Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 12. Feb. 2014 - 2 U 113/13

published on 12/02/2014 00:00
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 12. Feb. 2014 - 2 U 113/13
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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22.2.2013 - 4 O 246/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 23.634,11 EUR nebst Zinsen sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.532,36 EUR, Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes nebst Zinsen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus einem Unfallereignis vom 20.12.2010 in Anspruch.

Der 57 Jahre alte Kläger ist Bäcker und betreibt im Rahmen seines Bäckereibetriebes einen sog. „Brot-Bring-Dienst“. Kunde dieses Bringdienstes war der Beklagte, den der Kläger auch am 20.12.2010 morgens gegen 7.00 Uhr belieferte. Zu diesem Zeitpunkt lag Schnee und die Straßen waren sehr glatt. Mit der Wahrnehmung des Räum- und Streudienstes an seinem Hausanwesen hatte der Beklagte an diesem Tag seinen Schwiegersohn, den Zeugen, beauftragt, der früh morgens - und noch vor 7.00 Uhr - einen schmalen Weg über das Grundstück bis zur Haustür räumte und den Schnee, unter dem sich eine Eisschicht befand, beseitigte. Der Kläger nutzte, da der Haupteingang zum Anwesen des Beklagten - wie üblich - abgesperrt war, den Seiteneingang, zu dem man über die Einfahrt des Anwesens gelangt, wobei der Weg über das Grundstück bzw. die Unfallörtlichkeit nicht beleuchtet waren. Hierbei rutschte er in der Einfahrt aus, kam zu Fall und zog sich eine Syndesmosenruptur bei Fibulaschaftfraktur rechts zu. Er unterzog sich in der Zeit vom 20.12.2010 bis 28.12.2010 in der SHG - Klinik in M. einer stationären Behandlung. Ihm wurden eine Unterschenkel- Gehorthese, Medikamente sowie Physiotherapie verordnet. In der Folgezeit war er permanent in ärztlicher Behandlung und musste sich am 6.2.2012 einer erneuten Operation in den Unikliniken in unterziehen. Wegen des Auftretens von Komplikationen musste sich der Kläger einer Notoperation unterziehen und befand sich in der Zeit vom 25.3.2012 bis 8.4.2012 in stationärer Behandlung in den Unikliniken. Seit dem 2.1.2012 beschäftigt er einen neuen Arbeitnehmer. Die Privathaftpflichtversicherung des Beklagten lehnte ihre Einstandspflicht ab.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist und in diesem Zusammenhang, ob der Zeuge P. nach Beseitigung des Schnees den Weg auch gestreut hatte.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Zeuge durch die Beseitigung des Schnees die Gefahrenlage erst geschaffen habe, da der gesamte freigelegte Weg vereist gewesen und nicht gestreut worden sei. Zudem sei der Zeuge gehalten gewesen, die Eisfläche zu beseitigen. Jedenfalls habe der Weg beleuchtet werden müssen. Die ihm in Folge des Unfallereignisses durch Arztbesuche, Verordnungen, Zuzahlungen, Fahrten, Bekleidung, Verdienstausfall und Personal entstandenen Kosten beziffert der Kläger auf 23.634,11 EUR. Ferner verweist er darauf, dass an eine Rückkehr in den Beruf nicht zu denken sei. Ihm sei in Folge der erlittenen Verletzungen, die zu schmerzhaften Behandlungen und mehrfachen Operationen und Krankenhausaufenthalten geführt hätten, ein langes Gehen oder Stehen über eine längere Strecke immer noch nicht möglich, er leide permanent unter Schmerzen, sei auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen und in seiner Bewegung eingeschränkt. Sportlichen Aktivitäten (Tanzen, Wandern, Fahrradfahren) könne er nicht mehr nachgehen. Dies rechtfertige ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR. Auch sei nicht absehbar, welche materiellen und immateriellen Schäden ihm noch entstünden.

Der Beklagte ist dem vollinhaltlich entgegen getreten und hat geltend gemacht, dass der Zeuge die frei geschaufelte Fläche mit Salz abgestreut habe. Zudem hat er die von dem Kläger geltend gemachten Schadenspositionen Verdienstausfall und Personalkosten vorsorglich nach Grund und Höhe bestritten.

Das Landgericht hat nach informatorischer Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 18.1.2013 durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Verletzung der dem Beklagten obliegenden Räum- und Streupflicht nicht erwiesen sei und der Kläger sich auch nicht mit Erfolg darauf stützen könne, dass der Weg nicht beleuchtet gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit dem er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 22.2.2013 - 4 O 246/12 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 23.634,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % -Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.6.2012 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 % -Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.6.2012 zu zahlen, wobei der genaue Betrag in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfall vom 20.12.2010 auf dem Grundstück des Beklagten in noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist,

4. den Beklagten zu verurteilen, ihn gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten wegen vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.532,36 EUR, sprich aus einer Honorarforderung in Höhe von brutto 1,3-Geschäftsgebühr gemäß §§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG aus einem Streitwert in Höhe von 43.216,34 EUR, freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und im Übrigen zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die von dem Senat nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens weder gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB noch nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu. Denn es kann auf der Grundlage des sich im Berufungsrechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Unfallereignisses die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Der Kläger macht, wie in der Berufungsbegründungschrift nochmals dargelegt, geltend, dass der Beklagte die gebotenen Verkehrssicherungspflichten dadurch verletzt habe, dass er den vom Schnee frei geräumten Weg nicht abgestreut bzw. den Weg nicht beleuchtet hat. Hiermit kann er insgesamt nicht durchdringen.

Eine Verletzung der Räum- und Streupflicht ist nach den vorliegenden Gegebenheiten nicht zu besorgen. Anerkanntermaßen beruht die winterliche Räum- und Streupflicht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen. Nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung muss der Verletzte alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muss deshalb den Sachverhalt dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergibt, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestand und diese schuldhaft verletzt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2012, VI ZR 138/11, NJW 2012, 2727; VersR 1970, 1130; VersR 1985, 243, 245; NZV 2005, 578). Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (BGH, aaO, m.w.N.; OLG Jena NZV 2009, 599, m.w.N.; Geigel/ Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rz. 147). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, aaO, m.w.N.; BGHZ 112, 74, 75; VersR 1995, 721, 722). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, aaO).

Nach diesen Grundsätzen bestehen Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d.h. an Werktagen ab 7.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr, wobei bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen ist, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (BGH, aaO, m.w.N.; OLG Düsseldorf, ZMR 2001, 106; siehe auch OLG Köln, VersR 1997, 506; OLG Jena, aaO; LG Berlin, Grundeigentum 2010, 272; Lange/Schmidbauer in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 823, Rz. 155, m.w.N.).

Gemessen hieran kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht - unterstellt, dass tatsächlich eine allgemeine Glättebildung vorgelegen hat und nicht nur einzelne glatte Stellen vorhanden waren, was indes selbst nach der informatorischen Anhörung des Klägers nicht zweifelsfrei feststeht - durch den Beklagten nicht festgestellt werden. Nach den vom Landgericht verfahrens- und im Ergebnis nach Maßgabe der protokollierten Zeugenaussage rechtsbedenkenfrei getroffenen Feststellungen, die von dem Kläger mit der Berufung nicht entscheidungserheblich in Frage gestellt werden, hat der Schwiegersohn des Beklagten, der Zeuge, der an diesem Morgen die Räum- und Streupflicht übernommen hatte, am Unfalltag in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr am Anwesen des Beklagten sowohl den Gehweg [Bürgersteig] als auch ein Stück der Einfahrt bis zu dem kleinen Gatter, vor dem der Kläger zu Fall gekommen war, vom Schnee geräumt und abgestreut. Damit ist die dem Beklagten obliegende Verkehrssicherungspflicht erfüllt worden. Denn entgegen der Sicht des Klägers war der Beklagte nicht verpflichtet, der Räum- und Streupflicht zu einem (noch) früheren Zeitpunkt an diesem Morgen nachzukommen. Die Räum- und Streupflicht für ein Privatgrundstück beginnt mit dem Einsetzen des allgemeinen Verkehrs, also grundsätzlich nicht vor 7.00 Uhr morgens. Zu keiner anderen Beurteilung zwingt der Umstand, dass lediglich einzelne Personen - wie hier der Kläger auf Grund der Brotbestellung - vor dem Einsetzen der allgemeinen Streupflicht unterwegs sind. Eine vorbeugende Streupflicht zur Verhinderung von Glättebildung an bestimmten Stellen auch in den Nachtstunden ist nur ausnahmsweise dann erforderlich, wenn mit einem entsprechenden Verkehr gerechnet werden muss. Dazu reicht es anerkanntermaßen nicht aus, dass vereinzelt Personen, insbesondere Zeitungsausträger, vor Einsetzen der allgemeinen Streupflicht unterwegs sind, insbesondere wenn diese sich auf die seit Tagen bestehenden Witterungsverhältnisse einstellen konnten (BGH, WuM 2009, 677; OLG Celle, OLGR 2004, 125; Lange/Schmidbauer, aaO). Nichts anderes gilt, entgegen der Sicht der Berufung, für den mit der Brotlieferung beauftragten Kläger, weil dessen Beauftragung letztlich nicht über das hinausgeht, was einem Zeitungsausträger im Rahmen seiner täglichen Zustellung obliegt. Eine - weitergehende - „Sonderregelung“ besteht folglich ohne besondere Absprache, die vom Kläger nicht behauptet wird, nicht. Da der Kläger, wie er selbst im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben hat, um die an den Vortagen herrschenden Witterungsverhältnisse (Schneefall) sowie auch um die an dem betreffenden Tag (Morgen) herrschenden Verhältnisse - nach den Bekundungen des Klägers war es an diesem Tag, wie von ihm auf Grund der vorherigen Auslieferungen festgestellt, sehr glatt gewesen - wusste, war er gehalten, sich darauf einzustellen. Er hätte die Lieferung, worauf an anderer Stelle noch einzugehen sein wird, in Ansehung der Verkehrs- und Witterungsverhältnisse entweder unterlassen oder an anderer Stelle ablegen müssen (siehe hierzu auch LG Mainz, VersR 1994, 1364).

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sein plötzlicher Sturz darauf hindeute, dass die Streuung nicht erfolgt sei.Ein Sturz für sich allein begründet keinen Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Streupflicht, von der dann wiederum auf eine Kausalität zwischen Streupflicht und Rechtsgutsverletzung geschlossen werden könnte (Geigel/ Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., § 14, Rz. 147, m.w.N.; Lange/ Schmidbauer, aaO, Rz. 159, m.w.N.; BGH, NZV 2005, 578; OLG Celle, NZV 2001, 78; OLG München, Beschl. v. 24.8.2006, 1 U 3340/06; siehe auch BGH, NJW 2009, 3302 sowie BGH, Beschl. v. 19.12.1991, III ZR 2/91; OLG Koblenz, MDR 2010, 387).

Auch im Übrigen streitet kein Anscheinsbeweis zu Gunsten des Klägers. Zwar sind bei Glatteisunfällen die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar, wenn der Verletzte innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht zu Fall gekommen ist. In einem solchen Fall spricht (ähnlich wie bei einem Verstoß gegen konkret gefasste Unfallverhütungsvorschriften) nach dem ersten Anschein eine Vermutung dafür, dass es bei Beachtung der Vorschriften über die Streupflicht nicht zu den Verletzungen gekommen wäre, dass sich also in dem Unfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, deren Eintritt die Schutzvorschriften verhindern wollten (BGH, aaO, m.w.N.). Diese Beweiserleichterung kann mithin erst und nur dann Platz greifen, wenn zuvor festgestellt ist, dass die Streupflicht verletzt worden ist bzw. das Unfallereignis in einem Zeitraum stattgefunden hat, währenddessen die Unfallstelle gestreut gewesen sein musste (BGH, aaO; Geigel/ Wellner, aaO, m.w.N.). Für die Bestimmung dieses Rahmens ist indes der Anspruchsteller beweispflichtig. Insoweit gilt der allgemeine Grundsatz, dass er die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen trägt, aus denen nach den Grundsätzen über die Verkehrssicherungspflicht eine Streupflicht erwächst (BGH, aaO, m.w.N.). Im Streitfall mangelt es bereits daran, dass nach den vom Landgericht in rechtsfehlerfreier Würdigung getroffenen Feststellungen, die mit der Berufung nicht in rechtserheblicher Weise in Zweifel gezogen werden (s.o.), eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht vorliegt, weil der Beklagte seiner Streupflicht genügt hat; insoweit ist das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zeuge den Weg vor dem Gatter ebenfalls abgestreut hatte. Ungeachtet dessen kann zudem nicht festgestellt werden, dass das Unfallereignis in einem Zeitraum stattgefunden hat, in dem die Unfallstelle gestreut gewesen sein musste. Nach dem sich darbietenden Sach- und Streitstand unter Einbeziehung der Anhörung des Klägers sowie der Zeugenvernehmung kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger erst nach Einsetzen der Räum- und Streupflicht am Anwesen des Beklagten eingetroffen ist. Nach den Angaben des Klägers hat sich das Unfallereignis gegen 7.00 Uhr, eventuell kurz nach 7 Uhr, ereignet, nach den Angaben des Zeugen hat er den Kläger so gegen 7.00 Uhr bzw. kurz vor 7.00 Uhr gefunden. Hiernach ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger bereits vor 7.00 Uhr an der Unfallörtlichkeit eingetroffen und zu Fall gekommen war, so dass der Kläger auch den ihm obliegenden Beweis, dass das Unfallereignis in einem Zeitraum stattgefunden hat, in dem die Unfallstelle bereits gestreut gewesen sein musste, nicht erbracht hat.

In Ansehung dessen ist, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auch nicht dadurch begründet worden, dass der Zeuge ggf. nicht unmittelbar nach dem Räumen und Streuen die Wirksamkeit seiner Maßnahmen überprüft hat, zumal dem Pflichtigen eine Reaktionszeitspanne und Überprüfungsfrist zuzubilligen ist (vgl. Spindler, aaO, Rz. 335). Hinzu kommt, dass von dem Eigentümer eines Privatanwesens grundsätzlich nicht verlangt werden kann, in kürzeren Intervallen als von etwa zwei Stunden zu prüfen, ob das Streumaterial seine Wirkung verloren hat und ggf. für weitere Streumaßnahmen Sorge zu tragen. Wären mit Rücksicht auf die Glätteverhältnisse derart kurze Prüf- und Streuintervalle erforderlich, müsste man im Übrigen vom Vorliegen einer extremen Wetterlage ausgehen, welche die Streupflicht insbesondere auch angesichts der geringen Verkehrsbedeutung des nur von wenigen Personen frequentierten Zugangs zu dem Haus entfallen lassen würde (vgl. LG Bielefeld, RuS 2005, 261; siehe hierzu auch BGH, VersR 1993, 1106).

Die nämlichen Erwägungen gelten, soweit der Kläger sich darauf stützt, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass er nicht für ausreichende Beleuchtung gesorgt hat.Die Pflicht des Eigentümers zur ausreichenden Beleuchtung des Zugangs zu seinem Grundstück beginnt anerkanntermaßen als Ausprägung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht wie diese regelmäßig dann, wenn mit dem Einsetzen des allgemeinen Verkehrs - also grundsätzlich nicht vor 7.00 Uhr morgens - gerechnet werden kann. Dies gilt auch im Verhältnis zu Zeitungszustellern in den frühen Morgenstunden, sofern nicht der Zeitungsverlag und der Eigentümer als sein Kunde diesbezüglich bestimmte Sonderregelungen getroffen haben (OLG Celle, aaO; Lange/Schmidbauer, aaO, Rz. 155, m.w.N.). Nach Maßgabe dessen sind mangels Bestehens einer Sonderregelung auch insoweit die Voraussetzungen für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllt, ohne dass es darauf ankommt, ob dem Kläger der sog. Seitenweg von früheren Auslieferungen bekannt war, wie noch in der Klageschrift vorgetragen und im Rahmen der informatorischen Anhörung angegeben, oder ob er diesen, wie erstmals mit der Berufungsbegründung behauptet, zum ersten Mal benutzt hat, was ihn erst recht zu außerordentlicher Vorsicht und ggf. dazu hätte veranlassen müssen, von einer Lieferung abzusehen oder die Ware an anderer Stelle abzulegen (s.o.).

Dass der Kläger angesichts der erkannten extremen Straßen- und Witterungsverhältnisse („sehr glatt“) bzw. unzureichenden Beleuchtungsverhältnisse die Auslieferung durchgeführt hat, begründet im Übrigen ein derart großes Mitverschulden, dass ein eventuelles Verschuldendes Beklagten demgegenüber vollständig zurücktritt (§ 254 Abs. 1 BGB).

§ 254 BGB, der keine Einrede begründet, sondern eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung ist (BGH, NJW 1991, 166), stellt anerkanntermaßen eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben dar. Da die Rechtsordnung eine Selbstgefährdung und Selbstbeschädigung nicht verbietet, geht es im Rahmen von § 254 BGB nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, der Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden "Obliegenheit". Sie beruht auf der Überlegung, dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGH, JZ 1998, 92; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 254, Rz. 3, m.z.w.N.; siehe auch Schiemann in: Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2005, § 254, Rz. 2, 3, m.z.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt es für die im Rahmen der nach § 254 BGB gebotenen Abwägung vorzunehmende Haftungsverteilung entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Schadenseintritt nach den konkreten Umständen in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. In besonderen Fallgestaltungen, nämlich dann, wenn dem Verhalten eines der Beteiligten für die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts überragende Bedeutung zukommt, kann die unter diesen Gesichtspunkten vorzunehmende Abwägung dazu führen, dass dieser Beteiligte allein für den Schaden aufkommen muss.

Ein Sturz infolge Glatteis begründet selbstredend nicht stets ein - das Verschulden des Schädigers ausschließendes - Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 1109; OLG Stuttgart, Urt. v. 6. Mai 2009, 3 U 239/07; OLG München, Urt. v. 13. März 2008, 1 U 4314/07). Ein Mitverschulden liegt deshalb vor, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte erkennen und sich auf die Gefahr hätte einstellen können (Rüßmann in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 254, Rz. 14, m.w.N.; Saarländisches Oberlandesgericht, Urt. v. 20. Juli 2004, 4 U 644/03, OLGR 2004,623).

So liegt der Fall hier. Der Kläger wusste, dass es an den Vortagen geschneit hatte und dass es an dem betreffenden Morgen - wie von ihm auf Grund der vorherigen Auslieferungen festgestellt - sehr glatt war. Ferner wusste er aus eigener Wahrnehmung um die nach seiner Auffassung unzureichende Beleuchtung des Weges bzw. der Unfallörtlichkeit. Auf diese Umstände und die sich hieraus ergebenden Gefahren muss sich jedoch grundsätzlich jeder Verkehrsteilnehmer selbst einstellen und im eigenen Interesse der Schadensverhütung die Maßnahmen ergreifen, die nach der gegebenen Gefahrenlage geboten sind. Dazu gehört es auch, erkannte, besondere Gefahren nach Möglichkeit zu umgehen. Lässt sich einer solchen Gefahr nicht ausweichen, muss man sich bei verkehrsgerechtem Verhalten die Frage vorlegen, ob es notwendig ist, sich dieser Gefahr auszusetzen, wobei die Chancen, die Gefahr gleichwohl zu meistern (Grad der Beherrschbarkeit), und die Intensität der drohenden Rechtsgutverletzung (Grad der Gefährlichkeit) zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Hamm, VersR 1999, 589; Thüringer OLG, Urteil vom 22. Dezember 2010, 4 U 610/10, namentlich bei einem nur sehr geringfügigen Verkehrsbedürfnis).Nach Maßgabe dessen muss der Kläger vor dem Hintergrund seiner eigenen Angaben für seinen Schaden in vollem Umfang selbst eintreten (§ 254 BGB). Auf Grund seiner Anhörung steht fest, dass er von vornherein alle Umstände der Gefahr und der Schadensneigung seines Verhaltens kannte. Er hat wiederholt die extreme Glätte betont, die sich ihm offenkundig darbot. Er hat auch gesehen, dass die Unfallörtlichkeit nicht bzw. nur unzureichend ausgeleuchtet war. Er hätte deshalb die Auslieferung unterlassen, von der Straße aus - ggf. mittels eines Mobiltelefons - auf sich aufmerksam machen oder jedenfalls die Ware am Fußweg ablegen müssen.Der Anteil seiner Mitverursachung lässt in Ansehung der Umstände im Rahmen der nach § 254 Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung der Verursachungsbeiträge den (unterstellten) Anteil des Beklagten völlig zurücktreten, da dessen Pflichtverletzung, das versäumte Abstreuen am Morgen des 20.12 2010 sowie die fehlende resp. unzureichende Beleuchtung, aufgrund einer freiwilligen Risikoübernahme des Klägers in den Hintergrund tritt und keine selbständige Bedeutung hat (siehe auch BGH, NJW 1985, 482).

Nach Maßgabe dessen hat das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg und ist die Berufung zurückzuweisen. Zu keiner anderen Beurteilung führt das Vorbringen des Klägers in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7.2.2014. Soweit er dort unter Beifügung eines Schreibens des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar vom 6.2.2104 darauf verweist, dass sich der Unfall deshalb nach 7.00 Uhr ereignet habe, weil der diesbezügliche Notruf um „8:06:46 Uhr“ bei der Rettungsleitstelle eingegangen, der Rettungswagen um „8:15:57 Uhr“ an der Einsatzstelle angekommen und der Rettungswagen um „8:52 Uhr“ im Krankenhaus M. eingetroffen sei, lässt dies weder einen hinreichenden noch gar den zwingenden Schluss zu, dass das Unfallereignis nach 7.00 Uhr stattgefunden hat. Denn wie der vorgelegten Bescheinigung zu entnehmen ist, war Einsatzort die“, also am Firmensitz des Klägers (vgl. Satz 1 der Begründung der Klageschrift) und nicht am Anwesen des Beklagten, was mit den Angaben des Klägers in seiner in erster Instanz durchgeführten informatorischen Anhörung korrespondiert, dass er vom Anwesen des Beklagten in seine Firma gebracht worden sei („sie haben mich zurück in die Firma gefahren“) und er erst danach nach in die Klinik gegangen sei. Der Nachweis, dass sich der Unfall nach 7.00 Uhr ereignet hat, ist von daher insgesamt nicht geführt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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Annotations

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

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Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.