Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 28. Okt. 2015 - 3 M 199/15

bei uns veröffentlicht am28.10.2015

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, tragen zur Hälfte die Antragsteller zu 1. und 2. als Gesamtschuldner und zur Hälfte der Antragsteller zu 3.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin „Östlich der Lindenstraße in Groß Schwansee“.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer von in der Nachbarschaft zum Plangebiet liegenden Hausgrundstücken. Diese liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 „Am Park“ der Antragsgegnerin, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Eigentum der Antragsteller zu 1. und 2. steht das Grundstück X. Nach ihren Angaben handelt es sich um ihren Zweitwohnsitz. Zwischen dem Grundstück der Antragsteller zu 1. und 2. und dem Plangebiet liegen zwei weitere Hausgrundstücke. Der Antragsteller zu 3. ist Eigentümer des Grundstücks Y, das unmittelbar an das Plangebiet angrenzt. Angaben zur Nutzung hat der Antragsteller nicht gemacht. Im Internet wird das Haus - wie weitere Häuser im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 - als Ferienhaus beworben („I.“). Die Straße Z ist in dem Bereich, an dem die Häuser der Antragsteller liegen, als Einbahnstraße ausgewiesen.

3

Der Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin sieht Sondergebiete für privat und touristisch genutztes Freizeitwohnen vor, in denen Ferienhäuser und Wochenendhäuser zulässig sind. Die Dauerwohnnutzung ist grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. I.1. der textlichen Festsetzungen). Vorgesehen sind Einzel- und Doppelhäuser in offener Bauweise mit höchstens einem Vollgeschoss. Die Grundflächenzahl ist auf 0,20 und die maximale Grundfläche auf 120 qm festgesetzt. Die Traufhöhe ist auf 3,80 m und die Firsthöhe auf 9,50 m begrenzt; für Reetdächer sind abweichende Regelungen getroffen. Die Größe der Baugrundstücke ist mit mindestens 500 qm vorgeschrieben (Ziff. I. 5 der textlichen Festsetzungen). Die höchstzulässige Zahl der Wohnungen ist je Einzelhaus und je Doppelhaushälfte auf maximal eine Wohnung begrenzt (Ziff. I. 7 der textlichen Festsetzungen). Nach der Planbegründung ist die Errichtung von 80 Häusern vorgesehen, wobei von durchschnittlich vier Betten je Wohneinheit auszugehen sei.

4

Das Planungsverfahren wurde bis zum Vorentwurfsstadium für zwei Teile des Plangebietes getrennt durchgeführt (Bebauungspläne 17.1 und 17.2). Die öffentliche Auslegung des sodann einheitlichen Planentwurfs wurde am 05.03.2014 in der Ostsee-Zeitung und vom 11.03.2014 bis zum 22.04.2014 durch Aushang bekanntgemacht und erfolgte vom 13.03.2014 bis zum 15.04.2014. Die Antragsteller erhoben am 15.04.2014 Einwendungen. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschloss am 21.05.2014 über die Abwägung der Einwendungen, fasste den Satzungsbeschluss und billigte die Planbegründung. Der Satzungsbeschluss wurde am 20.12.2014 bekannt gemacht.

5

Die Antragsteller haben am 11.05.2015 Normenkontrollantrag gestellt (Az. 3 K 200/15) und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

6

Die Antragsteller begründen ihre Antragsbefugnis wie folgt: Es sei zu befürchten, das der Bebauungsplan im Falle seiner Realisierung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf ihre Grundstücke und deren Nutzung haben werde, da die derzeit noch vorliegende ungestörte Wohnlage beseitigt würde. Bei der Erhaltung einer ungestörten Wohnlage handele es sich um einen abwägungserheblichen Belang nach § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 Buchst. c und e BauGB. Dieser sei im Rahmen der Abwägung nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

7

Nach Errichtung der geplanten 80 Ferienhäuser sei eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Grundstücke insbesondere durch Geräuschimmissionen und das erhöhte Verkehrsaufkommen zu erwarten. Entgegen der Prognose der Antragsgegnerin sei nicht von vier Betten je Wohneinheit, sondern von sechs Betten je Wohneinheit auszugehen, so dass die Ferienanlage eine Bettenkapazität von fast 500 Betten aufweise. Da im Plangebiet auch Ferienhausnutzung zugelassen sei, seien dort lärmverursachende Freizeitaktivitäten - z.B. freizeitsportliche Aktivitäten wie Ballspiele - auch in den Abend- und Nachtstunden zu erwarten. Im Wohngebiet „Am Park“ liege eine entsprechende Lärmbelastung nicht vor.

8

Auch das erhöhte Verkehrsaufkommen durch Kraftfahrzeuge und Fußgänger führe zu einer empfindlichen Beeinträchtigung des Wohngebietes „Am Park“. Für eine Bewältigung dieses erhöhten Verkehrsaufkommens seien die Straßen und Wege im Wohngebiet „Am Park“ nicht ausgelegt. Der Bebauungsplan sehe eine direkte Verbindung des nördlichen Teils des Gebietes mit dem Wohngebiet „Am Park“ vor. Es sei absehbar, dass die Nutzer des Plangebietes das Wohngebiet „Am Park“ durchquerten, wenn sie zur Ostsee gelangen wollten. Bei vollständiger Belegung der Ferien- und Wochenendhäuser würde es sich um mehr als 320 Feriengäste handeln.

9

Für den Kfz-Verkehr sei zwar keine direkte Verbindung zwischen dem neuen Baugebiet und dem Wohngebiet „Am Park“ vorgesehen. Es sei aber zu erwarten, dass eine Vielzahl von Fahrzeugen dennoch über die 1. Allee und sodann durch das Wohngebiet „Am Park“ fahren würden, um z.B. zur Ostsee oder zum Schlossgut zu gelangen. Nach der Verkehrslärmuntersuchung seien pro Tag mehr als 500 Kfz-Fahrten durch das Plangebiet zu erwarten, die dann durch das Wohngebiet „Am Park“ führen und eine erhebliche Lärmbelästigung mit sich bringen würde; die Immissionsrichtwerte der DIN 18005-1 von 55 dB(A) am Tag und 45 bzw. 40 dB(A) in der Nacht würden nicht mehr eingehalten. Dass sich die Kfz-Fahrten überwiegend außerhalb des Wohngebietes „Am Park“ abspielen würden, sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sämtliche Parkplätze der Gemeinde zum Strand und zum Schloss ausschließlich in räumlicher Nähe zum Wohngebiet „Am Park“ angeordnet seien. Auch ohne direkte Durchfahrtsmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ erscheine es unausweichlich, dass das Wohngebiet über andere Zufahrtsstraßen in Richtung Park tangiert werde.

10

Gegenstand der Untersuchung sei im Aufstellungsverfahren lediglich der von der Planstraße ausgehende Verkehrslärm gewesen, während Lärmbelästigungen durch die Nutzer des Plangebietes sowie in Folge des zu erwartenden Durchgangsverkehrs nicht berücksichtigt worden seien. Das Lärmschutzgutachten sei - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - auch in weiteren Punkten fehlerhaft.

11

Im Übrigen werde in Abrede gestellt, dass eine direkte Durchfahrtmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ nicht errichtet werde. Dies ergebe sich aus dem aktuellen Zustand der fertig gestellten „Planstraße M“. Auf die eingereichten Lichtbilder wird Bezug genommen.

12

Auch durch die lärmverursachenden Bauarbeiten würden die Antragsteller erheblich beeinträchtigt.

13

Schließlich sei auch die Verschlechterung der Grundstückssituation der Antragsteller durch die Überbebauung und Versiegelung der benachbarten bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche abwägungserheblich und von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Dabei gehe es nicht um die Erhaltung der bisherigen Aussicht.

14

Die im Plangebiet vorgesehenen Straßen sind bereits gebaut worden; eine Parzellierung ist erfolgt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

16

Der Antrag hat keinen Erfolg.

17

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind bei Bebauungsplänen ‎zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, ‎soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. ‎Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder ‎unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § ‎‎47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen ‎dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ‎zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, ‎dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ‎suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn ‎dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile ‎befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener ‎Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit ‎Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen ‎Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des ‎Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten ‎einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: ‎Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige ‎Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, ‎die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach ‎‎§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen ‎Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich ‎überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz ‎offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, B. v. ‎‎25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, BauR 2015, 968; dem folgend bereits B. d. Senats v. 19.08.2015 - 3 M 54/14, S. 8 und 3 M 64/15, S. 5).

18

In Anwendung dieser Grundsätze kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO vorliegend nicht in Betracht. Die Antragsteller sind nicht antragsbefugt.

19

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse des Betroffenen, berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die bloße verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet. Die Annahme eines solchen Falles ist aber ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibilitätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert; in jedem Fall ist die Prüfung nur auf der Grundlage der Darlegungen in der Antragsschrift, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen. Deswegen vermag die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen. Die Antragsbefugnis setzt nicht voraus, dass der Antragsteller überhaupt geltend macht, die Gemeinde sei zu einem anderen Abwägungsergebnis verpflichtet gewesen. Denn ausreichend für einen Abwägungsfehler ist bereits, dass sich das Planungsergebnis als nicht hinreichend abgewogen erweist. Es genügt, dass ein Antragsteller als Rechtsverletzung geltend macht, sein abwägungsrelevanter Belang sei in der Abwägung zu kurz gekommen. Auf die Frage, ob eine vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung des Abwägungsgebots, wenn sie vorläge, nach den Planerhaltungsvorschriften beachtlich wäre, kommt es für die Antragsbefugnis nicht an (BVerwG, B. v. 08.06.2011 - 4 BN 42/10 - BauR 2011, 1641).

20

‎Nach diesen Grundsätzen können sich die Antragsteller im vorliegenden Fall nicht auf abwägungserhebliche private Belange berufen.

21

a) Soweit die Antragsteller den Gesichtspunkt der lärmverursachenden Freizeitaktivitäten in dem Plangebiet anführen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie in einer abwägungserheblichen Weise betroffen sein könnten. In dem Plangebiet sind lediglich Einzel- und Doppelhäuser vorgesehen. Sonstige Freizeiteinrichtungen oder Freiflächen hierfür, Sport- oder Bolzplätze sind nicht Gegenstand der Planung. Hinzu kommt, dass das Plangebiet durch einen 15 m breiten Ackerstreifen von der Allee getrennt angeordnet ist, jenseits derer das Baugebiet der Antragsteller liegt. Allgemeine Bedenken gegen die benachbarte Anordnung eines allgemeinen Wohngebietes und eines Sondergebietes Ferien- und Wochenendwohnen bestehen nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht auf den höheren Schutzanspruch des Wochenend- und Ferienwohnens nach den Vorgaben der DIN 18005 Teil 1 - Schallschutz im Städtebau hingewiesen. Danach entsprechen die schalltechnischen Orientierungswerte für die städtebauliche Planung, deren Einhaltung oder Unterschreitung als wünschenswert angesehen wird, für Wochenend- und Ferienhausgebiete mit 50 dB tags und 40 bzw. 35 dB nachts denen für ein reines Wohngebiet und liegen damit niedriger als diejenigen für ein allgemeines Wohngebiet (55 dB tags und 45 bzw. 40 dB nachts). Soweit Zweifel an der Vereinbarkeit von Dauerwohnen einerseits und Wochenend- bzw. Ferienwohnen andererseits diskutiert werden (vgl. BVerwG U. v. 11.07.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 = Juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 18.09.2014 – 1 KN 123/12 – Juris Rn. 21; vgl. a. OVG Greifswald U. v. 19.02.2014 – 3 L 212/12 – Juris Rn. 49 f.) betreffen diese entsprechende Nutzungen in ein- und demselben Baugebiet, nicht aber zwei benachbarten Baugebieten.

22

b) Soweit die Antragsteller von erhöhtem Fußgängerverkehr durch ihr Wohngebiet verschont bleiben wollen, ist bereits nicht ersichtlich, welche Beeinträchtigungen dieser mit sich bringen soll. Eine relevante Erhöhung der Lärmbelastung haben die Antragsteller nicht dargelegt; hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin geht hinsichtlich der Durchquerung des Wohngebietes „Am Park“ durch Fußgänger nachvollziehbar davon aus, dass eine über einen Wert von 55 dB(A) hinausgehende Lärmeinwirkung sich nicht einstellen werde, weil der Pegel eines normalen Gesprächs in unmittelbarer Nähe bei 40 bis 55 dB(A), allenfalls gelegentlich 60 dB(A) liege, wobei der Spitzenpegel lediglich in einem kurzen Zeitraum erreicht werde, weil die Passanten den Einwirkungsbereich zeitnah wieder verließen.

23

c) Eine Antragsbefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer erhöhten Lärmbelastung ihrer Grundstücke durch Kraftfahrzeugverkehr.

24

Allerdings stellt das Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, grundsätzlich ein abwägungsbeachtliches Interesse dar. Nach Maßgabe des § 41 BImSchG hat ein Planungsträger sicherzustellen, dass durch eine geplante Straße keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Dies gilt unabhängig davon, auf welcher rechtlichen Grundlage der Bau der Straße beruht, also auch dann, wenn die Straße aufgrund einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB getroffenen Festsetzung angelegt wird. § 41 BImSchG i.V.m. der zu ihrer Durchführung erlassenen Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) setzt der Planung insoweit eine strikte, im Wege der planerischen Abwägung nicht überwindbare äußerste Grenze, als die Werte der Verkehrslärmschutzverordnung nicht überschritten werden. Das bedeutet nicht, dass eine Planung stets abwägungsgerecht ist, wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Vielmehr gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms auch unterhalb der Grenzwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial und begründet damit die Antragsbefugnis des Betroffenen. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden und die Antragsbefugnis entfällt. Es bedarf jeweils einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebietes (vgl. BVerwG B. v. 24.05.2007 – 4 BN 16.07, 4 BN 1.07, 4 VR 164 VR 16.07 und 4 VR 1.4 VR 1.07 – Juris Rn. 5 mwN).

25

Entgegen der Auffassung der Antragsteller erreicht das Risiko einer erhöhten Verkehrsbelastung hinsichtlich des Kraftfahrzeugverkehrs im vorliegenden Fall nicht die Schwelle der Abwägungsrelevanz.

26

Das gesamte Plangebiet ist für den Kraftfahrzeugverkehr über die Planstraßen A2 und A1 nebst als Sackgassen ausgebildeten Seitenstraßen an die Lindenstraße angebunden; die Einmündung befindet sich in etwa 400 m Entfernung von den Grundstücken der Antragsteller. Die Planstraße A2 endet innerhalb des Plangebietes in einer Wendeschleife. Eine Verbindung für den Kraftfahrzeugverkehr zwischen der Wendeschleife und dem gegenüber auf der anderen Seite der sog. „1. Allee“ gelegenen Wohngebiet der Antragsteller sieht der Bebauungsplan nicht vor. Als Verbindung ist in diesem Bereich vielmehr eine Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung für einen Geh- und Radweg sowie für den Havariefall für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge festgesetzt. In der Planbegründung heißt es, zur Sicherung der Umsetzung solle z.B. ein versenkbarer Poller eingesetzt werden (Begründung S. 40; Ordner C3 Bl. 285). Aus einer etwa abweichenden Bauausführung können Einwände gegen den Bebauungsplan nicht hergeleitet werden.

27

Soweit die Antragsteller offenbar befürchten, ein erhöhtes Aufkommen an Kraftfahrzeugverkehr und damit eine entsprechende Lärmbelastung für ihr Wohngebiet könne sich daraus ergeben, dass die Bewohner des Plangebietes den Planstraßen nicht bis zur Einmündung in die Lindenstraße folgen würden, sondern nur bis zu deren Querung der sog. „1. Allee“ etwa 75 m südlich ihres Wohngebietes, um sodann die „1. Allee“ als Abkürzung in Richtung Strand und Schlossgut zu benutzen, fehlt es hierfür an einer hinreichenden Grundlage. Bei der sog. „1. Allee“ handelt es sich nach der Bestandsdarstellung zum B-Plan-Vorentwurf Nr. 17.1 um einen nicht- oder teilversiegelter Wirtschaftsweg (Ordner A1 Bl. 107). Nach den von den Antragstellern eingereichten Fotos des nunmehrigen Zustandes nach (teilweiser) Herstellung der Verbindung der Wendeschleife mit der Straße Z („Planstraße M“) (Bl. 467 GA) geht der Senat davon aus, dass das nördliche Stück der „1. Allee“ - zwischen den beiden Enden der Straße Z - asphaltiert ist. Eine Nutzung nur des befestigten Teils der „1. Allee“ durch Bewohner des Plangebietes ist jedoch mangels mit Kraftfahrzeugen befahrbarer Verbindung zwischen diesem Teil und den Planstraßen nicht möglich. Die Nutzung der „1. Allee“ würde daher voraussetzen, dass auch deren unbefestigter Teil befahren wird. Es ist aber nicht ersichtlich, welchen Grund Bewohner des Plangebietes haben sollten, mit Kraftfahrzeugen diesen Weg zu nutzen. Eine Abkürzung dürfte die Strecke nur zum Schlossgut bzw. zu den Parkplätzen im Bereich des Strandzugangs Nr. 7 darstellen. Dass diese Ziele relevanten Kfz-Verkehr aus dem Plangebiet auslösen könnten, ist angesichts der Nähe von nur bis zu etwa 500 m und damit der fußläufigen Erreichbarkeit von den Grundstücken des Plangebietes nicht ersichtlich. Dass die durchgeführte Verkehrslärmuntersuchung nur den Bereich des Abzweigs der Planstraße A2 von der Lindenstraße betrifft, nicht aber den Bereich des Wohngebietes „Am Park“, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

28

d) Die ruhige Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; denn einen Rechtsanspruch oder auch nur ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung dieser Lage gibt es nicht (BVerwG U. v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807 = Juris Rn. 17). Die Antragsteller werden nur so gestellt, wie wenn von vornherein ein Sondergebiet mit entsprechender Zweckbestimmung auf der anderen Seite der „1. Allee“ entstanden oder geplant worden wäre.

29

e) Die Belästigung durch Baustellenverkehr im Falle der Errichtung von Neubauten in der Nachbarschaft ist vorübergehender Natur und deshalb nicht als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen (vgl. OVG Koblenz U. v. 14.09.2005 - 8 C 10455/05 - Juris Rn. 15).

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Je betroffenes Grundstück geht der Senat für das Hauptsacheverfahren von einem Streitwert von 10.000 Euro aus (vgl. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren wird die Hälfte dieses Betrages angesetzt (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

31

Hinweis:

32

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Gründe

1

Die Beschwerde ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Die Beschwerde macht zu Recht einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat, indem er den Normenkontrollantrag der Antragsteller mangels Antragsbefugnis als unzulässig angesehen hat, die Anforderungen an das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt und damit die prozessuale Bedeutung dieser Vorschrift verkannt.

3

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (Urteil vom 30. April 2004 - BVerwG 4 CN 1.03 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165; stRspr). An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (Urteil vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <218 f.>). Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse des Betroffenen (Beschluss vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 B 4.07 - juris Rn. 10 m.w.N.), berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (Urteil vom 30. April 2004 a.a.O.). Die bloße verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet. Die Annahme eines solchen Falles ist aber ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibilitätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert; in jedem Fall ist die Prüfung nur auf der Grundlage der Darlegungen in der Antragsschrift, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen (Urteil vom 24. September 1998 a.a.O. <218>). Deswegen vermag die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen.

4

Hieran gemessen hat der Verwaltungsgerichtshof deutlich überzogene Anforderungen an das Geltendmachen einer möglichen Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt.

5

Dass sich alle Antragsteller angesichts der planbedingt um mehr als 3 dB(A) erhöhten Lärmbelastung auf einen abwägungsrelevanten Belang berufen können, hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend bejaht. Auf dieser Grundlage konnte der Verwaltungsgerichtshof die Antragsbefugnis der Kläger nur verneinen, wenn das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. Das ist nach der vom Senat ohne Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vorzunehmenden Prüfung (vgl. nur Urteil vom 21. März 1979 - BVerwG 6 C 10.78 - BVerwGE 57, 342 <344> m.w.N.) nicht der Fall.

6

Das einschränkende Kriterium der "Offensichtlichkeit" des Ausscheidens einer Rechtsverletzung wendet der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich an (UA Rn. 28). Auch der Sache nach entspricht die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht diesem Maßstab.

7

Die in der Antragsbegründung vom 1. Dezember 2008 vorgebrachten Einwände der Antragsteller gegen die Richtigkeit des Lärmgutachtens 2004 untersucht und widerlegt der Verwaltungsgerichtshof anhand einer ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 6. November 2009 und mithin nicht auf der Grundlage der Darlegungen der Antragsteller, sondern unter Einbeziehung des erst im Laufe des Verfahrens entstandenen Prozessstoffes. Dass die Antragsteller diese Einwände nach der ergänzenden Gutachterstellungnahme ohnehin nicht mehr aufrecht erhalten hätten, lässt sich - anders als der Verwaltungsgerichtshof meint - ihrem Schriftsatz vom 13. Januar 2010, der die Einwände nicht etwa zurückzieht oder durch andere ersetzt, sondern sie ausdrücklich und auch der Sache nach lediglich ergänzt, nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

8

Dem weiteren Vorbringen der Antragsteller, die im Gutachten 2004 genannten vier in der Baugenehmigung festzuschreibenden Bedingungen hätten bereits im Bebauungsplan festgesetzt werden müssen, hält der Verwaltungsgerichtshof entgegen, insoweit werde kein möglicher Abwägungsfehler aufgezeigt, weil von vornherein auszuschließen sei, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sein könnte, die durch die Planung aufgeworfenen Lärmschutzfragen vollumfänglich und abschließend im Bebauungsplan zu lösen. Dieser Maßstab ist schon deswegen zu eng, weil sich ein Abwägungsfehler bereits daraus ergeben könnte, dass die Lärmschutzfragen zwar nicht abschließend, wohl aber in größerem Umfang im Bebauungsplan zu bewältigen waren. Die Antragsbefugnis setzt darüber hinaus auch nicht voraus, dass der Antragsteller überhaupt geltend macht, die Gemeinde sei zu einem anderen Abwägungsergebnis verpflichtet gewesen. Denn ausreichend für einen Abwägungsfehler ist bereits, dass sich das Planungsergebnis als nicht hinreichend abgewogen erweist. Unabhängig davon hat der Verwaltungsgerichtshof den dargelegten Offensichtlichkeitsmaßstab jedenfalls dadurch verfehlt, dass er in der Sache selbst die Einwände der Antragstellerin - wiederum unter Einbeziehung der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme - einer abschließenden materiellrechtlichen Prüfung unterzogen hat, die sich in Umfang und Intensität von einer Begründetheitsprüfung nicht unterscheidet. Bei einer solchen Prüfungspraxis ist es nahezu ausgeschlossen, dass die Antragsbefugnis mit Blick auf einen geltend gemachten Abwägungsmangel, der sich im Rahmen der Begründetheitsprüfung als nicht durchgreifend erweist, bejaht werden kann. Dies widerspricht nicht nur der Funktion des Normenkontrollverfahrens, weil damit die gebotene objektive Rechtskontrolle im Rahmen der Begründetheitsprüfung (vgl. hierzu Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 13) umgangen wird. Es steht auch im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es ausreichend ist, dass ein Antragsteller als Rechtsverletzung geltend macht, sein abwägungsrelevanter Belang sei in der Abwägung zu kurz gekommen (Urteil vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 CN 6.98 - Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 14 S. 3). Diese Anforderung haben die Antragsteller mit ihrem Vorbringen, die Lärmkonflikte seien in weitergehendem Umfang bereits im Bebauungsplan zu bewältigen, erfüllt. Dass diese von den Antragstellern weiter begründete Behauptung nicht lediglich vorgeschoben ist, lässt schon die eingehende inhaltliche Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichtshofs mit den Argumenten der Antragsteller unter Heranziehung von Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erkennen (UA Rn. 31). Vergleichbaren Tendenzen zu einer weitergehenden "Durchprüfung" des Vorbringens zu Abwägungsfehlern, wie sie in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zum Ausdruck kommen, ist der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 16. März 2010 - BVerwG 4 BN 66.09 - (Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 7 Rn. 20) entgegengetreten, wenn er ausgeführt hat, dass es auf die Frage, ob eine vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung des Abwägungsgebots, wenn sie vorläge, nach den Planerhaltungsvorschriften beachtlich wäre, für die Antragsbefugnis nicht ankommt.

9

2. Der somit vorliegende Verfahrensfehler kann sich auf die Entscheidung der Vorinstanz ausgewirkt haben. Da die Antragsbefugnis der Antragsteller nach dem Gesagten zu bejahen ist und auch im Übrigen keine Einwände gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages erkennbar sind, ist nicht auszuschließen, dass der Verwaltungsgerichtshof ohne Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil er im Rahmen der Begründetheitsprüfung jedenfalls auch über die von den Antragstellern ausweislich des Tatbestandes der angefochtenen Entscheidung (UA Rn. 12) geltend gemachten objektiven Rechtsverstöße hätte entscheiden müssen. Da der Verwaltungsgerichtshof hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, kann der Senat nicht feststellen, dass sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO; vgl. zur Anwendbarkeit dieser Norm im Verfahren über die Zulassung der Revision Beschluss vom 14. Februar 2002 - BVerwG 4 BN 5.02 - BRS 65 Nr. 53 m.w.N.). Weil auch ein Revisionsverfahren deswegen nur zu einer Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof führen könnte, macht der Senat von seiner Befugnis nach § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. August 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die Rücknahme einer durch Fristablauf entstandenen Baugenehmigung und Ablehnung des Bauantrags für die Errichtung eines Gebäudes mit vier Ferienwohnungen.

2

Betroffen ist das Grundstück D. Straße 2 in E., Flur X, Flurstück Y. Es liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 "Wohnbebauung F.", der einen Bereich inmitten in der Ortslage betrifft. Als Art der baulichen Nutzung ist ein Reines Wohngebiet gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 BauNVO festgesetzt. Gem. Ziff. 1.1. und 1.2 der textlichen Festsetzungen werden Ausnahmen iSv § 3 Abs. 3 BauNVO ausschließlich für kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen. Nach der Begründung ist die Fläche im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt. Die Gemeinde verfolgt das Ziel, Flächen zur Deckung des gemeindlichen Wohnbedarfs zur Verfügung zu stellen (Ziff. 1.2 der Begründung). In der Begründung zu den Festsetzungen der Art der baulichen Nutzung heißt es (Ziff. 2.1.1), die Gemeinde wolle an einem innerörtlichen Standort Flächen für die Deckung von Wohnbedarf bereitstellen. Gemäß Nutzungsschablone und textlichen Festsetzungen könnten etwa 15 bis 20 Wohneinheiten als Einzel- oder Doppelhäuser entstehen. Da die Gemeinde sich in einem Raum mit besonderer natürlicher Eignung für Fremdenverkehr und Erholung und in einem Tourismusschwerpunktraum befinde, sollten Ausnahmen im Sinne von § 3 Abs. 3 BauNVO für kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden. Für die ausgeschlossenen übrigen Nutzungen gemäß § 3 Abs. 3 BauNVO wie Läden und Handwerksbetriebe stünden in der Gemeinde andere Flächen insbesondere in den Mischgebieten beiderseits der Hauptstraße zur Verfügung. Durch den Ausschluss dieser Nutzung würden Nutzungskonflikte im reinen Wohngebiet unterbunden.

3

Für das Nachbargrundstück (Flurstück Z) erteilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.06.2009 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebäudes mit einer Wohnung und drei Ferienwohnungen. Das auf jenem Grundstück errichtete Gebäude befindet sich in Nutzung.

4

Bezogen auf das Vorhabengrundstück beantragte der Kläger am 23.10.2009 die Erteilung einer Baugenehmigung. Im Antragsformular ist das Vorhaben mit "Wohngebäude mit vier Wohnungen" bezeichnet; in den bautechnischen Erläuterungen ist von vier Ferienwohnungen die Rede. Nach den Bauvorlagen sind in den Wohnungen jeweils drei Zimmer mit Bad vorgesehen; die Wohnflächen sollen etwa 53 qm im Erdgeschoss und etwa 45 qm im Dachgeschoss betragen. Die drei Zimmer sind jeweils mit "Zimmer Eltern" (11,60 qm im EG bzw. 9,50 qm im DG), "Zimmer Kinder" (9,82 qm im EG bzw. 8,00 qm im DG) und "Wohnen/Küche" (26,19 qm im EG bzw. 22,00 qm im DG) bezeichnet. Der Kläger beantragte ferner mit gesondertem Schreiben unter dem Betreff "Antrag auf Ausnahmegenehmigung nach § 3 BauNVO vom Bebauungsplan Nr. 3 als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes" für das Wohnhaus vier Ferienwohnungen zu genehmigen; diese Ausnahme sei nach dem Bebauungsplan möglich. Ebenfalls mit gesondertem Schreiben beantragte er, eine Verschiebung des Baufensters zu genehmigen.

5

Mit Schreiben vom 11.11.2009 verlängerte die Beklagte gemäß § 63 Abs. 2 LBauO M-V die Bearbeitungsfrist um einen Monat bis zum 23.02.2010. Mit einem weiteren Schreiben an den Kläger vom gleichen Tag verlangte sie die Einreichung eines neuen Lageplanes mit Stellflächen sowie eine Berechnung der Grund- und Geschossflächenzahlen zum Nachweis, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes eingehalten würden. Der Kläger reichte diese Unterlagen am 23.04.2010 bei der Beklagten ein. Die Gemeinde E. erteilte unter dem 19.10.2009 das Einvernehmen zu einer Ausnahme hinsichtlich der Art der Nutzung und formulierte, die Genehmigung zur Verschiebung des Baufeldes solle durch den Landkreis geprüft werden; eine weitere Stellungnahme der Gemeinde, mit der das Einvernehmen zur Verschiebung des Baufensters erteilt wird, datiert vom 03.03.2010. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, eine "Verschiebung des Baufensters" könne nur durch eine B-Plan-Änderung erfolgen, und verlangte einen (erneuten) Befreiungsantrag, auf den hin die Gemeinde das Einvernehmen sowohl zu einer Ausnahme hinsichtlich der Art der Nutzung als auch zu einer Befreiung von der Einhaltung der Baugrenzen versagte.

6

Mit Bescheid vom 13.12.2010 nahm die Beklagte nach vorheriger Anhörung die am 24.07.2010 durch Fristablauf entstandene Baugenehmigung mit Wirkung zum 23.07.2010 zurück, ordnete die sofortige Vollziehung an und lehnte den Bauantrag, den Ausnahmeantrag und den Befreiungsantrag ab. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, das Vorhaben entspreche nach der Art der Nutzung nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans; eine Ausnahme könne nicht erteilt werden, da bereits für das Nachbargrundstück eine Ausnahme für drei Ferienwohnungen zugelassen worden sei und eine weitere Ausnahme den Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes in Frage stellen würde. Im Rahmen der Ermessensausübung sei das öffentliche Interesse an der Einhaltung des geltenden Baurechts höher zu bewerten als das private Interesse des Klägers am Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsaktes.

7

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2011 als unbegründet zurück und führte aus, bei den Ferienwohnungen des Klägers handele es sich mangels entsprechenden Leistungsangebots nicht um einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes. Da derzeit in dem Gebiet drei Ferienwohnungen und 14 Dauerwohnungen genehmigt seien, würde nach Zulassung weiterer vier Ferienwohnungen ein Drittel der bestehenden Nutzungseinheiten zu Ferienwohnzwecken genutzt. Dies widerspreche dem Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes.

8

Bereits während des Widerspruchsverfahrens hatte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag mit Bescheid vom 16.05.2011 für das Vorhabengrundstück (Flurstück Y) eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebäudes mit drei (Dauer-)Wohnungen und einer Ferienwohnung sowie eine Ausnahme hinsichtlich der Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung und eine Befreiung von der Einhaltung der Baugrenze erteilt; die Gemeinde hatte hierzu das Einvernehmen erklärt.

9

Der Kläger hat am 01.08.2011 gegen den Rücknahme- und Ablehnungsbescheid Klage erhoben und vorgetragen: Bei seinem Vorhaben handele es sich um einen kleinen Betrieb des Beherbergungsgewerbes. Den Gästen der Ferienwohnungen würden Bettwäsche und Handtücher, ein Brötchenservice und "Housekeeping" zur Verfügung gestellt. Ein kleiner Beherbergungsbetrieb sei bei weniger als etwa zehn Zimmern zu bejahen. Das Störungspotential von vier Ferienwohnungen sei gering. Nach dem Inhalt des Bebauungsplans solle ein Nebeneinander von reinem Wohnen und einer kleinen Ferienhaus- und Ferienwohnungskultur ermöglicht werden. Die Gemeinde wolle sich zu einem Seebad mit zahlreichen Ferienwohnungen entwickeln, ohne jedoch ein Sondergebiet "Ferienhaus" gemäß § 10 Abs. 4 BauNVO auszuweisen. Da der Gebietscharakter des Reinen Wohngebietes nicht in Frage gestellt werde, habe er einen Anspruch auf die Erteilung einer Ausnahme.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

den Rücknahme- und Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.12.2010 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 01.09.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes mit vier Ferienwohnungen auf dem Grundstück Gemarkung E., Flur X, Flurstück Y einschließlich einer Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 „Wohnbebauung F.“ betreffend die Art der baulichen Nutzung sowie einer Befreiung von der festgesetzten Baugrenze zu erteilen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Mit Urteil vom 31.08.2012, zugestellt am 12.09.2012, hat das Verwaltungsgericht Greifswald den Rücknahme- und Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.12.2010 aufgehoben, soweit er die Nutzung einer zweiten Wohnung als Ferienwohnung in dem streitigen Vorhaben betrifft, und insoweit die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Ausnahme von der Festsetzung des Bebauungsplans zu erteilen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, soweit die Rücknahme und Ablehnung der Baugenehmigung für die zwischenzeitlich bereits mit Bescheid vom 16.05.2011 genehmigte Ferienwohnung angegriffen werde und die Beklagte insoweit zur Erteilung einer Ausnahme und einer Befreiung verpflichtet werden solle. Die durch Fristablauf entstandene Baugenehmigung widerspreche den planungsrechtlichen Vorschriften teilweise, nämlich hinsichtlich zweier Ferienwohnungen. Insoweit sei die Art der baulichen Nutzung nicht mit den Festsetzungen des Bebauungsplans vereinbar. Die beantragten Ferienwohnungen stellten einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes dar. Ein Bauantrag für Ferienwohnungen sei regelmäßig auf den Betrieb eines Beherbergungsgewerbes gerichtet. Denn Ferienwohnungen böten wegen der zeitlich begrenzten Nutzung und der vollständigen Möblierung, zu deren Umgestaltung oder Austausch der Gast nicht befugt sei, typischerweise keine umfassende Möglichkeit eigenständiger Häuslichkeit; das Vorhandensein einer Kochmöglichkeit reiche dazu nicht aus. Soweit das VG Berlin (B. v. 23.01.2012 - 19 L 294/11 - LKV 2012, 93) und das OVG Berlin-Brandenburg (B. v. 06.07.2006 - OVG 2 S 2/06 - BRS 70 Nr. 67) für die Unterscheidung von Wohnen und Beherbergungsbetrieb auf die Möglichkeit einer Küchenbenutzung sowie der Nutzung weiterer beherbergungstypischer Dienstleistungen abstellten, hätten den Entscheidungen besondere Fallgestaltungen zu Grunde gelegen.

15

Der beabsichtigte Beherbergungsbetrieb sei jedoch nicht mehr als klein anzusehen, da der Kläger bereits auf dem Nachbargrundstück ein gleichartiges Gebäude mit drei genehmigten Ferienwohnungen unterhalte. Die bereits vorhandenen und die zusätzlich beantragten Ferienwohnungen stellten sich auch im Hinblick auf die vom Kläger beschriebenen beherbergungsbezogenen Dienstleistungen, die er für die Gäste über die reine Ferienwohnnutzung hinaus erbringe, als eine organisatorische Zusammenfassung von Betriebsanlagen und Betriebsmitteln zu einem bestimmten Betriebszweck dar. Je Ferienwohnung müsse von bis zu sechs Betten ausgegangen werden, so dass der Kläger mit insgesamt sieben Ferienwohnungen bis zu 42 Schlafplätze in 21 Räumen vorhalten wolle. Er trage jedoch selbst vor, dass die Grenze für einen kleinen Betrieb bei 10 Zimmern liege. Tatsächlich sei mit fünf Ferienwohnungen und maximal 30 Schlafgelegenheiten die Grenze eines kleinen Beherbergungsbetriebs erreicht. In diesem Umfang sei die Rücknahme rechtswidrig und dem Kläger eine Ausnahme für eine weitere Ferienwohnnutzung zu erteilen.

16

Dass die Gemeinde zahlreiche Ferienwohnungen habe ermöglichen wollen, lasse sich der Planung nicht entnehmen. In reinen Wohngebieten könnten deshalb nur kleine Beherbergungsbetriebe ausnahmsweise zugelassen werden, weil diese ein erhöhtes Störungspotential für die benachbarte Wohnbevölkerung mit sich brächten, für die das Baugebiet in erster Linie gedacht sei. Dies gelte auch und gerade für Ferienwohnungen mit ihrer üblichen Terrassen- und Balkonnutzung, weil Feriengäste die Abend- und frühen Nachtstunden länger nutzen könnten als die arbeitende Wohnbevölkerung. Weise die Gemeinde E. ein reines Wohngebiet aus, so wolle sie damit eine vergleichbare Wohnqualität verwirklichen wie sie in anderen Orten üblich sei. Hätte sie "zahlreiche Ferienwohnungen" im Plangebiet zulassen wollen, hätte sie eine andere Art der baulichen Nutzung festgesetzt.

17

Im übrigen sei die Rücknahme rechtmäßig. Die Beklagte habe das Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Auf einen etwaigen Vertrauensschutz im Hinblick auf den erfolgten Beginn der Bauarbeiten durch Errichtung der Bodenplatte unter geringfügiger Überschreitung der Baugrenze und einen dadurch möglicherweise entstandenen Schaden habe sie nicht eingehen müssen, weil dem Kläger diesbezüglich bereits mit der Baugenehmigung vom 16.05.2011 eine Befreiung erteilt worden sei.

18

Mit Bescheid vom 01.11.2012 hat die Beklagte in Umsetzung des erstinstanzlichen Urteils dem Kläger eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans dahingehend erteilt, dass für das bereits genehmigte Wohngebäude eine weitere Ferienwohnung zugelassen wird, womit für das Gebäude auf dem Flurstück Y insgesamt zwei Dauerwohnungen und zwei Ferienwohnungen zulässig seien.

19

Auf den am 12.09.2012 gestellten Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 16.09.2013, zugestellt am 27.09.2013, die Berufung wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, inwieweit, in welcher Form und in welchem Umfang die Nutzung von Ferienwohnungen einen kleinen Beherbergungsbetrieb iSv § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO darstellen kann. Auf den am 18.10.2013 gestellten Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 21.10.2013 die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 28.11.2013 verlängert. Der Kläger hat die Berufung am 27.11.2013 im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Das Verwaltungsgericht sei von unrichtigen Tatsachenfeststellungen ausgegangen. Je Wohnung sei - wie im einzelnen näher ausgeführt wird - nicht von sechs, sondern von vier Schlafgelegenheiten auszugehen. In den sieben Ferienwohnungen würden damit insgesamt 28 Schlafgelegenheiten vorgehalten. Der Schwellenwert von 30 Schlafgelegenheiten, von dem das Verwaltungsgericht für einen kleinen Beherbergungsbetrieb ausgegangen sei, werde nicht erreicht. Weshalb das Verwaltungsgericht zusätzlich auch eine Beschränkung der Anzahl der Wohnungen auf fünf zu Grunde gelegt habe, sei nicht ersichtlich. Im übrigen spreche aber alles dafür, den für M-V ermittelten Durchschnitt von knapp 50 Schlafgelegenheiten je Betrieb als Indizgröße für die Abgrenzung heranzuziehen. Erst recht liege die Zahl der Schlafgelegenheiten in dem Betrieb des Klägers deutlich unterhalb des Durchschnitts in E. (knapp 80 je Betrieb). Was ein kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes sei, sei im Lichte der planerischen Zielsetzung der Gemeinde auszulegen. In einem Tourismusschwerpunktraum mit besonderer natürlicher Eignung für Fremdenverkehr, in dem sich die Gemeinde nach der Planbegründung befinde, seien solche Betriebe nach ihrer Bettenzahl naturgemäß größer als in anderen Gebieten. Dem entsprechend habe die Gemeinde auch mit Beschluss vom 25.02.2013 das Einvernehmen zur Erteilung einer Ausnahme für die Nutzung des Vorhabenflurstücks Y als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes mit vier Ferienwohnungen erteilt. Das Verwaltungsgericht habe die maßgebliche Struktur der konkreten Örtlichkeit nicht aufgeklärt, obwohl sich dies nach Lage der Dinge aufgedrängt habe.

21

Andere Merkmale als die Bettenzahl habe das Verwaltungsgericht zur Abgrenzung zu Unrecht nicht herangezogen. Richtigerweise sei auch das Element der "Versorgung" zu betrachten. Dieses spreche aber fast zwingend dafür, den Beherbergungsbetrieb als "klein" zu qualifizieren, weil in dem bestehenden Einmannbetrieb neben einem Brötchenservice lediglich Wäsche- bzw. Handtuchwechsel und Reinigung der Zimmer vorgesehen seien; weniger sei kaum möglich.

22

Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht bei seinen Überlegungen zum Störungspotential von Ferienwohnungen für die benachbarte Wohnbevölkerung davon ausgegangen, dass Feriengäste die Terrassen und Balkone in den Abend- und frühen Nachtstunden länger nutzen könnten als die arbeitende Wohnbevölkerung. Als typische Gäste in Ferienwohnungen hätten auch Eltern mit kleinen Kindern in diesen Stunden ein besonderes Ruhebedürfnis. Im übrigen könne angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern bzw. im Landkreis Vorpommern-Greifswald nicht ohne weiteres von arbeitender Wohnbevölkerung ausgegangen werden.

23

Der Kläger beantragt,

24
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 31.08.2012 – 5 A 760/11 – insoweit aufzuheben, als die Klage im Übrigen abgewiesen worden ist,
25
2. den Rücknahme- und Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.12.2010 und ihren Widerspruchsbescheid vom 01.09.2011 aufzuheben, soweit sie die Nutzung einer dritten und vierten Wohnung als Ferienwohnungen im Gebäude auf dem Flurstück Y der Flur X der Gemarkung E. betreffen,
26
3. die Beklagte unter teilweiser Änderung ihres Rücknahme- und Ablehnungsbescheides vom 13.12.2010 und ihres Widerspruchsbescheides vom 01.09.2011 zu verpflichten, ihm Ausnahmen von der Festsetzung des Bebauungsplans für die Nutzung zweier weiterer Wohnungen, d.h. der dritten und vierten Ferienwohnung im Gebäude auf dem Flurstück Y der Flur X der Gemarkung E. zu erteilen.
27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

32

1. Streitgegenstand ist trotz der beschränkten Antragstellung und der vorangegangenen teilweise stattgebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Rücknahme- und Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.12.2010 insgesamt. Der Streitgegenstand ist insoweit nicht teilbar. Über das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der Errichtung eines Gebäudes mit vier Ferienwohnungen an einem bestimmten Standort konnte nur einheitlich entschieden werden. Dabei bleibt es auch im Verfahren über den Rücknahme- und Ablehnungsbescheid. Auf die Frage, ob das Vorhaben in bestimmten Aspekten mit dem Vorhaben übereinstimmt, für das bereits mit Datum vom 16.05.2011 eine Genehmigung erteilt wurde, einschließlich Befreiung von der Einhaltung der Baugrenze und Ausnahme für die Nutzung einer der vier Wohnungen als Ferienwohnung, und für das in Umsetzung des erstinstanzlichen Urteils mit dem Bescheid vom 01.11.2012 eine weitere Ausnahme für die Nutzung einer weiteren Wohnung als Ferienwohnung erteilt wurde, kommt es nicht an.

33

2. Dem Kläger fehlt für die Weiterverfolgung der Klage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Allerdings erstrebt er eine Baugenehmigung für ein anderes Gebäude als dasjenige, das er auf dem Vorhabenflurstück Y tatsächlich errichtet hat. Wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, ist das Gebäude jedenfalls insoweit abweichend von den Bauvorlagen errichtet worden, als in dem Gebäude über Erd- und "Dachgeschoss" hinaus eine dritte Wohnebene mit Verglasung auf der Südseite nebst Balkon entstanden ist. Es erscheint jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass dieser Bestand durch einen entsprechenden Rückbau legalisiert werden kann.

34

3. Die Klage ist nicht begründet, weil der Rücknahme- und Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 13.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

35

Nach § 48 Abs. 1 VwVfG M-V kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 1); ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 der Vorschrift zurückgenommen werden. Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die Rücknahmeentscheidung der Beklagten rechtmäßig.

36

Gegenstand der Rücknahme ist eine fiktiv erteilte Baugenehmigung. Diese Baugenehmigung ist rechtswidrig. Sie war nicht zu erteilen, weil dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen stehen, § 72 Abs. 1 LBauO M-V. Da das Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegt, setzt die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gemäß § 30 Abs. 1 BauGB voraus, dass das Vorhaben dessen Festsetzungen nicht widerspricht. Dies ist aber hier im Hinblick auf die angestrebte Art der baulichen Nutzung des Gebäudes für vier Ferienwohnungen der Fall.

37

a) Der Bebauungsplan Nr. 3 der Gemeinde E. "Bebauung F." setzt ein reines Wohngebiet fest, in dem gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO nur Wohngebäude (und nach der aktuellen Fassung der BauNVO Anlagen zur Kinderbetreuung) allgemein zulässig sind. Bei dem Vorhaben des Klägers handelt es sich jedoch nicht um ein Wohngebäude in diesem Sinne. Wie der Senat bereits in dem Beschluss vom 28.12.2007 - 3 M 190/07 - (Juris Rn. 9 ff.) ausgeführt hat, sind Ferienwohnungen von dem bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohngebäudes nicht umfasst. An dieser Rechtsprechung hält der Senat - in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. B. v. 11.07.2013 - 4 CN 7.12 - NVwZ 2014, 72 = Juris Rn. 11) - fest (ebenso: OVG Lüneburg B. v. 22.11.2013 - 1 LA 49/13 - NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 18; anderer Ansicht: Jäde BauNVO § 3 Rn. 4; unklar Fickert/Fieseler BauNVO § 3 Rn. 1.2 u. 10 sowie § 10 Rn. 34.1, wo einzeln gelegene Ferienwohnungen in reinen und allgemeinen Wohngebieten offenbar für allgemein zulässig gehalten werden).

38

Das Bauplanungsrecht unterscheidet begrifflich zwischen Wohngebäuden einerseits und Ferien- und Wochenendhäusern andererseits. Während nach den §§ 2, 3, 4, 4a, 5 und 6 BauNVO "Wohngebäude" in den entsprechenden Baugebieten zulässig sind, bezieht sich § 10 Abs. 3 BauNVO auf "Wochenendhäuser" und § 10 Abs. 4 BauNVO auf "Ferienhäuser". Diese begriffliche Unterscheidung ist im Bauplanungsrecht angelegt (vgl. BVerwG U. v. 12.03.1982 - 4 C 59.78 -, NJW 1982, 2512 = Juris Rn. 23). Die Baunutzungsverordnung führt die allgemeine Wohnnutzung einerseits und die Ferienwohnnutzung andererseits als eigenständige Nutzungsarten auf (BVerwG, B. v. 08.05.1989 - 4 B 78.89 -, NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3; B. v. 07.09.1984 – 4 N 3.84 – NVwZ 1985, 338 = Juris Rn. 21).

39

Um den Wohnbegriff in Abgrenzung zu anderen Nutzungsarten unter Zugrundelegung der typisierenden bauplanungsrechtlichen Betrachtungsweise sachgerecht zu erfassen, bedarf es einer wertenden Betrachtung aller Umstände. Maßgeblich ist die Zweckbestimmung des Aufenthalts in den Räumen. Zum Begriff des Wohnens gehört eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts. Diese Definition ist aus der Abgrenzung zu anderen planungsrechtlichen Nutzungsformen (Beherbergung, Heimunterbringung, Formen der sozialen Betreuung und Pflege) entwickelt worden. Sie soll den Bereich des Wohnens als Bestandteil der privaten Lebensgestaltung kennzeichnen. Gemeint ist damit die Nutzungsform des selbstbestimmt geführten privaten Lebens "in den eigenen vier Wänden", die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und keinem anderen in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Nutzungszweck verschrieben ist, insbesondere keinem Erwerbszweck dient (vgl. BVerwG B. v. 25.03.2004 - 4 B 15.04 - BRS 67 Nr. 70 = Juris Rn. 4 mwN; B. v. 25.03.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996, 893 = Juris Rn. 12). Diese Merkmale schließen einen Zweitwohnsitz nicht aus (vgl. OVG Greifswald U. v. 11.07.2007 - 3 L 75/06 -). Sie unterscheiden das (Dauer-)Wohnen aber von anderen Nutzungsarten, die sich durch ein übergangsweises, nicht "alltägliches" Wohnen oder ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen auszeichnen. Bei Ferienwohnungen, die vom Nutzungskonzept her (zumeist wochenweisen) vorübergehenden Aufenthalt für ständig wechselnde Feriengäste bieten (vgl. Stock in: König u.a. BauNVO, 2. Aufl. § 3 Rn. 17; vgl. a. Boeddinghaus BauNVO 5. Aufl. 2005 § 10 Rn. 15), fehlt es typischerweise an der auf Dauer angelegten Häuslichkeit (OVG Lüneburg B. v. 22.11.2013 – 1 LA 49/13 – NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 18; OVG Münster U. v. 17.01.1996 – 7 A 166/96 – S. 13 d. Urteilsabdrucks). (Dauer)Wohnungen werden demgegenüber von einem über einen längeren Zeitraum gleichbleibenden Bewohnerkreis genutzt. Die daraus resultierenden unterschiedlichen bodenrechtlichen Auswirkungen der beiden Nutzungsarten rechtfertigen die bauplanungsrechtliche typisierende Unterscheidung.

40

b) Die beantragte Nutzung des Gebäudes für vier Ferienwohnungen kann auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen nicht vor. Ausnahmen von den Festsetzungen des Bebauungsplans können nach § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden, wenn sie in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Gemäß Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 der Gemeinde E. sollen von den gemäß § 3 Abs. 3 BauNVO im reinen Wohngebiet grundsätzlich ausnahmefähigen Vorhaben nur kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes ausnahmsweise zugelassen werden können. Hierunter fällt das Vorhaben des Klägers nicht.

41

aa) Das Vorhaben des Klägers ist kein Betrieb des Beherbergungsgewerbes.

42

(1) Ferienwohnungen und Betriebe des Beherbergungsgewerbes sind bauplanungsrechtlich unterschiedliche Nutzungsarten. Auch die Vermietung mehrerer in einem Gebäude oder räumlich benachbart liegender Ferienwohnungen desselben Eigentümers begründet nicht das Vorliegen eines Betriebs des Beherbergungsgewerbes iSd § 3 Abs. 3 BauNVO (vgl. OVG Lüneburg U. v. 12.12.2013 - 1 LA 123/13 - DVBl 2014, 254 Rn. 11 u. B. v. 18.07.2008 – 1 LA 203/07 – BRS 73 Nr. 168 = Juris Rn. 12; vgl. a. B. v. 22.11.2013 - 1 LA 49/13 - NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 19; OVG Münster U. v. 17.01.1996 – 7 A 166/96 – S. 10 d. Urteilsabdrucks; ebenso VG Schwerin U. v. 20.12.2012 – 2 A 1577/10 – Juris Rn. 34 ff. sowie U. v. 20.12.2012 – 2 A 863/11 – Juris Rn. 31 ff; anderer Ansicht: Stock in König ua BauNVO § 4a Rn. 25 sowie in Ernst/Zinkahn/Bielenberg § 4 BauNVO Rn. 110, 114; Fickert/Fieseler BauNVO 11. Aufl.2008 § 3 Rn. 19; OVG Lüneburg U. v. 20.05.1987 - 1 A 124/86 - BRS 47 Nr. 37; offener Bönker in Bönker/Bischopink BauNVO § 7 Rn. 70).

43

Ferienwohnungen und Betriebe des Beherbergungsgewerbes werden im Bauplanungsrecht begrifflich unterschieden. Während das Ferienwohnen nur in § 10 Abs. 4 BauNVO bezogen auf den Spezialfall der Ferienhäuser Erwähnung findet, nennt die Baunutzungsverordnung Betriebe des Beherbergungsgewerbes in § 4 Abs. 2 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 als allgemein zulässig und in § 3 Abs. 3 Nr. 1 und § 4 Abs. 3 Nr. 1 – im ersteren Falle mit der Einschränkung auf kleine Betriebe - als ausnahmsweise zulässig. Es handelt sich um städtebaulich relevante, eigenständige Nutzungsarten (vgl. BVerwG B. v. 08.05.1989 – 4 B 78.89 – NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3; B. v. 07.09.1984 – 4 N 3.84 – NVwZ 1985, 338 = Juris Rn. 21). Eine Beherbergung liegt daher nicht etwa immer bereits dann vor, wenn bei Anmietung einer fremden Wohnung wegen fehlender Dauerhaftigkeit ein (Dauer-)Wohnen verneint werden muss (so aber wohl Vietmeier in Bönker/Bischopink aaO § 3 Rn. 27).

44

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die mietweise Überlassung von selbständigen Wohnungen, sei es auch zu Ferienzwecken, keine Beherbergung (vgl. BVerwG B. v. 08.05.1989 - 4 B 78.89 - NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3). Bereits zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht formuliert, Vieles spreche dafür, dass die Nutzung "Betrieb des Beherbergungsgewerbes" nicht die allgemeine Wohnnutzung (einschließlich der Nutzung als Zweitwohnung) und nicht die Ferienwohnung iSd § 10 Abs. 4 BauNVO umfasst, weil die Baunutzungsverordnung die allgemeine Wohnnutzung und die Ferienwohnnutzung als städtebaulich relevante eigenständige Nutzungsarten neben der Nutzungsart "Beherbergungsbetriebe" regelt (vgl. B. v. 07.09.1984 - 4 N 3.84 - NVwZ 1985, 338 = Juris Rn. 20 f.). Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.11.1987 - 4 B 230/87 ua (DÖV 1988, 382 = Juris) folgt nichts anderes. Zwar betrifft diese Entscheidung einen Fall, in dem die Vorinstanz (OVG Lüneburg, U. v. 20.05.1987 - 1 A 124/86 - BRS 47 Nr. 37) 10 Ferienwohnungen in zwei Häusern zusammengefasst als Betrieb des Beherbergungsgewerbes angesehen hatte; zu dieser Einordnung selbst verhält die Entscheidung sich aber mangels entsprechender Rüge nicht. Auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - (BVerwGE 90, 140 = Juris Rn. 16) lässt sich eine andere Auffassung nicht entnehmen, weil die Frage, ob ein Beherbergungsbetrieb ("im weiteren Sinne") vorliegt, wenn Appartements mit Kochgelegenheit ohne nennenswerte weitere Dienstleistungen an Montagearbeiter vermietet werden, ausdrücklich offen gelassen wird.

45

(2) Ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes liegt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (vgl. BVerwG B. v. 08.05.1989 - 4 B 78.89 - NVwZ 1989, 1060 = Juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann erfüllt, wenn sich die Überlassung der Räume auf eine reine Übernachtungsmöglichkeit beschränkt, so dass der Gast ausstattungsbedingt auf die Inanspruchnahme weiterer Dienstleistungen angewiesen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg B. v. 06.07.2006 - OVG 2 S 2.06 - BRS 70 Nr. 67 = Juris Rn. 8; s.a. OVG Münster B. v. 14.08.2007 - 10 A 1219/06 - NVwZ-RR 2008, 20 = Juris Rn. 9 ff.). Danach sind Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Gästehäuser und Fremdenheime typische Betriebe des Beherbergungsgewerbes.

46

Ferienwohnungen sind entsprechend der - Ferienhäuser betreffenden - Bestimmung des § 10 Abs. 4 BauNVO auf Grund ihrer Lage Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Diese sind nach ihrer Ausstattung auf eine Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet, so dass die Voraussetzung für einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes, dass der häusliche Wirkungskreis nicht unabhängig gestaltet werden kann, nicht erfüllt ist (vgl. OVG Lüneburg B. v. 22.11.2013 – 1 LA 49/13 – NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 19 sowie B. v. 18.07.2008 – 1 LA 203/07 – BRS 73 Nr. 168 = Juris Rn. 12; vgl. a. OVG Münster U. v. 17.01.1996 – 7 A 166/96 – S. 10 d. Urteilsabdrucks). Soweit der Beschluss des Senats vom 28.12.2007 – 3 M 190/07 – (Juris) zur Abgrenzung von Dauerwohnen und Ferienwohnen dahin gehend verstanden werden konnte, bei der Ferienwohnnutzung sei ein unabhängig zu gestaltender häuslicher Wirkungskreis nicht gegeben, hält der Senat daran nicht fest.

47

(3) Allerdings bedarf der Begriff des Betriebs des Beherbergungsgewerbes im Hinblick auf entstandene Zwischenformen wie zB Apart(ment)hotels der Modifizierung. Da es für die Zuordnung zu bestimmten Nutzungsarten allgemein nicht nur auf die mit einer bestimmten baulichen Ausstattung gegebenen Möglichkeiten der Nutzung ankommt, sondern maßgeblich auch auf das Nutzungskonzept und dessen grundsätzliche tatsächliche Verwirklichung (vgl. BVerwG B. v. 25.03.1996 – 4 B 302.95 – NVwZ 1996, 893 = Juris Rn. 12; Vietmeier in Bönker/Bischopink BauNVO § 4 Rn. 68), können auch Unterkünfte, die eine unabhängige Gestaltung des häuslichen Wirkungskreises ermöglichen, zu einem Beherbergungsbetrieb gehören, nämlich dann wenn neben der Überlassung von Räumen beherbergungstypische Dienstleistungen angeboten und auch typischerweise in Anspruch genommen werden, die einen nennenswerten Umfang erreichen und die Nutzung prägen (vgl. OVG Münster B. v. 14.08.2007 - 10 A 1219/06 - NVwZ-RR 2008, 20 = Juris Rn. 9; OVG Berlin-Brandenburg B. v. 06.07.2006 - OVG 2 S 2.06 - BRS 70 Nr. 67 = Juris Rn. 8 ff. - "Boardinghouse"; VG Berlin B. v. 23.01.2013 – 19 L 294/11LKV 2012, 93 = Juris Rn. 20 ff.). Soweit eine Unterkunft nach Größe und Ausstattung die Möglichkeit bietet, auf eine gewisse Dauer ein selbst bestimmtes häusliches Leben zu führen, insbesondere weil diese über eine eigene Küchenzeile mit Kühlschrank und darüber hinaus weitere zur eigenständigen Haushaltsführung geeignete technische Geräte verfügt, kann daher gleichwohl ein Beherbergungsbetrieb vorliegen, wenn hotelähnliche Nebenleistungen wie Frühstücksbuffet, Reinigungsdienst, Wäscheservice, Bettwäschewechsel oder Lebensmitteldienste einen nennenswerten Umfang erreichen, vom eigenen Hauspersonal erbracht werden und im Preis inbegriffen sind. Danach ist das Vorhandensein der für einen solchen Betrieb typischen Servicebereiche außerhalb der vermieteten Unterkünfte - wie Speise- und Aufenthaltsräume mit dem zugehörigen Personalservice, betriebsnotwendige Nebenräume, Aufenthalts- und Sozialräume für das Personal sowie Lagerräume für die Unterbringung von Servicegerätschaften und Bedarfsartikeln - ein Indiz für einen Beherbergungsbetrieb; der räumlichen Struktur der Gesamtanlage und den sich dadurch bietenden Nutzungsmöglichkeiten kommt neben dem Nutzungskonzept ein besonderes Gewicht zu (vgl. OVG Berlin-Brandenburg aaO). Vor diesem Hintergrund kann auch der Umstand, dass der Vorhabenträger keine Betriebsbeschreibung einreicht, aus der sich die Betriebsabläufe, Zahl der Mitarbeiter, Öffnungszeiten usw. ergeben, und eine solche Beschreibung zur Beurteilung des Vorhabens auch nicht erforderlich erscheint, als Indiz dafür gewertet werden, dass relevante Betriebsabläufe nicht stattfinden, wie sie zum Betrieb des Beherbergungsgewerbes gehören.

48

In Modifizierung der Ausgangsdefinition ist daher ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes dann anzunehmen, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort typischerweise eine eigene Häuslichkeit begründen, entweder weil dies nach der Art der Räumlichkeiten gar nicht möglich ist oder weil die Inanspruchnahme beherbergungstypischer Dienstleistungen die Nutzung prägt.

49

(4) Eine generelle Einordnung von Ferienwohnungen als Betrieb des Beherbergungsgewerbes ist auch nicht im Hinblick auf die städtebaulichen Zielsetzungen der Baunutzungsverordnung gerechtfertigt. Soweit angeführt wird, dass Ferienwohnungen vergleichbare Auswirkungen auf die Umgebung hätten wie Betriebe des Beherbergungsgewerbes (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 20.05.1987 - 1 A 124/86 - BRS 47 Nr. 37), mag allerdings auf den ersten Blick einiges dafür sprechen anzunehmen, dass das Störpotential von Ferienwohnungen für die Umgebung demjenigen ähnelt, das von Beherbergungsbetrieben ausgeht, oder wegen der meist nicht tage- sondern nur wochenweisen Vermietung sogar geringer ist. Andererseits können gerade die typischerweise geringere Größe der überlassenen Räumlichkeiten und das Vorhandensein bewirtschafteter Servicebereiche in Betrieben des Beherbergungsgewerbes auch Anlass bieten anzunehmen, das Störpotential könnte geringer sein bzw. vom Betriebsinhaber besser gesteuert werden. Hinzu kommt, dass für die bauplanungsrechtliche Beurteilung nicht nur die (ggf. störenden) Auswirkungen eines Vorhabens in dem Blick zu nehmen sind, sondern auch seine Anforderungen an die Umgebung. Diese können sich zwischen Ferienwohnung und Beherbergungsbetrieb zB deshalb unterscheiden, weil der Beherbergungsbetrieb im Hinblick auf seine Bewirtschaftung bereits selbst ein Mindestmaß an "Infrastruktur" garantiert, das deshalb nicht in der Umgebung vorgehalten werden muss. Ein weiterer maßgeblicher Unterschied ergibt sich aus dem häufigen Leerstand von Ferienwohnungen außerhalb der Saison-Zeiten.

50

Allerdings führt die hier vertretene Auffassung dazu, dass "reine" Ferienwohnungen in anderen als Sondergebieten generell unzulässig sind. Der Plangeber, der kein Sondergebiet sondern ein allgemeines Wohngebiet festsetzt, ist auch nicht befugt, den Begriff "Betrieb des Beherbergungsgewerbes" in einem von der Baunutzungsverordnung abweichenden Sinne zu verwenden und Ferienwohnungen einzuschließen (zu den insoweit bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten der planenden Gemeinde bei der Festsetzung von Sondergebieten vgl. OVG Lüneburg B. v. 12.12.2013 - 1 LA 123/13 - DVBl 2014, 254 = Juris Rn. 11 f. mwN). Diese Konsequenz als unerwünscht anzusehen, wird teilweise zum Anlass genommen, Ferienwohnungen entweder dem Begriff der Wohngebäude zuzuordnen (vgl. Jäde BauNVO § 3 Rn. 4; unklar Fickert/Fieseler BauNVO § 3 Rn. 1.2 u.10 sowie § 10 Rn. 34.1), oder die Vermietung von Ferienwohnungen "der Beherbergung gleichzustellen" (vgl. Stock in König ua BauNVO § 4a Rn. 25 sowie in Ernst/Zinkahn/Bielenberg § 4 BauNVO Rn. 110, 114). Im Hinblick auf die Kategorien der BauNVO, die nur nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 ff. BauNVO im Bebauungsplan variiert werden können, ist es jedoch Sache des Verordnungsgebers, eine ggf. gewünschte Einordnung der Ferienwohnungen vorzunehmen. Auch anlässlich der letzten Änderung der Baunutzungsverordnung mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11.06.2013 (BGBl. I S. 1548) sind entsprechende Vorschläge vom Verordnungsgeber jedoch nicht aufgegriffen worden.

51

(5) Nach den vorstehenden Kriterien ist im vorliegenden Fall von Ferienwohnungen und nicht von einem Betrieb des Beherbergungsgewerbes auszugehen. Die bloße Ausstattung der Wohnungen mit Bett-, Tisch- und Badwäsche entspricht einer möblierten Vermietung und stellt noch keine beherbergungstypische Dienstleistung dar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg B. v. 06.07.2006 - OVG 2 S 2.06 - BRS 70 Nr. 67 = Juris Rn. 15). Ebenso gibt das "Housekeeping" durch den Kläger, d.h. die Reinigung und Instandhaltung des Hauses und Grundstücks, für die Abgrenzung nichts her, weil dieses im Grundsatz ebenso im Falle einer Vermietung „reiner“ Ferienwohnungen erfolgt. Soweit der Kläger auch Bettwäsche- und Handtuchwechsel im Laufe des Mietzeitraums sowie einen Brötchenservice anbietet, geht es um geringfügige Dienstleistungen, die nicht zum "Kernangebot" gehören und die Nutzung nicht prägen. Der Kläger selbst trägt vor, er beschäftige keine Mitarbeiter, sondern führe einen Ein-Mann-Betrieb; ein geringeres Leistungsangebot als bei ihm sei kaum möglich. Typische Servicebereiche außerhalb der vermieteten Unterkünfte wie Speise- oder Aufenthaltsräume mit Personalservice einschließlich entsprechender Nebenräume sind nicht vorhanden. Dem entsprechend ist mit dem Bauantrag auch keine Betriebsbeschreibung eingereicht worden und von der Beklagten auch nicht für erforderlich gehalten worden.

52

bb) Lediglich ergänzend und ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass es sich, auch wenn ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes bejaht würde, nicht mehr um einen kleinen Betrieb handeln dürfte. § 3 Abs. 3 BauNVO verwendet zur Kennzeichnung des Typs der in reinen Wohngebieten ausnahmsweise zulassungsfähigen Beherbergungsbetriebe als Zusatz den unbestimmten Rechtsbegriff "klein", um eine Konkretisierung im Einzelfall, nämlich unter Bezug auf das im Bebauungsplan festgesetzte Gebiet zu ermöglichen. Was in diesem Sinne "klein" ist, kann zwar im Einzelfall nach der Bettenzahl als einem dafür maßgeblichen Merkmal bestimmt werden, aber nicht allgemein mit einer bestimmten Zahl einheitlich für alle nach § 3 BauNVO festgesetzten und festzusetzenden Gebiete. Für die Auslegung kommt es vielmehr auf die Festsetzungen des Bebauungsplans und deren Bedeutung in der konkreten Örtlichkeit an (vgl. BVerwG B. v. 27.11.1987 - 4 B 230/87 ua - DÖV 1988, 382 = Juris Rn. 3). Maßgeblich ist, ob sich der Betrieb nach Erscheinungsform, Betriebsform und Betriebsführung sowie unter Berücksichtigung der Zahl der Benutzer unauffällig in das Gebiet einordnet. Wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei, wie sich der Betrieb auf seine Umgebung auswirkt und welche Störungen von ihm ausgehen. Die kleinen Betriebe des Beherbergungsgewerbes werden dadurch gekennzeichnet, dass sie sich der Vermietung von Wohnräumen annähern, baulich zumeist nicht besonders in Erscheinung treten und in Folge dessen auch den Charakter des reinen Wohngebietes nicht beeinflussen (vgl. OVG Hamburg B. v. 07.01.2000 - 2 Bs 344/99 - BRS 63 Nr. 68 = Juris Rn. 7; vgl. a. VGH Kassel B. v. 24.01.2007 - 4 TG 2870/06 - BRS 71 Nr. 53 = Juris Rn. 4 sowie zur Bedeutung der Bettenzahl VGH Mannheim U. v. 31.01.1997 - 8 S 3167/96 - BRS 59 Nr. 58 = Juris Rn. 17; zum Begriff des "wohnartigen (Gewerbe-)Betriebs" vgl. Schiller in Gelzer Bauplanungsrecht Rn. 1546 u. Jäde BauNVO § 3 Rn. 44).

53

Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein kleines Baugebiet handelt, in dem nach dem Willen des Plangebers lediglich etwa 15 bis 20 Wohneinheiten als Einzel- oder Doppelhäuser beiderseits einer einzigen als Sackgasse ausgestalteten Wohnstraße entstehen sollen. Allerdings hat der Plangeber mit der Festlegung der Baugrenzen und den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (Grundflächenzahl 0,3, höchstens zwei Vollgeschosse, Traufhöhe 3,80 m, Dachneigung 30-49 Grad) eine eher großzügige bauliche Ausnutzung der Grundstücke ermöglicht. Das streitgegenständliche Gebäude dürfte daher isoliert betrachtet nicht besonders in Erscheinung treten. Unter dem Gesichtspunkt eines Betriebs des Beherbergungsgewerbes wären aber vorliegend die beiden Gebäude mit Ferienwohnungen auf den Flurstücken Z und Y zusammen zu betrachten (vgl. die ähnliche Fallkonstellation die dem U. d. OVG Lüneburg v. 20.05.1987 - 1 A 124/86 - BRS 47 Nr. 37 u. dem B. d. BVerwG v. 27.11.1987 - 4 B 230/87 ua - DÖV 1988, 382 = Juris zu Grunde lag). Läge damit ein den Umfang eines Einzelhauses überschreitender und zwei Bauplätze einnehmender Betrieb vor, so dürfte dieser sich nicht mehr unauffällig einordnen, sondern die Umgebung dominieren und daher in dem konkreten Baugebiet nicht mehr als "klein" anzusehen sein. Entsprechendes gilt unter dem Gesichtspunkt der Bettenzahl. Dem Vortrag des Klägers folgend geht der Senat davon aus, dass jede Ferienwohnung vier Betten umfasst, so dass sich für das streitgegenständliche Gebäude 16 Betten ergeben. Ein einheitlicher Betrieb des Beherbergungsgewerbes, der in den Gebäuden auf den Flurstücken Z und Y betrieben würde, hätte 28 Betten. In einem Gebiet, das von einer Einfamilienhausbebauung geprägt sein soll, dürfte auch im Hinblick auf diese Bettenzahl die Grenze eines kleinen Beherbergungsbetriebes überschritten sein. Denn durch ein entsprechendes Vorhaben werden auf Grund der wechselnden Gäste und der potentiellen Nutzungskonflikte zwischen Urlaubs- und Dauerwohnnutzung Störungen in das Gebiet hineingetragen, die mit der Zahl der Gäste zunehmen. Auf die Verhältnisse in der Gemeinde E. insgesamt und die durchschnittliche Bettenzahl der dortigen Beherbergungsbetriebe kommt es nicht an; erst recht nicht auf die durchschnittliche Bettenzahl von Beherbergungsbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern.

54

Soweit der Kläger sich der Sache nach auf den Beschluss des BVerwG vom 27.11.1987 - 4 B 230/87 (DÖV 1988, 382 = Juris) beruft, ist dort lediglich die Bewertung der Vorinstanz unbeanstandet geblieben, ein Beherbergungsbetrieb mit zehn Ferienwohnungen und 30 Betten sei nicht mehr "klein" iSd § 3 Abs. 3 BauNVO. Daraus kann nicht gefolgert werden, bei dieser Größenordnung liege die generelle Obergrenze für einen kleinen Beherbergungsbetrieb, zumal es - wie bereits ausgeführt - auf die konkrete Situation vor Ort ankommt.

55

Gegen die Ermessensausübung der Beklagten sind Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

56

Ebenso wie die Rücknahme der als erteilt geltenden Baugenehmigung ist auch die Ablehnung des Bauantrages rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung für sein Vorhaben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

57

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

58

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Ferienwohnungen einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes im Sinne der Vorschriften der Baunutzungsverordnung darstellen können (§ 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Diese Frage ist soweit ersichtlich in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht thematisiert worden; aus der älteren Rechtsprechung werden zum Teil unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen. Zudem haben sich die tatsächlichen Gegebenheiten verändert, was die Unterkunftsarten für Erholungssuchende und die Entwicklung von Zwischenformen zwischen Wohnen bzw. Ferienwohnen und Beherbergung angeht, so dass sich die Frage auch unter diesem Gesichtspunkt neu stellt.

(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Eisenbahnen, Magnetschwebebahnen und Straßenbahnen ist unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.