Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 Bf 115/15

bei uns veröffentlicht am30.01.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beklagte als Berufungsführerin wendet sich gegen die erstinstanzlich in einem Zwischenurteil getroffene Entscheidung, die - wegen eines Kostenfestsetzungsbescheids erhobene - Klage der Klägerin sei zulässig.

2

Die Klägerin ist ghanaische Staatsangehörige. Gegen sie verfügte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen eines Asylverfahrens mit Bescheid vom 10. August 2006 eine Abschiebungsandrohung. Klage und Eilrechtsschutz hiergegen blieben erfolglos (2 A 800/06, 2 AE 801/06). Die Klägerin ließ sich in jenen Verfahren durch Rechtsanwalt X... vertreten. Die Klägerin wurde Ende Juli 2006 in Abschiebehaft genommen.

3

Am 28. September 2006 bevollmächtigte die Klägerin Rechtsanwalt Y... in ihrer Ausländersache gegenüber der Beklagten. Die Vollmacht erstreckte sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art. Die Vollmachtsurkunde wurde der Beklagten am 2. Oktober 2006 überreicht. Am selben Tag wurde die Klägerin aus der Abschiebehaft entlassen. Rechtsanwalt Y... stellte für die Klägerin am 24. Oktober 2006 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Untersagung von Abschiebemaßnahmen, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 ablehnte (2 E 3619/06). In der darauffolgenden Zeit war der Beklagten der Aufenthaltsort der Klägerin unbekannt. Rechtsanwalt X... teilte mit Schriftsatz vom 14. November 2007 im Verfahren 2 A 800/06 dem Verwaltungsgericht mit, dass auch ihm eine ladungsfähige Anschrift der Klägerin nicht bekannt sei.

4

Am 2. Februar 2010 stellte die Klägerin persönlich einen Asylfolgeantrag. Einen Verfahrensbevollmächtigten gab sie nicht an. Das Bundesamt lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit Bescheid vom 9. Februar 2010 ab. Der Bescheid wurde der Klägerin persönlich zugestellt.

5

Mit Bescheid vom 27. September 2010 verlangte die Beklagte, vertreten durch das Einwohner-Zentralamt, von der Klägerin die Erstattung der Abschiebungsvorbereitungskosten in Höhe von 4.934,23 Euro. Der Bescheid war an die Klägerin persönlich adressiert und wurde ihr am 29. September 2010 zugestellt. Mit an die Klägerin persönlich adressiertem Schreiben vom 14. Dezember 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung auf. Rechtsanwalt X... teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 unter Hinweis darauf, dass die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 zur Zahlung von Abschiebevorbereitungskosten aufgefordert worden sei, mit, dass die Klägerin eine Ratenzahlung von monatlich 10,-- Euro anbiete. Mit Schreiben vom 26. Januar 2011 stimmte die Beklagte einer Ratenzahlung in dieser Höhe zu, und die Klägerin begann mit der Ratenzahlung. Der Ratenzahlungsbetrag wurde auf einen von der Klägerin selbst gestellten Antrag vom 27. Januar 2012 auf monatlich 20,-- Euro erhöht.

6

Nachdem die Klägerin am 25. Februar 2010 ein Kind geboren hatte, erteilte die Beklagte ihr mit Blick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes am 24. Juni 2011 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Am selben Tag legte Rechtsanwalt X... eine undatierte, von der Klägerin unterschriebene Vollmacht für die Vertretung in aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten einschließlich aller Neben- und Folgeverfahren vor und beantragte die Befristung der Wirkungen einer Ausweisung, die die Beklagte am 31. Juli 2006 gegen die Klägerin verfügt hatte. Dieses Verfahren wurde eingestellt, nachdem die für das Befristungsverfahren vorab erhobene Gebühr nicht gezahlt worden war.

7

Unter dem 6. März 2012 beantragte die Klägerin, ohne einen Verfahrensbevollmächtigten zu benennen, eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG unter Hinweis darauf, dass sie Elternteil eines minderjährigen deutschen Kindes sei. Sie teilte der Beklagten mit Schreiben vom 2. April 2012 auf deren Nachfrage mit, die Beklagte könne sie in Zukunft bitte direkt anschreiben. Zu der Frage der Beklagten, ob sie noch von Rechtsanwalt X... vertreten werde, äußerte sich die Klägerin nicht. Mit Bescheid vom 24. April 2012 befristete die Beklagte die Sperrwirkungen der Ausweisung. Am 29. Oktober 2012 erhielt die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.

8

Unter dem 28. Januar 2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ihre finanzielle Lage lasse keine weiteren Zahlungen zu, sie werde sich anwaltlich beraten lassen. Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 zeigte Rechtsanwalt Z... unter Beifügung einer Vollmacht an, dass die Klägerin ihn mit der anwaltlichen Vertretung beauftragt habe. Er beantragte Akteneinsicht, die am 4. März 2014 gewährt wurde.

9

Am 3. April 2014 erhob die Klägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Z..., Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. September 2010: Der Widerspruch sei nicht verfristet, weil der Bescheid dem Bevollmächtigten hätte zugestellt werden müssen und nicht der Klägerin persönlich. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2014 als unzulässig, weil verfristet, zurück. Die Klägerin erhob am 17. Juli 2014 Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg (17 K 3444/14) und beantragte, den Kostenfestsetzungsbescheid und den Widerspruchsbescheid aufzuheben.

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Mit Zwischenurteil (§ 109 VwGO) vom 19. Mai 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Klage zulässig sei: Der Widerspruch der Klägerin vom 3. April 2014 wahre die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 an die Klägerin persönlich sei unwirksam gewesen. Da Rechtsanwalt Y... der Beklagten eine schriftliche Vollmacht vorgelegt habe, hätte ihm anstelle der Klägerin zugestellt werden müssen. Der Zustellungsmangel sei erst am 4. März 2014 gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Dass der Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt X... vorgelegen habe, sei weder substantiiert vorgetragen worden noch aus der Sachakte zu schließen. In dessen Schriftsatz vom 20. Januar 2011 könne im Übrigen kein Verzicht auf den Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid gesehen werden. Auch habe die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Zwar habe die Klägerin auf die in dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. September 2010 festgesetzten Kosten mehrere Jahre vorbehaltlos Raten geleistet. Da die Beklagte jedoch den Kostenfestsetzungsbescheid nicht an Rechtsanwalt Y... zugestellt habe und die Beklagte auch nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass die Klägerin Rechtsanwalt X... den Kostenfestsetzungsbescheid vorgelegt habe, habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass die Klägerin eine Rechtswidrigkeit des Kostenfestsetzungsbescheids erst später erkennen und dann - ohne dass ihr ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen wäre - Widerspruch erheben werde. Die Beklagte habe so wegen des Zustellungsmangels nicht darauf vertrauen können, dass die Klägerin wegen des großen Zeitablaufs und der geleisteten Raten ihr Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen werde.

11

Das Zwischenurteil wurde der Beklagten am 29. Mai 2015 zugestellt. Am 29. Juni 2015 beantragte die Beklagte die Zulassung der Berufung gegen das Zwischenurteil und begründete den Antrag am 28. Juli 2015. Mit am 7. Januar 2016 der Beklagten zugestelltem Beschluss vom 22. Dezember 2015 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht auf den Antrag der Beklagten die Berufung gegen das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 zugelassen.

12

Die Beklagte begründet ihre Berufung mit am 29. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz wie folgt: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Klage unzulässig sei. Die Zustellung des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 an die Klägerin persönlich sei wirksam. Im Asylfolgeverfahren im Jahr 2010 habe die Klägerin nicht erwähnt, dass sie sich von einem der vormals für sie tätigen Bevollmächtigten weiterhin vertreten lassen wolle. Aus Sicht der Klägerin seien die Verfahren offensichtlich abgeschlossen gewesen. Die Vollmachten hätten mit den abgeschlossenen Verfahren gemäß § 168 BGB geendet. Für die Beendigung der Vertretung durch Rechtsanwalt Y... spreche auch der Umstand, dass sich nicht dieser, sondern Rechtsanwalt X... gemeldet habe, nachdem die Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid erhalten hatte. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Rechtsanwalt X... sich den Ausgangsbescheid nicht habe zeigen lassen, könne nicht geteilt werden. Jedenfalls wäre, wenn die Vollmacht des Rechtsanwalts Y... weiterhin gegolten hätte, der Zustellungsmangel gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Jede vorherige anwaltliche Bevollmächtigung sei mit Blick auf § 171 Abs. 2 BGB durch das Schreiben der Klägerin vom 2. April 2012, in dem diese darum gebeten habe, direkt angeschrieben zu werden, erloschen.

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Die Beklagte als Berufungsklägerin beantragt:

14

Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Die Klägerin erwidert, aus den von der Beklagten angeführten Gründen ließe sich die Fehlerhaftigkeit des Zwischenurteils nicht herleiten. Der Widerspruch sei am 3. April 2014 rechtzeitig erhoben worden. Der Zustellungsmangel sei erst mit Kenntnisnahme durch Rechtsanwalt Z... gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Der Kostenfestsetzungsbescheid hätte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG wirksam nur Rechtsanwalt Y... zugestellt werden können. Dieser habe der Beklagten eine Vollmachtsurkunde übersandt. Nach §§ 171 Abs. 2, 172 BGB bleibe die vom Vollmachtgeber mitgeteilte Vertretungsmacht bestehen, bis ein Widerruf in derselben Weise erfolge. Die Vertretungsbefugnis sei nicht widerrufen worden. Die durch förmliche Bevollmächtigung entstandenen Verfahrensrechte der Vollmachtgeberin gingen nicht dadurch verloren, dass sie eigenhändig weitere Verfahrensrechte in Anspruch nehme. Die Beklagte hätte auf die Bitte der Klägerin vom 2. April 2012 die Maßgaben des § 14 Abs. 3 Satz 2 HmbVwVfG bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG erläutern und um Klarstellung bitten sollen. Es wäre treuwidrig, den Kostenfestsetzungsbescheid unter Umgehung des Bevollmächtigten unmittelbar an die nur eingeschränkt rechts- und sprachkundige Klägerin zu senden und zwei Jahre später die Bitte, in Zukunft direkt angeschrieben zu werden, als Heilung des Zustellungsmangels zu bewerten.

18

Am 30. Januar 2017 hat die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Berufung hat Erfolg. Sie ist zulässig (1.) und begründet (2.). Das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage vom Berufungsgericht abzuweisen (3.).

20

1. Die Berufung ist zulässig. Das Berufungsgericht hat dem zulässigen Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 stattgegeben, und die Beklagte hat die Berufung innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Die Berufungsschrift genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO.

21

2. Die Berufung ist begründet, weil die Klage unzulässig ist.

22

Die Anfechtungsklage gegen den Kostenfeststellungsbescheid vom 27. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2014 ist unzulässig, weil die Klägerin kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt hat. Der am 3. April 2014 erhobene Widerspruch ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht zu diesem Zeitpunkt verwirkt hatte.

23

Zu den grundsätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage gehört es gemäß § 68 Abs. 1 VwGO, dass gegen den Ausgangsbescheid ein Vorverfahren betrieben worden ist. Ein wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig abgewiesener Widerspruch bewirkt im Fall der späteren Klageerhebung auch deren Unzulässigkeit; die Wahrung der Widerspruchsfrist ist in diesem Fall im gerichtlichen Verfahren eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage (OVG Hamburg, Beschl. v. 7.10.2014, 3 Bf 86/12, juris Rn. 48, 49 m. w. N). Ein Widerspruch ist nicht nur unzulässig, wenn er verfristet ist, sondern auch, wenn das Widerspruchsrecht wegen Rechtsmittelverzichts oder wegen Verwirkung oder ansonsten wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) nicht mehr besteht (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 28.7.1993, 1 EO 1/93, juris Rn. 34, 45). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist in dem auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (entsprechend § 242 BGB, vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.3.2006, 6 C 27/05, NVwZ 2006, 834, juris Rn. 7) enthalten.

24

Der Widerspruch vom 3. April 2014 ist unzulässig. Er dürfte zwar innerhalb der in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO geregelten Frist erhoben worden sein. Nach dieser Vorschrift ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zum 4. März 2014 in Lauf gesetzt worden ist (a.), so dass diese erst am 4. März 2014 mit Akteneinsicht durch Rechtsanwalt Z... in Lauf gesetzt wurde, der sodann für die Klägerin innerhalb eines Monats Widerspruch erhoben hat (b.). Dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens ist hier aber dennoch nicht genügt, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht am 3. April 2014 wegen Verwirkung nicht mehr ausüben durfte (c.).

25

a. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Widerspruchsfrist bis zum 4. März 2014 in Lauf gesetzt worden ist. Da die Beklagte der Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid durch Zustellung bekannt geben wollte, reichte es für das Inlaufsetzen der Widerspruchsfrist nicht aus, dass der Kostenfestsetzungsbescheid der Klägerin (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG) am 29. September 2010 zugegangen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1992, 5 C 65/88, NJW 1993, 2884, juris Rn. 8; vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 17.12.1991, Bf VI 35/91, NVwZ-RR 1993, 110, juris Rn. 36). Nach § 41 Abs. 5 HmbVwVfG bleiben vielmehr Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts mittels Zustellung unberührt. Zustellungen sind nach § 1 Abs.1 HmbVwZG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG an den Bevollmächtigten zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Demgemäß wäre die Zustellung nicht an die Klägerin persönlich, sondern an Rechtsanwalt Y... zu richten gewesen. Dieser hatte sich mit Vollmachtsurkunde vom 28. September 2006 gegenüber der Beklagten “in der Ausländersache“ der Klägerin gegen „die Ausländerbehörde Einwohner-Zentralamt Hamburg“ legitimiert, während sich diese in der Abschiebehaft befand. Diese Vollmacht war von der Beklagten bei der Zustellung des Kostenfestsetzungsbescheids zu beachten, der die Kosten der Abschiebehaft umfasste.

26

Die Vollmacht war nicht gemäß § 168 Satz 1 BGB mit Beendigung des gegen die Abschiebung eingeleiteten Verfahrens 2 E 3619/06 durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Dezember 2006 erloschen, weil sich die Vollmacht ausdrücklich auch auf „Folgeverfahren aller Art“ bezog. Die Vollmacht war bis zum Erlass des Kostenfestsetzungsbescheids auch nicht anderweitig erloschen, insbesondere nicht durch Widerruf. Nach § 14 Abs. 1 Satz 4 HmbVwVfG wird ein Widerruf der Vollmacht der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht (vgl. zum Widerruf: OVG Hamburg, Beschl. v. 3.1.2000, 4 Bf 16/99, juris Rn. 3; OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris Rn. 5). Im vorliegenden Fall war die Vollmacht - soweit ersichtlich - noch nicht einmal im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... widerrufen (§ 171 Abs. 2 BGB) und auch nicht für kraftlos erklärt (§ 172 Abs. 2 BGB) worden. Für Gegenteiliges bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin scheint sich vielmehr schlicht nicht mehr bei Rechtsanwalt Y... gemeldet zu haben, wie auch bei der Beklagten und bei Rechtsanwalt X... nicht. Sollte zur Zeit des Erlasses des Kostenfestsetzungsbescheids der Kontakt zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... abgerissen gewesen sein, bedeutete dies nicht das Erlöschen des Vollmachtverhältnisses, vielmehr steht ein Kontaktabriss den für Widerruf und Kündigung erforderlichen empfangsbedürftigen Erklärungen entgegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.7.1983, 9 B 10275/83, DVBl. 1984, 90, juris Rn. 3). Ob Rechtsanwalt Y... im Innenverhältnis zur Klägerin nach dem der Vollmacht zugrunde liegenden Mandatsverhältnis beauftragt war, auch in dieser Sache für die Klägerin tätig zu werden, ist gemäß § 172 BGB für die Wirksamkeit der Vollmacht bzw. Bevollmächtigung ohne Bedeutung. Dass die Klägerin im Februar 2010 ihren Asylfolgeantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge persönlich und nicht über Rechtsanwalt Y... gestellt hat, berührt das Vollmachtverhältnis zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... gegenüber der Beklagten gleichfalls nicht. Ebensowenig folgt aus dem Umstand, dass sich die Klägerin anlässlich des von der Beklagten am 14. Dezember 2010 an sie gerichteten Schreibens an Rechtsanwalt X... und nicht an Rechtsanwalt Y... gewandt hat, ein Erlöschen des Vollmachtverhältnisses, schon gar nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Zustellung an die Klägerin persönlich am 29. September 2010. Mit Bestellung eines neuen Bevollmächtigten ist regelmäßig noch nicht der Widerruf der Vollmacht des bereits vorhandenen Bevollmächtigten verbunden (BVerwG, Beschl. v. 29.4.1997, 4 B 76/97, juris Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris Rn. 7).

27

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zustellungsmangel bis zum 4. März 2014 geheilt worden ist. Es ist offen, ob die in § 8 VwZG geregelten Voraussetzungen für eine Heilung bis dahin erfüllt worden sind. Nach dieser Vorschrift gilt ein Dokument bei Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin entsprechend § 8 VwZG selbst Empfangsberechtigte war, wenn – was nicht festgestellt ist – sie Rechtsanwalt Y… zu keinem Zeitpunkt beauftragt hatte, sie in dem Verwaltungsverfahren betreffend die Erstattung der Abschiebevorbereitungskosten zu vertreten. Im weiteren Verlauf dürfte Rechtsanwalt X... zwar Empfangsberechtigter entsprechend § 8 VwZG geworden sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997, 8 C 43/95, BVerwGE 104, 301, juris Rn. 27). Es kann aber nicht festgestellt werden, dass Rechtsanwalt X..., als er Empfangsberechtigter war, den Kostenfestsetzungsbescheid in Besitz hatte. Dies ist Voraussetzung für eine Heilung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997, 8 C 43/95, BVerwGE 104, 301, juris Rn. 28 zur Vorgängervorschrift § 9 VwZG, wobei „tatsächlich zugegangen ist“ i. S. d. § 8 VwZG gleichbedeutend ist mit „nachweislich erhalten hat“ i.S.d. § 9 VwZG a. F., vgl. BT-Drs. 14/4554 S. 24). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, den Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt X... vorgelegt zu haben. Ausweislich der Sachakte hat Rechtsanwalt X... auf Nachfrage gegenüber der Beklagten erklärt, nicht zu erinnern, ob ihm der Bescheid vorgelegen hat. Dass Rechtsanwalt X... in Besitz des Bescheides war, behauptet die Beklagte selbst nicht substantiiert. Die Beweis- bzw. Darlegungslast für die Zustellung trifft denjenigen, der aus der Zustellung ein Recht herleitet (VGH Kassel, Beschl. v. 20.10.2008, 6 E 2035/08, NJW 2009, 1624, juris Rn. 22; OLG Hamburg, Urt. v. 3.5.1979, 15 UF 235/78 U, MDR 1979, 851, vgl. auch BFH, Beschl. vom 6.5.2014, GrS 2/13, NJW 2014, 2524, juris Rn. 76), hier also die Beklagte.

28

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Zustellungsmangel nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG gemäß § 8 VwZG geheilt wurde, indem sich die Klägerin mit Schreiben vom 2. April 2012 damit einverstanden erklärt hat, in Zukunft von der Beklagten direkt angeschrieben zu werden. Selbst wenn darin ein Widerruf der vorher erteilten Vollmachten gesehen werden könnte (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.1.2000, 4 Bf 16/99, juris; und OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris) und die Klägerin dadurch selbst zum Empfangsberechtigten i. S. d. § 8 VwZG geworden wäre, fehlte es auch hier an der Feststellung, dass sie zu diesem Zeitpunkt (noch) im Besitz des Kostenfeststellungsbescheids war. Weitere Anhaltspunkte für eine Heilung des Zustellungsmangels vor dem 4. März 2014 gibt es nicht.

29

b. Der Zustellungsmangel ist gemäß § 8 VwZG dadurch geheilt worden, dass der Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt Z... als Empfangsberechtigtem am 4. März 2014 im Wege der Akteneinsicht tatsächlich zugegangen ist. Damit gilt der Kostenfestsetzungsbescheid als am 4. März 2014 der Klägerin zugestellt. Mithin wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt. Rechtsanwalt Z... hat innerhalb der Frist, am 3. April 2014, Widerspruch für die Klägerin erhoben.

30

c. Dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens ist hier dennoch nicht genügt, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht am 3. April 2014 wegen Verwirkung nicht mehr ausüben durfte.

31

Ein Recht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dass ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete darauf vertrauen durfte und darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.2.1974, III C 115.71, BVerwGE 44, 339, juris Rn. 18, eine Untätigkeit von fast vier Jahren betreffend). Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat in einem Fall, in dem seit einer fehlerhaften Zustellung des Widerspruchsbescheids ein Zeitraum von vier Jahren bis zur Klageerhebung verstrichen war, entschieden, nach einem derart langen Zeitraum sei es auch im öffentlichen Interesse und zur Erhaltung des Rechtsfriedens gerechtfertigt, eine Berufung des Klägers auf die fehlende Bestandskraft des angegriffenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids nach Treu und Glauben als abgeschnitten anzusehen (OVG Hamburg, Urt. v. 17.12.1991, Bf VI 35/91, NVwZ-RR 1993, 110, juris Rn. 37). Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall auf die Sorgfaltspflicht abgestellt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zur Anrufung der Gerichte dadurch verwirkt habe, dass er zwei Jahre lang untätig geblieben sei, obwohl er die Rechtslage kannte oder zumutbarer Weise hätte kennen müssen (BVerfG, Beschl. v. 26.1.1972, 2 BvR 255/67, BVerfGE 32, 305, juris Rn. 25).

32

Unter Anwendung dieser Maßstäbe liegt hier ein Fall der Verwirkung vor. Das zeitliche Erfordernis ist gegeben, nachdem zwischen der fehlerhaften Zustellung des Bescheids vom 27. September 2010 bei der Klägerin persönlich am 29. September 2010 und der Erhebung des Widerspruchs am 3. April 2014 gut dreieinhalb Jahre verstrichen sind. Auch durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid gegen sich gelten lassen will und keinen Widerspruch mehr erhebt. Vertrauensgrundlage ist, dass die Klägerin wegen des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 von Januar 2011 bis Januar 2014 eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Beklagten hatte und dieser durch Zahlung von Raten nachgekommen ist, nachdem Rechtsanwalt X... im Januar 2011, dreieinhalb Monate nach Zustellung des Bescheids, die Ratenzahlungsvereinbarung für die Klägerin erwirkt und gerade nicht Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid eingelegt und den Zustellungsmangel gerügt hatte.

33

Aus der im verwaltungsgerichtlichen Zwischenurteil genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.3.2008, XII 147/05, NJW 2008, 2254, juris) folgt nichts Gegenteiliges. Der Entscheidung lag ein Verfahren zugrunde, in dem über 40 Monate lang vorbehaltlos gezahlt worden war, eine Verwirkung eines Minderungsrechts der dortigen Beklagten verneint und dies wie folgt begründet wurde: Maßgeblich sei, dass die Klägerin ihrerseits mit der Verwendung einer unwirksamen Klausel über den Ausschluss der Minderung gegen ihre vorvertraglichen Pflichten verstoßen habe und sie damit habe rechnen müssen, dass die Beklagte die Unwirksamkeit der Klausel nicht sofort bei Auftreten eines Mangels, sondern erst später erkennen und sich dann - ohne dass ihr ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen wäre - auf die Minderung berufen werde. Die Klägerin habe somit wegen ihres eigenen Vertragsverstoßes nicht darauf vertrauen können, dass die Beklagte wegen des großen Zeitablaufs ihr Recht nicht mehr geltend machen werde (BGH, Urt. v. 12.3.2008, XII 147/05, NJW 2008, 2254, juris). Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs stützt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass trotz der Ratenzahlung wegen des Zustellungsfehlers der Beklagten eine Verwirkung nicht gegeben sei, nicht. Ebenso wie Rechtsanwalt Z... die Bestandskraft des Kostenfestsetzungsbescheids durch Akteneinsicht überprüft hat, hätte auch der die Klägerin zu jenem Zeitpunkt beratende Rechtsanwalt X... - vor Fertigung des Schreibens vom 20. Januar 2011 mit dem Angebot einer Ratenzahlung - prüfen müssen, ob es einen wirksamen Kostenfestsetzungsbescheid gibt, der der Zahlungsaufforderung vom 14. Dezember 2010 zugrunde lag. Daraus, dass Rechtsanwalt X... nicht Akteneinsicht begehrt hat, musste die Beklagte entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht zu dem Schluss kommen, dass die Zustellung des Bescheids unwirksam erfolgt sei. Denn die Beklagte konnte daraus schließen, dass sich Rechtsanwalt X... anderweitig vergewissert hat, dass der Kostenfestsetzungsbescheid bestandskräftig geworden ist bzw. dass die zu diesem Zeitpunkt anwaltlich vertretene Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid gegen sich gelten lässt. Dabei ist eine der möglichen Fallkonstellationen, dass Rechtsanwalt X... über die Klägerin in den Besitz des Kostenfestsetzungsbescheids gelangt und dadurch gemäß § 8 VwZG Heilung eingetreten, aber kein Widerspruch erhoben worden und somit Bestandskraft eingetreten ist. Sollte Rechtsanwalt X... sich sorgfaltspflichtwidrig nicht vergewissert haben, müsste sich die Klägerin dieses Versäumnis zurechnen lassen.

34

Mithin konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Klägerin Widerspruch nicht mehr erheben würde. Sie hat darauf auch vertraut, indem sie die Klägerin zur Zahlung aufgefordert und die Zahlungsraten über drei Jahre hinweg angenommen hat.

35

3. Da die Klage unzulässig ist, ist das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Außerdem ist die Klage, wie von der Beklagten beantragt, gemäß § 130 Abs. 1 VwGO als unzulässig abzuweisen. Zwar hat das Verwaltungsgericht im Wege des Zwischenurteils allein über die Zulässigkeit der Klage und nicht auch über die Begründetheit entschieden. Der Senat hat selbst die Klage als unzulässig abgewiesen, da über die Zulässigkeit der Klage auf die Berufung der Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche Zwischenurteil hin abschließend zu entscheiden ist und wegen der Unzulässigkeit der Klage eine Sachentscheidung über das Begehren der Klägerin nicht mehr in Betracht kommt (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.7.2005, 9 S 2278/03, NVwZ-RR 2006, 154, juris Rn. 32; BVerwG, Urt. v. 16.7.1986, 6 C 106/83, Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 6, juris Rn. 18; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 109 Rn. 25, unter Hinweis auf Bettermann, DVBl. 1961, 65, 66).

II.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

38

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 Bf 115/15 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 28 Familiennachzug zu Deutschen


(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen 1. Ehegatten eines Deutschen,2. minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,3. Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorgezu erteilen, wenn der Deutsche seinen ge

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 70


(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 172 Vollmachtsurkunde


(1) Der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt. (2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 171 Wirkungsdauer bei Kundgebung


(1) Hat jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, dass er einen anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Fall

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130


(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Ver

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 8 Heilung von Zustellungsmängeln


Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 9 Zustellung im Ausland


(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt 1. durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist,2. auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch di

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 7 Zustellung an Bevollmächtigte


(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte best

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 168 Erlöschen der Vollmacht


Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erkläru

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 109


Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil vorab entschieden werden.

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 Bf 115/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 07. Okt. 2014 - 3 Bf 86/12

bei uns veröffentlicht am 07.10.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2012 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckb

Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Mai 2014 - GrS 2/13

bei uns veröffentlicht am 06.05.2014

Tatbestand 1 A. I. Vorgelegte Rechtsfrage 2 Der VIII. Senat

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Juli 2005 - 9 S 2278/03

bei uns veröffentlicht am 19.07.2005

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. August 2003 - 4 K 1314/02 - aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. D
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Juni 2018 - 3 M 227/18

bei uns veröffentlicht am 19.06.2018

Gründe 1 I. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 2. Mai 2018 ist unbegründet. Die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO

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(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

Über die Zulässigkeit der Klage kann durch Zwischenurteil vorab entschieden werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Hat jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, dass er einen anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.

(2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(1) Hat jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, dass er einen anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.

(2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Verfahren in der zweiten Instanz auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein früherer Student der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg, begehrt hauptsächlich die Aufhebung einer Entscheidung der Beklagten, nach der er wegen eines Täuschungsversuchs im besonders schweren Fall die Erste Juristische Staatsprüfung nicht bestanden hat, und die Verpflichtung der Beklagten, ihn erneut zur Erbringung der Ersten juristischen Staatsprüfung im sog. Freiversuch zuzulassen.

2

1. Der Kläger nahm zum Wintersemester 2001/2002 an der Universität Halle-Wittenberg das Studium der Rechtswissenschaft auf, das er an der Universität Hamburg fortsetzte. Mit Schreiben vom 26. September 2005 ließ die Beklagte ihn auf seinen Antrag hin im Wege des sog. Freiversuchs zur Ersten Juristischen Staatsprüfung zu. Nach Abgabe der Hausarbeit im November 2005 wurde der Kläger (nach einer krankheitsbedingten Unterbrechung) des Prüfungsverfahrens für den 24., 26. und 28. April 2006 zur Anfertigung der Klausuren geladen. Nach Abgabe der Klausur am 24. April 2006 (Zivilrecht) hielten Vertreter der Beklagten laut einem dortigen Vermerk dem Kläger vor, dass in zahlreichen Eintragungen in der von ihm zum Klausurtermin mitgebrachten Gesetzessammlung „Schönfelder" nach vorläufiger Einschätzung ein Täuschungsversuch gesehen werde. Der Kläger gab laut diesem Vermerk an, dass es sich um den Text einer Bekannten handele, den er sich kurzfristig ausgeliehen habe. Der vom Kläger mitgebrachte „Schönfelder“ wurde einbehalten und dem Kläger am 16. Mai 2006 wieder ausgehändigt. Die vom Kläger am 24. April 2006 gefertigte Klausur wurde nicht mehr bewertet. Die Klausuren am 26. April 2006 und 28. April 2006 fertigte der Kläger nicht mehr an; laut seinem Vortrag wurde ihm von den Bediensteten der Beklagten am 26. April 2006, als er zur Anfertigung der Strafrechtsklausur erschien, eröffnet, dass er nicht an der Prüfung teilnehmen dürfe und nach Hause gehen solle.

3

2. Mit Bescheid vom 27. April 2006 erklärte die Beklagte die Erste Juristische Staatsprüfung im Freiversuch für nicht bestanden. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es liege ein Täuschungsversuch in einem besonders schweren Fall vor. Der Kläger habe zur Aufsichtsarbeit am 24. April 2006 eine mit zahlreichen unzulässigen Kommentierungen versehene Gesetzessammlung „Schönfelder" mitgebracht, die unzulässigen Kommentierungen seien bei einer vor Beginn der Klausur durchgeführten Kontrolle durch Referenten des Justizprüfungsamtes entdeckt worden. Informatorisch werde mitgeteilt, dass die von dem Kläger angefertigte Hausarbeit aus dem Öffentlichen Recht von beiden Votanten übereinstimmend mit „Mangelhaft, 2 Punkte“ bewertet worden sei. Der Bescheid vom 27. April 2006 war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde dem Kläger am 5. Mai 2006 zugestellt.

4

3. Der Kläger wandte sich gegen den Bescheid mit einem Widerspruchsschreiben vom (Montag, dem) 6. Juni 2006, das bei der Beklagten als Telefaxkopie am selben Tag einging, sowie mit einem weiteren auf den 6. Juni 2006 datierten Widerspruchsschreiben, das am 9. Juni 2006 als Original mit der Post einging. Am 15. Juli 2006 ging bei der Beklagten per Telefax ein von dem Kläger unterzeichnetes Schreiben vom 14. Juli 2006 ein, das einen Eingangsstempel vom 17. Juli 2006 trägt. Das Schreiben lautet: „Sehr geehrter Herr P. ……, hiermit nehme ich meinen zunächst eingelegten (fristwahrenden) Widerspruch vom 06.06.2006 gegen Ihren Bescheid vom 27.04.2006 (Nichtbestehensbescheid) zurück. Mit freundlichen Grüßen T. …….“. In der Sachakte der Beklagten zu diesem Widerspruchsverfahren befindet sich auch das Original dieses Schreibens mit einem Eingangsstempel vom 24. Juli 2006. Auf dem Telefax findet sich eine handschriftliche Verfügung (wohl) mit dem Wortlaut „austragen, weglegen“. Eine schriftliche Mitteilung an den Kläger über die Einstellung des Widerspruchsverfahrens erfolgte offenbar nicht.

5

Mit Schreiben vom 21. März 2009, bei der Beklagten als Telefax bzw. als Original eingegangen am 24. März 2009 bzw. am 26. März 2009, wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte. Es lautete: „Sehr geehrte Damen und Herren, nach Kenntnisnahme von Unterlagen des Personalärztlichen Dienstes lege ich hiermit abermals form- und fristgerecht (hilfsweise) WIDERSPRUCH gegen Ihren Bescheid (Nichtbestehensbescheid) vom 27.04.2006 ein. …“. Darüber hinaus beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 19. Mai 2009, per Telefax eingegangen am 20. Mai 2009, „abermals (hilfsweise und fristwahrend) die Wiedereinsetzung bzw. ein Wiederaufgreifen des Verfahrens (Nichtbestehensbescheid vom 27.04.2006)“.

6

Am 25. Juni 2009 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn Dr. L. …… sowie Frau G. …… von der Beklagten. Laut dem hierzu von Frau G. …… verfassten Vermerk teilte der Kläger in dem Gespräch mit, dass das Fax vom 14. Juli 2006 mit der Erklärung über die Rücknahme des Widerspruchs gegen seinen Willen von einer Freundin abgesandt worden sei. Auf die Nachfrage, warum dieses Schreiben dann auch noch unterschrieben im Original am 20. Juli 2006 zur Akte gelangt sei, habe der Kläger gesagt, dass er dieses Schreiben lediglich als Anlage zu einem weiteren Schreiben vom 16. Juli 2006 zur Post gegeben habe, mit dem er die Anfechtung der Rücknahme des Widerspruchs erklärt habe. Frau G. …… hielt dazu in dem Vermerk fest, ein solches Schreiben sei nicht zur Akte des Prüfungsamts gelangt. Der Kläger habe in dem Gespräch vom 25. Juni 2009 ein (unterschriebenes) Schreiben vom 16. Juli 2006 vorgelegt und erklärt, dass es sich dabei um das erwähnte, von ihm abgesandte Schreiben handele. Herr Dr. L. …..habe dem Kläger daraufhin mitgeteilt, dass der Bescheid vom 27. April 2006 wohl bestandskräftig geworden sei.

7

4. Die Beklagte wies den mit Schreiben vom 21. März 2009 eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 als unzulässig zurück. Sie führte aus, die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO sei nicht eingehalten. Der Widerspruch vom 6. Juni 2006 sei aufgrund des Schreibens vom 14. Juli 2006, das am 15. Juli 2006 per Telefax eingegangen sei, wirksam zurückgenommen worden und entfalte daher keine Rechtswirkungen mehr. Eine Anfechtung der Rücknahme sei nicht möglich. Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist könne nicht gewährt werden. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 31. Juli 2006 zugestellt.

8

5. Der Kläger hat am 25. August 2009 zunächst gegen den Bescheid vom 27. April 2006 sowie gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 Klage erhoben. Mit klagebegründendem Schriftsatz vom 31. August 2010 hat der Kläger zusätzlich ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zum Gegenstand der Klage gemacht. Der Kläger hat vorgetragen, er habe nicht gewusst, ob die geliehene Gesetzessammlung ein zulässiges Hilfsmittel gewesen sei, und er habe sich deshalb auf dem „Flur des Prüfungsortes" an einen Bediensteten des Justizprüfungsamtes gewandt. Dieser habe ihn an eine im Prüfungsraum befindliche Referentin verwiesen. Die Referentin habe ihm die geliehene Gesetzessammlung entzogen und ihm anschließend eine Gesetzessammlung des Prüfungsamtes gebracht. Zu diesem Zeitpunkt seien die Aufgabentexte noch nicht ausgegeben worden. Die Bearbeitung der Aufsichtsarbeit habe somit zu jenem Zeitpunkt noch nicht begonnen.

9

Der Kläger hat behauptet, er habe ein auf den 16. Juli 2006 datiertes Schreiben an die Beklagte am 18. Juli 2006 um 16.00 Uhr bei der Post als Einschreiben mit Rückschein aufgegeben. Das hierzu vom Kläger beim Verwaltungsgericht als Kopie vorgelegte Schreiben (Anl. K 7) vom 16. Juli 2006 hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:,, … hiermit nehme ich meine  Ihnen vorab per Fax zugegangene  (irrtümlich abgegebene) Erklärung vom 14. Juli 2006 zurück; hilfsweise fechte ich diese (mit Nichtigkeitswirkung von Anfang an) aus Ihnen bekannten Gründen an (Anfechtung der Rücknahneerklärung meines Widerspruchs vom 06.06.2006 gegen den Nichtbestehensbescheid vom 27. April 2006). Rein vorsorglich wird (hilfsweise) Wiedereinsetzung bzw. das Wiederaufgreifen beantragt. Mein Widerspruch vom 06.06.2006 gegen den Nichtbestehensbescheid vom 27. April 2006 soll aufrecht erhalten bleiben." Ein solches Schreiben befindet sich nicht in den von der Beklagten vorgelegten Sachakten. Der Kläger hat weiter behauptet, dem o. g. Schreiben vom 16. Juli 2006 sei das (in der Widerspruchsverfahrensakte der Beklagten JPA 355/05 W 34/06 mit Eingangsstempel vom 20. Juli 2006 befindliche) Original der vorab durch Telefax zugegangenen Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 als Anlage beigefügt gewesen.

10

Der Kläger hat mit dem o. g. Schriftsatz vom 31. August 2010 zu seinem Antrag, das Verfahren wieder aufzugreifen bzw. ihm Wiedereinsetzung zu gewähren, vorgetragen, durch die Rücknahme des Widerspruchs sei der Verwaltungsakt über das Nichtbestehen „rechtskräftig" geworden. Die Beklagte sei im Wege des Wiederaufgreifens zu einer erneuten Sachprüfung verpflichtet, da er, der Kläger, im Ausgangsverfahren nicht im Stande gewesen sei, den Bediensteten im Vorraum zu benennen, dessen Name ihm bis heute nicht bekannt sei. Außerdem sei ihm Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist zu gewähren. Der damalige Referent des Justizprüfungsamtes habe ihm anlässlich einer Anhörung am 24. Juni 2006 mitgeteilt, dass man „einem Prüfling nicht glaube". Darüber hinaus habe der Referent mitgeteilt, es sei „ein Frevel, gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen". Nach Einlegung des Widerspruchs sei ihm von derselben Person angeraten worden, den Widerspruch zurückzunehmen, um Benachteiligungen in seinem nächsten Prüfungsdurchlauf zu vermeiden. Auf Grund dessen habe er seinen Widerspruch am 14. Juli 2006 zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund habe er mit seinem Schreiben vom 16. Juli 2006 die Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 wegen der Drohung mit einem empfindlichen Übel angefochten und dies mit der Bezeichnung „aus Ihnen bekannten Gründen“ umschrieben.

11

Des Weiteren wandte sich der Kläger mit außerprozessualem Schreiben vom 16. März 2011 an die Beklagte und beantragte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 14. Juli 2009 die Rücknahme und den Widerruf des Nichtbestehensbescheids. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 9. Januar 2012 die Anträge auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sowie auf Widerruf oder Rücknahme des Bescheids vom 27. April 2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, besondere Umstände, die eine Aufhebung des bestandskräftigen Nichtbestehensbescheids rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, insbesondere auch des weiteren Vortrags des Klägers, bestehe kein Anlass für eine andere Beurteilung der Sach und Rechtslage. Der Nichtbestehensbescheid sei weder offensichtlich rechtswidrig noch führe die Aufrechterhaltung des Bescheids zu untragbaren Ergebnissen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2012 Widerspruch ein.

12

Der Kläger hat beantragt,

13

1. den Bescheid vom 27. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 aufzuheben,

14

2. hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Januar 2012, soweit er entgegensteht, zu verpflichten, im Wege eines Wiederaufgreifens des Verfahrens den Bescheid vom 27. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 aufzuheben,

15

3. die Beklagte zu verpflichten, ihn erneut zur Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F. zuzulassen.

16

Die Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie hat vorgetragen, es sei zu keiner Bedrohung des Klägers gekommen. Diese ehrabschneidende Behauptung des Klägers weiche im Übrigen von dessen bisheriger Darstellung zu der Rücknahme des Widerspruchs erheblich ab, wie sich aus dem Gesprächsvermerk von Frau G. ….. vom 25. Juni 2009 ergebe. Zu Recht sei der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen worden. Nur ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid auch inhaltlich in vollem Umfang zu Recht ergangen sei. Die rechtliche Beurteilung des Justizprüfungsamtes, den Vorfall vom 24. April 2006 als besonders schweren Fall der Täuschung zu bewerten, sei sachlich zutreffend. Für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten vom Vorliegen eines fristgerechten Widerspruchs des Klägers ausgehe, behalte sie sich inhaltlichen Vortrag vor.

19

6. Das Verwaltungsgericht hat den Kläger im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung vom 9. März 2012 angehört; wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Sodann hat es die Klage mit Urteil vom 9. März 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

20

Der erste, auf die Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 gerichtete Hauptantrag sei unzulässig, da der Bescheid vom 27. April 2006 bereits bestandskräftig geworden sei. Der zunächst am 6. Juni 2006 fristgemäß erhobene Widerspruch sei unwirksam, weil der Kläger ihn mit seinem Schreiben vom 14. Juni 2006 zurückgenommen habe. Diese Rücknahmeerklärung wiederum sei wirksam. Das Schreiben vom 14. Juni 2006 sei dem Kläger zuzurechnen. Es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dieses von dem Kläger unterzeichnete und zu den Akten der Beklagten gelangte Schreiben auch von dem Kläger in den Rechtsverkehr in Richtung der Beklagten entäußert worden sei. Der Kläger habe diese tatsächliche Vermutung nicht erschüttert. Sein Vortrag, die Rücknahmeerklärung sei irrtümlich abgegeben worden, sei auch nach der persönlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar geblieben. Außerdem widerspreche diese Darstellung seinem zugleich erfolgten Vortrag, er habe den Widerspruch zurückgenommen, da ihm dies von einem Referenten des Prüfungsamts angeraten worden sei. Die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung sei nicht rückwirkend entfallen. Dies gelte selbst dann, wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, er habe das nun als Kopie vorgelegte Schreiben vom 16. Juli 2006 mit dem von ihm behaupteten Inhalt zur Post gegeben. Zum einen sei selbst unter Anlegung zivilrechtlicher Maßstäbe nicht ersichtlich, welcher nach §§ 119, 123 Abs. 1 BGB zur Anfechtung einer Willenserklärung berechtigende Grund vorliegen könnte. Insbesondere sei die Darstellung des Klägers hinsichtlich der behaupteten Bedrohung durch einen Referenten des Prüfungsamts nicht glaubhaft; auch sei es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Bedrohungssituation bestanden haben sollte, die den Kläger nicht daran gehindert habe, den Widerspruch fristgemäß einzulegen, ihn dann aber dazu bestimmt habe, den Widerspruch zurückzunehmen und ihn sogleich wiederum nicht daran gehindert habe, die Rücknahme ihrerseits anzufechten. Zum anderen könne aber die Rücknahme eines Widerspruchs auch gar nicht wegen eines Willensmangels angefochten werden; eine solche Rücknahmeerklärung unterliege als Verfahrenshandlung nicht den Maßstäben des Zivilrechts. Es könne dahinstehen, ob sich ein Widerspruchsführer von einer Rücknahmeerklärung lösen könne, wenn ein Wiederaufgreifensgrund nach § 580 ZPO oder zumindest ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 VwVfG gegeben sei, denn beides sei hier nicht der Fall. Unabhängig von alldem stehe zur Überzeugung des Gerichts aber auch nicht fest, dass das Schreiben des Klägers vom 16. Juli 2006 überhaupt der Beklagten zugegangen sei. Diese Sendung habe zumindest das der Beklagten zugegangene Original des Schreibens vom 14. Juli 2006 enthalten, mit dem der Widerspruch zurückgenommen worden sei. Es sei nicht erweislich, dass diese Sendung darüber hinaus ein Schreiben mit dem gegenteiligen Inhalt, die Rücknahme des Widerspruchs anzufechten, umfasst habe. Das Gericht schenke den Angaben des persönlich angehörten Klägers keinen Glauben, da sie auch insoweit nicht in hinreichendem Maße Wahrheitsmerkmale aufwiesen.

21

Ein fristgemäßer Widerspruch liege in den weiteren Schreiben des Klägers vom 21. März 2009 und vom 20. Mai 2009 sowie in dem (vom Kläger angeführten, aber bei der Beklagten nicht aktenkundig gewordenen) Schreiben vom 16. Juli 2006 nicht vor. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen den Bescheid vom 27. April 2006 sei seinerzeit verstrichen gewesen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in diese Frist lägen nicht vor. Die Fristversäumnis sei auch nicht durch eine sachliche Bescheidung seitens der Beklagten geheilt worden. Die Beklagte habe mit dem Widerspruchsbescheid keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Auch in der Klageerwiderung habe die Beklagte sich auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs berufen und die im Widerspruchsbescheid getroffene Verfahrensentscheidung verteidigt. Eine Einlassung der Ausgangs- und Widerspruchsbehörde auf die Klage im Verwaltungsprozess, nachdem wie im vorliegenden Fall der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen worden sei, vermöge die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht mehr zu beheben.

22

Der auf eine Verpflichtung der Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens gerichtete Hilfsantrag sei als Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet. Zu Recht habe die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 9. Januar 2012 ein Wiederaufgreifen abgelehnt.

23

Der weitere, auf eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger erneut die Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch zu ermöglichen, gerichtete Hauptantrag bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Der Kläger könne dies jedenfalls deshalb nicht beanspruchen, weil der Bescheid vom 27. April 2006 bestandskräftig sei.

24

7. Nach Zustellung des Urteils am 20. März 2012 hat der Kläger dagegen am 17. April 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am (Montag, dem) 21. Mai 2012 begründet. Er hat dort u. a. vorgetragen, am 18. Juli 2006 an die Beklagte per Einschreiben mit Rückschein das die „Anfechtungserklärung“ enthaltene Schreiben vom 16. Juli 2006 nebst dem Original des Rücknahmeschreibens vom 14. Juli 2006 versendet zu haben, und als Beleg hierfür eine Übersicht „POSTAUSGANG 2006 / L. …….“ (Anl. K 14) sowie eine schriftliche „Bestätigung“ eines Herrn G. …. L. ….. vom 6. März 2012 (Anl. K 15) vorgelegt, wonach „der per Post an das JPA gesandten Rücknahmeerklärung vom 14.07.2006 zugleich dessen Rücknahmeschreiben/Wiedereinsetzungsantrag vom 16.07.2006 beigefügt war. Beide Schreiben wurden in demselben Briefumschlag zur Post gebracht und an das JPA-Hamburg gesandt.“.

25

8. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Januar 2013, dem Kläger zugestellt am 14. Januar 2013, die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die beiden Hauptanträge abgewiesen hat, und den Zulassungsantrag im Übrigen abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss vom 7. Januar 2013 Bezug genommen.

26

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2013, beim Berufungsgericht am selben Tag vorab per Telefax eingegangen, hat der Kläger seine Berufung begründet. Er hält an den beiden o. g. Hauptbegehren aus der ersten Instanz fest. Zur Begründung trägt er vor:

27

Das Anfechtungsbegehren hinsichtlich des Bescheids vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 sei zulässig und begründet. Die Zulässigkeit fehle nicht im Hinblick auf das Erfordernis eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein Vorverfahren u. a. dann entbehrlich, wenn eine anderweitige Prüfung durch die Widerspruchsbehörde erfolgt und damit der Zweck des Vorverfahrens nicht mehr erreichbar erscheine oder bereits auf anderem Wege erreicht sei. Gleiches gelte, wenn die Beklagte zwar das Fehlen eines Vorverfahrens rüge, jedoch zumindest hilfsweise eine Klagabweisung auch aus sachlichen Gründen beantrage oder wenn die Widerspruchsbehörde selbst am Verfahren beteiligt sei und nach einer Sachprüfung zum Ausdruck bringe, dass sie einen künftigen Widerspruch zurückweisen würde. Nach diesen Maßstäben scheitere das Anfechtungsbegehren hier nicht am Erfordernis des Vorverfahrens. Die Beklagte habe sich sowohl im Rahmen des Verwaltungsverfahrens als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gleich mehrfach zur Sache eingelassen und dabei zu erkennen gegeben, dass sie an dem angefochtenen Verwaltungsakt festhalten werde. Insgesamt habe die Beklagte als Herrin des Vorverfahrens ihre ablehnende Haltung mehrfach verdeutlicht und trotz der von ihr selbst zutage gebrachten materiellen Mängel zum Ausdruck gebracht, an den fehlerhaften Entscheidungen dauerhaft festzuhalten. Damit seien Sinn und Zweck eines Vorverfahrens ausreichend erfüllt.

28

Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Voraussetzungen eines Täuschungsversuchs im besonders schweren Fall gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 JAO seien nicht gegeben. Dem Bescheid vom 27. April 2006 liege offensichtlich ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde, denn der Kläger habe die Klausur am 24. April 2006 von Anfang an unter Nutzung einer Gesetzessammlung des Prüfungsamts geschrieben, also gerade nichts Unzulässiges „verwendet“ oder „benutzt“. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten die später beanstandeten Anmerkungen in der vom Kläger mitgebrachten Gesetzessammlung entgegen der Darstellung in dem Bescheid vom 27. April 2006 auch nicht „entdeckt“. Der Kläger habe nichts verborgen gehalten und die Beklagte habe nichts Verborgenes gefunden. Vielmehr hätten freiwillige, hilfesuchende, an die Mitarbeiter der Beklagten gerichtete Anfragen des Klägers vor Prüfungsbeginn und vor Betreten des Prüfungsraums der Klarstellung und Aufklärung dienen sollen, und zwar vor dem Hintergrund der unbestimmten Vorgaben der Beklagten hinsichtlich der Hilfsmittel.

29

Auch das Verpflichtungsbegehren nach Maßgabe des zweiten Hauptantrags sei zulässig und begründet. Für die Beseitigung der negativen Prüfungsentscheidung bestehe das Rechtsschutzbedürfnis schon wegen des Makels, ein „Wiederholer“ oder „Durchfallkandidat“ zu sein. Der Kläger habe auch einen Folgenbeseitigungsanspruch auf erneute Prüfung im Freiversuch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F., also nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Prüfung geltenden Recht. Der Anspruch beziehe sich auf die Durchführung der gesamten Prüfung, weil die Prüfungsentscheidung vom 27. April 2006 rechtswidrig sei und mit deren Aufhebung die zuvor geltenden Rechtszustände wieder auflebten. Dementsprechend sei der Kläger so zu stellen, wie er vor Ergehen der angefochtenen Entscheidung vom 27. April 2006 gestanden habe.

30

Ergänzend nimmt der Kläger Bezug auf seine sonstigen Ausführungen in beiden Instanzen und macht diese zum Gegenstand des Berufungsverfahrens.

31

Der Kläger beantragt:

32

1. den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 9. März 2012 aufzuheben;

33

2. die Beklagte unter Abänderung des vorbezeichneten Urteils zu verpflichten, den Kläger erneut zur Erbringung der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Freiversuch gemäß „§ 4 Abs. 1 Satz 1 JAO a. F.“ zuzulassen;

34

3. hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt;

35

4. äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Sie trägt vor:

39

Die Anfechtungsklage sei unzulässig, weil der Bescheid vom 27. April 2006 bestandskräftig geworden sei. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine zunächst unzulässige Klage durch hilfsweises Einlassen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren zulässig werden könne, folge nichts anderes. Sie, die Beklagte, habe sich nicht zur Sache eingelassen. Dies ergebe sich aus dem insoweit allein maßgeblichen Widerspruchsbescheid; auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 30. September 2010 könne nicht abgestellt werden. Auch die dortigen Ausführungen stellten im Übrigen kein Einlassen zur Sache dar. Die dort „nur ergänzend“ unter „5.“ erfolgten Ausführungen seien allein den Sorgfaltsanforderungen eines vollständigen prozessualen Vortrags geschuldet. Die Beklagte sei damit aber nicht in eine neue Sachprüfung des Widerspruchs eingetreten, sondern sie habe, wie sich aus der Zusammenschau von Widerspruchsbescheid und Klageerwiderung ergebe, die Rechtsmittel des Klägers allein als unzulässig angesehen.

40

Außerdem sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens bei Einlassen zur Sache nicht auf die vorliegende Fallkonstellation anwendbar. In den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen hätten die Kläger gar keinen Widerspruch eingelegt; dort habe sich das Bundesverwaltungsgericht bei Einlassung zur Sache von dem Gedanken leiten lassen, dass die Abweisung der Klage wegen fehlenden Vorverfahrens einen schwer verständlichen Formalismus bedeute. Im vorliegenden Fall hingegen sei das Vorverfahren, dem der Widerspruch vom 21. März 2009 zu Grunde gelegen habe, ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen worden. In dieser Konstellation die Klage als zulässig anzusehen, liefe darauf hinaus, die Dogmatik der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ins Uferlose zu erweitern. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Gründe zur Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens – Prozessökonomie und Sinn des Vorverfahrens – trügen die Zulässigkeit der hier vorliegenden Klage nicht; vielmehr sprächen beide Gesichtspunkte hier gerade gegen die Zulässigkeit der Klage.

41

Auch der zusätzlich gestellte Verpflichtungsantrag müsse erfolglos bleiben.

42

Der Berufungssenat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 28. August 2014 darauf hingewiesen, dass er erwäge, gemäß § 130 a VwGO über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, und den Beteiligten unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Anhörungsschreibens Bezug genommen. Die Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 28. August 2014 zustimmend geäußert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29. September 2014 vorgetragen, er sei mit einer Entscheidung im Beschlusswege nicht einverstanden, ergänzende Ausführungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage gemacht und seine Anträge um die o. g. Hilfsanträge zu 3. und 4. erweitert; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug genommen.

43

Wegen weiterer Einzelheiten nimmt der Berufungssenat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsverfahrensakte sowie auf den Inhalt der Prüfungsakte (JPA 355/05) und der beiden Widerspruchsverfahrensakten (W 34/06 und W 28/09), die Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind.

II.

44

Der Berufungssenat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a VwGO über die Berufung durch Beschluss, da er einstimmig die Berufung des Klägers für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bedarf es nicht; der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist geklärt, und die Beteiligten haben ihre rechtlichen Standpunkte abschließend ausgetauscht.

45

Die Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg.

46

Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Berufungen sind erfüllt. Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft (§ 124 Abs. 1 VwGO) und fristgemäß gemäß § 124 a Abs. 6 VwGO begründet worden. Die Begründungsschrift genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO.

47

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der erste Hauptantrag (Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 27.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009) ist unzulässig (1.). Der zweite Hauptantrag (Verpflichtungsklage hinsichtlich eines erneuten Freiversuchs des Klägers) ist unbegründet (2.). Der Hilfsantrag (Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009) ist unzulässig (3.). Über die „äußerst hilfsweise beantragte“ Zulassung der Revision hat das Berufungsgericht im Rahmen der Nebenentscheidungen von Amts wegen zu befinden.

48

1. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 ist unzulässig, weil der Kläger kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt hat.

49

Zu den grundsätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage gehört es gemäß § 68 VwGO, dass der Kläger gegen den Ausgangsbescheid ein Vorverfahren betrieben hat und der Widerspruch seinerseits zulässig war. Ein wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässiger Widerspruch bewirkt im Fall der späteren Klagerhebung auch deren Unzulässigkeit; die Wahrung der Widerspruchsfrist ist (grundsätzlich) im gerichtlichen Verfahren eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1988, 8 C 38.86, juris Rn. 8; Urt. v. 8.3.1983, NJW 1983, 1923; Urt. v. 14.9.1998, 8 B 154.98, NVwZ-RR 1999, 538, juris Rn. 6). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

50

Der zunächst fristgemäß erhobene Widerspruch vom 6. Juni 2006 hat seine Wirksamkeit durch die Rücknahmeerklärung des Klägers vom 14. Juli 2006 verloren (a). Der somit allein maßgebliche, vom Kläger am 21. März 2009 „abermals“ eingelegte Widerspruch ist wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig gewesen; die Unzulässigkeit des Widerspruchs vom 21. März 2009 ist nicht durch die hilfsweise Einlassung der Beklagten in der Klageerwiderung vom 30. September 2010 geheilt worden (b). Auch die sonstigen vom Kläger angeführten Gesichtspunkte und Beispiele aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage (c).

51

a) Für durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Es spricht alles dafür, dass der Kläger diese Erklärung mit Rechtsbindungswillen abgegeben hat (aa). Die Wirksamkeit dieser Erklärung ist auch nicht durch das Schreiben vom 16. Juli 2006 entfallen, das der Kläger an die Beklagte gesendet zu haben behauptet (bb). Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht etwa deswegen unerheblich, weil der Kläger „zwei verschiedene Widersprüche“ gegen den Bescheid vom 27. April 2006 eingelegt und sie sich nur auf einen der beiden Widersprüche bezogen hätte (cc).

52

aa) Die Erklärung vom 14. Juli 2006 ist vom Kläger persönlich unterschrieben worden. Bereits die an jenem Tag erfolgte Übermittlung dieser Erklärung per Telefax an die Beklagte hat der Schriftform (ebenso wie die auf gleiche Weise am 6. Juni 2006 erfolgte Erhebung des Widerspruchs) genügt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Erklärung vom 14. Juli 2006 ohne oder gegen den Willen des Klägers zu der Beklagten gelangt sein könnte und sie deshalb für ihn nicht bindend wäre. Soweit der Kläger im Laufe des Verfahrens persönlich zweimal (im Gespräch mit der Beklagten am 25.9.2009 und in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 9.3.2012) andeutungsweise vorgetragen hat, das Fax mit der Rücknahmeerklärung sei gegen seinen Willen bzw. versehentlich abgesendet worden, führt dies nicht weiter. Diese Behauptung ist vom Kläger hinsichtlich der Umstände der Faxübermittlung nie substantiiert worden. Sie findet sich in keinem der anwaltlichen Schriftsätze (auch nicht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zweiter Instanz), und auch die vom Kläger selbst verfassten Schreiben enthalten dazu keinerlei konkreten Tatsachenvortrag. Zuletzt (vgl. den Schriftsatz vom 29.9.2014) hat der Kläger in seiner abschließenden Stellungnahme sich nicht mehr auf eine gegen seinen Willen erfolgte Absendung des Fax-Rücknahmeschreibens vom 14. Juli 2006 berufen, sondern vorgetragen, er habe von diesem Schreiben wieder Abstand nehmen dürfen, weil er von Mitarbeitern der Beklagten „bedroht“ worden sei (a. a. O., S. 2).

53

bb) Die Wirksamkeit der Erklärung vom 14. Juli 2006 ist nicht durch das Schreiben vom 16. Juli 2006 entfallen, das der Kläger an die Beklagte gesendet zu haben behauptet.

54

aaa) Ein Zugang dieses behaupteten Schreibens vom 16. Juli 2006 bei der Beklagten ist bereits nicht erwiesen; in den Sachakten der Beklagten findet es sich nicht.

55

Der Kläger will den Beweis für den Zugang dadurch führen, dass er unter Beweisantritt (Anl. K 13 – K 15) vorträgt, am 18. Juli 2006 in demselben Briefumschlag sowohl das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 als auch das Schreiben vom 16. Juli 2006 als Einschreiben mit Rückschein an die Beklagte abgeschickt zu haben. Ausweislich des Rückscheins sei die Sendung am 20. Juli 2006 bei der Beklagten eingegangen (das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 befindet sich in der Sachakte der Beklagten mit Eingangsstempel vom 20. Juli 2006). Daher müsse die Beklagte auch das Schreiben vom 16. Juli 2006 erhalten haben. Dieser Vortrag des Klägers läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass die Beklagte nach Erhalt der Sendung am 20. Juli 2006 nur das Original-Schreiben vom 14. Juli 2006 zur Akte genommen und das Schreiben vom 16. Juli 2006 auf ungeklärte Weise nicht in die Sachakte gelangt sei. Das Berufungsgericht braucht dem allerdings nicht nachzugehen, weil, wie die nachstehenden Ausführungen (unter „bbb)“) ergeben, auch ein Zugang des Schreibens vom 16. Juli 2006 bei der Beklagten am 20. Juli 2006 der zuvor per Fax übermittelten Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht ihre Wirksamkeit nehmen würde.

56

Dementsprechend ist schon wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit auch kein Beweis durch Vorlage eines „Posteingangsbuchs“ oder „Postbuchs“ (vgl. die Schriftsätze vom 21.5.2012, S. 3, und vom 29.9.2014, S. 3 Mitte) zu erheben. Insoweit weist das Berufungsgericht ergänzend darauf hin, dass eine generelle Pflicht von Verwaltungsbehörden, in einem „Posteingangsbuch“ alle eingehenden Schriftstücke (mit genauer Bezeichnung und Beschreibung des Inhalts) zu vermerken, nicht ersichtlich ist. Die hierfür vom Kläger als Rechtsgrundlage angeführte Schriftgutaufbewahrungsverordnung ist nicht einschlägig. Sie betrifft ausweislich § 2 des zugrunde liegenden Hamburgischen Justizschriftgutaufbewahrungsgesetzes vom 23. Juni 2010 (HmbJSchrAufbG, HmbGVBl. S. 430) „Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fachgerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden sowie der Justizverwaltung, das für das Verfahren nicht mehr erforderlich ist“, und normiert für jene Bereiche das Ziel, nach Abschluss der betreffenden Verfahren die Dauer der Aufbewahrung zu begrenzen.

57

bbb) Das Schreiben vom 16. Juli 2006 enthält die Erklärung des Klägers, er nehme seine „irrtümlich abgegebene“ Erklärung vom 14. Juli 2006 zurück, und hilfsweise fechte er diese „aus Ihnen bekannten Gründen an“. Damit konnte der Kläger schon aus Rechtsgründen (den tatsächlichen Zugang bei der Beklagten unterstellt) die Wirksamkeit der am 15. Juli 2006 per Fax übermittelten Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht beseitigen. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen und begründet (UA S. 9). Eine „Rücknahme der Rücknahme“ ist nicht möglich (1). Als Verfahrenshandlung kann die Rücknahme eines Widerspruchs auch nicht nach den Regeln des Zivilrechts angefochten werden (2). Die ansonsten vom Ansatz her möglichen Fallgruppen, in denen sich ein Verfahrensführer von einer Rücknahmeerklärung lösen kann, sind hier nicht einschlägig (3).

58

(1) Verfahrensbeendende Erklärungen wie Rücknahmen können nicht ihrerseits durch „Rücknahmeerklärungen“ aus der Welt geschaffen werden (vgl. Schmid in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 92 Rn. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 92 Rn. 2, 11).

59

(2) Auf Klagen und Widersprüche bezogene Rücknahmeerklärungen können nicht nach den Regeln des bürgerlichen Rechts angefochten werden.

60

Das Berufungsgericht folgt insoweit der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu diesem Thema. Mit Urteil vom 21. März 1979 (BVerwGE 57, 342, juris Rn. 19) hat es ausgeführt:

61

„Die Unanwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Regeln über die Anfechtung von Willenserklärungen auf Prozesshandlungen hat ihren Grund darin, dass Prozesshandlungen eine prozessuale Gestaltungswirkung entfalten (…). Im Interesse der Rechtssicherheit sollen die Handlungen, die unmittelbar den Prozess betreffen (Einleitung, Führung und Beendigung), ausschließlich den strengen förmlichen Regeln des Prozessrechts unterliegen. Um jeden Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit von Prozesshandlungen auszuschließen, kommt es daher nur auf den in der Erklärung verkörperten Willen an (…). Demgegenüber würde jede vom Gesetz nicht ausdrücklich gestattete Auslegung, Bedingung oder Anfechtung einer Prozesshandlung eine eindeutige, für Gericht und Beteiligte verbindliche Beurteilung der Prozessentwicklung erschweren oder gar unmöglich machen und damit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Diese Überlegungen treffen auch auf die Einlegung und Rücknahme des Widerspruchs zu (vgl. hierzu Urteil vom 13. April 1978 - BVerwG 2 C 5.74 - (Buchholz 237.2 § 79 LBG Berlin Nr. 2)). Der Widerspruch löst zwar keine gerichtliche Überprüfung aus, sondern eine nochmalige Prüfung durch die Verwaltung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes. Dennoch ist er mit einer Prozesshandlung insoweit vergleichbar, als er einerseits bestimmten Förmlichkeiten (vgl. § 70 VwGO) unterliegt und andererseits von der Wirksamkeit des Widerspruchs die Bestandskraft des ihm zugrunde liegenden Bescheides berührt ist: Nur der ordnungsgemäß eingelegte Widerspruch begründet für den Betroffenen einen Anspruch auf nochmalige sachliche Überprüfung durch die Verwaltung. Außerdem eröffnet in der Regel erst die Einlegung des Widerspruchs die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung (§ 68 VwGO). Auch wenn die Einlegung und Rücknahme des Widerspruchs noch nicht Teile des durch die Klageerhebung eröffneten Verwaltungsrechtsstreits sind, so sind sie doch für die Möglichkeit, einen Prozess zu führen, von bestimmender Bedeutung. Dass aufgrund der Einlegung des Widerspruchs eine im Vergleich zum Verwaltungsprozess weitergehende Überprüfung - nämlich auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung - durchgeführt wird, steht der entsprechenden Anwendung der für Prozesshandlungen geltenden Vorschriften und Grundsätze auf die Rücknahme des Widerspruchs nicht entgegen. Nach alledem kann die Rücknahme des Widerspruchs nicht wegen Willensmängeln angefochten werden.“

62

(3) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht allerdings in bestimmten Fällen ausnahmsweise die Möglichkeit, sich von einer Rücknahmeerklärung durch deren Widerruf zu lösen und die Rücknahme damit unwirksam zu machen. Eine solche Fallkonstellation ist hier jedoch nicht ersichtlich.

63

(3.1) Eine Ausnahme gilt in Fällen, in denen ein Wiederaufnahmegrund (vgl. § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 580 ZPO) gegeben ist; dies betrifft insbesondere den Fall, dass die Rücknahmeerklärung durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.1.1971, Buchholz 310 § 92 VwGO Nr. 3; Urt. v. 21.3.1979, a. a. O., Rn. 18; Urt. v. 6.12.1996, a. a. O., Rn. 13). Hierfür bietet der Vortrag des Klägers keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Soweit er meinen sollte, dass der Referent des JPA P. …. ihn zur Rücknahmeerklärung in strafbarer Weise genötigt (§ 240 StGB) hat, ergibt sich dies nicht aus seinem Tatsachenvortrag. In diesem Zusammenhang hat er im Rahmen der Klagebegründung vom 31. August 2010 (S. 10) vortragen lassen, anlässlich „einer Anhörung vom 24.06.2006 zum vermeintlichen Täuschungsversuch“ sei ihm von dem damaligen Referenten des Prüfungsamts P. ….. mitgeteilt worden, dass man „einem Prüfling nicht glaube“ und dass es „ein Frevel (sei), gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen“, und dass dieselbe Person dem Kläger geraten habe, seinen Widerspruch zurückzunehmen, um Benachteiligungen im nächsten Prüfungsdurchlauf zu vermeiden.

64

Für diese, von der Beklagten ausdrücklich bestrittene und als „ehrabschneidend“ bezeichnete (Schriftsatz vom 30.9.2010, S. 2) Anschuldigung gibt es bereits keine greifbaren Anhaltspunkte. In der betreffenden Widerspruchsverfahrensakte ist nicht dokumentiert, dass überhaupt ein Gespräch oder eine „Anhörung“ des Klägers am 24. Juni 2006 stattgefunden hat. In dem „Anfechtungs-“ Schreiben vom 16. Juli 2006, in dem es naheliegend gewesen wäre, einen „Anfechtungsgrund“ in Gestalt einer „Bedrohung“ näher zu beschreiben, findet sich kein dahingehender Vortrag; die dortige Wendung „aus Ihnen bekannten Gründen“ ist nichtssagend. Der Kläger selbst hat sich in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht vom 9. März 2012 dem Protokoll nach auch nicht in dieser Weise eingelassen (sondern erklärt, das Rücknahme-Fax sei versehentlich abgegangen). Von alldem abgesehen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb eine Bedrohungssituation bestanden haben sollte, die den Kläger dazu bestimmt hätte, den Widerspruch zurückzunehmen, ohne ihn jedoch daran zu hindern, kurz darauf die Rücknahmeerklärung anzufechten.

65

Jedenfalls aber ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht schlüssig, dass der JPA-Referent P. ….. im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB – unterstellt, er hätte sich tatsächlich so geäußert wie vom Kläger behauptet - den Kläger rechtswidrig mit einem empfindlichen Übel zur Abgabe der Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 genötigt hätte. Die dem JPA-Referenten zugeschriebenen Äußerungen, es sei „ein Frevel“, in der vorliegenden Sache Widerspruch einzulegen, und einem Prüfling „glaube man nicht“, enthalten eine Wertung bzw. eine (offenbar auf gerichtliche Verfahren bezogene) diffuse Prognose, lassen aber keine dem Prüfungsamt zur Verfügung stehende Möglichkeit erkennen, dem Kläger ein „empfindliches Übel“ zuzufügen. Der dem JPA-Referenten zugeschriebene „Rat“, den Widerspruch zurückzunehmen, um im nächsten Prüfungsdurchlauf „Benachteiligungen zu vermeiden“, liefe ggf. ebenfalls nicht auf eine Bedrohung des Klägers mit einem dem Prüfungsamt zur Verfügung stehenden empfindlichen Übel hinaus. Willkürlich schlechte, gleichsam aus „Rache“ erfolgende Bewertungen von Prüfungsleistungen des Klägers in einem neuen Prüfungsverfahren hätte das Prüfungsamt nicht veranlassen können, weil die schriftlichen Leistungen des Klägers anonym unter einer Kennziffer zu bewerten und Leistungen des Klägers in einer mündlichen Prüfung von einer sachlich unabhängigen mehrköpfigen Prüfungskommission zu beurteilen gewesen wären, was derartige sachwidrige Einflussnahmen des Prüfungsamts schon vom Ansatz her unmöglich gemacht hätte. Was ansonsten unter dem Prüfungsamt möglichen „Benachteiligungen“, die als „empfindliches Übel“ im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB zu werten sein könnten, gemeint gewesen sein könnte, ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.

66

Den zuletzt mit Schriftsatz vom 29. September 2014 (S. 2 unten und S. 3 oben) in diesem Zusammenhang angebotenen Beweismitteln war somit nicht nachzugehen, da sie auf eine unzulässige Beweisausforschung „ins Blaue hinein“ hinauslaufen würden.

67

(3.2) Eine weitere Ausnahme erkennt die Rechtsprechung bei Rücknahmeerklärungen in Gerichtsverfahren an, wenn die Rücknahmeerklärung für das Gericht und den Prozessgegner sogleich als Versehen offenbar und deshalb nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996, a. a. O., Rn. 14; Urt. v. 15.6.2005, NVwZ-RR 2005, 721, juris Rn. 15 f.). Übertragen auf den vorliegenden Fall der Rücknahme eines Widerspruchs in einem Widerspruchsverfahren ohne weitere Beteiligte (vgl. § 13 HmbVwVfG) bedeutet dies, dass der Kläger die Rücknahmeerklärung hätte widerrufen können, wenn diese zum Zeitpunkt ihres Eingangs für die Mitarbeiter des JPA „sogleich als Versehen offenbar“ gewesen wäre. Auch hierfür spricht nichts. Die Erklärung bezog sich eindeutig auf das mit Schreiben vom 6. Juni 2006 eingeleitete Widerspruchsverfahren; eine Verfahrensverwechselung (zu einem solchen Fall vgl. BVerwG, Urt. v. 15.6.2005, a. a. O.) war ausgeschlossen. Für ein sonstiges „Versehen“ bot das Schreiben vom 14. Juli 2006 keinerlei Anhaltspunkte.

68

cc) Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht etwa deswegen unerheblich, weil der Kläger „zwei verschiedene“ Widersprüche gegen den Bescheid vom 27. April 2006 eingelegt und sich die Rücknahmeerklärung nur auf einen der beiden Widersprüche bezogen hätte (vgl. den Schriftsatz vom 21.5.2012, S. 3 f.). Dieses Argument ist bereits vom rechtlichen Ansatz her abwegig. Es versteht sich von selbst, dass zwei textlich identische Widerspruchsschreiben gleichen Datums, die sich gegen denselben Verwaltungsakt richten, nicht zu zwei verschiedenen Widerspruchsverfahren führen. Im Übrigen würde sich selbst dann nicht erschließen, weshalb die Rücknahmeerklärung vom 14. Juli 2006 nicht „beide Widersprüche“ vom 6. Juni 2006 erfassen sollte.

69

b) Der somit allein maßgebliche, am 21. März 2009 „abermals“ eingelegte Widerspruch ist wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig gewesen. Dies führt zur Unzulässigkeit der daran anknüpfenden Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1988, 8 C 38.86, juris Rn. 8; Urt. v. 8.3.1983, NJW 1983, 1923; Urt. v. 14.9.1998, 8 B 154.98, NVwZ-RR 1999, 538, juris Rn. 6).

70

aa) Der vom Bundesverwaltungsgericht wiederholt angenommene Fall einer Heilung dieses Zulässigkeitsmangels durch die trotz Verfristung erfolgende sachliche Bescheidung des Widerspruchs durch die Behörde (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.8.1982, NVwZ 1983, 162, juris Rn. 11 ff.; Urt. v. 28.10.1982, NVwZ 1983, 311, juris Rn. 10; Urt. v. 20.6.1988, NVwZ-RR 1989, 85, juris Rn. 9) ist hier nicht einschlägig, denn die Beklagte hat den verfristeten Widerspruch vom 21.3.2009 mit dem Widerspruchsbescheid nicht in der Sache beschieden, sondern ihn schlicht als unzulässig zurückgewiesen.

71

bb) Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage ist auch nicht dadurch geheilt und die Klage nicht dadurch zulässig geworden, dass die Beklagte in ihrer Klagerwiderung vom 30. September 2010 (S. 5) „nur ergänzend“ darauf hingewiesen hat, „dass der Widerspruchsbescheid auch inhaltlich in vollem Umfang zu Recht ergangen ist …“. Die (frühere) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der ein fehlendes Vorverfahren u. U. durch eine hilfsweise Einlassung der Beklagten zur Sache im Klagverfahren geheilt werden kann, führt hier nicht zur Zulässigkeit der Klage.

72

aaa) Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Achtzigerjahren wiederholt entschieden, dass eine an sich wegen fehlenden Vorverfahrens unzulässige Klage dadurch zulässig werden kann, dass die Beklagte sich im Klagverfahren zur Sache einlässt, selbst wenn sie hauptsächlich die Unzulässigkeit der Klage rügt und nur hilfsweise zu erkennen gibt, dass sie auch in der Sache an der angegriffenen Entscheidung festhält (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.1980, DVBl. 1981, 502, juris Rn. 20; Urt. v. 2.9.1983, NVwZ 1984, 507, juris Rn. 8; Urt. v. 9.5.1985, NVwZ 1986, 374, juris Rn. 21; a. A. B. v. 26.9.1989, Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 35, juris Rn. 4). Begründung hierfür war, dass in solchen Fällen die Abweisung der Klage „einen nur schwer verständlichen Formalismus“ bedeute oder dass der Zweck des Vorverfahrens im Sinne einer ergebnisoffenen Selbstkontrolle der Behörde nicht mehr erreicht werden könne.

73

In seiner neuen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 30.10.2013, BVerwGE 148, 217) hat das Bundesverwaltungsgericht (ebenfalls in einem Fall eines vom Kläger übergangenen Widerspruchsverfahrens) seine Position zur Frage der Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens nunmehr folgendermaßen präzisiert (a. a. O., juris Rn. 36 – 38):

74

„Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a. a. O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO).

75

Im Übrigen kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann die Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass sie auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt. Dadurch setzt sie sich in Widerspruch zu ihren vorgerichtlichen Erklärungen, aus denen der Kläger zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

76

Hat der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat, kann diese das Widerspruchsverfahren entbehrlich machen, wenn sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt. Dagegen bringt sie in diesen Fällen durch eine nur hilfsweise Einlassung regelmäßig zum Ausdruck, dass sie den Kläger an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens festhalten will. Dieses Verhalten ist dann auch nicht widersprüchlich, weil sich die Beklagte vorgerichtlich gerade nicht endgültig auf die Ablehnung des Klagebegehrens festgelegt hat.“

77

Somit stellt das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens in Fällen der Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde und gebundener Entscheidung darauf ab, ob die Beklagte dem Kläger vor Erhebung der Klage durch eine endgültige negative Festlegung in der Sache Anlass zur Klageerhebung geboten hat, weil er daraus „zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos“.

78

Keine vergleichbare Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es dagegen zu der hier vorliegenden Konstellation, dass der Kläger nicht das Widerspruchsverfahren überspringt, sondern Widerspruch nach Ablauf der Widerspruchsfrist einlegt, die Beklagte den Widerspruch ohne Ausführungen zur Sache als unzulässig zurückweist, der Kläger Klage erhebt, die Beklagte mit ihrer Erwiderung hauptsächlich die Unzulässigkeit der Klage rügt und „nur ergänzend“ bemerkt, sie halte die angefochtene Entscheidung auch inhaltlich für rechtmäßig.

79

bbb) Das Berufungsgericht teilt bereits die Zweifel der Beklagten (vgl. die Berufungserwiderung vom 16.4.2013, S. 6 f.), ob sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens auf die hier gegebene Konstellation übertragen lässt.

80

In der Tat ist es nicht ersichtlich, inwiefern der Grundsatz der Prozessökonomie es gebieten sollte, eine wegen Unzulässigkeit des zuvor eingelegten Widerspruchs unzulässige Klage wegen einer von der Beklagten in der Klagerwiderung hilfsweise gemachten Äußerung zur Sache für zulässig zu halten, wenn die Beklagte den Widerspruch ohne jegliche inhaltliche Prüfung wegen dessen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen und damit zu verstehen gegeben hat, dass sie sich über die fehlende Einhaltung der Widerspruchsfrist nicht hinwegsetzen will. In diesem Fall ist das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und mit der Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig abgeschlossen worden. „Prozessökonomisch“ ist es dann, eine dagegen erhobene Klage als unzulässig abzuweisen; dies gilt jedenfalls, wenn sich die Beklagte (wie hier) mit der Klagerwiderung als Hauptargument auf die Unzulässigkeit der Klage beruft.

81

Auch der vom Bundesverwaltungsgericht angeführte Sinn des Vorverfahrens, der Verwaltung Gelegenheit zu geben, den angefochtenen Verwaltungsakt selbst zu überprüfen und ggf. dem Widerspruch abzuhelfen, der auch bei fehlendem Vorverfahren erfüllt sein könne, wenn die Verwaltung im gerichtlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass es bei ihrer Entscheidung bleiben solle, dürfte es nicht gebieten, bei einem tatsächlich durchgeführten Vorverfahren, in dem der Widerspruch zu Recht wegen Verfristung als unzulässig zurückgewiesen worden ist, die an sich gegebene Unzulässigkeit der Klage als geheilt anzusehen, weil die Beklagte in ihrer Klagerwiderung (hilfsweise) auch noch etwas zur Sache vorträgt. Es geht in dieser Konstellation nicht darum, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren durch eine Einlassung zur Sache das vom Kläger übersprungene Vorverfahren gleichsam nachholt. Denn die Beklagte hat hier das Vorverfahren vor der Klagerhebung tatsächlich bereits durchgeführt und es mit der Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig ordnungsgemäß und rechtmäßig abgeschlossen. Es leuchtet nicht ein, weshalb der „Sinn des Vorverfahrens“ dazu führen sollte, dieses nach seiner tatsächlich vor der Klagerhebung erfolgten Durchführung im Rahmen des anschließenden Gerichtsverfahrens gleichsam als „erneut durchgeführt“ anzusehen, nunmehr aber im gegenteiligen Sinne wegen der hilfsweisen Einlassung zur Sache, und dadurch die an sich schon ausgeschlossene sachliche Überprüfung im Gerichtsverfahren zu eröffnen.

82

ccc) Die oben genannten Zweifel brauchen hier nicht endgültig geklärt zu werden. Denn selbst dann, wenn man gleichwohl die zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht in seinem o. g. Urteil vom 30. Oktober 2013 dargestellten Maßstäbe zur Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens auf die vorliegende Konstellation überträgt bzw. zu übertragen versucht, führt dies hier nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage.

83

(1) Das Bundesverwaltungsgericht stellt entscheidend auf das vorgerichtliche Erklärungsverhalten der Verwaltung in dem Sinne ab, ob dieses Verhalten dem Kläger Anlass dazu gegeben hat, unmittelbar Klage zu erheben und auf das Vorverfahren zu verzichten, weil dieses angesichts einer offensichtlich endgültigen inhaltlichen Festlegung der Verwaltung sinnlos sei. Liegt es so, dann kann sich die Verwaltung im Klagverfahren nicht mit Erfolg auf eine Unzulässigkeit der Klage berufen, indem sie auf das Fehlen des Vorverfahren verweist „und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt“ (a. a. O., Rn. 37, Unterstreichung durch das Berufungsgericht). In solchen Fällen beruht also die Zulässigkeit der Klage nicht auf einer hilfsweise im Gerichtsverfahren erfolgten Einlassung der Beklagten zur Sache, sondern auf dem vorgerichtlichen Erklärungsverhalten der Verwaltung, an dessen Maßgeblichkeit sich selbst dann nichts ändert, wenn die Verwaltung sich mit der Klagerwiderung „gar nicht“ zur Sache einlässt und auf die Rüge des fehlenden Vorverfahrens beschränkt.

84

Hat hingegen der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hätte, so soll es laut dem Bundesverwaltungsgericht (a. a. O., Rn. 38) darauf ankommen, ob sich die Beklagte im Klagverfahren vorbehaltlos oder nur hilfsweise zur Sache einlässt: Eine vorbehaltlose Einlassung führt zur Zulässigkeit der Klage, weil die Beklagte damit deutlich macht, dass sie den Kläger nicht am (fehlenden) Widerspruchsverfahren festgehalten will; bei einer bloß hilfsweisen Einlassung zur Sache bleibt es dagegen bei der Unzulässigkeit der Klage.

85

Damit lässt sich diese neue Entscheidung insoweit zusammenfassen, dass eine hilfsweise Einlassung der Beklagten zur Sache im Rahmen der Klagerwiderung bei fehlendem Vorverfahren für sich genommen in keinem Fall zur Zulässigkeit der Klage führt: Hat die Beklagte dem Kläger im o. g. Sinn Anlass zur Klagerhebung geboten, so ist die Klage unabhängig davon zulässig, ob sich die Beklagte überhaupt noch zur Sache einlässt. Hat sie dem Kläger keinen solchen Anlass geboten, so bleibt die Klage auch bei einer hilfsweisen Einlassung zur Sache unzulässig.

86

(2) Maßgeblich wäre somit, ob die Beklagte dem Kläger vor der Erhebung der Klage am 25. August 2009 durch offenkundige endgültige Festlegungen in der Sache Anlass zu der Annahme gegeben hat, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

87

Dagegen spricht zum einen bereits der Umstand, dass der Kläger vor der Klagerhebung tatsächlich (zweimal, am 6.6.2006 und am 21.3.2009) Widerspruch eingelegt (und das Ergehen des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2009 abgewartet) hat. Zum anderen hat sich die Beklagte nach dem Erlass des Bescheids vom 27. April 2006 bis zur Klagerhebung – jedenfalls schriftlich - gar nicht mehr zur Sache geäußert, wozu sie auch keinen Anlass hatte: Den ersten Widerspruch vom 6. Juni 2006 hat der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2006 zurückgenommen; in der Zwischenzeit hatte die Beklagte dem Kläger nur mit Schreiben vom 9. Juni 2006 mitgeteilt, er erhalte zur Begründung des Widerspruchs eine Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens. Den zweiten Widerspruch vom 21. März 2009 hat die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2009 ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig zurückgewiesen, obwohl der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2009 ausführlich (und ausschließlich) zur Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 27. April 2006 vorgetragen hatte. Auch der von Frau G. …. gefertigte Gesprächsvermerk vom 25. Juni 2009 lässt nicht erkennen, dass sich die Referenten des Prüfungsamts bei der Vorsprache des Klägers an jenem Tag in irgendeiner Weise zur Sache geäußert hätten; vielmehr heißt es dort (nur), Herr Dr. L. ….. habe dem Kläger erklärt, dass „der Bescheid vom 27. April 2006 wohl bestandskräftig sein dürfte …“.

88

c) Auch die sonstigen vom Kläger angeführten Gesichtspunkte und Hinweise zur (früheren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen nach den vorstehend dargestellten Maßstäben nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage.

89

aa) Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe im Widerspruchsbescheid unter „Gründe“ klargestellt, dass der Kläger „für die Klausurbearbeitung eine Gesetzessammlung des Justizprüfungsamtes“ erhalten habe, und damit entgegen ihrer Darstellung im Bescheid vom 27. April 2006 deutlich gemacht, dass gerade keine „Verwendung“ eines unzulässigen Hilfsmittels vorliege, erschließt es sich nicht, inwiefern in dieser (gerade im Widerspruchsverfahren erfolgten) Äußerung eine endgültige negative Festlegung liegen sollte, die dem Kläger den Eindruck hätte vermitteln können, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

90

bb) Soweit der Kläger einwendet, dass sich die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung vom 30. September 2010 erneut zur Sache eingelassen habe, indem sie sich nunmehr, abweichend von bisherigen Begründungen, auf eine angebliche „Benutzung“ unzulässiger Hilfsmittel stütze und damit plötzlich neue Kriterien zugrunde lege, und sich mit der ausführlichen Darstellung ihrer Auffassung und dem Zurückweisen des klägerischen Begehrens auch dem Inhalt nach zur Sache eingelassen habe, woran die einleitend verwendete Formulierung „nur ergänzend“ nichts ändere, führt dies nicht weiter. Es bleibt dabei, dass es sich hierbei nur um Hilfseinlassung gehandelt hat, die nach dem o. g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2013 die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage nicht heilen kann.

91

cc) Weiter trägt der Kläger vor, die Tatsache, dass sich die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 30. September 2010 zur Sache einlasse, verdeutlichten in der Gesamtschau ferner die Umstände der Verfügung der Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht vom 8. November 2000 betreffend Weisungen für die aufsichtführenden Richter/Staatsanwälte und die eingeteilten Wachtmeister bei den Klausurterminen des Landesjustizprüfungsamts (Anl. K 24): Mit dem erstmaligen Stützen auf eine angebliche „Benutzung“ werde deutlich, dass sich die Beklagte auf interne Vorgaben der Verfügung der Präsidentin betreffend die „Benutzung“ unzulässiger Hilfsmittel beziehe, die die Beklagte erst Mitte des Jahres 2012 in Kopie vorgelegt habe und die dem Berufungsgericht mit klägerischen Schreiben vom 12. Juni 2012 und vom 27. Juli 2012 zugeleitet worden seien. Gemäß Punkt „I.6. Ermahnung“ dieser Verfügung seien Prüflinge dahingehend zu ermahnen, dass unerlaubte Hilfsmittel nicht „benutzt“ werden dürften und Verstöße dagegen ggf. sanktioniert werden könnten. Gemäß Punkt „III.3. Rundgänge“ sei darauf zu achten, dass unzulässige Hilfsmittel nicht „benutzt“ würden. Damit werde deutlich, dass sich die Beklagte auch inhaltlich einlasse, indem sie sich ab dem 30. September 2010 begrifflich auf interne Vorgaben der Präsidentin beziehe und die Klageerwiderung nunmehr auf eine „Benutzung“ stütze, obwohl dieser Begriff bis dahin nicht verwendet worden sei.

92

Auch dieses (nur schwer nachvollziehbare) Vorbringen ändert nichts daran, dass die Beklagte sich mit der Klagerwiderung vom 30. September 2010 nur hilfsweise zur Sache eingelassen hat.

93

dd) Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte mache mit dem als Anlage K 18 vorgelegten Schreiben vom 15. Juni 2010 das Gespräch vom 25. Juni 2009 zum Gegenstand des Rechtsstreits, in dem unstreitig über den Tatbestand der Täuschung diskutiert worden sei und – „mit den Worten der Beklagten“ - alle Fragen des Klägers ausnahmslos beantwortet worden seien, führt auch dies nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage. Das (vom Kläger, nicht von der Beklagten zum Gegenstand des Verfahrens gemachte) Schreiben der Beklagten vom 15. Juni 2010 ist zum einen nicht vor der Klageerhebung erfolgt (enthält selbst also keine vorgerichtliche Erklärung der Beklagten), und zum anderen beschränkt es sich auf einen Verweis auf das Gespräch vom 25. Juni 2009. Die Formulierung in diesem Schreiben, dass in jenem Gespräch „all Ihre Fragen umfänglich diskutiert und ausnahmslos beantwortet wurden“, ist als solche ohne Aussagewert. Hinzu kommt, dass dieses Schreiben seinem Betreff nach eine Reaktion ist auf ein Schreiben des Klägers vom 10. Juni 2010, dessen Anliegen der Beklagten „unverständlich geblieben“ sei, wobei der Kläger jenes Schreiben vom 10. Juni 2010 nicht mit vorgelegt hat, so dass der Kontext des Beklagtenschreibens vom 15. Juni 2010 nicht wirklich deutlich wird.

94

ee) Der Kläger macht geltend, überdies habe die Beklagte mit ihrem unter identischem Aktenzeichen (JPA 355/05) ergangenen Bescheid vom 9. Januar 2012 endgültig und unmissverständlich deutlich gemacht, welche Position sie nach neuerlicher Überprüfung einnehme. Der Umstand, dass diese Bescheidung im Rahmen des vom Kläger beantragten Rücknahme-/Wiederaufgreifensbegehrens erfolgt sei, schade der inhaltlichen Einlassung nicht. Es sei nachrangig, auf welchem Weg die Beklagte nochmals geprüft bzw. sich mit der Entscheidung auseinander gesetzt habe, wenn wie vorliegend dem Sinn und Zweck des Vorverfahrens bereits dadurch Rechnung getragen sei, dass die Beklagte ihre ablehnende Haltung erneut verdeutliche. Denn auch eine Überprüfung bei anderer Gelegenheit wie etwa im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde stehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Einlassung nicht entgegen. Dies gelte erst recht im Fall der erneuten Bescheidung in derselben Sache. In dem Bescheid vom 9. Januar 2012 erkenne die Beklagte abermals, dass der Kläger für die Klausurbearbeitung am 24. April 2006 eine Gesetzessammlung des Prüfungsamts erhalten habe und die dem Bescheid vom 27. April 2006 zugrunde gelegte „Verwendung“ nicht zutreffe, ohne allerdings daraus Konsequenzen zu ziehen. Vielmehr erachte sie diesen Bescheid trotz der Sachlage nicht als „offensichtlich rechtswidrig“ und sie bestreite, dass die Aufrechterhaltung dieses Bescheids zu unerträglichen Ergebnissen führen könne.

95

Auch dieses Argument greift nicht durch. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 9. Januar 2012 – der bezogen auf die vorliegende Anfechtungsklage wiederum kein vorgerichtliches Verhalten darstellt - nicht gleichsam das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 27. April 2006 erneut durchgeführt und mit einem Zweitbescheid abgeschlossen. Der Bescheid vom 9. Januar 2012 betrifft den Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bzw. auf Rücknahme des Bescheids vom 27. April 2006; beide Begehren setzen begrifflich gerade voraus, dass dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist. Auch sind die Prüfungsmaßstäbe des § 51 HmbVwVfG einerseits und eines Antrags auf Rücknahme nach § 48 HmbVwVfG andererseits nicht identisch mit den Maßstäben bei der normalen inhaltlichen Überprüfung eines Verwaltungsakt im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens. Des Weiteren verhält sich die Beklagte nicht widersprüchlich oder gar treuwidrig, indem sie trotz des Bescheids vom 9. Januar 2012 im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage weiter auf deren Unzulässigkeit besteht. Dies ist vielmehr konsequent, da, wie soeben ausgeführt, die Unanfechtbarkeit des Bescheids vom 27. April 2006 tatbestandliche Voraussetzung für das vom Kläger gestellte Wiederaufgreifens- bzw. Rücknahmebegehren ist. Der Umstand, dass die Beklagte hinsichtlich des Rücknahmebegehrens – gleichsam schulmäßig – auch ausgeführt hat, eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27. April 2006 sei nicht ersichtlich, ändert an alldem nichts. Andernfalls hätte es der Adressat eines Verwaltungsakts, falls er die Widerspruchsfrist versäumt und dann Klage erhebt, in der Hand, durch das zusätzliche Stellen eines Antrags auf Rücknahme des Verwaltungsakts die Behörde gleichsam zu der Äußerung zu zwingen, der Bescheid sei nicht offenkundig rechtswidrig, um daraus den Schluss zu ziehen, nunmehr sei die Anfechtungsklage zulässig geworden, da die Behörde sich durch die Ablehnung des Rücknahmeantrags inhaltlich festgelegt habe und damit der Zweck des Vorverfahrens nachträglich im Rahmen des Klagverfahrens erfüllt worden sei.

96

ff) Schließlich meint der Kläger, die Beklagte habe dadurch, dass sie im Widerspruchsbescheid, in der Klageerwiderung und in dem Bescheid vom 9. Januar 2012 einen anderen Sachverhalt zugrunde gelegt habe als im Bescheid vom 27. April 2006 (Benutzung einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Gesetzessammlung anstatt Verwendung unzulässiger Hilfsmittel), Zweitbescheide mit neuem Regelungsgehalt erlassen, an denen sie im gerichtlichen Verfahren sachlich festhalte.

97

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb aus der gegenüber dem Bescheid vom 27. April 2006 in den o. g. späteren Schreiben der Beklagten präziser formulierten Sachverhaltsdarstellung zu folgern sein soll, die Beklagte habe damit „Zweitbescheide mit neuem Regelungsgehalt“ erlassen. Die Beklagte ist gegenüber dem Bescheid vom 27. April 2006 nicht mehr in eine erneute Sachprüfung eingetreten und hat dementsprechend keine „Zweitbescheide“ erlassen. Worin (bei unverändert gebliebenen Rechtsfolgen) der „neue Regelungsgehalt“ bestehen soll, erschließt sich nicht. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

98

d) Die vom Kläger zuletzt (Schriftsatz vom 29.9.2014, S. 3/4) formulierten Anträge zum Thema „Unvollständige Akteneinsicht (Dienstliche Stellungnahmen)“ ändern nichts an der Entbehrlichkeit einer Berufungsverhandlung. Auch hierbei handelt es sich um Beweisausforschungsbegehren „ins Blaue hinein“; die Beklagte hat erklärt, dass sie über keine weiteren Sachakten verfügt. Außerdem beziehen sich diese Anträge offenbar auf den Prüfungsablauf am 24. April 2006 und damit auf die Frage der Begründetheit der Klage, auf die es wegen ihrer Unzulässigkeit nicht ankommt.

99

2. Der auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtete Antrag, dem Kläger die erneute Prüfung im Wege des sog. Freiversuchs zu ermöglichen, ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids Bestand hat und es dabei bleibt, dass der Kläger die Erste Prüfung im ersten Anlauf nicht bestanden hat.

100

3. Der zuletzt (Schriftsatz vom 29.9.2014, S. 9) angefügte Hilfsantrag, festzustellen, dass der Bescheid vom 27. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2009 rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze, ist unzulässig. Dieser Antrag könnte allenfalls auf § 43 VwGO gestützt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist jedenfalls deshalb nicht einschlägig, weil sich der Verwaltungsakt vom 27.4.2006 nicht erledigt hat). Einer solchen Feststellung steht aber schon gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, dass der Kläger hinsichtlich des Bescheids vom 27. April 2006 seine Rechte durch die – im vorliegenden Fall unzulässige - Anfechtungsklage hätte verfolgen können bzw. müssen. Die mit dem Ablauf von Rechtsbehelfsfristen verbundene Bestandskraft von Verwaltungsakten und Unzulässigkeit von dagegen gerichteten Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklagen darf nicht durch Feststellungsklagen unterlaufen werden, deren Gegenstand die Rechtswidrigkeit der betreffenden Verwaltungsakte sein soll.

101

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

102

Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 VwGO. Die hier getroffene Entscheidung mit der dafür gegebenen Begründung führt zu keiner Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Sie wirft auch keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von fallübergreifender Bedeutung auf, so dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die hier aufgegriffene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt, um im Wege der einzelfallbezogenen Anwendung der dort aufgestellten Maßstäbe über die vorliegende Berufung entscheiden zu können.

103

Die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren in zweiter Instanz beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG (vgl. die Streitwertkataloge für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 und 2013, jeweils Abschnitt 36.1). Der im Zulassungsverfahren erfolglos gebliebene Hilfsantrag, der Verpflichtungsantrag und der zuletzt hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sind wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Anfechtungsantrag bzw. gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.

(1) Hat jemand durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, dass er einen anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.

(2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird.

(1) Der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.

(2) Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt

1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist,
2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland,
3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder
4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.

(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.

(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt

1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist,
2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland,
3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder
4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.

(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.

(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.

Tatbestand

1

A. I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluss vom 7. Februar 2013 VIII R 2/09 (BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823) dem Großen Senat des BFH folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

3

Ist im Fall einer zulässigen Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten, die gegen zwingende Zustellungsvorschriften verstößt, weil der Zusteller entgegen § 180 Satz 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat, das zuzustellende Schriftstück i.S. von § 189 ZPO bereits in dem Zeitpunkt dem Empfänger tatsächlich zugegangen und gilt deshalb als zugestellt, in dem nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Entnahme des Schriftstücks aus dem Briefkasten und der Kenntnisnahme gerechnet werden kann, auch wenn der Empfänger das Schriftstück erst später in die Hand bekommt?

4

II. Sachverhalt

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ unter dem 22. August 2005 gegenüber den zusammenveranlagten Klägern und Revisionsklägern (Kläger) einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002.

6

Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetem Urteil vom 16. Dezember 2008  10 K 4614/05 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 554) ab und ließ die Revision zu. Die für die Kläger bestimmte Ausfertigung des Urteils wurde den damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger, drei in einer Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälten, im Wege eines Zustellungsauftrags durch die Deutsche Post AG zugestellt. In der vom Zusteller unterzeichneten Zustellungsurkunde wird angegeben, dass der Umschlag nach dem vergeblichen Versuch der Übergabe in einen zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde. Als Tag der Zustellung wurde der 24. Dezember 2008 (Mittwoch) ohne Angabe einer Uhrzeit in die Zustellungsurkunde eingetragen.

7

Die Revisionsschrift der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26. Januar 2009 ging am Dienstag, den 27. Januar 2009, beim BFH ein. Nach einem telefonischen Hinweis der Geschäftsstelle des zuständigen VIII. Senats, dass die Frist zur Einlegung der Revision bereits am 26. Januar 2009 abgelaufen sei, widersprachen die Prozessbevollmächtigten dem mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 und stellten zugleich (hilfsweise) namens der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Revisionsfrist.

8

Die Kläger tragen vor, das Urteil sei ihren Prozessbevollmächtigen erst am 29. Dezember 2008 (Montag) zugegangen. Die Kanzlei sei vom 24. bis 28. Dezember 2008 nicht geöffnet gewesen. Die für die Leerung des Briefkastens sowie die Öffnung und Verteilung der Eingangspost zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte B habe die Sendung am 29. Dezember 2008 im Kanzleibriefkasten vorgefunden. Dem bearbeitenden Rechtsanwalt habe B auf sofortige Nachfrage gesagt, der Brief sei am 29. Dezember 2008 eingegangen. Auf dem Briefumschlag fehle die Angabe des Tags der Zustellung. Für den Beginn der Revisionsfrist komme es auf den Tag an, an dem der Prozessbevollmächtigte das zuzustellende Urteil in die Hand bekommen habe, also den 29. Dezember 2008. Danach sei die Revision rechtzeitig eingelegt worden. Hilfsweise sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; ein möglicher Fehler von B könne den Klägern nicht zugerechnet werden.

9

Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags haben die Kläger einen Briefumschlag für eine förmliche Zustellung mit einem Absenderstempel des FG übersandt und beziehen sich im Übrigen auf Versicherungen an Eides statt ihres bearbeitenden Prozessbevollmächtigten und B. Der Briefumschlag enthält im Feld "zugestellt am" keine Eintragung. Handschriftlich ist auf dem Umschlag vermerkt: "Eingang am Montag 29.12.08 laut Frau B ... und Frau T ...".

10

Der vorlegende Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Briefzustellers als Zeugen über die Frage, zu welcher Tageszeit das Urteil des FG (am 24. Dezember 2008) in den Briefkasten der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingeworfen worden ist.

11

III. Vorlagebeschluss des VIII. Senats

12

1. Die Vorlagefrage ist nach Auffassung des VIII. Senats zu bejahen. Das Dokument sei dem Empfänger i.S. des § 189 ZPO (hier i.V.m. § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) bereits in dem Zeitpunkt tatsächlich zugegangen, in dem nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Entnahme des Schriftstücks aus dem Briefkasten und der Kenntnisnahme gerechnet werden könne.

13

Für den Begriff des Zugangs i.S. des § 189 ZPO sei auf den allgemeinen Zugangsbegriff in § 130 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zurückzugreifen. Da § 189 ZPO für unterschiedliche Fallgruppen fehlerhafter und deswegen unwirksamer Zustellungen Heilungsmöglichkeiten anbieten solle, sei die Vorschrift fallgruppenbezogen auszulegen, nämlich zumindest einerseits für die Fälle, in denen sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen lasse, sowie andererseits für die Fälle, in denen das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen sei. Der Zustellungsfiktion könne nur der Regelungswille entnommen werden sicherzustellen, dass dem Adressaten das Schriftstück ungeachtet etwaiger Zustellungsmängel auch tatsächlich --in der vom Zustellenden in den Verkehr gegebenen verkörperten Form-- zugänglich gemacht worden sei. Die Adressaten fehlerhaft zugestellter Schriftstücke dürften nicht schlechter gestellt werden als die Adressaten ordnungsgemäß zugestellter Dokumente. Sie darüber hinaus gegenüber Adressaten verfahrensfehlerfreier Ersatzzustellungen besser zu stellen, sei nicht Regelungszweck des § 189 ZPO.

14

Unter den Umständen des Streitfalls seien die objektiv-rechtlichen Zwecke der Zustellungsvorschriften höher als der Schutz des Adressaten zu bewerten. Für die normative Bestimmung des Heilungszeitpunkts spreche vor allem, dass nur sie dem objektiven Zustellungszweck zum Durchbruch verhelfe, den Zeitpunkt der Zustellung auch im Fall der Heilung einer zunächst fehlgeschlagenen Zustellung rechtssicher bestimmen zu können. Der Zustellungsempfänger könne den durch das Fehlen des Datumsvermerks hervorgerufenen Zweifel über das Datum der Zustellung durch einen Anruf bei Gericht beseitigen; dadurch seien seine Interessen ausreichend gewahrt.

15

2. Der VIII. Senat hält die vorgelegte Rechtsfrage für entscheidungserheblich.

16

Nach seiner Meinung hat die Einlegung der Sendung in den Briefkasten nicht zu einer nach § 180 Satz 2 ZPO wirksamen Ersatzzustellung geführt, weil das Datum der Zustellung nicht auf dem Umschlag vermerkt und damit gegen die Formvorschrift des § 180 Satz 3 ZPO verstoßen worden sei. Die Missachtung dieser Formvorschrift führe zur Unwirksamkeit der Ersatzzustellung. Der Zustellungsmangel könne nur nach § 189 ZPO geheilt worden sein. Danach gelte das Dokument in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfänger tatsächlich zugegangen sei.

17

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das zuzustellende FG-Urteil am Vormittag des 24. Dezember 2008 in den Briefkasten der Bevollmächtigten der Kläger eingeworfen worden. Der Senat vertrete im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Zustellungen an auf einen Werktag fallenden Silvestertagen die Auffassung, dass am 24. Dezember zumindest bis zum Mittag mit einer Kenntnisnahme von Geschäftspost gerechnet werden könne.

18

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist sei nicht zu gewähren. Die Kläger hätten die Frist nicht ohne Verschulden versäumt, denn sie müssten sich ein Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen. Im Fall von Zustellungen von Amts wegen nach §§ 166 ff. ZPO müsse der Prozessbevollmächtigte die Fristberechnung anhand des auf dem Zustellungskuvert angebrachten Zustellungsvermerks des Postbediensteten selbst nachprüfen. Fehle der Datumsvermerk, so müsse sich der Prozessbevollmächtigte auf andere Weise --z.B. durch Rückfrage beim FG-- über das Zustellungsdatum erkundigen. Dies sei hier unterblieben.

19

3. Wegen der Begründung der Vorlage im Einzelnen wird auf den Vorlagebeschluss in BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823 Bezug genommen.

20

IV. Rechtsgrund der Vorlage

21

Der VIII. Senat stützt die Vorlage sowohl auf § 11 Abs. 2 FGO als auch auf Abs. 4 der Vorschrift.

22

Die Klärung der vorgelegten Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung. Wegen der unterschiedlichen Auffassungen der mit der Rechtsfrage bisher befassten BFH-Senate I, II, VI und VIII sowie den verschiedenen Ansichten in der Literatur sei eine Entscheidung durch den Großen Senat erforderlich, um eine einheitliche Rechtsauslegung für die Zukunft zu gewährleisten.

23

Mit seiner Auslegung des Merkmals "tatsächlich zugegangen" des § 189 ZPO weiche der vorlegende Senat von dem Beschluss des VI. Senats vom 19. September 2007 VI B 151/06 (BFH/NV 2007, 2332) ab. Der VI. Senat habe mitgeteilt, er stimme einer Abweichung von seiner Rechtsauffassung nicht zu.

Entscheidungsgründe

24

B. I. Zulässigkeit der Vorlage

25

Die Vorlage des VIII. Senats ist zulässig.

26

1. Die Zulässigkeit der Vorlage ergibt sich bereits aus § 11 Abs. 2 und 3 FGO. Der Große Senat entscheidet nach § 11 Abs. 2 FGO, wenn ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will. Die Auffassung des vorlegenden Senats weicht von derjenigen des VI. Senats des BFH in BFH/NV 2007, 2332 ab. Dieser Beschluss kann Gegenstand einer Divergenz i.S. des § 11 Abs. 2 FGO sein.

27

Der von § 11 Abs. 3 FGO vorausgesetzte Begriff der "Entscheidung" umfasst grundsätzlich auch Beschlüsse (BFH-Beschlüsse vom 28. November 1977 GrS 4/77, BFHE 124, 130, BStBl II 1978, 229, unter C.I.1., und vom 10. März 1969 GrS 4/68, BFHE 95, 366, BStBl II 1969, 435, unter 1.). Eine Abweichung i.S. des § 11 Abs. 2 FGO setzt weiter voraus, dass mit dem Beschluss das seinerzeitige Verfahren abgeschlossen und die nach Meinung des anfragenden Senats nun abweichend zu beantwortende Rechtsfrage endgültig entschieden wurde (vgl. Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 4; Müller-Horn in Beermann/Gosch, FGO § 11 Rz 8; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 11; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 11 FGO Rz 29). Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn mit dem Beschluss eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wird und die abschließende Entscheidung über die Rechtsfrage die Entscheidung trägt.

28

Mit dem Beschluss in BFH/NV 2007, 2332 hat der VI. Senat eine Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen, nachdem er sie zuvor als zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt beurteilt hat. Die Entscheidung über die Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde setzt deren Zulässigkeit voraus und beinhaltet deshalb eine abschließende Beantwortung der für die Wahrung der Einlegungsfrist bedeutsamen Rechtsfragen. Der Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 ist danach eine Entscheidung, von der i.S. des § 11 Abs. 2 FGO in Bezug auf Rechtsfragen abgewichen werden kann, die die Zulässigkeit der Beschwerde betreffen.

29

In Bezug auf eine solche Rechtsfrage, nämlich die Frage, wann ein Dokument i.S. des § 189 ZPO als bekanntgegeben gilt, weicht die Auffassung des vorlegenden Senats von dem Beschluss des VI. Senats des BFH in BFH/NV 2007, 2332 ab.

30

Der VI. Senat hat auf Anfrage des vorlegenden Senats mit Beschluss vom 13. November 2012 VI ER-S 3/12 der Abweichung nicht zugestimmt.

31

2. Die Zulässigkeit der Vorlage ergibt sich darüber hinaus auch aus § 11 Abs. 4 FGO. Eine Vorlage, die nach Durchführung des Anfrageverfahrens auf Divergenz gestützt wird, kann zusätzlich auch auf den Anfragegrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützt werden.

32

Die vorgelegte Rechtsfrage war bereits Gegenstand von Entscheidungen mehrerer Senate und kann in Entscheidungen jedes Senats entscheidungserheblich zu beantworten sein. Der vorlegende Senat hat der Rechtsfrage deshalb zutreffend grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

33

II. Entscheidungserheblichkeit der Vorlage

34

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des VIII. Senats erheblich. Bei Verneinung der Vorlagefrage entsprechend der Rechtsauffassung des VI. Senats wäre die Revision der Kläger zulässig, denn der Zustellungsmangel wäre dann am 29. Dezember 2008 dadurch geheilt worden, dass der Bevollmächtigte der Kläger die Ausfertigung des FG-Urteils "in den Händen hielt". Die Frist zur Einlegung der Revision wäre bei Eingang der Revisionsschrift am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen gewesen. Der vorlegende Senat ginge dann ausweislich des Vorlagebeschlusses von der Zulässigkeit der Revision aus, so dass die Revision nicht nach § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss zu verwerfen wäre. Es müsste vielmehr durch Urteil über die Begründetheit der Revision entschieden werden.

35

III. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegte Rechtsfrage

36

1. Rechtsgrundlagen

37

Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ist ein aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil den Beteiligten zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 53 Abs. 2 FGO).

38

Zustellung ist nach § 166 Abs. 1 ZPO die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in der von §§ 166 ff. ZPO bestimmten Form. Ein Zustellungsauftrag kann der Post erteilt werden, indem dieser das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag sowie ein vorbereitetes Formular einer Zustellungsurkunde übergeben wird (§ 176 Abs. 1 ZPO). Für die Ausführung der Zustellung gelten §§ 177 bis 181 ZPO176 Abs. 2 ZPO). Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird (§ 177 ZPO). Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, und kann das Schriftstück auch nicht einer der in § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO genannten Personen übergeben werden, kann nach § 180 Satz 1 ZPO das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist, eingelegt werden. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Nach § 180 Satz 3 ZPO vermerkt der Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen (§ 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die u.a. die Bemerkung enthalten muss, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist (§ 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO).

39

Zustellungsmängel werden unter den Voraussetzungen des § 189 ZPO geheilt. Die Vorschrift lautet:

40

"Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist."

41

2. Rechtsentwicklung

42

Die Vorschriften über die Zustellung im Gerichtsverfahren sind durch das Zustellungsreformgesetz (ZustRG) vom 25. Juni 2001 (BGBl I 2001, 1206) novelliert worden. Die Neuregelungen sind am 1. Juli 2002 in Kraft getreten (Art. 4 ZustRG).

43

Bis zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes hatte § 53 Abs. 2 FGO a.F. bestimmt, dass Zustellungen von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) vorzunehmen waren. Für Zustellungen durch die Post verwies § 3 Abs. 3 VwZG auf §§ 180 bis 186 und 195 Abs. 2 ZPO damaliger Fassung (ZPO a.F.). Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten war dort nicht vorgesehen. Zur Heilung von Zustellungsmängeln bestimmte § 9 Abs. 1 VwZG für den Fall, dass sich die formgerechte Zustellung des Schriftstücks nicht nachweisen ließ oder das Schriftstück unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen war, dass dieses als in dem Zeitpunkt zugestellt gelte, in dem der Empfangsberechtigte es nachweislich erhalten habe. Dies galt nach § 9 Abs. 2 VwZG aber nicht, wenn mit der Zustellung eine Rechtsmittelfrist begann. In ähnlicher Weise war auch für nach der Zivilprozessordnung zu bewirkende Zustellungen eine Heilung nur möglich (§ 187 Satz 1 ZPO a.F.), soweit nicht durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden sollte (§ 187 Satz 2 ZPO a.F.).

44

Das Zustellungsreformgesetz verfolgte das Ziel, das Zustellungsrecht zu vereinfachen. Insbesondere sollte "die kostenaufwendige und für den Zustellungsadressaten oftmals umständliche beurkundete Zustellung durch Niederlegung soweit wie vertretbar vermieden" werden (Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 14/4554, 13). Dies sollte u.a. durch Einführung der beurkundeten Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten sowie durch eine erweiterte Heilung von Zustellungsmängeln erreicht werden. Zustellungszweck sei es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks zu verschaffen und den Zeitpunkt dieser Bekanntgabe zu dokumentieren. Lasse sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder seien zwingende Zustellungsvorschriften verletzt worden, gelte ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Adressat oder ein Empfangsberechtigter erhalten habe. Das Gericht prüfe in diesen Fällen in freier Beweiswürdigung des Sachverhalts, ob der Zustellungszweck erreicht und wann das geschehen sei. Das gelte auch dann, wenn die Zustellung eine Notfrist in Gang setze (BTDrucks 14/4554, 14). In der Einzelbegründung zu der Neuregelung der Heilung in § 189 ZPO heißt es (BTDrucks 14/4554, 24 f.):

45

"Nach dem Vorbild des § 9 Abs. 1 [VwZG] soll deshalb ein Schriftstück als zu dem Zeitpunkt zugestellt gelten, in dem es der Zustellungsadressat oder ein Empfangsberechtigter nachweislich erhalten hat. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Zustellungsmangel auch dann geheilt, wenn durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden soll. Wenn eine fehlerhafte Zustellung mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs an den Adressaten oder einen Empfangsberechtigten wirksam wird, muss das für jede Zustellung gelten. Treten Fehler auf, so darf deren Beseitigung nicht zu Lasten einer Partei gehen, wenn feststeht, dass das zuzustellende Schriftstück der Person tatsächlich zugegangen ist, an die es gerichtet war oder dem Gesetz gemäß gerichtet werden konnte."

46

Die vorgeschlagenen neuen §§ 181 und 189 ZPO wurden im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Zustellungsreformgesetz nicht geändert und gingen deshalb in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung in den Gesetzesbeschluss ein.

47

3. Rechtsprechung

48

a) Vor Ergehen des Vorlagebeschlusses war der BFH --soweit anhand der veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich-- in vier Fällen mit der Auslegung des § 189 ZPO befasst.

49

aa) Im Fall des Beschlusses vom 19. Januar 2005 II B 38/04 (BFH/NV 2005, 900) war ein Urteil des FG durch Einlegen in den Briefkasten am 13. März 2004, einem Samstag, zugestellt worden, ohne dass der Zusteller das Datum der Zustellung auf dem Briefumschlag vermerkt hatte. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde war am 14. Mai 2004 beim BFH eingegangen. Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die Frist von zwei Monaten gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO noch nicht abgelaufen gewesen sei, und entschied, die Beschwerdebegründung sei zwar rechtzeitig eingegangen, sie entspreche aber nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Weil der Prozessbevollmächtigte erklärt hatte, dass in seiner Kanzlei an Samstagen üblicherweise nicht gearbeitet werde, und das Urteil in der Kanzlei mit dem Eingangsstempel vom 15. März 2004 (Montag) versehen worden war, ging der II. Senat davon aus, dass das Urteil dem Prozessbevollmächtigten am 15. März 2004 tatsächlich zugegangen sei. Dieser Zeitpunkt --nicht der Zeitpunkt des Einlegens in den Briefkasten der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers (13. März 2004)-- sei für die Zustellung des FG-Urteils maßgebend (§ 189 ZPO).

50

bb) Dem zur Anrufung des Großen Senats wegen Divergenz führenden Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 liegt die Auffassung zugrunde, für den Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs i.S. des § 189 ZPO komme es darauf an, dass das zuzustellende Schriftstück derart in die Hände des Zustellungsadressaten gelangt sei, dass dieser es behalten und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen könne. Im dortigen Fall war das angefochtene FG-Urteil ausweislich der Zustellungsurkunde am 17. November 2006 (Freitag) durch Einlegen in den Briefkasten des Klägers zugestellt worden. Auf dem Briefumschlag befand sich kein Vermerk über das Datum der Zustellung. Die Beschwerde war am 21. Dezember 2006 eingelegt worden. Nach eigenen Angaben hatte der Kläger am 23. November 2006 Kenntnis von der Zustellung erhalten. Diesen Tag betrachtete der VI. Senat als Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs i.S. des § 189 ZPO.

51

cc) Der IX. Senat hat mit Beschluss vom 9. März 2009 IX B 120/08 (BFH/NV 2009, 964) den rechtzeitigen Eingang einer Nichtzulassungsbeschwerde unter Hinweis auf § 189 ZPO bejaht. Von den näheren Umständen der Zustellung ist dem Beschluss nur zu entnehmen, dass durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt wurde, die Zustellungsurkunde aber in Folge des Fehlens einer Unterschrift unvollständig war. Der IX. Senat führte aus, der Zustellungsmangel führe nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung, sondern das FG-Urteil gelte nach § 189 ZPO in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der betreffenden Person tatsächlich zugegangen sei. Das sei hier Montag, der 26. Mai 2008, gewesen. Aufgrund welcher Umstände dieser Tag als Tag des Zugangs angesehen wurde, ist aus dem Beschluss nicht ersichtlich.

52

dd) In seinem Urteil vom 21. September 2011 I R 50/10 (BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197) hat der I. Senat der Revision gegen ein Urteil stattgegeben, das nach Angaben des FG am 29. Mai 2010 (Samstag) durch Einlegen in den Briefkasten des Prozessbevollmächtigten zugestellt und gegen das Revision am 30. Juni 2010 eingelegt worden war. Auf dem Umschlag fehlte der Vermerk über das Datum der Zustellung. Der I. Senat hielt die Revisionsfrist nicht für versäumt, weil er den Angaben des Prozessbevollmächtigten folgend davon ausging, diesem sei das Schriftstück mit Öffnen der Post am Montag, dem 31. Mai 2010, tatsächlich zugegangen. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 vertrat der I. Senat die Auffassung, der tatsächliche Zugang i.S. des § 189 ZPO setze voraus, dass das zuzustellende Schriftstück derart in die Hände des Zustellungsadressaten gelangt sei, dass dieser es behalten und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen könne.

53

b) Im Übrigen war die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein nach § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten des Adressaten unter Verletzung von Formvorschriften zugestelltes Dokument i.S. des § 189 ZPO dem Adressaten tatsächlich zugegangen ist, --soweit ersichtlich-- nur in einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17. Januar 2013 L 9 AL 173/11, juris) von entscheidungserheblicher Bedeutung. In diesem Urteil heißt es, eine Heilung gemäß § 189 ZPO setze die Feststellung des Zeitpunktes voraus, in dem das Schriftstück (ggf. spätestens) in die Hände des Adressaten gelangt sei. Das LSG bezog sich dabei auf einen Beschluss des BGH (Beschluss vom 21. Dezember 1983 IVb ZB 29/82, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1984, 926), der allerdings die Auslegung des § 187 ZPO a.F. betrifft.

54

4. Schrifttum

55

a) Im Schrifttum wird überwiegend in Anlehnung an die Formel des BGH-Beschlusses in NJW 1984, 926 (ebenso BGH-Urteile vom 21. März 2001 VIII ZR 244/00, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2001, 1200; vom 22. November 1988 VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154) die Auffassung vertreten, es müsse eine zuverlässige Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück vermittelt werden, was im Allgemeinen dann geschehen sei, wenn der Adressat der Zustellung trotz Verletzung der Zustellungsvorschriften das zuzustellende Schriftstück "in die Hand bekommen" habe (MünchKommZPO/Häublein, 4. Aufl., § 189 Rz 8; Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl., § 189 Rz 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 189 Rz 7; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 35. Aufl., § 189 Rz 8; Wittschier in Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 189 Rz 3; Zöller/ Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 189 Rz 4; ebenso zu § 8 VwZG: Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 8 VwZG Rz 1; Schwarz in HHSp, § 8 VwZG Rz 5).

56

Rohe (Wieczorek/Schütze/Rohe, 4. Aufl., § 189 ZPO Rz 26) weist darauf hin, dass § 189 ZPO gegenüber dem früheren § 187 ZPO a.F. präziser gefasst worden sei, indem der "tatsächliche" Zugang beim Adressaten verlangt werde. Dies setze abweichend von den Zugangsregeln des bürgerlichen Rechts die gegenständliche Übernahme des Schriftstücks durch den Adressaten selbst voraus. Der bloße Eintritt in den Machtbereich genüge dagegen nicht. Eine Heilung sei nur gerechtfertigt, wenn das Recht des Adressaten auf rechtliches Gehör tatsächlich und nicht nur potenziell gewahrt werde.

57

Nach Zimmermann (ZPO, 8. Aufl., § 189 Rz 2) setzt der Zugang voraus, dass das Schriftstück gegenständlich in die Hände des Adressaten gelangt ist. Das Datum des Zugangs sei notfalls durch Beweisaufnahme zu ermitteln. In der Regel begnüge man sich mit dem Datum, das der Empfänger einräume (Hinweis auf Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nach § 174 ZPO).

58

Brandis (in Tipke/Kruse, a.a.O., § 53 FGO Rz 31) vertritt die Auffassung, der tatsächliche, nicht der vermutete Zugang heile den Zustellungsfehler. Die Frist beginne dann im Zeitpunkt dieser "fiktiven Zustellung".

59

b) Der Vorlagebeschluss des VIII. Senats (BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823) ist im Schrifttum teils zustimmend, teils ablehnend aufgenommen worden.

60

Steinhauff (juris PraxisReport Steuerrecht 45/2013 Anm. 6) hält die im Vorlagebeschluss vertretene Auffassung für zutreffend. Wenn auf den Zeitpunkt abgestellt werde, in dem der Empfänger das Schriftstück tatsächlich in die Hände genommen habe, sei ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Zustellenden und des Zustellungsempfängers nicht gewährleistet. Der Empfänger habe es in der Hand, den Zeitpunkt der Heilung hinauszuzögern, weil nur er über diesen Auskunft erteilen könne. Dies sei nicht damit zu vereinbaren, dass die Zustellungsvorschriften objektiv dazu dienten, den Zeitpunkt für alle Beteiligten gleichermaßen rechtssicher zu bestimmen. Marfels (Steuerberaterwoche 2013, 842) hält den Vorlagebeschluss ebenfalls für überzeugend begründet.

61

Kritisch wird der Vorlagebeschluss von Carlé (Deutsche Steuer-Zeitung 2013, 652) besprochen. Der Beschluss berücksichtige nicht, dass die Zugangsfiktion abweichend vom sonstigen Abgabenrecht auf die tatsächliche Kenntnisnahme abstelle und nicht auf den dem gewöhnlichen Gang der Dinge entsprechenden unterstellten Sachverhalt.

62

IV. Auffassung des Großen Senats

63

1. Als Vorfrage zur Vorlage hat der VIII. Senat § 180 Satz 3 ZPO, wonach vom Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung zu vermerken ist, als eine der nach § 189 ZPO heilbaren zwingenden Zustellungsvorschriften beurteilt. An diese Rechtsauffassung ist der Große Senat gebunden, er teilt sie auch (ebenso BFH-Urteil in BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197, Rz 9, m.w.N.).

64

Die Entscheidung des Großen Senats betrifft allein die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Dokument als zugestellt gilt. Dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger i.S. des § 189 ZPO Kenntnis von dem zuzustellenden Dokument durch Einlegen in den zu ihren Büroräumen gehörenden Briefkasten erhalten haben, ist unstreitig.

65

2. Ein Dokument ist i.S. des § 189 ZPO in dem Zeitpunkt tatsächlich zugegangen, in dem der Adressat das Dokument "in den Händen hält". Der Große Senat teilt nicht die Auffassung des vorlegenden Senats, es sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem eine Willenserklärung i.S. des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB als zugegangen gilt.

66

a) Dem Wortlaut der Regelung lässt sich entnehmen, dass der Zugang alleine für die Bestimmung des Zeitpunkts der Zustellung nicht ausreichen soll. Dass der Gesetzgeber das Adjektiv "tatsächlich" verwendet hat, spricht dafür, dass eine qualifizierte Form des Zugangs gemeint ist. Damit unterscheidet sich § 189 ZPO tatbestandlich von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn dort wird lediglich der Zugang der Willenserklärung gefordert. Dies spricht dagegen, die für den Zugang von Willenserklärungen geltenden Grundsätze bei der Auslegung des § 189 ZPO zu übernehmen.

67

b) Betrachtet man die Entstehungsgeschichte des § 189 ZPO, muss der Begriff des "tatsächlichen" Zugangs im Zusammenhang mit den anderen Regelungen zur Reform des Zustellungsrechts im Zustellungsreformgesetz ausgelegt werden. § 189 ZPO unterscheidet sich von der Vorgängerregelung in § 187 ZPO a.F. insbesondere dadurch, dass eine Heilung auch dann möglich ist, wenn durch die Zustellung eine Notfrist in Gang gesetzt werden soll. § 187 Satz 2 ZPO a.F. schloss eine Heilung in einem solchen Fall ausdrücklich aus. Die Ausweitung der Heilung von Zustellungen nach der Zivilprozessordnung ist in gleicher Weise auch für Zustellungen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz geregelt worden. Während § 9 Abs. 2 VwZG a.F. eine Heilung für den Fall ausschloss, dass mit der Zustellung eine Klage-, Berufungs-, Revisions- oder Rechtsmittelbegründungsfrist beginnt, kann nach § 8 VwZG auch eine fristauslösende Zustellung geheilt werden.

68

Sowohl in § 189 ZPO als auch in § 8 VwZG ist abweichend von den Vorgängerregelungen jetzt der Zeitpunkt entscheidend, in dem das Dokument dem Adressaten "tatsächlich zugegangen" ist. Nach § 187 Satz 1 ZPO a.F. war auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das Schriftstück "zugegangen" war, nach § 9 Abs. 1 VwZG a.F. auf den Zeitpunkt, in dem der Empfangsberechtigte das Dokument "nachweislich erhalten" hatte. Beide Regelungen wurden in ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, dass der Empfänger das Schriftstück "in den Händen halten" musste (vgl. z.B. BGH-Beschluss in NJW 1984, 926, und BGH-Urteil in HFR 2001, 1200; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1996  6 C 6/95, BVerwGE 104, 1, und vom 18. April 1997  8 C 43/95, BVerwGE 104, 301). Dafür, dass der Gesetzgeber bei einer Ausweitung der Heilung auf fristauslösende Zustellungen von diesen Anforderungen an den Zugang abweichen und sie herabsetzen wollte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Bei der Neuordnung der Zustellungsvorschriften hat der Gesetzgeber daran festgehalten, dass eine Zustellung in ihrer Grundform durch körperliche Übergabe stattfindet (vgl. §§ 173, 177 ZPO). In dieses Konzept fügt sich danach auch weiterhin ein, dass die Heilung eines Formfehlers bei einer anderen Zustellungsart das "In-den-Händen-Halten" des Dokuments erfordert. Deshalb muss die jetzt gewählte Formulierung in § 189 ZPO und in § 8 VwZG zumindest als klarstellende Festschreibung der bisherigen Zugangsanforderungen, wenn nicht sogar im Hinblick auf die verschärften Rechtsfolgen als weitere Erhöhung der Anforderungen an einen Zugang verstanden werden.

69

c) Eine teleologische Auslegung des § 189 ZPO muss die mit der Reform des Zustellungsrechts verfolgten Ziele berücksichtigen. Die Ausweitung der Heilungsmöglichkeit auf fristauslösende Zustellungen ist aus der Sicht eines Zustellungsadressaten eine deutliche Verschärfung. Vor diesem Hintergrund ist die gleichzeitige Aufnahme des Merkmals des "tatsächlichen" Zugangs als Begrenzung der Wirkungen einer Heilung von Zustellungsfehlern zu verstehen. Die unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ausgeführte Zustellung soll eine Frist erst dann auslösen, wenn der Zustellungsempfänger "tatsächlich" und nicht nur potenziell Kenntnis von dem Dokument nehmen kann (Wieczorek/Schütze/Rohe, a.a.O., § 189 Rz 26). Das Merkmal "tatsächlich" ist danach als das Gegenstück zu "fiktiv" zu verstehen.

70

Für diese Auslegung spricht auch das rechtsstaatliche Gebot einer folgerichtigen Ausgestaltung des Verfahrensrechts. Demjenigen, der Adressat einer hoheitlich betriebenen und unter Verletzung wesentlicher Formvorschriften ausgeführten Zustellung ist, dürfen keine Nachteile aus der Heilung im Vergleich zu einer ordnungsgemäßen Zustellung entstehen. Soweit die Heilung eine Frist auslöst, muss deshalb sichergestellt sein, dass die Frist auch in vollem Umfang genutzt werden kann.

71

d) Eine an den Rechten des Adressaten orientierte Auslegung des § 189 ZPO ist insbesondere in Bezug auf die Heilung einer Ersatzzustellung nach § 180 ZPO geboten. Diese Form der Ersatzzustellung soll der Vereinfachung des Zustellungsverfahrens dienen (s. dazu unter B.III.2.) und hat den Umfang der formellen Anforderungen an eine Zustellung im Vergleich zur früheren Rechtslage weiter abgesenkt. Während die Zustellung in ihrer ursprünglichen Gestalt als Übergabe des Dokuments an den Adressaten die Bestimmung eines sicheren Zeitpunkts der möglichen Kenntnisnahme gestattet, kann dieser Zeitpunkt im Fall der Ersatzzustellung nicht mehr konkret bestimmt werden. Die Zustellungsfiktion nach § 180 Satz 2 ZPO wird deswegen durch eine Fiktion auch des Zustellungszeitpunktes ergänzt, die an objektive Kriterien anknüpft. Je zuverlässiger diese Kriterien festgestellt werden können, umso eher kann angenommen werden, dass die Fiktion der Realität nahe kommt.

72

Mit der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten knüpft das Gesetz im Wesentlichen an Kriterien an, die nicht mit hoher Zuverlässigkeit festgestellt werden können, weil ihre Verwirklichung nicht beobachtet werden kann und auch keine Amtsträger tätig werden. Macht man die Fiktion des Zugangs von derartigen Kriterien abhängig (kritisch etwa Meissner/Schenk in Schoch/Schneider/Bier, VwGO § 56 Rz 11), verliert die fiktive Bestimmung des Zugangszeitpunkts ihre Grundlage jedenfalls dann, wenn auch nur eines dieser Kriterien infolge eines Zustellungsfehlers entfällt.

73

Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats bedeutet dies keine Besserstellung von Adressaten fehlerhafter Zustellungen gegenüber Adressaten ordnungsgemäß ausgeführter Zustellungen. Denn die Verwirklichung der Anknüpfungskriterien für die Fiktion liegt nicht im Einflussbereich des Adressaten. Vielmehr kann nur anhand des von Dritten (Zusteller) verwirklichten Anknüpfungskriteriums eine Zugangsfiktion begründet werden, nicht aber ohne dieses Kriterium.

74

e) Werden bei Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten auf dem Umschlag (§ 180 Satz 3 ZPO) und auf der Zustellungsurkunde (§ 182 Abs. 2 Nr. 7 ZPO) nicht identische Datumsangaben angebracht, entfällt nach den vorstehenden Überlegungen das Anknüpfungskriterium für den fiktiven Zeitpunkt der Zustellung. Der Zeitpunkt kann dann nur in Anlehnung an den Zeitpunkt der realen Kenntnisnahme bestimmt werden. Dieser wird sich häufig nicht sicher feststellen lassen, so dass im Zweifel auf den Zeitpunkt abzustellen ist, den der Adressat selbst als Zugangszeitpunkt angibt.

75

f) Soweit der vorlegende Senat "objektiv-rechtlichen Zwecken der Zustellungsvorschriften" Vorrang vor dem Schutz des Adressaten einräumt, folgt der Große Senat dem nicht. Objektiver Zustellungszweck soll danach sein, "den Zeitpunkt der Zustellung auch im Fall der Heilung einer zunächst fehlgeschlagenen Zustellung rechtssicher bestimmen zu können". Dieser Zweckbestimmung mag für den Fall der ordnungsgemäß ausgeführten Zustellung zu folgen sein. Bei einer fehlerhaften Zustellung wird dieses Ziel aber gerade verfehlt, so dass zu seiner Erreichung an sich eine erneute und nun ordnungsgemäße Zustellung erforderlich wäre. Wenn das Gesetz aus Vereinfachungsgründen eine Heilung von Zustellungsmängeln vorsieht, stellt es den Zweck der Zustellung, dem Empfänger die Kenntnis vom Inhalt eines Dokuments zu ermöglichen, in den Vordergrund. Die rechtssichere Bestimmung des Zeitpunkts der Zustellung tritt dahinter zurück. Sie kann dann auch keinen Vorrang vor den Regelungen des Zustellungsrechts haben, die den Empfänger schützen, insbesondere die rechtssichere Bestimmung der ihm gegenüber in Gang gesetzten Frist ermöglichen sollen (vgl. MünchKommZPO/Häublein, a.a.O., § 180 Rz 7 i.V.m. § 181 Rz 12; a.A. Zöller/Stöber, a.a.O., § 189 Rz 17).

76

Keinen Vorrang können auch die Interessen des Zustellenden haben. Das Risiko einer misslungenen Zustellung hat derjenige zu tragen, der mit der Zustellung fristgebundene Rechtsfolgen auslösen will. Dies war schon nach bisheriger Rechtslage so, als eine Heilung bei fristauslösenden Zustellungen nicht möglich war. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vereinfachung des Zustellungsrechts Änderungen an dieser Risikoverteilung mit sich bringen sollte. Soweit in der Begründung des Gesetzentwurfs das Interesse der zustellenden Partei in den Vordergrund gerückt wird (BTDrucks 14/4554, 24 f.), betrifft dies nur den Zugang des Dokuments selbst, nicht aber den Zeitpunkt des Zugangs.

77

C. Der Große Senat beantwortet die ihm vorgelegte Frage wie folgt:

78

Verstößt eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gegen zwingende Zustellungsvorschriften, weil der Zusteller entgegen § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Dokuments das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat, ist das zuzustellende Dokument i.S. des § 189 ZPO in dem Zeitpunkt dem Empfänger tatsächlich zugegangen, in dem er das Dokument in die Hand bekommt.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Oberverwaltungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist oder
2.
wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat
und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

(3) Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. August 2003 - 4 K 1314/02 - aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt als gemeinnütziger freier Träger ein Berufskolleg in Vollzeitform für Biotechnologische AssistentInnen, Chemisch-Technische AssistentInnen, Medizinisch-Technische AssistentInnen für Labormedizin, Pharmazeutisch-Technische AssistentInnen, Physikalisch-Technische AssistentInnen, Umweltschutz-Technische AssistentInnen und AssistentInnen für Informations- und Kommunikationstechnik sowie eine Fachhochschule mit mehreren naturwissenschaftlichen Studiengängen mit mehr als 800 Schülern und Studenten. (vgl. http://www..../allgemein/wer_sind_wir%3F/). Die Schüler des Berufskollegs werden in zwei- bis dreijährigen Ausbildungsgängen zu staatlich anerkannten berufsqualifizierenden Abschlüssen geführt und können durch Zusatzunterricht zugleich die Fachhochschulreife erwerben. Das Berufskolleg ist als Ersatzschule genehmigt.
Unter dem 13.01.1997 beantragte die Klägerin eine staatliche Finanzhilfe nach § 17 Abs. 1 des Privatschulgesetzes für das Rechnungsjahr 1997 für die Ausbildung zu Chemisch-Technischen AssistentInnen, Pharmazeutisch-Technischen AssistentInnen, Physikalisch-Technischen AssistentInnen, Umweltschutz-Technischen AssistentInnen, Datenschutz-Technischen AssistentInnen und AssistentInnen für Informations- und Kommunikationstechnik. Mit Bescheid des Oberschulamtes Tübingen vom 12.12.1997 wurde daraufhin der Zuschuss für das Rechnungsjahr 1997 auf 1.854.560,21 DM festgesetzt. In 6. Erläuterungen des Bescheides wurde ausgeführt, dass die Zuschussberechnung auf der Basis der mitgeteilten vorläufigen Pauschalsätze vorbehaltlich der endgültigen Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage erfolgt sei. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 29.12.1997 Widerspruch ein, der sich, ohne dies im einzelnen näher auszuführen, „gegen die Berechnungsgrundlagen“ richte. Die Klägerin war ferner damit einverstanden, dass die Entscheidung über den Widerspruch erst ergehe, wenn eine Entscheidung des erkennenden Gerichtshofs über eine dort anhängige Klage für ein früheres Rechnungsjahr ergangen sei. Über diesen Widerspruch ist bis heute nicht entschieden worden.
Mit Bescheid des Oberschulamtes Tübingen vom 15.09.2000 über die Bewilligung für die Rechnungsjahre 1997 bis 1999 wurde für das Rechnungsjahr 1997 eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 3.186,20 DM festgesetzt. Hierbei wurde auf die Auswirkungen der Dienstrechtsreform mit Wirkung vom 01.07.1997 sowie eine Verbesserung der Bezuschussung für die beruflichen Ersatzschulen mit Wirkung 01.08.1999 hingewiesen und ausgeführt, dass in den Bescheiden über die Zuschüsse für die Jahre 1997 bis 1999 mitgeteilt worden sei, dass die Zuschussberechnung vorbehaltlich der Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage erfolgt sei. Jetzt habe das Kultusministerium dem Oberschulamt die Kopfsätze für die endgültige Zuschussberechnung mitgeteilt. Dadurch würden sich für die beruflichen Ersatzschulen Nachzahlungen für die Jahre 1997 und 1999 ergeben, während an der Abrechnung des Jahres 1998 sich nichts ändere. Gegen diesen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid unternahm die Klägerin nichts.
Die Klägerin hat am 29.06.2002 Klage erhoben und zunächst eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Aufhebung des Bescheides vom 12.12.1997 begehrt.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die Klage bereits für unzulässig gehalten. Der Bescheid vom 12.12.1997 stelle einen vorläufigen Bescheid dar, gegen den zwar Widerspruch habe eingelegt werden können, der jedoch durch den, den Gegenstand des vorläufigen Bescheids umfassenden, endgültigen Bescheid des Oberschulamts Tübingen vom 15.09.2000 ersetzt worden sei und sich damit erledigt habe. Da der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Bescheid vom 15.09.2000 nicht angegriffen worden sei, sei dieser bestandskräftig geworden. Der Bescheid vom 15.09.2000 habe auch direkt an die Klägerin bekannt gegeben werden dürfen.
Die Klägerin hat daraufhin zuletzt sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin auf der Basis eines noch zu erlassenden Gesetzes einen über den im Bescheid vom 15.09.2000 bewilligten Zuschuss hinaus einen weiteren Zuschuss für das Rechnungsjahr 1997 in Höhe von mindestens 750.000,-- EUR zu bewilligen und den Bescheid vom 15.09.2000 aufzuheben, soweit er dem Verpflichtungsbegehren entgegensteht,
hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrages,
den Beklagten zu verpflichten, auf der Basis eines noch zu erlassenden Gesetzes der Klägerin einen über den im Bescheid vom 12.12.1997 bewilligten Zuschuss hinaus einen weiteren Zuschuss für das Rechnungsjahr 1997 in Höhe von mindestens 750.000,-- EUR zu bewilligen und den Bescheid vom 12.12.1997 aufzuheben soweit er dem Verpflichtungsbegehren entgegensteht,
10 
höchst hilfsweise festzustellen, dass der bisher festgesetzte Zuschuss verfassungswidrig zu niedrig ist.
11 
Die Klägerin hat im Wesentlichen noch ausgeführt: Auch wenn der Bescheid vom 12.12.1997 als vorläufiger Bescheid anzusehen sei, der durch die Verfügung vom 15.09.2000 ersetzt worden sei, sei die Klage nicht unzulässig. Dieser Bescheid sei aufgrund einer automatischen Klagerstreckung Gegenstand der Klage. Im Übrigen enthalte das Schreiben vom 15.09.2000 nicht die Festsetzung des Gesamtzuschusses für das Rechnungsjahr 1997, sondern es enthalte lediglich eine Nachzahlung für zwei Jahre. Eine Ersetzungsfunktion sei daher nicht eingetreten. Im Übrigen sei der Bescheid vom 15.09.2000 fehlerhaft bekannt gegeben worden. Die automatische Erstreckung der Klage folge aus der analogen Anwendung der §§ 96 Abs. 1 SGG, 68 FGO und 365 Abs. 3 AO bzw. aus dem sich aus diesen Vorschriften ergebenden allgemeinen Rechtsgrundsatz. Danach sei im Bereich der Leistungsverwaltung ein Änderungsbescheid bzw. ein Ersetzungsbescheid automatisch Gegenstand des jeweiligen Verfahrens, wenn der Ausgangsbescheid bereits wirksam durch einen Rechtsbehelf angefochten sei.
12 
Mit Zwischenurteil vom 12.08.2003 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klage in ihrem Hauptantrag zulässig sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass über die Zulässigkeit einer Klage durch Zwischenurteil entschieden werden könne. Die Klägerin sei Klagebefugt. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht die Bestandskraft des endgültigen Bescheides vom 15.09.2000 entgegen. Eine solche Bestandskraft sei bisher nicht eingetreten. Zwar sei nun durch den Erlass des Bescheides vom 15.09.2000 der Bescheid vom 12.12.1997 erledigt, da in ihm eine endgültige Regelung - auch - hinsichtlich der Bezuschussung der Klägerin für das Rechnungsjahr 1997 getroffen worden sei. Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid aus dem Jahr 1997 habe sich insoweit auch erledigt. Er habe sich jedoch auch auf den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 15.09.2000 erstreckt, so dass die Klage als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig sei, nachdem der Beklagte nun fast drei Jahre über diesen Widerspruch nicht entschieden habe. Dies folge aus der Anwendung des allgemeinen Rechtsgedankens der Erstreckung eines Rechtsbehelfs auf Verwaltungsakte, welche angefochtene Verwaltungsakte ersetzen würden. Dieser Rechtsgedanke finde sich in § 365 Abs. 3 AO und § 86 Abs. 1 SGG. Der gefundenen Auslegung stehe auch nicht entgegen, dass die ursprünglich vorgesehene Aufnahme einer Regelung, wonach bei einer nach Klageerhebung erfolgenden Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsakt durch einen anderen Verwaltungsakt dieser auf Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens werde, im Zuge des 6. VwGOÄndG ausdrücklich abgelehnt worden sei. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch um die Erstreckung des Widerspruchs und nicht um die Erstreckung einer Klage auf einen weiteren Gegenstand. Auch der Umstand, dass hier ein vorläufiger Verwaltungsakt durch einen endgültigen Verwaltungsakt ersetzt worden sei, gebiete hinsichtlich der Analogie zu den Vorschriften der AO und des SGG keine abweichende Betrachtung.
13 
Gegen das ihm am 05.09.2003 zugestellte Zwischenurteil hat der Beklagte am 25.09.2003 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.12.2003 begründet.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.08.2003 - 4 K 1314/02 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen und führt im Wesentlichen noch aus, dass sich aus den Vorschriften des § 365 Abs. 3 AO und des § 86 Abs. 1 SGG der Rechtsgedanke der Rechtsbehelfserstreckung für den vorliegenden Fall nicht entnehmen lasse, zumal der Gesetzgeber der VwGO es ausdrücklich abgelehnt habe, eine entsprechende Vorschrift in die VwGO aufzunehmen. Insofern habe der Gesetzgeber offensichtlich diesbezüglich keine generelle Schutzbedürftigkeit des Adressaten von Zweitbescheiden gesehen und verlange von ihm, selbst tätig zu werden, um einen geänderten Verwaltungsakt zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens zu machen. Hierbei müsse er z.B. auch eine Klagefrist für die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes in das Klageverfahren einhalten. Es sei jedoch kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber im Hinblick auf die gerichtliche Einbeziehung im Rahmen der VwGO von keiner besonderen Schutzwürdigkeit des Adressaten ausgegangen sei, und dies nach Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts wohl auch für das Institut des vorläufigen Bescheides gelte, obgleich auch hier Rechte verwirkt werden könnten, auf der anderen Seite aufgrund der vom Verwaltungsgericht angenommenen besonderen Schutzwürdigkeit des Adressaten des vorläufigen Bescheids, eine Erstreckung des Widerspruchs gegen den vorläufigen Bescheid auf den endgültigen Bescheid notwendig sein sollte. Der Bescheid vom 15.09.2000 sei mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen, so dass für die Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen sei, dass sie Rechtsmittel einlegen könne und müsse, wenn sie mit der im Bescheid vom 15.09.2000 getroffenen endgültigen Entscheidung nicht einverstanden sei. Eine Erstreckung in dem vom Verwaltungsgericht dargelegten Umfange sei auch eine Umgehung der Formvorschriften über die Einlegung des Widerspruchs gemäß § 70 VwGO, nämlich dem Schriftlichkeitserfordernis. Der endgültige Bescheid vom 15.09.2000 habe unmittelbar der Klägerin bekannt gegeben werden können. Eine schriftliche Vollmacht sei im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 12.12.1997 zudem nicht vorgelegt worden. Gleichwohl sei die Bevollmächtigung nicht in Frage gestellt worden, weil der Verfahrensbevollmächtigte bereits in den früheren Verfahren für die Klägerin tätig gewesen sei. Alle Bezuschussungsbescheide ab dem Bescheid für das Jahr 1992 seien gleichwohl stets direkt an die Klägerin geschickt worden, ohne dass dies jemals von ihr oder ihrem Verfahrensbevollmächtigten beanstandet worden sei.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
20 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- uns Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen unzulässig.
22 
1. Im Hauptantrag ist die Klage zwar als Verpflichtungsklage statthaft (vgl. das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil vom gleichen Tage Az. 9 S 47/03). Auch hat der Beklagte der insoweit vorgenommenen Klageänderung nicht widersprochen (§ 91 Abs. 1 und 2 VwGO). Die Klage ist aber unzulässig, weil die Klägerin vor Erhebung der Klage das nach § 68 Abs. 2 in Verb. mit § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Vorverfahren - unstreitig - nicht durchgeführt hat und der Klägerin auch § 75 VwGO nicht zugute kommt. Der den Antrag der Klägerin vom 13.01.1997 ablehnende Bescheid vom 15.09.2000 wurde vielmehr mit Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftig.
23 
1.1 Der am 18.09.2000 - wie sämtliche früheren Förderbescheide seit dem Förderbescheid für das Jahr 1992 ebenfalls - an sie persönlich abgesendete Förderbescheid vom 15.09.2000, dessen Zugang die Klägerin nicht bestreitet, wurde der Klägerin gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ordnungsgemäß bekannt gegeben. Einer förmlichen Zustellung bedurfte es nicht (§ 41 Abs. 5 LVwVfG). Der Verwaltungsakt vom 15.09.2000 war unzweifelhaft für die Klägerin bestimmt. Eine Bekanntgabe dieses Verwaltungsakts (auch) gegenüber ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten nach § 41 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG war hingegen nicht erforderlich.
24 
Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 07.10.1986 - NC 9 S 550/86 - (VBlBW 1987, 297) noch die Auffassung vertreten, dass dann, wenn für das Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter bestellt ist, die Behörde wegen der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG grundsätzlich auch dazu verpflichtet ist, die das Verfahren beendende Entscheidung, den Verwaltungsakt, ihm gegenüber bekannt zugeben. Demgegenüber hat aber das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35/96 - (BVerwGE 105, 288) u. a. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der gleich lautenden Bestimmung des § 37 Abs. 1 SGB X (Urteil vom 21.02.1985 - 11 RA 6/84 -, NVwZ 1986, 421) ausgeführt, dass der Wortlaut des § 41 Abs. 1 Satz 1 (L)VwVfG keinen Zweifel daran lasse, dass die Bekanntgabe an den Betroffenen den Verwaltungsakt in jedem Falle wirksam werden lasse. Die Ergänzung, dass der Verwaltungsakt auch einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden kann, stelle danach lediglich eine Erweiterung der der Behörde eröffneten Möglichkeiten dar. Hierfür sprächen überdies Gründe der Praktikabilität. Gerade bei dem Akt, der den Bescheid in Wirksamkeit setze, sei größtmögliche Rechtsklarheit von hoher Bedeutung. Mit der Bekanntgabe an den Betroffenen könne die Behörde jeder Diskussion darüber ausweichen, ob ein Bevollmächtigter - wirksam - bestellt worden ist oder nicht. Außerdem entfalle die schwierige Frage, ob ein Sonderfall vorliegt, der ein Abweichen von der Regel des § 14 Abs. 3 (L)VwVfG rechtfertigt. Auch der Bundesfinanzhof nimmt im Hinblick auf die vergleichbaren Regelungen in § 122 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 AO 1977 eine Verpflichtung zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen nur dann an, wenn für den Steuerpflichtigen als denjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist, ein Bevollmächtigter eindeutig und unmissverständlich gerade (auch) als Bekanntgabeadressat bestellt worden ist und sich dies unmittelbar aus der diesbezüglichen Erklärung des Steuerpflichtigen bzw. seines Bevollmächtigten ergibt (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2000 - VII R 96/99 -, BFHE 193, 41; vgl. auch Kopp, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rn 48 m.w.N). In Ansehung dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung an. Wurde danach der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid vom 15.09.2000 der Klägerin durch Übersendung an sie wirksam bekannt gegeben, endete die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gemäß § 70 Abs. 1 VwGO in Verb. mit § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG mit Ablauf des 21.10.2000, ohne dass bis zu diesem Zeitpunkt eine nach § 70 Abs. 1 VwGO formgerechte Widerspruchserhebung erfolgt war.
25 
1.2 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist auch nicht davon auszugehen, dass sich der Widerspruch vom 29.12.1997 gegen den Bescheid vom 12.12.1997 automatisch auf den Bescheid vom 15.09.2000 erstreckte und damit wegen dessen Nichtbescheidung eine Zulässigkeit der am 29.06.2002 erhobenen Klage nach § 75 VwGO gegeben sein kann. Offen bleiben kann dabei, ob es Fälle geben mag, in denen der einen mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheid noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens ersetzender Änderungsbescheid automatisch Gegenstand des gegen den ursprünglichen Bescheid anhängigen Widerspruchsverfahrens wird (vgl. etwa OVG Bautzen, Beschluss vom 28.05.1998 - 1 S 149/98 -, NVwZ-RR 1999, 101, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25.03.1981 - 8 C 69/80 -, BVerwGE 62, 80, wobei freilich dort auch gegen den Änderungsbescheid offenbar Widerspruch erhoben war und ein belastender Verwaltungsakt im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Streit stand, und BFH, Urteil vom 19.01.1977 - I R 89/74 -, BFHE 121, 421 und Urteil vom 04.02.1976 - I R 203/73 -, BFHE 119, 168) oder ob dieser zur Vermeidung des Eintritts seiner Bestandskraft anstelle einer erneuten Widerspruchserhebung zumindest im Wege der Widerspruchsänderung analog § 91 VwGO in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen werden muss (vgl. Bayer. VGH Urteil vom 12.02.1982 - Nr. 23 B 80 A.2332 -, NVwZ 1983, 615; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn 24; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 68 Rn. 23, m.w.N.). Eine solche automatische Erstreckung des Widerspruchs oder auch der Klage ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie dürfte sich auch nicht aus einem allgemeinen, aus den Regelungen in § 365 Abs. 3 AO und § 86 Abs. 1 SGG hergeleiteten Rechtsgedanken ergeben, nachdem der Gesetzgeber der Verwaltungsgerichtsordnung, wenn auch für das Klageverfahren, eine im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwOÄndG) in § 94 Abs. 2 VwGO vorgesehene Regelung zur zudem antragsabhängigen Einbeziehung in das Verfahren ausdrücklich nicht übernommen hat, weil die vorgeschlagene Regelung, anders als in der Finanzgerichtsbarkeit, für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zu einer Verfahrensbeschleunigung führe (vgl. BT-Drucks. 13/5098 S. 23). Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es indessen nicht. Denn von dem abgesehen wird eine automatische Erstreckung des Widerspruchs allenfalls dann angenommen, wenn beide Verwaltungsakte einen (zumindest teilweise) identischen Regelungsbereich haben (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 28.05.1998, a.a.O.; zu § 68 FGO: vgl. auch BFH, Urteil vom 08.02.2001 - VII R 59/99 -, BFHE 194, 466), der auch für bestimmte Fälle der Verpflichtungsklage durch den Widerspruchsbescheid abschließend gestaltet werden kann (vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf Verpflichtungsklagen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.10.1983 - 11 S 1437/83 -, NVwZ 1984, 327; Kopp, a.a.O., § 79 Rn. 3; Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl., § 79 Rn. 1; a.A. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 79 Rn. 2). Jedenfalls daran fehlt es hier. Denn bei dem Bescheid vom 12.12.1997 handelte es sich um einen sog. vorläufigen Verwaltungsakt, dessen Regelungsinhalt lediglich auf das vorläufige Behaltendürfen des empfangenen Zuschusses gerichtet war, während die Zuschussbewilligung für das Rechnungsjahr 1997 nach Grund und Höhe allein und abschließend im Bescheid vom 15.09.2000 geregelt ist (grundlegend zur Zulässigkeit und Rechtsnatur einer solchen vorläufigen Regelung: vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99; vgl. auch Beschluss des Senats vom 25.06.1984 - 9 S 898/84 -).
26 
Aus Nr. 6 Erläuterungen des Bescheides vom 12.12.1997 ergibt sich, dass die Zuschussberechnung auf der Basis der mitgeteilten vorläufigen Pauschalsätze vorbehaltlich der endgültigen Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage erfolgte, mithin nur eine vorläufige Regelung für eine Auszahlung des Zuschusses unter Berücksichtigung bereits geleisteter Abschlagszahlungen getroffen werden sollte, weil die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für eine endgültige Zuschussberechnung nach Auffassung der Behörde noch gar nicht vorlagen. Gegen eine allenfalls noch in Betracht kommende Bewilligung unter dem Vorbehalt des Widerrufs bzw. der Rücknahme im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG oder mit einer sonstigen Nebenbestimmung spricht, dass diese eine endgültige Entscheidung darstellte, die nur unter den Voraussetzungen, die für eine Rücknahme vorgesehen sind, wieder beseitigt werden könnte, was ersichtlich nicht dem Willen der Behörde entsprach. Sie hat den Vorbehalt insbesondere nicht unter Nr. 5 Hinweise und Nebenbestimmungen des Bescheides vom 12.12.1997 aufgenommen, sondern in Nr. 6 des Bescheides die in Nr. 1 des Bescheides unter Hinweis auf die vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport mitgeteilten Pauschalsätze für das Rechnungsjahr 1997 erfolgte Festsetzung des Zuschusses wegen der Mitteilung nur vorläufiger Pauschalsätze im Sinne einer vorläufigen Regelung modifiziert. Von einer lediglich vorläufigen Regelung durch den Bescheid vom 12.12.1997 gehen letztlich auch die Beteiligten selbst aus, zumal eine solche Verfahrensweise der gängigen Bewilligungspraxis entspricht, wie dem Senat aus anderen Verfahren der Klägerin bekannt ist (vgl. etwa die im Verfahren Az. 9 S 47/03 für das Rechnungsjahr 2000 ergangenen Bescheide vom 20.04.2000 und 05.12.2000, wobei bezeichnender Weise die Klägerin dort nur letzteren, die endgültige Entscheidung enthaltenden Bescheid angegriffen hat). Die endgültige Bewilligung des Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 erfolgte nach Grund und Höhe insgesamt vielmehr erst durch den Bescheid vom 15.09.2000, auch wenn darin neben den endgültigen Berechnungsgrundlagen (Kopfsätze nach § 18 PSchG) lediglich nur noch die Differenzbeträge zu den Berechnungen in den vorläufigen Bescheiden, die durch Bezugnahme zum Gegenstand der endgültigen Zuschussberechnung gemacht wurden, ausgewiesen wurden. Der Gesamtbetrag des bewilligten Zuschusses stand dadurch jeweils ebenfalls fest. Dass der Bescheid vom 15.09.2000 mehrere Rechnungsjahre umfasste, ändert an dieser Betrachtungsweise nichts.
27 
Bei dem Bewilligungsbescheid vom 12.12.1997, den die Behörde „auf der Basis der mitgeteilten vorläufigen Pauschalsätze vorbehaltlich der endgültigen Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage“ erlassen hat, handelt es sich danach entweder um einen Verwaltungsakt sui generis, durch den lediglich vorläufige Regelungen getroffen wurden, oder um eine Bewilligung mit einer inhaltlichen Beschränkung, und zwar mit dem Vorbehalt der späteren endgültigen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, a.a.O.). In beiden Fällen besteht der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts letztlich darin, dass der Begünstigte den empfangenen Zuschuss nur vorläufig bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung behalten darf. Deshalb geht die Bindungswirkung eines solchen Verwaltungsakts nicht dahin, dass er eine Rechtsgrundlage für das endgültige Behalten des Zuschusses bildet. Der Anspruch des Begünstigten auf das endgültige Behalten des Zuschusses hängt vielmehr davon ab, welchen abschließenden Bewilligungsbescheid - oder Ablehnungsbescheid - die Behörde aufgrund der künftigen gesetzlichen Regelung erlässt. Das bedeutet, dass es bei der späteren Entscheidung über das endgültige Behalten des Zuschusses keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung bedarf, da deren andersartiger Regelungsinhalt nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, a.a.O.). Mithin wurden durch den Bescheid vom 15.09.2000 keine Regelungen des Bescheides vom 12.12.1997 zur Bewilligung des Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 geändert oder ersetzt. Die Klägerin hätte danach, falls sie mit der endgültigen Zuschussbewilligung nicht einverstanden gewesen wäre, innerhalb der Widerspruchsfrist den Bescheid vom 15.09.2000 gesondert mit dem Widerspruch, sei es isoliert oder sei es durch Einbezug in das laufende Widerspruchsverfahren, angreifen müssen, zumal die endgültige Bewilligung für das Rechnungsjahr 1997 höher ausfiel als nach der vorläufigen Berechnung im Bescheid vom 12.12.1997 und sich zwischenzeitlich die von der Klägerin mit dem Widerspruch vom 29.12.1997 ohne nähere Konkretisierung angegriffenen „Berechnungsgrundlagen“ durch das rückwirkend zum 01.07.1997 bzw. 01.08.1999 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 25.07.2000 (GBl. S. 534) deutlich zu Gunsten der Klägerin geändert hatten. Dies hat sie nicht getan. Zwar hat sie mit Schreiben vom 23.04.2001 auf Anfrage des Oberschulamtes vom 01.03.2001 mitgeteilt, „dass die Widersprüche gegen die Zuwendungsbescheide 1996 bis 2000 aufrecht erhalten bleiben“. Selbst wenn darin eine Einbeziehung des Bescheides vom 15.09.2000 in den Widerspruch vom 29.12.1997 zu sehen wäre, wäre dies jedenfalls erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgt und deshalb nicht geeignet gewesen, den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.09.2000 zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.1987 - 5 S 1118/86 -, VBlBW 1988, 254).
28 
1.3 An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Aufgaben der Oberschulämter durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums vom 01.07.2004 (GBl. S. 469) - VRG - mit Wirkung vom 01.01.2005 auf die Regierungspräsidien übertragen wurden und es seither eines Vorverfahrens im Hinblick auf entsprechende Klagen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verb. mit § 6a Satz 1 AGVwGO nicht mehr bedarf. Zwar sind nach Art. 185 Abs. 1 VRG Satz 1 VRG bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2005 (vgl. Art. 187 Abs. 1 VRG) war das Verwaltungsverfahren auf Bewilligung eines Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 im Übrigen ebenso wie schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.06.2002 nach Vorstehendem bereits bestandskräftig abgeschlossen (§ 9 LVwVfG). Für eine Anwendung von Übergangsvorschriften ist ungeachtet ihrer prozessrechtlichen Auswirkungen schon danach kein Raum mehr.
29 
2. Die Hilfsanträge, über deren Zulässigkeit nunmehr im Berufungsverfahren zu befinden ist, sind ebenfalls unzulässig.
30 
2.1 Der erste Hilfsantrag (ursprünglicher Hauptantrag) ist zwar ebenfalls als Verpflichtungsantrag statthaft. Er könnte freilich, da der insoweit angegriffene Bescheid vom 12.12.1997 nur eine vorläufige Regelung getroffen hat, neben dem Hauptantrag nur auf weitere, darüber hinausgehende vorläufige Regelungen bis zur endgültigen Entscheidung gerichtet sein. Auch stünde der Zulässigkeit der Klage insoweit nicht das Fehlen eines vollständig durchgeführten Vorverfahrens entgegen, da über den aufrecht erhaltenen Widerspruch vom 29.12.1997 nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens Az. 9 S 317/98 durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.2000 - 6 B 15.00 - (Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 128) ohne zureichenden Grund nicht entschieden worden ist (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klage ist aber insoweit - ebenso wie bereits der Widerspruch vom 29.12.1997 - deshalb unzulässig, weil der Klägerin hierfür das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht zur Seite steht. Spätestens mit Bestandskraft des endgültigen Bescheides vom 15.09.2000 sind die vorläufigen Rechtswirkungen des Bescheides vom 12.12.1997 entfallen und der nach Vorstehendem nur hiergegen gerichtete Widerspruch vom 29.12.1997 wurde gegenstandlos, da mit Eintritt der Bestandskraft der endgültigen Regelung für vorläufige Regelungen welcher Art auch immer kein Raum mehr ist.
31 
2.2 Der auf eine vom Gericht zu treffende Feststellung gerichtete zweite Hilfsantrag ist ungeachtet des Vorliegens eines insoweit feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihre insoweit geltend gemachten Rechte nach Vorstehendem durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann bzw. bei Einhaltung der Zulässigkeitsvoraussetzungen hätte verfolgen können, mithin der Zulässigkeit der Feststellungsklage § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht, auch wenn die erhobene Verpflichtungsklage unzulässig ist.
32 
3. Erweist sich die Klage danach sowohl im Hauptantrag wie in den Hilfsanträgen als unzulässig, ist das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Außerdem ist die Klage gemäß § 130 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Zwar hat das Verwaltungsgericht lediglich ein "Zwischenurteil" erlassen, durch das es allein über die Zulässigkeit der Klage und nicht auch über ihre Begründetheit entschieden hat. Da über die Zulässigkeit der Klage auf die Berufung des Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche "Zwischenurteil" hin jedoch abschließend zu entscheiden ist und wegen der Unzulässigkeit der Klage eine Sachentscheidung über die Begehren der Klägerin nicht mehr in Betracht kommt, hat der Senat in der Weise in der Sache selbst zu entscheiden, dass er die Klage als unzulässig abweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.1986 - 6 C 106/83 -, Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 6).
33 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
21 
Die zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen unzulässig.
22 
1. Im Hauptantrag ist die Klage zwar als Verpflichtungsklage statthaft (vgl. das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil vom gleichen Tage Az. 9 S 47/03). Auch hat der Beklagte der insoweit vorgenommenen Klageänderung nicht widersprochen (§ 91 Abs. 1 und 2 VwGO). Die Klage ist aber unzulässig, weil die Klägerin vor Erhebung der Klage das nach § 68 Abs. 2 in Verb. mit § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Vorverfahren - unstreitig - nicht durchgeführt hat und der Klägerin auch § 75 VwGO nicht zugute kommt. Der den Antrag der Klägerin vom 13.01.1997 ablehnende Bescheid vom 15.09.2000 wurde vielmehr mit Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftig.
23 
1.1 Der am 18.09.2000 - wie sämtliche früheren Förderbescheide seit dem Förderbescheid für das Jahr 1992 ebenfalls - an sie persönlich abgesendete Förderbescheid vom 15.09.2000, dessen Zugang die Klägerin nicht bestreitet, wurde der Klägerin gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ordnungsgemäß bekannt gegeben. Einer förmlichen Zustellung bedurfte es nicht (§ 41 Abs. 5 LVwVfG). Der Verwaltungsakt vom 15.09.2000 war unzweifelhaft für die Klägerin bestimmt. Eine Bekanntgabe dieses Verwaltungsakts (auch) gegenüber ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten nach § 41 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG war hingegen nicht erforderlich.
24 
Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 07.10.1986 - NC 9 S 550/86 - (VBlBW 1987, 297) noch die Auffassung vertreten, dass dann, wenn für das Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter bestellt ist, die Behörde wegen der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG grundsätzlich auch dazu verpflichtet ist, die das Verfahren beendende Entscheidung, den Verwaltungsakt, ihm gegenüber bekannt zugeben. Demgegenüber hat aber das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35/96 - (BVerwGE 105, 288) u. a. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der gleich lautenden Bestimmung des § 37 Abs. 1 SGB X (Urteil vom 21.02.1985 - 11 RA 6/84 -, NVwZ 1986, 421) ausgeführt, dass der Wortlaut des § 41 Abs. 1 Satz 1 (L)VwVfG keinen Zweifel daran lasse, dass die Bekanntgabe an den Betroffenen den Verwaltungsakt in jedem Falle wirksam werden lasse. Die Ergänzung, dass der Verwaltungsakt auch einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden kann, stelle danach lediglich eine Erweiterung der der Behörde eröffneten Möglichkeiten dar. Hierfür sprächen überdies Gründe der Praktikabilität. Gerade bei dem Akt, der den Bescheid in Wirksamkeit setze, sei größtmögliche Rechtsklarheit von hoher Bedeutung. Mit der Bekanntgabe an den Betroffenen könne die Behörde jeder Diskussion darüber ausweichen, ob ein Bevollmächtigter - wirksam - bestellt worden ist oder nicht. Außerdem entfalle die schwierige Frage, ob ein Sonderfall vorliegt, der ein Abweichen von der Regel des § 14 Abs. 3 (L)VwVfG rechtfertigt. Auch der Bundesfinanzhof nimmt im Hinblick auf die vergleichbaren Regelungen in § 122 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 AO 1977 eine Verpflichtung zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen nur dann an, wenn für den Steuerpflichtigen als denjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist, ein Bevollmächtigter eindeutig und unmissverständlich gerade (auch) als Bekanntgabeadressat bestellt worden ist und sich dies unmittelbar aus der diesbezüglichen Erklärung des Steuerpflichtigen bzw. seines Bevollmächtigten ergibt (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2000 - VII R 96/99 -, BFHE 193, 41; vgl. auch Kopp, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rn 48 m.w.N). In Ansehung dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung an. Wurde danach der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid vom 15.09.2000 der Klägerin durch Übersendung an sie wirksam bekannt gegeben, endete die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gemäß § 70 Abs. 1 VwGO in Verb. mit § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG mit Ablauf des 21.10.2000, ohne dass bis zu diesem Zeitpunkt eine nach § 70 Abs. 1 VwGO formgerechte Widerspruchserhebung erfolgt war.
25 
1.2 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist auch nicht davon auszugehen, dass sich der Widerspruch vom 29.12.1997 gegen den Bescheid vom 12.12.1997 automatisch auf den Bescheid vom 15.09.2000 erstreckte und damit wegen dessen Nichtbescheidung eine Zulässigkeit der am 29.06.2002 erhobenen Klage nach § 75 VwGO gegeben sein kann. Offen bleiben kann dabei, ob es Fälle geben mag, in denen der einen mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheid noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens ersetzender Änderungsbescheid automatisch Gegenstand des gegen den ursprünglichen Bescheid anhängigen Widerspruchsverfahrens wird (vgl. etwa OVG Bautzen, Beschluss vom 28.05.1998 - 1 S 149/98 -, NVwZ-RR 1999, 101, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 25.03.1981 - 8 C 69/80 -, BVerwGE 62, 80, wobei freilich dort auch gegen den Änderungsbescheid offenbar Widerspruch erhoben war und ein belastender Verwaltungsakt im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Streit stand, und BFH, Urteil vom 19.01.1977 - I R 89/74 -, BFHE 121, 421 und Urteil vom 04.02.1976 - I R 203/73 -, BFHE 119, 168) oder ob dieser zur Vermeidung des Eintritts seiner Bestandskraft anstelle einer erneuten Widerspruchserhebung zumindest im Wege der Widerspruchsänderung analog § 91 VwGO in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen werden muss (vgl. Bayer. VGH Urteil vom 12.02.1982 - Nr. 23 B 80 A.2332 -, NVwZ 1983, 615; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn 24; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 68 Rn. 23, m.w.N.). Eine solche automatische Erstreckung des Widerspruchs oder auch der Klage ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie dürfte sich auch nicht aus einem allgemeinen, aus den Regelungen in § 365 Abs. 3 AO und § 86 Abs. 1 SGG hergeleiteten Rechtsgedanken ergeben, nachdem der Gesetzgeber der Verwaltungsgerichtsordnung, wenn auch für das Klageverfahren, eine im Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwOÄndG) in § 94 Abs. 2 VwGO vorgesehene Regelung zur zudem antragsabhängigen Einbeziehung in das Verfahren ausdrücklich nicht übernommen hat, weil die vorgeschlagene Regelung, anders als in der Finanzgerichtsbarkeit, für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zu einer Verfahrensbeschleunigung führe (vgl. BT-Drucks. 13/5098 S. 23). Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es indessen nicht. Denn von dem abgesehen wird eine automatische Erstreckung des Widerspruchs allenfalls dann angenommen, wenn beide Verwaltungsakte einen (zumindest teilweise) identischen Regelungsbereich haben (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 28.05.1998, a.a.O.; zu § 68 FGO: vgl. auch BFH, Urteil vom 08.02.2001 - VII R 59/99 -, BFHE 194, 466), der auch für bestimmte Fälle der Verpflichtungsklage durch den Widerspruchsbescheid abschließend gestaltet werden kann (vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf Verpflichtungsklagen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.10.1983 - 11 S 1437/83 -, NVwZ 1984, 327; Kopp, a.a.O., § 79 Rn. 3; Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl., § 79 Rn. 1; a.A. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 79 Rn. 2). Jedenfalls daran fehlt es hier. Denn bei dem Bescheid vom 12.12.1997 handelte es sich um einen sog. vorläufigen Verwaltungsakt, dessen Regelungsinhalt lediglich auf das vorläufige Behaltendürfen des empfangenen Zuschusses gerichtet war, während die Zuschussbewilligung für das Rechnungsjahr 1997 nach Grund und Höhe allein und abschließend im Bescheid vom 15.09.2000 geregelt ist (grundlegend zur Zulässigkeit und Rechtsnatur einer solchen vorläufigen Regelung: vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99; vgl. auch Beschluss des Senats vom 25.06.1984 - 9 S 898/84 -).
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Aus Nr. 6 Erläuterungen des Bescheides vom 12.12.1997 ergibt sich, dass die Zuschussberechnung auf der Basis der mitgeteilten vorläufigen Pauschalsätze vorbehaltlich der endgültigen Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage erfolgte, mithin nur eine vorläufige Regelung für eine Auszahlung des Zuschusses unter Berücksichtigung bereits geleisteter Abschlagszahlungen getroffen werden sollte, weil die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für eine endgültige Zuschussberechnung nach Auffassung der Behörde noch gar nicht vorlagen. Gegen eine allenfalls noch in Betracht kommende Bewilligung unter dem Vorbehalt des Widerrufs bzw. der Rücknahme im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG oder mit einer sonstigen Nebenbestimmung spricht, dass diese eine endgültige Entscheidung darstellte, die nur unter den Voraussetzungen, die für eine Rücknahme vorgesehen sind, wieder beseitigt werden könnte, was ersichtlich nicht dem Willen der Behörde entsprach. Sie hat den Vorbehalt insbesondere nicht unter Nr. 5 Hinweise und Nebenbestimmungen des Bescheides vom 12.12.1997 aufgenommen, sondern in Nr. 6 des Bescheides die in Nr. 1 des Bescheides unter Hinweis auf die vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport mitgeteilten Pauschalsätze für das Rechnungsjahr 1997 erfolgte Festsetzung des Zuschusses wegen der Mitteilung nur vorläufiger Pauschalsätze im Sinne einer vorläufigen Regelung modifiziert. Von einer lediglich vorläufigen Regelung durch den Bescheid vom 12.12.1997 gehen letztlich auch die Beteiligten selbst aus, zumal eine solche Verfahrensweise der gängigen Bewilligungspraxis entspricht, wie dem Senat aus anderen Verfahren der Klägerin bekannt ist (vgl. etwa die im Verfahren Az. 9 S 47/03 für das Rechnungsjahr 2000 ergangenen Bescheide vom 20.04.2000 und 05.12.2000, wobei bezeichnender Weise die Klägerin dort nur letzteren, die endgültige Entscheidung enthaltenden Bescheid angegriffen hat). Die endgültige Bewilligung des Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 erfolgte nach Grund und Höhe insgesamt vielmehr erst durch den Bescheid vom 15.09.2000, auch wenn darin neben den endgültigen Berechnungsgrundlagen (Kopfsätze nach § 18 PSchG) lediglich nur noch die Differenzbeträge zu den Berechnungen in den vorläufigen Bescheiden, die durch Bezugnahme zum Gegenstand der endgültigen Zuschussberechnung gemacht wurden, ausgewiesen wurden. Der Gesamtbetrag des bewilligten Zuschusses stand dadurch jeweils ebenfalls fest. Dass der Bescheid vom 15.09.2000 mehrere Rechnungsjahre umfasste, ändert an dieser Betrachtungsweise nichts.
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Bei dem Bewilligungsbescheid vom 12.12.1997, den die Behörde „auf der Basis der mitgeteilten vorläufigen Pauschalsätze vorbehaltlich der endgültigen Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage“ erlassen hat, handelt es sich danach entweder um einen Verwaltungsakt sui generis, durch den lediglich vorläufige Regelungen getroffen wurden, oder um eine Bewilligung mit einer inhaltlichen Beschränkung, und zwar mit dem Vorbehalt der späteren endgültigen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, a.a.O.). In beiden Fällen besteht der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts letztlich darin, dass der Begünstigte den empfangenen Zuschuss nur vorläufig bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung behalten darf. Deshalb geht die Bindungswirkung eines solchen Verwaltungsakts nicht dahin, dass er eine Rechtsgrundlage für das endgültige Behalten des Zuschusses bildet. Der Anspruch des Begünstigten auf das endgültige Behalten des Zuschusses hängt vielmehr davon ab, welchen abschließenden Bewilligungsbescheid - oder Ablehnungsbescheid - die Behörde aufgrund der künftigen gesetzlichen Regelung erlässt. Das bedeutet, dass es bei der späteren Entscheidung über das endgültige Behalten des Zuschusses keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung bedarf, da deren andersartiger Regelungsinhalt nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983, a.a.O.). Mithin wurden durch den Bescheid vom 15.09.2000 keine Regelungen des Bescheides vom 12.12.1997 zur Bewilligung des Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 geändert oder ersetzt. Die Klägerin hätte danach, falls sie mit der endgültigen Zuschussbewilligung nicht einverstanden gewesen wäre, innerhalb der Widerspruchsfrist den Bescheid vom 15.09.2000 gesondert mit dem Widerspruch, sei es isoliert oder sei es durch Einbezug in das laufende Widerspruchsverfahren, angreifen müssen, zumal die endgültige Bewilligung für das Rechnungsjahr 1997 höher ausfiel als nach der vorläufigen Berechnung im Bescheid vom 12.12.1997 und sich zwischenzeitlich die von der Klägerin mit dem Widerspruch vom 29.12.1997 ohne nähere Konkretisierung angegriffenen „Berechnungsgrundlagen“ durch das rückwirkend zum 01.07.1997 bzw. 01.08.1999 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes vom 25.07.2000 (GBl. S. 534) deutlich zu Gunsten der Klägerin geändert hatten. Dies hat sie nicht getan. Zwar hat sie mit Schreiben vom 23.04.2001 auf Anfrage des Oberschulamtes vom 01.03.2001 mitgeteilt, „dass die Widersprüche gegen die Zuwendungsbescheide 1996 bis 2000 aufrecht erhalten bleiben“. Selbst wenn darin eine Einbeziehung des Bescheides vom 15.09.2000 in den Widerspruch vom 29.12.1997 zu sehen wäre, wäre dies jedenfalls erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgt und deshalb nicht geeignet gewesen, den Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.09.2000 zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.1987 - 5 S 1118/86 -, VBlBW 1988, 254).
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1.3 An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Aufgaben der Oberschulämter durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums vom 01.07.2004 (GBl. S. 469) - VRG - mit Wirkung vom 01.01.2005 auf die Regierungspräsidien übertragen wurden und es seither eines Vorverfahrens im Hinblick auf entsprechende Klagen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verb. mit § 6a Satz 1 AGVwGO nicht mehr bedarf. Zwar sind nach Art. 185 Abs. 1 VRG Satz 1 VRG bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2005 (vgl. Art. 187 Abs. 1 VRG) war das Verwaltungsverfahren auf Bewilligung eines Zuschusses für das Rechnungsjahr 1997 im Übrigen ebenso wie schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 29.06.2002 nach Vorstehendem bereits bestandskräftig abgeschlossen (§ 9 LVwVfG). Für eine Anwendung von Übergangsvorschriften ist ungeachtet ihrer prozessrechtlichen Auswirkungen schon danach kein Raum mehr.
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2. Die Hilfsanträge, über deren Zulässigkeit nunmehr im Berufungsverfahren zu befinden ist, sind ebenfalls unzulässig.
30 
2.1 Der erste Hilfsantrag (ursprünglicher Hauptantrag) ist zwar ebenfalls als Verpflichtungsantrag statthaft. Er könnte freilich, da der insoweit angegriffene Bescheid vom 12.12.1997 nur eine vorläufige Regelung getroffen hat, neben dem Hauptantrag nur auf weitere, darüber hinausgehende vorläufige Regelungen bis zur endgültigen Entscheidung gerichtet sein. Auch stünde der Zulässigkeit der Klage insoweit nicht das Fehlen eines vollständig durchgeführten Vorverfahrens entgegen, da über den aufrecht erhaltenen Widerspruch vom 29.12.1997 nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens Az. 9 S 317/98 durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.2000 - 6 B 15.00 - (Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 128) ohne zureichenden Grund nicht entschieden worden ist (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klage ist aber insoweit - ebenso wie bereits der Widerspruch vom 29.12.1997 - deshalb unzulässig, weil der Klägerin hierfür das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht zur Seite steht. Spätestens mit Bestandskraft des endgültigen Bescheides vom 15.09.2000 sind die vorläufigen Rechtswirkungen des Bescheides vom 12.12.1997 entfallen und der nach Vorstehendem nur hiergegen gerichtete Widerspruch vom 29.12.1997 wurde gegenstandlos, da mit Eintritt der Bestandskraft der endgültigen Regelung für vorläufige Regelungen welcher Art auch immer kein Raum mehr ist.
31 
2.2 Der auf eine vom Gericht zu treffende Feststellung gerichtete zweite Hilfsantrag ist ungeachtet des Vorliegens eines insoweit feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihre insoweit geltend gemachten Rechte nach Vorstehendem durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann bzw. bei Einhaltung der Zulässigkeitsvoraussetzungen hätte verfolgen können, mithin der Zulässigkeit der Feststellungsklage § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegensteht, auch wenn die erhobene Verpflichtungsklage unzulässig ist.
32 
3. Erweist sich die Klage danach sowohl im Hauptantrag wie in den Hilfsanträgen als unzulässig, ist das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Außerdem ist die Klage gemäß § 130 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Zwar hat das Verwaltungsgericht lediglich ein "Zwischenurteil" erlassen, durch das es allein über die Zulässigkeit der Klage und nicht auch über ihre Begründetheit entschieden hat. Da über die Zulässigkeit der Klage auf die Berufung des Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche "Zwischenurteil" hin jedoch abschließend zu entscheiden ist und wegen der Unzulässigkeit der Klage eine Sachentscheidung über die Begehren der Klägerin nicht mehr in Betracht kommt, hat der Senat in der Weise in der Sache selbst zu entscheiden, dass er die Klage als unzulässig abweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.1986 - 6 C 106/83 -, Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 6).
33 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
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Rechtsmittelbelehrung
35 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
36 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
37 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
38 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
39 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
40 
Beschluss vom 19. Juli 2005
41 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird auf jeweils 750.000.- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F.).
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.