Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 05. Juni 2018 - 4 Bs 28/18

bei uns veröffentlicht am05.06.2018

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 1. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und – unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung – für das Verfahren erster Instanz auf jeweils 22.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Betrieb ihrer drei Spielhallen für die Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu dulden.

2

Die Antragstellerin, eine GmbH, betreibt an dem Standort XXXStraße in …. Hamburg drei Spielhallen. Dafür hatte ihr die Antragsgegnerin im November 2008 Erlaubnisse nach § 33i GewO erteilt.

3

Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 und vom 29. September 2016 wies die Antragsgegnerin die damals in …… ansässige Antragstellerin auf die Anforderungen des neuen Spielhallenrechts zum Betrieb von Bestandsspielhallen ab dem 1. Juli 2017 und das diesbezügliche Erlaubnisverfahren hin. Das der Antragstellerin mangels Zustellbarkeit am Hauptsitz des Unternehmens am Betriebsort zugestellte Schreiben vom 29. September 2016 enthielt auch den Hinweis auf einen Ausschlusstermin für die Erlaubnisanträge, den 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr.

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Die Antragstellerin stellte mit Schreiben vom 21. November 2016 zunächst einen formlosen Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach den Regelungen des nordrhein-westfälischen Glücksspielrechts. Nach vorangegangenen erfolglosen Versuchen wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin am 29. und 30. November 2016 auf das Erfordernis eines Antrags nach dem Hamburgischen Glücksspielrecht und auf Antragsunterlagen hin. Mit Antrag vom 30. November 2016, bei der Antragsgegnerin am 1. Dezember 2016 um 10:41 Uhr eingegangen, beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (v. 4.12.2012, HmbGVBl. S. 505, zuletzt geänd. durch G. v. 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323, - HmbSpielhG -) ab dem 1. Juli 2017 für die drei Spielhallen. Der Antrag enthielt nicht alle erforderlichen Unterlagen nach § 4 Spielhallen-Weiterbetriebserlaubnisverordnung (vom 20.9.2019, HmbGVBl. S. 445, - HmbSpielhWeiterbetrErlVO -). Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 machte die Antragstellerin unter Beifügung von Unterlagen zu ihrer wirtschaftlichen Situation außerdem eine unbillige Härte im Sinne des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG geltend und begehrte die Befreiung von dem Erteilungserfordernis des § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 8. Februar 2017 mit, dass ihr Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 1 HmbSpielhG wegen fehlender Unterlagen nicht im weiteren Verfahren berücksichtigt, sondern nachrangig geprüft werde. Im weiteren Verlauf des Verfahrens reichte die Antragstellerin die erforderlichen Unterlagen und Nachweise ein.

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Mit Bescheid vom 14. Juni 2017 wurde für den Weiterbetrieb der (konkurrierenden) Spielhalle XXX Straße .. in …. Hamburg eine Erlaubnis ab dem 1. Juli 2017 erteilt. Diese Spielhalle liegt fußläufig gemessen in einem Abstand von weniger als 500m (ca. 170m) von den hier streitgegenständlichen Spielhallen entfernt.

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Mit Bescheiden vom 30. August 2017 versagte die Antragsgegnerin die beantragten Erlaubnisse zum Weiterbetrieb der drei Spielhallen ab dem 1. Juli 2017.

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Die Widersprüche der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheiden vom 8. Dezember 2017 zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Nr. 4 Alt. 1 HmbSpielhG lägen vor. Eine benachbarte Spielhalle in der YYY Straße … liege nur 170m entfernt; für diese sei eine Erlaubnis ab dem 1. Juli 2017 erteilt worden. Eine Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG könne nicht zugelassen werden. Die Befreiungsregelungen fänden auf das vorliegende Erlaubnisverfahren keine Anwendung mehr, weil die Antragstellerin nicht innerhalb der Antragsfrist alle notwendigen Unterlagen vorgelegt habe. Später gestellte oder unvollständige Anträge seien nach § 9 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Satz 2 HmbSpielhG nicht zu berücksichtigen und nach den allgemeinen Vorschriften zu bescheiden. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Es gebe kein isoliertes Verfahren auf eine Erlaubnis im Befreiungswege. Die Befreiung sei zwingender Teil des Erlaubnisverfahrens für Bestandsspielhallen nach § 9 Abs. 6 HmbSpielhG. Es handele sich um ein einheitliches Erlaubnisverfahren, in dem lediglich die Anträge gestaffelt seien. Der Befreiungsantrag müsse noch nicht zugleich mit dem Erlaubnisantrag gestellt werden, sondern könne auch noch dann gestellt werden, wenn nach der ersten Einschätzung der Antragsgegnerin zu erkennen sei, dass eine Erlaubnis ohne Befreiung voraussichtlich nicht erreicht werden könne. An einem ordnungsgemäßen Antrag fehle es hier.

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Weiter teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass der Weiterbetrieb der Spielhallen bis zum 31. Dezember 2017 geduldet werde.

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Am 19. Dezember 2017 hat die Antragstellerin Klage erhoben. Das bisher nicht entschiedene Klageverfahren ist darauf gerichtet, die Antragsgegnerin (und Beklagte) unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide zu verpflichten, die Anträge der Antragstellerin (und Klägerin) vom 1. Dezember 2016 auf Erteilung je einer glücksspielrechtlichen Härtebefreiung gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV für die Spielhallen 1-3 am Standort XXX Straße., …. Hamburg, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

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Am selben Tag hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat u.a. geltend gemacht, es bestünden ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund. Sie habe den Antrag auf Befreiung von dem Verbot der Mehrfachkonzession und von dem Mindestabstandsgebot fristgerecht gestellt. Der Ausschlusstermin nach § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG i.V.m. mit § 2 Abs. 2 HmbSpielhWeiterbetrErlVO finde im Rahmen des beantragten Befreiungsverfahrens keine Anwendung. Bereits seinem Wortlaut nach ordne § 9 Abs. 6 Satz 2 HmbSpielhG den Ausschlusstermin nur für Anträge im ordentlichen Erlaubnisverfahren nach § 2 HmbSpielhG für den Weiterbetrieb eines Bestandsunternehmens an. Es handele sich um zwei Verfahren, nämlich das ordentliche Erlaubnisverfahren und das Verfahren betreffend die Befreiung von den gesetzlichen Vorgaben zur Vermeidung unbilliger Härten. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens in § 2 Abs. 1 HmbSpielhWeiterbetrErlVO. Daher habe der Ausschlusstermin des 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr, nicht für die beantragte Härtefallentscheidung gegolten. Die Gesetzesbegründung sowie die systematische und teleologische Auslegung stützten dieses Ergebnis. Jedes andere Verständnis wäre verfassungswidrig. Eine fristgebundene Antragstellung im Befreiungsverfahren stelle eine Grundrechtsverkürzung dar, die nach dem Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Auch könne eine missverständlich formulierte Gesetzesbegründung nicht zu ihren Lasten bewertet werden. Zudem seien die Hinweise der Antragsgegnerin zur Antragstellung und zur Antragsfrist irreführend gewesen. Da der Befreiungsantrag nicht beschieden worden sei, sei über ihn noch zu entscheiden. Dies sei in den ablehnenden Bescheiden vom 30. August 2017 und den Widerspruchbescheiden vom 8. Dezember 2017 nicht geschehen. Es liege ein Ermessensnichtgebrauch vor. Für sie bedeute die Schließung ihrer Spielhallen eine wirtschaftliche Härte.

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Die Antragstellerin hat beantragt,

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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die an dem Standort XXX Straße .., ….. Hamburg, betriebenen Spielhallen 1-3 vom 1. Januar 2018 für die Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens in der Hauptsache zu dulden.

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Die Antragsgegnerin hat beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

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Sie hat geltend gemacht, die Antragstellerin habe schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Interesse des HmbSpielhG, die Spielhallendichte im Interesse des wirksamen Spielerschutzes deutlich zu reduzieren, wiege erheblich schwerer als das Interesse der Antragstellerin, ihre Spielhallen weiter betreiben zu dürfen.

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Mit Beschluss vom 1. Februar 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:

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Die Antragstellerin sei von der Teilnahme an dem Erlaubnisverfahren, in dem über den Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen entschieden werde, ausgeschlossen. Zum Weiterbetrieb eines Bestandsunternehmens bedürfe es einer Erlaubnis, die auf Antrag nach der Maßgabe der nach § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG erlassenen HmbSpielhWeiterbetrErlVO erteilt werde. Die Unterlagen seien bis zum 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr einzureichen gewesen. Dies sei hier nicht erfolgt. Der Antrag der Antragstellerin habe nicht sämtliche Unterlagen für den Weiterbetrieb aller drei Spielhallen am Standort XXX Straße . enthalten.

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Der Antrag sei daher nach § 9 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Satz 2 1. Halbsatz HmbSpielhG nachrangig zu bescheiden gewesen. Es bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen. Die Spielhallen der Antragstellerin erfüllten nicht die Erteilungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG. Sie verstießen gegen das Verbundverbot (§ 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG) und gegen das Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG, wonach der Abstand zu weiteren Unternehmen 500m nicht unterschreiten solle. Dies sei hier bezüglich einer weiteren Spielhalle in der YYY Straße … der Fall.

19

Es bedürfe keiner Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin auf Befreiung von einzelnen Anforderungen zur Vermeidung einer unbilligen Härte. Ein solcher Anspruch bestehe nicht. Dem Anspruch auf Bescheidung ihres Befreiungsantrages stehe bereits entgegen, dass dieser nicht fristgerecht eingegangen sei und sie, die Antragsgegnerin, ihn daher im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb nicht habe berücksichtigen müssen.

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Ein „außerordentliches Befreiungsverfahren“ sehe das Gesetz nicht vor. Über die Zulassung einer Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG entscheide die Behörde im Ermessenswege im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen.

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Der Annahme eines eigenständigen „außerordentlichen Befreiungsverfahrens“ stünden bereits der Wortlaut und die Systematik der maßgeblichen Vorschriften entgegen. § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG sei unter Berücksichtigung der weiteren Regelungen des § 9 HmbSpielhG ein außerordentliches Befreiungsverfahren nicht zu entnehmen. Aus der Vorschrift folge bereits die Verknüpfung mit dem Erlaubnisverfahren, indem die Entscheidung in das Ermessen der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde gestellt werde. Die Stellung der Befreiungsvorschrift in § 9 Abs. 1 HmbSpielhG zeige zudem, dass die Befreiungsmöglichkeit allein für Bestandsunternehmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG gelten solle. Für diese sei mit § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG eine gesonderte Regelung zum Verfahren getroffen worden. § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG bestimme allein die materiellen Voraussetzungen für eine Befreiung. Auch dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 HmbSpielhG sei nicht zu entnehmen, dass ein Antrag auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG unabhängig von dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb eines Bestandsunternehmens gestellt werden könne.

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Einem außerordentlichen Befreiungsverfahren stehe zudem der in § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG geregelte Erlaubnisvorbehalt entgegen, der den Betrieb einer Spielhalle ohne die entsprechende Erlaubnis grundsätzlich verbiete. Eine Befreiung von diesem Erlaubnisvorbehalt sehe das Gesetz nicht vor. Das Verfahren für die Prüfung eines Erlaubnisantrags habe der Gesetzgeber ausdrücklich in § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG in Verbindung mit den §§ 1 ff. HmbSpielhWeiterbetrErlVO geregelt. Die Möglichkeit, ein gesondertes Befreiungsverfahren durchzuführen, ergebe sich auch nicht aus § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG. Die Vorschriften in § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG seien keine „allgemeinen Vorschriften“ im Sinne des § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG. Sie seien vielmehr spezielle Regelungen.

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Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

24

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.

II.

25

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

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1. Die Antragstellerin hat mit den in ihrer Beschwerdebegründung dargelegten Einwänden (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie hat geltend gemacht, der Wortlaut des § 9 Abs. 1, Abs. 6 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG, die Gesetzesbegründung sowie insbesondere die vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend erwogene teleologische Auslegung der Norm ließen auch den Schluss zu, dass dieser nur das Erlaubnisverfahren, nicht aber das Verfahren auf Befreiung von den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG abschließend regele. Zudem habe das Verwaltungsgericht ihren Vortrag nicht berücksichtigt, dass die Hinweise der Antragsgegnerin in Bezug auf die einzuhaltende Ausschlussfrist irreführend gewesen seien. Damit hat die Antragstellerin den Beschluss des Verwaltungsgerichts erschüttert.

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2. Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt indes zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, den Weiterbetrieb ihrer drei Spielhallen am Standort XXX Straße. in …. Hamburg vorläufig zu dulden, abgelehnt.

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Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

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Das in der Hauptsache (17 K 10083/17) geltend gemachte Begehren, die Antragsgegnerin unter Aufhebung der Bescheide vom 30. August 2017 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8. Dezember 2017 zu verpflichten, ihre Anträge vom 1. Dezember 2016 auf Erteilung je einer glücksspielrechtlichen Härtefallbefreiung für die Spielhallen 1-3 an dem Standort XXX Straße ., …. Hamburg, gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, dürfte keinen Erfolg haben. Die Antragsgegnerin dürfte die Anträge der Antragstellerin auf Erteilung von Erlaubnissen für den Weiterbetrieb der drei Spielhallen in den angefochtenen Bescheiden wegen Fehlens der erforderlichen Voraussetzungen zu Recht abgelehnt haben. Daher besteht aller Voraussicht nach kein zu sichernder Anspruch auf ermessensfehlerfreie erneute Bescheidung ihres Antrags, von den Voraussetzungen bestimmter Regelungen des HmbSpielhG wegen unbilliger Härte befreit zu werden.

30

Die Antragstellerin hat ihre Anträge auf Weiterbetrieb ihrer Spielhallen nicht vollständig und fristgerecht eingereicht. Daher musste die Antragsgegnerin bei der Prüfung, ob jeweils eine Erlaubnis zum Betrieb der Spielhallen erteilt werden kann, geltend gemachte Härtegründe nicht berücksichtigen (a). Die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG ergibt, dass der Betrieb nach den Anforderungen des HmbSpielhG voraussichtlich nicht zu gestatten ist (b).

31

a) Die am 1. Dezember 2016 gestellten Anträge, mit denen die Antragstellerin den Weiterbetrieb ihrer Spielhallen - ggf. im Wege einer Befreiung wegen unbilliger Härte - begehrt, dürften nach § 9 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz HmbSpielhG nicht mehr zu berücksichtigen sein. Danach werden Erlaubnisanträge von Bestandsunternehmen, die nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eingehen oder nicht sämtliche notwendigen Antragsunterlagen umfassen, nicht berücksichtigt (Ausschlusstermin). Die Voraussetzungen dürften hier vorliegen.

32

Die Antragstellerin betrieb bei Inkrafttreten des HmbSpielhG Spielhallen, für die bis zum 30. Juni 2017 Übergangsfristen galten, und ist damit ein Bestandsunternehmen. Sie hat binnen der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SpielhWeiterbetrErlVO einzuhaltenden Antragsfrist, nämlich bis zum 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr, nicht die nach § 4 SpielhWeiterbetrErlVO erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Nach dieser Regelung hat der Antragsteller mit dem Antrag bestimmte in § 4 Abs. 1 Nr. 1-9 HmbSpielhWeiterbetrErlVO genannte „notwendige“ Unterlagen beizufügen. Diesen Anforderungen genügten die mit dem Antrag vom 1. Dezember 2016 eingereichten Unterlagen nicht. Es fehlten - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - zahlreiche der in § 4 Abs. 1 HmbSpielhWeiterbetrErlVO als notwendig aufgeführten Unterlagen oder diese entsprachen nicht den zeitlichen Anforderungen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2HmbSpielhWeiterbetrErlVO). Weitere Dokumente hat die Antragstellerin erst nach dem 1. Dezember 2016 vorgelegt.

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Die Regelungen der §§ 1, 2 und 4 Abs. 1 SpielhWeiterbetrErlVO, soweit diese für einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum (Weiter-) Betrieb einer Spielhalle nach § 1 die Vorlage notwendiger Unterlagen bis zu einem Stichtag, dem 1. Dezember 2016, verlangen, finden hier Anwendung. Die Verordnung stützt sich auf die gesetzliche Ermächtigung in § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG. Dessen Auslegung ergibt, dass der Ausschlusstermin und die Anforderungen an den Antrag auf Weiterbetrieb der von einem („Alt“- oder) Bestandsunternehmen nach den Übergangsbestimmungen betriebenen Spielhalle für alle Anträge auf Weiterführung des Betriebs gelten (aa). Auch liegen keine Umstände vor, die es rechtfertigen, im Fall der Antragstellerin von der fristgerechten Vorlage der Unterlagen abzusehen (bb).

34

aa) § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG enthält die Ermächtigung, durch Rechtsverordnung für die Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 für Unternehmen, die bis zum 30. Juni 2017 nach Abs. 1 Satz 1 als mit diesem Gesetz vereinbar gelten (Bestandsunternehmen), Vorschriften zu erlassen u.a. über den Zeitpunkt, bis zu dem ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis gestellt werden kann (Nr. 1), über die notwendigen Unterlagen für die Antragstellung (Nr. 2), über das Anhörungsverfahren nach Eingang von Erlaubnisanträgen (Nr. 3) und über geeignete Unterlagen zur Vorlage im Anhörungsverfahren sowie bei Anträgen auf eine Befreiung nach Abs. 1 Sätze 4 und 5 (Nr. 4). § 9 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 HmbSpielhG bestimmt, dass Erlaubnisanträge zum Weiterbetrieb vom Bestandsunternehmen, die nach dem gemäß Satz 1 Nr. 1 festgesetzten Zeitpunkt eingehen oder nicht sämtliche notwendigen Antragsunterlagen umfassen, nicht berücksichtigt werden (Ausschlusstermin). Die Prüfung, ob eine Erlaubnis erteilt werden kann, erfolgt dann nach den in der Regel für Bestandsunternehmen strengeren Bestimmungen des HmbSpielhG (§ 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG).

35

Diese Regelung beeinträchtigt das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. In dieses Grundrecht darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden. Die Regelungen müssen hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben es Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können. Der Gesetz- und Verordnungsgeber ist dabei gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. zur Pflicht des Gesetzgebers: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., juris Rn. 125 m.w.N.). Es reicht aus, wenn sich im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen. Dies ist hier der Fall.

36

Die Auslegung der Regelung ergibt, dass der Gesetzgeber für Bestandsunternehmen ein einheitliches Erlaubnisverfahren geregelt hat. Anträge auf Erteilung einer Weiterbetriebserlaubnis im Wege der Befreiung von einzelnen Anforderungen des HmbSpielhG wegen unbilliger Härte sind nur dann zu berücksichtigen, wenn die Anträge auf Erhalt einer Weiterbetriebserlaubnis nach § 9 Abs. 6 Satz 1 und 2 HmbSpielhG fristgerecht und vollständig bis zum Ausschlusstermin gestellt wurden. Dabei kann es offenbleiben, ob die Befreiung zugleich mit dem Antrag auf eine Weiterbetriebserlaubnis (bis zum Ausschlusstermin) beantragt werden muss oder ob dies auch später möglich ist.

37

Wortlaut, Gesetzesbegründung, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung weisen aus, dass der Gesetzgeber mit § 9 Abs. 6 HmbSpielhG eine abschließende Regelung und Ermächtigung für ein einheitliches Verfahren zur Erteilung von Erlaubnissen an Bestandsunternehmen vorsehen wollte. Damit umfasst die Ermächtigung alle Anträge auf Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen. Auch in der Zusammenschau der Vorschriften ist nichts dafür ersichtlich, dass für Bestandsunternehmen, die den Weiterbetrieb wegen Vorliegens einer unbilligen Härte nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG begehren, ein eigenständiges, nicht fristgebundenes „Befreiungsverfahren“ vorgesehen ist. Dieses Verständnis der Vorschriften ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich aus folgendem:

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(1) Bereits dem Wortlaut des § 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und 4 HmbSpielhG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber ein einheitliches Verfahren beabsichtigt hat. Denn er sieht in § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung „für die Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 für Unternehmen …“ Vorschriften zu erlassen. Weiter ermächtigt er den Senat in Nr. 1 zur Regelung des Zeitpunktes, bis zu dem ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis gestellt werden muss, und in Nr. 4 zu Regelungen über „geeignete Unterlagen zur Vorlage im Anhörungsverfahren sowie bei Anträgen auf eine Befreiung nach Absatz 1 Sätze 4 und 5“. Soweit die Antragstellerin dem Wortlaut der Ermächtigung bereits eine Differenzierung nach zwei Antragsarten, nämlich nach „Anträgen auf Erteilung einer Erlaubnis“ und nach „Anträgen auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG“ entnimmt, überzeugt dies nicht. Vielmehr legt der Wortlaut nahe, dass mit letzteren Anträge gemeint sind, in denen Betreiber (nur oder auch hilfsweise) die Erteilung einer Erlaubnis im Wege einer Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG (und nicht auch oder nicht vorrangig nach den allgemeinen Vorschriften des HmbSpielhG oder nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG wegen des Alters der Spielhalle) begehren. Im Übrigen soll § 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und 4 HmbSpielhG nach dem Wortverständnis der Aufzählung in den Nummern 1-4 eine Ermächtigung u.a. zur Regelung eines „Stichtags“ bzw. „geeigneter Unterlagen“ für das Erlaubnisverfahren der Bestandsunternehmen darstellen. Gegen die Regelung zweier Verfahren spricht im Übrigen auch der Wortlaut des § 9 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 HmbSpielhG, wonach bestimmt ist, dass Erlaubnisanträge zum Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen, die nach dem gemäß Satz 1 Nr. 1 festgesetzten Zeitpunkt eingehen oder nicht sämtliche notwendigen Unterlagen enthalten, nicht berücksichtigt werden. Diese werden nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG nachrangig nach den allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes beschieden.

39

(2) Auch der Gesetzesbegründung, die dem Gesetzgeber bei dem Beschluss des § 9 Abs. 6 HmbSpielhG einfügenden Änderungsgesetzes (vom 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323) vorlag, lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass er bei der Neuregelung der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung in § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG und bei den weiteren Regelungen für Bestandsunternehmen in § 9 Abs. 6 HmbSpielhG von einem einheitlichen Erlaubnisverfahren ausging. Motivation für die Regelung war nach den Ausführungen des Gesetzgebers die im Jahr 2016 vorgefundene Sach- und Rechtslage, dass (Alt-) Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetztes am 19. Dezember 2012 bestanden und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden war, bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar gelten würden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG). Ab dem 1. Juli 2017 benötigten folglich Spielhallenbetreiber, die (wie die Antragstellerin) über eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO verfügten, eine Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. Zudem war die Antragsgegnerin nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG berechtigt, nach Ablauf der Übergangsfristen eine Befreiung von einzelnen Anforderungen des HmbSpielhG zuzulassen. Regelungen über ein Verfahren zum Erhalt einer Erlaubnis für Bestandsunternehmen existierten nicht. Hiervon ging der Gesetzgeber aus, wenn es in der Begründung (Bü-Drs. 21/5075, S. 2) u.a. heißt:

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„Die Änderungen dienen der Umsetzung der Neuregelungen des Hamburgischen Spielhallengesetzes, wonach Spielhallen (§ 1 Absatz 2 des Gesetzes) nach Ablauf der in § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes geregelten Übergangsfrist einer neuen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes bedürfen. … „

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Zu Nr. 1 (Neuer § 9 Abs. 6) heißt es:

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„Satz 1 enthält eine Verordnungsermächtigung für den Senat, die in Nummern 1-4 genannten Regelungen zur Durchführung von Erlaubnisverfahren für die sogenannten Bestandsunternehmen zu treffen. Dabei geht es nur um diejenigen Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2, deren Betrieb bis zu dem in § 9 Absatz 1 Satz 1 genannten Stichtag als mit dem Gesetz vereinbar gilt. …“

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2. Satz 2 sieht die Möglichkeit vor, in der Rechtsverordnung nach Satz 1 auch einen Ausschlusstermin für die Antragstellung in diesen Fällen festzusetzen. Es handelt sich dabei um eine Stichtagsregelung, die eine spätere Antragstellung unabhängig davon ausschließt, aus welchem Grund eine Einhaltung der Antragsfrist nicht möglich ist (Satz 3). Damit soll sichergestellt werden, dass nach Ablauf des Ausschlusstermins feststeht, über welche Anträge entscheiden werden muss. ... Anderenfalls würden die Erlaubnisverfahren durch spätere Antragstellungen unangemessen belastet. …

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Damit soll sichergestellt werden, dass die zuständigen Behörden über die Vorrangbeziehungen bei konkurrierenden Anträgen zu einem von ihnen gesetzten Zeitpunkt rechtssicher entscheiden können, ohne Gefahr zu laufen, dass durch immer neue Unterlagen und Nachweise zu Betriebszeit der einzelnen Spielhalle oder derjenigen der Konkurrenten die Entscheidungsgrundlagen immer wieder verändert werden. …“

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Weiter heißt es (Bü-Drs. 21/5075, S. 3):

46

„4. Satz 4 regelt weiterhin unabhängig von einer Rechtsverordnung, dass mit der von der Behörde nach Satz 2 zweiter Halbsatz festgelegten Ausschlussfrist zugleich der für die Beurteilung der Sachlage maßgebliche Zeitpunkt fixiert wird. Damit wird verhindert, dass die im Verwaltungsverfahren getroffene Rangfolge durch die spätere Änderung von Anträgen wieder infrage gestellt wird. Wenn ein Antrag nach Ablauf der von der Behörde gesetzten Frist zurückgenommen wird, wird das Verfahren für diesen Antrag nicht fortgeführt, sondern eingestellt. …

47

6. Satz 6 stellt klar, dass über Anträge, die im Verteilungsverfahren nach den §§ 2 Absatz 1, 9 Absatz 4 nicht zum Zuge gekommen sind, nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes im regulären Erlaubnisverfahren entschieden wird. Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis im Befreiungswege nach § 9 Absatz 1 Satz 4 sind ausgeschlossen. …Von Bedeutung ist die Regelung in Satz 6 … darüber hinaus auch für Anträge, für die keine Konkurrenzsituation besteht. …“

48

Diese Erwägungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber ein einheitliches Erlaubnisverfahren mit konkreten Anträgen, mit entsprechenden Ausschlussfristen bzw. -terminen und fristgerecht beizufügenden (notwendigen) Dokumenten vor Augen hatte. Schwerpunkt der Einführung des § 9 Abs. 6 HmbSpielhG ist nach der Gesetzesbegründung zwar - worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist - eine Regelung zur rechtssicheren Anwendung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG. Danach hat, wenn der Mindestabstand nach § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zwischen bestehenden Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG nicht eingehalten wird, nach Ablauf der Übergangsfristen des § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG die länger bestehende Spielhalle Vorrang, ansonsten ist die Gewerbeanmeldung maßgeblich. Dass in einem durchzuführenden Erlaubnisverfahren aber auch über die Erteilung von Erlaubnissen im Wege der Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG entschieden werden sollte, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine einheitliche Rechtsfolge vorsieht: Sollten Betreiber Erlaubnisanträge nicht form- und fristgerecht einreichen, ihre Anträge zurücknehmen oder aus anderen Gründen keine Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG erhalten, würden ihre Anträge (wie Neuanträge) nach den allgemeinen Vorschriften des HmbSpielhG behandelt. Dass Befreiungsanträge außerhalb des in § 9 Abs. 6 HmbSpielhG geregelten Verfahrens nicht zulässig sein sollten, weist die zuletzt dargestellte Begründung aus, dass Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis im Befreiungswege ausgeschlossen sein sollten und dass diese Regelung auch für Anträge ohne (Abstands-) Konkurrenzsituation (und damit für Anträge, die sich nicht auf § 9 Abs. 4 HmbSpielhG beziehen) gilt.

49

(3) Insbesondere die Systematik der Regelungen der §§ 2, 9 HmbSpielhG spricht für dieses Verständnis der Vorschrift:

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Bestandsunternehmen bedürfen, wie aus § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG folgt, spätestens nach Ablauf des 30. Juni 2017 einer Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG regelt abschließend das Verfahren zum Erhalt einer solchen Erlaubnis. Daneben besteht keine Rechtsgrundlage, die es ermöglicht, im Wege einer Befreiung von dem Erlaubniserfordernis und/oder sonstigen Anforderungen des HmbSpielhG den Betrieb nach § 33i GewO weiterzuführen.

51

Dahinstehen kann, ob die Annahme des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass die den Bestandsunternehmen erteilten Erlaubnisse nach § 33i GewO mit Inkrafttreten des HmbSpielhG und der damit verbundenen Ersetzung des § 33i GewO durch die Vorschriften nach §§ 1 ff. HmbSpielhG erloschen und die Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Bestimmungen des HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2017 lediglich fingiert und damit der Betrieb lediglich auf Grund der Fiktionswirkung erlaubt war, oder ob die Erlaubnisse nach § 33i GewO auch materiellrechtlich teilweise als fortbestehend galten. Jedenfalls entfiel nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG mit dem 30. Juni 2017 die Fiktion des § 33i GewO mit der Folge, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG für jedes Alt- oder Bestandsunternehmen eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis erforderlich war.

52

Es besteht in Bezug auf Bestands- oder Altspielhallen keine - möglicherweise verfassungsrechtlich unzulässige - Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im selben Anwendungsbereich (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 7.10.2015, 2 BvR 568/15, juris Rn. 11 m.w.N.). Denn das HmbSpielhG ersetzt in Bezug auf diese Spielhallen nicht § 33i GewO, sondern enthält die in einem eigenständigen landesrechtlichen Verfahren zu überprüfenden Erlaubnisvoraussetzungen für Bestandspielhallen. Im Übrigen und in Ergänzung hierzu geben die §§ 24 ff. GlüStV weitere Regelungen über die Ausgestaltung der Erlaubnispflicht und deren Voraussetzungen vor (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, SächsVBl. 2017, 322, juris Rn. 28 m.w.N.). § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV begründen unmittelbar einen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt für neue und bestehende Spielhallen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach bedürfen "die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag". Die Länder können in diesem Zusammenhang gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV das "Nähere" regeln. Dies ist u.a. in §§ 1, 2 Abs. 1 HmbSpielhG geschehen. Nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG gilt die Erlaubnis nach diesem Gesetz zugleich als Erlaubnis nach Art. 1 § 24 GlüStV. Unmittelbar im Glücksspielstaatsvertrag, dessen Umsetzung u.a. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG dient, ist ferner geregelt, dass dieser Erlaubnisvorbehalt auch für bereits bestehende und anderweitig genehmigte Bestandspielhallen gilt. Denn die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV, die § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG zu Grunde liegt, begründet für nach § 33i GewO erlaubte Spielhallen zeitlich befristete Vereinbarkeitsfiktionen mit den Regelungen der §§ 24 und 25 GlüStV. Diese Fiktionen wären überflüssig und widersinnig, wenn das Erlaubniserfordernis für diese Alt- oder Bestandsspielhallen nicht gelten würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, SächsVBl. 2017, 322, juris Rn. 21 f. zur sächsischen Regelung).

53

Von der Notwendigkeit, für Bestandsspielhallen ein glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren durchzuführen, gehen §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 6 HmbSpielhG aus. Die Bestimmungen enthalten daher in Bezug auf Altspielhallen zum Gewerberecht hinreichend abgrenzbare Regelungen. Die in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG i.V.m. § 29 Abs. 4 GlüStV bestimmte, zeitlich gestufte Ersetzung des § 33i GewO ist im Hinblick auf Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 117, 179 f. m.w.N.).

54

Die oben beschriebene Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG für den Fortbetrieb eines Bestandsunternehmens nach Ablauf der Übergangsfrist kann ab dem 1. Juli 2017, wenn das Unternehmen mit den materiellen Neuregelungen z.B. des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG nicht in Einklang steht, nach der Systematik des HmbSpielhG nur nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG (Vorrang der älteren Spielhalle bei Unterschreiten des Abstands von 500m bzw. 100m zwischen zwei Spielhallen) oder auf Grund einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Befreiung von einzelnen Anforderungen des Gesetzes (befristet) nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG erteilt werden. Daher sind diese Voraussetzungen Gegenstand der Prüfung im (besonderen) Erlaubnisverfahren für Bestandsbetriebe.

55

Die Ansicht der Antragstellerin, diejenigen (Alt-) Unternehmen, die den Betrieb zeitlich befristet nach der Befreiungsregelung wegen unbilliger Härte fortführen wollten, benötigten keine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG, weil die unbefristet erteilte Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO für den Spielhallenbetrieb während des Übergangszeitraumes bis zum 30. Juni 2017 weitergegolten habe und auch während dessen Verlängerung in Härtefällen fortgelte, steht im Widerspruch zu § 2 Abs. 1 HmbSpielhG und zu § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2, 4 und 5 HmbSpielhG. Denn der spätestens zum 1. Juli 2017 auch für Bestandsunternehmen (praktisch) wirksam werdende Erlaubnisvorbehalt nach dem HmbSpielhG steht einer (übergangsweisen) Fortgeltung der Erlaubnisse nach § 33i GewO entgegen. § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG setzt aus den oben dargelegten Gründen, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat, den Erlaubnisvorbehalt notwendig voraus und ermöglicht nicht, auch von diesem zu befreien. Hierfür spricht auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, der eine Befreiung nur von den Anforderungen des §§ 24 Abs. 2, 25 GlüStV ermöglicht, nicht aber vom Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV. Dass der hamburgische Gesetzgeber eine davon abweichende Regelung schaffen wollte, lässt sich nicht feststellen.

56

Auch im Übrigen lassen sich § 9 Abs. 1 HmbSpielhG keine Anhaltspunkte für ein „eigenständiges Befreiungsverfahren“ entnehmen. Die Vorschrift enthält - soweit hier relevant - mit § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2, 4 und 5 HmbSpielhG allein materiellrechtliche Voraussetzungen für eine (zeitweise) Befreiung von den im Verhältnis zur früheren Rechtslage strengeren Anforderungen des HmbSpielhG. Denn § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbspielhG, an die die Sätze 4 und 5 anknüpfen und der § 29 Abs. 4 Sätze 2-4 GlüStV nachgebildet wurde, ist eine reine Vertrauensschutz- und Bestandsschutzregelung (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31; vgl. zur Umsetzung des GlüStV: Bü-Drs. 20/3734, Anlage 2, S. 86; vgl. dazu auch BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 197 zur einjährigen Übergangsfrist). § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass die Vorschrift über die im Ermessen der Antragsgegnerin stehende Möglichkeit, von bestimmten Anforderungen des Gesetzes bei Vorliegen einer unbilligen Härte zu befreien, auch verfahrensrechtliche, in Konkurrenz zu oder neben § 9 Abs. 6 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG stehende Regelungen enthalten soll. § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG kann allenfalls die verfahrensrechtliche „Erleichterung“ entnommen werden, dass Bestandsunternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2013 bzw. bis zum 30. Juni 2017 wegen der Fiktionswirkung das mit Inkrafttreten des HmbSpielhG geltende Erlaubnisverfahren nach § 2 Abs. 1 HmbSpiehG (noch) nicht durchlaufen mussten, weil der Weiterbetrieb im Sinne des HmbSpielhG als erlaubt galt. Denn nach der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Bestandsunternehmen für 5 Jahre „von der Erlaubnispflicht freigestellt“ sind (Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Weitergehende verfahrensrechtliche Erleichterungen sind nicht ersichtlich.

57

Auch § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Gesetzgeber neben dem form- und fristgebundenen „Erlaubnisverfahren“ ein fristungebundenes, „eigenständiges Befreiungsverfahren“ schaffen wollte. Soweit die Antragstellerin § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG dahingehend verstanden wissen möchte, dass die Regelung wegen ihres offenen Wortlauts einem Verständnis nicht im Wege stehe, wonach Befreiungsanträge „ausgenommen“ seien, und dass § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG als Befreiungsvorschrift zu den „allgemeinen Vorschriften“ im Sinne des § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG zähle, die nachrangig und ohne Beachtung der Ausschlussfrist des § 9 Abs. 6 Satz 2 HmbSpielhG, § 2 HmbSpielhWeiterbetrErlVO zur Anwendung kommen könnten, überzeugt dies nicht. Es liegt nicht nahe, dass der Gesetzgeber mit dem in der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG (s.o.) verwendeten Begriff „ausgeschlossen“ tatsächlich „ausgenommen“ - und damit sinngemäß das Gegenteil - gemeint haben könnte. Zudem sind nach der Systematik des § 9 Abs. 1 und 6 HmbSpielhG mit „allgemeinen Vorschriften“ gerade nicht die nur für Bestandsspielhallen geltenden (verfahrens- und materiellrechtlichen) Erleichterungen des § 9 Abs. 1, 2, 4 und 5 HmbSpielhG, sondern die für alle Betreiber geltenden spielhallenrechtlichen Anforderungen des HmbSpielhG (insb. §§ 2, 4-6 HmbSpielhG) gemeint.

58

Verfahrensrechtliche Regelungen enthält auch § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG nicht. Soweit er bestimmt, die zuständige Behörde könne eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes für einen angemessenen Zeitraum „zulassen“, ist dies vor dem Hintergrund der Gesamtheit der in § 9 HmbSpielhG getroffenen Regelungen kein Hinweis auf ein eigenständiges Verfahren im Fall der alleinigen Geltendmachung von Härtegründen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG. Die Vorschrift verdeutlicht lediglich die im Ermessen der zuständigen Behörde stehende Möglichkeit, auf einen Antrag hin Bestandsunternehmen von einzelnen Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG befreien („zulassen“) zu können.

59

(4) Auch die teleologische Auslegung der Regelungen des § 9 Abs. 1 und 6 HmbSpielhG rechtfertigt nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe in Abs. 6 und in der HmbSpielhWeiterbetrErlVO nur die Ermächtigung für die Regelung eines „Erlaubnisverfahrens“ und nicht das „Verfahren über die Befreiung von einzelnen Anforderungen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG“ abschließend regeln wollen. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, Sinn und Zweck des Erlaubnisverfahrens und der (dortigen) Ausschlussfrist liege allein darin, eine ordnungsgemäße Auswahl zwischen konkurrierenden Unternehmen zu ermöglichen, und dieser Zweck greife bei Härtefallanträgen nicht, die eine Prüfung im Einzelfall erforderten, sodass solche jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gestellt werden könnten. Dieser Einwand überzeugt nicht.

60

Ziel und Zweck der gesetzlichen Neuregelung ist die Schaffung eines einheitlichen, rechtssicheren und beschleunigten Erlaubnisverfahrens für alle Bestandsunternehmen, die beabsichtigen, trotz der verschärften Bedingungen des HmbSpielhG ihren Betrieb nach dem Ablauf der Übergangsfrist fortzusetzen. In einem solchen Erlaubnisverfahren, mag es auch teilweise dem früheren gewerberechtlichen nach § 33i GewO entsprechen, können sämtliche Zulassungsvoraussetzungen für den Betrieb einer Spielhalle geprüft werden. Der Gesetzgeber sieht, wie sich aus den Anforderungen an den Weiterbetriebsantrag nach § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG i.V.m. der HmbSpielhWeiterbetrVO ergibt, eine erneute Überprüfung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Betreibers bzw. Inhabers vor, aber auch die Prüfung, ob dieser, die Beschäftigten oder der Betrieb die (u.a. standort-, raum-, geräte- und personenbezogenen) Anforderungen des HmbSpielhG, wie zum Beispiel die Beibringung des Sachkundenachweises (§ 2 Abs. 5 Nr. 5 HmbSpielhG) oder eines Sozialkonzepts, aber auch die anderen Neuregelungen der §§ 4 - 6 HmbSpielhG sowie die baurechtlichen Anforderungen erfüllen. Zudem darf das Unternehmen u.a. nicht gegen das Verbundverbot und das Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG verstoßen (vgl. dazu § 2 Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG). Insbesondere im Hinblick auf die letztgenannte Regelung ist ein Weiterbetrieb eines diese Bestimmungen nicht einhaltenden Unternehmens nur auf Grund des § 9 Abs. 4 bzw. des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG möglich. Ob danach die Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG im Ergebnis erteilt werden kann, ist Gegenstand der Prüfung durch die Antragsgegnerin. Zu Recht weist die Antragstellerin zwar darauf hin, dass in der Gesetzesbegründung überwiegend als Zweck des Erlaubnisverfahrens und des Ausschlusstermins bzw. der Ausschlussfrist zum Ausdruck kommt, es solle der Behörde ermöglicht werden, zu einem bestimmten Stichtag ein („eingefrorenes“) Bild über die Standorte der in Bezug auf die Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG miteinander konkurrierenden Spielhallen zu erhalten. Zugleich ist es aber auch Ziel des (fristgebundenen) Erlaubnisverfahrens, zu einem bestimmten Zeitpunkt abschließend die Gesamtzahl und Lage der an einem Weiterbetrieb interessierten und besonderen Regelungen unterworfenen Bestandsunternehmen ermitteln und die gestellten Anträge später in einem geordneten Verfahren bescheiden zu können. Dies schließt notwendig auch diejenigen Unternehmen ein, die entweder nur oder „hilfsweise“ ihre Anträge zum Erhalt der begehrten Erlaubnis zum Weiterbetrieb auf eine Befreiung wegen unbilliger Härte stützen oder dies später beabsichtigen (vgl. zu einem späteren Befreiungsantrag § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2, § 3 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhWeiterbetrErlVO). Denn auch die Zulassung eines Unternehmens, das von einzelnen Anforderungen des Gesetzgebers aus Härtegründen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG befreit wird, dürfte wegen der Abstandsregelungen zeitweise „Sperrwirkungen“ jedenfalls für neue Unternehmen im Mindestabstand des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG auslösen. Mag somit aus Sicht des Gesetzgebers auch der Schwerpunkt der Regelung des Verfahrens nach § 9 Abs. 6 HmbSpielhG auf der rechtssicheren Klärung liegen, welche der zueinander in entfernungsmäßiger Konkurrenz nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG stehenden Spielhallen als ältere Spielhallen ihren Betrieb nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG fortsetzen können, ändert dies nichts daran, dass das Ziel des Erlaubnisverfahrens auch die durch Ausschlussfristen und -termine gewährleistete zeitnahe Bescheidung aller den Weiterbetrieb begehrenden Bestandsunternehmen ist.

61

Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass die Gestaltung des Erlaubnisverfahrens in § 9 Abs. 6 HmbSpielhG auch den verfassungsrechtlich anerkannten Zielen des GlüStV und des HmbSpielhG Rechnung trägt, u.a. die Zahl der Spielhallen und deren teilweise Akkumulation an bestimmten Orten innerhalb bestimmter und absehbarer Zeiträume zu reduzieren und damit die Glücksspielsucht zu verhindern sowie Anreize zum (Automaten-) Glücksspiel zu vermindern. Die gesetzgeberischen, durch den Glücksspielstaatsvertrag vorgegebenen Ziele würden konterkariert, wenn jeder Betreiber eines Bestandsunternehmens, der sich nicht am fristgebundenen Verfahren auf Erhalt einer Weiterbetriebserlaubnis beteiligt oder deren Voraussetzungen nicht erfüllt hat, zu einem (bis zur Grenze der Verwirkung) in seinem Belieben stehenden Zeitpunkt einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG im Wege der Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG stellen könnte. Dass der Gesetzgeber dies bei der Neuregelung des § 9 Abs. 6 HmbSpielhG beabsichtigt oder auch nur billigend in Kauf genommen haben könnte, lässt sich nicht feststellen.

62

(5) Das Verständnis, der Gesetzgeber habe in § 9 Abs. 6 HmbSpielhG ein einheitliches Verwaltungsverfahren zur Erlaubniserteilung nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG geregelt, verstößt auch nicht gegen Art. 12 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG.

63

Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 21 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Für einen Verstoß gegen diese Maßstäbe ist hier nichts ersichtlich:

64

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber ohne sachlichen Grund verschiedene Anträge, nämlich solche auf Erlaubniserteilung nach § 2 HmbSpielhG und solche auf Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, hinsichtlich der Stichtagsregelung gleich behandelt hat, ergeben sich nicht. An ungleichen Sachverhalten fehlt es hier bereits deshalb, weil der Gesetzgeber nicht zwei verschiedene Verfahren in gleicher Weise geregelt hat. Denn wie oben ausgeführt, stellt der Antrag auf Befreiung von einzelnen Anforderungen des Gesetzes nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG kein eigenständiges Verfahren dar.

65

Es bestehen auch sachliche Gründe, die es rechtfertigen, diejenigen Bestandsunternehmen, die den Ausschlusstermin für die Antragstellung nicht einhalten, strengeren materiellen Voraussetzungen an den Weiterbetrieb ihrer Spielhallen zu unterwerfen als diejenigen, die die Voraussetzungen der §§ 2, 3 HmbSpielhWeiterbetrErlVO erfüllen. Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass es dem Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt ist, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. Er muss allerdings im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Tatsachen hinreichend würdigen und prüfen, ob sich die gewählte Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung rechtfertigen lässt und nicht willkürlich erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.3.1996, 7 C 28.95, BVerwGE 101, 39, juris Rn. 15). Dass mit einer Stichtagsregelung unvermeidlich gewisse Härten einhergehen, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind, begegnet im Hinblick auf den Grundsatz auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.1.2000, 1 BvR 1398/99, juris Rn. 25; BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013, 8 B 81.12, juris Rn. 5). Die Regelung des Verfahrens nach § 9 Abs. 6 HmbSpielhG i.V.m. §§ 1 ff. HmbSpielhWeiterbetrVO dürfte diesen Anforderungen genügen:

66

Es ist nicht ersichtlich, worin - wie die Antragstellerin behauptet - eine sachwidrige oder unverhältnismäßige Beeinträchtigung ihres Berufsrechts aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG liegen kann, wenn Antragsteller wie sie nach § 9 Abs. 6 Satz 2 HmbSpielhG an einen Ausschlusstermin gebunden sind. Bereits die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts weisen sachliche Gründe für eine beschleunigte Durchführung des Antragsverfahrens aus. Nach § 10 Satz 2 HmbVwVfG ist das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Es soll gewährleisten, dass im Regelfall eine wirksame, zweckmäßige und rasche Umsetzung von Rechtsnormen erfolgt. Die Vorgabe des § 10 Satz 2 HmbVwVfG ist nicht nur unverbindlicher Programmsatz, sondern eine unmittelbar geltende Verpflichtung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 10 Rn. 15). Das Verfahren gestaltende Bestimmungen begegnen im Übrigen schon wegen des Gesetzesvorbehalts und hier der Grundrechtsrelevanz von in das Berufsrecht eingreifenden gesetzgeberischen Regelungen und behördlichen Entscheidungen keinen Bedenken. Dabei hat die Behörde ein Verfahrensermessen, das lediglich durch das Willkürverbot, die Grundsätze der Angemessenheit, sachlichen Gebotenheit, der Zumutbarkeit und des fairen Verfahrens (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.1986, 4 C 13.85, BVerwGE 75, 214, juris Rn. 33 ff.; Urt. v. 21.3.1986, 7 C 71.83, BVerwGE 74, 122, juris Rn. 11, 12; OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.5.2018, 5 ME 32/18, juris Rn. 28 zum Bewerberverfahrensanspruch) begrenzt wird. Auch das Rechtsstaatsprinzip enthält insoweit keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote oder Verbote mit Verfassungsrang (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.4.1987, 4 B 73.87, juris Rn. 4 mit Verweis u.a. auf BVerfG, Urt. v. 24.7.1957, 1 BvL 23/52, juris; Beschl. v. 16.1.1980, 1 BvR 127/78, 1 BvR 61 BvR 679/78, juris Rn. 49). Das gilt im Übrigen auch, soweit der Grundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens in seiner grundrechtsschützenden Funktion zu beachten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.4.1987, 4 B 73.87, juris Rn. 4; Urt. v. 21.3.1986, 4 C 48.82, juris; VGH München, Urt. v. 24.7.2017, 20 B 15.313, juris Rn. 27). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber hier die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten haben könnte, sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund spricht - unabhängig von den obengenannten, in den Zwecken des Glücksspielrechts liegenden Gründen - nichts dagegen, dass sich der Gesetzgeber auch aus verfahrensökonomischen Gründen (vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013, 8 B 81.12, juris Rn. 5) für ein stichtagsbezogenes einheitliches Verwaltungsverfahren entschieden hat.

67

Für dessen Unverhältnismäßigkeit ist auch im Übrigen nichts ersichtlich. Da jedes Bestandsunternehmen nach Ablauf der Übergangsregelung des HmbSpielhG einer neuen Erlaubnis nach diesem Gesetz bedurfte, dürfte es in dessen Interesse liegen, zeitnah eine Rechtssicherheit gewährleistende Betriebserlaubnis nach §§ 2, 9 Abs. 4, Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG oder nach den allgemeinen Vorschriften des HmbSpielhG zu erhalten. Das gleiche Interesse an einer zeitnahen Klärung dürfte im Fall der Versagung der Erlaubnis bestehen, weil der Betreiber dann mögliche Rechtsmittel prüfen oder ggf. andere unternehmerische Dispositionen treffen kann. Allen Betreibern von Bestandsunternehmen war zudem seit Inkrafttreten des HmbSpielhG im Jahr 2012 bekannt, dass die unbefristet erteilten Erlaubnisse nach § 33i GewO lediglich bis zum 30. Juni 2017 (fingiert) gelten würden, und dass sie danach zeitnah (wenn auch in einem in seinen Details noch nicht absehbaren Verfahren) einen Antrag auf eine spielhallenrechtliche Erlaubnis nach landesrechtlichen Bestimmungen würden stellen müssen. Dass die Frist für die Einreichung oder die Ergänzung der notwendigen Unterlagen unangemessen kurz gewesen sein könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor.

68

bb) Der Antragstellerin kann die Versäumung der Antragsfrist für die Einreichung der erforderlichen Unterlagen nach § 9 Abs. 6 Satz 2 HmbSpielhG, §§ 2 Abs. 2, 4 HmbSpielhWeiterbetrErlVO entgegengehalten werden. Die Antragsgegnerin hat nicht den Anspruch der Antragstellerin auf ein faires Verfahren verletzt. Ihr Informationsschreiben vom 29. September 2016, mit dem sie auf die Notwendigkeit eines Erlaubnisverfahrens und die Ausschlussfrist des 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr hinwies, war nicht irreführend. Auch liegt keine Verletzung der behördlichen Informations- und Beratungspflicht nach § 25 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG vor.

69

Die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 29. Juli 2016, das mangels Zustellbarkeit an der der Antragsgegnerin damals bekannten Adresse des Unternehmens in …. an den Standort der Betriebsstätte in der XXX Straße . in ….. Hamburg gerichtet war, über die über den 30. Juni 2017 hinaus erforderliche Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG informiert und u.a. darauf hingewiesen, dass ein Ausschlusstermin bzw. Ausschlussfristen gesetzt werden könnten. Zudem wies die Antragsgegnerin auf die am 13. Juli 2016 durch die Bürgerschaft beschlossene Neuregelung des Hamburgischen Spielhallengesetzes (§ 9 Abs. 6 HmbSpielhG) hin. Das Informationsschreiben listet bereits bestimmte für die Antragstellung voraussichtlich erforderliche (später in § 4 HmbSpielhWeiterbetrErlVO geregelte) Nachweise auf, die z.T. nach dem 31. Juli 2016 beantragt worden sein mussten. Das Schreiben enthält auch den Hinweis, dass jede der drei Spielhallen der Antragstellerin eine Verbundspielhalle im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG ist und den in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG genannten Abstand zu einer weiteren Spielhalle unterschreitet. Weiter wird auf § 9 Abs. 4 HmbSpielhG und auf die Härtefallregelung in § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, auf die Möglichkeit, eine unbillige Härte geltend zu machen, sowie auf die Konsequenzen einer Fristversäumnis hingewiesen.

70

Mit Schreiben vom 29. September 2016, das der Antragstellerin ebenfalls wegen Unzustellbarkeit am Hauptsitz unter der Adresse des Standorts ihrer Spielhallen am 21. Oktober 2016 zugestellt wurde, wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf die nun in Kraft getretene HmbSpielhWeiterbetrErlVO und auf den Ausschlusstermin, den 1. Dezember 2016, 12:00 Uhr, hin. Die Antragstellerin wurde darüber informiert, dass sie als Bestandsunternehmen einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für den Weiterbetrieb nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhWeiterbetrErlVO einschließlich der erforderlichen Unterlagen zu stellen habe. Außerdem wurde die Antragstellerin u.a. erneut auf die Konsequenzen bei verspäteten und unvollständigen Anträgen und auf die Härtefallregelung in § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG hingewiesen. Dem Schreiben ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass lediglich ein einheitliches Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis für den Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen besteht, für das ein Ausschlusstermin gilt. Soweit auf Seite 3 des Schreibens auf die Härtefallregelung und die Möglichkeit, eine unbillige Härte geltend zu machen, ausdrücklich erneut hingewiesen wird, besagt dieser Hinweis nach objektivem Verständnis, dass der Antragsteller gegebenenfalls die begehrte Erlaubnis auf diese Regelung stützen und die dafür erforderlichen Unterlagen beifügen kann. Zwar macht die Antragstellerin geltend, eine Frist für die Beantragung der Härtefallbefreiung sei dort nicht erwähnt. Die Gesamtheit der Hinweise in dem Schreiben konnte ein (zudem sachkundiger) Spielhallenbetreiber einer Bestandsspielhalle nach objektivem Empfängerhorizont aber nur so verstehen, dass ein eigenständiges Verfahren (mit ggf. gesondert bestimmten Ausschlussfristen oder -terminen) für die Geltendmachung von Härtegründen nicht existiert. Daraus konnte er folgern, dass er den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbspielhG bis zum genannten Termin stellen musste. Der Empfänger des Schreibens konnte auch erkennen, dass er in diesem Verfahren eine Befreiung wegen unbilliger Härte beantragen konnte.

71

Die Antragsgegnerin ist auch im Weiteren ihrer Informationspflicht aus § 25 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG nachgekommen. Nach Erhalt des Antrages der Antragstellerin vom 21. November 2016, der auf die Regelungen des nordrhein-westfälischen Glücksspielrechts gestützt worden war, wies eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin nach mehreren erfolglosen Versuchen der Kontaktaufnahme die Geschäftsführer der Antragstellerin A. und B. sowie Herrn C. am 29. bzw. am 30. November 2016 per E-Mail darauf hin, dass die Anträge nicht den Erfordernissen des HmbSpielhG entsprächen und dass sie bis zum 1. Dezember 2016 einzureichen seien. Außerdem führte sie die fehlenden Unterlagen auf. Die E-Mail enthielt zudem als Anhänge ein Antragsformular, erneut das Informationsschreiben vom 29. September 2016, den Gesetzestext des HmbSpielhG und den Text der HmbSpielhWeiterbetrErlVO. Der Geschäftsführer A. bestätigte der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin auch am 29. November 2016, man werde die fehlenden Unterlagen fristgerecht einreichen.

72

Dass die Antragstellerin den Hinweis, es sei (nur) ein vollständiger Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zu stellen, so verstanden haben dürfte, ergibt sich aus der E-Mail der Mitarbeiterin D. vom 1. Dezember 2016, 9:15 Uhr, in der es heißt: „Wie mit Frau E. telefonisch am 29. und 30. November abgesprochen, wird Herr C. heute die restlichen Unterlagen für unsere Anträge auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG i.V.m. mit Art. 1 § 24 des Ersten GlüStV bei Ihnen einreichen. Im Anhang finden Sie die überarbeiteten Härtefallanträge für die drei Spielhallen im Gebäude XXX Straße . in ….. Hamburg. …“ Das an die Antragsgegnerin gerichtete Schreiben vom 1. Dezember 2016, das am selben Tag einging, enthält den „Antrag auf die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG i.V.m. Artikel 1 § 24 des Ersten Glückspieländerungsstaatsvertrages“. Im Folgenden begehrte darin die Antragstellerin eine Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG, § 25 GlüStV zur Vermeidung unbilliger Härten. Sollten die Geschäftsführer oder mit der Antragstellung befasste Mitarbeiter der Antragstellerin trotz der eindeutigen Hinweisschreiben und der übersandten Rechtsgrundlagen dennoch im Zweifel gewesen sein, ob für die von ihr beabsichtigten und später gestellten Anträge auf Weiterbetriebserlaubnisse auf Grund der Befreiungsregelung des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG ebenfalls die Ausschlussfrist (1.12.2016, 12:00 Uhr) galt oder ob - wie die Antragstellerin nun geltend macht - diese Anträge jederzeit auch später ohne Bindung an die Ausschlussfrist möglich sind, hätten sie sich darüber angesichts der zahlreichen telefonischen und E-Mail - Kontakte mit den Mitarbeitern der Antragsgegnerin kurzfristig Gewissheit verschaffen können. Dies ist nicht geschehen.

73

b) Da die Antragstellerin ihre Anträge nicht fristgerecht gestellt hat, waren diese ohne eine Prüfung, ob eine Erlaubnis zum Betrieb ihrer drei Spielhallen wegen unbilliger Härte oder wegen des Alters nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5, Abs. 4 HmbSpielhG erteilt werden kann, nach § 9 Abs. 6 Satz 6 HmbSpielhG nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes zu bescheiden. Die Anträge dürfte die Antragsgegnerin danach in den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt haben.

74

Die Prüfung der allgemeinen Anforderungen des HmbSpielhG ergibt, dass die drei in einem Gebäude liegenden Spielhallen gegen das Verbundverbot und das Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG verstoßen und die Erlaubnis daher nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG zu versagen ist. Denn an dem ca. 170 m entfernten Standort YYY Straße … wird eine Spielhalle mit einer Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG betrieben. Damit wird der nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG geforderte Abstand von 500m unterschritten. Zudem begehrt die Antragstellerin den Betrieb aller drei in einem Gebäude liegenden Spielhallen. Dies widerspricht § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG, wonach an jedem Standort nur ein Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG zugelassen werden darf.

75

Die von der Antragstellerin verlangte Vorlage der Regelungen zur Ausschlussfrist in § 2 Abs. 1 HmbSpielhWeiterbetrErlVO und in § 9 Abs. 6 HmbSpielhG an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit ist in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur in Ausnahmefällen zulässig, die hier nicht vorliegen (vgl. dazu Meyer, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 100 Rn. 7 m.w.N.). Zudem hat das Beschwerdegericht hier keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen.

III.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Zif. 54.1) ist für das Interesse der Antragstellerin ein Wert von 15.000,-- Euro pro Spielhalle im Hauptsacheverfahren anzunehmen. Der sich danach ergebende Wert von 45.000,-- Euro ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz war entsprechend von Amts wegen zu ändern.

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(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das rückwirkende Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes (SächsBesG).

I.

2

Der Beschwerdeführer ist seit Oktober 1993 Beamter des Freistaates Sachsen. Im Dezember 2009 machte der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Gewährung des Grundgehaltes aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 1. Januar 2009 geltend, da die besoldungsrechtliche Ersteinstufung nach dem Lebensalter und der Stufenaufstieg nach dem Dienstalter gemäß § 17 SächsBesG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 in Verbindung mit §§ 27, 28 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters und damit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellten. Das Begehren wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2010 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Chemnitz mit Urteil vom 3. Februar 2011 mit der Begründung abgewiesen, die besoldungsrechtlichen Rechtsgrundlagen verstießen nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG und begründeten keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Auf die Berufung des Beschwerdeführers hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und den Beklagten verurteilt, den Beschwerdeführer wegen der besoldungsrechtlichen Diskriminierung rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 so zu stellen, als hätte er im Zeitpunkt seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits ein Lebensalter von 34 Jahren und elf Monaten erreicht, wobei das Besoldungsdienstalter nach § 17 SächsBesG in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 in Verbindung mit §§ 27, 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 um zwei Monate hinauszuschieben sei.

3

Der Beschwerdeführer hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens erließ der Sächsische Gesetzgeber das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 18. Dezember 2013. Mit Art. 2 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes wurde das Sächsische Besoldungsgesetz neu geregelt. Wesentlicher Gegenstand der Besoldungsreform war, dass die Bemessung des Grundgehalts der Beamten der Besoldungsordnung A nicht mehr nach dem Besoldungsdienstalter, sondern nach den tatsächlich geleisteten Dienstzeiten und der erbrachten Leistung erfolgt. Gemäß Art. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz wurde das Sächsische Besoldungsgesetz rückwirkend zum 1. September 2006 in Kraft gesetzt.

4

Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann mit Urteil vom 30. Oktober 2014 die Revision des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Revision des Beklagten das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 stehe dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Grundgehalt aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe zu, denn das durch das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 18. Dezember 2013 mit Wirkung zum 1. September 2006 eingeführte Besoldungssystem sei mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar. Die Ersteinstufung des Beamten orientiere sich nicht mehr am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpfe an die bisher erlangte Berufserfahrung an. Zwar perpetuiere die Überleitungsregelung des § 80 SächsBesG für Bestandsbeamte, die am 31. August 2006 in einem Dienstverhältnis zum Beklagten standen, die unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters, weil die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts sich an der Grundgehaltsstufe orientiere, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem früheren diskriminierenden System der §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 zugestanden hätte. Diese Überleitungsregelung sei jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes und zur Wahrung des am 1. September 2006 erreichten Status quo nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt. Auch habe der Europäische Gerichtshof die administrativen Schwierigkeiten für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten als ausreichend gewichtig für eine solche Übergangsregelung angesehen. Die rückwirkende Inkraftsetzung der §§ 27 bis 29 sowie des § 80 SächsBesG zum 1. September 2006 durch Art. 28 Abs. 3 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes sei mangels belastender Tendenz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An einer belastenden Wirkung für bereits am 31. August 2006 ernannte Beamte fehle es, weil die zum 1. September 2006 in Kraft gesetzte landesrechtliche Regelung weder nach dem früheren Recht begründete Besoldungsansprüche beseitige noch ihre Geltendmachung erschwere. Selbst wenn man von einer belastenden Wirkung der rückwirkenden Inkraftsetzung der Neuregelung ausginge, sei eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Es fehle an der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Beschwerdeführers, weil ein kompetenz- und unionsrechtskonformes Landesgesetz rückwirkend an die Stelle eines unionsrechtswidrigen Bundesgesetzes getreten sei. Die Rückwirkung scheitere auch nicht daran, dass hierdurch der ab dem 8. September 2011 bestehende unionsrechtliche Haftungsanspruch oder der ab dem 18. August 2006 bestehende Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG weggefallen ist.

II.

5

Mit seiner gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Chemnitz gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts aus Art. 33 Abs. 5 GG. Darüber hinaus macht er die Unvereinbarkeit der Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7, Art. 27 Nr. 1, Art. 2 §§ 27 f., 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 33 Abs. 5 GG geltend.

6

Der Landesgesetzgeber habe nicht das nach Art. 125a GG fortgeltende Bundesbesoldungsgesetz in einzelnen Normen modifizieren dürfen. Soweit der Landesgesetzgeber mit Art. 28 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes unterschiedliche Regelungen zum In- und Außerkrafttreten getroffen habe, begründe dies eine unzulässige Vermischung von Bundes- und Landesrecht. Das rückwirkende Inkrafttreten des Sächsischen Besoldungsgesetzes sei mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar. Das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz bewirke den Entzug einer Rechtsposition, da durch das rückwirkende Inkrafttreten in den Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG entschädigungslos eingegriffen worden sei. Der Gesetzgeber dürfe zudem nur für die Zukunft tätig werden, nicht aber rückwirkend zur Abwendung eines Schadens. Andernfalls liefe die Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG leer. Art. 2 §§ 27 ff., 80 f. Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sei mit Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit für Übergangsfälle das diskriminierende System der Stufenzuordnung fortgeführt werde. Die fortdauernde Ungleichbehandlung sei nicht wegen des ansonsten entstehenden Aufwandes der Einzelfallprüfung gerechtfertigt.

B.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (vgl. BVerfGE 90, 22 <24>; 96, 245 <248>). Die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind hinreichend geklärt; sie lassen sich mit Hilfe der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe ohne weiteres entscheiden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I.

8

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 3. Februar 2011 wendet, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer setzt sich nicht (hinreichend) mit der angegriffenen Entscheidung und deren konkreter Begründung auseinander (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>).

II.

9

Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen unbegründet. Die mittelbar angegriffenen Vorschriften Art. 2 §§ 27 f., 80 f., Art. 27 Nr. 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 7 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht die Vorschriften in seiner Entscheidung als verfassungskonform zugrunde gelegt hat.

10

1. Ein Verstoß gegen Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht vor.

11

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG in der Fassung vom 27. Oktober 1994 ist es den Ländern verwehrt, bei Fortbestand der bundesrechtlichen Regelung einzelne Vorschriften zu ändern. Die andernfalls entstehende Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im selben Anwendungsbereich wäre im bestehenden System der Gesetzgebung ein Fremdkörper. Eine Ersetzung des Bundesrechts erfordert, dass der Landesgesetzgeber die Materie, gegebenenfalls auch einen abgrenzbaren Teilbereich, in eigener Verantwortung regelt. Dabei ist er nicht gehindert, ein weitgehend mit dem bisherigen Bundesrecht gleich lautendes Landesrecht zu erlassen (BVerfGE 111, 10 <29 f.>).

12

b) Hiervon ausgehend hat der Sächsische Landesgesetzgeber durch Erlass des Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz das Sächsische Besoldungsgesetz erkennbar in eigener Verantwortung geregelt, mithin Bundesrecht durch Landesrecht ersetzt. Der Landesgesetzgeber hat mit Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz eine umfassende Regelung des Besoldungsrechts für Sachsen getroffen und nicht nur in Teilen ersetzt. Lediglich das Inkrafttreten einzelner besoldungsrechtlicher Bestimmungen wurde in Art. 28 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz unterschiedlich geregelt. Ob diese differenzierte Bestimmung zum Inkrafttreten erforderlich ist, liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und entzieht sich einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Sie steht jedenfalls einer Ersetzung nicht entgegen. Selbst wenn man Art. 2 §§ 27, 28 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz und die damit bewirkte Neugestaltung der Bemessung des Grundgehalts für die Beamten durch den Wegfall des Besoldungsdienstalters und die Ausrichtung an den tatsächlich geleisteten Dienstzeiten sowie der erbrachten Leistung isoliert betrachten würde, handelte es sich um einen abgrenzbaren Teilbereich des Besoldungsrechts. Es entsteht damit keine unzulässige Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand (vgl. BVerfGE 111, 10 <29 f.>). Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, inwieweit die von der Beschwerde zitierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts auch für den Regelungsbereich des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG Geltung beanspruchen.

13

2. Die angegriffene rückwirkende Neuregelung der Beamtenbesoldung durch Art. 2 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 des Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsgesetzes verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

14

a) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies daher einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>).

15

b) Hieran gemessen entfaltet das Sächsische Dienstrechtsneuordnungsgesetz schon keine belastende Wirkung.

16

aa) Art. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz schafft ein diskriminierungsfreies Besoldungssystem. Die bisherige, am Besoldungsdienst- oder Lebensalter ausgerichtete Stufenzuordnung ist durch eine altersunabhängige, an beruflichen Erfahrungszeiten orientierte Zuordnung ersetzt worden. Eine rechtsbeeinträchtigende Wirkung geht damit nicht einher. Auch bei isolierter Betrachtung der Überleitungsregelung in Art. 2 § 80 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sind keine nachteiligen Auswirkungen festzustellen. Angesichts der rückwirkenden Einführung des neuen Besoldungssystems zum 1. September 2006 hat der Gesetzgeber mit Art. 2 § 80 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz explizit für Bestandsfälle aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Überleitungsregelung unter Wahrung von Besitzständen geschaffen. Nach erfolgter Überleitung in die neue Erfahrungsstufe beginnt ab 1. September 2006 der weitere Stufenaufstieg nach Art. 2 § 27 Abs. 2 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Dabei entspricht der anschließende Stufenaufstieg hinsichtlich der Zahl der Stufen sowie des Rhythmus des Aufstiegs der früher maßgeblichen Vorschrift des Bundesbesoldungsgesetzes. Für Beamte, die im Zeitraum vom 1. September 2006 bis 31. Dezember 2013 ernannt wurden, sieht Art. 2 § 80 Abs. 6 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz sogar eine Günstigerregelung vor, wonach im Einzelfall aus Vertrauensschutzgründen zur Wahrung des Status quo die § 27 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 Anwendung finden. Eine Schlechterstellung ist mit der Überleitungsregelung daher nicht verbunden.

17

bb) Eine belastende Wirkung ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beschwerdeführer rückwirkend ein Anspruch auf höhere Besoldung entzogen worden wäre. Eine solche Rechtsposition, die ihm hätte entzogen werden können, stand ihm weder gesetzlich zu, noch wurde sie ihm bestandskräftig gerichtlich zugesprochen. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Entschädigung unter Beibehaltung des diskriminierenden Besoldungssystems oder auf Erlass eines diskriminierungsfreien Besoldungssystems unter Beibehaltung des Anspruchs auf Entschädigung bestand ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es grundsätzlich dem Gestaltungsspielraum des Normgebers überlassen bleiben, wie die aus einer Verfassungswidrigkeit resultierende Lücke zu schließen ist (vgl. BVerfGE 37, 217 <260 f.>; 39, 316 <332 f.>; 88, 87 <101>; 93, 165 <178>; 115, 81 <93 f.>). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Kann der Gesetzgeber zwischen mehreren denkbaren und verfassungsrechtlich gleichermaßen zulässigen Lösungen wählen, obliegt es folglich ihm zu entscheiden, wie die Folgen eines altersdiskriminierenden Besoldungssystems zu beseitigen sind. Der Sächsische Gesetzgeber hat sich für den Erlass eines an der Berufserfahrung ausgerichteten Besoldungssystems entschieden. Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

18

3. Die Stichtags- und Überleitungsregelung in Art. 2 § 80 Sächsisches Dienstrechtsneuordnungsgesetz verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

19

a) Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfGE 101, 239 <270>; stRspr). Bei der Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war. In besonderen Lagen können Stichtags- und Überleitungsregelungen geboten sein (vgl. etwa BVerfGE 13, 31 <38>; 44, 1 <20 f.>; 71, 364 <397>; 75, 78 <106>; 80, 297 <311>; 117, 272 <301>).

20

Diese Grundsätze gelten ebenso für die Anwendung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 26, 141 <159>; 76, 256 <295>).

21

b) Die von dem Beschwerdeführer beanstandete Stichtags- und Überleitungsregelung bewegt sich in diesem verfassungsrechtlichen Rahmen. Der Landesgesetzgeber hielt die Überleitungsregelung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung für erforderlich. Da es mit Feststellungsaufwand und Bewertungs- sowie Beweisschwierigkeiten verbunden ist, die unter dem alten Recht entstandenen Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Januar 2003 - 2 BvL 9/00 -, juris, Rn. 14), war die Einschätzung des Landesgesetzgebers, dass eine Stichtags- und Überleitungsregelung dem Ziel der Gesetzesnovelle entspricht, sachgerecht (zur Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes vgl. BVerfGE 44, 283 <288>; 82, 60 <101 f.>; 100, 195 <205>). Eine solche Überleitungsregelung ist als Ungleichbehandlung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht nur zulässig, sondern kann im Rahmen einer Abwägung zwischen dem Vertrauen des Beamten auf den Fortbestand der bisherigen Regelung und der Bedeutung des Anliegens des Gesetzgebers, ein diskriminierungsfreies Besoldungssystem zu schaffen, sogar geboten sein (vgl. BVerfGE 71, 255 <273>). Die Wahl des maßgeblichen Zeitpunkts ist am gegebenen Sachverhalt orientiert. Der Gesetzgeber hat den für die Unterstellung unter das neue Recht maßgeblichen Stichtag an das Inkrafttreten der Föderalismusreform, mithin an den Zeitpunkt des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz zum 1. September 2006 gekoppelt. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

22

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

23

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Artikels 74 Abs. 1, der Einfügung des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder des Artikels 105 Abs. 2a Satz 2 oder wegen der Aufhebung der Artikel 74a, 75 oder 98 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.

(2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 72 Abs. 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass es durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(3) Recht, das als Landesrecht erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 73 nicht mehr als Landesrecht erlassen werden könnte, gilt als Landesrecht fort. Es kann durch Bundesrecht ersetzt werden.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betraf ein finanzgerichtliches Verfahren zur Erbschaftsteuer für eingetragene Lebenspartner.

I.

2

Die Beschwerdeführerin ist Erbin ihrer am 28. Februar 2002 verstorbenen eingetragenen Lebenspartnerin. Das zuständige Finanzamt hatte - ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes in Höhe von 58.500 € - die Erbschaftsteuer auf letztlich 12.040 € festgesetzt. Das von der Beschwerdeführerin mit dem Ziel der Gleichbehandlung mit erbenden Ehegatten betriebene gerichtliche Verfahren war erfolglos geblieben.

3

Mit Beschluss vom 21. Juli 2010 hat der Senat § 16 Abs. 1, § 17, § 15 Abs. 1 und § 19 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl I S. 378) mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit diese eingetragene Lebenspartner betreffen, und die von der Beschwerdeführerin angegriffene Entscheidung des Bundesfinanzhofs aufgehoben. Für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten bestünden keine Unterschiede, die eine solche Benachteiligung der Lebenspartner im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz rechtfertigen könnten.

4

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, den Gegenstandswert auf 45.000 € festzusetzen.

II.

5

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG. Bei der von ihm daher nach billigem Ermessen vorzunehmenden Bestimmung des Gegenstandswerts hat der Senat die in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1989 (BVerfGE 79, 357 <361 f.> sowie 365 <366 ff.>) entwickelten Gesichtspunkte berücksichtigt:

6

Die subjektive Bedeutung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens bemisst sich für die Beschwerdeführerin nach den wirtschaftlichen Folgen der Erbschaftsteuerfestsetzung und damit auf 12.040 €. Dieser Wert trägt der objektiven Bedeutung der Sache allerdings nicht ausreichend Rechnung und bedarf deshalb einer angemessenen Erhöhung. Zwar betrifft die Entscheidung des Senats angesichts der geringen Zahl der Lebenspartnerschaften und des Umstands, dass von der Unvereinbarkeitserklärung nur der Zeitraum ab Einführung der Lebenspartnerschaft bis zum Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 betroffen ist, lediglich eine geringe Anzahl von Erbfällen und nur noch außer Kraft getretenes Recht. Für die erfassten Altfälle kann die Entscheidung je nach Größe der Erbschaft im Einzelfall jedoch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Vor allem aber hat die Verfassungsbeschwerde zu einer Klärung der verfassungsrechtlichen Frage von allgemeiner Bedeutung geführt, inwieweit im Recht der Erbschaftsteuer eine Differenzierung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern zulässig ist. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigen hingegen keine weitere Erhöhung des Gegenstandswerts.

Tenor

1. § 18b Absatz 3 Satz 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 936) ist in dieser und den nachfolgenden Fassungen mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er den großen Teilerlass der Rückforderung von Förderungsdarlehen davon abhängig macht, dass Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit Bestehen der Abschlussprüfung beenden, obwohl in dem betreffenden Studiengang die gesetzlich festgelegte Mindeststudienzeit weniger als vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer endet.

2. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 28. Juni 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 - in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 5. November 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2004 - 25 K 10483/02 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2007 - 4 A 4838/04 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich zum einen dagegen, dass Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine geringere Förderungshöchstdauer Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) erhalten konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Zum anderen betrifft sie die Voraussetzungen für einen sogenannten "großen Teilerlass" der als Darlehen gewährten Ausbildungsförderung nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, die infolge der unterschiedlichen Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern anders als in den alten nicht zu erfüllen waren. Die Regelung wurde später mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2012 abgeschafft.

I.

2

1. Die bedürftigkeitsabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung geleistet. Bei Studiengängen, d.h. bei der Ausbildung an Hochschulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG), wird die Förderung allerdings grundsätzlich begrenzt durch die normativ vorgegebene Förderungshöchstdauer (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die Studienförderung wird zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen erbracht, wobei die zurückzuzahlende Darlehenssumme für Ausbildungsabschnitte, die nach dem 28. Februar 2001 beginnen, auf 10.000 Euro begrenzt ist (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die erste Darlehensrate ist fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer zu leisten (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG).

3

2. § 18b BAföG sieht Möglichkeiten vor, das Darlehen bei erfolgreichem Studienabschluss teilweise zu erlassen. Neben einem leistungsabhängigen Teilerlass (vgl. § 18b Abs. 2 BAföG) kommt nach § 18b Abs. 3 BAföG ein studiendauerabhängiger Teilerlass bei Beendigung des Studiums vor Ablauf der Förderungshöchstdauer in Betracht. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen einem großen (Satz 1) und einem kleinen Teilerlass (Satz 2).

4

a) In der hier maßgeblichen Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) lautet § 18b Abs. 3 BAföG:

5

§ 18b

6

Teilerlass des Darlehens

7

8

(3) Beendet der Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlußprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig, so werden auf seinen Antrag 5.000 DM des Darlehens erlassen. Beträgt der in Satz 1 genannte Zeitraum nur zwei Monate, werden 2.000 DM erlassen. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides nach § 18 Abs. 5a zu stellen.

...

9

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 sind durch das Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl I S. 390) an die Stelle der Beträge von 5.000 DM und 2.000 DM Beträge von 2.560 Euro und 1.025 Euro getreten. Durch das Dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422) sind die Regelungen über den Darlehensteilerlass mit einer Übergangszeit für bereits im Studium stehende BAföG-Empfänger abgeschafft worden. Einen Teilerlass können nunmehr nur noch solche Auszubildenden erhalten, die ihre Abschlussprüfung bis zum 31. Dezember 2012 bestehen oder ihre Ausbildung bis zu diesem Zeitpunkt planmäßig beenden.

10

b) Der Teilerlass des Darlehens bei vorzeitiger Beendigung des Studiums ist seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (2. BAföGÄndG) vom 31. Juli 1974 (BGBl I S. 1649) im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt. Ursprünglich war ein Teilerlass von 2.000 DM für jedes Semester vorgesehen, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschloss. Nach der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs sollte damit ein Anreiz geschaffen werden, dass der Auszubildende seine Ausbildung in der Mindeststudienzeit, also vor Ablauf der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. BTDrucks 7/2098, S. 20 zu Nr. 16). Dies war möglich, weil die Förderungshöchstdauer damals die Mindeststudienzeit um ein bis zwei Semester überstieg, um mindestens ein Semester zur freieren Studiengestaltung bereitzustellen (siehe dazu unten 3. a). Bei einem Abschluss des Studiums innerhalb der Mindeststudienzeit wurde das Studium mithin in der Regel mindestens ein Semester vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beendet.

11

Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG) vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) wurden die Möglichkeiten, einen Teilerlass des Darlehens zu erreichen, dahingehend erweitert, dass hierfür schon ein Abschluss der Ausbildung vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer genügte. Dadurch sollten ungerechtfertigte Härten vermieden werden, gleichzeitig aber ein Anreiz zur vorzeitigen Beendigung des Studiums erhalten bleiben (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23). Zur Milderung von Härten bei Verfehlung des Stichtags, insbesondere wegen nicht vom Auszubildenden zu vertretender Verzögerungen im Prüfungsablauf (vgl. BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b), führte das Elfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (11. BAföGÄndG) vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) schließlich den kleinen Teilerlass ein, der auf einen Abschluss der Ausbildung zwei Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer abstellte.

12

3. a) Die Förderungshöchstdauer wurde zunächst in einer vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beziehungsweise Bildung und Forschung erlassenen Rechtsverordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) geregelt. In ihrer ursprünglichen Fassung vom 9. November 1972 (BGBl I S. 2076) setzte sie für die einzelnen Ausbildungs- und Studiengänge jeweils eine bestimmte Anzahl an vollen Semestern als Förderungshöchstdauer fest. Dabei orientierte sie sich an den landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die damals noch überwiegend eine Mindestausbildungsdauer vorschrieben. Die Förderungshöchstdauer wurde dabei grundsätzlich so bemessen, dass dem Auszubildenden über die Mindestausbildungsdauer hinaus noch ein Semester zur Ablegung des Examens, soweit dies nach den Ausbildungsbestimmungen erforderlich war, und ein weiteres Semester zur freieren Studiengestaltung zur Verfügung stand (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5).

13

Als die landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen aufgrund der Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl I S. 185) dazu übergingen, anstelle von Mindeststudienzeiten Regelstudienzeiten festzusetzen, änderten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch die Prinzipien der Bemessung der Förderungshöchstdauer. Die Förderungshöchstdauerverordnung glich zunächst bei neuen Studiengängen, nach und nach aber auch bei herkömmlichen Studiengängen die Förderungshöchstdauer an die Regelstudienzeit an (vgl. im Einzelnen hierzu BRDrucks 238/85, S. 9 f., BRDrucks 249/88, S. 11 f., BRDrucks 610/92, S. 22 und BRDrucks 236/94, S. 13).

14

Auch die durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006) mit Wirkung zum 1. August 1996 eingeführte bundesgesetzliche Regelung der Förderungshöchstdauer in § 15a BAföG orientierte sich nach der Begründung des Gesetzentwurfs an den Regelstudienzeiten (vgl. BRDrucks 886/95, S. 35). Seit dem 1. April 2001 (Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetzes , vgl. oben 2. a) ordnet § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG ausdrücklich an, dass die Förderungshöchstdauer der Regelstudienzeit im Sinne von § 10 Abs. 2 HRG oder einer vergleichbaren Festsetzung entspricht.

15

b) Für Studiengänge in den neuen Ländern galt das Prinzip der Bemessung der Förderungshöchstdauer nach der Regelstudienzeit bereits seit der Wiedervereinigung uneingeschränkt. Der durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 3 Buchstabe b und Nr. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885, 1132) zum 1. Januar 1991 eingeführte § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sah vor:

16

§ 9

17

Vorläufige Förderungshöchstdauer bei nicht genannten Ausbildungen

18

19

(2) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an Hochschulen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in dem Teil des Landes Berlin, in dem die Verordnung bisher nicht galt, bestimmt sich nach der vom zuständigen Fachministerium in den Studienplänen für die jeweilige Fachrichtung festgelegten Regelstudienzeit.

20

c) Im Studiengang Humanmedizin wurde die Förderungshöchstdauer ausgehend von den unter a) dargestellten Bemessungsprinzipien unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts festgesetzt.

21

aa) Das ärztliche Berufsrecht sieht seit den 1970er Jahren eine Mindeststudienzeit von sechs Jahren oder zwölf Semestern vor, die aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Koordinierung auch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt (vgl. zuletzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ). Eine Approbation als Arzt erhält nur, wer nach einem Studium der Humanmedizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren die Ärztliche Prüfung bestanden hat (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte<ÄApprO>).

22

Die Approbationsordnung für Ärzte normiert seit Ende der 1970er Jahre auch die Regelstudienzeit für das Studium der Humanmedizin. Sie beträgt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO sechs Jahre und drei Monate, d.h. zwölf Semester und den Prüfungszeitraum, und setzt sich aus der Mindeststudienzeit und der maximal notwendigen Zeit für die Ablegung des letzten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zusammen, der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO jährlich in den Monaten April bis Juni und Oktober bis Dezember stattfindet (vgl. auch BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f.).

23

Diese bundesrechtlichen Vorgaben galten auch für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern, die sich ab 1992 oder ab 1991 immatrikulierten und das Physikum bis zum 31. Dezember 1994 bestanden (vgl. § 14a Abs. 4 BÄO i.d.F. der Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt II Nr. 1 Buchstabe h des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 i.V.m. Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 ). Dementsprechend setzte auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der der Beschwerdeführer studiert hat, in § 1 Satz 2 ihrer Studienordnung für den Vorklinischen Studienabschnitt des Studienganges Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 28. September 1993 (Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 9/1994, S. 336) die Regelstudienzeit auf sechs Jahre und drei Monate fest.

24

bb) Die Förderungshöchstdauer im Studiengang Humanmedizin wurde im Hinblick auf die im ärztlichen Berufsrecht vorgegebene Mindest- und Regelstudienzeit vor dem Hintergrund der sich wandelnden Bemessungsprinzipien mehrfach geändert.

25

Für Studierende, die ihr Studium der Humanmedizin nach dem 1. Januar 1970 aufgenommen hatten, galt zunächst eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 und 39 FörderungshöchstdauerV i.d.F. vom 9. November 1972 ). Sie setzte sich aus der Mindeststudienzeit von sechs Jahren und einem weiteren Semester zur Absolvierung von Examina und zur freieren Studiengestaltung zusammen (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5). Vor dem Hintergrund der Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO, wonach der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erst innerhalb der ersten drei Monate des dreizehnten Fachsemesters abgelegt werden konnte, wurde die Förderungshöchstdauer Mitte 1979 rückwirkend zum 1. August 1974 auf vierzehn Semester erhöht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 i.d.F. der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen <3. FörderungshöchstdauerVÄndV> vom 25. Mai 1979 ). Nach der Begründung des Verordnungsgebers sollte auch Studierenden der Humanmedizin durch die Anhebung der Förderungshöchstdauer ein über die Mindeststudienzeit hinaus gehendes Fachsemester ermöglicht werden (vgl. BRDrucks 17/79, S. 23).

26

§ 5 Abs. 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 11. Juli 1988 (BGBl I S. 1029) setzte die Förderungshöchstdauer wieder herab, um sie an die in der Approbationsordnung für Ärzte geregelte Regelstudienzeit "anzugleichen" (vgl. BRDrucks 249/88, S. 15). Die Vorschrift, die für alle Studierenden der Humanmedizin galt, die ihr Studium nach dem 1. Oktober 1986 aufgenommen hatten (vgl. § 11b Abs. 3 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV), lautet:

27

§ 5

28

Förderungshöchstdauer an wissenschaftlichen Hochschulen

29

(1) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an wissenschaftlichen Hochschulen beträgt für den

30

Studiengang

Semester

63. Medizin

13

31

32

Die Zehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 13. Juni 1994 (BGBl I S. 1257) änderte § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV erneut und setzte die Förderungshöchstdauer nunmehr auf die Regelstudienzeit von zwölf Semestern und drei Monaten herab. Zugleich führte sie eine Übergangsregelung in § 11d FörderungshöchstdauerV ein. Diese Vorschrift lautet:

33

§ 11d

34

Übergangsvorschrift 1994

35

In einem Studiengang, dessen Förderungshöchstdauer durch die Zehnte Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Juni 1994 (BGBl. I S. 1257) gekürzt wird, gilt für Auszubildende, die vor dem 1. Oktober 1994 das vierte Fachsemester vollendet haben, die bisherige Förderungshöchstdauer weiter.

36

In den neuen Ländern war die vollständige Anpassung der Förderungshöchstdauer an die bundesrechtlich vorgegebene Regelstudienzeit allerdings durch § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV schon früher erfolgt (siehe oben b).

37

Die der Regelstudienzeit entsprechende Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten wurde auch als besondere Regelung in § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung des 18. BAföGÄndG (siehe dazu oben a) aufgenommen. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

38

§ 15a

39

Förderungshöchstdauer

40

41

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Förderungshöchstdauer für die Universitätsstudiengänge

42

3. Medizin, mit Ausnahme von Zahn- und Tiermedizin,

12 Semester

und 3 Monate.

43

Nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Satz 2 BAföG in der Fassung des 18. BAföGÄndG galt allerdings die FörderungshöchstdauerV für solche Studierenden weiter, die vor dem 1. Oktober 1996 das vierte Fachsemester beendet hatten.

44

Die allgemeine Verweisung auf die Regelstudienstudienzeit in § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG in der seit dem 1. April 2001 geltenden Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) (vgl. oben 2. a) machte diese Regelung schließlich entbehrlich.

45

4. Was die Möglichkeiten anbetrifft, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erhalten, stellt sich die Rechtslage für Studierende der Humanmedizin damit wie folgt dar: Studierenden, die ihr Studium in den neuen Ländern nach den Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte durchführten und abschlossen (siehe dazu 3. c) aa), war es von vornherein objektiv unmöglich, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erreichen. Sie konnten ihr Studium nicht vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschließen, da die Förderungshöchstdauer gemäß § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung entsprechend der Regelstudienzeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO zwölf Semester und drei Monate betrug und eine Mindeststudienzeit von zwölf Semestern zu absolvieren war. Für Studierende der Humanmedizin, die ab dem Sommersemester 1993 ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen hatten, gilt das gleiche (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV). Wer allerdings, wie bei einem Studienbeginn im Wintersemester 1992/1993 oder früher, am 1. Oktober 1994 sein viertes Fachsemester in den alten Ländern vollendet hatte, konnte bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ende des zwölften Semesters einen großen Teilerlass erhalten, da für ihn eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern galt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV i.V.m. § 11d FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV).

II.

46

Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 1991/1992 ein Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und schloss es am 27. Oktober 1997 erfolgreich mit dem Bestehen des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Während des Studiums erhielt er Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die ihm zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt wurde.

47

Bereits Ende 1994 erließ das Studentenwerk Erfurt einen Leistungs- und Rückforderungsbescheid, der als Ende der Förderungshöchstdauer September 1997 nannte. Auf den Widerspruch des Beschwerdeführers erging Anfang 1995 zunächst ein korrigierter Leistungsbescheid, in dem als Ende der Förderungshöchstdauer nunmehr der Dezember 1997 genannt war. Im April 1995 wurde sodann ein Abhilfebescheid hinsichtlich der angefochtenen Rückzahlungsverpflichtung erlassen, der zugleich die Förderungshöchstdauer auf sechs Jahre und drei Monate festlegte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer hiergegen Klage und begehrte die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998, d.h. auf das Ende des dreizehnten Fachsemesters. Das Verwaltungsgericht Weimar wies die Klage als unzulässig ab, weil die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Förderungshöchstdauer keine Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts enthielten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg, wenngleich das Thüringer Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines Verwaltungsaktes widersprach.

48

Am 17. Juni 2002 erließ das Bundesverwaltungsamt einen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid nach § 18 Abs. 5a BAföG, in dem es das Ende der Förderungshöchstdauer auf den letzten Tag des Monats Dezember 1997 festlegte und die Höhe der Darlehensschuld festsetzte. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 28. Juni 2002 gewährte das Bundesverwaltungsamt dem Beschwerdeführer einen leistungsabhängigen Teilerlass sowie einen kleinen Teilerlass (1022,58 Euro = 2.000 DM), weil der Beschwerdeführer das Studium zwei Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abgeschlossen habe. Der Beschwerdeführer hatte danach noch insgesamt 4.904,13 Euro zurückzuzahlen. Diese Summe würde sich bei vorzeitiger Rückzahlung auf 3.996,87 Euro reduzieren.

49

Mit seinem gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid einerseits und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses andererseits gerichteten Widerspruch machte der Beschwerdeführer geltend, das Ende der Förderungshöchstdauer müsse auf den letzten Tag des Monats März 1998 festgesetzt werden. Darüber hinaus sei ihm anstelle des kleinen Teilerlasses ein großer Teilerlass (2.556,46 Euro = 5.000 DM) zu gewähren. Seine nach Zurückweisung des Widerspruchs durch zwei separate Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen auf die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 einerseits und auf die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG andererseits wies das Verwaltungsgericht Köln als unbegründet ab. Es könne offen bleiben, ob das Bundesverwaltungsamt an die zuvor vom Studentenwerk Erfurt verfügte Festsetzung der Förderungshöchstdauer gebunden sei. Auch wenn man dies zugunsten des Beschwerdeführers nicht annähme, habe es die Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV zutreffend festgesetzt. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei ein sachlicher Gesichtspunkt, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV den besonderen Verhältnissen an den Hochschulen in den neuen Ländern habe Rechnung tragen wollen. Unterschiede bei der Förderung in den alten und neuen Ländern seien für eine Übergangszeit hinzunehmen. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Regelung sozialer Vergünstigungen verstoße es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Bemessung der Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV dazu führe, dass ein großer Teilerlass nicht erreichbar sei. Die normative Bestimmung einer Förderungshöchstdauer, die auf studienorganisatorische Besonderheiten keine Rücksicht nehme, verstoße nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht dadurch gegen den Gleichheitssatz, dass für Absolventen bestimmter Studiengänge ein Teilerlass nicht erreichbar sei. Entscheidend sei, dass die Förderungshöchstdauer so festgelegt werde, dass ein Abschluss der geförderten Ausbildung regelmäßig möglich sei. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete hingegen nicht, für die Rückzahlung Regelungen vorzusehen, die es in jedem Studiengang ermöglichten, grundsätzlich alle denkbaren Vergünstigungen - wie alle Varianten des leistungsabhängigen Teilerlasses oder des studiendauerabhängigen Teilerlasses - ausschöpfen zu können.

50

Die Anträge auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil - abweichend vom Regelungssystem in den alten Ländern - nicht gewährleistet gewesen sei, dass jedem Auszubildenden beim Besuch einer wissenschaftlichen Hochschule im Beitrittsgebiet über die Mindestausbildungsdauer hinaus generell ein weiteres Semester zur freien Verfügung gestanden habe. Die insoweit gegebene unterschiedliche Behandlung der Auszubildenden im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern rechtfertige sich mit Blick auf die besondere Situation, die bei Abschluss des Einigungsvertrages für das Inkraftsetzen der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes im Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 in Rechnung zu stellen gewesen sei. Die Anwendung dieser Vorschriften einschließlich der Normen über die Förderungshöchstdauer sei nämlich zunächst im Rahmen eines andersartigen, noch maßgeblich durch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik geprägten Bildungssystems erfolgt, dessen Angleichung an die Bedingungen in den alten Ländern nur im Laufe eines längerwährenden Prozesses zu erwarten gewesen sei. Diese besondere Lage habe es ausgeschlossen, die Regelungen der Förderungshöchstdauerverordnung für die alten Länder auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 zu übertragen. Mit der Anknüpfung an die Regelstudienzeit in § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sei eine Bestimmung getroffen worden, die diese Besonderheiten berücksichtigte und deren im Einzelfall nachteiligen Folgen die Auszubildenden für eine Übergangszeit hinzunehmen hätten.

III.

51

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses sowie die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide und gerichtlichen Entscheidungen. Mittelbar richtet er sich gegen § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sowie § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung. Er rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Studierende der Humanmedizin würden im Verhältnis zu Studierenden anderer Studienrichtungen, zum Beispiel Jurastudenten, in nicht gerechtfertigter Weise dadurch ungleich behandelt, dass bei ihnen ein großer Teilerlass von vornherein nicht möglich sei. Zudem dürfe die Förderungshöchstdauer nicht unterschiedlich in den neuen und alten Ländern geregelt werden, da das Medizinstudium in Detailfragen bundeseinheitlich geregelt sei. Die vom Verwaltungsgericht und vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründe studienorganisatorischer Art und die angeführten Besonderheiten an den Hochschulen in den neuen Ländern hätten mit der Frage der Förderungshöchstdauer und der Möglichkeit eines großen Teilerlasses nichts zu tun. Es liege deshalb auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern vor, für die bei einem Studienbeginn zum Wintersemester 1991/1992 eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern gegolten habe und für die ein großer Teilerlass objektiv möglich gewesen sei.

IV.

52

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich der für das Ausbildungsförderungsrecht zuständige 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der Marburger Bund, der NAV Virchow-Bund, das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat geäußert.

53

1. Der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der nach eigenen Angaben bislang nicht mit der durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Problematik befasst war, ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Versagung des großen Teilerlasses in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  , wonach bei der Festlegung der Förderungshöchstdauer zu gewährleisten sei, dass regelmäßig ein Semester zur freieren Verfügung des Auszubildenden stehe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1983 - BVerwG 5 C 50.81 -, juris Rn. 8; BVerwGE 88, 151 <155 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1995 - BVerwG 11 C 26.94 -, juris Rn. 22). Es liege nahe, dass es dann grundsätzlich auch möglich sein müsse, zumindest in diesem Verfügungssemester eine Ausbildung vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Es liege in jedem Fall auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, eine Förderungshöchstdauer zu verlangen, die den Auszubildenden so viel zeitlichen Spielraum für die Ausbildung lasse, dass sie objektiv in allen Studiengängen die Voraussetzungen für den großen Teilerlass erreichen könnten. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Regelung auch ihr für alle Studiengänge gleichermaßen geltender Sinn, einen finanziellen Anreiz für eine zügige Durchführung der Ausbildung zu setzen. Im Ergebnis sei auch die unterschiedliche Behandlung von Studierenden nach dem Standort der Hochschule mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Für Studiengänge, für die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ausbildungsförderungsrechts im Beitrittsgebiet kraft Bundesrechts an ostdeutschen und westdeutschen Hochschulen dieselben Ausbildungs- und Prüfungsregelungen galten, habe kein tragfähiger Grund für die ungleiche Behandlung in Bezug auf die Förderungshöchstdauer bestanden.

54

2. Der Marburger Bund hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für begründet. Es liege ein zweifacher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung zwischen den Studierenden der Humanmedizin der alten und der neuen Länder durch § 9 FörderungshöchstdauerV als auch zwischen den Studierenden der Humanmedizin und denen anderer Studiengänge vor. Etwaige organisatorische Besonderheiten in den neuen Ländern hätten eher zu einer Verlängerung der Förderungshöchstdauer führen müssen. Nach einer Mitgliederbefragung habe es zwischen den Studienbedingungen im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern keine Unterschiede gegeben, so dass ein Studienabschluss jeweils grundsätzlich in derselben Zeit erreichbar gewesen sei. Der Ausschluss von der Möglichkeit, einen großen Teilerlass zu erhalten, sei nicht mit dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Die Grenzen zulässiger Typisierung und Pauschalierung seien überschritten, zumal mit dem Kreis der Studierenden der Humanmedizin an den ostdeutschen Universitäten keine zahlenmäßig kleine Gruppe betroffen sei. Der NAV Virchow-Bund folgt in der Sache gleichfalls der Argumentation des Beschwerdeführers.

55

3. Das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat nehmen in ihren Äußerungen Bezug auf die vom Wissenschaftsrat veröffentlichten Studien zur "Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998" (Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, S. 80 ff. und Anhang I, S. 118 f.) beziehungsweise "von 1999 bis 2003" (Drs. 6825/05 vom 29. August 2005, S. 100 und Anhang I, S. 170). Aus ihnen geht hervor, dass die mittlere Fachstudiendauer im Studienfach Humanmedizin an den meisten Universitäten in den neuen Ländern im Jahre 1998 deutlich und im Jahre 2003 geringfügig niedriger war als an den Universitäten in den alten Ländern. Als Gründe gälten die völlige Neukonzeption der Studiengänge in den neuen Ländern nach der Wende, in denen die Studien- und Prüfungsordnungen realitätsnäher gewesen seien als die über Jahre hinweg nicht evaluierten Ordnungen in den alten Ländern. Letztlich sei auch die Betreuungsrelation besser gewesen als in den alten Ländern.

B.

56

Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig.

I.

57

Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit der Beschwerdeführer als selbstständigen Beschwerdegegenstand die Festsetzung der Förderungshöchstdauer und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen sowie mittelbar die Vorschriften des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und des § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der vom 1. August 1996 bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung angreift, aus denen sich die für den Beschwerdeführer festgesetzte Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten ergibt.

58

Es kann dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, als die Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten und ihr Ende im Dezember 1997 bereits durch die Bescheide des Studentenwerkes Erfurt von Ende 1994 bzw. Anfang 1995 bestandskräftig festgestellt worden und das Bundesverwaltungsamt bei Erlass des hier angefochtenen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides vom 17. Juni 2002 an diese Festsetzungen mit der Folge gebunden gewesen wäre, dass die in den Ausgangsverfahren begehrte Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 nicht in Betracht käme.

59

Jedenfalls ist der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt, weil er durch die Förderungshöchstdauer als solche nicht in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Für den Beschwerdeführer galt zwar eine niedrigere Förderungshöchstdauer als für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Hinsichtlich der primären Rechtswirkung der Förderungshöchstdauer, die Gewährung von Ausbildungsförderung zeitlich zu begrenzen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG), ist dem Beschwerdeführer selbst jedoch kein Nachteil entstanden. Er hat sein Studium innerhalb der für ihn maßgeblichen Förderungshöchstdauer abgeschlossen und für dessen gesamte Dauer Ausbildungsförderung erhalten. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und die darauf gestützten Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen enthalten damit keine unmittelbare verfassungsrechtliche Beschwer für den Beschwerdeführer.

60

Allerdings wirken sich die Vorschriften zur Förderungshöchstdauer indirekt nachteilig für den Beschwerdeführer aus, weil die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch von der für ihn geltenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten abhängt. Doch ist eine Verfassungsbeschwerde nur gegen denjenigen Akt öffentlicher Gewalt zulässig, der die geltend gemachte Grundrechtsverletzung bewirkt (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, juris Rn. 19, 30). Das ist hier die Versagung des Teilerlasses.

II.

61

Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung eines großen Teilerlasses und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen richtet. Er hat insoweit den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend hinreichend substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG aufgezeigt. Sinngemäß richtet sich seine Verfassungsbeschwerde ausweislich ihrer Begründung mittelbar gegen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den für den Beschwerdeführer einschlägigen Vorschriften zur Förderungs-höchstdauer einerseits und zur Mindeststudienzeit andererseits. Der Beschwer-deführer hat diese Vorschrift zwar nicht ausdrücklich als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde bezeichnet. Doch sind seine Ausführungen entsprechend auszulegen (vgl. BVerfGE 68, 1 <68 f.>).

C.

62

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Der Beschwerdeführer wird durch § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (§ 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und durch die daraus folgende Versagung eines großen Teilerlasses in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil es ihm als Studierendem der Humanmedizin in den neuen Ländern von vornherein objektiv unmöglich war, in den Genuss eines großen Teilerlasses zu kommen.

I.

63

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 <396>; 105, 73 <110 ff., 133>), bei dem eine Begünstigung dem einem Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 126, 400 <416> m.w.N.).

64

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>).

65

Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 14/09 -, juris Rn. 45).

II.

66

§ 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (hier § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (hier § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und die darauf beruhende Versagung eines großen Teilerlasses für den Beschwerdeführer sind selbst bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

67

1. Der Beschwerdeführer wird als Student der Humanmedizin in den neuen Ländern zum einen gegenüber Studierenden der Humanmedizin, die im Wintersemester 1992/1993 oder früher ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen und im Sommersemester 1994 ihr viertes Fachsemester vollendet haben, ungleich behandelt. Während für letztere nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV in Verbindung mit § 11d FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG- FörderungshöchstdauerVÄndV eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semester galt und sie damit bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ablauf der Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einen großen Teilerlass erhalten konnten, war dies dem Beschwerdeführer nicht möglich. Denn er konnte sein Studium wegen der bundesrechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einerseits und der für Studierende in den neuen Ländern geltenden, der Regelstudienzeit entsprechenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten andererseits nicht vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beenden. Zum anderen liegt eine Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge vor, in denen entweder gar keine Mindeststudienzeit gilt oder Mindeststudienzeit und Förderungshöchstdauer so bemessen sind, dass ein Abschluss des Studiums vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer möglich bleibt.

68

2. Tragfähige Gründe für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlungen sind nicht erkennbar. Sie ergeben sich weder aus den Materialien zum Bundesausbildungsförderungsgesetz noch aus der Begründung der Förderungshöchstdauerverordnung. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist hierzu nichts vorgetragen worden.

69

a) Für die Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern bestehen keine tragfähigen Sachgründe. Zwar durfte der Gesetzgeber bei der Gewährung von Leistungen einen Spielraum in Anspruch nehmen. Doch erlaubt ihm dieser nicht, Studierende in den neuen Ländern ohne sachangemessene Gründe von einer Begünstigung auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob im Studiengang Humanmedizin in den neuen Ländern in den 1990er Jahren Studienbedingungen geherrscht haben, die einen schnelleren Studienabschluss als an Universitäten in den alten Ländern ermöglich haben, und es deshalb ungeachtet der bundeseinheitlich vorgegebenen Studieninhalte verfassungsrechtlich zulässig war, die Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern übergangsweise niedriger festzusetzen als in den alten Ländern. Zwar darf der Gesetzgeber insbesondere auch zur Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit Regeln treffen, mit denen auch Härten einhergehen können. Doch ließe sich damit allenfalls rechtfertigen, Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine kürzere Dauer zu fördern, weil sie ihr Studium früher abschließen konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Nicht zu rechtfertigen wäre es jedoch, deshalb keinen großen Teilerlass für den Darlehensteil bereits ausgezahlter Förderung zu gewähren. Der Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, Anreize für einen möglichst raschen Studienabschluss vor dem Ende der Förderungshöchstdauer zu setzen (vgl. oben A. I. 2. b), besteht gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ebenso wie in den alten Ländern. Die Mindeststudienzeit von zwölf Semestern, die einem schnellen Studienabschluss Grenzen setzt, gilt kraft bundesgesetzlicher Anordnung für alle Studierenden der Humanmedizin. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern die Begünstigung eines großen Teilerlasses von vornherein versagt blieb, während sie Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern nach der Wiedervereinigung noch übergangsweise offen stand.

70

b) Die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern als auch gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen lässt sich nicht mit der Befugnis des Gesetzgebers rechtfertigen, bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen. Die Voraussetzungen dafür liegen hier nicht vor.

71

aa) Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht gehalten, sämtliche studienorganisatorischen Besonderheiten zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob es nach den individuellen Studienbedingungen eines jeden Studierenden in jedem Studiengang und an jeder Universität möglich ist, das Studium vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Er muss die Verwaltung auch nicht zu einer entsprechenden umfangreichen Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung individueller Härten verpflichten. Generelle Hinderungsgründe, die sich wie hier die bindenden Mindeststudienzeiten aus Rechtsvorschriften ergeben, müssen aber in einer Regelung über die Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses berücksichtigt werden.

72

Die unzureichende Berücksichtigung gesetzlicher Mindeststudienzeiten und ihres Verhältnisses zur Förderungshöchstdauer kann gesamte Studiengänge und damit eine große Anzahl von Studierenden von der Möglichkeit eines großen Teilerlasses ausschließen. Gerade die hier betroffene Gruppe der Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ist zahlenmäßig nicht unbedeutend. So schlossen beispielsweise im Jahre 1998 insgesamt 1088 deutsche Erstabsolventen ihr Medizinstudium an Universitäten in den neuen Ländern ab (vgl. Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, Anhang I, S. 118). Geht man entsprechend der Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks für das Jahr 1997 davon aus, dass 17 % der Studierenden der Humanmedizin Leistungen nach dem BAföG erhalten haben, waren allein im Jahre 1998 ca. 185 Studierende von dem Begünstigungsausschluss betroffen. Seit Inkrafttreten von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV gilt im Übrigen für alle Studierenden der Humanmedizin im gesamten Bundesgebiet eine Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten, so dass seitdem kein Studierender der Humanmedizin mehr von einem großen Teilerlass profitieren kann.

73

bb) Der Ausschluss größerer Gruppen von Studierenden von der Chance eines großen Teilerlasses wegen studiengangsbezogener Mindeststudienzeiten ist ohne unzumutbaren Aufwand vermeidbar, indem die Regeln über Teilerlass, Förderungshöchstdauer und Mindeststudienzeit aufeinander abgestimmt werden. Es sind keine verwaltungspraktischen Hindernisse oder sonstige Gründe ersichtlich, die diesen Ausschluss geböten. Er hat seine Ursache vielmehr in der fehlenden Abstimmung derjenigen Regeln, die für den großen Teilerlass von Bedeutung sind. Dies lässt sich nicht mit Typisierungs- und Pauschalierungserwägungen rechtfertigen. So gewährleistete die ursprüngliche Konzeption des studiendauerabhängigen Teilerlasses unter Berücksichtigung der früheren Bemessungsprinzipien der Förderungshöchstdauer, dass Mindeststudienzeiten einem Teilerlass nicht entgegenstanden. Da die Förderungshöchstdauer bis Mitte der 1980er Jahre die Mindeststudienzeit immer um mindestens ein Semester überstieg (vgl. oben A. I. 3. a), war ein Teilerlass, der in Höhe von 2.000 DM für jedes Semester gewährt wurde, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. oben A. I. 2. b), in jedem Studiengang objektiv möglich. Dies hat sich jedoch geändert, weil sich die Förderungshöchstdauer mehr und mehr an der Regelstudienzeit orientierte. In Studiengängen, in denen die Förderungshöchstdauer nunmehr der Regelstudienzeit entsprach und diese sich aus der bisherigen Mindeststudienzeit und der notwendigen Examenszeit zusammensetzte, wie dies im Studium der Humanmedizin der Fall ist (vgl. BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f., und oben A. I. 3. c) aa), war damit ein Abschluss des Studiums ein volles Semester vor dem Ende der Förderungshöchstdauer nicht mehr möglich. Die Verkürzung des für einen großen Teilerlass notwendigen Zeitraums zwischen dem erfolgreichen Abschluss des Studiums und dem Ende der Förderungshöchstdauer von einem Semester, d.h. sechs Monaten, auf vier Monate war nicht auf die gewandelte Förderungshöchstdauer abgestimmt und hat, wie der vorliegende Fall zeigt, die Problematik, dass Mindeststudienzeiten einem Studienabschluss vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer entgegenstehen können, nicht beseitigt.

74

c) Die Benachteiligung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge ist nicht durch andere Sachgründe gerechtfertigt. Zwar zeichnet sich der Studiengang Humanmedizin durch die höchste Förderungshöchstdauer von allen universitären Studiengängen aus. Dies ist jedoch dem außergewöhnlichen Umfang des Studiums und der gesetzlich bestimmten und auch europarechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit geschuldet. Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dienen primär dazu, einen erfolgreichen Studienabschluss zu gewährleisten und werden deshalb für die gesamte erforderliche Dauer des Studiums gezahlt. Die Studienwahl selbst ist frei. Es ist damit nicht durch einen tragfähigen Sachgrund gerechtfertigt, wenn Studierenden ein großer Teilerlass deshalb versagt wird, weil sie sich in gesetzlich gebilligter Weise für ein umfangreiches Studium entschieden haben.

75

Im Übrigen besteht aus Sicht der Geförderten bei langer Studien- und Förderungsdauer ein größeres Bedürfnis für einen großen Teilerlass, da die zurückzuzahlende Darlehenssumme in der Regel höher ausfällt als bei kürzeren Studiengängen. Dies gilt in besonderem Maße für solche Studierenden, die, wie der Beschwerdeführer, ihr Studium vor dem 28. Februar 2001 abgeschlossen haben und für die deshalb die Begrenzung der zurückzuzahlenden Darlehenssumme auf 10.000 Euro nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG nicht eingreift. Der große Teilerlass, der anders als der leistungsabhängige Teilerlass nach § 18b Abs. 2 BAföG nicht in Form eines prozentualen Anteils der gesamten Darlehenssumme, sondern in Ge-stalt eines fixen Betrages gewährt wird, wirkt sich zudem bei langer Förderungsdauer und damit hoher Darlehenssumme im Verhältnis geringfügiger aus als bei kürzerer Förderungsdauer.

76

Aufgrund der langen Studien- und Förderungsdauer im Studiengang Humanmedizin entsprechen Anreize zur zügigen Beendigung des Studiums auch in besonderem Maße dem Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Zweck für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern und ab Sommersemester 1993 auch für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern als verfehlt anzusehen wäre und sie deshalb gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen schlechter gestellt werden dürften.

77

d) Die Gewährung eines kleinen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG, den der Beschwerdeführer erhalten hat, kompensiert nicht die Versagung eines großen Teilerlasses. Dass Studierende der Humanmedizin wie andere Studierende in den Genuss eines kleinen Teilerlasses kommen können, rechtfertigt es nicht, ihnen die Begünstigung eines großen Teilerlasses vorzuenthalten, dessen Voraussetzungen andere Studierende erfüllen können.

D.

I.

78

1. a) § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG ist für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet wegen der strikten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen großen Teilerlass aus. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG ist die Rechtsfolge der Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG auch für die späteren Fassungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG (Fassungen des Ausbildungsförderungsreformgesetzes und des 23. BAföGÄndG, vgl. oben A. I. 2. a) auszusprechen, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist.

79

b) Der festgestellte Verfassungsverstoß beschränkt sich auf die Fälle, in denen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in Verbindung mit den Vorschriften zur Mindeststudienzeit einerseits und zur Förderungshöchstdauer andererseits dazu führt, dass Studierenden in ihrem Studiengang ein großer Teilerlass von vornherein objektiv unmöglich ist, weil sie ihr Studium nicht mindestens vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beenden können. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG wird die Unvereinbarkeit auch über die der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegende Fallkonstellation eines Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern hinaus erklärt, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist (vgl. BVerfGE 19, 206 <225 f.>; 40, 296 <328 f.>; 45, 104 <119, 139>). Sie führt nicht nur im konkreten Fall in Verbindung mit der sich aus § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO ergebenden Förderungshöchstdauer einerseits und der sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO und § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO ergebenden Mindeststudienzeit andererseits zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG bei Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt darüber hinaus bei Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern ab Sommersemester 1993 gegenüber Studierenden in solchen Studiengängen vor, die die Voraussetzungen des großen Teilerlasses nach Maßgabe der für sie geltenden Mindeststudienzeiten und Förderungshöchstdauer grundsätzlich erfüllen können. Ein entsprechender Gleichheitsverstoß gilt auch für alle anderen Studiengänge, in denen Mindeststudienzeiten vorgeschrieben sind und eine Förderungshöchstdauer gilt, die um weniger als vier Monate über der Mindeststudienzeit liegt.

80

2. a) Als Folge der Unvereinbarkeitserklärung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden; laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

81

b) Die Unvereinbarkeitserklärung hat weiterhin zur Folge, dass der Gesetzgeber zur rückwirkenden, gleichheitsgerechten Neuregelung für den gesamten Zeitraum verpflichtet ist, auf den sich die Unvereinbarkeitserklärung bezieht (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 105, 73 <134>; 107, 27 <58>; 110, 94 <138>). Dies bedeutet, dass die Neuregelung unabhängig vom Zeitpunkt des Studienabschlusses alle noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfassen muss, die die Gewährung eines großen Teilerlasses zum Gegenstand haben und einen Studiengang betreffen, in dem wegen Rechtsvorschriften zu Mindeststudienzeiten und zur Förderungshöchstdauer die Voraussetzungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG von vornherein nicht erfüllbar waren. Wie der Gesetzgeber den festgestellten Gleichheitsverstoß beseitigt, steht in seinem Ermessen. Die vollständige Abschaffung des Teilerlasses für Studierende, die ihr Studium nach dem 31. Dezember 2012 abschließen, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung und bleibt hiervon unberührt.

82

Bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren können demgegenüber von der rückwirkenden Neuregelung ausgenommen werden (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 107, 27 <58>; 120, 125 <167>). Es bleibt dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu jedoch nicht (vgl. BVerfGE 104, 126 <150>; 115, 259 <276>).

83

c) Die Neuregelung hat bis zum 31. Dezember 2011 zu erfolgen. Es besteht keine Veranlassung, dem Gesetzgeber eine längere Frist zur Nachbesserung einzuräumen und während dieses Zeitraums die Fortgeltung der verfassungswidrigen Rechtslage anzuordnen. Seit Ende der 1970er Jahre wird über die Angemessenheit der Teilerlassregelung bei frühzeitiger Beendigung der Ausbildung diskutiert (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23; BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b). Wie die Begründung des Gesetzentwurfs zum 23. BAföGÄndG zeigt, hatte der Gesetzgeber die Unstimmigkeiten von § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch bereits erkannt (vgl. BTDrucks 17/1551, S. 28 f. zu Nummer 13). Eine geordnete Finanz- und Haushaltsplanung ist durch die erforderliche Neuregelung ebenfalls nicht gefährdet.

II.

84

1. Die zur Versagung eines großen Teilerlasses ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes, des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie beruhen auf der mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Rechtslage in Verbindung mit § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind aufzuheben; die Sache ist an das Verwaltungsgericht Köln zurückzuverweisen (vgl. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

85

2. Demgegenüber haben die allein zur Förderungshöchstdauer ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen Bestand, da die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist (vgl. B. I.). Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zurückzuweisen.

III.

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die volle Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers ist angemessen, weil dieser sein wesentliches Verfahrensziel erreicht hat (vgl. BVerfGE 79, 372 <378>; 104, 220 <238>). Die Auslagen sind dem Beschwerdeführer zu gleichen Teilen vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund zu erstatten, weil die aufgehobenen Entscheidungen von Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen getroffen worden sind, der Grund der Aufhebung aber in der Verfassungswidrigkeit einer bundesrechtlichen Vorschrift liegt (vgl. BVerfGE 101, 106 <132>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Juni 2014, Az. AN 11 K 14.612 und der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2013 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach, mit welchem ihre Klage gegen eine Untersagungsverfügung der Beklagten hinsichtlich ihrer gewerblichen Sammlung von Alttextilien abgewiesen wurde.

Die Beklagte, eine bayerische kreisfreie Stadt, betreibt in ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger eine eigene Sammlung von Alttextilien und -schuhen im Bringsystem an ihrem Recyclinghof sowie dezentral an 47 Containerstandorten im gesamten Stadtgebiet. Die Erfassung und Verwertung der Abfälle erfolgt aufgrund öffentlicher Ausschreibung und Auftragsvergabe durch beauftragte Dritte.

Die Klägerin zeigte am 27. August 2012 eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet der Beklagten an. Die Sammlung sei unbefristet und flächendeckend beabsichtigt. Maximal sollten 7 t im Monat gesammelt werden.

Der für den Vollzug des (staatlichen) Abfallrechts zuständige Sachbearbeiter S. des Umweltschutzamtes (Amt 26) der Beklagten, welches dem Referat 2 (Recht, Soziales und Umwelt) nachgeordnet ist, ersuchte den damals innerhalb desselben Amtes für die kommunale Abfallwirtschaft zuständigen Sachbearbeiter F. mit Schreiben vom 21. Mai 2013 um Stellungnahme. Dieser nahm unter dem 29. Mai 2013 dahingehend Stellung, dass die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger bereits eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung von Alttextilien und Schuhen durch beauftragte Dritte betreibe. Gemäß Beschluss des Umweltausschusses vom 15. Mai 2013 solle dieses Sammelsystem beibehalten und die bestehenden Standplätze ab 1. April 2014 im Wettbewerb neu vergeben werden. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei unzulässig, da die Beklagte für Alttextilien und Schuhe bereits eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen bereits durchführe (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) und die konkret geplante Neuvergabe der Sammlungs- und Verwertungsleistung und damit die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb unterlaufen würde (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG)

Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 hörte das Umweltschutzamt die Klägerin zu der beabsichtigten Untersagung an.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 untersagte die Beklagte die angezeigte Sammlung der Klägerin (Nr. 1 des Bescheides), erlegte der Klägerin die Verfahrenskosten auf und setzte Gebühren und Auslagen fest (Nr. 2). In der Begründung der Nummer 1 wurde zum einen darauf abgestellt, dass der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil sie die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtige und die geplante Neuvergabe der bestehenden Containerstandplätze unterlaufe, und zum anderen darauf, dass Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bestünden.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 18. Juni 2014 ab (Az. AN 11 K 14.612). Die angegriffene Untersagungsverfügung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Durchgreifende Verfahrensfehler insbesondere bezüglich der sachlichen Behördenzuständigkeit lägen nicht vor. Entscheidend sei insoweit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses. Dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger derselben Verwaltungsebene angehöre wie die Kreisverwaltungsbehörde ändere an der staatlichen Zuständigkeit weder aus landesrechtlicher noch aus bundes- oder unionsrechtlicher Sicht etwas. Insoweit bestehe – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung – selbstverständlich eine Neutralitätspflicht, wobei es ausreiche, dass durch organisatorische Maßnahmen eine personelle Entscheideridentität ausgeschlossen sei. Das unionsrechtliche Wettbewerbsrecht verbiete auch nur eine Behördenidentität. Die erforderliche organisatorische und personelle Trennung der Zuständigkeit für den übertragenen Vollzug des KreislaufwirtschaftsgesetzesKrWG und der eigenen Aufgabe der Abfallwirtschaft sei bei der Beklagten gegeben. Zwar seien beide Dienstleistungen dem Umweltschutzamt, Amt 26, zugeordnet, wobei der als öffentliche Einrichtung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der Abfallsatzung der Beklagten – AbfS organisierte Bereich Abfallwirtschaft einen rechtlich unselbständigen Eigenbetrieb darstelle, der schon nach Art. 86 Nr. 1 und 88 GO als Sondervermögen außerhalb der allgemeinen Verwaltung zu führen sei. Nach der von der Beklagten mit Schreiben vom 11. Juni 2014 vorgelegten Übersicht „Personal/Grob-Aufgabenverteilung Umweltschutzamt“ seien beide Bereiche organisatorisch in unterschiedliche Sachgebiete getrennt und personell auf unterschiedliche Sachbearbeiter aufgeteilt. Dies sei vorliegend auch beachtet worden, da ausweislich der vorgelegten Behördenakte die betreffenden Schreiben der Beklagten einen unterschiedlichen Briefkopf aufwiesen und von unterschiedlichen Sachbearbeitern stammten. Die verfügte Untersagung der Sammlung sei auch rechtmäßig, weil der Sammlung der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden.

Mit der vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassenen Berufung (Beschluss vom 5.2.2015, Az. 20 ZB 14.1680) verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Beklagte bereits nicht zum Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung zuständig gewesen. Denn sie sei als untere Abfallbehörde nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AbfZustV tätig geworden, obwohl sie auch öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Sinne des KrWG sei, ohne den daraus resultierenden besonderen rechtsstaatlichen Anforderungen des Gebotes der fairen Verfahrensgestaltung in seiner Ausprägung als Neutralitätsgebot Genüge zu tun. Dieses folge zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens. Gerade wenn es um die Untersagung von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen gehe spreche einiges dafür, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auch eigene Interessen verfolge und diese möglicherweise als untere Abfallrechtsbehörde durchzusetzen versuche. Die kumulativ erforderliche organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche sei bei der Beklagten nicht hinreichend vorgenommen worden. Wesentliche Teile des Verfahrens und insbesondere der Erlass der Untersagungsverfügung sei mit Herrn S. durch einen Mitarbeiter der Beklagten erfolgt, für den weder personell noch organisatorisch sichergestellt gewesen sei, dass er vor Einflussnahmen seitens des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hinreichend geschützt sei. Eine organisatorische Trennung sei schon begrifflich etwas anderes als die personelle Trennung, die Unterschiedlichkeit der Sachbearbeiter genüge also nicht. Diese müssten gleichzeitig unterschiedlich organisatorisch eingebunden sein, was sich unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung der Organisationseinheiten dadurch kennzeichnen lasse, dass zumindest der jeweilige Vorgesetzte ein anderer ist. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da der direkte Vorgesetzte sowohl des für die untere Abfallrechtsbehörde tätigen Herrn S. als auch des für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger tätigen Herrn F. Herr B. gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Juni 2014 (AN 11 K 14.00612) den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 13. Juni 2013 aufzuheben.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Doppelzuständigkeit der Beklagten sei nicht zu beanstanden, weil eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch die Behörde in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert sei. Insbesondere sei eine personelle und organisatorische Trennung im Vollzug der Aufgaben der unteren Abfallrechtsbehörde und der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegeben. Auf die vorgelegte Geschäfts- und Aufgabenverteilung im Umweltschutzamt der Beklagten (Anlage zum Schriftsatz vom 18. Mai 2015, Bl. 466 der VGH-Akte), die der Geschäfts- und Aufgabenverteilung im Zeitpunkt des Bescheidserlasses entspreche, werde verwiesen. Aus Sicht der Beklagten sei eine zur Wahrung der Neutralität erforderliche personelle und organisatorische Trennung hinreichend vorgenommen worden. Wie sich aus der Gliederung des Amtes ergebe, bestünden zwei voneinander getrennte Bereiche. Der eine Bereich verantworte die gesamten Aufgaben des verwaltungsmäßigen Vollzugs des staatlichen Umweltrechts als Kreisverwaltungsbehörde. Diese Abteilung bestehe einschließlich des Herrn S. aus 2,25 Stellen. Bei Herrn S. handele es sich um den entsprechenden Bereichsleiter, der aufgrund der Größe des Aufgabengebiets zwingend gleichzeitig als Sachbearbeiter fungiere. Der zweite Bereich umfasse die gesamte kommunale Abfallwirtschaft der Beklagten, mithin die Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Auch dieser – vom Vollzug des Umweltrechts getrennte – Bereich bestehe lediglich aus 2 bis 2,5 Stellen. Dieses Aufgabengebiet werde von Herrn F. verantwortlich geleitet. Auch hier müssten neben der Leitungsaufgabe für die Abfallwirtschaft auch Sachbearbeitungen durch den Bereichsleiter erledigt werden. Es handele sich damit nicht lediglich um zwei Sachbearbeiter, die dem Amtsleiter unterstünden, sondern um die Leiter zweier getrennter Bereiche. Aufgrund des sehr geringen Personalumfangs komme die Schaffung eines eigenen Amtes für Abfallwirtschaft unter Beachtung organisatorischer Grundsätze letztlich nicht in Betracht. Ebenso wenig könne die kommunale Abfallwirtschaft sinnvoll einem anderen Amt der Stadtverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr ergäben sich gerade im Bereich der „freiwilligen Aufgaben“ durch die Zuordnung zum Umweltschutzamt „Synergieeffekte“. So sei beispielsweise der Abfallberater auch als Umweltberater tätig. Auch hier werde allerdings eine Überschneidung zum Bereich Umweltrecht vermieden. Beide Bereiche (Umweltrecht bzw. kommunale Abfallwirtschaft) seien damit – jeder für sich allerdings zunächst selbständig – auf Ebene der Amtsleitung Herrn B. unterstellt. Eine andere Form der Aufgabenverteilung wäre nicht pragmatisch. Zudem erfolgten im Sachgebiet Umweltrecht/Verwaltung neben dem Vollzug des Abfallrechts beispielsweise auch der Vollzug des Immissionsschutzrechts, des Wasserrechts, des Bodenschutzrechts und des Naturschutzrechts. Mithin seien thematisch zusammenhängende Aufgaben in diesem Sachgebiet gebündelt, weshalb auch eine Herausnahme des Abfallrechts und Zuordnung zu einem anderen Amt der Stadtverwaltung nicht praktikabel wäre. Aus dem Vorgang und auch den Unterschriften sei zudem ersichtlich, dass die Stellungnahme als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und die nachfolgende Entscheidung der Abfallrechtsbehörde durch beide Sachgebiete eigenständig erfolgt seien. Allein auf die Form der Beteiligung und die Stellungnahme der kommunalen Abfallwirtschaft an das Sachgebiet Umweltrecht dürfe insoweit verwiesen werden. Nach alledem sei neben der klaren personellen Trennung auch eine klare organisatorische Trennung auf Sachgebietsebene gegeben. Eine noch weitergehende Trennung auf Amts- oder Referentenebene widerspräche aus den genannten Gründen organisatorischen Grundsätzen und erscheine nicht praktikabel. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass für die einzelnen Aufgabenbereiche aufgrund der für eine kreisfreie Stadt sehr geringen Größe und Fallzahlen auch Personal nur in sehr geringem Umfang zur Verfügung stehe. Um dem Neutralitätsgebot noch weitergehend Rechnung zu tragen würden zudem – neben der personellen und organisatorischen Trennung der Aufgabenbereiche im Umweltschutzamt – alle Bescheide im Vollzug der §§ 17, 18 KrWG im Vorfeld mit dem Rechtsamt abgestimmt. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die kommunale Abfallwirtschaft bei der Beklagten nicht als kommunaler Eigenbetrieb i.S.d. Art. 86 Nr. 1 GO, sondern als unselbständiger Regiebetrieb innerhalb der allgemeinen Verwaltung organisiert.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren, stellte aber keinen eigenen Antrag. Sie teilt die Ansicht der Beklagten zur sachlichen Zuständigkeit für den Bescheidserlass und meint, dass mit der Einteilung des Umweltschutzamtes (Amt 26) unter anderem in die Bereiche „Abfallwirtschaft“ und „verwaltungsmäßiger Vollzug Umweltrecht“ ohne personelle Überschneidungen dem staatlichen Neutralitätsgebot genügt werde. Das Erfordernis der personellen Trennung auch auf höherer Ebene in Gestalt zweier verschiedener unmittelbarer Vorgesetzter der Sachbearbeiter sei den Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Thematik befassten, nicht zu entnehmen (unter Verweis auf OVG NRW, B.v. 20.1.2014 – 20 B 331/13; U.v. 15.8.2013 – 20 A 2798/11; VG Düsseldorf, B.v. 26.4.2013 – 17 L 580/13; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S. 12.1130 – bestätigt durch BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 –; VG Würzburg, B.v. 16.10.2012 – W 4 S. 12.833; B.v. 7.11.2013 – W 4 S. 13.995; VG München, U.v. 10.4.2014 – M 17 K 13.2786). Schließlich könne aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2009 (Az. 9 A 39.07) nicht geschlossen werden, dass die beiden Bereiche innerhalb des Umweltschutzamtes der Beklagten keine hinreichende Trennung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und als untere Abfallbehörde wahren würden. Das Bundesverwaltungsgericht befasse sich dort mit der Struktur einer ersichtlich anders aufgebauten, größeren Organisation (Landesbetrieb Straßenbau NRW).

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 3. Juli 2017 zur Entscheidung nach § 130a VwGO und in der Sache angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Über die Berufung der Klägerin konnte nach § 130 a VwGO durch Beschluss entschieden werden, da der Senat sie einstimmig für begründet hält, eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist und die Beteiligten hierzu angehört wurden.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Unrecht abgewiesen, weil der Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2013 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil der Vorinstanz ist daher aufzuheben.

Die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 13. Juni 2013 hinsichtlich der angezeigten Sammlung der Klägerin ist formell rechtswidrig, weil es an der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten zu ihrem Erlass fehlte.

Die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 des KreislaufwirtschaftsgesetzesKrWG ist zwar aufgrund deren Charakters als Dauerverwaltungsakt nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 57; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 24). Dies ändert aber nichts daran, dass ein rechtswidrig erlassener Verwaltungsakt durch spätere Veränderungen der Sach- und Rechtslage nicht rechtmäßig wird, es sei denn, das einschlägige Verwaltungsverfahrensrecht oder materielle Recht ließen die Heilung oder das Unbeachtlichwerden des Mangels zu (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 47). Derartige Heilungs- oder Unbeachtlichkeitsvorschriften bestehen für die Frage der sachlichen Behördenzuständigkeit jedoch nicht; auch Art. 46 BayVwVfG findet keine Anwendung (BayVGH, U.v. 25.1.2010 – 20 B 09.1553 – juris; Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 50 a.E.; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 46 Rn. 43; Schemmer in Beck´scher Onlinekommentar, VwVfG, § 46 Rn. 32). Dies folgt zum einen schon im Umkehrschluss aus Art. 46 BayVwVfG, der sachliche Zuständigkeitsmängel nach seinem Wortlaut nicht erfasst. Zum anderen folgt dies daraus, dass der Makel der sachlichen Unzuständigkeit der Erlassbehörde dem Verwaltungsakt nach wie vor anhaftet. Wegen der damit verbundenen und noch andauernden Rechtsverletzung (Art. 2 Abs. 1 GG) hat die Klägerin somit im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf Aufhebung des angegriffenen Verwaltungsaktes gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 45). Unerheblich ist deshalb auch, dass die Beklagte mit Wirkung vom 1. Januar 2017 die interne Organisation ihres Umweltamtes geändert hat und ob die so geschaffene Organisationsstruktur den Anforderungen des Neutralitätsgebots genügt.

Die Beklagte war zum Erlass der Untersagungsverfügung sachlich unzuständig. Zwar folgt ihre sachliche Zuständigkeit als kreisfreie Stadt und damit untere Abfallbehörde für den Erlass einer Untersagung der hier im Streit stehenden Art aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich der Abfallentsorgung (Abfallzuständigkeitsverordnung – AbfZustV) i.d.F. vom 7. November 2005 (GVBl. S. 565), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl. S. 5) i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Bayer. Abfallwirtschaftsgesetzes – BayAbfG und Art. 9 Abs. 1 Satz 1 der Bayer. Gemeindeordnung – GO. Aufgrund der somit bestehenden Doppelzuständigkeit der Beklagten als untere Abfallbehörde sowie als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger i.S.d. §§ 17, 20 KrWG (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayAbfG i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GO) verlangen jedoch der rechtsstaatliche Grundsatz des fairen Verfahrens in der Ausprägung des Neutralitätsgebots (1.) sowie das aus dem europäischen Unionsrecht abgeleitete Neutralitätsgebot (2.) eine ausreichende personelle und organisatorische Aufgabentrennung (3.), der die bei der Beklagten im relevanten Zeitpunkt vorhandene behördeninterne Organisation und Aufgabenverteilung im Abfallrecht nicht genügte (4.).

1. Das aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des fairen Verfahrens abgeleitete Neutralitätsgebot verlangt im Falle der Doppelzuständigkeit einer Behörde zwar keine Rechtsträgertrennung, aber eine hinreichende personelle und organisatorische Aufgabentrennung. Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, dass die Aufgaben von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger durch dieselbe Behörde wahrgenommen werden.

a) Dem Kreislaufwirtschaftsgesetz lassen sich keine näheren Vorgaben für eine Trennung von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und Vollzugsbehörde entnehmen. Der Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, der lediglich von der „zuständigen Behörde“ spricht, ist insoweit unergiebig. Zwar sah der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 6. Juni 2011 eine Trennung des Rechtsträgers der zuständigen Abfallbehörde vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 KrWG-E, BT-Drs. 17/6052). In der Gesetzesbegründung wurde hierzu ausdrücklich auf die Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts Bezug genommen (BT-Drs. 17/6052, S. 88 unter Verweis auf EuGH, U.v. 1.7.2008 – C-49/07 [MOTOE]). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch, der Empfehlung des Bundesrates (Stellungnahme v. 27.5.2011, Anlage 3 zur BT-Drs. 17/6052, S. 117 f.) sowie des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Beschlussempfehlung v. 27.10.2011, BT-Drs. 17/7505, S. 4, 46) folgend, § 18 Abs. 1 Satz 2 KrWG-E gestrichen. Dies wurde damit begründet, dass die Länder für die Einhaltung der verfassungsrechtlichen und unionswettbewerbsrechtlichen Vorgaben Sorge zu tragen hätten (BT-Drs. 17/7505 S. 47, vgl. dazu OVG NRW, U.v. 15.8.2013 – 20 A 2798/11 – juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 20; Weidemann, AbfallR 2012, 96/100). In dem nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 28. Oktober 2011 (Plenarprotokoll der 137. Sitzung v. 28.10.2011, S. 16323) vom Bundesrat angestoßenen Vermittlungsverfahren erfolgte keine weitere Änderung des § 18 KrWG. Der hier zu beurteilenden Situation einer kreisfreien Stadt können auch aus dem Verweis der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drs. 17/6645, S. 4) auf die besondere Situation der Stadtstaaten keine Hinweise entnommen werden. Hinsichtlich der Stadtstaaten ging die Bundesregierung davon aus, dass bei diesen eine vollständige Behörden- bzw. Rechtsträgertrennung wegen der damit verbundenen besonderen organisatorischen Schwierigkeiten nicht gefordert werden könne. Der Gesetzeshistorie lässt sich somit zwar entnehmen, dass auf die besondere Situation der Stadtstaaten Rücksicht genommen werden sollte (vgl. VG Hamburg, U.v. 9.8.2012 – 4 K 1905/10 – juris Rn. 67; Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 18 Rn. 13). Die Situation der Stadtstaaten ist jedoch insoweit nicht mit derjenigen der bayerischen kreisfreien Städte vergleichbar. Denn bei diesen hätte es der Landesgesetzgeber in der Hand, die Aufgaben der unteren Abfallbehörde anderen Behörden zu übertragen.

Nach der Gesetzessystematik besteht die Befugnis zur Untersagung von gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG u.a. für den Fall, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen – darunter bei gewerblichen Sammlungen auch die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers – anders nicht zu gewährleisten ist. Regelungstechnisch wird damit an § 17 Abs. 2 Satz 1 KrWG angeknüpft, der seinerseits Ausnahmen für sortenreine Haushaltsabfälle von der in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG statuierten Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger regelt. Überwiegende öffentliche Interessen stehen einer Ausnahme zugunsten gewerblicher Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG u.a. entgegen, wenn diese in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten gefährden (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG). Eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit ist u.a. anzunehmen, wenn die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG), wofür in den Fällen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KrWG eine widerlegbare Vermutung spricht (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 24 ff.). Um eine solche Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beurteilen zu können, muss die zuständige Behörde diesen gemäß § 18 Abs. 4 KrWG im Anzeigeverfahren beteiligen. Die §§ 17 und 18 KrWG unterscheiden somit zumindest funktional zwischen der zuständigen Behörde i.S.d. § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger i.S.d. § 17 und § 18 Abs. 4 KrWG. Dies spricht für eine Aufgabentrennung, sagt aber nichts über den erforderlichen Grad der Trennung aus. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck spricht aus diesem System von Grundsätzen, Ausnahmen und Gegenausnahmen, gekennzeichnet durch eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe, das Bemühen des Gesetzgebers, einerseits die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger so weit wie nötig zu schützen, andererseits aber auch – insbesondere mit Blick auf die unionsrechtlichen Vorgaben nach Art. 106 Abs. 1 und 102 AEUV – privaten Sammlern wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten zu gewährleisten (OVG Lüneburg, U.v. 21.3.2013 – 7 LB 56/11 – juris Rn. 29; vgl. auch BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 24 ff.). Dieses Ziel einer behutsamen Austarierung von gegenläufigen Interessen der Entsorgungsträger und der privaten Sammler könnte verfehlt und eine interessengeleitete Rechtsanwendung im Bereich der §§ 17, 18 KrWG befördert werden, wenn die Abfallwirtschaftsbehörde derjenigen Körperschaft, die zugleich öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist, über die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in den genannten Vorschriften zu entscheiden hat (OVG Lüneburg a.a.O.). Dieser Umstand ist dem Gesetzgeber zwar – wie die Entstehungsgeschichte zeigt – bewusst gewesen, dieser hat die Bewältigung der Problematik aber der Behördenorganisation der Länder überlassen. Dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes kann deshalb nur die Notwendigkeit von organisatorischen Vorkehrungen entnommen werden, welche die Gefahr einer Instrumentalisierung der Abfallbehörde durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verringern. Dagegen lässt sich die Forderung nach einer Rechtsträgertrennung angesichts der Entstehungsgeschichte gerade nicht auf das Kreislaufwirtschaftsgesetz stützen (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 20 ff.). Überdies stieße es auf verfassungsrechtliche Bedenken, aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ohne ausdrückliche Regelung eine solche in organisatorischer Hinsicht weitreichende Forderung abzuleiten. Denn nach Art. 84 Abs. 1 GG muss eine mit einer bundesrechtlichen Neuregelung verbundene Notwendigkeit der Änderung der Verwaltungsorganisation in den Ländern beim landeseigenen Gesetzesvollzug (Art. 83 GG) in dem Bundesgesetz ausdrücklich bestimmt sein.

b) Verfassungsrechtlich ist jedoch aufgrund des dem Rechtsstaatsprinzip zugeordneten Grundsatzes des fairen Verwaltungsverfahrens in der Ausprägung als Neutralitätsgebot eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger gefordert.

Zwar ist es im Ansatz nicht zu beanstanden, dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch in eigenen Angelegenheiten entscheidet, weil der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt ist (BVerwG, U.v. 16.6.2016 – 9 A 4/15 – juris Rn. 29; B.v. 31.3.2006 – 8 B 2.06 – juris Rn. 5). Die Rechtsordnung kennt keine sog. institutionelle Befangenheit, insbesondere ist diese nicht von der Ausschlussvorschrift des Art. 20 BayVwVfG erfasst (BVerwG, U.v. 16.6.2016 a.a.O.; B.v. 31.3.2006 a.a.O.). Die Ermächtigung einer Behörde, in eigener Sache tätig zu werden, findet jedoch ihre verfassungsrechtliche Grenze in dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie aus den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz des fairen und objektiven Verfahrens. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lassen sich indes keine konkreten Forderungen aus dem Gebot des fairen Verfahrens für die Aufgabenverteilung innerhalb der Verwaltung ableiten. Das Bundesverfassungsgericht betont vielmehr, dass das Rechtsstaatsprinzip keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote oder Verbote mit Verfassungsrang enthalte (vgl. BVerwG, B.v. 9.4.1987 – 4 B 73.87 – juris Rn. 4 mit Verweis u.a. auf BVerfG, E.v. 24.7.1957 – 1 BvL 23/52 – juris; B.v. 16.1.1980 – 1 BvR 127/78, 1 BvR 679/78 – juris). Das gilt im Übrigen auch, soweit der Grundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens in seiner grundrechtsschützenden Funktion Beachtung verlangt (BVerwG, B.v. 9.4.1987 – 4 B 73.87 – juris Rn. 4 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 21.3.1986 – 4 C 48.82 – juris; U.v. 5.12.1986 – 4 C 13.85 – juris).

c) Diesen Grundsätze konkretisierend hat das BVerwG in mehreren Entscheidungen zum Planfeststellungsrecht ausgeführt, dass das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des fairen Verfahrens eine Identität zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde – im Sinne einer Identität des Rechtsträgers – nicht ausschließen. Eine organisatorische Trennung beider Funktionen kann zwar wesentlich dazu beitragen, die Gefahr und den äußeren Anschein zu vermeiden, dass der Planfeststellungsbehörde die notwendige Distanz gegenüber dem Vorhabenträger fehlt. Aus diesem Grunde mag es rechtspolitisch befriedigender sein, wenn die zur Planfeststellung ermächtigte Behörde mit dem Vorhabenträger nicht identisch ist. Damit wird jedenfalls im Regelfall eine verfahrensrechtliche Distanz erreicht, welche der Ausgewogenheit der Entscheidung zugutekommen werde. Rechtsstaatliche Gründe mögen dies sogar nahelegen, gebieten es indes nicht als zwingendes Recht (BVerwG, U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 - juris Rn. 36; U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 24; B.v. 9.4.1987 – 4 B 73.87 – juris Rn. 4 jeweils m.w.N.). Denn eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie als Planfeststellungsbehörde jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist (BVerwG, U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 - juris Rn. 36; U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 24; ebenso BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 20 ZB 13.870 - Rn. 3; OVG NRW, U.v. 7.5.2015 – 20 A 2670/13 – juris Rn. 32).

d) Gestützt auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird es in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte bisher überwiegend für ausreichend erachtet, wenn eine personelle und organisatorische Aufgabentrennung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einerseits und der für den Vollzug des KrWG zuständigen Behörde andererseits besteht (BayVGH, B.v. 16.6.2014 – 20 ZB 14.885 – juris Rn. 2; B.v. 8.7.2013 – 20 ZB 13.894 – juris Rn. 3; B.v. 13.6.2013 – 20 ZB 13.805 – juris Rn. 5; OVG NRW, U.v. 7.5.2015 – 20 A 2670/13 – juris Rn. 32 ff.; VGH BW, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 16; B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 22; OVG Koblenz, B.v. 4.7.2013 – 8 B 10533/13 – juris Rn. 5). Dieser Auffassung haben sich Teile der Literatur angeschlossen (z.B. Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, 2014, § 18 Rn. 24).

Dem gegenüber fordert das OVG Lüneburg, allerdings in Anwendung einer inzwischen aufgehobenen landesrechtlichen Vorschrift (vgl. Mann, KommJur 2014, 321/322 f.), eine Trennung der Rechtsträger von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und Vollzugsbehörde (OVG Lüneburg, U.v. 21.3.2013 – 7 LB 56/11 – juris Rn. 26 ff.). Ihm folgend argumentieren Teile der Literatur zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei auf das zu beurteilende Verhältnis von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger nicht übertragbar. Denn diese Entscheidungen gingen davon aus, dass im Planfeststellungsrecht sowohl der Träger des Vorhabens als auch die Planfeststellungsbehörde demselben öffentlichen Interesse verpflichtet seien. Im Verhältnis der unteren Abfallbehörde zum öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sei die Interessenlage aber – insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 102, 106 AEUV – anders zu beurteilen. Denn die Abfallbehörde könne zugunsten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in den Wettbewerb eingreifen und diesem einen wettbewerblichen Vorteil durch Ausschalten privater Konkurrenz verschaffen. Deshalb sei hier nicht nur eine personelle und organisatorische Aufgabentrennung, sondern eine Rechtsträgertrennung erforderlich (Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG 2014, § 18 Rn. 29; Dippel, AbfallR 2013, 186/188; Ingerowski, AbfallR 2014, 187/194 f.; Dippel/Ottensmeier, AbfallR 2017, 13/19).

Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Zwar ist ihr zuzugeben, dass bei einer zu engen personellen und organisatorischen Verflechtung von Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger die Gefahr eines Interessenkonfliktes oder zumindest ein entsprechender Anschein besteht. Denn beide Beteiligten sind zwar, wie die §§ 17, 18 und 20 KrWG zeigen, demselben öffentlichen Interesse verpflichtet, nämlich die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen (§ 1 KrWG). Wegen der Teilnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers am Wettbewerb und der damit einhergehenden Möglichkeit der Einnahmenerzielung besteht aber ein Sonderinteresse desselben und seiner Amtsträger, welches mit dem von der Abfallbehörde vertretenen Allgemeininteresse nicht identisch ist (vgl. Scheuing, NVwZ 1982, 487/489 zum Sonderinteresse beim Amtskonflikt nach § 20 VwVfG; vgl. auch Weidemann, AbfallR 2012, 96/100). Dieser Umstand zwingt aber nicht zu einer Rechtsträgertrennung. In dem verfassungsrechtlichen Gebot des fairen Verfahrens findet eine solche Forderung, wie ausgeführt, keine Grundlage, auch nicht vor dem Hintergrund der grundrechtsschützenden Funktion dieses Grundsatzes (BVerwG, B.v. 9.4.1987 – 4 B 73.87 – juris Rn. 4 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 21.3.1986 – 4 C 48.82 – juris; U.v. 5.12.1986 – 4 C 13.85 – juris). Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb eine hinreichende personelle und organisatorische Aufgabentrennung im Sinne der o.g. Rechtsprechung einen solchen Interessenkonflikt nicht vermeiden könnte. Vielmehr entstehen die Gefahr oder zumindest der Anschein interessengeleiteter Entscheidungen gerade dann, wenn die konkret für die untere Abfallbehörde tätig werdenden Amtswalter sich personell und organisatorisch in zu großer Nähe zu den Amtswaltern des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers befinden oder gar aufgrund der konkreten Aufgabenverteilung mit diesen (teil-)identisch sind. Amtswalter in diesem Sinne ist jeweils derjenige, der als Beamter oder Angestellter eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn in einem organisationsrechtlichen Verhältnis zu einem Verwaltungsträger steht und kraft dessen die einem bestimmten Amt (im konkret-funktionellen Sinne) zugeordneten Aufgaben wahrnimmt. Als solcher ist er zwar durch den Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns (Art. 20 Abs. 3 GG), durch seine persönliche Verantwortlichkeit für die Rechtmäßigkeit des eigenen dienstlichen Verhaltens (vgl. § 36 Abs. 1 BeamtStG bzw. die entsprechenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen) und aufgrund der durch Vorgesetzte und Aufsichtsbehörden ausgeübten Kontrolle gehalten, seine Entscheidungen nicht von sachfremden Einflüssen leiten zu lassen. Dies vermag ihn aber nicht davor zu schützen, dass die ihm konkret zugewiesenen Aufgaben verschiedenen – unter Umständen sogar gegenläufigen – Interessen zu dienen bestimmt sein können. So wird sich derjenige Amtswalter, der für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger tätig wird, durchaus auch dem wirtschaftlichen Sonderinteresse des Letzteren verpflichtet sehen (vgl. Scheuing a.a.O.). Daher kann einem solchen Interessenkonflikt bereits dadurch wirksam begegnet werden, dass innerhalb einer Behörde mit entsprechender Doppelzuständigkeit eine personelle und organisatorische Trennung der Aufgaben von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger gewährleistet wird.

2. Die Forderung nach einer ausreichenden personellen und organisatorischen Trennung von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger wird zusätzlich durch das aus dem europäischen Unionsrecht, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 102, 106 AEUV abgeleitete Neutralitätsgebot gestützt. Hingegen lässt sich auch unter diesem Gesichtspunkt die Forderung nach einer Rechtsträgertrennung nicht tragfähig begründen.

a) Die Wettbewerbsregelungen des europäischen Unionsrechts, insbesondere das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 AEUV, beanspruchen innerhalb der durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gezogenen Grenzen auch für öffentliche Unternehmen Geltung, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren (Art. 106 Abs. 1 AEUV). Die Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung durch eine gesetzliche Aufgabenzuweisung als solche ist aber noch nicht mit Art. 102 AEUV unvereinbar. Ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot ist vielmehr erst dann gegeben, wenn entweder durch die gesetzlichen Regelungen eine Lage geschaffen wird, in der das Unternehmen zwangsläufig gegen Art. 102 AEUV verstoßen muss, wenn das Unternehmen also durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt, oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen solchen Missbrauch begeht (BVerwG, U.v. 30.6.2016 a.a.O. unter Verweis auf EuGH, U.v. 23.4.1991 – C-41/90 [Höfner] – juris Rn. 27; U.v. 10.12.1991 - C-179/90 [Porto di Genova] – juris Rn. 17; C-203/96 [Dusseldorp] – juris Rn. 61; U.v. 23.5.2000 – C-209/98 [Sydhavnens Sten & Grus] – juris Rn. 66; U.v. 17.7.2014 – C-553/12 P [Kommission/DEI] – juris Rn. 41). Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger werden zwar durch die Regelungen der §§ 17, 18 KrWG nicht im Sinne der ersten Alternative notwendig zur missbräuchlichen Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung, etwa durch Forderung überhöhter Gebühren, veranlasst (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 33 mit Verweis auf Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 Rn. 29 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber offen gelassen, ob im Sinne der zweiten Alternative eine zum Missbrauch verleitende Lage geschaffen wird, etwa weil die gesetzliche Regelung nicht garantiere, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ihre Leistungen immer nachfragegerecht anböten (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 33).

b) Eine solche zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verleitende Lage wird nach der Rechtsprechung des EuGH u.a. dann geschaffen, wenn eine nationale Regelung einer juristischen Person, die selbst im Wettbewerb tätig ist, die Befugnis verleiht, gegenüber anderen Wettbewerbsteilnehmern deren Tätigkeit im Wettbewerb betreffende nachteilige Maßnahmen zu treffen, ohne dass diese Befugnis Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle unterliegt (EuGH, U.v. 1.7.2008 – C-49/07 [MOTOE] – juris Rn. 51 ff.). Denn ein solches Recht kann dazu führen, dass die begünstigte juristische Person den Zugang der anderen Beteiligten zu dem betreffenden Markt verhindert oder den Wettbewerb zu ihren Gunsten verfälscht (EuGH, U.v. 1.7.2008, a.a.O., Rn. 52). (EuGH, U.v. 1.7.2008, a.a.O., Rn. 51 f. mit Verweis auf U.v. 19.3.1991 – C-202/88 [Frankreich/Kommission] – Rn. 51; U.v. 13.12.1991 – C-18/88 [GB-Inno-BM] – Rn. 25). In dieselbe Richtung weist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Öffentlichen Personennahverkehr. Danach stehen die Grundfreiheiten – dort die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV – einer nationalen Regelung entgegen, welche die Versagung einer Genehmigung des Betriebs einer Omnibuslinie zum Schutz der Rentabilität eines Konkurrenzunternehmens vorsieht, wenn diese Versagung allein auf der Grundlage der Angaben dieses Konkurrenzunternehmens ergeht. Denn rein wirtschaftliche Interessen stellen keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der eine Beschränkung der jeweiligen Grundfreiheit zuließe (EuGH, U.v. 22.12.2010 – C-338/09 [Yellow Cab] – juris Rn. 51 ff.). Unionsrechtlich kommt es somit für das Vorliegen einer mit den Wettbewerbsregelungen bzw. den Grundfreiheiten im Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Begünstigung einer juristischen Person nicht allein darauf an, ob dieser vom Mitgliedstaat die Befugnis verliehen ist, gegenüber anderen Wettbewerbsteilnehmern deren Tätigkeit im Wettbewerb betreffende nachteilige Maßnahmen zu treffen, sondern zusätzlich darauf, ob diese Befugnis Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle unterliegt (EuGH, U.v. 1.7.2008 – C-49/07 [MOTOE] a.a.O. Rn. 51 ff.), wobei rein wirtschaftliche Erwägungen als Beschränkungen oder Bindungen nicht ausreichen dürften (EuGH, U.v. 22.12.2010 – C-338/09 [Yellow Cab] a.a.O.).

c) Diese Rechtsprechung ist auch auf das hier zu beurteilende Verhältnis von unterer Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu übertragen (zweifelnd dem gegenüber VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 25). Den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern kommt als öffentlichen Unternehmen im funktionellen Sinne in ihrer Gesamtheit eine marktbeherrschende Stellung i.S.d. Art. 102 AEUV zu. Diese resultiert aus der durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz flächendeckend für das gesamte Bundesgebiet geregelten Aufgabenzuweisung, welche die Gewährung eines ausschließlichen Rechtes i.S.d. Art. 106 Abs. 1 AEUV darstellt, in einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 41.15 – juris Rn. 32 unter Verweis auf EuGH, U.v. 5.10.1994 – C-323/93 [Crespelle] – juris Rn. 17; U.v. 25.10.2001 – C-475/99 [Ambulanz Glöckner] – juris Rn. 23 ff.). Durch die Pflicht zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 17 Abs. 1 KrWG werden diesem zum einen besondere Rechte i.S.d. Art. 106 Abs. 1 AEUV verliehen, welche die untere Abfallbehörde im Untersagungswege nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG auch durchzusetzen vermag. Zwar trifft es zu, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger keine Entscheidungsbefugnis über die Untersagung einer privaten Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG und auch kein Vetorecht im Anzeigeverfahren zusteht (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01693 – juris Rn. 60 f.; VG Hamburg, U.v. 9.8.2012 – 4 K 1905/10 - juris Rn. 66). Seine Rechtsstellung im Anzeigeverfahren, in dem ggf. eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ergeht, ist verfahrensrechtlich nach § 18 Abs. 4 KrWG auf ein Recht zur Stellungnahme beschränkt. Wie gezeigt, besteht jedoch aufgrund der Regelungssystematik der §§ 17, 18 KrWG die Gefahr einer Instrumentalisierung der unteren Abfallbehörde durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei Untersagungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, jedenfalls dann, wenn keine hinreichende personelle und organisatorische Trennung zwischen beiden Funktionen besteht, weil sich die ggf. in beiden Funktionen tätig werdenden oder diesen zu nahe stehenden Amtswalter in einem Interessenkonflikt befinden. Zum anderen wird durch die Überlassungspflicht eine von Art. 102 AEUV vorausgesetzte zumindest mögliche Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels auf dem Sektor der Alttextilien geschaffen (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 39 unter Verweis auf U.v. 25.10.2001 – C-475/99 [Ambulanz Glöckner] – Rn. 48). Denn die Überlassungspflicht gilt zwar unterschiedslos für alle Abfälle, entfaltet aber zu Gunsten des heimischen Markts eine protektionistische Wirkung und kann damit eine Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs in der Gestalt einer Ausfuhrbeschränkung (Art. 35 AEUV) darstellen, weil der Abfall jedenfalls nicht unmittelbar an einen Abnehmer im Ausland abgegeben werden kann (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 34 unter Verweis auf Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 KrWG Rn. 8). Die dargelegte mögliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsordnung durch Ermöglichung oder Begünstigung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist auch nicht nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt. Denn es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die hier vorliegende personelle und organisatorische Verflechtung von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und Vollzugsbehörde erforderlich wäre, um eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung zu verhindern (vgl. zur Auslegung des Art. 106 Abs. 2 AEUV im vorliegenden Zusammenhang BVerwG, U.v. 30.6.2016 a.a.O. Rn. 43 unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 23.10.1997 – C-159/94 [Kommission/Frankreich] – juris Rn. 95; EuGH, Urt. v. 21.9.1999 – C-67/96 [Albany] – juris Rn. 107 und EuGH, Urt. v. 3.3.2011 – C-437/09 [AG2R Prévoyance] – juris Rn. 76).

d) Es bedarf daher im Einklang mit dieser Rechtsprechung bei einer Doppelzuständigkeit einer Behörde als untere Abfallrechtsbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hinreichender Beschränkungen, Bindungen und Kontrollen, um der Gefahr eines Interessenkonfliktes zu begegnen. Eine Kontrolle besteht im hierarchischen Verhältnis der Abfallbehörden darin, dass die Wahrnehmung der Untersagungsbefugnis nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG der fachaufsichtlichen Kontrolle unterliegt, welche im Falle der kreisfreien Städte durch die jeweils zuständige Regierung wahrzunehmen ist (Art. 115 Abs. 1 Satz 2, 116 GO). Daneben ist jedoch innerhalb der in Doppelzuständigkeit tätig werdenden Behörde durch die innerorganisatorische Zuständigkeitsregelung sicherzustellen, dass die mit der Untersagungsbefugnis betrauten Amtswalter keine Aufgaben im Rahmen der Zuständigkeit der kreisfreien Stadt als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger wahrnehmen (vgl. zum Letzteren OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 4.7.2013 – 8 B 10533/13 – juris Rn. 5). Dies lässt sich nach der Überzeugung des Senats durch die bereits erörterte personelle und organisatorische Aufgabentrennung gewährleisten (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 26; VG Düsseldorf, B.v. 21.3.2013 – 17 L 260/13 – juris Rn. 17; Frenz in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, KrWG, Stand Juni 2012, § 18 Rn. 31), die damit auch unionsrechtlich geboten ist.

Dem gegenüber lässt sich aus der o.g. Rechtsprechung zu Art. 102 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 AEUV nicht ableiten, dass mit den Aufgaben der Vollzugsbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von vornherein nicht derselbe Rechtsträger betraut werden darf (ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 22; B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 16 zu einem Stadtkreis; VG Düsseldorf, B.v. 21.3.2013 – 17 L 260/13 – juris Rn. 17; zur Situation der Stadtstaaten Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 18 Rn. 13; a.A. wohl Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2016, § 18 KrWG Rn. 10). Der Entscheidung „MOTOE“ ist vielmehr nur zu entnehmen, dass Art. 102 und 106 AEUV einer nationalen Regelung entgegenstehen, die einer auch im Wettbewerb auftretenden juristischen Person eine Befugnis, zu Lasten von Wettbewerbern zu entscheiden überträgt, wenn diese Befugnis keinen Beschränkungen, Bindungen und keiner Kontrolle unterliegt (EuGH a.a.O. Rn. 53). Damit stellt der Europäische Gerichtshof gerade keine Forderung nach einer Rechtsträgertrennung auf, sondern verlangt eine hinreichende Begrenzung und Kontrolle der übertragenen hoheitlichen oder quasi-hoheitlichen Befugnisse.

3. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen des fairen Verwaltungsverfahrens und der Neutralität vermag die Aufgabenverteilung bei der Beklagten den Anforderungen an eine hinreichende personelle und organisatorische Aufgabentrennung nicht zu genügen.

a) Zwar lassen sich der bisher vorliegenden Rechtsprechung keine konkreten Mindestanforderungen an eine personelle und organisatorische Aufgabentrennung entnehmen, da die vorhandenen Gerichtsentscheidungen jeweils nur eine bestimmte, zur Überprüfung gestellte Organisationsform billigen oder für unzureichend befinden. Im Planfeststellungsrecht wird eine hinreichende organisatorische Trennung dadurch gewährleistet, dass die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde einer anderen Hauptabteilung innerhalb derselben Behörde angehört als die dem Vorhabenträger zuzurechnenden Aufgabenbereiche, und wenn nichts für eine personelle Verquickung beider Aufgabenbereiche spricht (BVerwG U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 25). Ebenso begegnet es keinen Einwänden, wenn die beiden Aufgabenbereiche jeweils getrennten Referaten eines Regierungspräsidiums zugewiesen sind, organisatorische oder personelle Überschneidungen nicht bestehen, die Abteilungen im Organisationsplan gleichberechtigt nebeneinander stehen und keine Weisungsrechte bestehen (BVerwG, U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 – juris Rn. 36). Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, wenn innerhalb eines bayerischen Landratsamtes die Aufgaben der unteren Abfallbehörde entweder einem Sachgebiet einer anderen Abteilung zugewiesen sind, als die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (VG Würzburg, B.v. 7.11.2013 – W 4 S. 13.955 – beck-online), oder zumindest einem anderen Sachgebiet mit einem anderen Sachgebietsleiter innerhalb derselben Abteilung (VG München, U.v. 10.4.2014 - M 17 K 13.2786 – juris). Gebilligt wurde auch eine Organisationsform, bei der behördenintern unterschiedliche Sachbearbeiter zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind (VG Düsseldorf, U.v. 8.8.2014 – 17 K 5343/13 – juris Rn. 40; B.v. 21.3.2013 – 17 L 260/13 – juris Rn. 19). Ausreichend ist im Übrigen auch eine institutionelle Verselbständigung durch Ausgliederung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in ein kommunales Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, an dem auch andere Rechtspersonen bzw. Unternehmen beteiligt sind (VGH Baden-Württemberg, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 23; OVG NRW, U.v. 7.5.2015 – 20 A 2670/13 – juris Rn. 36; B.v. 19.7.2013 – 20 B 607/13 – juris Rn. 5; VG Düsseldorf, B.v. 26.4.2013 – 17 L 580/13 – juris Rn. 15). Dem gegenüber genügt es jedenfalls nicht, wenn die beiden Aufgabenbereiche nicht vollständig unterschiedlichen Sachbearbeitern zugewiesen sind (VG Düsseldorf, U.v. 8.4.2014 – 17 K 4098/13 – juris) oder es an einer organisatorischen Trennung zwischen dem abfallwirtschaftlichen Eigenbetrieb und der unteren Abfallrechtsbehörde fehlt (VGH Baden-Württemberg, B.v. 4.3.2014 – 10 S 1127/13 – juris Rn. 16).

b) Aus den genannten Entscheidungen folgt in der Gesamtschau nach der Überzeugung des Senats, dass eine ausreichende personelle und organisatorische Trennung dann gewährleistet ist, wenn für die beiden Aufgabenbereiche der unteren Abfallbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers jeweils unterschiedliche zeichnungsberechtigte Amtswalter zuständig sind und diesen nicht derselbe unmittelbare Vorgesetzte übergeordnet ist. Auf den zeichnungsberechtigten Amtswalter ist nach der Überzeugung des Senats abzustellen, weil bei diesem kraft organisationsrechtlicher Aufgabenzuweisung die Letztentscheidungsbefugnis und nach beamten- bzw. arbeitsrechtlichen Vorschriften die persönliche Verantwortlichkeit für die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen liegt. Des Weiteren darf nicht für beide Aufgabenbereiche derselbe unmittelbare Vorgesetzte zuständig sein, weil dieser maßgeblichen Einfluss auf die Aufgabenverteilung der ihm nachgeordneten Bereiche hat, über sie die rechtliche und ggf. fachliche Aufsicht wahrnimmt und derselben im Konfliktfalle durch sein Weisungsrecht auch Nachdruck zu verleihen vermag. Er kann deshalb auch die Zuständigkeiten des ihm nachgeordneten Bereichs an sich ziehen, wodurch wiederum derselbe zeichnungsberechtigte Amtswalter für beide von dem zu vermeidenden Interessenkonflikt betroffene Aufgabenbereiche tätig werden kann. Dem gegenüber ist das Zusammenfallen der Zuständigkeiten auf einer höheren (Vorgesetzten-)Ebene, jedenfalls auf der „obersten“ Ebene, bei einer Wahrnehmung verschiedener Aufgabenbereiche durch einen Rechtsträger unvermeidbar (OVG NRW, U.v. 20.1.2014 - 20 B 331/13 – juris Rn. 7).

c) Daran gemessen war bei der Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Untersagungsverfügung weder eine hinreichende personelle noch eine hinreichende organisatorische Trennung gewährleistet. Zum einen fehlte es an einer hinreichenden personellen Trennung. Zwar wurden die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der Vollzugsbehörde bei der Beklagten durch unterschiedliche Sachbearbeiter wahrgenommen, wobei der für den Vollzug des Abfallrechts zuständige Amtswalter auch selbst zeichnungsberechtigt war. Die beiden Aufgabenbereiche unterstanden aber demselben unmittelbaren Vorgesetzten (Amtsleiter B.), weil beide Sachbearbeiter jeweils auch die Leitungsaufgabe für ihren jeweiligen Arbeitsbereich wahrzunehmen hatten. Hinzu kommt, dass es nach der Aussage der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung zumindest naheliegt, dass die Vertretung des Sachbearbeiters für die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, Herrn F. – für den kein „offizieller“ Vertreter (geschäftsplanmäßig) bestellt war – durch den Amtsleiter B. wahrgenommen wurde, der auch der unteren Abfallbehörde unmittelbar übergeordnet war. Auch organisatorisch fehlt es bei der Beklagten an einer hinreichenden Trennung von Abfallbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger, denn beide Arbeitsbereiche sind demselben Amt innerhalb desselben Referats zugeordnet.

d) Die Beklagte kann sich den somit durchgreifenden Bedenken gegen ihre interne Organisation und Aufgabenverteilung gegenüber nicht mit Erfolg auf ihre durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 BV) geschützte Organisationshoheit sowie auf ihren vergleichsweise geringen Personalbestand berufen. Denn zum einen besteht die Organisationshoheit – ebenso wie das Selbstverwaltungsrecht an sich – nur in dem durch Recht und Gesetz gezogenen Rahmen und kann somit durch Anforderungen eingeschränkt werden, welche höherrangiges (Fach-)Recht in verfassungskonformer Weise an die Behördenorganisation stellt. Zum anderen ist mit einer Änderung der personellen und organisatorischen Zuordnung von Aufgaben nicht zwingend eine Personalmehrung verbunden.

Nach alledem hat die Klage und damit auch die Berufung in vollem Umfang Erfolg. Infolge der Aufhebung der Untersagungsverfügung der Beklagten fehlt es an einem wirksamen Grundverwaltungsakt, weshalb auch die weiteren, noch nicht erledigten Entscheidungen im angefochtenen Bescheid (Zwangsgeldandrohung und Kostenentscheidung) als rechtswidrig aufzuheben sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.