Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Juni 2018 - 3 M 227/18

bei uns veröffentlicht am19.06.2018

Gründe

1

I. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 2. Mai 2018 ist unbegründet. Die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung des Beschlusses nicht.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den dem Antragsteller durch den Landkreis Postdam-Mittelmark ausgestellten Führerschein der Klassen B, M, L und S an diesen herauszugeben, mangels bestehenden Anordnungsanspruches abgelehnt.

3

Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist eine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht geboten. Denn - entgegen der Auffassung des Antragstellers - ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. November 2017, mit dem dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzuges die Fahrerlaubnis entzogen und aufgegeben wurde, den Führerschein innerhalb von fünf Tagen abzugeben, wirksam zugestellt worden.

4

Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass die Zustellung des streitbefangenen Bescheides nicht durch Einlegung in den (noch) mit dem Namen des Klägers versehenden Briefkasten in der H-Straße 48 (A-Stadt) bewirkt wurde (vgl. § 1 Abs. 1 VwZG LSA i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i. V. m. § 180 ZPO). Denn der bloße, dem Zustellungsadressaten - durch die namentliche Bezeichnung auf dem Briefkasten - zurechenbare Rechtsschein, unter der Anschrift eine Wohnung zu unterhalten, genügt für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht (vgl. im Einzelnen: BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017 - 11 Cs 17.2098 -, juris Rn. 12). Die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde erstreckt sich nicht darauf, dass der Zustellungsempfänger auch tatsächlich im Zeitpunkt der Zustellung unter der angegebenen Adresse gewohnt hat. Eine dahingehende Prüfung ist nicht Aufgabe des Zustellers. Auch wenn die entsprechende Bestätigung des Zustellers als Beweisanzeichen für das Innehaben der Wohnung gewertet werden kann, beschränkt sich die Beweiskraft der Urkunde auf den Einwurf in den Briefkasten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017, a. a. O., Rn. 13). Der Antragsteller hat an Eides statt versichert, nur in den Jahren „2011/2012“ eine Wohnung in der H-Straße 48 unterhalten zu haben. Diese Angabe deckt sich mit der auf dem 20. Oktober 2017 datierenden Auskunft aus dem Melderegister jedenfalls insoweit, als diese Meldeadresse lediglich für einen Zeitraum vor dem 15. Oktober 2015, mithin nicht im Zeitpunkt der beurkundeten Zustellung - hier dem 23. November 2017 - als frühere Hauptwohnung bestanden hat. Dafür, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Einlegung des Schriftstückes in den Briefkasten am 23. November 2017 unter der Adresse H-Straße 48 erneut eine Wohnung inne gehabt oder zumindest wissentlich und willentlich einen Briefkasten vorgehalten hat, besteht kein hinreichender Anhalt. Dies folgt weder daraus, dass der Antragsteller häufig umgezogen und (mehrmals) seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist, noch etwa daraus, dass auf dem Briefkasten (noch) der Nachname des Antragstellers verzeichnet ist. Es ist ausgehend vom Verwaltungsvorgang auch nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, weshalb die Adresse einer durch den Antragsteller abgemeldeten Hauptwohnung als Zustellungsanschrift verwendet wird. Soweit die Antragsgegnerin mangels überfüllten Briefkastens eine regelmäßige Leerung durch den Antragsteller vermutet, führt dies angesichts der weiteren Feststellungen der Antragsgegnerin, dass sich auf dem Briefkasten drei weitere Nachnamen befanden, nicht weiter, zumal das dazugehörige Klingelschild nicht den Nachnamen des Antragstellers trägt.

5

Die im Rahmen des Akteneinsichtsgesuches des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 26. Februar 2018 erfolgte Übersendung einer Kopie der Verwaltungsakte führte jedoch zu einer Heilung des Zustellungsmangels nach § 1 Abs. 1 VwZG LSA i. V. m. § 8 VwZG. Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es nach § 8 VwZG als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist.

6

Ausweislich der von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Vollmachtsurkunde vom 30. Januar 2018 war dieser empfangsberechtigt. Der tatsächliche Zugang des Bescheides vom 23. November 2017 erfolgte dadurch, dass dieser als Aktenbestandteil dem Bevollmächtigten des Antragstellers durch Übersendung (einer Kopie) des Verwaltungsvorganges zur Kenntnis gebracht wurde (st. obergerichtliche Rspr.: vgl. etwa OVG Bremen, Beschluss vom 23. April 2018 - 1 PA 89/17 -, juris Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017, a. a. O. Rn. 16; OVG HH, Urteil vom 30. Januar 2017 - 1 Bf 115/15 -, juris, Rn. 29; OVG LSA, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 2 M 86/09 -, juris, Rn. 22; Thür. OVG, Beschluss vom 29. Juli 1993 - 2 EO 73/93 -, juris, Rn. 32; VGH BW, Beschluss vom 7. Dezember 1990 - 10 S 2466/90 -, juris [3. Leitsatz]).

7

Soweit der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des „Bundesverfassungsgerichtes“ (wohl Bundesverwaltungsgerichtes) darauf verweist, dass die einem Prozessbevollmächtigten durch das Verwaltungsgericht gewährte Akteneinsicht keine Heilung bewirke, weil es an dem hierfür erforderlichen behördlichen Zustellungswillen fehle (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1990 - 8 C 22.89 -, juris, Rn. 9 [m. w. N.]), führt dies vorliegend zu keiner anderen Betrachtung. Der Antragsteller übersieht, dass der behördliche Zustellungswille in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren schon deshalb fehlte, weil das Verwaltungsgericht und nicht etwa die Behörde die Akten weitergeleitet hat. Von dem erforderlichen „Zustellungswillen“ der Antragsgegnerin im Verhältnis zum Antragsteller ist im vorliegenden Fall jedoch auszugehen. Denn die Antragsgegnerin wollte dem Antragsteller den Bescheid vom 21. November 2017 förmlich zustellen, wie sich aus den (missglückten) Zustellungsversuchen an die vormaligen Adressen des Klägers - E-Straße 4 und H-Straße 48 - ergibt. Eines aktualisierten Bekanntgabe-/Zustellungswillens der Antragsgegnerin bedurfte es insoweit nicht. Denn zur Heilung ist nicht erforderlich, dass auch die nachträgliche Kenntniserlangung durch den Adressaten vom Willen der Behörde erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43.95 -, juris, Rn. 29; OVG Bremen, Beschluss vom 23. April 2018, a. a. O.).

8

Einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat der Antragsteller ausdrücklich nicht gestellt.

9

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 46.3 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

11

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde


(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. (2) Für di

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 8 Heilung von Zustellungsmängeln


Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 1 Anwendungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für das Zustellungsverfahren der Bundesbehörden, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und der Landesfinanzbehörden. (2) Zugestellt wird, soweit dies durc

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 Bf 115/15

bei uns veröffentlicht am 30.01.2017

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig
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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 31. Jan. 2019 - AN 17 K 17.02145

bei uns veröffentlicht am 31.01.2019

Tenor 1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. 3. Der

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für das Zustellungsverfahren der Bundesbehörden, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und der Landesfinanzbehörden.

(2) Zugestellt wird, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für das Zustellungsverfahren der Bundesbehörden, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und der Landesfinanzbehörden.

(2) Zugestellt wird, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beklagte als Berufungsführerin wendet sich gegen die erstinstanzlich in einem Zwischenurteil getroffene Entscheidung, die - wegen eines Kostenfestsetzungsbescheids erhobene - Klage der Klägerin sei zulässig.

2

Die Klägerin ist ghanaische Staatsangehörige. Gegen sie verfügte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen eines Asylverfahrens mit Bescheid vom 10. August 2006 eine Abschiebungsandrohung. Klage und Eilrechtsschutz hiergegen blieben erfolglos (2 A 800/06, 2 AE 801/06). Die Klägerin ließ sich in jenen Verfahren durch Rechtsanwalt X... vertreten. Die Klägerin wurde Ende Juli 2006 in Abschiebehaft genommen.

3

Am 28. September 2006 bevollmächtigte die Klägerin Rechtsanwalt Y... in ihrer Ausländersache gegenüber der Beklagten. Die Vollmacht erstreckte sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art. Die Vollmachtsurkunde wurde der Beklagten am 2. Oktober 2006 überreicht. Am selben Tag wurde die Klägerin aus der Abschiebehaft entlassen. Rechtsanwalt Y... stellte für die Klägerin am 24. Oktober 2006 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Untersagung von Abschiebemaßnahmen, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 ablehnte (2 E 3619/06). In der darauffolgenden Zeit war der Beklagten der Aufenthaltsort der Klägerin unbekannt. Rechtsanwalt X... teilte mit Schriftsatz vom 14. November 2007 im Verfahren 2 A 800/06 dem Verwaltungsgericht mit, dass auch ihm eine ladungsfähige Anschrift der Klägerin nicht bekannt sei.

4

Am 2. Februar 2010 stellte die Klägerin persönlich einen Asylfolgeantrag. Einen Verfahrensbevollmächtigten gab sie nicht an. Das Bundesamt lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens mit Bescheid vom 9. Februar 2010 ab. Der Bescheid wurde der Klägerin persönlich zugestellt.

5

Mit Bescheid vom 27. September 2010 verlangte die Beklagte, vertreten durch das Einwohner-Zentralamt, von der Klägerin die Erstattung der Abschiebungsvorbereitungskosten in Höhe von 4.934,23 Euro. Der Bescheid war an die Klägerin persönlich adressiert und wurde ihr am 29. September 2010 zugestellt. Mit an die Klägerin persönlich adressiertem Schreiben vom 14. Dezember 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung auf. Rechtsanwalt X... teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. Januar 2011 unter Hinweis darauf, dass die Klägerin mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 zur Zahlung von Abschiebevorbereitungskosten aufgefordert worden sei, mit, dass die Klägerin eine Ratenzahlung von monatlich 10,-- Euro anbiete. Mit Schreiben vom 26. Januar 2011 stimmte die Beklagte einer Ratenzahlung in dieser Höhe zu, und die Klägerin begann mit der Ratenzahlung. Der Ratenzahlungsbetrag wurde auf einen von der Klägerin selbst gestellten Antrag vom 27. Januar 2012 auf monatlich 20,-- Euro erhöht.

6

Nachdem die Klägerin am 25. Februar 2010 ein Kind geboren hatte, erteilte die Beklagte ihr mit Blick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes am 24. Juni 2011 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Am selben Tag legte Rechtsanwalt X... eine undatierte, von der Klägerin unterschriebene Vollmacht für die Vertretung in aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten einschließlich aller Neben- und Folgeverfahren vor und beantragte die Befristung der Wirkungen einer Ausweisung, die die Beklagte am 31. Juli 2006 gegen die Klägerin verfügt hatte. Dieses Verfahren wurde eingestellt, nachdem die für das Befristungsverfahren vorab erhobene Gebühr nicht gezahlt worden war.

7

Unter dem 6. März 2012 beantragte die Klägerin, ohne einen Verfahrensbevollmächtigten zu benennen, eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG unter Hinweis darauf, dass sie Elternteil eines minderjährigen deutschen Kindes sei. Sie teilte der Beklagten mit Schreiben vom 2. April 2012 auf deren Nachfrage mit, die Beklagte könne sie in Zukunft bitte direkt anschreiben. Zu der Frage der Beklagten, ob sie noch von Rechtsanwalt X... vertreten werde, äußerte sich die Klägerin nicht. Mit Bescheid vom 24. April 2012 befristete die Beklagte die Sperrwirkungen der Ausweisung. Am 29. Oktober 2012 erhielt die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.

8

Unter dem 28. Januar 2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ihre finanzielle Lage lasse keine weiteren Zahlungen zu, sie werde sich anwaltlich beraten lassen. Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 zeigte Rechtsanwalt Z... unter Beifügung einer Vollmacht an, dass die Klägerin ihn mit der anwaltlichen Vertretung beauftragt habe. Er beantragte Akteneinsicht, die am 4. März 2014 gewährt wurde.

9

Am 3. April 2014 erhob die Klägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Z..., Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. September 2010: Der Widerspruch sei nicht verfristet, weil der Bescheid dem Bevollmächtigten hätte zugestellt werden müssen und nicht der Klägerin persönlich. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2014 als unzulässig, weil verfristet, zurück. Die Klägerin erhob am 17. Juli 2014 Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg (17 K 3444/14) und beantragte, den Kostenfestsetzungsbescheid und den Widerspruchsbescheid aufzuheben.

10

Mit Zwischenurteil (§ 109 VwGO) vom 19. Mai 2015 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Klage zulässig sei: Der Widerspruch der Klägerin vom 3. April 2014 wahre die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 an die Klägerin persönlich sei unwirksam gewesen. Da Rechtsanwalt Y... der Beklagten eine schriftliche Vollmacht vorgelegt habe, hätte ihm anstelle der Klägerin zugestellt werden müssen. Der Zustellungsmangel sei erst am 4. März 2014 gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Dass der Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt X... vorgelegen habe, sei weder substantiiert vorgetragen worden noch aus der Sachakte zu schließen. In dessen Schriftsatz vom 20. Januar 2011 könne im Übrigen kein Verzicht auf den Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid gesehen werden. Auch habe die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Zwar habe die Klägerin auf die in dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. September 2010 festgesetzten Kosten mehrere Jahre vorbehaltlos Raten geleistet. Da die Beklagte jedoch den Kostenfestsetzungsbescheid nicht an Rechtsanwalt Y... zugestellt habe und die Beklagte auch nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass die Klägerin Rechtsanwalt X... den Kostenfestsetzungsbescheid vorgelegt habe, habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass die Klägerin eine Rechtswidrigkeit des Kostenfestsetzungsbescheids erst später erkennen und dann - ohne dass ihr ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen wäre - Widerspruch erheben werde. Die Beklagte habe so wegen des Zustellungsmangels nicht darauf vertrauen können, dass die Klägerin wegen des großen Zeitablaufs und der geleisteten Raten ihr Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen werde.

11

Das Zwischenurteil wurde der Beklagten am 29. Mai 2015 zugestellt. Am 29. Juni 2015 beantragte die Beklagte die Zulassung der Berufung gegen das Zwischenurteil und begründete den Antrag am 28. Juli 2015. Mit am 7. Januar 2016 der Beklagten zugestelltem Beschluss vom 22. Dezember 2015 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht auf den Antrag der Beklagten die Berufung gegen das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2015 zugelassen.

12

Die Beklagte begründet ihre Berufung mit am 29. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz wie folgt: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Klage unzulässig sei. Die Zustellung des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 an die Klägerin persönlich sei wirksam. Im Asylfolgeverfahren im Jahr 2010 habe die Klägerin nicht erwähnt, dass sie sich von einem der vormals für sie tätigen Bevollmächtigten weiterhin vertreten lassen wolle. Aus Sicht der Klägerin seien die Verfahren offensichtlich abgeschlossen gewesen. Die Vollmachten hätten mit den abgeschlossenen Verfahren gemäß § 168 BGB geendet. Für die Beendigung der Vertretung durch Rechtsanwalt Y... spreche auch der Umstand, dass sich nicht dieser, sondern Rechtsanwalt X... gemeldet habe, nachdem die Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid erhalten hatte. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Rechtsanwalt X... sich den Ausgangsbescheid nicht habe zeigen lassen, könne nicht geteilt werden. Jedenfalls wäre, wenn die Vollmacht des Rechtsanwalts Y... weiterhin gegolten hätte, der Zustellungsmangel gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Jede vorherige anwaltliche Bevollmächtigung sei mit Blick auf § 171 Abs. 2 BGB durch das Schreiben der Klägerin vom 2. April 2012, in dem diese darum gebeten habe, direkt angeschrieben zu werden, erloschen.

13

Die Beklagte als Berufungsklägerin beantragt:

14

Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Die Klägerin erwidert, aus den von der Beklagten angeführten Gründen ließe sich die Fehlerhaftigkeit des Zwischenurteils nicht herleiten. Der Widerspruch sei am 3. April 2014 rechtzeitig erhoben worden. Der Zustellungsmangel sei erst mit Kenntnisnahme durch Rechtsanwalt Z... gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Der Kostenfestsetzungsbescheid hätte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG wirksam nur Rechtsanwalt Y... zugestellt werden können. Dieser habe der Beklagten eine Vollmachtsurkunde übersandt. Nach §§ 171 Abs. 2, 172 BGB bleibe die vom Vollmachtgeber mitgeteilte Vertretungsmacht bestehen, bis ein Widerruf in derselben Weise erfolge. Die Vertretungsbefugnis sei nicht widerrufen worden. Die durch förmliche Bevollmächtigung entstandenen Verfahrensrechte der Vollmachtgeberin gingen nicht dadurch verloren, dass sie eigenhändig weitere Verfahrensrechte in Anspruch nehme. Die Beklagte hätte auf die Bitte der Klägerin vom 2. April 2012 die Maßgaben des § 14 Abs. 3 Satz 2 HmbVwVfG bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG erläutern und um Klarstellung bitten sollen. Es wäre treuwidrig, den Kostenfestsetzungsbescheid unter Umgehung des Bevollmächtigten unmittelbar an die nur eingeschränkt rechts- und sprachkundige Klägerin zu senden und zwei Jahre später die Bitte, in Zukunft direkt angeschrieben zu werden, als Heilung des Zustellungsmangels zu bewerten.

18

Am 30. Januar 2017 hat die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Berufung hat Erfolg. Sie ist zulässig (1.) und begründet (2.). Das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage vom Berufungsgericht abzuweisen (3.).

20

1. Die Berufung ist zulässig. Das Berufungsgericht hat dem zulässigen Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 stattgegeben, und die Beklagte hat die Berufung innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet. Die Berufungsschrift genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO.

21

2. Die Berufung ist begründet, weil die Klage unzulässig ist.

22

Die Anfechtungsklage gegen den Kostenfeststellungsbescheid vom 27. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2014 ist unzulässig, weil die Klägerin kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt hat. Der am 3. April 2014 erhobene Widerspruch ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht zu diesem Zeitpunkt verwirkt hatte.

23

Zu den grundsätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage gehört es gemäß § 68 Abs. 1 VwGO, dass gegen den Ausgangsbescheid ein Vorverfahren betrieben worden ist. Ein wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig abgewiesener Widerspruch bewirkt im Fall der späteren Klageerhebung auch deren Unzulässigkeit; die Wahrung der Widerspruchsfrist ist in diesem Fall im gerichtlichen Verfahren eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage (OVG Hamburg, Beschl. v. 7.10.2014, 3 Bf 86/12, juris Rn. 48, 49 m. w. N). Ein Widerspruch ist nicht nur unzulässig, wenn er verfristet ist, sondern auch, wenn das Widerspruchsrecht wegen Rechtsmittelverzichts oder wegen Verwirkung oder ansonsten wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) nicht mehr besteht (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 28.7.1993, 1 EO 1/93, juris Rn. 34, 45). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist in dem auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (entsprechend § 242 BGB, vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.3.2006, 6 C 27/05, NVwZ 2006, 834, juris Rn. 7) enthalten.

24

Der Widerspruch vom 3. April 2014 ist unzulässig. Er dürfte zwar innerhalb der in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO geregelten Frist erhoben worden sein. Nach dieser Vorschrift ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zum 4. März 2014 in Lauf gesetzt worden ist (a.), so dass diese erst am 4. März 2014 mit Akteneinsicht durch Rechtsanwalt Z... in Lauf gesetzt wurde, der sodann für die Klägerin innerhalb eines Monats Widerspruch erhoben hat (b.). Dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens ist hier aber dennoch nicht genügt, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht am 3. April 2014 wegen Verwirkung nicht mehr ausüben durfte (c.).

25

a. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Widerspruchsfrist bis zum 4. März 2014 in Lauf gesetzt worden ist. Da die Beklagte der Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid durch Zustellung bekannt geben wollte, reichte es für das Inlaufsetzen der Widerspruchsfrist nicht aus, dass der Kostenfestsetzungsbescheid der Klägerin (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG) am 29. September 2010 zugegangen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1992, 5 C 65/88, NJW 1993, 2884, juris Rn. 8; vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 17.12.1991, Bf VI 35/91, NVwZ-RR 1993, 110, juris Rn. 36). Nach § 41 Abs. 5 HmbVwVfG bleiben vielmehr Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts mittels Zustellung unberührt. Zustellungen sind nach § 1 Abs.1 HmbVwZG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG an den Bevollmächtigten zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Demgemäß wäre die Zustellung nicht an die Klägerin persönlich, sondern an Rechtsanwalt Y... zu richten gewesen. Dieser hatte sich mit Vollmachtsurkunde vom 28. September 2006 gegenüber der Beklagten “in der Ausländersache“ der Klägerin gegen „die Ausländerbehörde Einwohner-Zentralamt Hamburg“ legitimiert, während sich diese in der Abschiebehaft befand. Diese Vollmacht war von der Beklagten bei der Zustellung des Kostenfestsetzungsbescheids zu beachten, der die Kosten der Abschiebehaft umfasste.

26

Die Vollmacht war nicht gemäß § 168 Satz 1 BGB mit Beendigung des gegen die Abschiebung eingeleiteten Verfahrens 2 E 3619/06 durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Dezember 2006 erloschen, weil sich die Vollmacht ausdrücklich auch auf „Folgeverfahren aller Art“ bezog. Die Vollmacht war bis zum Erlass des Kostenfestsetzungsbescheids auch nicht anderweitig erloschen, insbesondere nicht durch Widerruf. Nach § 14 Abs. 1 Satz 4 HmbVwVfG wird ein Widerruf der Vollmacht der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht (vgl. zum Widerruf: OVG Hamburg, Beschl. v. 3.1.2000, 4 Bf 16/99, juris Rn. 3; OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris Rn. 5). Im vorliegenden Fall war die Vollmacht - soweit ersichtlich - noch nicht einmal im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... widerrufen (§ 171 Abs. 2 BGB) und auch nicht für kraftlos erklärt (§ 172 Abs. 2 BGB) worden. Für Gegenteiliges bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin scheint sich vielmehr schlicht nicht mehr bei Rechtsanwalt Y... gemeldet zu haben, wie auch bei der Beklagten und bei Rechtsanwalt X... nicht. Sollte zur Zeit des Erlasses des Kostenfestsetzungsbescheids der Kontakt zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... abgerissen gewesen sein, bedeutete dies nicht das Erlöschen des Vollmachtverhältnisses, vielmehr steht ein Kontaktabriss den für Widerruf und Kündigung erforderlichen empfangsbedürftigen Erklärungen entgegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.7.1983, 9 B 10275/83, DVBl. 1984, 90, juris Rn. 3). Ob Rechtsanwalt Y... im Innenverhältnis zur Klägerin nach dem der Vollmacht zugrunde liegenden Mandatsverhältnis beauftragt war, auch in dieser Sache für die Klägerin tätig zu werden, ist gemäß § 172 BGB für die Wirksamkeit der Vollmacht bzw. Bevollmächtigung ohne Bedeutung. Dass die Klägerin im Februar 2010 ihren Asylfolgeantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge persönlich und nicht über Rechtsanwalt Y... gestellt hat, berührt das Vollmachtverhältnis zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Y... gegenüber der Beklagten gleichfalls nicht. Ebensowenig folgt aus dem Umstand, dass sich die Klägerin anlässlich des von der Beklagten am 14. Dezember 2010 an sie gerichteten Schreibens an Rechtsanwalt X... und nicht an Rechtsanwalt Y... gewandt hat, ein Erlöschen des Vollmachtverhältnisses, schon gar nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Zustellung an die Klägerin persönlich am 29. September 2010. Mit Bestellung eines neuen Bevollmächtigten ist regelmäßig noch nicht der Widerruf der Vollmacht des bereits vorhandenen Bevollmächtigten verbunden (BVerwG, Beschl. v. 29.4.1997, 4 B 76/97, juris Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris Rn. 7).

27

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zustellungsmangel bis zum 4. März 2014 geheilt worden ist. Es ist offen, ob die in § 8 VwZG geregelten Voraussetzungen für eine Heilung bis dahin erfüllt worden sind. Nach dieser Vorschrift gilt ein Dokument bei Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin entsprechend § 8 VwZG selbst Empfangsberechtigte war, wenn – was nicht festgestellt ist – sie Rechtsanwalt Y… zu keinem Zeitpunkt beauftragt hatte, sie in dem Verwaltungsverfahren betreffend die Erstattung der Abschiebevorbereitungskosten zu vertreten. Im weiteren Verlauf dürfte Rechtsanwalt X... zwar Empfangsberechtigter entsprechend § 8 VwZG geworden sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997, 8 C 43/95, BVerwGE 104, 301, juris Rn. 27). Es kann aber nicht festgestellt werden, dass Rechtsanwalt X..., als er Empfangsberechtigter war, den Kostenfestsetzungsbescheid in Besitz hatte. Dies ist Voraussetzung für eine Heilung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997, 8 C 43/95, BVerwGE 104, 301, juris Rn. 28 zur Vorgängervorschrift § 9 VwZG, wobei „tatsächlich zugegangen ist“ i. S. d. § 8 VwZG gleichbedeutend ist mit „nachweislich erhalten hat“ i.S.d. § 9 VwZG a. F., vgl. BT-Drs. 14/4554 S. 24). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, den Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt X... vorgelegt zu haben. Ausweislich der Sachakte hat Rechtsanwalt X... auf Nachfrage gegenüber der Beklagten erklärt, nicht zu erinnern, ob ihm der Bescheid vorgelegen hat. Dass Rechtsanwalt X... in Besitz des Bescheides war, behauptet die Beklagte selbst nicht substantiiert. Die Beweis- bzw. Darlegungslast für die Zustellung trifft denjenigen, der aus der Zustellung ein Recht herleitet (VGH Kassel, Beschl. v. 20.10.2008, 6 E 2035/08, NJW 2009, 1624, juris Rn. 22; OLG Hamburg, Urt. v. 3.5.1979, 15 UF 235/78 U, MDR 1979, 851, vgl. auch BFH, Beschl. vom 6.5.2014, GrS 2/13, NJW 2014, 2524, juris Rn. 76), hier also die Beklagte.

28

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Zustellungsmangel nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG gemäß § 8 VwZG geheilt wurde, indem sich die Klägerin mit Schreiben vom 2. April 2012 damit einverstanden erklärt hat, in Zukunft von der Beklagten direkt angeschrieben zu werden. Selbst wenn darin ein Widerruf der vorher erteilten Vollmachten gesehen werden könnte (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.1.2000, 4 Bf 16/99, juris; und OVG Münster, Beschl. v. 9.8.2010, 18 B 742/10, NJW 2010, 3179, juris) und die Klägerin dadurch selbst zum Empfangsberechtigten i. S. d. § 8 VwZG geworden wäre, fehlte es auch hier an der Feststellung, dass sie zu diesem Zeitpunkt (noch) im Besitz des Kostenfeststellungsbescheids war. Weitere Anhaltspunkte für eine Heilung des Zustellungsmangels vor dem 4. März 2014 gibt es nicht.

29

b. Der Zustellungsmangel ist gemäß § 8 VwZG dadurch geheilt worden, dass der Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsanwalt Z... als Empfangsberechtigtem am 4. März 2014 im Wege der Akteneinsicht tatsächlich zugegangen ist. Damit gilt der Kostenfestsetzungsbescheid als am 4. März 2014 der Klägerin zugestellt. Mithin wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt. Rechtsanwalt Z... hat innerhalb der Frist, am 3. April 2014, Widerspruch für die Klägerin erhoben.

30

c. Dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen Widerspruchsverfahrens ist hier dennoch nicht genügt, weil die Klägerin ihr Widerspruchsrecht am 3. April 2014 wegen Verwirkung nicht mehr ausüben durfte.

31

Ein Recht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dass ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete darauf vertrauen durfte und darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.2.1974, III C 115.71, BVerwGE 44, 339, juris Rn. 18, eine Untätigkeit von fast vier Jahren betreffend). Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat in einem Fall, in dem seit einer fehlerhaften Zustellung des Widerspruchsbescheids ein Zeitraum von vier Jahren bis zur Klageerhebung verstrichen war, entschieden, nach einem derart langen Zeitraum sei es auch im öffentlichen Interesse und zur Erhaltung des Rechtsfriedens gerechtfertigt, eine Berufung des Klägers auf die fehlende Bestandskraft des angegriffenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids nach Treu und Glauben als abgeschnitten anzusehen (OVG Hamburg, Urt. v. 17.12.1991, Bf VI 35/91, NVwZ-RR 1993, 110, juris Rn. 37). Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall auf die Sorgfaltspflicht abgestellt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zur Anrufung der Gerichte dadurch verwirkt habe, dass er zwei Jahre lang untätig geblieben sei, obwohl er die Rechtslage kannte oder zumutbarer Weise hätte kennen müssen (BVerfG, Beschl. v. 26.1.1972, 2 BvR 255/67, BVerfGE 32, 305, juris Rn. 25).

32

Unter Anwendung dieser Maßstäbe liegt hier ein Fall der Verwirkung vor. Das zeitliche Erfordernis ist gegeben, nachdem zwischen der fehlerhaften Zustellung des Bescheids vom 27. September 2010 bei der Klägerin persönlich am 29. September 2010 und der Erhebung des Widerspruchs am 3. April 2014 gut dreieinhalb Jahre verstrichen sind. Auch durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid gegen sich gelten lassen will und keinen Widerspruch mehr erhebt. Vertrauensgrundlage ist, dass die Klägerin wegen des Kostenfestsetzungsbescheids vom 27. September 2010 von Januar 2011 bis Januar 2014 eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Beklagten hatte und dieser durch Zahlung von Raten nachgekommen ist, nachdem Rechtsanwalt X... im Januar 2011, dreieinhalb Monate nach Zustellung des Bescheids, die Ratenzahlungsvereinbarung für die Klägerin erwirkt und gerade nicht Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid eingelegt und den Zustellungsmangel gerügt hatte.

33

Aus der im verwaltungsgerichtlichen Zwischenurteil genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 12.3.2008, XII 147/05, NJW 2008, 2254, juris) folgt nichts Gegenteiliges. Der Entscheidung lag ein Verfahren zugrunde, in dem über 40 Monate lang vorbehaltlos gezahlt worden war, eine Verwirkung eines Minderungsrechts der dortigen Beklagten verneint und dies wie folgt begründet wurde: Maßgeblich sei, dass die Klägerin ihrerseits mit der Verwendung einer unwirksamen Klausel über den Ausschluss der Minderung gegen ihre vorvertraglichen Pflichten verstoßen habe und sie damit habe rechnen müssen, dass die Beklagte die Unwirksamkeit der Klausel nicht sofort bei Auftreten eines Mangels, sondern erst später erkennen und sich dann - ohne dass ihr ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen wäre - auf die Minderung berufen werde. Die Klägerin habe somit wegen ihres eigenen Vertragsverstoßes nicht darauf vertrauen können, dass die Beklagte wegen des großen Zeitablaufs ihr Recht nicht mehr geltend machen werde (BGH, Urt. v. 12.3.2008, XII 147/05, NJW 2008, 2254, juris). Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs stützt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass trotz der Ratenzahlung wegen des Zustellungsfehlers der Beklagten eine Verwirkung nicht gegeben sei, nicht. Ebenso wie Rechtsanwalt Z... die Bestandskraft des Kostenfestsetzungsbescheids durch Akteneinsicht überprüft hat, hätte auch der die Klägerin zu jenem Zeitpunkt beratende Rechtsanwalt X... - vor Fertigung des Schreibens vom 20. Januar 2011 mit dem Angebot einer Ratenzahlung - prüfen müssen, ob es einen wirksamen Kostenfestsetzungsbescheid gibt, der der Zahlungsaufforderung vom 14. Dezember 2010 zugrunde lag. Daraus, dass Rechtsanwalt X... nicht Akteneinsicht begehrt hat, musste die Beklagte entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht zu dem Schluss kommen, dass die Zustellung des Bescheids unwirksam erfolgt sei. Denn die Beklagte konnte daraus schließen, dass sich Rechtsanwalt X... anderweitig vergewissert hat, dass der Kostenfestsetzungsbescheid bestandskräftig geworden ist bzw. dass die zu diesem Zeitpunkt anwaltlich vertretene Klägerin den Kostenfestsetzungsbescheid gegen sich gelten lässt. Dabei ist eine der möglichen Fallkonstellationen, dass Rechtsanwalt X... über die Klägerin in den Besitz des Kostenfestsetzungsbescheids gelangt und dadurch gemäß § 8 VwZG Heilung eingetreten, aber kein Widerspruch erhoben worden und somit Bestandskraft eingetreten ist. Sollte Rechtsanwalt X... sich sorgfaltspflichtwidrig nicht vergewissert haben, müsste sich die Klägerin dieses Versäumnis zurechnen lassen.

34

Mithin konnte die Beklagte darauf vertrauen, dass die Klägerin Widerspruch nicht mehr erheben würde. Sie hat darauf auch vertraut, indem sie die Klägerin zur Zahlung aufgefordert und die Zahlungsraten über drei Jahre hinweg angenommen hat.

35

3. Da die Klage unzulässig ist, ist das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Außerdem ist die Klage, wie von der Beklagten beantragt, gemäß § 130 Abs. 1 VwGO als unzulässig abzuweisen. Zwar hat das Verwaltungsgericht im Wege des Zwischenurteils allein über die Zulässigkeit der Klage und nicht auch über die Begründetheit entschieden. Der Senat hat selbst die Klage als unzulässig abgewiesen, da über die Zulässigkeit der Klage auf die Berufung der Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche Zwischenurteil hin abschließend zu entscheiden ist und wegen der Unzulässigkeit der Klage eine Sachentscheidung über das Begehren der Klägerin nicht mehr in Betracht kommt (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.7.2005, 9 S 2278/03, NVwZ-RR 2006, 154, juris Rn. 32; BVerwG, Urt. v. 16.7.1986, 6 C 106/83, Buchholz 448.6 § 13 KDVG Nr. 6, juris Rn. 18; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 109 Rn. 25, unter Hinweis auf Bettermann, DVBl. 1961, 65, 66).

II.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

38

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.