über die Planstraßen A2 und A1 nebst als Sackgassen ausgebildeten Seitenstraßen an die Lindenstraße angebunden; die Einmündung befindet sich in etwa 400 m Entfernung von den Grundstücken der Antragsteller. Die Planstraße A2 endet innerhalb des Plangebietes in einer Wendeschleife. Eine Verbindung für den Kraftfahrzeugverkehr zwischen der Wendeschleife und dem gegenüber auf der anderen Seite der sog. „1. Allee“ gelegenen Wohngebiet der Antragsteller sieht der Bebauungsplan nicht vor. Als Verbindung ist in diesem Bereich vielmehr eine Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung für einen Geh- und Radweg sowie für den Havariefall für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge festgesetzt. In der Planbegründung heißt es, zur Sicherung der Umsetzung solle z.B. ein versenkbarer Poller eingesetzt werden (Begründung S. 40; Ordner C3 Bl. 285). Aus einer etwa abweichenden Bauausführung können Einwände gegen den Bebauungsplan nicht hergeleitet werden.

27

Soweit die Antragsteller offenbar befürchten, ein erhöhtes Aufkommen an Kraftfahrzeugverkehr und damit eine entsprechende Lärmbelastung für ihr Wohngebiet könne sich daraus ergeben, dass die Bewohner des Plangebietes den Planstraßen nicht bis zur Einmündung in die Lindenstraße folgen würden, sondern nur bis zu deren Querung der sog. „1. Allee“ etwa 75 m südlich ihres Wohngebietes, um sodann die „1. Allee“ als Abkürzung in Richtung Strand und Schlossgut zu benutzen, fehlt es hierfür an einer hinreichenden Grundlage. Bei der sog. „1. Allee“ handelt es sich nach der Bestandsdarstellung zum B-Plan-Vorentwurf Nr. 17.1 um einen nicht- oder teilversiegelter Wirtschaftsweg (Ordner A1 Bl. 107). Nach den von den Antragstellern eingereichten Fotos des nunmehrigen Zustandes nach (teilweiser) Herstellung der Verbindung der Wendeschleife mit der Straße Z („Planstraße M“) (Bl. 467 GA) geht der Senat davon aus, dass das nördliche Stück der „1. Allee“ - zwischen den beiden Enden der Straße Z - asphaltiert ist. Eine Nutzung nur des befestigten Teils der „1. Allee“ durch Bewohner des Plangebietes ist jedoch mangels mit Kraftfahrzeugen befahrbarer Verbindung zwischen diesem Teil und den Planstraßen nicht möglich. Die Nutzung der „1. Allee“ würde daher voraussetzen, dass auch deren unbefestigter Teil befahren wird. Es ist aber nicht ersichtlich, welchen Grund Bewohner des Plangebietes haben sollten, mit Kraftfahrzeugen diesen Weg zu nutzen. Eine Abkürzung dürfte die Strecke nur zum Schlossgut bzw. zu den Parkplätzen im Bereich des Strandzugangs Nr. 7 darstellen. Dass diese Ziele relevanten Kfz-Verkehr aus dem Plangebiet auslösen könnten, ist angesichts der Nähe von nur bis zu etwa 500 m und damit der fußläufigen Erreichbarkeit von den Grundstücken des Plangebietes nicht ersichtlich. Dass die durchgeführte Verkehrslärmuntersuchung nur den Bereich des Abzweigs der Planstraße A2 von der Lindenstraße betrifft, nicht aber den Bereich des Wohngebietes „Am Park“, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

28

d) Die ruhige Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; denn einen Rechtsanspruch oder auch nur ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung dieser Lage gibt es nicht (BVerwG U. v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807 = Juris Rn. 17). Die Antragsteller werden nur so gestellt, wie wenn von vornherein ein Sondergebiet mit entsprechender Zweckbestimmung auf der anderen Seite der „1. Allee“ entstanden oder geplant worden wäre.

29

e) Die Belästigung durch Baustellenverkehr im Falle der Errichtung von Neubauten in der Nachbarschaft ist vorübergehender Natur und deshalb nicht als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen (vgl. OVG Koblenz U. v. 14.09.2005 - 8 C 10455/05 - Juris Rn. 15).

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Je betroffenes Grundstück geht der Senat für das Hauptsacheverfahren von einem Streitwert von 10.000 Euro aus (vgl. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren wird die Hälfte dieses Betrages angesetzt (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

31

Hinweis:

32

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die nachfolgenden Vorschriften zum Umweltschutz anzuwenden.

(2) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden. Die Grundsätze nach den Sätzen 1 und 2 sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.

(3) Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) sind in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. § 15 Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes gilt entsprechend. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.

(4) Soweit ein Gebiet im Sinne des § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(5) Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 zu berücksichtigen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger - einem vom Land Sachsen-Anhalt anerkannten Naturschutzverband - vor der Durchführung von Tiefflugübungen der Bundeswehr über dem Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben ist.

2

Die Bundeswehr nutzte den dortigen Luftraum in der Vergangenheit zur Durchführung militärischer Übungsflüge. In dem Gebiet halten sich in den Monaten März bis Juli zahlreiche Brutvögel unterschiedlicher Arten auf, deren Bruterfolg nach Ansicht des Klägers durch Tiefflüge gefährdet wird.

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Auf Antrag des Klägers untersagte das Oberverwaltungsgericht der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung die Fortsetzung der Übungsflüge in Höhen unter 600 m, bis der Kläger Gelegenheit erhalten hat, seine Mitwirkungsrechte wahrzunehmen.

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In der Hauptsache blieb die Klage in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg. Der Kläger habe - so das Oberverwaltungsgericht - keinen Anspruch, vor der Entscheidung der Beklagten über die Durchführung der Übungsflüge beteiligt zu werden. Die Beklagte bedürfe für diese Maßnahmen keiner "Befreiung" von den Verboten des § 34 BNatSchG bzw. des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL. Die Colbitz-Letzlinger Heide sei zwar in die FFH-Liste aufgenommen. Ob die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, insbesondere ob Übungsflüge unterhalb 600 m zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets führen können, lasse sich nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen nicht abschließend beurteilen. Dies sei aber auch nicht erforderlich, weil eine Mitwirkung des Klägers auch für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung wegen § 30 Abs. 1 LuftVG ausgeschlossen sei. Nach dieser Vorschrift dürfe unter bestimmten Voraussetzungen von der luftverkehrsrechtlich vorgegebenen Mindestflughöhe abgewichen werden, wenn dies zur Erfüllung der besonderen hoheitlichen Aufgaben der Bundeswehr zwingend notwendig sei. Die Verwaltungszuständigkeiten würden von der Bundeswehr selbst wahrgenommen. Die Bestimmung nehme im Hinblick auf die mit Verfassungsrang versehenen Belange der äußeren Sicherheit und der Landesverteidigung im Regelungszusammenhang des Luftverkehrsgesetzes eine Sonderstellung ein. Sie ermögliche einen Dispens nicht nur von den materiellrechtlichen Vorgaben des Luftverkehrsrechts, sondern auch von der Einhaltung formeller Vorgaben anderer Fachgesetze. Die Bundeswehr habe die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Naturschutzes in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Ein wie auch immer geartetes Verfahren, an dem Verbände beteiligt werden könnten, finde deshalb nicht statt. Dieses Auslegungsergebnis werde durch die Grundentscheidung des Gesetzgebers bestätigt, der Bundeswehr bei der Entscheidung darüber, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben notwendig sei, einen weitgehenden Beurteilungsspielraum einzuräumen. Diese Grundentscheidung würde durch das Erfordernis, bei der zuständigen Naturschutzbehörde unter Mitwirkung anerkannter Naturschutzverbände eine naturschutzrechtliche Ausnahme zu beantragen, unterlaufen.

5

Der Kläger hat von dem vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass § 30 Abs. 1 LuftVG nicht von den Vorschriften des nationalen und europäischen Naturschutzrechts dispensiere, auch nicht von maßgeblichen Verfahrensvorschriften.

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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einem Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz ist die Sache deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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1. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe unabhängig davon, ob die geplanten Tiefflugübungen der Bundeswehr über dem Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets führen können, keinen Anspruch darauf, vor der Entscheidung der Beklagten über die Durchführung dieser Tiefflugübungen beteiligt zu werden, verstößt gegen Bundesrecht.

9

Als Rechtsgrundlage für einen Mitwirkungsanspruch des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG in der Fassung vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542 - im Folgenden: BNatSchG) für einschlägig gehalten. Hiernach ist einer nach § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) von einem Land anerkannten, landesweit tätigen Naturschutzvereinigung "vor der Erteilung von Befreiungen von Geboten und Verboten zum Schutz von Gebieten im Sinne des § 32 Absatz 2 (und) Natura 2000-Gebieten..., auch wenn diese durch eine andere Entscheidung eingeschlossen oder ersetzt werden", Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben. Das Oberverwaltungsgericht ist ferner davon ausgegangen, dass unter dem Begriff der "Befreiung" auch Ausnahme- und Abweichungsentscheidungen nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG oder Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl L 103 vom 25. April 1979, S. 1), neu kodifiziert durch die Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl L 20 vom 26. Januar 2010, S. 7 - im Folgenden: V-RL), fallen. Schließlich hat es - für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) - festgestellt, dass die Colbitz-Letzlinger Heide durch Beschluss der Europäischen Kommission vom 22. Dezember 2009 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl L 206 vom 22. Juli 1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-RL) aufgenommen wurde, so dass § 34 BNatSchG in der Fassung vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542 - im Folgenden: BNatSchG) anwendbar sei, und ferner, dass es im Hinblick auf das dort befindliche Vogelschutzgebiet an der erforderlichen Unterschutzstellung fehle, weshalb auch Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL unmittelbar Anwendung finde. Gleichwohl hat das Oberverwaltungsgericht nicht abschließend entschieden, ob eine Abweichungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG erforderlich ist. Ob die hier in Frage stehenden Flugübungen unterhalb einer Flughöhe von 600 m zu einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets führen können bzw. ob erhebliche Beeinträchtigungen und Störungen im Sinne von Art. 4 Abs. 4 Satz 1 V-RL zu erwarten sind, lasse sich nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen nicht abschließend beurteilen. Das ist aber auch nicht erforderlich, weil eine Mitwirkung des Klägers wegen § 30 Abs. 1 LuftVG auch für den Fall einer erheblichen Beeinträchtigung ausgeschlossen sei. Dieser Rechtsstandpunkt ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

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a) Gemäß § 34 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebiets (im Folgenden: FFH-Gebiet) zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Rahmen einer Vorprüfung festzustellen (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 61 f.; vgl. auch Storost, DVBl 2009, S. 673 <674>; Wolf, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 34 Rn. 6). Vorprüfung und Verträglichkeitsprüfung sind naturschutzrechtlich obligatorische Verfahrensschritte (Ewer, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2011, § 34 Rn. 9 ff.; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band II, Stand Juni 2012, § 34 BNatSchG Rn. 7). In der Verträglichkeitsprüfung muss der Träger des Vorhabens unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nachweisen, dass eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der betroffenen Gebiete ausgeschlossen ist. Bestehen nach Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen vernünftige Zweifel daran, dass das Vorhaben die Erhaltungsziele nicht beeinträchtigen wird, ist das Projekt gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig (Urteile vom 17. Januar 2007 a.a.O. und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 67). Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG nur unter strikter Wahrung der dort beschriebenen, eng auszulegenden Voraussetzungen (EuGH, Urteil vom 20. September 2007 - Rs. C-304/05 - Slg. 2007, I-7495 Rn. 83 = NuR 2007, 679) zugelassen werden. Die Zulassung im Rahmen des "Abweichungsregimes" (zum Begriff Wolf, a.a.O. § 34 Rn. 13 ff.) setzt ihrerseits voraus, dass zuvor eine den Anforderungen des § 34 Abs. 1 BNatSchG genügende Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, da diese die Informationen vermittelt, derer es bedarf, um das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen festzustellen (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 114). Wird eine Abweichungsentscheidung nicht getroffen oder liegen die materiellrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vor, ist das Projekt entsprechend der Grundregel des § 34 Abs. 2 BNatSchG naturschutzrechtlich unzulässig. Etwaige Mängel der Verträglichkeitsprüfung schlagen auf die Abweichungsentscheidung durch (Ewer, a.a.O. § 34 Rn. 38).

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Sofern das Projekt einer fachrechtlichen Zulassung bedarf, bedient sich § 34 BNatSchG dieses Zulassungsverfahrens als Trägerverfahren. § 34 BNatSchG unterscheidet zwischen zulassungsbedürftigen und nicht zulassungsbedürftigen Projekten. Für den Fall, dass ein Projekt nach anderen fachrechtlichen Vorschriften einer behördlichen Zulassungsentscheidung bedarf und das Naturschutzrecht zum Prüfprogramm dieser Entscheidung gehört (vgl. hierzu Ewer, a.a.O. § 34 Rn. 80), findet die Verträglichkeitsprüfung im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens statt ("aufgedrängte Prüfung"). Die Verträglichkeitsprüfung ist in diesem Fall ein Verfahrensschritt innerhalb des die Zulassung des Projekts betreffenden behördlichen Entscheidungsprozesses. Zuständig ist diejenige Behörde, die nach den maßgeblichen fachrechtlichen Vorschriften über die Zulassung des Projekts zu befinden hat (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Gellermann, a.a.O. § 34 Rn. 12 und 46, und Wolf, a.a.O. Rn. 5). Ihr obliegt es, innerhalb des fachrechtlichen Trägerverfahrens auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen und eine gegebenenfalls erforderliche habitatrechtliche Abweichungsentscheidung zu treffen. Diese Zuständigkeitskonzentration im jeweiligen fachrechtlichen Trägerverfahren ist in § 34 BNatSchG zwar nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergibt sich jedoch aus § 34 Abs. 6 BNatSchG, wonach für den Fall, dass ein Projekt keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige bedarf (und auch nicht von einer Behörde durchgeführt wird), ein subsidiäres Anzeigeverfahren bei der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde vorgesehen ist (Gellermann, a.a.O. § 34 Rn. 12; Wolf, a.a.O. § 34 Rn. 19), um auch in dieser Situation ein zur Aufnahme der habitatschutzrechtlichen Prüfungen geeignetes Trägerverfahren verfügbar zu haben.

12

Offen bleiben kann, ob vorliegend auch Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL unmittelbar anwendbar ist, weil es nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hinsichtlich des in dem Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide vorhandenen Vogelschutzgebiets bislang an einer entsprechenden Schutzerklärung fehlt. Denn nach dieser unionsrechtlichen Bestimmung gilt, wenngleich unter deutlich strengeren inhaltlichen Voraussetzungen, Entsprechendes.

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b) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind diese habitatschutzrechtlichen Verfahrensschritte auch im Rahmen der luftverkehrsrechtlichen Abweichungsbefugnis der Bundeswehr gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG geboten.

14

§ 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ermächtigt die Bundeswehr, von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes - ausgenommen die §§ 12, 13 und 15 bis 19 LuftVG - und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abzuweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum darf gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben "zwingend notwendig" ist. § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG bestimmt, dass die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes für den Dienstbereich der Bundeswehr durch die Dienststellen der Bundeswehr nach Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen werden. Mit dieser Vorschrift räumt der luftverkehrsrechtliche Gesetzgeber der Bundeswehr im Hinblick auf die nach Art. 87a Abs. 1 GG mit Verfassungsrang versehenen Belange der äußeren Sicherheit und der Landesverteidigung eine Sonderstellung ein (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 18.93 - BVerwGE 97, 203 ).

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§ 6 Abs. 1 LuftVO, der Bestimmungen über die im Luftverkehr einzuhaltenden Mindestflughöhe ("Sicherheitsmindesthöhe") enthält, ist eine Vorschrift über das Verhalten im Luftraum (Urteil vom 14. Dezember 1994 a.a.O. S. 208). Die Dienststellen der Bundeswehr sind deshalb auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 1 und 3 LuftVG unter den dort geregelten Voraussetzungen befugt, von der vorgegebenen Sicherheitsmindesthöhe abzuweichen und Tiefflüge auch unterhalb dieser Höhe durchzuführen. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, entscheidet die Bundeswehr gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG in eigener Verwaltungszuständigkeit. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. Dezember 1994 a.a.O. LS 1) ist geklärt, dass der Bundeswehr hierbei ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zukommt. Die Verwaltungsgerichte können die luftverkehrsrechtliche Abweichungsentscheidung nur daraufhin überprüfen, ob das Bundesministerium der Verteidigung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, den durch § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG bestimmten Rahmen erkannt, sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen und die betroffenen Interessen in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt hat.

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Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Bundeswehr bei der Entscheidung über die Durchführung von Tiefflügen nach § 30 Abs. 1 LuftVG zwar das Vorliegen der materiellrechtlichen Anforderungen des Naturschutzrechts selbstständig und in eigener Zuständigkeit zu prüfen habe. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Bundeswehr aber nicht von den Verfahrensanforderungen des § 34 BNatSchG freigestellt. Diese Auffassung verkennt den Regelungsgehalt des § 30 Abs. 1 LuftVG und steht auch mit § 34 BNatSchG nicht im Einklang.

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Der Wortlaut des § 30 Abs. 1 LuftVG enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Bundeswehr über die Möglichkeit zur Abweichung von luftverkehrsrechtlichen Vorschriften hinaus auch von naturschutzrechtlichen Verfahrensanforderungen freigestellt sein soll. Auch die Gesetzesmaterialien (wiedergegeben z.B. bei Giemulla, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Stand November 2012, § 30 Rn. 4) lassen einen dahingehenden gesetzgeberischen Willen nicht erkennen. Andererseits verlangt § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG bei der luftverkehrsrechtlichen Abweichungsentscheidung ausdrücklich auch die "Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung". Den Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat das Oberverwaltungsgericht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 48 WaStrG (Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 7 A 4.07 - Buchholz 445.4 § 48 WaStrG Nr. 1 Rn. 37) ausgelegt, wonach dieser Begriff nicht eingeengt auf das technische Sicherheitsrecht, sondern in dem überkommenen Sinne zu verstehen ist, den er im Allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht erhalten hat. Neben dem Schutz zentraler Rechtsgüter umfasst die öffentliche Sicherheit auch die Unversehrtheit der Rechtsordnung. Demzufolge verlangt der Gesetzgeber mit der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dass neben den Vorschriften des Fachrechts auch sämtliche Vorschriften des formellen und materiellen Rechts außerhalb des betreffenden Fachrechts einzuhalten sind, die die Anforderungen der öffentlichen Sicherheit für ihren Sachbereich konkretisieren. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine eigene Rechtsprechung zu § 48 WaStrG (Urteil vom 28. Oktober 2008 - 2 M 195/08 - DVBl 2009, 133 = DÖV 2009, 213) im Grundsatz anerkannt, dass zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zu deren Berücksichtigung § 30 Abs. 1 LuftVG die Bundeswehr verpflichtet, auch die "Naturschutzgesetze" zählen. Dagegen gibt es aus bundesrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

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Das Oberverwaltungsgericht hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, dass sich diese Verpflichtung nur auf die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Naturschutzrechts beziehe, deren Vorliegen die Bundeswehr bei der luftverkehrsrechtlichen Ausnahmeentscheidung nach § 30 Abs. 1 LuftVG in eigener Zuständigkeit zu prüfen habe, während die Regelungen des Naturschutzrechts, die ein entsprechendes Verwaltungsverfahren vorsähen, neben § 30 Abs. 1 LuftVG nicht anwendbar seien. Diese Auffassung geht fehl. Aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.) lässt sich dafür nichts herleiten. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil angenommen, § 48 WaStrG, nach dessen Satz 1 allen Anforderungen der (öffentlichen) Sicherheit und Ordnung zu genügen ist, bedeute "in seiner Gesamtheit", dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes materiell umfassend an fachfremde Vorschriften gebunden, von formellen Erfordernissen dieser Fachgesetze aber freigestellt sei. Hintergrund dieser Annahme ist jedoch die in Satz 2 des § 48 WaStrG getroffene Regelung, dass es (sonstiger, in fachfremden Gesetzen wie etwa dem Bundesnaturschutzgesetz angeordneter) behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen nicht bedarf. § 48 WaStrG ordnet mithin eine Freistellung von den formellen Erfordernissen anderer Gesetze ausdrücklich an. Eine entsprechende Freistellung ist in § 30 LuftVG aber gerade nicht vorgesehen. Es bleibt deshalb dabei, dass auch die in § 34 BNatSchG geregelten Verfahrensschritte über die in § 30 Abs. 1 LuftVG angeordnete Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zum Prüfprogramm der luftverkehrsrechtlichen Abweichungsentscheidung gehören. Verträglichkeitsprüfung und eine gegebenenfalls erforderliche habitatschutzrechtliche Abweichungsentscheidung sind von der Bundeswehr in eigener Zuständigkeit vorzunehmende Verfahrensschritte innerhalb des luftverkehrsrechtlichen Trägerverfahrens.

19

Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts lässt sich eine in § 30 Abs. 1 LuftVG nicht angelegte Freistellung der Bundeswehr von den habitatschutzrechtlichen Prüfpflichten auch nicht mit dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr oder gar mit Effektivitätsgesichtspunkten (so aber Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand Juli 2012, § 30 Rn. 38, unter Bezugnahme auf das Berufungsurteil) begründen. Der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr wird durch eine habitatschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung und eine gegebenenfalls erforderliche Abweichungsentscheidung nicht in Frage gestellt. Ob ein Projekt, das zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets führen kann und deshalb gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig ist, dennoch zugelassen werden kann, hängt gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG davon ab, ob es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist und zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Zwingende Gründe des öffentlichen Interesses sind auch die Belange der Landesverteidigung. Sie können gemäß § 34 Abs. 4 BNatSchG selbst dann eine Abweichung rechtfertigen, wenn prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden. Über das Vorliegen zwingender Gründe des öffentlichen Interesses entscheiden die Dienststellen der Bundeswehr in eigener Verwaltungszuständigkeit. Gleiches gilt für das Vorliegen zumutbarer Alternativen. Überdies kommt den Dienststellen der Bundeswehr hinsichtlich der Frage, welche Maßnahmen zur Konkretisierung des Verfassungsauftrags notwendig sind, aus den im Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 18.93 - (BVerwGE 97, 203 ) genannten Gründen auch insoweit ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 30; anders noch im gerichtlichen Eilverfahren, Beschluss vom 21. April 2008 - 2 M 94/08 - NuR 2008, 517), die in Art. 87a Abs. 1 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die militärische Landesverteidigung würde durch das Erfordernis einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsentscheidung unterlaufen, ist deshalb unberechtigt.

20

Der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Bundeswehr im Rahmen einer luftverkehrsrechtlichen Abweichungsentscheidung nach § 30 Abs. 1 LuftVG zwar das Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 34 BNatSchG in eigener Verantwortung zu prüfen habe, aber von der Einhaltung der habitatschutzrechtlichen Verfahrensanforderungen freigestellt sei, ist auch mit § 34 BNatSchG unvereinbar. Formelles und materielles Recht sind im Rahmen des § 34 BNatSchG untrennbar miteinander verwoben. Die vom Oberverwaltungsgericht für erforderlich gehaltene Prüfung, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 34 BNatSchG vorliegen, lässt sich nur auf der Grundlage der vorgegebenen Verfahrensschritte bewerkstelligen. Wie ausgeführt, muss der Träger eines Projekts in der Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nachweisen, dass eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der betroffenen FFH-Gebiete ausgeschlossen ist. Die gewonnenen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse sind zu dokumentieren, weil nur auf diesem Wege der Nachweis geführt werden kann, dass die erreichbaren wissenschaftlichen Erkenntnisquellen in vollem Umfang ausgeschöpft wurden und die Bewertungen den besten wissenschaftlichen Stand erreicht haben (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 70). Wie ebenfalls ausgeführt, setzt auch die Zulassung einer habitatschutzrechtlichen Abweichung eine Verträglichkeitsprüfung voraus, weil diese die Informationen vermittelt, derer es bedarf, um das Vorliegen der materiellrechtlichen Abweichungsvoraussetzungen gemäß § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG festzustellen. Eine förmlich durchgeführte Verträglichkeitsprüfung einschließlich der Vorprüfung ist deshalb auch im Rahmen einer luftverkehrsrechtlichen Abweichungsentscheidung gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG unerlässlich, weil sich nur auf dieser Grundlage die habitatschutzrechtliche Zulässigkeit eines Projekts abschließend beurteilen lässt, wie auch der vorliegende Fall eindrücklich dokumentiert.

21

c) Die weiteren Gründe, die das Oberverwaltungsgericht gegen ein Mitwirkungsrecht des Klägers in Stellung gebracht hat, stehen mit Bundesrecht ebenfalls nicht im Einklang.

22

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass eine Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG unter den Begriff der "Befreiung" im Sinne des § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG fällt (vgl. z.B. Leppin, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG 2011, § 63 Rn. 26; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band II, Stand Juni 2012, § 63 Rn. 27 m.w.N.). Auch ist es der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Mitwirkungsrecht gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG entfalle, wenn die habitatschutzrechtliche "Befreiung" - wie hier - durch eine andere behördliche Gestattung ersetzt wird, zu Recht entgegengetreten; dass eine Mitwirkung auch unter dieser Voraussetzung geboten ist, hat der Gesetzgeber in § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG nunmehr ausdrücklich klargestellt (Leppin, a.a.O.; Gellermann, a.a.O. § 63 Rn. 28). Dennoch hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitwirkungsrecht des Klägers verneint, weil die Bundeswehr die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Naturschutzgesetzes in eigener Zuständigkeit zu prüfen habe und es deshalb keine andere Entscheidung gebe, an der der Kläger zu beteiligen wäre. Diese Auffassung geht bereits deshalb fehl, weil sich das Oberverwaltungsgericht - wie ausgeführt - von der unzutreffenden Vorstellung hat leiten lassen, dass die Bundeswehr nur an die materiellrechtlichen Vorgaben, nicht aber an die Verfahrensanforderungen des § 34 BNatSchG gebunden sei. Verträglichkeitsprüfung und eine gegebenenfalls erforderliche Abweichungsentscheidung sind gemäß § 34 BNatSchG vor der Zulassung eines habitatschutzrechtlich relevanten Projekts zwingend durchzuführende Verfahrensschritte; vor einer gegebenenfalls erforderlichen habitatschutzrechtlichen Abweichungsentscheidung ist den anerkannten Naturschutzvereinigungen gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben.

23

Der Umstand, dass das luftverkehrsrechtliche Trägerverfahren ein lediglich behördenintern wirkendes Entscheidungsverfahren ist, das ohne Inanspruchnahme einer besonderen Form erfolgen kann (Urteil vom 14. Dezember 1994 a.a.O. S. 210 f.), steht einer Mitwirkung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Die Mitwirkungsrechte des § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG hängen nicht davon ab, dass das Trägerverfahren, innerhalb dessen die naturschutzrechtlichen Verfahrensschritte abzuhandeln sind, ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 VwVfG, mithin eine nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde ist. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG knüpft tatbestandlich an eine nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zu treffende "Befreiung" an, die auch durch eine "andere Entscheidung" eingeschlossen oder ersetzt werden kann. Eine luftverkehrsrechtliche Abweichungsentscheidung gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG ist eine "andere Entscheidung" in diesem Sinne. Mitwirkungsrechte gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG sind damit ebenfalls bereits aufgrund naturschutzrechtlicher Anordnung in das bundeswehrinterne Trägerverfahren inkorporiert; einer zusätzlichen Bestätigung der naturschutzrechtlichen Mitwirkungsrechte im Luftverkehrsgesetz bedurfte es nicht.

24

Unberechtigt ist schließlich die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, durch eine Mitwirkung von Naturschutzverbänden werde der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr gefährdet. Die Mitwirkung anerkannter Naturschutzvereinigungen nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG hat den Zweck einer die Behörden unterstützenden "Sachverstandspartizipation". Sie soll Vollzugsdefiziten im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenwirken (Urteil vom 12. November 1997 - BVerwG 11 A 49.96 - BVerwGE 105, 348 <350>). Entsprechend diesem generellen Zweck können anerkannte Naturschutzverbände grundsätzlich auch im Rahmen des § 30 Abs. 1 LuftVG die für eine sachgerechte habitatschutzrechtliche Abweichungsentscheidung erforderlichen Informationen ergänzen. Das Mitwirkungsrecht ist allerdings verfahrensrechtlich auf die Vorbereitung der Entscheidung und inhaltlich auf die Einbringung naturschutzfachlichen Sachverstandes beschränkt (vgl. Urteil vom 12. November 1997 a.a.O.). Die selbstständige Entscheidungskompetenz der Bundeswehr wird dadurch nicht unterlaufen, der der Bundeswehr zukommende Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung der zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags notwendigen Maßnahmen bleibt gewahrt.

25

Für den Fall, dass eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug, wegen einer einzuhaltenden Frist oder sonst im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint, sowie für die Fälle, in denen beispielsweise ein Geheimhaltungsinteresse als zwingendes öffentliches Interesse einer Verbandsbeteiligung entgegenstehen, kann die Bundeswehr gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG i.V.m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 und § 29 Abs. 2 VwVfG von einer Verbandsbeteiligung absehen. Auch hierüber entscheidet sie auf der Grundlage des ihr zukommenden verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums in eigener Zuständigkeit mit nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Gefährdung des Verteidigungsauftrags ist auch insoweit nicht zu besorgen.

26

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 29 ff.), dass die Beklagte im Rahmen einer luftverkehrsrechtlichen Abweichungsentscheidung gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG auch dann von den Verfahrensanforderungen des § 34 BNatSchG freigestellt und ein Mitwirkungsrecht des Klägers ausgeschlossen sei, wenn die Voraussetzungen des § 34 BNatSchG vorliegen, ist somit bereits aus Gründen des nationalen Rechts zu beanstanden. Die seitens des Klägers aufgeworfene Frage, ob eine Freistellung mit den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL bzw. Art. 4 Abs. 4 der V-RL vereinbar wäre, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

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2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

28

Ein Mitwirkungsrecht des Klägers scheitert vorliegend nicht an dem in § 34 BNatSchG verwendeten Projektbegriff. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht nicht in Zweifel gezogen, dass die über dem Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide geplanten Tiefflugübungen der Bundeswehr als Projekt im Sinne des § 34 BNatSchG zu qualifizieren sind.

29

Im Bundesnaturschutzgesetz ist der Projektbegriff gesetzlich nicht (mehr) definiert. Eine Legaldefinition fehlt auch in der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie. Der Europäische Gerichtshof (Urteile vom 7. September 2007 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004, I-7405 Rn. 24 und vom 14. Januar 2010 - Rs. C-226/08 - Slg. 2010, I-131 Rn. 38 m.w.N.) orientiert sich deshalb am Projektbegriff der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl L 175 vom 5. Juli 1985, S. 40 - UVP-RL). Nach deren Art. 1 Abs. 2 sind Projekte "die Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen" sowie "sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen". Die Gesetzesbegründung zu § 34 BNatSchG (BTDrucks 16/12274, S. 65) nimmt hierauf ausdrücklich Bezug. Dem UVP-rechtlichen Projektbegriff liegt ein wirkungsbezogenes Verständnis zugrunde (Frenz, NVwZ 2011, S. 275 <276> m.w.N. in Fn. 4), das nicht zwingend bauliche Veränderungen voraussetzt, sondern auch bei der Ausübung sonstiger das Schutzgebiet gefährdender Tätigkeiten erfüllt sein kann (OVG Münster, Beschluss vom 21. Februar 2011 - 8 A 1837/09 - NuR 2011, 591, juris Rn. 21 ff.).

30

Offen bleiben kann im vorliegenden Zusammenhang, ob dieser wirkungsbezogene Projektbegriff insbesondere mit Blick auf die in § 33 BNatSchG geregelten allgemeinen Veränderungs- und Störungsverbote (zu den im Schrifttum angemeldeten Zweifeln an der Unionsrechtskonformität der in § 33 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG vorgesehenen Abweichungsmöglichkeit, die nach Art. 6 der FFH-RL allein auf Pläne und Projekte bezogen ist, siehe etwa Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band II, Stand Juni 2012, § 33 Rn. 10) einer eingrenzenden Präzisierung bedarf, etwa dahingehend, dass Projekte im Sinne des § 34 BNatSchG ein planmäßiges Einwirken auf Schutzgebiete voraussetzen. Einzelne Tiefflüge, die ad hoc angeordnet oder durchgeführt werden, wären unter dieser einschränkenden Voraussetzung zwar von der Regelung des § 34 BNatSchG nicht erfasst und unterlägen deshalb auch nicht der Verbandsmitwirkung nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG. Für die streitgegenständlichen Tiefflüge über dem Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide spielen entsprechende Überlegungen indes ersichtlich keine Rolle. Das gilt auch dann, wenn - wie die Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen haben - über die dort durchzuführenden Tiefflüge zumindest teilweise ebenfalls tagesaktuell entschieden wird. Denn dem Kläger geht es - wie die Beklagte selbst einräumt - nicht um eine Mitwirkung bei der Entscheidung über die einzelnen Flüge, sondern um die dahinter stehende Grundentscheidung der Bundeswehr, das Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide wegen des dort angesiedelten Truppenübungsplatzes in bestimmter Regelmäßigkeit und Intensität für Tiefflugübungen zu nutzen. Diese Grundentscheidung ist von langer Hand geplant und einer habitatschutzrechtlichen Überprüfung unter Mitwirkung des Klägers ohne Weiteres zugänglich.

31

3. Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb nicht offen lassen dürften, ob die geplanten Tiefflugübungen zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets Colbitz-Letzlinger Heide führen können. Es hätte insbesondere Feststellungen dazu treffen müssen, ob sich anhand objektiver Umstände ausschließen lässt, dass die geplanten Tiefflüge das dort vorhandene Schutzgebiet in seinen Erhaltungszielen beeinträchtigen. Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 VwGO). Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

2

1. Als Divergenzrüge i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, die hilfsweise als Grundsatzrüge erhoben wird, macht die Beschwerde geltend, das Normenkontrollgericht sei in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 6 FFH-RL davon ausgegangen, dass an die Ermittlungstiefe bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Bauleitplanung geringere Anforderungen zu stellen seien als an die Verträglichkeitsprüfung für Projekte. Das Normenkontrollgericht weiche auch insofern ab, als es die gerichtliche Kontrolle (auch) bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung bei in Bezug genommenen Einschätzungen von Fachbehörden auf eine bloße "Vertretbarkeit" hin reduziere.

3

1.1 Die behauptete Divergenzrüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Zwar leitet die Beschwerde mehrere Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil ab, die sie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1) gegenüberstellt. Die von der Beschwerde aufgestellten Rechtssätze lassen sich dem Urteil jedoch nicht entnehmen; sie verfehlen den rechtlichen Ansatz des Normenkontrollgerichts.

4

Das Normenkontrollgericht hat zu § 34 Abs. 2 BNatSchG, der Art. 6 Abs. 3 FFH-RL umsetzt und gemäß § 1 a Abs. 4 BauGB auf die Bauleitplanung anzuwenden ist, ausgeführt, dass im Planaufstellungsverfahren der Schutz von FFH-Gebieten bzw. streng geschützten Arten umfassend geprüft worden sei (UA S. 4, 24) und nach einer Bewertung des Landesamtes für Natur und Umwelt (LANU) davon ausgegangen werden könne, dass die Planung für das direkt an das Plangebiet angrenzende FFH-Gebiet "Obere Schwentine" keine negativen Auswirkungen haben werde. Die im angegriffenen Bebauungsplan zugelassenen Nutzungen führten zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder Schutzzwecke des benachbarten FFH-Gebiets (UA S. 24 - 26, 48). Mit diesen Ausführungen fasst das Normenkontrollgericht das Ergebnis der Vorprüfung zusammen, die der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung vorgeschaltet ist, und attestiert der Antragsgegnerin damit, dass sie keinen Anlass hatte, eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchzuführen. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht (Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 29 S. 91; Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 60). Rechtssätze zur Ermittlungstiefe bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung hat das Normenkontrollgericht nicht aufgestellt.

5

1.2 Auch soweit die Beschwerde hilfsweise als Grundsatzrüge sinngemäß danach fragt, ob bei der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung in der Bauleitplanung der gleiche Maßstab anzulegen sei wie an die Planfeststellung, unterscheidet sie nicht hinreichend zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung und überträgt die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 2007 an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die Vorprüfung. Abgesehen davon hat das Normenkontrollgericht bei der Prüfung des naturschutzrechtlichen Habitatschutzes in der Bauleitplanung keinen abweichenden Maßstab gegenüber der Prüfung im Rahmen einer Planfeststellung angewandt.

6

2. Die Frage, ob nach dem Satzungsbeschluss gewonnene, zusätzliche bzw. neuere Erkenntnisse zur FFH-Verträglichkeit in der gerichtlichen Prüfung berücksichtigt werden dürfen, hält die Beschwerde für klärungsbedürftig, weil das Normenkontrollgericht die naturschutzrechtliche Prüfung "im Ergebnis" als zutreffend erachtet und dabei mehrfach auf neuere Untersuchungen zurückgegriffen habe (Beschwerdebegründung S. 18). Die Beschwerde geht jedoch auch mit dieser Frage an den Feststellungen des Normenkontrollgerichts vorbei.

7

Unabhängig davon, dass es nach dem Ergebnis der Vorprüfung keiner FFH-Verträglichkeitsuntersuchung bedurfte, ist das Normenkontrollgericht nicht davon ausgegangen, dass es Ermittlungs- und Bewertungsdefizite - bei der Vorprüfung - gegeben habe, die durch nachträgliche Untersuchungen im Sinne der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung (Beschwerdebegründung S. 19) "aufgefangen" worden seien. Schon aus diesem Grund erweist sich die aufgeworfene Frage als nicht entscheidungserheblich. Der von der Beschwerde zitierte Rechtssatz des Normenkontrollgerichts auf Seite 23 bezieht sich (nur) darauf, dass "ohne 'Zeitschranke' ... die Frage von artenschutzrechtlichen Vollzugshindernissen (s.o.) weiter 'unter Kontrolle' gehalten werden musste" (UA S. 38). Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.

8

Abgesehen davon stellt das Normenkontrollgericht ausdrücklich fest, dass die bis zum Satzungsbeschluss zusammengestellten Abwägungsgrundlagen für eine ordnungsgemäße Abwägung der natur-, habitat- und artenschutzrechtlichen Fragen ausreichend waren (UA S. 37). In diesem Zusammenhang nimmt es nachträgliche Untersuchungen nur zum Anlass, um zu prüfen, ob die Abwägungsgrundlagen defizitär sein könnten (UA S. 35, 36). Das gilt auch für die von der Beschwerde in Bezug genommen Ausführungen auf Seite 27, die die Frage betreffen, ob das Plangebiet selbst ein potentielles FFH-Gebiet darstellen könnte und eine Gebietsmeldung aus fachfremden Erwägungen unterblieben sei.

9

3. Auch die zwei Grundsatzrügen zum Artenschutzrecht führen nicht zur Zulassung der Revision.

10

3.1 Die als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit der den Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) einschränkenden Vorschriften des § 42 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2002 und deren Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL, ist nicht entscheidungserheblich.

11

Das Normenkontrollgericht hat zwar - insoweit missverständlich - der artenschutzrechtlichen Prüfung den Obersatz vorangestellt, der Verbotstatbestand nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 stehe der Vollzugsfähigkeit des angegriffenen Bebauungsplans nicht entgegen, weil die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 62 BNatSchG 2002oder des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2002 vorlägen (UA S. 31). Es prüft dann aber nicht, ob bereits die Verwirklichung des Verbotstatbestands gemäß § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG ausgeschlossen sein könnte, sondern hebt darauf ab, dass der Antragsgegnerin von der Oberen Naturschutzbehörde (LANU) eine Befreiung in Aussicht gestellt worden ist, die dem Beigeladenen auch tatsächlich bereits erteilt worden sei. Maßgeblich ist nach Auffassung des Normenkontrollgerichts nur, ob überhaupt eine Befreiung erteilt worden ist (UA S. 31 f.). Im Anschluss daran prüft das Gericht, ob gleichwohl ("wäre allenfalls") ein "absolutes Planungshindernis" vorliegen könnte (UA S. 32). Diese Prüfung zielt erkennbar auf die Frage, ob die geschützten Fledermäuse in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Befreiung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen können (§ 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL). Dass der Verbotstabestand gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 erfüllt ist, stellt das Normenkontrollgericht auch an dieser Stelle nicht in Frage. Es zieht lediglich - wie der Hinweis "vgl." deutlich macht - den Grundgedanken des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2002 heran, um deutlich zu machen, dass es zur Beurteilung, ob die Art in ihrem Bestand, d.h. als lebensfähiges Element in einem günstigen Erhaltungszustand erhalten bleibt, nicht genügt, auf die Möglichkeit zu verweisen, dass die betroffenen Arten auf andere Landschaftsteile ausweichen oder dass Ausgleichshabitate geschaffen werden können, wenn die betroffene Art gerade auf diese Stätte "speziell" angewiesen ist (UA S. 32). Vor diesem Hintergrund stellt sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage der Gemeinschaftskonformität des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2002 nicht. Unabhängig davon beruht die Beschwerde auf der Annahme, dass sich der vorliegende Fall von den der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fallkonstellationen unterscheide, weil es nicht lediglich um wechselnde Ruhestätten, sondern um die in Schleswig-Holstein bedeutendsten Wochenstuben der Fledermäuse handele (Beschwerdebegründung S. 28). Eine solche Feststellung hat das Normenkontrollgericht indes nicht getroffen.

12

3.2 Die Frage,

ob sich die Verbotsvorschriften des besonderen Artenschutzrechts bauplanungsrechtlich nur und erst dann als Planungshindernis auswirken, wenn eine geschützte und betroffene Art in ihrem Bestand oder in ihrer Entwicklung auf ein bestimmtes Gebiet - speziell - angewiesen ist,

stellt sich in dieser Allgemeinheit nicht und beruht zudem wiederum auf Prämissen, die das Normenkontrollgericht seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt hat.

13

Das Normenkontrollgericht ist nicht davon ausgegangen, dass ein Planungshindernis "nur und erst dann" unter den in der Frage umschriebenen Voraussetzungen anzunehmen ist. Es stellt nicht in Abrede, dass die Verbotsvorschriften des besonderen Artenschutzrechts grundsätzlich ein Planungshindernis im Rahmen der Bauleitplanung darstellen können, sondern geht nur davon aus, dass im vorliegenden Fall kein Planungshindernis vorliegt, weil eine Befreiung gemäß § 62 BNatSchG 2002 erteilt worden ist.

14

4. Mit der Frage,

ob die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach den §§ 5, 6 BImSchG mit Auflagen zum Lärmschutz versehen darf, die über die Anforderungen der TA-Lärm hinausgehen, wenn die entsprechenden Beschränkungen nicht in den Festsetzungen des Bebauungsplans vorgegeben, sondern als Betriebsszenarien lediglich der Begründung des Bebauungsplans zugrunde gelegt worden sind,

macht die Beschwerde geltend, die Voraussetzungen für einen zulässigen Konflikttransfer seien nicht gegeben, weil im Bebauungsplan Festsetzungen von Betriebsbeschränkungen fehlten und die Antragsgegnerin aufgrund defizitärer Ermächtigungsgrundlagen des Immissionsschutzrechts auch nicht habe davon ausgehen können, dass auf der Ebene der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine mit ihren Abwägungsgrundlagen im Einklang stehende Entscheidung erfolgen würde.

15

Das Normenkontrollgericht ist indes nicht davon ausgegangen, dass die immissionsschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen defizitär seien, sondern ist der Auffassung, der Rechtmäßigkeit der Abwägung stehe nicht entgegen, dass nicht alle Abwägungsgrundlagen "kongruent" in planerische Festsetzungen eingemündet seien (UA S. 49). Dass die Gemeinde von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen darf, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. nur Beschluss vom 15. Oktober 2009 - BVerwG 4 BN 53.09 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die Frage, unter welchen Umständen der Schluss auf eine hinreichend verfestigte Planung gerechtfertigt erscheint, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles und entzieht sich einer abstrakten Klärung (Beschluss vom 14. Juli 1994 - BVerwG 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75, S. 12). Die Beschwerde beschränkt sich der Sache nach auf einen Angriff auf die Auffassung des Normenkontrollgerichts, das davon ausgeht, dass eine Regelung der Details zum Lärmschutz im Genehmigungsverfahren - wie auch die zwischenzeitlich erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung belegt - gewährleistet sei. Dass es - wie die Beschwerde offensichtlich meint - zur Bewältigung der Lärmschutzproblematik die Anforderungen der TA-Lärm übersteigender Lärmschutzmaßnahmen bedarf (Beschwerdebegründung S. 34), hat das Normenkontrollgericht nicht angenommen. Auf die von der Beschwerde bemühte Auslegung des § 6 Abs. 1 BImSchG kommt es auch aus diesem Grund nicht an.

16

5. Da die Beschwerde aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen war, bedarf es keiner Prüfung mehr, ob - wie der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin und des Beigeladenen vorträgt - die von Amts wegen zu prüfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen des Normenkontrollantrags entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zu verneinen wären; denn selbst wenn dies zuträfe, bliebe die Beschwerde erfolglos, weil die angefochtene Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO jedenfalls im Ergebnis richtig wäre.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder diesem Gesetzbuch, den auf Grund dieses Gesetzbuchs erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht.

(3) Können Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden, kann die höhere Verwaltungsbehörde räumliche oder sachliche Teile des Flächennutzungsplans von der Genehmigung ausnehmen.

(4) Über die Genehmigung ist binnen eines Monats zu entscheiden; die höhere Verwaltungsbehörde kann räumliche und sachliche Teile des Flächennutzungsplans vorweg genehmigen. Aus wichtigen Gründen kann die Frist auf Antrag der Genehmigungsbehörde von der zuständigen übergeordneten Behörde verlängert werden, in der Regel jedoch nur bis zu drei Monaten. Die Gemeinde ist von der Fristverlängerung in Kenntnis zu setzen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird.

(5) Die Erteilung der Genehmigung ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam. Jedermann kann den Flächennutzungsplan, die Begründung und die zusammenfassende Erklärung nach § 6a Absatz 1 einsehen und über deren Inhalt Auskunft verlangen.

(6) Mit dem Beschluss über eine Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans kann die Gemeinde auch bestimmen, dass der Flächennutzungsplan in der Fassung, die er durch die Änderung oder Ergänzung erfahren hat, neu bekannt zu machen ist.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 88 „BusinessPark ... A-Stadt“ wird bis zu einer Entscheidung des Senats im Normenkontrollverfahren 1 KN 20/16 vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplanes Nr. 88 „BusinessPark ... A-Stadt“ der Antragsgegnerin, den er mit seinem parallel anhängig gemachten Normenkontrollantrag vom 14.11.2016 (1 KN 20/16) angreift.

2

Das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 88 der Antragsgegnerin umfasst ein in deren Eigentum stehendes, ca. 180.000 m² großes Elbgrundstück im Südosten des Stadtgebietes, das von Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Stilllegung im Jahr 1997 und anschließendem Abriss Standort eines Mineralölwerkes war. Im Westen grenzt das Plangebiet an die Betriebsfläche eines dort befindlichen Kohleheizkraftwerkes, welches durch ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk ersetzt werden soll; im Osten grenzt es unmittelbar an die Stadtgrenze Hamburgs, und dort an den Geltungsbereich des am 05.09.2014 im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 411) verkündeten Bebauungsplanes „Rissen 11“ der Stadt Hamburg. Dieser setzt für den Bereich der südlich der Straße L... entlang der Elbe gelegenen Wohnbebauung ein reines Wohngebiet (WR) fest. Hier befindet sich - im westlichen Planbereich gelegen - auch das im Eigentum des Antragstellers stehende Wohngrundstück A-Straße, das vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes „Rissen 11“ im Baustufenplan Rissen als ein besonders geschütztes Wohngebiet (W 1 o) ausgewiesen war.

3

Für die Errichtung eines Gewerbeparks auf der Eigentumsfläche der Antragsgegnerin, des sog. „BusinessPark ... A-Stadt“, beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 15.10.2015 den Bebauungsplan Nr. 88 als Satzung. Die Bekanntmachung erfolgte am 12.02.2016 durch Abdruck im A-Stadt-Schulauer-Tageblatt und im Hamburger Abendblatt - Pinneberger Zeitung - sowie durch Bereitstellung im Internet. Der Plan setzt für den gesamten Elbufer- und Böschungsbereich eine öffentliche Grünfläche fest und weist im nördlichen Bereich Gewerbegebiete aus, die sich durch die als Ringerschließung festgesetzte Planstraße „Loop“ in drei Areale gliedern: Im Osten - entlang der Stadtgrenze Hamburgs - die Gewerbegebiete (GE) GE 5, GE 6 Nord und GE 6 Süd sowie - dem Grundstück … - GE 7; in der Mitte GE 1, GE 2 und GE 3 und im Westen GE 4. Dabei ist als Vorkehrung zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen für die Gewerbegebiete GE 1 bis GE 4 und GE 6 Nord und Süd sowie GE 7 jeweils ein Lärmemissionskontingent mit einem Wert von einheitlich 60 dB(A) tags und mit Werten von 40, 45, 47 bzw. 54 dB(A) für den Nachtzeitraum festgesetzt worden. Grundlage dieser Festsetzungen bildet eine während des Aufstellungsverfahrens von der Antragsgegnerin beauftragte Schalltechnische Untersuchung der ... GmbH (zuletzt) vom 27.01.2015, die unter Berücksichtigung jener Kontingente am Grundstück des Antragstellers zu einer als wohnverträglich eingestuften Gesamtbelastung von 55 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts für die Bestandssituation mit dem Heizkraftwerksbetrieb (HKW) und zu einer solchen von tags 54 dB(A) und nachts 42 dB(A) für die Situation nach Ersetzen des HKW durch ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk gelangt. Dabei setzt die Untersuchung für die lärmtechnische Beurteilung u.a. des Grundstücks des Antragstellers einen „Zwischenwert aufgrund Gemengelage nach TA Lärm“ von 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts mit der Begründung an, die Wohnbebauung entlang des L...s sei schalltechnisch sowohl durch nördlich des Plangebietes gelegene Gewerbeflächen als auch durch das Kraftwerk derart vorbelastet, dass bereits aktuell der Richtwert der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete nachts ausgeschöpft und die Werte für ein reines Wohngebiet deutlich überschritten würden.

4

Der Antragsteller, der sich bereits während der öffentlichen Beteiligungsschritte nach § 3 Abs. 1 BauGB, § 3 Abs. 2 BauGB und § 4a Abs. 3 BauGB gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 88 gewandt und insbesondere gefordert hatte, im Plangebiet eine Lärmemissionskontingentierung vorzunehmen, die nicht im Widerspruch zu der für sein Grundstück maßgeblichen WR-Gebietsfestsetzung im Bebauungsplan „Rissen 11“ steht, begehrt mit seinem Normenkontrollantrag vom 14.11.2016 (1 KN 20/16), den Bebauungsplan Nr. 88 „BusinessPark ... A-Stadt“ für unwirksam zu erklären. Parallel dazu hat er den vorliegenden Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung desselben gestellt.

5

Er ist der Ansicht, seine Antragsbefugnis folge aus dem ihm auch als Planaußenlieger zustehenden Recht auf eine gerechte Abwägung seiner Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB. Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis sei ihm nicht abzusprechen; es sei ihm nicht zuzumuten, den Erlass einer Vielzahl von Baugenehmigungen abzuwarten und gegen jene Genehmigungen ggf. jeweils mit einstweiligen Rechtsschutzanträgen vorzugehen. Die erstrebte einstweilige Anordnung sei auch aus wichtigen Gründen dringend geboten. Seinem Normenkontrollantrag seien offensichtliche Erfolgsaussichten beizumessen; durch den Vollzug des Bebauungsplans würden zu seinen Lasten vollendete Tatsachen geschaffen, die auch bei einem Obsiegen im Normenkontrollverfahren nicht mehr rückgängig zu machen seien. Der angefochtene Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil der streitgegenständlichen Planung auf Dauer die Vollzugsfähigkeit fehle. Bei der Plan-umsetzung ließen sich die Vorgaben der TA Lärm nicht einhalten. Die der Planung zugrunde liegende Annahme der Schalltechnischen Stellungnahme der ... GmbH vom 27.01.2015, bezogen auf die Wohnbebauung entlang des L...s gelte die für eine Gemengelage einschlägige Reglung Nr. 6.7 TA Lärm und ihm seien daher Lärmwerte in Höhe von 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts zuzumuten, sei unzutreffend. Dies lasse sich mit dem Schutzanspruch, der zu seinen Gunsten durch die Festsetzung eines reinen Wohngebietes für sein Grundstück vermittelt und in lärmtechnischer Hinsicht derzeit auch eingehalten werde, nicht in Einklang bringen. Jene Gebietsausweisung sei von der Stadt Hamburg bewusst, auch in Ansehung möglicher Lärmkonflikte mit der von der Antragsgegnerin verfolgten angrenzenden Gewerbegebietsausweisung erfolgt. Diese Feststellung habe auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 08.06.2016 (2 E 11/15.N) getroffen, mit dem es den Normenkontrollantrag der Antragsgegnerin gegen den Bebauungsplan „Rissen 11“ abgelehnt habe. Insoweit sei der Antragsgegnerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit jenes Bebauungsplanes abgesprochen worden, weil es sich bei dem Gebiet am L... bauplanungsrechtlich bei jedweder Betrachtungsweise um ein reines Wohngebiet handele, und zwar unabhängig davon, ob hierfür auf den Bebauungsplan „Rissen 11“, den ggf. wieder auflebenden Baustufenplan Rissen oder die vorhandene Bebauung abgestellt werde.

6

Auch mit Blick auf das Rücksichtnahmegebot (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO), in welchem die Gemengelagereglung ihre rechtliche Grundlage habe, sei es nicht zulässig, die WR-Gebietsfestsetzung bzw. die faktische WR-Situation zu ignorieren und eine Zwischenwertbildung bei den Lärmrichtwerten durchzuführen. Indem die Antragsgegnerin verkannt habe, dass keine Gemengelage im Sinne der Nr. 6.7 TA Lärm vorliege und ihm demzufolge Lärmwerte von lediglich 50 dB(A) tagsüber und 35 dB(A) nachts zuzumuten seien, verstoße der Bebauungsplan Nr. 88 auch gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB niedergelegte Abwägungsgebot. Von Lärmoptimierungs- und Minderungserwägungen habe sich die Antragsgegnerin überhaupt nicht leiten lassen; das verstoße gegen das Optimierungsgebot und den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG. Ebenso sei die Außerachtlassung der Orientierungswerte der DIN 18005 nicht sachgerecht. Eine Lärmerhöhung um 7 dB(A) sei keinesfalls gerechtfertigt; dies sei rücksichtlos, führe zu einer Verschlechterung der Immissionssituation und sei daher rechtswidrig. Der hinsichtlich der lärmtechnischen Beurteilung seines Grundstücks gegebene Ermittlungs- bzw. Bewertungsfehler sei offensichtlich und auch im Sinne des § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB von Einfluss auf das Ergebnis gewesen. Darüber hinaus sei der Bebauungsplan Nr. 88 aus habitatschutzrechtlichen Gründen rechtswidrig. In unmittelbarer Nähe zum Plangebiet befänden sich mehrere Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Natura 2000). Insbesondere grenze das FFH-Gebiet DE 2323-392 „Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen“ an das Plangebiet an. Das FFH-Gebiet DE 2018-331 „Unterelbe“ (NDS) liege nur ca. 50 m davon entfernt und das EU-Vogelschutzgebiet DE 2323-401 „Unterelbe bis A-Stadt“ befinde sich in einer Entfernung von knapp 300 m zum Plangebiet. Der Planbegründung und dem Umweltbericht sei nicht zu entnehmen, dass eine erforderliche FFH-Vorprüfung mit Blick auf die Schutzziele der betroffenen Gebiete und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgt wären. Der Planbegründung sei vielmehr die Einschätzung zu entnehmen, die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 88 ließen keine erkennbaren erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele jener Schutzgebiete erwarten, was eine FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich mache. Jene Einschätzung entbehre jeglicher Überzeugungskraft, denn es sei davon auszugehen, dass jene Gebiete im Falle der Planumsetzung, d.h. sowohl während der Bauphase als auch in der Phase der Ausübung der gewerblichen Nutzung, sehr wohl beeinträchtigt würden.

7

Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen. Der Antragsteller könne die Einhaltung der Immissionsrichtwerte für ein reines Wohngebiet gemäß TA Lärm nicht beanspruchen. Dies gelte unabhängig von Besonderheiten des Falles bereits aufgrund der Randlage seines Grundstücks, wo er mit einem Wert rechnen müsse, der über den Immissionsrichtwerten für ein reines Wohngebiet liege. Der auf einen Richtwert von 42 dB(A) nachts erhöhte Wert sei nach den Grundsätzen der einschlägigen Mittelwertbildung nicht zu beanstanden. Mit einem Lärmkontingent von 60 dB(A) tags und nur 40 dB(A) nachts im nächstgelegenen Teilgebiet GE 7 würden am Grundstück des Antragstellers die Richtwerte für allgemeine Wohngebiete tags eingehalten und führten allenfalls nachts zu einer Überschreitung um 2 dB(A). Eine Gemengelage bestehe auch in Bezug auf die ehedem industrielle Nutzung des Geländes fort, die insoweit nachwirke und die festgesetzten Lärmkontingente allemal rechtfertige. Eine Folgenutzung auf der zunächst aufwendig zu sanierenden Fläche sei stets beabsichtigt gewesen; auch nach der Verkehrsauffassung habe ohne Weiteres und zu jeder Zeit mit der Wiederaufnahme einer das Wohnen grundsätzlich störenden Nutzung an jenem Standort gerechnet werden müssen. Das vom Antragsteller in Bezug genommene Normenkontrollurteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 08.06.2016 (2 E 11/15.N) gebe für seine Position ebenfalls nichts her. Das Gericht habe das Rechtsschutzbedürfnis nur deshalb verneint, weil auch mit der Festsetzung als reines Wohngebiet kein relevanter Immissionskonflikt verbunden sei, der die Stadt Hamburg von einer entsprechenden Planung abhalten müsste. Das Gericht habe sich ersichtlich von der Erwägung leiten lassen, dass mit der WR-Festsetzung in der vorgefundenen Situation eben ein bestimmter Lärmschutzanspruch nicht verbunden sei.

II.

8

Das einstweilige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers hat Erfolg. Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).

9

1. Der Antrag ist statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.

10

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person einen Normenkontrollantrag stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Antrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei genügt es, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. An dieser Möglichkeit fehlt es erst, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können.

11

Macht ein Antragsteller - wie hier - eine Verletzung des Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB geltend, muss er einen eigenen Belang benennen, der nach Lage der Dinge von der planenden Gemeinde bei der Abwägung zu beachten war. Nicht jeder Belang ist abwägungsbeachtlich, sondern nur solche, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Die Abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich im Weiteren auf solche schutzwürdigen - planbedingten - Betroffenheiten, die mehr als geringfügig, in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Existiert ein solcher Belang, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.12.2012 - 4 BN 19.12 -, juris [Rn. 3], und vom 08.06.2011 - 4 BN 42.10 -, juris [Rn. 3] m.w.N.). Soweit es die nach § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 c) und e) BauGB potentiell abwägungsrelevanten Lärmschutzbelange betrifft, begründet danach allerdings nicht jede planbedingte Lärmzunahme die Antragsbefugnis. Dies bewirken nur Veränderungen, die die Geringfügigkeitsschwelle überschreiten, wobei auch eine planbedingte Lärmzunahme unterhalb der maßgeblichen Grenz- bzw. Richtwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial gehören kann. Was davon ausgehend im Einzelfall zu gelten hat, lässt sich nur unter Einbeziehung des konkreten Sachverhalts wertend beurteilen und nicht anhand fester Maßstäbe (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.02.2015 - 2 B 1323/14.NE -, juris [Rn. 10]). Dies gilt auch für die Abwägungserheblichkeit von gewerblichem Anlagenlärm, der im Plangebiet verursacht wird. Ihn kann die Gemeinde etwa unter Zuhilfenahme der DIN 18005-1 "Schallschutz im Städtebau" und/oder der TA Lärm bewerten. Abwägungsleitlinie für planbedingten Verkehrslärm können (daneben) die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) sein.

12

Dies zugrunde gelegt, ist der Antragsteller antragsbefugt. Als „Plannachbar“ bzw. „Planaußenlieger“ kann er jedenfalls geltend machen, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan ihn in eigenen abwägungserheblichen Belangen des Lärmschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 c) und e) BauGB) berührt. Der Bebauungsplan, der in insgesamt 8 Teilbereiche aufgegliedert Gewerbegebiete festsetzt, wird sein Grundstück voraussichtlich einer mehr als geringfügigen, d.h. abwägungsrelevanten Lärmzunahme aussetzen. Dies ergibt sich bereits aus der Nähe des Wohngrundstücks des Antragstellers zum unmittelbar angrenzenden, ca. 180.000 m² großen Plangebiet für einen BusinessPark. Die abwägungserhebliche planbedingte Lärmbetroffenheit des Antragstellers durch Gewerbelärm folgt überdies aus der Schalltechnischen Untersuchung der ... GmbH, die das im Bebauungsplan Rissen 11 als reines Wohngebiet ausgewiesene Grundstück des Antragstellers als Immissionsort (IO 10) berücksichtigt und dort zu erwartende Beurteilungspegel von 55 dB(A) bzw. 54 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts errechnet hat. Jene Werte liegen über den Orientierungs- bzw. Richtwerten gemäß DIN 18005 und TA Lärm für reine Wohngebiete von tags 50 dB(A) und nachts 35 dB(A) und werden in der Schalltechnischen Untersuchung allein unter Zugrundelegung eines Zwischenwertes „aufgrund Gemengelage nach TA Lärm“ von 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts als wohnverträglich erachtet. Die prospektive Lärmbetroffenheit des Antragstellers steht bei dieser Sachlage außer Frage; sie ist auch relevant.

13

Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag fehlt (nur), wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweisen würde, weil der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des angefochtenen Bebauungsplans keine tatsächlichen Vorteile ziehen und auch seine Rechtsstellung (aktuell) nicht verbessern kann (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, juris [Rn. 5] m.w.N.). Dies kann der Fall sein, wenn der Antragsteller ausschließlich Festsetzungen bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben bestandskräftig genehmigt und vollständig verwirklicht worden sind. Anders verhält es sich aber, wenn die Erreichung wesentlicher Planungsziele noch aussteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 - 4 CN 5.99 - , juris [Rn. 15]), oder wenn es möglich erscheint, dass die Gemeinde nach einer Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans zu einer Neuplanung schreitet und die Neuplanung für den Antragsteller günstiger als die für unwirksam erklärte ausfallen könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.09.1992 - 4 NB 22.92 -, juris [Rn. 10]. Dieser Ansatz gilt auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.02.2015 - 2 B 1323/14.NE -, a.a.O. [Rn. 13]).

14

Hieran gemessen fehlt dem Eilantrag des Antragstellers das Rechtschutzbedürfnis nicht. Nach Angabe der Antragsgegnerin ist zwar unter dem 21.10.2016 eine Baugenehmigung für ein Regenrückhaltebecken erteilt und insoweit mit entsprechenden Bauarbeiten auch bereits begonnen worden. Des Weiteren existiert nach deren Angaben eine Teilbaugenehmigung vom 18.11.2016 betreffend den geänderten Standort einer Halle für die Grundwasseraufbereitung im Zuge der seit Jahren laufenden Sanierung des Geländes; auch insoweit ist bereits der Baubeginn erfolgt. Damit aber ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand erkennbar, dass der Bebauungsplan allenfalls in marginalen Bereichen, keineswegs aber hinsichtlich der vom Antragsteller zentral angegriffenen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung und den damit verknüpften lärmtechnischen Vorgaben ausgenutzt worden ist. Der Antragsteller könnte aus einer Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans Nr. 88 mithin noch den Vorteil ziehen, dass der Bebauungsplan nicht weiter realisiert werden würde, d.h. noch ausstehende bzw. zu erteilende Baugenehmigungen auf der Grundlage des angegriffenen Bebauungsplans (einstweilen) nicht erteilt werden und/oder bei einer etwaigen Neuplanung auf der Grundlage im Normenkontrollverfahren gewonnener rechtlicher Erkenntnisse für ihn sonst günstigere Festsetzungen getroffen würden.

15

2. Der Antrag ist auch begründet.

16

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Es besteht ein wichtiger Grund für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil bereits die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein mögliche, aber gebotene summarische Prüfung erweist, dass der streitbefangene Bebauungsplan Nr. 88 „BusinessPark ... A-Stadt“ der Antragsgegnerin unwirksam ist und das Normenkontrollverfahren in der Hauptsache Erfolg haben wird (a). Eine einstweilige Anordnung ist zudem dringend geboten (b).

17

a) Bei summarischer Prüfung spricht alles dafür, dass der Normenkontrollantrag des Antragstellers Erfolg haben wird. Der Bebauungsplan Nr. 88 der Antragsgegnerin erweist sich jedenfalls deswegen als unwirksam, weil er auf einem beachtlichen Abwägungsfehler (§ 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB) beruht.

18

§ 2 Abs. 3 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB verpflichten die Gemeinde, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange vollständig zu ermitteln, zu bewerten und sie gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Abwägungsgebot setzt neben einer sachgerechten Entscheidung voraus, dass in die Abwägung all das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, juris [Rn. 22]). Des Weiteren darf die Bedeutung der Belange nicht verkannt und der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis schon dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.

19

Gegen diese Abwägungsgrundsätze hat die Antragsgegnerin offensichtlich verstoßen. Sie hat zwar die planbetroffenen Lärmschutzbelange angrenzender Nutzungen, im Besonderen auch diejenigen der Wohnnutzung im Bereich des L...s auf Hamburger Stadtgebiet, gesehen und im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigt. Insofern hat sie als Vorkehrung zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen für die Gewerbegebiete GE 1 bis GE 4 und GE 6 Nord und Süd sowie GE 7 jeweils Lärmemissionskontingente festgesetzt, die nach der der Bauleitplanung zugrunde liegenden Schalltechnischen Untersuchung (Stand: 27.01.2015) dazu führen werden, dass am Wohnhaus des Antragstellers Beurteilungspegel von tags 55 dB(A) - Variante 1, Status Quo mit derzeitigem Heizkraftwerk - bzw. 54 dB(A) - Variante 2, Berücksichtigung eines künftigen Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerks - und 42 dB(A) nachts hervorgerufen werden. Mit diesen Werten liegen die Berechnungsergebnisse ersichtlich über dem, was die DIN 18005-1 „Schallschutz im Städtebau“ als anerkannte Orientierungshilfe bei der Bauleitplanung als (wünschenswert) einzuhaltende oder zu unterschreitende Orientierungswerte für reine Wohngebiete - 50 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts - vorgibt (Ziffer 1.1 Satz 2 Buchst. a)). Sie liegen ebenso über den entsprechenden Immissionsrichtwerten für reine Wohngebiete der TA Lärm (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. e)). Indem die Antragsgegnerin den an das Plangebiet unmittelbar angrenzenden (Wohn-)Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Rissen 11“ der Stadt Hamburg, und damit auch dem Grundstück des Antragstellers einen gegenüber dem Schutzanspruch eines reinen Wohngebietes so deutlich herabgesetzten Schutzstatus bemisst, hat sie den Belang des dort erforderlichen Lärmschutzes indessen nicht mit dem diesem gebührende Gewicht gegenüber den mit der Planung eines Business Parks verfolgten Belangen abwägend ausgeglichen.

20

Wie bereits bei der Antragsbefugnis angesprochen, kann die Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen im Rahmen der Bauleitplanung anhand der Orientierungshilfe der Immissionsrichtwerte der DIN 18005-1 und/oder nach Maßgabe der TA Lärm beurteilt werden. Die technischen Vorgaben der DIN sind keine bindenden Grenzwerte, sondern liefern lediglich einen Anhalt; sie lassen damit Abweichungen zu. Eine Überschreitung der Orientierungswerte führt daher für sich genommen noch nicht zu einer Unausgewogenheit der Planung unter Lärmschutzaspekten. Auch ein Überschreiten um 5 dB(A) oder ggf. auch mehr kann durchaus noch das Ergebnis einer gerechten Abwägung sein. Allerdings müssen die für die Planung sprechenden Gesichtspunkte umso gewichtiger sein, je weiter die Orientierungswerte überschritten werden und umso mehr hat die planende Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6/88 -, juris [Rn. 29], Beschluss vom 19.08.2015 - 4 BN 24/15 -, juris [Rn. 4] und Beschluss vom 22.03.2007 - 4 CN 2.06 -, juris [Rn. 15]; OVG NRW, Urteil vom 16.09.2016 - 2 D 46/14.NE -, juris [Rn. 102 ff.] und Beschluss vom 30.01.2014 - 2 B 1354/13.NE -, juris [Rn. 45 ff.]). Gleiches muss - wie in der Schalltechnischen Untersuchung vom 27.01.2015 als Beurteilungsgrundlage gewählt - unter Zugrundelegung einer Zwischenwertbildung nach Maßgabe der Regelungen zur Gemengelage nach Nr. 6.7 der TA Lärm gelten. Jener Regelung liegt die Annahme zugrunde, dass das Zusammentreffen baulicher Nutzungen unterschiedlicher Qualität zwangsläufig zur Folge hat, dass sich das Zumutbarkeitsmaß für den einen Nutzer erhöht und für den anderen vermindert. Der Zwischenwert ist der Sache nach nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte (benachbarter Baugebiete), vielmehr handelt es sich um einen "Richtwert" für die Bestimmung der Zumutbarkeit anhand der Umstände des Einzelfalls. Insofern berücksichtigt er (zunächst) eine vorgefundene Situation, die sich im Rahmen der Bauleitplanung indessen nicht auf eine notwendig „statische“ Betrachtung beschränken darf, sondern vielmehr den mit der Planung gewährten Gestaltungsspielraum für eine „dynamische“ Veränderung vorhandener Immissionssituationen ggf. zu nutzen hat. Dabei ist die Zwischenwertbildung allerdings ihrerseits nicht auf einen Zuschlag von maximal 5 dB(A) beschränkt (BVerwG, Beschluss vom 12.09.2007 - 7 B 24/07 -, juris [Rn. 5]). Die Regelung in Nr. 6.7 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm enthält lediglich eine Kappungsgrenze in der Form, dass zum Wohnen dienende Grundstücke in einer Gemengelage mit keinem 60 dB(A) am Tage und 45 dB(A) nachts überschreitenden Immissionsrichtwert belastet werden dürfen.

21

Die Antragsgegnerin hat sich bei der Bestimmung des konkret zu berücksichtigenden Schutzstatus der Wohnbebauung am L... ersichtlich von der dort bereits vorhandenen schalltechnischen Vorbelastung leiten lassen, resultierend aus dem Schiffsbetrieb auf der Elbe, dem Kraftwerksbetrieb auf westlich an das Plangebiet angrenzenden Flächen und aus gewerblichen Nutzungen auf Gewerbeflächen nördlich des Plangebiets. Jene Vorbelastung bedingt nach der Schalltechnischen Untersuchung vom 27.01.2015 an den dem Plangebiet nächstgelegenen Immissionspunkten (IO 10 und IO 11), d.h. dem Grundstück des Antragstellers, zzt. Schallimmissionen von 49,5 dB(A) bzw. 50,0 dB(A) tags und 38,2 dB(A) bzw. 39,7 dB(A) in der Nacht, die sich auf einen Tageswert 44,2 dB(A) und einen Nachtwert von 35,6 dB(A) bzw. 35,5 dB(A) reduzierten, soweit das Heizkraftwerk durch ein Gas- und Dampfturbinen - Kraftwerk ersetzt wird. Die an jenen tatsächlichen Annahmen geübte Kritik des Antragstellers verfängt nicht. Insbesondere sein Einwand, gegenwärtig seien die Lärmrichtwerte eines reinen Wohngebietes weder tags ausgeschöpft noch gar in der Nacht überschritten, ist nicht substantiiert belegt. Der Antragsteller beruft sich auf mehrere Schreiben des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) aus dem Jahr 2014, in denen ausgeführt wird, auf der Grundlage von Messungen im Grenzweg, d.h. im Bereich der Grenze zum Hamburger Stadtgebiet, sei errechnet worden sei, dass die durch das Heizkraftwerk auf dem Grundstück ...weg ... verursachten Betriebsgeräusche mit 31 dB(A) den nächtlichen Immissionswert für reine Wohngebiete deutlich unterschritten. Jenes Bezugsgrundstück liegt indessen deutlich mehr als 1.000 m Luftlinie vom Grundstück des Antragstellers entfernt, so dass den Angaben des LLUR kein Aussagegehalt für die südlich bzw. südwestlich davon, unmittelbar an der Elbe gelegenen Wohngrundstücke am L... entnommen zu werden vermag, die die lärmtechnischen Annahmen der Schalltechnischen Untersuchung in Frage stellten. Auch ist gegen die Berücksichtigung der genannten Umstände nichts einzuwenden. Jede Bauleitplanung hat sich an den Besonderheiten des jeweiligen Plangebiets und seiner Umgebung auszurichten. Insofern sind tatsächliche Vorbelastungen auch durch benachbarte Betriebe im Rahmen der Bauleitplanung grundsätzlich zu berücksichtigen und rechtlich zu bewerten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6/88 -, juris [Rn. 18 f.]).

22

Zudem hat die Antragsgegnerin für ihren mit 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts für die Wohnbebauung am L... angesetzten Immissionswert, bezeichnet als „Zwischenwert aufgrund Gemengelage nach TA Lärm“, die Grenzlage jener (Wohn-)Bebauung zu der ehedem industriellen Nutzung des Plangebietes durch einen Mineralölbetrieb angeführt. Auch die Berücksichtigung dieses „vorbelastenden“ Umstandes ist im Grundsatz nicht ausgeschlossen. Allerdings gilt es insoweit zu bedenken, dass das auf der Plangebietsfläche befindliche Mineralölwerk bereits im Jahr 1997 stillgelegt worden. Anschließend erfolgten dann zwar ein Jahre dauernder Rückbau der Anlagen und auf der Grundlage eines am 30.11.2006 für verbindlich erklärten und am 02.10.2009 fortgeschriebenen Sanierungsplans eine aufwendige Sanierung der Fläche mit Blick auf eine intendierte (gewerbliche) Folgenutzung. Dem entsprechend hatte die Antragsgegnerin die Darstellung der Fläche im Flächennutzungsplan - bis zur Neuaufstellung desselben im Jahr 2010 als Industrie- und sodann als Gewerbefläche - auch aufrechterhalten bzw. neu geschaffen. Die Eigentümer der (Wohn-)Grundstücke südlich des L...s mit den Ende der 1960er in unmittelbarer Randlage zu diesem Gebiet mit geringerem Schutzanspruch errichteten Wohnhäusern konnten demzufolge nicht von vornherein damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden (Folge-)Nutzungen stattfinden werden oder höchstens ebenfalls nur eine Wohnnutzung entsteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 N 6/88 -, a.a.O. [Rn. 29]).

23

Die Zusammenschau beider Aspekte rechtfertigt gleichwohl die „Bildung“ eines Immissionsrichtwertes, der die für ein reines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte um jeweils 7 dB(A) erhöht und insoweit die Gebietskategorie gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. d) sogar überspringt, nicht mit der in der Schalltechnischen Untersuchung angenommenen Stringenz bzw. Apodiktik. Was den für den Tag angenommenen Immissionswert anbelangt, wird dieser allerdings durch den am Wohnhaus des Antragstellers, dem am stärksten betroffenen Immissionsaufpunkt am L... berechneten Immissionswert um 2 dB(A) bzw. 3 dB(A) unterschritten und erreicht damit maximal den Orientierungs-/Richtwert für ein allgemeines Wohngebiet. Dies mag angesichts einer gegenwärtig durch gewerbliche Nutzungen bedingten schalltechnischen Vorbelastung, die den Orientierungs- bzw. Immissionsrichtwert von 50 dB(A) erreicht, noch gerechtfertigt erscheinen. Für den deutlich sensibleren Nachtwert kann dies indes nicht angenommen werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass vorliegend keine „echte Gemengelage“ in Rede steht, sondern nach der Aufgabe der industriellen Nutzung und nach umfangreicher Sanierung des Plangebietes letztlich die Überplanung einer Industriebrache erfolgte, bei der angrenzende schutzwürdige Nutzungen zu berücksichtigen waren. Insoweit hatte die Planung keinen aktuell ausgeprägten Nutzungskonflikt zu bewältigen, sondern (nur) die situationsbedingte Vorbelastung in den Blick zu nehmen. Bei dieser Sachlage die gegenwärtige schalltechnische Vorbelastung nachts von 38,2 dB(A) bzw. 39,7 dB(A) um weitere gut 2 dB(A) bzw. nahezu 3 dB(A) heraufzusetzen, verkennt das dem Lärmschutz hier zukommende Gewicht. Auch wenn damit der Immissionswert noch unter demjenigen für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwert von 45 dB(A) liegt (vgl. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm), bewältigt die Antragsgegnerin damit die bestehende Konfliktsituation nicht. Indem sie zur Lösung der Lärmproblematik allein eine Lärmemissionskontingentierung in den Blick nimmt und andere Möglichkeiten zur Festsetzung lärmschutzbezogener Vorgaben wie etwa eine verbindliche Vorgabe von geschlossenen Gebäuderiegeln, ggf. verknüpft mit bedingten Baurechten nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB, eine (weitere) Gliederung des Baugebiets (§ 1 Abs. 4 – 9 BauNVO) oder Schutzvorkehrungen (§ 9 Abs. Abs. 1 Nr. 24 BauGB) und dergl., die das gesetzte Planungsziel nicht in Frage stellen, ersichtlich nicht einmal erwogen hat, schreibt sie insoweit lärmbedingte Missstände eher für die Zukunft fest, als sie gerecht abwägend zu lösen.

24

Der dargestellte Abwägungsmangel ist auch beachtlich (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 Satz 2, 2. HS. BauGB). Er ist offensichtlich, weil er sich positiv und klar erkennbar aus den Planunterlagen ergibt. Es besteht auch kein Zweifel, dass er auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Die Zuerkennung eines höheren Schutzstatus für die an das Plangebiet unmittelbar angrenzenden (Wohn-)Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Rissen 11“ der Stadt Hamburg hätte - jedenfalls - zu anderen (geringeren) Lärmemissionskontingenten und/oder zu alternativ möglichen lärmschutzbezogenen Festsetzungen geführt.

25

b) Die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. 88 „BusinessPark ... A-Stadt“ der Antragsgegnerin ist im Interesse des Antragstellers auch dringend geboten.

26

Dass der unter dem Aktenzeichen 1 KN 20/16 anhängige Normenkontrollantrag nach den vorstehenden Ausführungen (II. 2. a)) in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird, ist bereits ein wesentliches Indiz für die Notwendigkeit, den Vollzug des Bebauungsplans bis zur Hauptsacheentscheidung zu suspendieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann in diesem Fall eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris [Rn. 4]). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die in § 47 Abs. 6 VwGO geforderte Dringlichkeit voraussetzt, dass Umstände vorliegen, die ein Tätigwerden des Gerichts bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verlangen. Die vorläufige Suspendierung Bebauungsplans im Vorgriff auf die zu erwartende Hauptsacheentscheidung ist auch im Falle eines voraussichtlichen Erfolgs in der Hauptsache nur dann gerechtfertigt und im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten, wenn im Falle des Abwartens bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren konkrete Beeinträchtigungen oder Nachteile drohen, die eine vorläufige Weitergeltung des angegriffenen Rechtssatzes nicht zumutbar erscheinen lassen.

27

Hieran gemessen steht die Notwendigkeit einer vorläufigen Außervollzugsetzung im Interesse des Antragstellers außer Frage. Hierfür streitet nicht nur der Umstand, dass an dem Vollzug eines offensichtlich unwirksamen Bebauungsplans in der Regel kein schützenswertes öffentliches oder privates Interesse bestehen kann, das einem Interesse des Antragstellers an der Suspendierung des Plans erfolgreich entgegengehalten werden könnte; seine Suspendierung ist vielmehr geeignet, den Rechtsschein einer wirksamen Geltung der darin getroffenen Regelungen zu beseitigen. Dem Antragsteller drohen zudem im Falle des (weiteren) Vollzugs der Satzung empfindliche - konkrete - Nachteile. Der Bebauungsplan böte die Grundlage für bauaufsichtliche Zulassungen nach Maßgabe der getroffenen Festsetzungen. Mit der Zulassung entsprechender Vorhaben würden vollendete, nach Lage der Dinge nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen, die das Grundstück des Antragstellers jedenfalls für den Nachtzeitraum nicht (mehr) zumutbaren Geräuschimmissionen aussetzten.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Ausgehend von einem Hauptsachestreitwert von 15.000,00 € ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens der im Tenor genannte (halbierte) Betrag festzusetzen.

30

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe.

(2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 8.73 „X. Weg/L.-straße “, Teil 2, der Stadt I.  wird bis zur Entscheidung über den von dem Antragsteller noch zu stellenden Normenkontrollantrag in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.