Bundessozialgericht Urteil, 01. März 2011 - B 7 AL 26/09 R

bei uns veröffentlicht am01.03.2011

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juli 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 2.2. bis 9.6.2007, insbesondere unter Berücksichtigung eines höheren Freibetrages für Nebeneinkommen.

2

Der 1948 geborene Kläger war ab 11.4.2001 versicherungspflichtig beschäftigt und übte daneben ab dem 1.10.2001 eine Beschäftigung (mit einem zeitlichen Umfang von unter 15 Wochenstunden) aus, bei der er im Zeitraum Dezember 2002 bis Dezember 2003 durchschnittlich über 400 Euro brutto monatlich verdiente. Am 12.12.2003 erlitt der Kläger im Rahmen seiner Hauptbeschäftigung einen Arbeitsunfall und bezog vom 23.1.2004 bis 9.6.2005 Verletztengeld, das unter Einbeziehung seines Einkommens aus der Nebentätigkeit berechnet war.

3

Am 10.6.2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog bis zum 9.6.2007 Alg. Im März 2006 nahm er seine Nebentätigkeit wieder auf; die Beklagte änderte die Alg-Bewilligung (Bescheid vom 29.6.2005) ua für den streitigen Zeitraum wegen des erzielten Nebeneinkommens unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 165 Euro monatlich ab (Bescheid vom 3.1.2007; Bescheid vom 8.2.2007 für die Zeit ab 1.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.2.2007).

4

Die mit dem Ziel erhobene Klage, bei der Berücksichtigung des Nebeneinkommens einen höheren Freibetrag, errechnet aus dem Durchschnittsverdienst der bereits früher ausgeübten Nebentätigkeit, zugrunde zu legen, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2007), nachdem auch während des Klageverfahrens nach Vorlage der jeweiligen Einkommensnachweise Änderungsbescheide ergangen waren (Bescheid vom 14.3.2007 ebenfalls für die Zeit ab 1.9.2006; Bescheid vom 5.4.2007 für die Zeit ab 1.2.2007; Bescheid vom 10.5.2007 für die Zeit ab 1.3.2007; Bescheid vom 1.6.2007 für die Zeit ab 1.4.2007; Bescheid vom 28.6.2007 für die Zeit ab 1.5.2007). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Beklagte demgegenüber verurteilt, dem Kläger ab dem 2.2.2007 höheres Alg unter Zugrundelegung eines Freibetrages für Nebeneinkommen in Höhe von monatlich 234,30 Euro zu gewähren (Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der vom erzielten Nebeneinkommen abzuziehende Freibetrag bemesse sich nicht nach § 141 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), sondern nach dessen Abs 2 in der vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 geltenden Fassung. Nach Sinn und Zweck der Regelung stehe der Bezug einer Lohnersatzleistung der vom Gesetz geforderten Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gleich. Es spiele auch keine Rolle, dass die bis zum Arbeitsunfall ausgeübte Nebenbeschäftigung zwar unter 15 Stunden wöchentlich ausgeübt worden sei, aber wegen der Höhe des gezahlten Arbeitsentgelts die Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe und damit versicherungspflichtig gewesen sei.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 141 Abs 2 SGB III. Der dortige Begriff des Arbeitsentgelts sei eng auszulegen und gelte nicht für Einkommen aus Lohnersatzleistungen. Eine Privilegierung der Einkommensanrechnung auf der Grundlage des § 141 Abs 2 SGB III sei zudem nicht geboten, wenn vor Entstehung des Alg-Anspruchs eine nicht geringfügige und damit versicherungspflichtige, aber weniger als 15 Wochenstunden umfassende Tätigkeit ausgeübt worden sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) begründet. Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG, um abschließend entscheiden zu können.

10

Gegenstand des Verfahrens sind wegen der Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zeit vom 2.2. bis 9.6.2007 nur die Bescheide vom 5.4., 10.5., 1.6. und 28.6.2007. Denn der Bescheid vom 8.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.2.2007 ist insgesamt ersetzt durch den Bescheid vom 14.3.2007 (§ 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz), der seinerseits durch den Bescheid vom 5.4.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages für Februar 2007 auf 24,89 Euro ersetzt wird. Der Bescheid vom 10.5.2007 ersetzt ab März 2007 den Bescheid vom 5.4.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages in diesem Monat auf 24,91 Euro. Der Bescheid vom 1.6.2007 ersetzt dann ab 1.4.2007 den Bescheid vom 10.5.2007 unter Anhebung des täglichen Leistungsbetrages für April 2007 auf 23,87 Euro. Schließlich ersetzt noch der Bescheid vom 28.6.2007 ab 1.5.2007 den Bescheid vom 1.6.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages für diesen Monat auf 20,29 Euro. Diese Abänderungsbescheide betreffend die Monate Februar bis Juni 2007 sind gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Den Änderungsbescheid vom 7.9.2007 betreffend den Leistungsanspruch vom 1.6. bis 9.6.2007 hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben. Die Bescheide aus dem Jahr 2006 über die Neuberechnung des Leistungsanspruchs unter Berücksichtigung der ab März 2006 wieder aufgenommenen Nebentätigkeit des Klägers sind bestandskräftig geworden (§ 77 SGG).

11

Es handelt es sich um eine Teil-Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), gerichtet auf höheres Alg unter Berücksichtigung eines um 69,30 Euro (234,30 Euro - 165 Euro) höheren Freibetrags, begrenzt in der Höhe des früher bewilligten Alg. Bei einem solchen Streit sind Grund und Höhe des Anspruchs auf Alg in vollem Umfang und unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (stRspr; vgl: BSGE 95, 8 ff RdNr 6 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; BSGE 95, 191 RdNr 13 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2; BSG SozR 4-4300 § 130 Nr 3 RdNr 9).

12

Ob die streitgegenständlichen Änderungsbescheide nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III dann ihrerseits wegen der Einkommensanrechnung jeweils für einen Monat wieder nach §§ 44, 45 oder nach § 48 SGB X zu korrigieren waren, weil evtl die ursprüngliche Einkommensanrechnung von Anfang falsch war(vgl hierzu mit Nachweisen aus der Rspr: Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2007, § 329 RdNr 1 f), mag das LSG prüfen. Das LSG hat sich ausschließlich mit der Berechnung des Freibetrages nach § 141 Abs 2 SGB III(in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat) auseinander gesetzt. Bei der Berechnung des Alg-Anspruchs ist dem Kläger allerdings kein Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB III zuzugestehen.

13

Nach § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III ist das Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die der Arbeitslose während einer Zeit ausübt, für die ihm Alg zusteht, nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro auf das Alg für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Nach § 141 Abs 2 SGB III bleibt jedoch das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung nach Abs 1 Satz 1 bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruches aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages, der sich nach Abs 1 ergeben würde, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt hat.

14

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen die Voraussetzungen des § 141 Abs 2 SGB III für das vom Kläger in der Zeit ab 2.2.2007 erzielte Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nicht vor. Der Kläger hat nicht in den vor Entstehung des Alg-Anspruchs liegenden letzten 18 Monaten neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt. Entgegen den Ausführungen des LSG im angefochtenen Urteil ist der Bezug von Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung der tatsächlichen Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in dem erforderlichen Umfang und Zeitraum nicht gleichzusetzen. Denn unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang eine Unterbrechung der ausgeübten geringfügigen Beschäftigung die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 141 Abs 2 SGB III entfallen lässt(vgl hierzu Bundessozialgericht , Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 31/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), handelt es sich entgegen den Ausführungen des LSG bei dem gezahlten Verletztengeld nicht um Arbeitsentgelt, das durch Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung erzielt worden ist.

15

Während § 141 Abs 1 SGB III den Zweck verfolgt, dem Arbeitslosen einen Anreiz zu geben, seine Arbeitskraft neben dem Bezug von Leistungen einzusetzen, um auf diese Weise seine Wiedereingliederung zu erleichtern(BT-Drucks 13/4941, zu § 141 - Anrechnung von Nebeneinkommen - S 180), verfolgt Abs 2 der Regelung ebenso wie der Abs 3 die Absicht, dem Arbeitslosen die Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (BT-Drucks 14/873 S 14 zu Nr 21; s insgesamt hierzu BSGE 97, 80 ff = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, RdNr 15 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III muss dabei allerdings die geringfügige Beschäftigung auch tatsächlich ausgeübt worden sein.

16

Diese Auslegung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht ausschließlich durch die Teleologie des Gesetzes geprägt werden. Vielmehr stellt das Gesetz ausdrücklich und bewusst auf die Ausübung einer Nebentätigkeit ab. Das Verletztengeld als Lohnersatzleistung fällt damit nicht unter die Vorschrift des § 141 Abs 2 SGB III, weil es kein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt aus einer ausgeübten Tätigkeit ist. Der Bezug von Verletztengeld ersetzt gerade ein tatsächlich erarbeitetes Einkommen bzw Nebeneinkommen, tritt quasi an dessen Stelle, und kann aufgrund seines Lohnersatzcharakters nicht dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt iS des § 141 Abs 1 SGB III gleichgesetzt werden. Sozialleistungen wie das Verletztengeld fallen also nicht unter § 141 SGB III, weil dort die Begünstigung lediglich für das "Arbeitsentgelt" vorgesehen ist.

17

Dass der Bezug einer Entgeltersatzleistung nicht dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung gleichzustellen ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 141 SGB III(s die Darstellung in BSG, Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 31/09 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) und aus systematischen Erwägungen. Zwar bezogen sich die Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.1.1992 (SozR 3-4100 § 115 Nr 3 S 13 f),dass nur das ausdrücklich genannte "Arbeitsentgelt", nicht aber damit zusammenhängende Lohnersatzleistungen wie das Verletztengeld von der Regelung umfasst seien, auf die Vorgängervorschrift des § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III, den § 115 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz. Allerdings bezieht sich § 141 Abs 2 SGB III gleichfalls auf das Arbeitsentgelt in Abs 1 der Vorschrift, sodass der Arbeitsentgeltbegriff in beiden Absätzen nach der gesamten Struktur des § 141 SGB III, denknotwendig einheitlich auszulegen ist. Insoweit stellt § 141 SGB III auf die in § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) enthaltene Legaldefinition ab, wonach Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung sind.

18

Die Änderung des § 141 SGB III mit Wirkung zum 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917), mit der der Gesetzgeber den Begriff einer geringfügigen Beschäftigung aus dem Gesetzestext entfernt und durch eine Bezugnahme auf eine Erwerbstätigkeit iS des § 119 Abs 3 SGB III ersetzt hat, der eine Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) von weniger als 15 Stunden wöchentlich verlangt. Mit dieser Neuregelung sollte die nach altem Recht bestehende Ungleichbehandlung zwischen einem Arbeitslosen, der sein privilegiertes Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielte und einem Arbeitslosen, der eine abhängige Nebenbeschäftigung ausübte, beseitigt werden. Denn das Nebeneinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung wurde nur in vollem Umfang geschützt, wenn es im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung erzielt wurde (Entgeltgrenze 400 Euro monatlich), während Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit auch dann privilegiert war, wenn es mehr als geringfügig war, die Tätigkeit jedoch weniger als 15 Wochenstunden ausgeübt wurde (vgl: BT-Drucks 16/10810 S 38 zu Nr 40). Die Gesetzesbegründung stellt mithin ausdrücklich auf Einkommen aus einer Tätigkeit ab.

19

Eine solche wörtliche Auslegung ist im Übrigen auch zur Gleichbehandlung abhängig Beschäftigter mit Selbstständigen nach § 141 Abs 3 SGB III erforderlich, die nicht im Falle von Krankheit, Arbeitsunfällen etc von Gesetzes wegen versichert sind, bzw denen eine etwaige Versicherungsleistung unabhängig von dem Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit erbracht wird. Die vom LSG zu Grunde gelegte teleologische Auslegung würde demgegenüber die abhängig Beschäftigten bei Berücksichtigung einer Lohnersatzleistung einseitig gegenüber den Selbstständigen bevorzugen.

20

Ob die Regelung des § 141 Abs 2 SGB III wegen des Begriffs einer geringfügigen Beschäftigung in seiner bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung gegen Art 3 Grundgesetz verstößt und ob insoweit eine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, kann hier dahinstehen. Denn es fehlt bereits an der vor der Arbeitslosigkeit erforderlichen Ausübung einer Beschäftigung.

21

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ be

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(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. September 2009 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. Juni 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Nebeneinkommen auf Arbeitslosengeld (Alg) anzurechnen ist.

2

Der Kläger war vom 1.7.2002 bis 31.7.2006 bei der N. GmbH & Co-KG versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 1.8.2005 bis 31.7.2006 übte er zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von bis zu 14 Stunden wöchentlich gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro bei der Firma R. Computer GmbH (R.) aus.

3

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab 1.8.2006 in Höhe von täglich 44,82 Euro bzw ab 1.9.2006 wegen Änderung der Lohnsteuerklasse in Höhe von 38,18 Euro bis einschließlich 30.7.2007. Am 21.11.2006 nahm der Kläger eine neue geringfügige Beschäftigung beim TSV C. (C) gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro auf und übte diese bis einschließlich 30.4.2007 aus.

4

Nach Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 17.1.2007 die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 1.12.2006 bis 30.4.2007 teilweise auf und rechnete wegen des Nebeneinkommens von 400 Euro einen Betrag von täglich 7,83 Euro (400 Euro abzüglich Freibetrag von 165 Euro, geteilt durch 30) an, sodass sich für den Änderungszeitraum noch ein täglicher Leistungsbetrag von 30,35 Euro ergab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1.6.2007).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.9.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Aufnahme einer mit einer monatlichen Entlohnung von 400 Euro verbundenen geringfügigen Beschäftigung ab 21.11.2006 stelle eine Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar. Dem Kläger stehe für das Nebeneinkommen lediglich ein Freibetrag von 165 Euro gemäß § 141 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und nicht von 400 Euro gemäß § 141 Abs 2 SGB III zu. Eine bei Anspruchsbeginn bereits beendete Erwerbstätigkeit begründe keinen privilegierten Freibetrag; § 141 Abs 2 SGB III sei vielmehr nur anzuwenden auf eine zur Zeit des Anspruchsbeginns ausgeübte und damit fortgeführte Erwerbstätigkeit. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und aus der Kommentarliteratur zu § 141 SGB III. Der Kläger habe die geringfügige Beschäftigung nicht fortgesetzt, sondern sie zwischen Anspruchsbeginn und Aufnahme der Tätigkeit nahezu vier Monate unterbrochen; damit sei die Privilegierung nicht anwendbar. Dieses Ergebnis entspreche Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 SGB III. Der Kläger habe das Alg zunächst anrechnungsfrei erhalten, sodass die ursprüngliche Höhe des Alg durch das spätere Arbeitseinkommen nicht beeinflusst worden sei. Sein Lebensstandard sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung der geringfügigen Beschäftigung. Das Verschieben einer erneuten Beschäftigungsaufnahme während des Bezugs von Alg habe nichts mehr mit der vom Gesetzgeber gewünschten Anknüpfung an den vor der Arbeitslosigkeit bestehenden Lebensstandard zu tun.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 141 Abs 2 SGB III. Die Voraussetzungen für die Anrechnungsfreiheit des ab Dezember 2006 erzielten Nebeneinkommens seien gegeben. Er habe in den letzten 18 Monaten vor Entstehen des Anspruchs mindestens zwölf Monate lang eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Der Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB III sei von keiner weiteren Voraussetzung abhängig, insbesondere nicht davon, dass die geringfügige Beschäftigung bei Eintritt der Arbeitslosigkeit noch ausgeübt werde.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG vom 16. September 2009 und des SG vom 24. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen bleibt das vom Kläger in der Zeit von Dezember 2006 bis April 2007 aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt von monatlich 400 Euro gemäß § 141 Abs 2 SGB III anrechnungsfrei. Der angefochtene Anrechnungsbescheid ist deshalb aufzuheben.

11

1. Zu entscheiden ist ausschließlich über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 17.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.6.2007, mit dem die Beklagte die ursprüngliche Alg-Bewilligung nur für die Zeit vom 1.12.2006 bis 30.4.2007 teilweise aufgehoben, die Bewilligung im Übrigen aber unverändert belassen hat. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist somit die Frage, ob dem Kläger in den weiteren Zeiträumen (1.8. bis 30.11.2006 bzw 1.5. bis 30.7.2007) Alg zutreffend bewilligt worden ist.

12

2. Der Bescheid vom 17.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.6.2007 ist rechtswidrig. Eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist im Vergleich zu den der Alg-Bewilligung zu Grunde liegenden Verhältnissen nicht eingetreten.

13

Eine Änderung ist wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, nach neuer Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte; maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (vgl ua BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19 S 36). Zwar hat sich im Vergleich zur ursprünglichen Alg-Bewilligung für die Zeit ab 1.8.2006 die Sachlage insofern geändert, als der Kläger ab 1.12.2006 ein Nebeneinkommen von 400 Euro erzielt hat. Nach dem einschlägigen materiellen Recht bleibt dieses Einkommen aber anrechnungsfrei.

14

a) Die Anrechnung von Nebeneinkommen aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die während einer Zeit, für die dem Arbeitslosen Alg zusteht, ausgeübt wird, richtet sich zunächst nach § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) erhalten hat. Danach ist grundsätzlich das erzielte Arbeitsentgelt nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Eine Sonderregelung ist jedoch in § 141 Abs 2 SGB III in der vorbezeichneten Fassung für den Fall getroffen, dass der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt hat; erzieltes Arbeitsentgelt bleibt dann bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs 1 ergeben würde.

15

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen die Voraussetzungen des § 141 Abs 2 SGB III für die Anrechnungsfreiheit des vom Kläger in der Zeit ab Dezember 2006 erzielten Arbeitsentgelts von 400 Euro monatlich vor. Der Anspruch des Klägers auf Alg ist am 1.8.2006 entstanden. In den davor liegenden letzten 18 Monaten hat der Kläger neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, nämlich die Beschäftigung im Umfang bis zu 14 Wochenstunden gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro bei der Firma R. in der Zeit vom 1.8.2005 bis 31.7.2006. Hieraus folgt, dass das Arbeitsentgelt aus der vom Kläger während des Alg-Bezugs ausgeübten geringfügigen Beschäftigung bei C bis zu dem insgesamt erzielten Betrag von 400 Euro monatlich anrechnungsfrei bleibt; denn dieser Betrag entspricht demjenigen, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs (August 2005 bis Juli 2006) durchschnittlich auf den Monat entfällt.

16

c) Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhalt für die von der Beklagten geäußerte Auffassung, die Privilegierung bei der Anrechnung greife nur dann, wenn die ursprüngliche Tätigkeit weitergeführt werde, es sich also bei der vor Entstehung des Alg-Anspruchs und der danach ausgeübten geringfügigen Beschäftigung um dieselbe Tätigkeit handele. Ebenso wenig spricht der Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III für die Annahme des LSG, die während des Alg-Bezugs bzw der Anspruchsberechtigung ausgeübte Tätigkeit müsse sich ohne Unterbrechung und damit nahtlos an eine zuvor ausgeübte geringfügige Beschäftigung anschließen.

17

§ 141 Abs 2 SGB III nennt als Voraussetzung für die Privilegierung nur die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten. Dem Gesetzeswortlaut ist somit zu entnehmen, dass Anrechnungsfreiheit auch in Fällen in Betracht kommt, in denen eine geringfügige Beschäftigung zeitweise nicht ausgeübt worden ist. Weder für die Zeit vor Anspruchsbeginn noch für die Zeit danach findet sich im Gesetz eine ausdrückliche Bestimmung, es müsse sich um eine einheitliche Beschäftigung handeln oder es sei eine zusammenhängende Ausübung zu verlangen. Dementsprechend wird im Schrifttum angenommen, dass die Gesamtdauer von zwölf Monaten auch durch Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen erreicht werden kann und dass eine Identität von Arbeitszeiten und Verdiensten nicht erforderlich ist (Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 30; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 141 RdNr 114, Stand Oktober 2006).

18

d) Aus den im LSG-Urteil erwähnten Gesetzesmaterialien, in denen von der "Fortführung" einer Tätigkeit die Rede ist (BT-Drucks 14/873 S 14, zu Nr 21 Buchst c), lässt sich ebenfalls kein zwingendes Argument für die Auffassung herleiten, die Anrechnungsfreiheit nach § 141 Abs 2 SGB III erfordere die nahtlose Fortführung einer vor Anspruchsbeginn ausgeübten Tätigkeit. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die genannten Materialien die inzwischen aufgehobene Vorschrift des § 141 Abs 3 SGB III idF des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes(2. SGB III-ÄndG) vom 21.7.1999 (BGBl I 1648), also die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, betreffen. Unabhängig davon ist zu beachten, dass sich der Begriff der "Fortführung" nicht im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen hat. Auch schließt eine "Fortführung" nicht notwendigerweise das Erfordernis der Nahtlosigkeit ein; eine früher ausgeübte geringfügige Beschäftigung kann auch nach einem zeitlichen Intervall später wieder aufgenommen und insofern fortgeführt werden. Soweit deshalb in der Kommentarliteratur zu § 141 Abs 2 SGB III davon die Rede ist, Abs 2 beziehe sich auf Fälle, in denen der Arbeitslose eine geringfügige Tätigkeit fortführe(zB Keller in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 141 RdNr 61; Hünecke in Gagel, SGB II/SGB III, § 141 SGB III RdNr 78, Stand Mai 2007), ergibt sich hieraus nicht zwingend die Folgerung, es müsse in jedem Fall eine vor Anspruchsbeginn verrichtete Tätigkeit nahtlos weiter ausgeübt werden.

19

Aus der Entstehungsgeschichte des § 141 SGB III und den hierzu vorliegenden Gesetzesmaterialien ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Auffassung des LSG. Im Vergleich zu § 115 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der die Privilegierung noch an die ständige Ausübung einer kurzzeitigen Beschäftigung im Bemessungszeitraum geknüpft hatte(vgl § 115 Abs 2 AFG), war § 141 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594) darauf ausgerichtet, die Anrechnung von Nebeneinkommen großzügiger zu gestalten (vgl BT-Drucks 13/4941 S 180). § 141 Abs 2 SGB III idF des AFRG sah dementsprechend die Möglichkeit der Anrechnungsfreiheit bereits vor, wenn der Arbeitslose während des Bemessungszeitraums eine geringfügige Beschäftigung mindestens drei Monate lang ausgeübt hatte. Die nachfolgende Änderung des § 141 Abs 2 SGB III durch das 2.SGB III-ÄndG vom 21.7.1999 (BGBl I 1648) mit der Einführung eines Rahmens von zwölf Monaten, in dem eine geringfügige Beschäftigung mindestens zehn Monate lang ausgeübt worden sein musste, sollte zwar Missbrauchsmöglichkeiten entgegenwirken und Anrechnungsfreiheit nur noch zulassen, wenn der Verdienst aus der Nebenbeschäftigung bereits über einen längeren Zeitraum den Lebensstandard mitbestimmt hatte (vgl BT-Drucks 14/873 S 14, zu Nr 21 Buchst b). Weder der Begründung zum 2.SGB III-ÄndG noch den Materialien zur späteren Änderung des Abs 2 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) mit Erweiterung des Rahmens auf 18 Monate und der für die vorherige Beschäftigung vorgeschriebenen Mindestdauer auf zwölf Monate (vgl BT-Drucks 15/1515 S 86, zu Nr 73) ist aber zu entnehmen, der Gesetzgeber habe beabsichtigt, die Anrechnungsfreiheit von dem Erfordernis der nahtlosen Fortführung einer geringfügigen Beschäftigung abhängig zu machen.

20

e) Die Annahme der Notwendigkeit einer nahtlosen Fortführung lässt sich entgegen der Auffassung des LSG auch nicht mit Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 SGB III begründen, nämlich der Vermeidung einer Anrechnung wegen Nichtberücksichtigung des Entgelts aus der geringfügigen Beschäftigung bei der Bemessungsgrundlage(vgl BT-Drucks 11/4124 S 229 zur Vorgängervorschrift des § 115 Abs 2 AFG) bzw der Wahrung des Lebensstandards durch Beibehaltung eines privilegierten Freibetrags bei weiterem Bezug von Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (BT-Drucks 14/873 S 14 zu Nr 21 Buchstabe b).

21

Soweit das LSG in diesem Zusammenhang ausführt, der Kläger habe das Alg zunächst anrechnungsfrei und damit unbeeinflusst von später erzieltem Arbeitseinkommen erhalten, verkennt es, dass § 141 Abs 2 SGB III für den Arbeitslosen erst dann relevant wird, wenn er ein Nebeneinkommen erzielt. Soweit das LSG annimmt, der Lebensstandard des Klägers sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses vor Beginn des Alg-Bezugs, beachtet es nicht hinreichend den konkreten Regelungsinhalt. Denn der Gesetzgeber hat die Zielsetzung, dem Arbeitslosen Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (vgl BSGE 97, 80 = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, jeweils RdNr 15), nicht auf Fälle der Erzielung von Nebeneinkommen ohne Unterbrechung beschränkt. Für die Privilegierung des § 141 Abs 2 SGB III reicht es vielmehr aus, dass eine den Lebensstandard mitbestimmende geringfügige Beschäftigung vor Anspruchsbeginn nur zeitweise (nämlich zwölf Monate innerhalb des Rahmens von 18 Monaten) ausgeübt worden ist. Von einer Prägung des Lebensstandards durch das Nebeneinkommen kann deshalb auch dann gesprochen werden, wenn dieses Einkommen nicht durchgehend zur Verfügung steht.

22

Der Gesichtspunkt der Verminderung des Lebensstandards als Folge einer nur zeitweisen geringfügigen Beschäftigung ist in § 141 Abs 2 SGB III im Übrigen in die gesetzliche Regelung eingeflossen, wonach erzieltes Arbeitsentgelt nur bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, der in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des Anspruchs durchschnittlich auf den Monat entfällt. Damit wird eine Beschränkung der Anrechnungsfreiheit in Fällen erreicht, in denen in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des Alg-Anspruchs teilweise kein Nebeneinkommen und in der Folge davon ein im Vergleich zum späteren Nebenverdienst niedrigeres durchschnittliches Entgelt erzielt worden ist (vgl zu Wortlaut und Systematik des § 141 Abs 1 und 2 SGB III auch BSGE 97, 80 = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, jeweils RdNr 17-18). Über diese ausdrücklich geregelte Beschränkung hinaus kann einer nur zeitweise ausgeübten geringfügigen Beschäftigung jedoch keine weitere Bedeutung im Sinne der Auffassung des LSG zukommen.

23

f) Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann offen bleiben, ob - was nach dem Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III nicht ausgeschlossen ist - nach Anspruchsentstehung die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung beliebig lange aufgeschoben werden darf, ohne die Privilegierung einzubüßen. Denn der Kläger hat nach den getroffenen Feststellungen vor Anspruchsbeginn eine Nebenbeschäftigung bis Juli 2006 ausgeübt und dann nach einer Unterbrechung von weniger als vier Monaten wieder Nebeneinkommen ab 21.11.2006 erzielt. Da Anrechnungsfreiheit nach § 141 Abs 2 SGB III auch für Arbeitslose in Betracht kommt, die zunächst zwölf Monate lang geringfügig beschäftigt gewesen sind, dann aber bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit über sechs Monate hinweg keine Nebenbeschäftigung ausgeübt haben, kann die Privilegierung jedenfalls Arbeitslosen wie dem Kläger nicht versagt werden, bei denen ab Beginn der Arbeitslosigkeit in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten kein Nebeneinkommen erzielt worden ist.

24

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. September 2009 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. Juni 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Nebeneinkommen auf Arbeitslosengeld (Alg) anzurechnen ist.

2

Der Kläger war vom 1.7.2002 bis 31.7.2006 bei der N. GmbH & Co-KG versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 1.8.2005 bis 31.7.2006 übte er zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von bis zu 14 Stunden wöchentlich gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro bei der Firma R. Computer GmbH (R.) aus.

3

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab 1.8.2006 in Höhe von täglich 44,82 Euro bzw ab 1.9.2006 wegen Änderung der Lohnsteuerklasse in Höhe von 38,18 Euro bis einschließlich 30.7.2007. Am 21.11.2006 nahm der Kläger eine neue geringfügige Beschäftigung beim TSV C. (C) gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro auf und übte diese bis einschließlich 30.4.2007 aus.

4

Nach Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 17.1.2007 die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 1.12.2006 bis 30.4.2007 teilweise auf und rechnete wegen des Nebeneinkommens von 400 Euro einen Betrag von täglich 7,83 Euro (400 Euro abzüglich Freibetrag von 165 Euro, geteilt durch 30) an, sodass sich für den Änderungszeitraum noch ein täglicher Leistungsbetrag von 30,35 Euro ergab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1.6.2007).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.9.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Aufnahme einer mit einer monatlichen Entlohnung von 400 Euro verbundenen geringfügigen Beschäftigung ab 21.11.2006 stelle eine Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar. Dem Kläger stehe für das Nebeneinkommen lediglich ein Freibetrag von 165 Euro gemäß § 141 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und nicht von 400 Euro gemäß § 141 Abs 2 SGB III zu. Eine bei Anspruchsbeginn bereits beendete Erwerbstätigkeit begründe keinen privilegierten Freibetrag; § 141 Abs 2 SGB III sei vielmehr nur anzuwenden auf eine zur Zeit des Anspruchsbeginns ausgeübte und damit fortgeführte Erwerbstätigkeit. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und aus der Kommentarliteratur zu § 141 SGB III. Der Kläger habe die geringfügige Beschäftigung nicht fortgesetzt, sondern sie zwischen Anspruchsbeginn und Aufnahme der Tätigkeit nahezu vier Monate unterbrochen; damit sei die Privilegierung nicht anwendbar. Dieses Ergebnis entspreche Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 SGB III. Der Kläger habe das Alg zunächst anrechnungsfrei erhalten, sodass die ursprüngliche Höhe des Alg durch das spätere Arbeitseinkommen nicht beeinflusst worden sei. Sein Lebensstandard sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung der geringfügigen Beschäftigung. Das Verschieben einer erneuten Beschäftigungsaufnahme während des Bezugs von Alg habe nichts mehr mit der vom Gesetzgeber gewünschten Anknüpfung an den vor der Arbeitslosigkeit bestehenden Lebensstandard zu tun.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 141 Abs 2 SGB III. Die Voraussetzungen für die Anrechnungsfreiheit des ab Dezember 2006 erzielten Nebeneinkommens seien gegeben. Er habe in den letzten 18 Monaten vor Entstehen des Anspruchs mindestens zwölf Monate lang eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Der Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB III sei von keiner weiteren Voraussetzung abhängig, insbesondere nicht davon, dass die geringfügige Beschäftigung bei Eintritt der Arbeitslosigkeit noch ausgeübt werde.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG vom 16. September 2009 und des SG vom 24. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen bleibt das vom Kläger in der Zeit von Dezember 2006 bis April 2007 aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt von monatlich 400 Euro gemäß § 141 Abs 2 SGB III anrechnungsfrei. Der angefochtene Anrechnungsbescheid ist deshalb aufzuheben.

11

1. Zu entscheiden ist ausschließlich über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 17.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.6.2007, mit dem die Beklagte die ursprüngliche Alg-Bewilligung nur für die Zeit vom 1.12.2006 bis 30.4.2007 teilweise aufgehoben, die Bewilligung im Übrigen aber unverändert belassen hat. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist somit die Frage, ob dem Kläger in den weiteren Zeiträumen (1.8. bis 30.11.2006 bzw 1.5. bis 30.7.2007) Alg zutreffend bewilligt worden ist.

12

2. Der Bescheid vom 17.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.6.2007 ist rechtswidrig. Eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist im Vergleich zu den der Alg-Bewilligung zu Grunde liegenden Verhältnissen nicht eingetreten.

13

Eine Änderung ist wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, nach neuer Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte; maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (vgl ua BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19 S 36). Zwar hat sich im Vergleich zur ursprünglichen Alg-Bewilligung für die Zeit ab 1.8.2006 die Sachlage insofern geändert, als der Kläger ab 1.12.2006 ein Nebeneinkommen von 400 Euro erzielt hat. Nach dem einschlägigen materiellen Recht bleibt dieses Einkommen aber anrechnungsfrei.

14

a) Die Anrechnung von Nebeneinkommen aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die während einer Zeit, für die dem Arbeitslosen Alg zusteht, ausgeübt wird, richtet sich zunächst nach § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) erhalten hat. Danach ist grundsätzlich das erzielte Arbeitsentgelt nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Eine Sonderregelung ist jedoch in § 141 Abs 2 SGB III in der vorbezeichneten Fassung für den Fall getroffen, dass der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt hat; erzieltes Arbeitsentgelt bleibt dann bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs 1 ergeben würde.

15

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen die Voraussetzungen des § 141 Abs 2 SGB III für die Anrechnungsfreiheit des vom Kläger in der Zeit ab Dezember 2006 erzielten Arbeitsentgelts von 400 Euro monatlich vor. Der Anspruch des Klägers auf Alg ist am 1.8.2006 entstanden. In den davor liegenden letzten 18 Monaten hat der Kläger neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, nämlich die Beschäftigung im Umfang bis zu 14 Wochenstunden gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro bei der Firma R. in der Zeit vom 1.8.2005 bis 31.7.2006. Hieraus folgt, dass das Arbeitsentgelt aus der vom Kläger während des Alg-Bezugs ausgeübten geringfügigen Beschäftigung bei C bis zu dem insgesamt erzielten Betrag von 400 Euro monatlich anrechnungsfrei bleibt; denn dieser Betrag entspricht demjenigen, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs (August 2005 bis Juli 2006) durchschnittlich auf den Monat entfällt.

16

c) Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhalt für die von der Beklagten geäußerte Auffassung, die Privilegierung bei der Anrechnung greife nur dann, wenn die ursprüngliche Tätigkeit weitergeführt werde, es sich also bei der vor Entstehung des Alg-Anspruchs und der danach ausgeübten geringfügigen Beschäftigung um dieselbe Tätigkeit handele. Ebenso wenig spricht der Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III für die Annahme des LSG, die während des Alg-Bezugs bzw der Anspruchsberechtigung ausgeübte Tätigkeit müsse sich ohne Unterbrechung und damit nahtlos an eine zuvor ausgeübte geringfügige Beschäftigung anschließen.

17

§ 141 Abs 2 SGB III nennt als Voraussetzung für die Privilegierung nur die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten. Dem Gesetzeswortlaut ist somit zu entnehmen, dass Anrechnungsfreiheit auch in Fällen in Betracht kommt, in denen eine geringfügige Beschäftigung zeitweise nicht ausgeübt worden ist. Weder für die Zeit vor Anspruchsbeginn noch für die Zeit danach findet sich im Gesetz eine ausdrückliche Bestimmung, es müsse sich um eine einheitliche Beschäftigung handeln oder es sei eine zusammenhängende Ausübung zu verlangen. Dementsprechend wird im Schrifttum angenommen, dass die Gesamtdauer von zwölf Monaten auch durch Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen erreicht werden kann und dass eine Identität von Arbeitszeiten und Verdiensten nicht erforderlich ist (Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 30; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 141 RdNr 114, Stand Oktober 2006).

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d) Aus den im LSG-Urteil erwähnten Gesetzesmaterialien, in denen von der "Fortführung" einer Tätigkeit die Rede ist (BT-Drucks 14/873 S 14, zu Nr 21 Buchst c), lässt sich ebenfalls kein zwingendes Argument für die Auffassung herleiten, die Anrechnungsfreiheit nach § 141 Abs 2 SGB III erfordere die nahtlose Fortführung einer vor Anspruchsbeginn ausgeübten Tätigkeit. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die genannten Materialien die inzwischen aufgehobene Vorschrift des § 141 Abs 3 SGB III idF des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes(2. SGB III-ÄndG) vom 21.7.1999 (BGBl I 1648), also die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, betreffen. Unabhängig davon ist zu beachten, dass sich der Begriff der "Fortführung" nicht im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen hat. Auch schließt eine "Fortführung" nicht notwendigerweise das Erfordernis der Nahtlosigkeit ein; eine früher ausgeübte geringfügige Beschäftigung kann auch nach einem zeitlichen Intervall später wieder aufgenommen und insofern fortgeführt werden. Soweit deshalb in der Kommentarliteratur zu § 141 Abs 2 SGB III davon die Rede ist, Abs 2 beziehe sich auf Fälle, in denen der Arbeitslose eine geringfügige Tätigkeit fortführe(zB Keller in NK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 141 RdNr 61; Hünecke in Gagel, SGB II/SGB III, § 141 SGB III RdNr 78, Stand Mai 2007), ergibt sich hieraus nicht zwingend die Folgerung, es müsse in jedem Fall eine vor Anspruchsbeginn verrichtete Tätigkeit nahtlos weiter ausgeübt werden.

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Aus der Entstehungsgeschichte des § 141 SGB III und den hierzu vorliegenden Gesetzesmaterialien ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Auffassung des LSG. Im Vergleich zu § 115 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der die Privilegierung noch an die ständige Ausübung einer kurzzeitigen Beschäftigung im Bemessungszeitraum geknüpft hatte(vgl § 115 Abs 2 AFG), war § 141 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594) darauf ausgerichtet, die Anrechnung von Nebeneinkommen großzügiger zu gestalten (vgl BT-Drucks 13/4941 S 180). § 141 Abs 2 SGB III idF des AFRG sah dementsprechend die Möglichkeit der Anrechnungsfreiheit bereits vor, wenn der Arbeitslose während des Bemessungszeitraums eine geringfügige Beschäftigung mindestens drei Monate lang ausgeübt hatte. Die nachfolgende Änderung des § 141 Abs 2 SGB III durch das 2.SGB III-ÄndG vom 21.7.1999 (BGBl I 1648) mit der Einführung eines Rahmens von zwölf Monaten, in dem eine geringfügige Beschäftigung mindestens zehn Monate lang ausgeübt worden sein musste, sollte zwar Missbrauchsmöglichkeiten entgegenwirken und Anrechnungsfreiheit nur noch zulassen, wenn der Verdienst aus der Nebenbeschäftigung bereits über einen längeren Zeitraum den Lebensstandard mitbestimmt hatte (vgl BT-Drucks 14/873 S 14, zu Nr 21 Buchst b). Weder der Begründung zum 2.SGB III-ÄndG noch den Materialien zur späteren Änderung des Abs 2 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) mit Erweiterung des Rahmens auf 18 Monate und der für die vorherige Beschäftigung vorgeschriebenen Mindestdauer auf zwölf Monate (vgl BT-Drucks 15/1515 S 86, zu Nr 73) ist aber zu entnehmen, der Gesetzgeber habe beabsichtigt, die Anrechnungsfreiheit von dem Erfordernis der nahtlosen Fortführung einer geringfügigen Beschäftigung abhängig zu machen.

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e) Die Annahme der Notwendigkeit einer nahtlosen Fortführung lässt sich entgegen der Auffassung des LSG auch nicht mit Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 SGB III begründen, nämlich der Vermeidung einer Anrechnung wegen Nichtberücksichtigung des Entgelts aus der geringfügigen Beschäftigung bei der Bemessungsgrundlage(vgl BT-Drucks 11/4124 S 229 zur Vorgängervorschrift des § 115 Abs 2 AFG) bzw der Wahrung des Lebensstandards durch Beibehaltung eines privilegierten Freibetrags bei weiterem Bezug von Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (BT-Drucks 14/873 S 14 zu Nr 21 Buchstabe b).

21

Soweit das LSG in diesem Zusammenhang ausführt, der Kläger habe das Alg zunächst anrechnungsfrei und damit unbeeinflusst von später erzieltem Arbeitseinkommen erhalten, verkennt es, dass § 141 Abs 2 SGB III für den Arbeitslosen erst dann relevant wird, wenn er ein Nebeneinkommen erzielt. Soweit das LSG annimmt, der Lebensstandard des Klägers sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses vor Beginn des Alg-Bezugs, beachtet es nicht hinreichend den konkreten Regelungsinhalt. Denn der Gesetzgeber hat die Zielsetzung, dem Arbeitslosen Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (vgl BSGE 97, 80 = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, jeweils RdNr 15), nicht auf Fälle der Erzielung von Nebeneinkommen ohne Unterbrechung beschränkt. Für die Privilegierung des § 141 Abs 2 SGB III reicht es vielmehr aus, dass eine den Lebensstandard mitbestimmende geringfügige Beschäftigung vor Anspruchsbeginn nur zeitweise (nämlich zwölf Monate innerhalb des Rahmens von 18 Monaten) ausgeübt worden ist. Von einer Prägung des Lebensstandards durch das Nebeneinkommen kann deshalb auch dann gesprochen werden, wenn dieses Einkommen nicht durchgehend zur Verfügung steht.

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Der Gesichtspunkt der Verminderung des Lebensstandards als Folge einer nur zeitweisen geringfügigen Beschäftigung ist in § 141 Abs 2 SGB III im Übrigen in die gesetzliche Regelung eingeflossen, wonach erzieltes Arbeitsentgelt nur bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, der in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des Anspruchs durchschnittlich auf den Monat entfällt. Damit wird eine Beschränkung der Anrechnungsfreiheit in Fällen erreicht, in denen in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des Alg-Anspruchs teilweise kein Nebeneinkommen und in der Folge davon ein im Vergleich zum späteren Nebenverdienst niedrigeres durchschnittliches Entgelt erzielt worden ist (vgl zu Wortlaut und Systematik des § 141 Abs 1 und 2 SGB III auch BSGE 97, 80 = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, jeweils RdNr 17-18). Über diese ausdrücklich geregelte Beschränkung hinaus kann einer nur zeitweise ausgeübten geringfügigen Beschäftigung jedoch keine weitere Bedeutung im Sinne der Auffassung des LSG zukommen.

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f) Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann offen bleiben, ob - was nach dem Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III nicht ausgeschlossen ist - nach Anspruchsentstehung die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung beliebig lange aufgeschoben werden darf, ohne die Privilegierung einzubüßen. Denn der Kläger hat nach den getroffenen Feststellungen vor Anspruchsbeginn eine Nebenbeschäftigung bis Juli 2006 ausgeübt und dann nach einer Unterbrechung von weniger als vier Monaten wieder Nebeneinkommen ab 21.11.2006 erzielt. Da Anrechnungsfreiheit nach § 141 Abs 2 SGB III auch für Arbeitslose in Betracht kommt, die zunächst zwölf Monate lang geringfügig beschäftigt gewesen sind, dann aber bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit über sechs Monate hinweg keine Nebenbeschäftigung ausgeübt haben, kann die Privilegierung jedenfalls Arbeitslosen wie dem Kläger nicht versagt werden, bei denen ab Beginn der Arbeitslosigkeit in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten kein Nebeneinkommen erzielt worden ist.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Die oder der Arbeitslose hat sich elektronisch im Fachportal der Bundesagentur oder persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Das in Satz 1 genannte elektronische Verfahren muss die Voraussetzungen des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 5 erster Halbsatz des Ersten Buches erfüllen. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

(2) Ist die zuständige Agentur für Arbeit am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit der oder des Arbeitslosen nicht dienstbereit, so wirkt eine Meldung an dem nächsten Tag, an dem die Agentur für Arbeit dienstbereit ist, auf den Tag zurück, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit war.

(3) Die Wirkung der Meldung erlischt

1.
bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit,
2.
mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder als mithelfender Familienangehöriger, wenn die oder der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

(4) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der oder dem Arbeitslosen unverzüglich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein persönliches Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen. Dies ist entbehrlich, wenn das persönliche Beratungs- und Vermittlungsgespräch bereits in zeitlicher Nähe vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in der Regel innerhalb von vier Wochen, vor Eintritt der Arbeitslosigkeit geführt worden ist.