Oberlandesgericht Hamm Urteil, 07. Mai 2015 - 5 U 85/14

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2015:0507.5U85.14.00
bei uns veröffentlicht am07.05.2015

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.04.2014 verkündete Teilurteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold einschließlich des Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Detmold zurückverwiesen, das auch über die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz zu entscheiden hat.

Die Gerichtskosten der Berufungsinstanz werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentscheidung reif ist.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 409/12 Verkündet am:
1. Oktober 2013
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zum Anscheinsbeweis, wenn es bei Heißklebearbeiten zur Verlegung von
Bitumenbahnen in feuergefährdeter Umgebung zu einem Brand kommt.

b) Zur Frage des Mitverschuldens wegen unterlassenen Hinweises des Geschädigten
auf eine besondere Brandgefahr.
BGH, Urteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. August 2012 werden zurückgewiesen. Auf die Anschlussrevisionen der Klägerinnen wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufungen der Beklagten zu 1 bis 3 gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 15. April 2010 werden insgesamt zurückgewiesen. Die Beklagten zu 1 bis 3 haben die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerinnen zu 1 und 2 nehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen eines Brandschadens in Anspruch.
2
Die Klägerin zu 1 ist der Feuerversicherer der Klägerin zu 2, deren Fabrik bei einem Brandschaden erheblich beschädigt wurde.
3
Im Sommer 2002 sollte das Holzständerwerk des von der Klägerin zu 2 als Lagerhalle benutzten Flachdachgebäudes, welches teilweise schadhaft war, saniert werden. Hierzu beauftragte die Klägerin zu 2 die ehemalige Beklagte zu 4, deren Zimmerleute die Holzkonstruktion teilweise erneuern sollten. Anschließend sollten die Dachdecker der Beklagten zu 1 im Auftrag der Klägerin zu 2 neue Bitumenbahnen verlegen. Diese wurden nach Vernagelung und Fixierung mit einem Kaltklebestreifen an der Anstoßstelle mittels eines Brenners bis zum Schmelzen des Bitumens erhitzt und durch Andrücken verbunden. Diese Tätigkeiten verrichteten die Beklagten zu 2 und 3, wobei der Beklagte zu 3, ein Mitarbeiter einer von der Beklagten zu 1 beauftragten Subunternehmerin, den Nahtbrenner führte und der Beklagte zu 2, ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1, das erhitzte Bitumen mit dem Fuß festtrat. Die Arbeiten erfolgten abschnittsweise , nachdem die Zimmerleute dort, wo es notwendig war, die Holzkonstruktion ausgebessert hatten. Am 30. August 2002 kam es während der Dacharbeiten zu einem Brand, der auf das Nachbargebäude übergriff und dieses mit den darin befindlichen Einrichtungen und Vorräten stark beschädigte. Die Klägerin zu 1, die der Klägerin zu 2 im Rahmen des bestehenden Versicherungsverhältnisses den entstandenen Schaden ersetzt hat, hat aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht von den Beklagten zu 1 bis 4 Schadensersatz verlangt, die Klägerin zu 2 in Höhe des von ihr zu tragenden Selbstbehalts.
4
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 4 durch Teilurteil abgewiesen und im Übrigen die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 bis 3 hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage dem Grunde nach hinsichtlich der Beklagten zu 1 bis 3 zu einem Anteil von 50 % für gerechtfertigt erklärt. Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten zu 1 bis 3 ihre Anträge auf vollständige Klageabweisung weiter. Mit ihren Anschluss- revisionen erstreben die Klägerinnen eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das klageabweisende Teilurteil des Landgerichts hinsichtlich der Beklagten zu 4 habe zwar wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen nach § 301 Abs. 1 ZPO nicht ergehen dürfen. Gleichwohl sieht es sich jedoch nicht veranlasst, das landgerichtliche Urteil gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO aus diesem Grunde aufzuheben, weil das inzwischen rechtskräftige Teilurteil gegenüber der Beklagten zu 4 die Beklagten zu 1 bis 3 nicht beschwere. In der Sache hält das Berufungsgericht die Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt, wobei nach seiner Auffassung allerdings - im Gegensatz zum Landgericht - ein Mitverschulden auf Klägerseite zu einem Anteil von 50 % gegeben sei. Die Klägerin zu 2 habe gegen die Beklagte zu 1 dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 631, 280 Abs. 1, § 249 BGB, der - soweit die Klägerin zu 1 den Schaden reguliert habe - gemäß § 67 Abs. 1 VVG a.F. bzw. aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Abtretung gemäß § 398 BGB auf diese übergegangen sei. Gegen die Beklagten zu 2 und 3 hätten die Klägerinnen einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, die Klägerin zu 1 i.V.m. § 67 Abs. 1 VVG a.F. Im vorliegenden Fall stehe nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises fest, dass die Ursache des Schadens allein aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten zu 1 bis 3 stamme, so dass aufgrund der vorhandenen Schädigungen des Eigentums der Klägerin zu 2 auf eine kausale Pflichtverletzung durch die Beklagten geschlossen werden könne. Der Brand sei in zeitlichem und räumli- chem Zusammenhang mit den feuergefährlichen Arbeiten der Beklagten zu 2 und 3 als Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1 entstanden. Konkrete Anhaltspunkte für einen elektrotechnischen Defekt als Brandursache seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Entsprechendes gelte auch für eine Brandursache aus dem Verantwortungsbereich der ehemaligen Beklagten zu 4 durch Funkenflug beim Durchsägen eines Nagels mittels einer Kreissäge, was der gerichtliche Sachverständige für absolut unwahrscheinlich gehalten habe. Aufgrund dieser Umstände könne im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 bis 3 für den Brandschaden am Eigentum der Klägerin zu 2 ursächlich geworden sei. Der Beklagten zu 1 sei es nicht gelungen, die daraus nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Verschuldensvermutung zu entkräften, wobei sie sich auch für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen, der Beklagten zu 2 und 3, entlasten müsse. Vielmehr wäre die Beklagte zu 1 verpflichtet gewesen, das Dach und seine Umgebung vor Beginn der feuergefährlichen Arbeiten auf risikoerhöhende Gegebenheiten zu untersuchen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zur Verhinderung einer Brandgefahr zu ergreifen. Hätte die Beklagte zu 1 die ihr solchermaßen obliegende Sorgfalt eingehalten, hätte sie den eingetretenen Erfolg vorhersehen und verhindern können. Auch die Beklagten zu 2 und 3, welche die feuergefährlichen Arbeiten durchgeführt hätten, hätten erkennen können und müssen, dass das unter der Holzverschalung liegende papierkaschierte Dämmmaterial leicht entzündbar gewesen sei, und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen. Hätten die Beklagten zu 2 und 3 die ihnen obliegende Sorgfalt eingehalten , hätten auch sie den eingetretenen Erfolg vorhersehen und verhindern können. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auf Seiten der Klägerinnen allerdings ein Mitverschulden von 50 % zu berücksichtigen. Die Klägerin zu 2 habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil sie die Beklagten nicht über die ihr bekannte Dämmung des Flachdachs mit Material einer leicht ent- flammbaren Papierkaschierung und der damit einhergehenden besonderen Brandgefahr in Kenntnis gesetzt habe. Selbst wenn die Klägerin zu 2 keinerlei Kenntnis von der konkret vorhandenen Dämmung gehabt habe, könne sie dies nicht entlasten, weil sie sich umfassende Kenntnis vom Untergrund der Dachkonstruktion hätte verschaffen müssen, bevor sie erheblich gefahrenträchtige Arbeiten in Auftrag gegeben habe. Dass die vorgenommenen Dachausbesserungsarbeiten gefahrenträchtig gewesen seien, ergebe sich bereits aus der beauftragten Ausbesserung eines über 30 Jahre alten Holzständerwerks, auf das mit Hilfe von Flämmarbeiten unmittelbar Bitumenbahnen aufgebracht werden sollten. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Gebäude bauordnungsrechtlich genehmigt gewesen sei. Entsprechendes gelte auch hinsichtlich der fehlenden Brandmauer zum angrenzenden Gebäude. Gerade weil die Klägerin zu 2 das Grundstück im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben habe, habe sie sich nicht einfach auf die ursprünglich im Jahre 1969 erteilte Genehmigung zurückziehen dürfen, sondern hätte sich vor Beauftragung der feuergefährlichen Arbeiten zur aktiven Überprüfung des tatsächlich vorhandenen Brandschutzes veranlasst sehen müssen. Die Versäumnisse beider Parteien einerseits im Vorfeld der gefahrenträchtigen Arbeiten bzw. andererseits bei Durchführung derselben , rechtfertigten die Annahme eines jeweils hälftigen Verschuldensanteils.

II.

6
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revisionen stand. Die Anschlussrevisionen der Klägerinnen haben Erfolg.
7
A) Zu den Revisionen der Beklagten:
8
1. Entgegen der Auffassung der Revisionen unterliegt das Berufungsurteil nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil das erstinstanzliche Teilurteil, mit dem das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 4 abgewiesen hat, unzulässig gewesen wäre.
9
a) Zwar darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht, was auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen gilt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30. November 2012 - V ZR 245/11, NJW 2013, 1009 Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 301 Rn. 7; jeweils mwN). Ob im Streitfall die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse bestand, kann letztlich offen bleiben.
10
b) Die Mängel eines an sich unzulässigen Teilurteils können nämlich geheilt werden, wenn das Teilurteil rechtskräftig geworden ist. Auch ein unzulässiges Teilurteil kann in volle Rechtskraft erwachsen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1996 - V ZR 246/94, BGHZ 131, 376, 381 f.). Durch den Erlass des Teilurteils gegen einen Streitgenossen ist der Rechtsstreit in selbständige Verfahren getrennt worden, die nach Erlass des Teilurteils so zueinander stehen, als wären von vornherein die Teile isoliert eingeklagt worden (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 1977 - VI ZR 82/76, NJW 1977, 1152).
11
c) So liegt der Fall hier. Nach der Rechtskraft des klageabweisenden Teilurteils gegen die Beklagte zu 4 kommt es auf die Möglichkeit einer Widersprüchlichkeit der Entscheidungen im Streitfall nicht mehr an. Die Beklagten zu 1 bis 3 sind auch - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - durch dieses Teilurteil nicht beschwert, sondern können ihren Standpunkt, dass nicht sie sondern die Mitarbeiter der Beklagten zu 4 den Brand durch Funkenflug beim Durchtrennen eines Nagels infolge von Arbeiten mit einer Handkreissäge verursacht haben, ungehindert weiterverfolgen.
12
2. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 2 aus eigenem Recht und die Klägerin zu 1 aus abgetretenem bzw. übergegangenem Recht der Klägerin zu 2 gemäß § 823 Abs. 1, §§ 631, 280 Abs. 1, § 249 BGB, die Klägerin zu 1 jeweils i.V.m. § 67 Abs. 1 VVG a.F. bzw. § 398 BGB, gegen die Beklagten zu 1 bis 3 dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch wegen des Brandschadens vom 30. August 2002 haben.
13
a) Entgegen der Ansicht der Revisionen ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerinnen im Wege des Anscheinsbeweises bewiesen haben, dass die Beklagten zu 2 und 3, deren Verhalten sich die Beklagte zu 1 zurechnen lassen muss, den Brand verursacht haben.
14
aa) Nach ständiger Rechtsprechung greift der Beweis des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist, was grundsätzlich auch bei der Feststellung von Brandursachen in Betracht kommen kann (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71, VersR 1974, 750; vom 18. Oktober1983 - VI ZR 55/82, VersR 1984, 63, 64; vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, VersR 2010, 392 Rn. 8; BGH, Urteile vom 9. November 1977 - IV ZR 160/76, VersR 1978, 74, 75; vom 28. Februar 1980 - VII ZR 104/79, VersR 1980, 532; vom 12. Mai 1993 - IV ZR 120/92, VersR 1993, 1351, vom 6. März 1991 - IV ZR 82/90, VersR 1991, 460, 461; OLG Düsseldorf, r+s 1993, 138 f.; OLG Hamm, VersR 2000, 55, 56 f.; OLG Köln, VersR 1994, 1420, 1421; OLG Rostock, OLGR Rostock 2008, 736 f. und OLG Celle, VersR 2009, 254, 255). Dieser Schluss setzt eine Typizität des Geschehensablaufs voraus, was in diesem Zusammenhang allerdings nur bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falles sehr groß ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, aaO mwN).
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bb) Der vom Anspruchsteller vorzutragende typische Lebenssachverhalt beschränkt sich danach in den Fällen der vorliegenden Art darauf, dass es nach dem Hantieren mit einem feuergefährdeten Gegenstand in einer extrem brandgefährdeten Umgebung zur Entwicklung offenen Feuers gekommen ist, in dessen unmittelbarer zeitlicher Folge ein Brand ausgebrochen ist, und dass konkrete Anhaltspunkte für eine andere Brandursache fehlen. Es obliegt dann dem in Anspruch Genommenen, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die den Anschein entkräften (Senatsurteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, aaO Rn. 14). Werden feuergefährliche Arbeiten vorgenommen und besteht ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, so ist ein weiterer Vortrag des Geschädigten für das Eingreifen der Grundsätze über den Anscheinsbeweis nicht erforderlich. Insbesondere muss nicht der konkrete Kausalverlauf geklärt werden (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71, VersR 1974, 750, 751). Der Anscheinsbeweis unterscheidet sich von den Feststellungen nach allgemeinen Beweisregeln gerade dadurch, dass der konkrete Geschehensablauf nicht geklärt werden muss, weil von einem typischen Hergang auszugehen ist, solange nicht vom Gegner Tatsachen bewiesen werden, welche die ernsthafte Möglichkeit einer anderen Verursachung begründen (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71, aaO; vom 18. Oktober 1983 - VI ZR 55/82, aaO; OLG Celle, aaO).
16
cc) Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die für die Beklagte zu 1 tätigen Beklagten zu 2 und 3 am Brandtag auf dem Dach des Lagergebäudes der Klägerin zu 2 auf einer Holzkonstruktion liegende Bitumenbahnen mittels eines Brenners mit offener Flamme verschweißt. Solche Heißklebearbeiten bei der Verlegung von Bitumen-Schweißbahnen sind nach der Lebenserfahrung typischerweise geeignet, in der Nähe befindliches brennbares Material zu entflammen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1980 - VII ZR 104/79, aaO; OLG Celle, aaO; LG Leipzig, r+s 2000, 164, 165). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts befand sich unter der Holzkonstruktion eine papierkaschierte Dämmung, die leicht entflammbar war, wodurch sich ein Brand rasend schnell ausbreiten konnte, wozu auch die gute Belüftung des Dachhohlraums beitrug. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass der Brand nur fünf Minuten nach Wiederaufnahme der Flämmarbeiten durch die Beklagten zu 2 und 3 bemerkt wurde. Schließlich hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei den räumlichen Zusammenhang zwischen den Arbeiten der Beklagten zu 2 und 3 und der Entstehung des Brandes bejaht. Das Berufungsgericht hat sich diesbezüglich in tatrichterlicher Würdigung seine Überzeugung auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen W. im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gebildet, dessen Gutachten es nach § 411a ZPO verwerten durfte. Danach lag die Brandausbruchstelle entsprechend den im Gutachten enthaltenen Lichtbildern im Stoßbereich der vierten und fünften Bahn, wo sich eine größere Zerstörungsrate gezeigt habe. Die Holzverschalung sei oberseitig erkennbar mit angeschmolzenem Bitumen beschmiert gewesen, was auf eine erhöhte Wärmewirkung zurückzuführen sei. Der Lokalisierung dieser Brandausgangsstelle habe sich auch der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten angeschlossen. An dieser Stelle sei durch den Gutachter W. festgestellt worden, dass vier Lagen neue Bitumenbahnen übereinanderlappten, so dass zum Schweißen ein größe- rer Energieaufwand mit entsprechend höherer Hitzewirkung notwendig geworden sei. Es habe sich dabei um den Arbeitsbereich der Dachdecker, nicht jedoch um denjenigen der Zimmerleute, gehandelt. Gut zu erkennen sei auf den Lichtbildern des Gutachtens W., dass der Arbeitsbereich der Zimmerer von der Brandausbruchstelle deutlich entfernt gelegen habe. In der Nähe der Brandausbruchstelle seien keine neuen Schalbretter zu erkennen. Nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen L. seien im Bereich der Zimmererarbeiten keine Brandspuren feststellbar.
17
dd) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind im Zusammenhang mit dieser Beweiswürdigung keine Verfahrensfehler erkennbar. Dass die Brandwache S. entsprechend den Behauptungen der Beklagten den Rauch in einem anderen Bereich bemerkt haben will und zudem "gleichzeitig, nämlich innerhalb von Sekunden", auch an der angrenzenden aufsteigenden Giebelwand des Nachbargebäudes Rauch aus der Fassade aufgestiegen sein soll, lässt keine hinreichenden Rückschlüsse auf einen Brandherd in der Fassade statt auf dem Flachdach zu. Dies hat das Berufungsgericht sachverständig beraten aus den Grundregeln der Thermik gefolgert. Ob der Privatsachverständige B. in seiner zusammenfassenden Beurteilung in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, es sei unmöglich, die genaue Brandursache zu ermitteln, ist - abgesehen davon, dass es sich insoweit nur um qualifizierten Parteivortrag der Beklagtenseite handelt - unerheblich, denn im Zusammenhang mit dem Anscheinsbeweis ist es gerade nicht erforderlich, den konkreten Kausalverlauf zu klären. Schließlich vermögen auch die allgemeinen Ausführungen der Revisionen , der Arbeitsbereich der Zimmerleute der Beklagten zu 4 sei mit demjenigen der Beklagten zu 2 und 3 "praktisch identisch" gewesen, weil die Beteiligten "Hand in Hand" gearbeitet hätten, so dass die Zimmerleute der Beklagten zu 4 unmittelbar zuvor stets in demselben Bereich gearbeitet hätten wie die Beklagten zu 2 und 3, keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Denn nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts war dies an der Brandausbruchstelle gerade nicht der Fall.
18
ee) Da nach den das Revisionsgericht insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen ist, dass die Zimmerleute der Beklagten zu 4 an der Brandausbruchstelle nicht gearbeitet haben, trägt bereits diese Tatsache die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Verursachung des Brandes durch Funkenflug beim Durchtrennen eines Nagels mit der Handkreissäge nicht verursacht worden sein kann. Deshalb gehen die Angriffe der Revisionen gegen die den Ausschluss dieser Alternative betreffenden Hilfsbegründungen ins Leere. Abgesehen davon ist aber auch - entgegen der Auffassung der Revisionen - im Zusammenhang mit der weitergehenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts kein Rechtsfehler erkennbar. Nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen - denen das Berufungsgericht insoweit folgt - erreichen Funken, die bei dem Durchsägen eines Nagels mittels einer Kreissäge entstehen, nicht die erforderliche Zündtemperatur , um Papier in Brand zu setzen. Denn die Funken kühlten sich aufgrund der Umgebungstemperatur wieder ab. Nur wenn längere Zeit auf einem Nagel gesägt werde und hierdurch eine sehr hohe Reibung erzeugt werde, würde dadurch eine relativ hohe Temperatur erreicht, die grundsätzlich geeignet wäre, die Kaschierung des Dämmmaterials in Brand zu setzen. Diesen Vorgang indes habe der gerichtliche Sachverständige für absolut unwahrscheinlich gehalten. Allein die theoretische Möglichkeit, dass unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn über längere Zeit auf einem Nagel herumgesägt wird, durch Funkenflug ein Brand verursacht werden kann, hinderte das Berufungsgericht im Rahmen des § 286 ZPO nicht daran, sich eine gegenteilige Überzeugung zu bilden, zumal sich die Brandausbruchstelle nach den getroffenen Feststellungen nicht im Bereich der Zimmererarbeiten befand.
19
ff) Das Berufungsgericht hat auch rechts- bzw. verfahrensfehlerfrei als alternative Brandentstehungsursache einen elektrotechnischen Defekt ausgeschlossen. Der bloße Hinweis auf Defekte oder Kurzschlüsse in nicht näher bezeichneten elektrischen Leitungen genügt dabei nicht. Es müssen vielmehr konkrete Spuren ernsthaft die Möglichkeit eines derartigen Geschehensablaufs nahelegen (vgl. OLG Celle, aaO). Eine entsprechende Möglichkeit hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Gerichtssachverständigen L. jedoch verfahrensfehlerfrei ausgeschlossen. Dieser hat unter den Umständen des Streitfalles eine Brandausbreitung ausgehend von der Fassade in das Flachdach nach den Regeln der Thermik nicht für denkbar erachtet, weil ein Brand aufgrund der Regeln der Thermik grundsätzlich von unten nach oben und nicht umgekehrt entstehe. Das Berufungsgericht hat es unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen, des Bildmaterials sowie der Ausführungen des Gerichtssachverständigen L. für einleuchtend erachtet, dass sich der Brand infolge der vorhandenen Hohlräume und der Zugluft durch eine "Kaminwirkung" vom Flachdach schnell auch in den Bereich der Fassade habe ausbreiten können.
20
b) Den Revisionen kann auch nicht in der Auffassung beigetreten werden , der vom Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten angenommene Anscheinsbeweis sei jedenfalls erschüttert.
21
aa) Soweit die Revisionen meinen, die Beklagten hätten die Vermutung des Berufungsgerichts, das Feuer rühre von einem brennenden Bitumentropfen her, durch die unter Beweis gestellte Behauptung widerlegen können, dass es weder Zwischenräume in der Holzverschalung, durch die ein Tropfen auf die papierkaschierte Dämmung hätte fallen können, noch brennende Bitumentropfen gegeben habe, geht dieser Angriff bereits deshalb ins Leere, weil das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen ist, dass aufgrund des zugunsten der Klägerseite eingreifenden Anscheinsbeweises die genaue Ursache gerade nicht aufgeklärt werden muss. Aus diesem Grunde ist es unerheblich, ob die - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts naheliegende - Vermutung zutrifft, dass das Feuer durch einem brennenden Bitumentropfen verursacht worden ist oder durch andere Umstände, etwa eine Zündung von brennbarem Material durch die Flamme des Brenners oder den vor der Flamme liegenden Heißgasstrom (vgl. OLG Celle, aaO).
22
bb) Soweit schließlich die Revisionen meinen, der Anscheinsbeweis sei auch dadurch erschüttert, dass die Arbeiten der Beklagten zu 2 und 3 gerade nicht feuergefährlich gewesen seien, weil das Dämmmaterial nicht leicht entflammbar gewesen sei, setzen sie sich in Widerspruch zu den gegenteiligen Feststellungen des Berufungsgerichts und begeben sich damit auf das ihr verschlossene Gebiet der tatrichterlichen Würdigung, ohne relevante Verfahrensfehler aufzuzeigen. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
23
cc) Des Weiteren kann der Auffassung der Revisionen, dass die Grundsätze des Anscheinsbeweises wegen einer Beweisvereitelung durch die Klägerin zu 2 nicht zur Anwendung kommen, aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht den Sachvortrag der Beklagten als zu wenig konkret erachtet. Soweit die Revisionen darauf hinweisen, der Privatsachverständige B. habe in seinem Gutachten ausgeführt, ihm sei durch die Firmenleitung der Klägerin zu 2 am 3. September 2002 "eine Tatbestandsaufnahme entsprechend den Anweisungen des Versicherers" untersagt worden, vermag dies keinen Verfahrensfehler zu begründen. Denn das Berufungsgericht hat sich darauf gestützt, dass sich aus der Akte Gegenteiliges ergibt und hierzu ausgeführt, aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft sei ersichtlich, dass ein Vertreter der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1, für die der Sachverständige B. gutachterlich tätig geworden sei, am 2. September 2002 vor Ort gewesen sei. Dies hätten die Klägerinnen unwidersprochen vorgetragen. Auch sei der Beklagte zu 3 am 3. September 2002 persönlich vor Ort gewesen. Aus der vorgelegten und inhaltlich nicht bestrittenen Korrespondenz des damaligen Vertreters der Klägerin zu 1 mit dem Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1 lasse sich ebenso ersehen, dass die Klägerin zu 1 diese Versicherung bereits am 2. September 2002 zur Schadensbesichtigung eingeladen habe, und dass am 12. September 2002 ein weiteres Gespräch hätte stattfinden sollen, auch unter Beteiligung der Sachverständigen. Unter diesen Umständen war die in Bezug genommene Äußerung des Sachverständigen B. nicht hinreichend substantiiert , da bereits nicht ersichtlich ist, was mit einer "Tatbestandsaufnahme entsprechend den Anweisungen des Versicherers" gemeint sein soll. Eine Vernehmung des Zeugen B. wäre ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gewesen , zu dessen Erhebung das Berufungsgericht nicht verpflichtet war.
24
c) Die Revisionen nehmen zwar hin, dass das Berufungsgericht hinsichtlich des Verschuldens der Beklagten zu 1, die für die Beklagten zu 2 und 3 als ihre Erfüllungsgehilfen insoweit einstehen muss, die Vermutung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB herangezogen hat. Sie meinen jedoch, an den insoweit bei unaufklärbarer Ursache für den Schuldner möglichen Entlastungsbeweis, dass er alle ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1989 - X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446, 447; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 280 Rn. 40), habe das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen gestellt. Dies trifft indes nicht zu. Das Berufungsgericht hat sich in tatrichterlicher Würdigung im Rahmen der Abwägung der Möglichkeiten einer von der Beklagten zu 1 verschuldeten oder nicht verschuldeten Brandentstehung die Überzeugung gebildet, dass unter den besonderen Umständen des Streitfalles bei der bestehenden erhöhten Brandgefahr zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen beim Arbeiten mit offener Flamme in der Nähe brennbarer Stoffe erforderlich gewesen wären, was der Beklagten zu 1 und ihren Mitarbeitern erkennbar ge- wesen sei. Da das Berufungsgericht insbesondere auf die hier nach den örtlichen Gegebenheiten besonders hohe Brandgefahr abstellt, ist es im Ergebnis auch ohne Belang, ob das Berufungsgericht zu Unrecht die Unfallverhütungsvorschrift "Verwendung von Flüssiggas" (BGV D 34) statt der Unfallverhütungsvorschrift "Dachdeckerarbeiten" (BGR 203) herangezogen hat. Dass die Beklagten beim Arbeiten mit einem Brenner in der Nähe besonders feuergefährlicher Stoffe alle Sicherheitsvorkehrungen treffen mussten, um einen Brand zu verhindern, ist ein allgemeiner Grundsatz, der unabhängig von Unfallverhütungsvorschriften zu beachten ist. Das Berufungsgericht stellt im Rahmen seiner Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang insbesondere darauf ab, dass der Brand an einer Stelle entstanden ist, an der vier Lagen Bitumenbahnen verschweißt worden sind, wozu naturgemäß ein größerer Energieaufwand mit einer größeren Hitzeeinwirkung erforderlich gewesen sei, was zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen , etwa durch Unterlegung von nicht brennbarem Abdeckmaterial oder ein Arbeiten mit Heißluft oder mit einem kleineren Handbrenner, erfordert hätte. Dass das Berufungsgericht unter diesen Umständen eine Nichtbeachtung der erforderlichen Sorgfalt und ein damit einhergehendes Verschulden angenommen hat, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
25
d) Das Berufungsgericht ist - entgegen der Auffassung der Revisionen - mit Recht von einer Mithaftung des Beklagten zu 2 ausgegangen, weil dieser bei dem Verschweißen der Bitumenbahnen mit dem Beklagten zu 3 "Hand in Hand" zusammengewirkt habe. Soweit die Revision meint, eine Zurechnung gemäß § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB scheide aus, weil der Beklagte zu 3 den Brenner geführt und der Beklagte zu 2 lediglich das verflüssigte Bitumen festgetreten habe, was zur Herbeiführung der Rechtsgutverletzung "offenkundig" nicht geeignet gewesen sei, greift dies zu kurz. Denn das Berufungsgericht stellt zutreffend darauf ab, dass die ohne hinreichende Sicherheitsvorkehrungen in feuergefährdeter Umgebung durchgeführten Schweißarbeiten der Beklagten zu 2 und 3 einen tatsächlich zusammenhängenden einheitlichen Vorgang bilden, der sich nicht in selbständige Tätigkeiten aufspalten lässt. Darüber hinaus ist die Auffassung der Revisionen, der Beitrag des Beklagten zu 2 sei "offenkundig" zur Herbeiführung der Rechtsgutverletzung nicht geeignet gewesen, nicht durch hinreichenden Sachvortrag belegt, der die Möglichkeit ausschließt, dass gerade das Betreten der Nahtstelle durch den Beklagten zu 2 der Flamme, dem Heißgasstrom oder brennendem Bitumen einen Weg durch die darunter liegende Holzverschalung eröffnet haben könnte.
26
B) Zu den Anschlussrevisionen der Klägerinnen:
27
Die zulässigen Anschlussrevisionen der Klägerinnen haben Erfolg. Der Klägerin zu 2 kann - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - kein Mitverschulden an der Entstehung des Brandschadens zur Last gelegt werden.
28
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu 2 ein Mitverschulden in Höhe von 50 % angerechnet, weil diese die Beklagten zum einen nicht darüber informiert habe, dass das in Brand geratene Dach mit einer leicht entflammbaren Papierkaschierung gedämmt gewesen sei und deshalb eine besondere Brandgefahr bestanden habe und zum anderen, weil sie nicht darauf hingewiesen habe, dass das angrenzende Fabrikationsgebäude über keine Brandmauer verfügt habe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Anschlussrevisionen haben Erfolg.
29
2. Zwar kommt ein Mitverschulden auch dann in Betracht, wenn sich das Verschulden des Geschädigten auf die Unterlassung beschränkt, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen , die der Schuldner weder kannte noch kennen musste (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB).
30
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war den Beklagten aber aufgrund der vorangegangenen Öffnung eines Teilbereichs des Daches eine erhöhte Brandgefahr durch das Vorhandensein des papierkaschierten Dämmstoffes bekannt. Deshalb konnte der vom Berufungsgericht vermisste Hinweis seitens der Klägerin zu 2 auf diesen Umstand keinen Mitverschuldensvorwurf im Sinne des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB begründen.
31
b) Auch der unterlassene Hinweis auf die zum Nachbargebäude hin fehlende Brandmauer vermag keinen Mitverschuldensvorwurf zu rechtfertigen. Denn eine Warnpflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht nicht, wenn die Erkenntnismöglichkeiten des Schädigers gleich gut oder besser waren als die des Geschädigten (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1952 - II ZR 56/52, VersR 1953, 14, 15).
32
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nichts dafür ersichtlich , dass die Klägerin zu 2 insoweit über einen Wissensvorsprung oder über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügte als die Beklagten. Das Berufungsgericht geht nicht davon aus, dass der Klägerin zu 2 das Fehlen einer Brandmauer bekannt war. Es meint lediglich, diese habe sich in Anbetracht der Umstände zur aktiven Überprüfung des tatsächlich vorhandenen Brandschutzes veranlasst sehen müssen. Dieser Auffassung kann jedoch aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
33
bb) Das Berufungsgericht nimmt - im Ansatz zutreffend - an, dass für die sichere Ausführung der Dachdeckerarbeiten grundsätzlich der Fachbetrieb sowie die ausführenden Handwerker verantwortlich sind. Soweit in diesem Zusammenhang eine Pflicht zur Überprüfung des bestehenden Brandschutzes bestand, traf diese mithin die Beklagten. Sie konnten das Vorhandensein einer Brandmauer zum Nachbargebäude ebenso gut überprüfen wie die Klägerin zu 2.
34
3. Da insoweit keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind, kann der erkennende Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und - soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerinnen entschieden hat - das erstinstanzliche Urteil wiederherstellen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 15.04.2010 - 4 O 452/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.08.2012 - I-21 U 74/10 -

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/11 Verkündet am:
28. Februar 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
CMR Art. 1, 2, Art. 17 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a, 41; BGB § 254 A, Da

a) Gilt die CMR nicht nach ihren Art. 1 und 2, sondern aufgrund einer Parteivereinbarung
, können die Parteien von der CMR abweichende Regelungen in
den Grenzen des ohne sie anzuwendenden Rechts vereinbaren.

b) Die unzureichende Kontrolle einer von einem Unternehmer entgeltlich erbrachten
Leistung begründet regelmäßig kein Mitverschulden des Gläubigers
, wenn der Schuldner den entstandenen Schaden nach dem Inhalt des
Vertrags hätte verhüten müssen und der Gläubiger zu eigenen Kontroll- und
Überwachungsmaßnahmen nicht verpflichtet war.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2013 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof.
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin hatte den Auftrag, ein Studentenwohnheim in Solna/Stockholm zu errichten. Sie schloss mit dem in Hattersheim ansässigen Unternehmen B. -H. I. GmbH (im Weiteren: BHI) einen Nachunternehmervertrag über die Errichtung des Gebäudes. Die einzelnen Wohneinheiten sollten als Fertigmodule hergestellt und an die Baustelle in Solna verbracht werden.
2
Über die Transportleistungen schloss die BHI einen Vertrag mit der Beklagten. Die Module sollten von der Beklagten von der Produktionsstätte in Hattersheim zum Kieler Hafen transportiert, von dort per Schiff nach Södertälje in Schweden verbracht und anschließend per Lkw zur Baustelle geschafft werden. Auf dem Seewege sollten die Module überwiegend unter Deck, teilweise aber auch auf Deck transportiert werden. Die Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag , eine Transportversicherung einzudecken. Sie beauftragte die E. C. L. GmbH & Co. KG (im Weiteren: Streithelferin zu 1) mit der Lagerung im Kieler Hafen, dem Seetransport und der Eindeckung der Transportversicherung. Die von der Streithelferin zu 1 beauftragte Maklerin bestätigte den Abschluss der Transportversicherung im März 2004, die sie bei den Streithelferinnen der Klägerin (nachfolgend: Streithelferinnen zu 3 bis 11) abgeschlossen hatte.
3
Die BHI geriet in der Folgezeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine von der Beklagten verlangte Sicherheit für Transportkosten brachte die BHI nicht auf.
4
Die Klägerin schloss darauf mit der BHI einen Nachtrag zum Nachunternehmervertrag , nach dem die BHI die Lieferung der Fertigmodule ab Werk schuldete. Die Klägerin schloss weiterhin am 22. April 2004 einen als Transport -Speditionsvertrag bezeichneten Vertrag (im Weiteren: Transportvertrag) mit der Beklagten. Diese hatte danach für die Klägerin 231 Fertigmodule im Wege eines kombinierten Lastkraftwagen- und Schiffstransports von der Produktionsstätte der BHI von Hattersheim zur Baustelle in Solna/Schweden zu befördern. Nach Nummer 3 Buchstabe a des Transportvertrags war Bestandteil der Vereinbarung ein als Anlage 1 beigefügtes Angebotsschreiben der Beklagten vom 15. März 2004, nach dem sie eine Transportversicherung einzudecken hatte. Auf den Transportvertrag sollte nach dessen Nummer 6 die CMR anzuwenden sein.

5
Die Beklagte holte die Module bei der BHI in Hattersheim ab und brachte sie mit Tiefladern nach Kiel. Die von der Beklagten mit der Zwischenlagerung und dem Seetransport beauftragte Streithelferin zu 1 ließ die Module dort bei einem Lagerhausunternehmen zwischenlagern und ab dem 24. April 2004 von einer Reederei per Schiff weiterbefördern. Nachdem die Beklagte der Klägerin mit Telefax vom 28. April 2004 eine Versicherungsbestätigung der GGR Versicherungsmakler GmbH & Co. KG (im Weiteren: GGR) vom 22. März 2004 übersandt hatte, erfolgten am 11. Mai und 25. Mai, am 18. Juni und 28. Juni sowie am 7. Juli 2004 Schiffstransporte mit den weiteren Modulen. Die Module wurden im Hafen von Södertälje/Schweden entladen und dort zunächst im Freien zwischengelagert. Auf Abruf brachte die Beklagte sie mit Tiefladern zu der Baustelle in Solna.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, sechs Module aus dem Transport vom 25. Mai 2004 und 119 Module aus den Transporten vom 18. und 28. Juni sowie 7. Juli 2004 seien auf dem Weg von der Produktionsstätte der BHI zur Baustelle in Solna durch Feuchtigkeit beschädigt worden. Die ihr dadurch entstandenen Schäden seien weder aufgrund der Mitteilung der GGR vom 22. März 2004 noch sonst versichert. Die abgeschlossene Versicherung bestehe nur zugunsten der BHI.
7
Die Klägerin hat die Beklagte wegen der Beschädigung der Module auf Zahlung von 1.249.700 € und Erstattung anteiliger Frachtkosten in Höhe von 175.791 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
8
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 832.583,37 € - der Betrag setzt sich zusammen aus 693.948,50 € für die Nichteindeckung der vereinbarten Transportversicherung und aus einer anteiligen Frachtkostenerstattung - nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

9
Im zweiten Rechtszug haben die Beklagte und der dem Rechtsstreit ebenfalls auf ihrer Seite beigetretene Versicherer, bei der die Streithelferin zu 1 ihre Risiken aus Speditions- und Frachtverträgen versichert hatte (im Weiteren: Streithelferin zu 2), mit der Berufung den Antrag auf Abweisung der Klage und die Klägerin mit der Anschlussberufung ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
10
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Streithelferin zu 2 beantragt, verfolgt die Klägerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
12
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen unterbliebener Eindeckung einer Transportversicherung aus § 280 Abs. 1 BGB scheide aus, weil die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Telefaxes vom 28. April 2004 beanstandet habe, dass und warum die darin beschriebene Versicherung nicht den zwischen ihr und der Beklagten getroffenen vertraglichen Absprachen genügt habe. Es entspreche einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand für sich Vorteile aus einem von ihm treuewidrig herbeigeführten Ereignis ableiten dürfe, und es liege auf der Hand, dass die Beklagte bei einem entsprechenden Hinweis unverzüglich für eine vertragsgerechte Versicherung gesorgt hätte.
13
Ansprüche wegen der streitgegenständlichen Nässeschäden nach Art. 17 Abs. 1 CMR seien ebenfalls zu verneinen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, welche konkreten Schäden während der Obhut der Beklagten entstanden seien, da Module durchaus erst im zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Einbau in das Gebäude beschädigt worden sein könnten. Die Vernehmung weiterer Zeugen verbiete sich, weil dies der Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gleichkäme.
14
Eine Haftung der Beklagten wäre zudem auch dann ausgeschlossen, wenn von einer Beschädigung der Module während des Obhutszeitraums der Beklagten auszugehen sei. Nach den vertraglichen Vereinbarungen habe die Beklagte den Transport in bestimmter Weise auszuführen gehabt und könnten ihr daher aus dessen vereinbarungsgemäßer Durchführung nach dem in Art. 17 Abs. 4 Buchst. a und b CMR enthaltenen Rechtsgedanken keine Nachteile entstehen. Die Klägerin habe keinen anderen als den aus technischen Gründen allein möglichen Transport auf offenen Fahrzeugen erwarten können und könne sich, da sie die BHI gemäß Nummer 4 des Nachtrags zum Turnkey-Nachunternehmervertrag vom 22. April 2004 (im Weiteren: Nachtrag) mit der Planung und Beaufsichtigung des Transports beauftragt habe, auch nicht darauf berufen, in dessen Details nicht eingebunden gewesen zu sein. Sie müsse sich daher die Kenntnis, die Willenserklärungen und das sonstige Tun der BHI zurechnen lassen. Für diese habe das Bedürfnis auf der Hand gelegen, die Module mit Tiefladern zu transportieren, weshalb ein solcher Transport als vereinbart anzusehen sei und die Beklagte für daraus resultierende Schäden nicht einstehen müsse. Da der Nässeschutz wegen der besonderen Größe der Module mit den üblichen Mitteln eines Transportunternehmens nicht zu gewährleisten gewesen sei, habe die Klägerin zudem eine Verpackung geschuldet, die das Transportgut ausreichend gegen Nässeeinwirkungen geschützt hätte. Aufgrund der Erklärung des Mitarbeiters K. der BHI, diese werde die Module der Beklagten seefest verpackt übergeben, habe der Nässeschutz überdies zu den vertraglichen Pflichten der Klägerin als Versenderin gehört.
15
Eine Haftung der Beklagten scheide auch bei direkter Anwendung der Haftungsausschlüsse nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a und b CMR aus. Der Klägerin sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen eines für die Anwendung des Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR erforderlichen Vermerks im Frachtbrief über die Verwendung von offenen Fahrzeugen zu berufen, weil der Transportleistung der Beklagten die Absprache zugrunde gelegen habe, dass die Verpackung einschließlich des Nässeschutzes nicht vom Transportunternehmen , sondern von einem Dritten übernommen werde. Wegen der Erklärung des Mitarbeiters K. der BHI, die Module seien bei Übergabe seesicherverpackt , gelte nach Treu und Glauben dasselbe für den Haftungsausschluss wegen Verpackungsmängeln nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. b CMR.
16
Die Haftung der Beklagten wäre überdies auch nach Art. 17 Abs. 2 CMR ausgeschlossen, weil die Klägerin es zugelassen habe, dass in ihrem Namen Erklärungen abgegeben und Handlungen vorgenommen worden seien, die die Art und Weise der Transportdurchführung unmittelbar beeinflusst hätten, und weil etwaige Ansprüche der Klägerin, die sich das Verhalten der BHI zurechnen lassen müsse, jedenfalls im Rahmen einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge auf Null reduziert wären.
17
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Diese hat zwar zu Recht Ansprüche der Klägerin aus Art. 17 Abs. 1 CMR verneint (dazu unter II 1). Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Nichteindeckung einer Transportversicherung scheide aus, weil die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Telefaxes vom 28. April 2004 beanstandet habe, dass die darin beschriebene Versicherung nicht den zwischen ihr und der Beklagten getroffenen vertraglichen Absprachen entsprochen habe (dazu unter II 2).

18
1. Die Revision rügt im Ergebnis vergeblich, das Berufungsgericht hätte den von der Klägerin aus Art. 17 Abs. 1 CMR geltend gemachten Anspruch nicht als ausgeschlossen ansehen dürfen, weil der Klägerin nicht der Nachweis von Beschädigungen an den streitgegenständlichen Modulen bei der Ablieferung in Solna gelungen sei, ohne die von der Klägerin dazu benannten Zeugen zu vernehmen. Der von der Revision in dieser Hinsicht geltend gemachte Verfahrensfehler ist im Hinblick auf den Anspruch nach Art. 17 Abs. 1 CMR nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen , dass die Beklagte von einer Haftung aus Art. 17 Abs. 1 CMR befreit ist, weil die Beschädigung auf eine vereinbarte Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen zurückzuführen ist.
19
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien hätten die Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen vereinbart. Aus technischen Gründen sei ein Transport der übergroßen Module nur auf offenen Fahrzeugen möglich gewesen. Das habe die Klägerin, die an dem Vorgespräch über den Transport der Module von Hattersheim nach Solna beteiligt gewesen sei, gewusst. In Kenntnis dieses Umstands habe die Klägerin den Transportvertrag mit der Beklagten am 22. April 2004 geschlossen. Es sei nicht ausgeschlossen , dass die Schäden an den Modulen durch den Transport auf offenen Fahrzeugen eingetreten seien. Der Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR setze zwar voraus, dass die Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane im Frachtbrief vermerkt werde, was vorliegend nicht geschehen sei. Ob dies auch bei einer ausdrücklichen Vereinbarung eines Transports auf offenen Fahrzeugen zu gelten habe, könne offenbleiben. Der Klägerin sei es vorliegend nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den fehlenden Vermerk in den Frachtbriefen zu berufen.
20
b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei die Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane für den Lkw-Transport vereinbart worden, mit der Begründung, die Erklärungen von Mitarbeitern der BHI seien für die Klägerin nicht verbindlich.
21
Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Vereinbarung nicht auf eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Klägerin nach §§ 164, 167 BGB durch Mitarbeiter der BHI gestützt. Es ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Verwendung offener Fahrzeuge Gegenstand des Transportvertrags der Parteien vom 22. April 2004 war, weil die übergroßen Module nur auf offenen Tiefladern transportiert werden konnten und dies der Klägerin bekannt war.
22
c) Die Revision macht in diesem Zusammenhang weiter geltend, die vom Berufungsgericht angenommene Befreiung der Beklagten von der Haftung für Schäden infolge der Verwendung offener Fahrzeuge nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR setze auch dann, wenn das Gut wegen seiner Größe oder wegen seiner Beschaffenheit nicht in geschlossenen Fahrzeugen habe transportiert werden können, nach ganz überwiegender Meinung im Schrifttum neben einer ausdrücklichen Vereinbarung dieser Beförderungsart einen entsprechenden Vermerk im Frachtbrief voraus.
23
Auch dieser Angriff verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Die Vereinbarung der Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane ist auch ohne Vermerk im Frachtbrief wirksam erfolgt.
24
aa) Die Geltung der CMR beruht im Streitfall nicht auf Art. 1 oder 2 CMR. Es handelte sich bei dem vereinbarten Transport um einen Multimodaltransport, auf den, wie die im Streitfall nicht einschlägige Ausnahmeregelung des Art. 2 CMR über den sogenannten Huckepack-Verkehr zeigt, ohne die in der Nummer 6 des Transportvertrags der Parteien vorgenommene Rechtswahl nicht die CMR, sondern nach dem gemäß Art. 28 Rom-I-VO zeitlich noch anwendbaren Art. 28 Abs. 4 EGBGB das deutsche Recht anzuwenden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 181/05, BGHZ 177, 309 Rn. 20 ff.). Danach wäre der Streitfall ohne die Vereinbarung der CMR durch die Parteien gemäß § 452 Satz 1 und 2 HGB grundsätzlich nach den §§ 407 bis 450 HGB und insbesondere den §§ 425 ff. HGB zu beurteilen gewesen. Die Anwendung eines davon abweichenden hypothetischen Teilstreckenrechts hätte nach § 452a Satz 2 HGB den Nachweis des Schadenseintritts auf der betreffenden Teilstrecke durch denjenigen erfordert, der einen solchen Schadenseintritt behauptet hätte.
25
bb) Die Bestimmungen der CMR sind nach deren Art. 41 allerdings grundsätzlich für beide Vertragsparteien zwingend. Dies gilt freilich nur insoweit, als die CMR nach Art. 1 und 2 CMR Geltung beanspruchen kann. Wenn die CMR dagegen lediglich aufgrund einer Parteivereinbarung gilt, können die Parteien von ihr in den Grenzen des ohne sie anzuwendenden Rechts auch teilweise wieder abweichen (vgl. GroßKomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI nach § 452, Art. 1 CMR Rn. 4; Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 41 CMR Rn. 5; zweifelnd de la Motte/Temme in Thume, CMR, 2. Aufl., Art. 1 Rn. 60).
26
cc) So verhält es sich im Streitfall. Nach § 427 Abs. 1 Nr. 1 HGB ist der Frachtführer von seiner Haftung befreit, soweit die Beschädigung auf die vereinbarte oder der Übung entsprechende Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen zurückzuführen ist. Zusätzliche Voraussetzungen , wie sie in Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR mit den Erfordernissen der ausdrücklichen Vereinbarung und eines Vermerks im Frachtbrief enthalten sind, sieht § 427 Abs. 1 Nr. 1 HGB nicht vor.
27
Danach konnten die Parteien die Anforderungen an den Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR wirksam abbedingen. Sie haben dies auch durch die Vereinbarung getan, für den Landtransport offene, nicht mit Planen gedeckte Fahrzeuge zu verwenden.
28
Haben die Parteien den Transport der Module auf offenen Fahrzeugen wirksam vereinbart, greift zugunsten der Beklagten die Vermutung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 CMR. Diese setzt voraus, dass der Frachtführer die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verlust und den in Art. 17 Abs. 4 CMR bezeichneten besonderen Gefahren konkret aufzeigt oder dieser nach der Lebenserfahrung aus einer der Gefahren folgt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 55/98, TranspR 2000, 459, 462 = NJW-RR 2000, 1635).
29
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Verpackung wegen des fehlenden Schutzes vor Fahrtwind auf den offenen Transportfahrzeugen aufgerissen sein kann und die fraglichen Beschädigungen der Module darauf beruhen. Das reicht für das Vorliegen der Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 CMR aus. Dieser Vermutungstatbestand ist nicht widerlegt.
30
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 28 Abs. 4 EGBGB wegen fehlender Eindeckung einer vertragsgerechten Transportversicherung verneint hat.
31
a) Soweit das Schweigen der Klägerin auf das Telefax der Beklagten vom 28. April 2004 - wie vom Berufungsgericht angenommen - für den unterbliebenen Abschluss einer vertragsgerechten Transportversicherung ursächlich war, beurteilen sich die für den Schadensersatzanspruch der Klägerin ergeben- den Folgen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 242 BGB, sondern aus § 254 BGB. Die nach der Ansicht des Berufungsgerichts unzureichende Kontrolle der von der Beklagten erbrachten Leistung stellt schon deshalb kein den Klageanspruch ausschließendes Mitverschulden der Klägerin dar, weil ein Unternehmer, der entgeltliche Leistungen anbietet, im Allgemeinen im Verhältnis zum Auftraggeber für die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung allein verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1999 - I ZR 70/97, TranspR 1999, 410, 411 = VersR 2000, 474). Der Mitverschuldenseinwand wegen unterbliebenen Hinweises greift daher regelmäßig nicht ein, wenn der in Anspruch Genommene den entstandenen Schaden nach dem Inhalt des Vertrags hätte verhüten müssen und der Geschädigte zu eigenen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nicht verpflichtet war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - IX ZR 255/90, NJW 1992, 307, 309 = VersR 1992, 200, insoweit nicht in BGHZ 115, 382; BGH, Urteil vom 22. November 2007 - III ZR 9/07, BGHZ 174, 255 Rn. 16). Eine Obliegenheit des Gläubigers, einen ihm drohenden Schaden durch Erteilung eines Hinweises an den Schuldner abzuwenden oder zu mindern, besteht zudem nur dann, wenn der Schuldner die Gefahr weder gekannt hat noch hätte erkennen müssen (vgl. MünchKomm.BGB /Oetker, 6. Aufl., § 254 Rn. 72); dies war hier aber nicht der Fall.
32
b) Die Revision der Klägerin ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
33
aa) Die Revisionserwiderung greift allerdings die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte sei aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Parteien verpflichtet gewesen, zugunsten der Klägerin eine Transportversicherung abzuschließen, mit Gegenrügen an. Für das Revisionsverfahren ist jedoch zugunsten der Klägerin von dieser Beurteilung auszugehen. Die Nichterfüllung der damit zu unterstellenden Pflicht begründete unabhängig von einer entspre- chenden Eintragung im Frachtbrief eine Haftung nach nationalem Recht (vgl. MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 6 CMR Rn. 38; Koller aaO Art. 6 CMR Rn. 17). Die Beklagte hat diese Pflicht nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen im Berufungsurteil maßgeblichen Klagevortrag verletzt und die Klägerin dadurch insoweit geschädigt, als diese bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten - wiederum nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag der Klägerin - Versicherungsleistungen erhalten hätte.
34
bb) Das Vorstehende gilt auch dann, wenn die Beklagte eine Transportversicherung hätte abschließen müssen, die nur während ihrer Obhut eingetretene Schäden abdeckte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es seien keine Schäden an den Modulen vor ihrer Ablieferung an der Baustelle in Solna bewiesen , beruht darauf, dass es die Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen N. und W. anders gewürdigt hat als das Landgericht. Dies stellt einen Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO dar, weil das Berufungsgericht die Zeugen nicht erneut vernommen hat.
35
Nach ständiger Rechtsprechung muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen regelmäßig gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5; Beschluss vom 15. März 2012 - I ZR 125/11, juris Rn. 6). Ein solcher Ausnahmefall, bei dem das Berufungsgericht die Zeugen nicht erneut vernehmen musste, liegt nicht vor.
36
(1) Die Angaben des Zeugen N. , die das Landgericht als überzeugend und nicht ergänzungsbedürftig angesehen und aus denen es auf Beschädigungen an den betreffenden Modulen schon bei deren Ablieferung an der Baustelle in Solna geschlossen hat, enthielten nach Ansicht des Berufungsgerichts Unstimmigkeiten, die zwar nicht auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Zeugen schließen, angesichts der Komplexität der Vorgänge und der Vielzahl der Module und Transporte Irrtümer aber nicht als ungewöhnlich erscheinen ließen. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen lassen damit erkennen, dass das Berufungsgericht die protokollierte Aussage des Zeugen N. im Gegensatz zum Landgericht als nicht überzeugend angesehen hat.
37
(2) Nach der Beweiswürdigung des Landgerichts ergaben sich erhebliche Beschädigungen der fraglichen Module durch Nässeeinwirkungen auch aus den Angaben des Zeugen W. , wonach er etwa 50 Module im Hafen von Södertälje gesehen und innen und außen besichtigt hat, in denen das Wasser an den Wänden herabgelaufen war und auf dem Boden der Module stand. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, den Angaben des Zeugen könne nicht entnommen werden, ob es sich im Inneren der Module um Kondenswasser oder um von außen eingedrungenes Wasser gehandelt habe. Zudem würden die Angaben des Zeugen auf einer Kombination von Vermutungen beruhen. Diese Ausführungen lassen erkennen, dass das Berufungsgericht im Gegensatz zum Landgericht auch an der Glaubwürdigkeit des Zeugen W. oder jedenfalls der Glaubhaftigkeit seiner Aussage Zweifel gehabt und diese Aussage zudem - anders als das Landgericht - als unklar und unvollständig angesehen hat.
38
cc) Die Klägerin hat zum Beweis für das Vorliegen der Beschädigungen an den Modulen schon bei Ablieferung an der Baustelle in Solna außer den vom Landgericht vernommenen Zeugen die weiteren Zeugen An. , A. , B. , Bo. , J. , M. , P. , S. , Sö. , T. und Wi. benannt. Das Berufungsgericht hätte den Eintritt der in Rede stehenden Beschädigungen vor der Ablieferung der Module an der Baustelle in Solna nicht ohne Vernehmung dieser Zeugen als unbewiesen ansehen dürfen.
39
Die Benennung der Zeugen stellte entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keinen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar. Von einem unzulässigen und damit unbeachtlichen Beweisantrag ist nur auszugehen, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt oder mit einem Beweisantrag darauf abzielt , bei Gelegenheit der beantragten Beweisaufnahme Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die genaueres Vorbringen oder die Benennung weiterer Beweismittel erst ermöglichen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 37 mwN). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
40
Nachdem das Landgericht den Eintritt von Beschädigungen an den Modulen bereits vor deren Ablieferung festgestellt hatte, hat es auch das Berufungsgericht als durchaus denkbar angesehen, dass es schon auf dem Weg von der Produktionsstätte in Hattersheim bis zur Baustelle in Solna zu Wasserschäden an den Modulen gekommen war. Die unterbliebene Erhebung des von der Klägerin angebotenen weiteren Zeugenbeweises ließ sich danach entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht damit rechtfertigen, dass die Klägerin wegen ihres komplexen und vielschichtigen Vorbringens hätte darlegen müssen , warum welcher Zeuge welche der Behauptungen bestätigen könne und weshalb welcher Zeuge in welcher Funktion wann welche Feststellungen getroffen habe. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 33 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl; Urteil vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, NJW-RR 2012, 1240 Rn. 26). Unerheblich ist dabei regelmäßig, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht und auf welche Weise der benannte Zeuge von der unter Beweis gestellten Tatsache Kenntnis erlangt hat.
41
Die unterbliebene Erhebung des von der Klägerin angetretenen Zeugenbeweises wäre danach nur dann nicht zu beanstanden gewesen, wenn jede Möglichkeit ausgeschlossen gewesen wäre, dass die Beweisaufnahme Sachdienliches ergeben könnte. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. So war etwa der Zeuge M. ein Hafenarbeiter aus Södertälje, der nach dem Vortrag der Klägerin bestätigen konnte, dass die Module bereits zu dem Zeitpunkt nass waren, zu dem sie aus dem Schiff entladen wurden. Nach den Angaben des vom Landgericht vernommenen Zeugen N. haben die Zeugen Sö. und A. eine Fotodokumentation von den noch auf Lastwagen befindlichen Modulen gefertigt.
42
III. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben ; es ist aufzuheben. Da die Sache nicht zu Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
43
Dieses wird sich nunmehr mit den Einwendungen auseinanderzusetzen haben, die die Beklagte in der Revisionserwiderung gegen die im Berufungsurteil getroffene Feststellung erhoben hat, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, zugunsten der Klägerin eine Transportversicherung abzuschließen. Sollte sich ergeben, dass diese Einwendungen nicht durchgreifen, wird das Berufungsgericht der von ihm bislang - aus seiner Sicht folgerichtig - noch nicht behandelten Frage nachzugehen haben, in welcher Höhe die Klägerin dadurch einen Schaden erlitten hat, dass die Beklagte keine Transportversicherung eingedeckt hat.
Büscher Pokrant Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 08.01.2010 - 15 O 363/07 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 10.08.2011 - 13 U 39/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 176/06
Verkündet am:
24. Mai 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der kündigende
Arbeitnehmer aus § 628 Abs. 2 BGB lediglich einen auf den Zeitraum der
fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch
hat und eine angemessene Vergütung entsprechend §§ 9, 10 KSchG
verlangen kann (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004
- 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a), ist auf den Schadensersatzanspruch
des Arbeitnehmers gegen seinen Rechtsvertreter, durch
dessen Verschulden ein Kündigungsschutzprozess verloren geht, nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagten, eine Gewerkschaft und eine gewerkschaftseigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Zweck unter anderem die Gewährung von Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder ist, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sie hätten ein arbeitsrechtliches Kündigungsschutzverfahren fehlerhaft durchgeführt. Dies habe zur Folge gehabt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2003 durch Kündigung der Arbeitgeberin beendet worden sei.
2
Der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter waren in der Abteilung Apparatebau ihrer Arbeitgeberin beschäftigt. Am 11. September 2002 unterrichtete ein Vertreter der Arbeitgeberin beide Beschäftigten davon, dass diese Abteilung aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden solle. Er zeigte in dem Gespräch folgende Alternativen auf: Zum einen komme eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2002 mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 in Betracht; zum anderen sei eine Weiterbeschäftigung mit einem allerdings deutlich geringeren Lohn in einem anderen Unternehmensbereich möglich. Ein von dem Vertreter der Arbeitgeberin über dieses Gespräch angefertigtes Protokoll hält fest, dass die beiden Beschäftigten keine Stellungnahme abgegeben hätten und ein neuer Gesprächstermin für den 18. September 2002 vereinbart worden sei.
3
Die Arbeitgeberin sprach mit am 30. September 2002 zugegangenem Schreiben entsprechend der ersten im Gespräch vom 11. September 2002 erörterten Alternative die Kündigung des Klägers mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 aus. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage, mit deren Durchführung der Kläger die beiden Beklagten beauftragte, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sei nicht gewahrt. Ein zuvor gestellter Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage war rechtskräftig zurückgewiesen worden.
4
Der Kläger macht geltend, die Versäumung der Klagefrist beruhe auf einer verschuldeten Pflichtverletzung beider Beklagten. Er hat behauptet, bereit gewesen zu sein, auf den von der Arbeitgeberin angebotenen geringer bezahlten Arbeitsplatz zu wechseln. Er nimmt die Beklagten deshalb auf Zahlung von Schadensersatz wegen in den Jahren 2003 und 2004 entgangenen Lohns auf der Grundlage des hypothetischen Arbeitsplatzwechsels in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihm den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm infolge der fehlerhaften Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe in dem Gespräch am 11. September 2002 die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch verweigert. Deshalb sei, so haben sie gemeint, eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr in Betracht gekommen, so dass die Klage gegen die Beendigungskündigung auch bei ihrer rechtzeitigen Erhebung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
5
Die Klage ist in erster Instanz erfolgreich gewesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Arbeitgeberin wäre im Kündigungsschutzprozess ohne die den Beklagten vorzuwerfende Fristversäumung mit ihrer Beendigungskündigung gescheitert, da sie zum milderen Mittel der Änderungskündigung hätte greifen müssen. Der Kläger habe zuvor ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot nicht endgültig abgelehnt. Soweit die Beklagten ihre gegenteilige Behauptung unter Zeugenbeweis gestellt hätten, habe mit Rücksicht auf den schriftlichen Vermerk über das Gespräch am 11. September 2002 kein Anlass bestanden, dem Beweisangebot nachzugehen. Die Einwände gegen die Schadensberechnung seien nicht durchgreifend. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Schadensersatzpflicht nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zum Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens entsprechend §§ 9, 10 KSchG zu begrenzen sei. Diese Rechtsfrage sei erst in einem etwaigen künftigen Betragsverfahren zu prüfen.

II.


8
1. Dies hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.
9
Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Versäumung der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage auf einem schuldhaften Versäumnis beider Beklagten beruht.
10
Das Berufungsgericht hätte jedoch der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Angebot der Arbeitgeberin, ihm einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ernsthaft und endgültig abgelehnt, und dem Beweisantritt hierzu nachgehen müssen. Trifft die Behauptung der Beklagten, die die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass auch eine rechtzeitig erhobene Kündi- gungsschutzklage erfolglos geblieben wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573), zu, war eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr zuzumuten, so dass sie die Beendigungskündigung aussprechen durfte (vgl. BAGE 47, 26, 38; 114, 243, 254 m.w.N.; BAG NJW 2001, 2737, 2741).
11
a) Die Vorinstanz hätte nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Beklagten sei durch den von der Arbeitgeberseite gefertigten Gesprächsvermerk bereits widerlegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war eine detaillierte Auseinandersetzung der Beklagten mit der Urkunde nicht erforderlich. Es genügte die unter Beweis gestellte Behauptung des Gegenteils der in dem Schriftstück wiedergegebenen Tatsache, dass das Gespräch vom 11. September 2002 ohne Stellungnahme des Klägers zu den von der Arbeitgeberin aufgezeigten Alternativen endete. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch den Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch abgelehnt, beinhaltet im Übrigen denknotwendig die von dem Berufungsgericht vermisste Behauptung einer "schriftlichen Lüge" in der Urkunde.
12
b) Entgegen der Auffassung des Klägers mussten die Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde näher darlegen, aufgrund welcher Umstände die in dieser enthaltenen Erklärungen oder Feststellungen unrichtig seien.
13
Zwar besteht nach ständiger Rechtsprechung für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (z.B. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f m.w.N.), so dass die Partei, die Tatsachen behauptet, die mit dem Inhalt des Schriftstücks im Widerspruch stehen, hierfür beweispflichtig ist (vgl. BGH aaO S. 3165). Ob dies auch für Urkunden gelten kann, die nicht ein Rechtsgeschäft dokumentieren, sondern, wie hier, den Gang arbeitsrechtlicher Verhandlungen, an denen zudem eine der Prozessparteien selbst nicht beteiligt war, kann auf sich beruhen.
14
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet dies nicht, dass dem unter Beweis gestellten Vorbringen einer Partei, mit dem sie Tatsachen geltend macht, die dem Inhalt der Urkunde widersprechen, nur dann nachzugehen ist, wenn sich der Prozessbeteiligte im Einzelnen mit dem Dokument auseinandersetzt und substantiiert vorträgt, aus welchen Gründen die darin enthaltenen Feststellungen unzutreffend sind. Insbesondere darf die Erhebung der insoweit angebotenen Beweise nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Unrichtigkeit der Urkunde plausibel dargelegt wird. Erwägungen hierüber sind im Rahmen der Beweiswürdigung anzustellen, die erst erfolgen kann, wenn die angebotenen Beweise erhoben sind.
15
Aber auch im Übrigen hatten die Beklagten zu den Umständen der von ihnen behaupteten Weigerung des Klägers nicht näher vorzutragen. An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2007 - III ZR 156/06 - Beschlussumdruck S. 5 Rn. 8; Senatsurteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGH-Report 2003, 891, 892 m.w.N.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die maßgeblichen Geschehensabläufe hat und die Darlegung und die Beweisführung deshalb erschwert sind, kann sie auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird der Beweisantrag unter solchen Umständen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO m.w.N.).
16
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Änderungsangebot seiner Arbeitgeberin ernsthaft und endgültig abgelehnt, ist nicht in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich, da die Beklagten bei dem Gespräch am 11. September 2002 nicht vertreten waren und ein Anknüpfungspunkt für die Behauptung, die in der Urkunde enthaltene Feststellung sei unzutreffend, vorhanden ist, weil die Arbeitgeberin nach dem Vorbringen der Beklagten im Kündigungsschutzprozess vorgetragen hat, der Kläger habe es abgelehnt, die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz auch nur in Erwägung zu ziehen.
17
c) Die notwendige Beweisaufnahme ist nachzuholen, weshalb die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
18
2. Für die weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen der Parteien weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen Auflösungsverschuldens begrenzt ist, auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar ist. Danach tritt, wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, neben den auf den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch lediglich eine angemessene Vergütung, für deren Bemessung auf die Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG abzustellen ist (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004 - 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a). Für den Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters aus § 89a Abs. 2 HGB hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden, dass sich die Forderung auf den Zeitraum bis zu dem von vornherein vereinbarten oder durch eine (fiktive) ordentliche Kündigung herbeigeführten Vertragsende beschränkt (BGHZ 122, 9, 12 ff).
19
a) Die Erwägungen, mit denen das Bundesarbeitsgericht die Begrenzung des Schadensersatzes im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtfertigt, sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Rechtsvertreter nicht zu übertragen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Anspruch aus § 89a Abs. 2 HGB. Die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs des § 628 Abs. 2 BGB hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm hergeleitet, wonach in der zweiten Kommission zum Entwurf des BGB Einigkeit bestand, dass der zum Schadensersatz Verpflichtete so zu behandeln sei, als ob er seinerseits gekündigt hätte, sobald dies nach der Kündigung des anderen Teils statthaft gewesen sei (BAGE aaO, S. 291 m.w.N.). Da die Beschränkung des Schadensausgleichs auf den reinen "Verfrühungsschaden" nicht den gesetzlichen Wertungen des Kündigungsschutzes entspreche, sei der Schadensersatz allerdings um eine Vergütung zu ergänzen, die nach den Abfindungsregelungen der §§ 9, 10 KSchG zu bemessen sei (BAGE aaO, S. 291 f; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
20
Die besondere Regelungssituation des § 628 Abs. 2 BGB ist, ebenso wie diejenige des § 89a Abs. 2 HGB, dadurch charakterisiert, dass ein Vertragsteil - auf die vorliegende Konstellation übertragen der Arbeitnehmer - das Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch, wenn auch veranlasst durch das vertragswidrige Verhalten der Gegenseite, beendet. Der Arbeitnehmer verzichtet damit auf die ihm an sich zustehende Fortführung des im Rahmen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes bestandsgesicherten Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend ist maßgebender Gesichtspunkt für die analoge Anwendung der Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG, dass der Arbeitnehmer, der einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, für den Verzicht auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz einen Ausgleich verlangen kann. Die Lage des wegen schuldhafter Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers selbst kündigenden Arbeitnehmers ist vergleichbar mit derjenigen des Arbeitnehmers, dem gegenüber der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen hat und der nun seinerseits einen Auflösungsantrag stellt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (BAGE aaO S. 292; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
21
Eine derartige Lage besteht bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht; vielmehr liegt eine geradezu gegenläufige Situation vor. Der Arbeitnehmer, der, wie hier, eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung erhebt, verzichtet gerade nicht auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses und den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Er macht ihn im Gegenteil geltend. Wird der Erfolg der auf Weiterbeschäftigung gerichteten Klage durch das Verschulden des Rechtsvertreters des Arbeitnehmers vereitelt, besteht deshalb der für die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB maßgebende Grund nicht (so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf OLGR 2006, 152, 153). Dies liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in der - allerdings ohne, dass es in den jeweils entschiedenen Sachverhalten im Ergebnis darauf ankam - in derartigen Fallgestaltungen eine solche Einschränkung des Schadensersatzes nicht erwogen wurde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 10. Januar 2002 - III ZR 62/01 - NJW 2002, 1115, 1117 und vom 23. Mai 1991 - III ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1458, 1459 f; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2001 - IX ZR 124/00 - NJW 2002, 593, 594 und vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573 f).
22
b) Es hat demnach für die Schadensberechnung wegen des Verdienstausfalls des Klägers bei der Anwendung der allgemeinen, aus §§ 249 ff BGB folgenden materiell-rechtlichen Grundsätze (vgl. zur grundsätzlichen Dauer der Erwerbsschadensersatzverpflichtung z.B.: BGH, Urteile vom 30. Mai 1989 - VI ZR 193/88 - NJW 1989, 3150, 3151 und vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 - NJW-RR 1988, 470, 471) unter Berücksichtigung von § 287 ZPO sein Bewenden. Soweit die Beklagten für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs anführen, eine "ewige Rente" könne wegen der Imponderabilien im Leben eines Arbeitnehmers, wie späterer wirksamer Kündigung, Krankheit, Insolvenz des Unternehmens oder Wegzugs des Arbeitnehmers, nicht gewährt werden, wird dem zumindest teilweise durch die Möglichkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO Rechnung getragen, sofern ein entsprechender Leistungstitel vorliegt. Solange nur ein Feststellungsurteil existiert, können derartige Einwendungen gegen den "Dauerrentenanspruch" des Arbeitnehmers ohnehin geltend gemacht werden. Überdies besteht Aussicht für den Schädiger, nicht bis zum Erreichen des Rentenalters des Arbeitnehmers oder gar länger Ersatz leisten zu müssen, weil es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) obliegt, sich nach rechtskräftigem Ab- schluss des Kündigungsschutzprozesses alsbald ernsthaft um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 98, 100).
23
3. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht auch die übrigen Rügen der Revision zu erwägen haben, auf die einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Schlick Wurm Dörr
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 07.09.2005 - 19 O 162/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2006 - I-24 U 149/05 -

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 81/10 Verkündet am:
2. Februar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tribenuronmethyl
Nr. 6

a) Das Original eines Urteils muss nicht zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben.

b) Streiten der Hersteller eines im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittels A
und ein Dritter, der für das von ihm importierte Pflanzenschutzmittel B die für
das Produkt A bestehende Zulassung in Anspruch nimmt, über die chemische
Identität der beiden Mittel, liegt die Darlegungs und Beweislast hierfür
auch nach Inkrafttreten des § 16c PflSchG bei dem Dritten (Fortführung von
BGH, Urteil vom 19. November 2009 I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 -
Quizalofop).
BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 15. April 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein unter anderem in der Forschung, Entwicklung und Produktion von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Zu den von ihr in Deutschland in den Verkehr gebrachten Mitteln zählt das zur Anwendung gegen Unkräuter im Winter- und Sommergetreide zugelassene Herbizid POINTER®. Dieses Mittel enthält den aktiven Wirkstoff Tribenuronmethyl und ist in Deutschland durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter der Nummer 3939/00 zugelassen.
2
Die Beklagte importiert Pflanzenschutzmittel, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugelassen und nach ihrer Darstellung mit in Deutschland zugelassenen Produkten identisch sind, nach Deutschland und bringt sie dort in neue Verpackungen unter eigenen Handelsnamen auf den Markt. Die Namen bildet sie aus ihrem Firmenschlagwort „R. “ und den generischen Namen der aktiven Wirkstoffe des jeweiligen Mittels.
3
Die Klägerin macht geltend, das von der Beklagten in Deutschland in Verkehr gebrachte Mittel „R. Tribenuronmethyl“ mit der vom BVL erteilten Parallelimport-Nummer PI-Nr. 023939-00/013 weise entgegen dem Hinweis auf seiner Verpackung „chemisch identisch mit POINTER®“ deutlich abweichende Gewichtsanteile/Konzentrationen mehrerer bekannter Inhaltsstoffe, unbekannte Inhaltsstoffe in einer deutlich über derjenigen bei POINTER® liegenden Konzentration sowie einen weiteren herbizid wirkenden Inhaltsstoff auf, was schwerwiegende unerwünschte Folgen für die damit behandelten Kulturpflanzen haben könne. Das Produkt „R. Tribenuronmethyl“ sei daher kein parallelimportiertes POINTER®, sondern eine in Deutschland nicht verkehrsfähige Fälschung ohne zugelassenes Referenzmittel. Die Beklagte täusche deshalb die angesprochenen Verkehrskreise und handle damit sowie unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wettbewerbswidrig.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl, insbesondere „R. Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023939-00/013, in die Bundes- republik Deutschland einzuführen und/oder in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr zu bringen und/oder anzubieten und/oder sonst zu bewerben, es sei denn
a) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine Zulassung nach § 11 PflSchG oder
b) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine eigene Zulassung im Sinne der Richtlinie 91/414/EWG in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und ® das Pflanzenschutzmittel ist mit dem Pflanzenschutzmittel POINTER (Zulassungsnummer 3939/00) oder einem anderen in Deutschland nach dem Pflanzenschutzgesetz zugelassenen Pflanzenschutzmittel chemisch identisch und/oder 2. für das Produkt „R. Tribenuronmethyl“, insbesondere „Realchemie Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023930-00/013 mit ®
a) der Angabe „chemisch identisch mit POINTER “ und/oder ®
b) mit dem Hinweis auf die deutsche Zulassung für POINTER , insbesondere mit der Angabe „Zulassungsinhaber: D. (Deutschland) GmbH“ zu werben, insbesondere wenn das Produkt „R. Triben- ® uronmethyl“ mit dem Produkt POINTER chemisch nicht identisch ist.
5
Darüber hinaus hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Vorlage der entsprechenden Belege sowie zur Zahlung von Abmahnkosten beantragt.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Oberlandesgericht die Ansprüche auf Auskunft und Belegvorlage auf die Menge der Erzeugnisse beschränkt hat, die die Beklagte nach dem 24. September 2009 erhalten hat (OLG Hamburg, StoffR 2010, 143 = AUR 2010, 245). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Ausnahme von Abstrichen bei den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Belegvorlage für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
9
Der Rechtsstreit sei hinsichtlich des auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 PflSchG gestützten Unterlassungsantrag zu 1 und hinsichtlich des auf § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG gestützten Unterlassungsantrag zu 2 auch ohne Beweisaufnahme bereits deshalb entscheidungsreif, weil die Beklagte ihrer Darlegungslast für die Identität ihres ohne eigene Zulassung eingeführten und in Verkehr gebrachten Mittels mit dem zugelassenen Mittel der Klägerin nicht nachgekommen sei. Der Beklagten obliege es, zumindest nachvollziehbar darzulegen, dass sie - von wem auch immer - ein Produkt POINTER® erworben (und anschließend umgepackt) habe, das im konkreten Herkunftsland im Europäischen Wirtschaftsraum über eine Zulassung im Sinne von § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG verfügt habe.
10
Der aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründete Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten sei erst mit der Absendung der Abmahnung am 3. Juli 2007 entstanden. Die danach laufende sechsmonatige Verjährung gemäß § 11 UWG sei durch die Einreichung der Zahlungsklage am 11. Dezember 2007 rechtzeitig gehemmt worden. Der Auskunftsanspruch sei aus § 242 BGB sachlich hinsichtlich der von der Beklagten erhaltenen Erzeugnisse und zeitlich hinsichtlich der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht verjährten Schadensersatzansprüche begründet.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt in dem Umfang, in dem das Oberlandesgericht die Klage für begründet erachtet hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Die Revision rügt allerdings vergeblich, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), weil sich in den Gerichtsakten lediglich eine Ausfertigung, nicht dagegen die Urschrift des Berufungsurteils und auch kein Hinweis auf dessen Verbleib befinde und daher davon auszugehen sei, dass es kein unterschriebenes Berufungsurteil gebe.
13
a) Der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten auf dem bei den Gerichtsakten befindlichen Urteilsexemplar belegt, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, NJW 2010, 2948 Rn. 4 mwN, insoweit nicht in BGHZ 185, 378). Die Revision meint allerdings, der im Streitfall gefertigte Vermerk ergebe nicht, ob dieser Beleg zutreffe. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebe sich, dass das Original des Urteils stets bei den Akten verbleibe (Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09, BGHZ 186, 22 Rn. 6). Das Indiz, dass die Ausfertigung die Unterschrift unter die Urschrift belege, könne daher dann nicht gelten, wenn sich das Originalurteil nicht in den Gerichtsakten befinde. Dem kann nicht zugestimmt werden.
14
b) Die von der Revision angeführte Rechtsprechung besagt lediglich, dass das Original des Urteils nicht zugestellt wird, nicht dagegen, dass es zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben muss. Zwar muss der Ausfertigungsvermerk auf seine Richtigkeit hin überprüft werden können (§ 418 Abs. 2 ZPO). Dies ist aber auch dann möglich, wenn sich das Original des Urteils nicht bei den Gerichtsakten, sondern in einer gesondert geführten Urteilssammlung - beim Bundesgerichtshof in dem zu jedem Revisionsverfahren angelegten Senatsheft - befindet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Risiko des Verlusts eines Originalurteils im Falle seiner Aufnahme in eine bei Gericht geführte Urteilssammlung nach der Lebenserfahrung erheblich niedriger ist als dann, wenn es in der Gerichtsakte verbleibt; denn die Gerichtsakten werden auch nach Abschluss des Verfahrens vielfach - etwa im Rahmen von Akteneinsichtsgesuchen , Aktenbeiziehungen und Geschäftsprüfungen - bewegt.
15
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die von der Klägerin in den Unterlassungsanträgen verwendete Formulierung „chemisch (nicht) identisch“ als im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt angesehen hat.
16
a) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe. Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftsmethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung , mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge und die auf diese rückbezogenen Folgeanträge nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. In ihnen ist der Grund nicht konkret beschrieben, der der Verkehrsfähigkeit des Mittels entgegensteht. Dies ist für eine ausreichende Bestimmtheit der Klageanträge im Streitfall aber erforderlich.
18
aa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Verwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom Bundesamt zugelassen sind. Als zugelassen gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 PflSchG auch ein Pflanzenschutzmittel, für das die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nach § 16c PflSchG festgestellt ist. Gemäß § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG darf ein Pflanzenschutzmittel, das in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmt, nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn derjenige, der das Mittel einführen oder in Verkehr bringen will, zuvor beim Bundesamt die Feststellung der Verkehrsfähigkeit beantragt und das Bundesamt diese Feststellung getroffen hat. Die dabei vorausgesetzte Übereinstimmung des paralleleinzuführenden Pflanzenschutzmittels (Importmittel) mit dem entsprechenden zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzmittel) liegt, wie sich aus § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG ergibt, dann vor, wenn das paralleleinzuführende Pflanzenschutzmittel die gleichen Wirkstoffe in vergleichbarer Menge mit entsprechendem Mindestreinheitsgrad und mit bestimmten Verunreinigungen gleicher Art sowie entsprechendem Höchstgehalt enthält wie das Referenzmittel (Nr. 1) und mit diesem in Zusammensetzung und Beschaffenheit übereinstimmt (Nr. 2).
19
Eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PflSchG liegt gemäß § 1c Abs. 3 der Verordnung über Pflanzen- schutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung - PflSchMGV) vor, soweit sich der angegebene Wirkstoffgehalt des einzuführenden Mittels nicht von dem Wirkstoffgehalt des Referenzmittels unterscheidet (Nr. 1) oder bei der analytischen Bestimmung des Wirkstoffgehalts die in Anhang VI Teil C der Richtlinie 91/414/EWG unter der Nummer 2.7.2 Buchstabe a in der jeweils geltenden Fassung genannten Kriterien eingehalten wurden (Nr. 2). Nach § 1c Abs. 4 PflSchMGV ist eine Übereinstimmung in Zusammensetzung und Beschaffenheit im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG gegeben, wenn beide Mittel in der Formulierungsart übereinstimmen (Nr. 1) und qualitative oder quantitative Unterschiede in den Beistoffen nicht zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit, die Auswirkungen auf die zu behandelnden Pflanzen oder die Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Naturhaushalt führen (Nr. 2). An einer solchen Übereinstimmung fehlt es nach § 1c Abs. 5 PflSchMGV insbesondere dann, wenn ein nicht bewerteter Beistoff oder eine nicht bewertete Beistoffsubstanz vorliegt (Nr. 1), Beistoffsubstanzen mit wesentlicher Funktion fehlen (Nr. 2), unterschiedliche Nominalkonzentrationen von Beistoffen mit wesentlicher Funktion vorliegen (Nr. 3), Beistoffsubstanzen vorliegen, die toxischer oder ökotoxischer sind als die des Referenzmittels oder die für die Wirksamkeit oder die Stabilität ungünstiger sind als die des Referenzmittels (Nr. 4), oder Beistoffe fehlen, die dem Anwenderschutz dienen oder zum Schutz Dritter Anwendung finden (Nr. 5).
20
bb) Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass in einem Vollstreckungsverfahren , dem ein den gestellten Unterlassungsanträgen entsprechender Verbotstitel zugrunde liegt, das Vollstreckungsgericht beurteilen müsste , ob ein Pflanzenschutzmittel in einer vom vorliegenden Streitfall abweichenden Zusammensetzung die Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit nach § 16c Abs. 2 PflSchG erfüllt. Dies könnte eine Würdigung der komplexen rechtlichen Begriffe des § 16c Abs. 2 PflSchG und des § 1c Abs. 3 bis 5 PflSchMGV im Vollstreckungsverfahren erfordern, die jedoch grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Die vom Gläubiger im Vollstreckungsverfahren geltend gemachte Abweichung der Zusammensetzung des Importpflanzenschutzmittels vom Referenzmittel könnte völlig anders gelagert sein als diejenige, die Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist. Das wäre - zumal unter Berücksichtigung dessen, dass die stoffliche Zusammensetzung des Referenzmittels für Außenstehende nicht ohne weiteres und im vollen Umfang erkennbar ist - nach der oben in Randnummer 16 angeführten Rechtsprechung nur dann hinzunehmen, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das von der Klägerin beanstandete geschäftliche Verhalten der Beklagten erforderlich wäre. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Unlauterem Verhalten der Beklagten kann bereits durch ein konkreter gefasstes Verbot wirksam entgegengewirkt werden (vgl. für einen vergleichbaren Fall BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 117/10, GRUR 2012, 407 Rn. 19 und 21 bis 28 = WRP 2012, 456 - Delan).
21
cc) Die (mehrfache) Verwendung des Wortes „insbesondere“ in den von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträgen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
22
Das Wort „insbesondere“ in einem Klageantrag führt weder zu einer Einschränkung noch zu einer Erweiterung des Antrags; es stellt vielmehr eine Auslegungshilfe dar (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter). Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil des Antrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er - falls er insoweit nicht durchdringt - jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens be- gehrt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 - Kaufpreis je nur 1 DM), wobei allerdings auch dieser Insbesondere-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt, insbesondere dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (BGH, Urteil vom 28. November 1996 - I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 768 = WRP 1997, 735 - Brillenpreise II). Im Streitfall enthalten die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge keinen solchen unechten Hilfsantrag. Die dortigen Insbesondere-Zusätze lassen ebenso wenig wie die Ausführungen zur Begründung der Klage erkennen, dass die Klägerin mit dem Verbot zumindest eine mögliche Handlungsvariante mit einer immer gleichbleibenden Zusammensetzung des Produkts verboten haben möchte. Ihre Klageanträge wie auch ihr zu deren Begründung gehaltener Vortrag weisen vielmehr aus, dass das auszusprechende Verbot auch solche Fälle erfassen soll, in denen von der Beklagten vertriebene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl wegen anderweitiger stofflicher Abweichungen von der Beklagten in Deutschland nicht vertrieben und deshalb auch - unter dem Gesichtspunkt der Irreführung - nicht beworben werden dürfen. Das von der Klägerin erstrebte Verbot soll insbesondere den Fall erfassen, dass unter der betreffenden Nummer immer wieder anders zusammengesetzte Mittel nach Deutschland eingeführt und dort vermarktet werden. Um diese Mittel zu erfassen, verwenden die Unterlassungsanträge den Begriff der chemischen Identität, der - wie dargelegt - zur Unbestimmtheit des Antrags führt.
23
(dd) Der Unterlassungsantrag zu 1 kann auch nicht deshalb als hinreichend bestimmt angesehen werden, weil die Bezugnahme auf den unbestimmten Begriff der chemischen Identität erst in der mit den Wörtern „es sei denn“ eingeleiteten Passage enthalten ist.
24
(1) Es ist grundsätzlich nicht Sache des Unterlassungsklägers, den Beklagten darauf hinzuweisen, was diesem erlaubt ist; vielmehr obliegt es dem Beklagten, Wege zu finden, die aus dem ihm auferlegten Verbot herausführen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 25 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 183/09, GRUR 2011, 340 Rn. 27 = WRP 2011, 490 - Irische Butter, jeweils mwN). Eine diesen Grundsatz nicht beachtende Überbestimmung ist allerdings unschädlich (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 27 - Irische Butter) und führt daher insbesondere nicht dazu, dass der Klageantrag im Hinblick auf die Formulierung seines die Überbestimmung enthaltenden Teils als unbestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 137/09, GRUR 2011, 631 Rn. 7 = WRP 2011, 870 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier).
25
(2) Der vorstehend dargestellte Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn der Klageantrag die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist der Antrag dagegen verallgemeinernd gefasst, müssen mögliche Einschränkungen aufgrund von gesetzlichen Ausnahmetatbeständen in den Antrag aufgenommen werden, da das mit ihm erstrebte Verbot andernfalls auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst. Die Umstände, die für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände sprechen, müssen dabei im Blick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche Verhaltensweisen von dem Verbot ausgenommen sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 749 Rn. 25 f. - Erinnerungswerbung im Internet; BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 15 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Es genügt daher auch in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht, auf die gesetzliche Regelung zu verweisen, sofern deren Tatbestandsmerkmale nicht völlig eindeutig oder durch eine gefestigte Auslegung geklärt sind (vgl. BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 16 f. - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Diese Voraussetzung ist im Streitfall - wie dargelegt (vgl. Rn. 18 ff.) - jedoch nicht erfüllt.
26
3. Die Unbestimmtheit der Unterlassungsanträge, die auch die hierauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung und Belegvorlage erfasst, hat zur Folge, dass das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand haben kann und deshalb aufzuheben ist. Dasselbe gilt für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG berechtigt war.
27
4. Da sich das Klagebegehren allerdings - wie nachstehend unter III dargestellt - auch nicht schon als unbegründet darstellt, ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klägerin hat damit aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit, sich in der wiedereröffneten Berufungsinstanz durch eine sachdienliche Antragsfassung auf die vorstehend unter II 2 dargestellte Rechtslage einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 18 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 23 = WRP 2008, 98 - Versandkosten, jeweils mwN).
28
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:
29
1. Das zur Zeit der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414) ist Ende 2008 geändert worden. Die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende Gesetzesänderung ist für den Streitfall ohne Bedeutung, weil die Richtlinie die Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt gelassen hat (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG). Dementsprechend ist nach der Richtlinie 2005/29/EG die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits - und Sicherheitsaspekte von Produkten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16c PflSchG der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10, GRUR 2011, 843 Rn. 14 = WRP 2011, 1146 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung ).
30
2. Die seit 14. Juni 2011 geltende und damit für die abschließende Beurteilung der in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanträge und der Folgeansprüche für den nachfolgenden Zeitraum möglicherweise ebenfalls maßgebliche Regelung des Parallelhandels mit Pflanzenschutzmitteln in Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG ist mit der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelung in § 16c PflSchG vergleichbar. So kann gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 ein Pflanzenschutzmittel , das in einem Mitgliedstaat (Ursprungsmitgliedstaat) zugelassen ist, in einen anderen Mitgliedstaat (nur) dann eingeführt und dort in Verkehr gebracht oder verwendet werden (Einfuhrmitgliedstaat), wenn dieser Mitgliedstaat feststellt, dass das Pflanzenschutzmittel in seiner Zusammensetzung mit einem Pflanzenschutzmittel identisch ist, das in seinem Gebiet bereits zugelassen ist (Referenzmittel). Pflanzenschutzmittel gelten nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 als identisch mit dem Referenzmittel, wenn sie von demselben Unternehmen oder einem angeschlossenen Unternehmen oder unter Lizenz nach demselben Verfahren hergestellt wurden, in Spezifikation und Gehalt an Wirkstoffen, Safenern und Synergisten sowie in Formulierungsart identisch sind und hinsichtlich der enthaltenen Beistoffe und der Größe, des Materials und der Form der Verpackung im Hinblick auf die potenziell nachteiligen Wirkungen auf die Sicherheit des Produkts in Bezug auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf die Umwelt identisch oder gleichwertig sind (vgl. Kamann, StoffR 2011, 52, 53-55). Pflanzenschutzmittel, für die vor dem 14. Juni 2011 Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen erteilt worden sind, dürfen noch bis zu dem Zeitpunkt in Verkehr gebracht werden, an dem die Zulassung des Referenzmittels endet, sofern nicht die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vor diesem Zeitpunkt durch Widerruf oder Rücknahme endet (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über die vorläufige Durchführung unmittelbar geltender Vorschriften der Europäischen Union über die Zulassung oder Genehmigung des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln vom 23. Mai 2011 [BGBl. I S. 925]; Geesmann, StoffR 2011, 134, 139 f.).
31
3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick darauf, dass sie gemäß § 1 Abs. 4 PflSchG dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 8/09, GRUR 2011, 842 Rn. 20 = WRP 2011, 1144 - RC-Netzmittel; BGH, GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, Verstöße gegen diese Bestimmungen seien deshalb auch geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 842 Rn. 21 - RC-Netzmittel; GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan).
32
4. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch angenommen, dass der Anspruchsteller im Rahmen des in § 4 Nr. 11 UWG geregelten Rechtsbruchstatbestandes bei unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stehenden Verhal- tensweisen lediglich darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass das von ihm beanstandete Verhalten des Anspruchsgegners von dem generellen Verbot erfasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 273 f. - Atemtest, zu § 21 AMG; BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 = WRP 2010, 250 - Quizalofop, zu § 11 PflSchG; Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 107/09, GRUR 2011, 453 Rn. 21 = WRP 2011, 446 - Handlanger, zu § 21 AMG). Aus diesem Grund hat im Streitfall die Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise von der Verkehrsfähigkeitsfeststellung gemäß § 16c PflSchG gedeckt ist. Die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretene gegenteilige Ansicht (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2011, 113, 115; LG Aachen, Urteil vom 7. September 2010 - 41 O 110/09, juris Rn. 51 und 55) berücksichtigt nicht genügend, dass die in § 16c PflSchG enthaltene Regelung, die die Anforderungen an einen zulässigen Parallelimport verschärft hat, nicht nur bezweckt, die Rechtssicherheit für die Importeure hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit ihrer Produkte zu erhöhen. Vielmehr soll sie insbesondere auch Rechtssicherheit für die Zulassungsinhaber und die Anwender schaffen sowie die Kontrolle der auf dem Markt befindlichen Pflanzenschutzmittel erleichtern, um sicherzustellen, dass keine Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden , die nicht bereits im europäischen Wirtschaftsraum zugelassen und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmen (vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, BT-Drucks. 16/645, S. 2 und 6). Diese mit der gesetzlichen Neuregelung verfolgten Ziele gebieten es, dass bei einem Streit über die Identität der Mittel die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen liegt, der für sich die Identität in Anspruch nimmt.
33
5. Soweit das Berufungsgericht die Einholung des von der Beklagten zum Beweis der chemischen bzw. stofflichen Identität der beiden Mittel bean- tragten Sachverständigengutachtens mit der Begründung abgelehnt hat, die Beklagte sei insoweit schon ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, hat es nicht bedacht, dass eine Partei bei einem zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten bereits dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der Gegenseite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Unerheblich ist dabei, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Vielmehr hat der Tatrichter alsdann in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei, soweit es auf spezifische Fachkunde ankommt, die beweiserheblichen Streitfragen einem Sachverständigen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 f.; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 157/09, NJW 2011, 844 Rn. 25, jeweils mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN), oder sie aufs Geratewohl, das heißt ins Blaue hinein aufgestellt und - mit anderen Worten - aus der Luft gegriffen sind. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie sich nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; MünchKomm.ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 284 Rn. 78; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., § 284 Rn. 18, jeweils mwN). Kann eine Partei - wie hier die Beklagte als reines Handelsunternehmen - mangels eigener Kenntnis der in Rede stehenden naturwissenschaftlichen oder technischen Zusammenhänge nur bestimmte Vermutungen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, liegt daher keine unzulässige Ausforschung vor (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94, NJW 1995, 1160, 1161; MünchKomm.ZPO/ Prütting aaO, jeweils mwN).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.04.2008 - 416 O 289/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2010 - 5 U 106/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 81/10 Verkündet am:
2. Februar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tribenuronmethyl
Nr. 6

a) Das Original eines Urteils muss nicht zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben.

b) Streiten der Hersteller eines im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittels A
und ein Dritter, der für das von ihm importierte Pflanzenschutzmittel B die für
das Produkt A bestehende Zulassung in Anspruch nimmt, über die chemische
Identität der beiden Mittel, liegt die Darlegungs und Beweislast hierfür
auch nach Inkrafttreten des § 16c PflSchG bei dem Dritten (Fortführung von
BGH, Urteil vom 19. November 2009 I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 -
Quizalofop).
BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 15. April 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein unter anderem in der Forschung, Entwicklung und Produktion von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Zu den von ihr in Deutschland in den Verkehr gebrachten Mitteln zählt das zur Anwendung gegen Unkräuter im Winter- und Sommergetreide zugelassene Herbizid POINTER®. Dieses Mittel enthält den aktiven Wirkstoff Tribenuronmethyl und ist in Deutschland durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter der Nummer 3939/00 zugelassen.
2
Die Beklagte importiert Pflanzenschutzmittel, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugelassen und nach ihrer Darstellung mit in Deutschland zugelassenen Produkten identisch sind, nach Deutschland und bringt sie dort in neue Verpackungen unter eigenen Handelsnamen auf den Markt. Die Namen bildet sie aus ihrem Firmenschlagwort „R. “ und den generischen Namen der aktiven Wirkstoffe des jeweiligen Mittels.
3
Die Klägerin macht geltend, das von der Beklagten in Deutschland in Verkehr gebrachte Mittel „R. Tribenuronmethyl“ mit der vom BVL erteilten Parallelimport-Nummer PI-Nr. 023939-00/013 weise entgegen dem Hinweis auf seiner Verpackung „chemisch identisch mit POINTER®“ deutlich abweichende Gewichtsanteile/Konzentrationen mehrerer bekannter Inhaltsstoffe, unbekannte Inhaltsstoffe in einer deutlich über derjenigen bei POINTER® liegenden Konzentration sowie einen weiteren herbizid wirkenden Inhaltsstoff auf, was schwerwiegende unerwünschte Folgen für die damit behandelten Kulturpflanzen haben könne. Das Produkt „R. Tribenuronmethyl“ sei daher kein parallelimportiertes POINTER®, sondern eine in Deutschland nicht verkehrsfähige Fälschung ohne zugelassenes Referenzmittel. Die Beklagte täusche deshalb die angesprochenen Verkehrskreise und handle damit sowie unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wettbewerbswidrig.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl, insbesondere „R. Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023939-00/013, in die Bundes- republik Deutschland einzuführen und/oder in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr zu bringen und/oder anzubieten und/oder sonst zu bewerben, es sei denn
a) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine Zulassung nach § 11 PflSchG oder
b) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine eigene Zulassung im Sinne der Richtlinie 91/414/EWG in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und ® das Pflanzenschutzmittel ist mit dem Pflanzenschutzmittel POINTER (Zulassungsnummer 3939/00) oder einem anderen in Deutschland nach dem Pflanzenschutzgesetz zugelassenen Pflanzenschutzmittel chemisch identisch und/oder 2. für das Produkt „R. Tribenuronmethyl“, insbesondere „Realchemie Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023930-00/013 mit ®
a) der Angabe „chemisch identisch mit POINTER “ und/oder ®
b) mit dem Hinweis auf die deutsche Zulassung für POINTER , insbesondere mit der Angabe „Zulassungsinhaber: D. (Deutschland) GmbH“ zu werben, insbesondere wenn das Produkt „R. Triben- ® uronmethyl“ mit dem Produkt POINTER chemisch nicht identisch ist.
5
Darüber hinaus hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Vorlage der entsprechenden Belege sowie zur Zahlung von Abmahnkosten beantragt.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Oberlandesgericht die Ansprüche auf Auskunft und Belegvorlage auf die Menge der Erzeugnisse beschränkt hat, die die Beklagte nach dem 24. September 2009 erhalten hat (OLG Hamburg, StoffR 2010, 143 = AUR 2010, 245). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Ausnahme von Abstrichen bei den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Belegvorlage für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
9
Der Rechtsstreit sei hinsichtlich des auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 PflSchG gestützten Unterlassungsantrag zu 1 und hinsichtlich des auf § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG gestützten Unterlassungsantrag zu 2 auch ohne Beweisaufnahme bereits deshalb entscheidungsreif, weil die Beklagte ihrer Darlegungslast für die Identität ihres ohne eigene Zulassung eingeführten und in Verkehr gebrachten Mittels mit dem zugelassenen Mittel der Klägerin nicht nachgekommen sei. Der Beklagten obliege es, zumindest nachvollziehbar darzulegen, dass sie - von wem auch immer - ein Produkt POINTER® erworben (und anschließend umgepackt) habe, das im konkreten Herkunftsland im Europäischen Wirtschaftsraum über eine Zulassung im Sinne von § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG verfügt habe.
10
Der aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründete Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten sei erst mit der Absendung der Abmahnung am 3. Juli 2007 entstanden. Die danach laufende sechsmonatige Verjährung gemäß § 11 UWG sei durch die Einreichung der Zahlungsklage am 11. Dezember 2007 rechtzeitig gehemmt worden. Der Auskunftsanspruch sei aus § 242 BGB sachlich hinsichtlich der von der Beklagten erhaltenen Erzeugnisse und zeitlich hinsichtlich der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht verjährten Schadensersatzansprüche begründet.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt in dem Umfang, in dem das Oberlandesgericht die Klage für begründet erachtet hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Die Revision rügt allerdings vergeblich, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), weil sich in den Gerichtsakten lediglich eine Ausfertigung, nicht dagegen die Urschrift des Berufungsurteils und auch kein Hinweis auf dessen Verbleib befinde und daher davon auszugehen sei, dass es kein unterschriebenes Berufungsurteil gebe.
13
a) Der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten auf dem bei den Gerichtsakten befindlichen Urteilsexemplar belegt, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, NJW 2010, 2948 Rn. 4 mwN, insoweit nicht in BGHZ 185, 378). Die Revision meint allerdings, der im Streitfall gefertigte Vermerk ergebe nicht, ob dieser Beleg zutreffe. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebe sich, dass das Original des Urteils stets bei den Akten verbleibe (Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09, BGHZ 186, 22 Rn. 6). Das Indiz, dass die Ausfertigung die Unterschrift unter die Urschrift belege, könne daher dann nicht gelten, wenn sich das Originalurteil nicht in den Gerichtsakten befinde. Dem kann nicht zugestimmt werden.
14
b) Die von der Revision angeführte Rechtsprechung besagt lediglich, dass das Original des Urteils nicht zugestellt wird, nicht dagegen, dass es zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben muss. Zwar muss der Ausfertigungsvermerk auf seine Richtigkeit hin überprüft werden können (§ 418 Abs. 2 ZPO). Dies ist aber auch dann möglich, wenn sich das Original des Urteils nicht bei den Gerichtsakten, sondern in einer gesondert geführten Urteilssammlung - beim Bundesgerichtshof in dem zu jedem Revisionsverfahren angelegten Senatsheft - befindet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Risiko des Verlusts eines Originalurteils im Falle seiner Aufnahme in eine bei Gericht geführte Urteilssammlung nach der Lebenserfahrung erheblich niedriger ist als dann, wenn es in der Gerichtsakte verbleibt; denn die Gerichtsakten werden auch nach Abschluss des Verfahrens vielfach - etwa im Rahmen von Akteneinsichtsgesuchen , Aktenbeiziehungen und Geschäftsprüfungen - bewegt.
15
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die von der Klägerin in den Unterlassungsanträgen verwendete Formulierung „chemisch (nicht) identisch“ als im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt angesehen hat.
16
a) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe. Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftsmethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung , mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge und die auf diese rückbezogenen Folgeanträge nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. In ihnen ist der Grund nicht konkret beschrieben, der der Verkehrsfähigkeit des Mittels entgegensteht. Dies ist für eine ausreichende Bestimmtheit der Klageanträge im Streitfall aber erforderlich.
18
aa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Verwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom Bundesamt zugelassen sind. Als zugelassen gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 PflSchG auch ein Pflanzenschutzmittel, für das die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nach § 16c PflSchG festgestellt ist. Gemäß § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG darf ein Pflanzenschutzmittel, das in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmt, nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn derjenige, der das Mittel einführen oder in Verkehr bringen will, zuvor beim Bundesamt die Feststellung der Verkehrsfähigkeit beantragt und das Bundesamt diese Feststellung getroffen hat. Die dabei vorausgesetzte Übereinstimmung des paralleleinzuführenden Pflanzenschutzmittels (Importmittel) mit dem entsprechenden zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzmittel) liegt, wie sich aus § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG ergibt, dann vor, wenn das paralleleinzuführende Pflanzenschutzmittel die gleichen Wirkstoffe in vergleichbarer Menge mit entsprechendem Mindestreinheitsgrad und mit bestimmten Verunreinigungen gleicher Art sowie entsprechendem Höchstgehalt enthält wie das Referenzmittel (Nr. 1) und mit diesem in Zusammensetzung und Beschaffenheit übereinstimmt (Nr. 2).
19
Eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PflSchG liegt gemäß § 1c Abs. 3 der Verordnung über Pflanzen- schutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung - PflSchMGV) vor, soweit sich der angegebene Wirkstoffgehalt des einzuführenden Mittels nicht von dem Wirkstoffgehalt des Referenzmittels unterscheidet (Nr. 1) oder bei der analytischen Bestimmung des Wirkstoffgehalts die in Anhang VI Teil C der Richtlinie 91/414/EWG unter der Nummer 2.7.2 Buchstabe a in der jeweils geltenden Fassung genannten Kriterien eingehalten wurden (Nr. 2). Nach § 1c Abs. 4 PflSchMGV ist eine Übereinstimmung in Zusammensetzung und Beschaffenheit im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG gegeben, wenn beide Mittel in der Formulierungsart übereinstimmen (Nr. 1) und qualitative oder quantitative Unterschiede in den Beistoffen nicht zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit, die Auswirkungen auf die zu behandelnden Pflanzen oder die Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Naturhaushalt führen (Nr. 2). An einer solchen Übereinstimmung fehlt es nach § 1c Abs. 5 PflSchMGV insbesondere dann, wenn ein nicht bewerteter Beistoff oder eine nicht bewertete Beistoffsubstanz vorliegt (Nr. 1), Beistoffsubstanzen mit wesentlicher Funktion fehlen (Nr. 2), unterschiedliche Nominalkonzentrationen von Beistoffen mit wesentlicher Funktion vorliegen (Nr. 3), Beistoffsubstanzen vorliegen, die toxischer oder ökotoxischer sind als die des Referenzmittels oder die für die Wirksamkeit oder die Stabilität ungünstiger sind als die des Referenzmittels (Nr. 4), oder Beistoffe fehlen, die dem Anwenderschutz dienen oder zum Schutz Dritter Anwendung finden (Nr. 5).
20
bb) Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass in einem Vollstreckungsverfahren , dem ein den gestellten Unterlassungsanträgen entsprechender Verbotstitel zugrunde liegt, das Vollstreckungsgericht beurteilen müsste , ob ein Pflanzenschutzmittel in einer vom vorliegenden Streitfall abweichenden Zusammensetzung die Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit nach § 16c Abs. 2 PflSchG erfüllt. Dies könnte eine Würdigung der komplexen rechtlichen Begriffe des § 16c Abs. 2 PflSchG und des § 1c Abs. 3 bis 5 PflSchMGV im Vollstreckungsverfahren erfordern, die jedoch grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Die vom Gläubiger im Vollstreckungsverfahren geltend gemachte Abweichung der Zusammensetzung des Importpflanzenschutzmittels vom Referenzmittel könnte völlig anders gelagert sein als diejenige, die Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist. Das wäre - zumal unter Berücksichtigung dessen, dass die stoffliche Zusammensetzung des Referenzmittels für Außenstehende nicht ohne weiteres und im vollen Umfang erkennbar ist - nach der oben in Randnummer 16 angeführten Rechtsprechung nur dann hinzunehmen, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das von der Klägerin beanstandete geschäftliche Verhalten der Beklagten erforderlich wäre. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Unlauterem Verhalten der Beklagten kann bereits durch ein konkreter gefasstes Verbot wirksam entgegengewirkt werden (vgl. für einen vergleichbaren Fall BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 117/10, GRUR 2012, 407 Rn. 19 und 21 bis 28 = WRP 2012, 456 - Delan).
21
cc) Die (mehrfache) Verwendung des Wortes „insbesondere“ in den von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträgen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
22
Das Wort „insbesondere“ in einem Klageantrag führt weder zu einer Einschränkung noch zu einer Erweiterung des Antrags; es stellt vielmehr eine Auslegungshilfe dar (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter). Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil des Antrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er - falls er insoweit nicht durchdringt - jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens be- gehrt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 - Kaufpreis je nur 1 DM), wobei allerdings auch dieser Insbesondere-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt, insbesondere dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (BGH, Urteil vom 28. November 1996 - I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 768 = WRP 1997, 735 - Brillenpreise II). Im Streitfall enthalten die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge keinen solchen unechten Hilfsantrag. Die dortigen Insbesondere-Zusätze lassen ebenso wenig wie die Ausführungen zur Begründung der Klage erkennen, dass die Klägerin mit dem Verbot zumindest eine mögliche Handlungsvariante mit einer immer gleichbleibenden Zusammensetzung des Produkts verboten haben möchte. Ihre Klageanträge wie auch ihr zu deren Begründung gehaltener Vortrag weisen vielmehr aus, dass das auszusprechende Verbot auch solche Fälle erfassen soll, in denen von der Beklagten vertriebene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl wegen anderweitiger stofflicher Abweichungen von der Beklagten in Deutschland nicht vertrieben und deshalb auch - unter dem Gesichtspunkt der Irreführung - nicht beworben werden dürfen. Das von der Klägerin erstrebte Verbot soll insbesondere den Fall erfassen, dass unter der betreffenden Nummer immer wieder anders zusammengesetzte Mittel nach Deutschland eingeführt und dort vermarktet werden. Um diese Mittel zu erfassen, verwenden die Unterlassungsanträge den Begriff der chemischen Identität, der - wie dargelegt - zur Unbestimmtheit des Antrags führt.
23
(dd) Der Unterlassungsantrag zu 1 kann auch nicht deshalb als hinreichend bestimmt angesehen werden, weil die Bezugnahme auf den unbestimmten Begriff der chemischen Identität erst in der mit den Wörtern „es sei denn“ eingeleiteten Passage enthalten ist.
24
(1) Es ist grundsätzlich nicht Sache des Unterlassungsklägers, den Beklagten darauf hinzuweisen, was diesem erlaubt ist; vielmehr obliegt es dem Beklagten, Wege zu finden, die aus dem ihm auferlegten Verbot herausführen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 25 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 183/09, GRUR 2011, 340 Rn. 27 = WRP 2011, 490 - Irische Butter, jeweils mwN). Eine diesen Grundsatz nicht beachtende Überbestimmung ist allerdings unschädlich (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 27 - Irische Butter) und führt daher insbesondere nicht dazu, dass der Klageantrag im Hinblick auf die Formulierung seines die Überbestimmung enthaltenden Teils als unbestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 137/09, GRUR 2011, 631 Rn. 7 = WRP 2011, 870 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier).
25
(2) Der vorstehend dargestellte Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn der Klageantrag die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist der Antrag dagegen verallgemeinernd gefasst, müssen mögliche Einschränkungen aufgrund von gesetzlichen Ausnahmetatbeständen in den Antrag aufgenommen werden, da das mit ihm erstrebte Verbot andernfalls auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst. Die Umstände, die für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände sprechen, müssen dabei im Blick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche Verhaltensweisen von dem Verbot ausgenommen sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 749 Rn. 25 f. - Erinnerungswerbung im Internet; BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 15 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Es genügt daher auch in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht, auf die gesetzliche Regelung zu verweisen, sofern deren Tatbestandsmerkmale nicht völlig eindeutig oder durch eine gefestigte Auslegung geklärt sind (vgl. BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 16 f. - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Diese Voraussetzung ist im Streitfall - wie dargelegt (vgl. Rn. 18 ff.) - jedoch nicht erfüllt.
26
3. Die Unbestimmtheit der Unterlassungsanträge, die auch die hierauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung und Belegvorlage erfasst, hat zur Folge, dass das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand haben kann und deshalb aufzuheben ist. Dasselbe gilt für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG berechtigt war.
27
4. Da sich das Klagebegehren allerdings - wie nachstehend unter III dargestellt - auch nicht schon als unbegründet darstellt, ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klägerin hat damit aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit, sich in der wiedereröffneten Berufungsinstanz durch eine sachdienliche Antragsfassung auf die vorstehend unter II 2 dargestellte Rechtslage einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 18 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 23 = WRP 2008, 98 - Versandkosten, jeweils mwN).
28
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:
29
1. Das zur Zeit der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414) ist Ende 2008 geändert worden. Die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende Gesetzesänderung ist für den Streitfall ohne Bedeutung, weil die Richtlinie die Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt gelassen hat (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG). Dementsprechend ist nach der Richtlinie 2005/29/EG die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits - und Sicherheitsaspekte von Produkten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16c PflSchG der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10, GRUR 2011, 843 Rn. 14 = WRP 2011, 1146 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung ).
30
2. Die seit 14. Juni 2011 geltende und damit für die abschließende Beurteilung der in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanträge und der Folgeansprüche für den nachfolgenden Zeitraum möglicherweise ebenfalls maßgebliche Regelung des Parallelhandels mit Pflanzenschutzmitteln in Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG ist mit der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelung in § 16c PflSchG vergleichbar. So kann gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 ein Pflanzenschutzmittel , das in einem Mitgliedstaat (Ursprungsmitgliedstaat) zugelassen ist, in einen anderen Mitgliedstaat (nur) dann eingeführt und dort in Verkehr gebracht oder verwendet werden (Einfuhrmitgliedstaat), wenn dieser Mitgliedstaat feststellt, dass das Pflanzenschutzmittel in seiner Zusammensetzung mit einem Pflanzenschutzmittel identisch ist, das in seinem Gebiet bereits zugelassen ist (Referenzmittel). Pflanzenschutzmittel gelten nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 als identisch mit dem Referenzmittel, wenn sie von demselben Unternehmen oder einem angeschlossenen Unternehmen oder unter Lizenz nach demselben Verfahren hergestellt wurden, in Spezifikation und Gehalt an Wirkstoffen, Safenern und Synergisten sowie in Formulierungsart identisch sind und hinsichtlich der enthaltenen Beistoffe und der Größe, des Materials und der Form der Verpackung im Hinblick auf die potenziell nachteiligen Wirkungen auf die Sicherheit des Produkts in Bezug auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf die Umwelt identisch oder gleichwertig sind (vgl. Kamann, StoffR 2011, 52, 53-55). Pflanzenschutzmittel, für die vor dem 14. Juni 2011 Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen erteilt worden sind, dürfen noch bis zu dem Zeitpunkt in Verkehr gebracht werden, an dem die Zulassung des Referenzmittels endet, sofern nicht die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vor diesem Zeitpunkt durch Widerruf oder Rücknahme endet (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über die vorläufige Durchführung unmittelbar geltender Vorschriften der Europäischen Union über die Zulassung oder Genehmigung des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln vom 23. Mai 2011 [BGBl. I S. 925]; Geesmann, StoffR 2011, 134, 139 f.).
31
3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick darauf, dass sie gemäß § 1 Abs. 4 PflSchG dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 8/09, GRUR 2011, 842 Rn. 20 = WRP 2011, 1144 - RC-Netzmittel; BGH, GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, Verstöße gegen diese Bestimmungen seien deshalb auch geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 842 Rn. 21 - RC-Netzmittel; GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan).
32
4. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch angenommen, dass der Anspruchsteller im Rahmen des in § 4 Nr. 11 UWG geregelten Rechtsbruchstatbestandes bei unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stehenden Verhal- tensweisen lediglich darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass das von ihm beanstandete Verhalten des Anspruchsgegners von dem generellen Verbot erfasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 273 f. - Atemtest, zu § 21 AMG; BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 = WRP 2010, 250 - Quizalofop, zu § 11 PflSchG; Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 107/09, GRUR 2011, 453 Rn. 21 = WRP 2011, 446 - Handlanger, zu § 21 AMG). Aus diesem Grund hat im Streitfall die Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise von der Verkehrsfähigkeitsfeststellung gemäß § 16c PflSchG gedeckt ist. Die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretene gegenteilige Ansicht (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2011, 113, 115; LG Aachen, Urteil vom 7. September 2010 - 41 O 110/09, juris Rn. 51 und 55) berücksichtigt nicht genügend, dass die in § 16c PflSchG enthaltene Regelung, die die Anforderungen an einen zulässigen Parallelimport verschärft hat, nicht nur bezweckt, die Rechtssicherheit für die Importeure hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit ihrer Produkte zu erhöhen. Vielmehr soll sie insbesondere auch Rechtssicherheit für die Zulassungsinhaber und die Anwender schaffen sowie die Kontrolle der auf dem Markt befindlichen Pflanzenschutzmittel erleichtern, um sicherzustellen, dass keine Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden , die nicht bereits im europäischen Wirtschaftsraum zugelassen und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmen (vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, BT-Drucks. 16/645, S. 2 und 6). Diese mit der gesetzlichen Neuregelung verfolgten Ziele gebieten es, dass bei einem Streit über die Identität der Mittel die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen liegt, der für sich die Identität in Anspruch nimmt.
33
5. Soweit das Berufungsgericht die Einholung des von der Beklagten zum Beweis der chemischen bzw. stofflichen Identität der beiden Mittel bean- tragten Sachverständigengutachtens mit der Begründung abgelehnt hat, die Beklagte sei insoweit schon ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, hat es nicht bedacht, dass eine Partei bei einem zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten bereits dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der Gegenseite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Unerheblich ist dabei, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Vielmehr hat der Tatrichter alsdann in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei, soweit es auf spezifische Fachkunde ankommt, die beweiserheblichen Streitfragen einem Sachverständigen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 f.; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 157/09, NJW 2011, 844 Rn. 25, jeweils mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN), oder sie aufs Geratewohl, das heißt ins Blaue hinein aufgestellt und - mit anderen Worten - aus der Luft gegriffen sind. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie sich nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; MünchKomm.ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 284 Rn. 78; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., § 284 Rn. 18, jeweils mwN). Kann eine Partei - wie hier die Beklagte als reines Handelsunternehmen - mangels eigener Kenntnis der in Rede stehenden naturwissenschaftlichen oder technischen Zusammenhänge nur bestimmte Vermutungen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, liegt daher keine unzulässige Ausforschung vor (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94, NJW 1995, 1160, 1161; MünchKomm.ZPO/ Prütting aaO, jeweils mwN).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.04.2008 - 416 O 289/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2010 - 5 U 106/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 176/06
Verkündet am:
24. Mai 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der kündigende
Arbeitnehmer aus § 628 Abs. 2 BGB lediglich einen auf den Zeitraum der
fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch
hat und eine angemessene Vergütung entsprechend §§ 9, 10 KSchG
verlangen kann (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004
- 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a), ist auf den Schadensersatzanspruch
des Arbeitnehmers gegen seinen Rechtsvertreter, durch
dessen Verschulden ein Kündigungsschutzprozess verloren geht, nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagten, eine Gewerkschaft und eine gewerkschaftseigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Zweck unter anderem die Gewährung von Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder ist, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sie hätten ein arbeitsrechtliches Kündigungsschutzverfahren fehlerhaft durchgeführt. Dies habe zur Folge gehabt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2003 durch Kündigung der Arbeitgeberin beendet worden sei.
2
Der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter waren in der Abteilung Apparatebau ihrer Arbeitgeberin beschäftigt. Am 11. September 2002 unterrichtete ein Vertreter der Arbeitgeberin beide Beschäftigten davon, dass diese Abteilung aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden solle. Er zeigte in dem Gespräch folgende Alternativen auf: Zum einen komme eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2002 mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 in Betracht; zum anderen sei eine Weiterbeschäftigung mit einem allerdings deutlich geringeren Lohn in einem anderen Unternehmensbereich möglich. Ein von dem Vertreter der Arbeitgeberin über dieses Gespräch angefertigtes Protokoll hält fest, dass die beiden Beschäftigten keine Stellungnahme abgegeben hätten und ein neuer Gesprächstermin für den 18. September 2002 vereinbart worden sei.
3
Die Arbeitgeberin sprach mit am 30. September 2002 zugegangenem Schreiben entsprechend der ersten im Gespräch vom 11. September 2002 erörterten Alternative die Kündigung des Klägers mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 aus. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage, mit deren Durchführung der Kläger die beiden Beklagten beauftragte, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sei nicht gewahrt. Ein zuvor gestellter Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage war rechtskräftig zurückgewiesen worden.
4
Der Kläger macht geltend, die Versäumung der Klagefrist beruhe auf einer verschuldeten Pflichtverletzung beider Beklagten. Er hat behauptet, bereit gewesen zu sein, auf den von der Arbeitgeberin angebotenen geringer bezahlten Arbeitsplatz zu wechseln. Er nimmt die Beklagten deshalb auf Zahlung von Schadensersatz wegen in den Jahren 2003 und 2004 entgangenen Lohns auf der Grundlage des hypothetischen Arbeitsplatzwechsels in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihm den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm infolge der fehlerhaften Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe in dem Gespräch am 11. September 2002 die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch verweigert. Deshalb sei, so haben sie gemeint, eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr in Betracht gekommen, so dass die Klage gegen die Beendigungskündigung auch bei ihrer rechtzeitigen Erhebung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
5
Die Klage ist in erster Instanz erfolgreich gewesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Arbeitgeberin wäre im Kündigungsschutzprozess ohne die den Beklagten vorzuwerfende Fristversäumung mit ihrer Beendigungskündigung gescheitert, da sie zum milderen Mittel der Änderungskündigung hätte greifen müssen. Der Kläger habe zuvor ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot nicht endgültig abgelehnt. Soweit die Beklagten ihre gegenteilige Behauptung unter Zeugenbeweis gestellt hätten, habe mit Rücksicht auf den schriftlichen Vermerk über das Gespräch am 11. September 2002 kein Anlass bestanden, dem Beweisangebot nachzugehen. Die Einwände gegen die Schadensberechnung seien nicht durchgreifend. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Schadensersatzpflicht nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zum Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens entsprechend §§ 9, 10 KSchG zu begrenzen sei. Diese Rechtsfrage sei erst in einem etwaigen künftigen Betragsverfahren zu prüfen.

II.


8
1. Dies hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.
9
Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Versäumung der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage auf einem schuldhaften Versäumnis beider Beklagten beruht.
10
Das Berufungsgericht hätte jedoch der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Angebot der Arbeitgeberin, ihm einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ernsthaft und endgültig abgelehnt, und dem Beweisantritt hierzu nachgehen müssen. Trifft die Behauptung der Beklagten, die die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass auch eine rechtzeitig erhobene Kündi- gungsschutzklage erfolglos geblieben wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573), zu, war eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr zuzumuten, so dass sie die Beendigungskündigung aussprechen durfte (vgl. BAGE 47, 26, 38; 114, 243, 254 m.w.N.; BAG NJW 2001, 2737, 2741).
11
a) Die Vorinstanz hätte nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Beklagten sei durch den von der Arbeitgeberseite gefertigten Gesprächsvermerk bereits widerlegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war eine detaillierte Auseinandersetzung der Beklagten mit der Urkunde nicht erforderlich. Es genügte die unter Beweis gestellte Behauptung des Gegenteils der in dem Schriftstück wiedergegebenen Tatsache, dass das Gespräch vom 11. September 2002 ohne Stellungnahme des Klägers zu den von der Arbeitgeberin aufgezeigten Alternativen endete. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch den Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch abgelehnt, beinhaltet im Übrigen denknotwendig die von dem Berufungsgericht vermisste Behauptung einer "schriftlichen Lüge" in der Urkunde.
12
b) Entgegen der Auffassung des Klägers mussten die Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde näher darlegen, aufgrund welcher Umstände die in dieser enthaltenen Erklärungen oder Feststellungen unrichtig seien.
13
Zwar besteht nach ständiger Rechtsprechung für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (z.B. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f m.w.N.), so dass die Partei, die Tatsachen behauptet, die mit dem Inhalt des Schriftstücks im Widerspruch stehen, hierfür beweispflichtig ist (vgl. BGH aaO S. 3165). Ob dies auch für Urkunden gelten kann, die nicht ein Rechtsgeschäft dokumentieren, sondern, wie hier, den Gang arbeitsrechtlicher Verhandlungen, an denen zudem eine der Prozessparteien selbst nicht beteiligt war, kann auf sich beruhen.
14
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet dies nicht, dass dem unter Beweis gestellten Vorbringen einer Partei, mit dem sie Tatsachen geltend macht, die dem Inhalt der Urkunde widersprechen, nur dann nachzugehen ist, wenn sich der Prozessbeteiligte im Einzelnen mit dem Dokument auseinandersetzt und substantiiert vorträgt, aus welchen Gründen die darin enthaltenen Feststellungen unzutreffend sind. Insbesondere darf die Erhebung der insoweit angebotenen Beweise nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Unrichtigkeit der Urkunde plausibel dargelegt wird. Erwägungen hierüber sind im Rahmen der Beweiswürdigung anzustellen, die erst erfolgen kann, wenn die angebotenen Beweise erhoben sind.
15
Aber auch im Übrigen hatten die Beklagten zu den Umständen der von ihnen behaupteten Weigerung des Klägers nicht näher vorzutragen. An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2007 - III ZR 156/06 - Beschlussumdruck S. 5 Rn. 8; Senatsurteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGH-Report 2003, 891, 892 m.w.N.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die maßgeblichen Geschehensabläufe hat und die Darlegung und die Beweisführung deshalb erschwert sind, kann sie auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird der Beweisantrag unter solchen Umständen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO m.w.N.).
16
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Änderungsangebot seiner Arbeitgeberin ernsthaft und endgültig abgelehnt, ist nicht in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich, da die Beklagten bei dem Gespräch am 11. September 2002 nicht vertreten waren und ein Anknüpfungspunkt für die Behauptung, die in der Urkunde enthaltene Feststellung sei unzutreffend, vorhanden ist, weil die Arbeitgeberin nach dem Vorbringen der Beklagten im Kündigungsschutzprozess vorgetragen hat, der Kläger habe es abgelehnt, die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz auch nur in Erwägung zu ziehen.
17
c) Die notwendige Beweisaufnahme ist nachzuholen, weshalb die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
18
2. Für die weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen der Parteien weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen Auflösungsverschuldens begrenzt ist, auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar ist. Danach tritt, wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, neben den auf den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch lediglich eine angemessene Vergütung, für deren Bemessung auf die Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG abzustellen ist (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004 - 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a). Für den Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters aus § 89a Abs. 2 HGB hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden, dass sich die Forderung auf den Zeitraum bis zu dem von vornherein vereinbarten oder durch eine (fiktive) ordentliche Kündigung herbeigeführten Vertragsende beschränkt (BGHZ 122, 9, 12 ff).
19
a) Die Erwägungen, mit denen das Bundesarbeitsgericht die Begrenzung des Schadensersatzes im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtfertigt, sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Rechtsvertreter nicht zu übertragen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Anspruch aus § 89a Abs. 2 HGB. Die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs des § 628 Abs. 2 BGB hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm hergeleitet, wonach in der zweiten Kommission zum Entwurf des BGB Einigkeit bestand, dass der zum Schadensersatz Verpflichtete so zu behandeln sei, als ob er seinerseits gekündigt hätte, sobald dies nach der Kündigung des anderen Teils statthaft gewesen sei (BAGE aaO, S. 291 m.w.N.). Da die Beschränkung des Schadensausgleichs auf den reinen "Verfrühungsschaden" nicht den gesetzlichen Wertungen des Kündigungsschutzes entspreche, sei der Schadensersatz allerdings um eine Vergütung zu ergänzen, die nach den Abfindungsregelungen der §§ 9, 10 KSchG zu bemessen sei (BAGE aaO, S. 291 f; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
20
Die besondere Regelungssituation des § 628 Abs. 2 BGB ist, ebenso wie diejenige des § 89a Abs. 2 HGB, dadurch charakterisiert, dass ein Vertragsteil - auf die vorliegende Konstellation übertragen der Arbeitnehmer - das Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch, wenn auch veranlasst durch das vertragswidrige Verhalten der Gegenseite, beendet. Der Arbeitnehmer verzichtet damit auf die ihm an sich zustehende Fortführung des im Rahmen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes bestandsgesicherten Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend ist maßgebender Gesichtspunkt für die analoge Anwendung der Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG, dass der Arbeitnehmer, der einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, für den Verzicht auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz einen Ausgleich verlangen kann. Die Lage des wegen schuldhafter Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers selbst kündigenden Arbeitnehmers ist vergleichbar mit derjenigen des Arbeitnehmers, dem gegenüber der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen hat und der nun seinerseits einen Auflösungsantrag stellt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (BAGE aaO S. 292; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
21
Eine derartige Lage besteht bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht; vielmehr liegt eine geradezu gegenläufige Situation vor. Der Arbeitnehmer, der, wie hier, eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung erhebt, verzichtet gerade nicht auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses und den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Er macht ihn im Gegenteil geltend. Wird der Erfolg der auf Weiterbeschäftigung gerichteten Klage durch das Verschulden des Rechtsvertreters des Arbeitnehmers vereitelt, besteht deshalb der für die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB maßgebende Grund nicht (so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf OLGR 2006, 152, 153). Dies liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in der - allerdings ohne, dass es in den jeweils entschiedenen Sachverhalten im Ergebnis darauf ankam - in derartigen Fallgestaltungen eine solche Einschränkung des Schadensersatzes nicht erwogen wurde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 10. Januar 2002 - III ZR 62/01 - NJW 2002, 1115, 1117 und vom 23. Mai 1991 - III ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1458, 1459 f; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2001 - IX ZR 124/00 - NJW 2002, 593, 594 und vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573 f).
22
b) Es hat demnach für die Schadensberechnung wegen des Verdienstausfalls des Klägers bei der Anwendung der allgemeinen, aus §§ 249 ff BGB folgenden materiell-rechtlichen Grundsätze (vgl. zur grundsätzlichen Dauer der Erwerbsschadensersatzverpflichtung z.B.: BGH, Urteile vom 30. Mai 1989 - VI ZR 193/88 - NJW 1989, 3150, 3151 und vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 - NJW-RR 1988, 470, 471) unter Berücksichtigung von § 287 ZPO sein Bewenden. Soweit die Beklagten für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs anführen, eine "ewige Rente" könne wegen der Imponderabilien im Leben eines Arbeitnehmers, wie späterer wirksamer Kündigung, Krankheit, Insolvenz des Unternehmens oder Wegzugs des Arbeitnehmers, nicht gewährt werden, wird dem zumindest teilweise durch die Möglichkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO Rechnung getragen, sofern ein entsprechender Leistungstitel vorliegt. Solange nur ein Feststellungsurteil existiert, können derartige Einwendungen gegen den "Dauerrentenanspruch" des Arbeitnehmers ohnehin geltend gemacht werden. Überdies besteht Aussicht für den Schädiger, nicht bis zum Erreichen des Rentenalters des Arbeitnehmers oder gar länger Ersatz leisten zu müssen, weil es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) obliegt, sich nach rechtskräftigem Ab- schluss des Kündigungsschutzprozesses alsbald ernsthaft um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 98, 100).
23
3. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht auch die übrigen Rügen der Revision zu erwägen haben, auf die einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Schlick Wurm Dörr
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 07.09.2005 - 19 O 162/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2006 - I-24 U 149/05 -

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 81/10 Verkündet am:
2. Februar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tribenuronmethyl
Nr. 6

a) Das Original eines Urteils muss nicht zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben.

b) Streiten der Hersteller eines im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittels A
und ein Dritter, der für das von ihm importierte Pflanzenschutzmittel B die für
das Produkt A bestehende Zulassung in Anspruch nimmt, über die chemische
Identität der beiden Mittel, liegt die Darlegungs und Beweislast hierfür
auch nach Inkrafttreten des § 16c PflSchG bei dem Dritten (Fortführung von
BGH, Urteil vom 19. November 2009 I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 -
Quizalofop).
BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 15. April 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein unter anderem in der Forschung, Entwicklung und Produktion von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Zu den von ihr in Deutschland in den Verkehr gebrachten Mitteln zählt das zur Anwendung gegen Unkräuter im Winter- und Sommergetreide zugelassene Herbizid POINTER®. Dieses Mittel enthält den aktiven Wirkstoff Tribenuronmethyl und ist in Deutschland durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter der Nummer 3939/00 zugelassen.
2
Die Beklagte importiert Pflanzenschutzmittel, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugelassen und nach ihrer Darstellung mit in Deutschland zugelassenen Produkten identisch sind, nach Deutschland und bringt sie dort in neue Verpackungen unter eigenen Handelsnamen auf den Markt. Die Namen bildet sie aus ihrem Firmenschlagwort „R. “ und den generischen Namen der aktiven Wirkstoffe des jeweiligen Mittels.
3
Die Klägerin macht geltend, das von der Beklagten in Deutschland in Verkehr gebrachte Mittel „R. Tribenuronmethyl“ mit der vom BVL erteilten Parallelimport-Nummer PI-Nr. 023939-00/013 weise entgegen dem Hinweis auf seiner Verpackung „chemisch identisch mit POINTER®“ deutlich abweichende Gewichtsanteile/Konzentrationen mehrerer bekannter Inhaltsstoffe, unbekannte Inhaltsstoffe in einer deutlich über derjenigen bei POINTER® liegenden Konzentration sowie einen weiteren herbizid wirkenden Inhaltsstoff auf, was schwerwiegende unerwünschte Folgen für die damit behandelten Kulturpflanzen haben könne. Das Produkt „R. Tribenuronmethyl“ sei daher kein parallelimportiertes POINTER®, sondern eine in Deutschland nicht verkehrsfähige Fälschung ohne zugelassenes Referenzmittel. Die Beklagte täusche deshalb die angesprochenen Verkehrskreise und handle damit sowie unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs wettbewerbswidrig.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl, insbesondere „R. Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023939-00/013, in die Bundes- republik Deutschland einzuführen und/oder in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr zu bringen und/oder anzubieten und/oder sonst zu bewerben, es sei denn
a) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine Zulassung nach § 11 PflSchG oder
b) für das Pflanzenschutzmittel besteht eine eigene Zulassung im Sinne der Richtlinie 91/414/EWG in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und ® das Pflanzenschutzmittel ist mit dem Pflanzenschutzmittel POINTER (Zulassungsnummer 3939/00) oder einem anderen in Deutschland nach dem Pflanzenschutzgesetz zugelassenen Pflanzenschutzmittel chemisch identisch und/oder 2. für das Produkt „R. Tribenuronmethyl“, insbesondere „Realchemie Tribenuronmethyl“ mit der PI-Nr. 023930-00/013 mit ®
a) der Angabe „chemisch identisch mit POINTER “ und/oder ®
b) mit dem Hinweis auf die deutsche Zulassung für POINTER , insbesondere mit der Angabe „Zulassungsinhaber: D. (Deutschland) GmbH“ zu werben, insbesondere wenn das Produkt „R. Triben- ® uronmethyl“ mit dem Produkt POINTER chemisch nicht identisch ist.
5
Darüber hinaus hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Vorlage der entsprechenden Belege sowie zur Zahlung von Abmahnkosten beantragt.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Oberlandesgericht die Ansprüche auf Auskunft und Belegvorlage auf die Menge der Erzeugnisse beschränkt hat, die die Beklagte nach dem 24. September 2009 erhalten hat (OLG Hamburg, StoffR 2010, 143 = AUR 2010, 245). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Ausnahme von Abstrichen bei den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Belegvorlage für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
9
Der Rechtsstreit sei hinsichtlich des auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 PflSchG gestützten Unterlassungsantrag zu 1 und hinsichtlich des auf § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG gestützten Unterlassungsantrag zu 2 auch ohne Beweisaufnahme bereits deshalb entscheidungsreif, weil die Beklagte ihrer Darlegungslast für die Identität ihres ohne eigene Zulassung eingeführten und in Verkehr gebrachten Mittels mit dem zugelassenen Mittel der Klägerin nicht nachgekommen sei. Der Beklagten obliege es, zumindest nachvollziehbar darzulegen, dass sie - von wem auch immer - ein Produkt POINTER® erworben (und anschließend umgepackt) habe, das im konkreten Herkunftsland im Europäischen Wirtschaftsraum über eine Zulassung im Sinne von § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG verfügt habe.
10
Der aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründete Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten sei erst mit der Absendung der Abmahnung am 3. Juli 2007 entstanden. Die danach laufende sechsmonatige Verjährung gemäß § 11 UWG sei durch die Einreichung der Zahlungsklage am 11. Dezember 2007 rechtzeitig gehemmt worden. Der Auskunftsanspruch sei aus § 242 BGB sachlich hinsichtlich der von der Beklagten erhaltenen Erzeugnisse und zeitlich hinsichtlich der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht verjährten Schadensersatzansprüche begründet.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt in dem Umfang, in dem das Oberlandesgericht die Klage für begründet erachtet hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Die Revision rügt allerdings vergeblich, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), weil sich in den Gerichtsakten lediglich eine Ausfertigung, nicht dagegen die Urschrift des Berufungsurteils und auch kein Hinweis auf dessen Verbleib befinde und daher davon auszugehen sei, dass es kein unterschriebenes Berufungsurteil gebe.
13
a) Der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten auf dem bei den Gerichtsakten befindlichen Urteilsexemplar belegt, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, NJW 2010, 2948 Rn. 4 mwN, insoweit nicht in BGHZ 185, 378). Die Revision meint allerdings, der im Streitfall gefertigte Vermerk ergebe nicht, ob dieser Beleg zutreffe. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebe sich, dass das Original des Urteils stets bei den Akten verbleibe (Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09, BGHZ 186, 22 Rn. 6). Das Indiz, dass die Ausfertigung die Unterschrift unter die Urschrift belege, könne daher dann nicht gelten, wenn sich das Originalurteil nicht in den Gerichtsakten befinde. Dem kann nicht zugestimmt werden.
14
b) Die von der Revision angeführte Rechtsprechung besagt lediglich, dass das Original des Urteils nicht zugestellt wird, nicht dagegen, dass es zwingend bei den Gerichtsakten verbleiben muss. Zwar muss der Ausfertigungsvermerk auf seine Richtigkeit hin überprüft werden können (§ 418 Abs. 2 ZPO). Dies ist aber auch dann möglich, wenn sich das Original des Urteils nicht bei den Gerichtsakten, sondern in einer gesondert geführten Urteilssammlung - beim Bundesgerichtshof in dem zu jedem Revisionsverfahren angelegten Senatsheft - befindet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Risiko des Verlusts eines Originalurteils im Falle seiner Aufnahme in eine bei Gericht geführte Urteilssammlung nach der Lebenserfahrung erheblich niedriger ist als dann, wenn es in der Gerichtsakte verbleibt; denn die Gerichtsakten werden auch nach Abschluss des Verfahrens vielfach - etwa im Rahmen von Akteneinsichtsgesuchen , Aktenbeiziehungen und Geschäftsprüfungen - bewegt.
15
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die von der Klägerin in den Unterlassungsanträgen verwendete Formulierung „chemisch (nicht) identisch“ als im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt angesehen hat.
16
a) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe. Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftsmethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung , mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge und die auf diese rückbezogenen Folgeanträge nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. In ihnen ist der Grund nicht konkret beschrieben, der der Verkehrsfähigkeit des Mittels entgegensteht. Dies ist für eine ausreichende Bestimmtheit der Klageanträge im Streitfall aber erforderlich.
18
aa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG dürfen Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Verwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom Bundesamt zugelassen sind. Als zugelassen gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 PflSchG auch ein Pflanzenschutzmittel, für das die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nach § 16c PflSchG festgestellt ist. Gemäß § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG darf ein Pflanzenschutzmittel, das in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmt, nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn derjenige, der das Mittel einführen oder in Verkehr bringen will, zuvor beim Bundesamt die Feststellung der Verkehrsfähigkeit beantragt und das Bundesamt diese Feststellung getroffen hat. Die dabei vorausgesetzte Übereinstimmung des paralleleinzuführenden Pflanzenschutzmittels (Importmittel) mit dem entsprechenden zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzmittel) liegt, wie sich aus § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG ergibt, dann vor, wenn das paralleleinzuführende Pflanzenschutzmittel die gleichen Wirkstoffe in vergleichbarer Menge mit entsprechendem Mindestreinheitsgrad und mit bestimmten Verunreinigungen gleicher Art sowie entsprechendem Höchstgehalt enthält wie das Referenzmittel (Nr. 1) und mit diesem in Zusammensetzung und Beschaffenheit übereinstimmt (Nr. 2).
19
Eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PflSchG liegt gemäß § 1c Abs. 3 der Verordnung über Pflanzen- schutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung - PflSchMGV) vor, soweit sich der angegebene Wirkstoffgehalt des einzuführenden Mittels nicht von dem Wirkstoffgehalt des Referenzmittels unterscheidet (Nr. 1) oder bei der analytischen Bestimmung des Wirkstoffgehalts die in Anhang VI Teil C der Richtlinie 91/414/EWG unter der Nummer 2.7.2 Buchstabe a in der jeweils geltenden Fassung genannten Kriterien eingehalten wurden (Nr. 2). Nach § 1c Abs. 4 PflSchMGV ist eine Übereinstimmung in Zusammensetzung und Beschaffenheit im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG gegeben, wenn beide Mittel in der Formulierungsart übereinstimmen (Nr. 1) und qualitative oder quantitative Unterschiede in den Beistoffen nicht zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit, die Auswirkungen auf die zu behandelnden Pflanzen oder die Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Naturhaushalt führen (Nr. 2). An einer solchen Übereinstimmung fehlt es nach § 1c Abs. 5 PflSchMGV insbesondere dann, wenn ein nicht bewerteter Beistoff oder eine nicht bewertete Beistoffsubstanz vorliegt (Nr. 1), Beistoffsubstanzen mit wesentlicher Funktion fehlen (Nr. 2), unterschiedliche Nominalkonzentrationen von Beistoffen mit wesentlicher Funktion vorliegen (Nr. 3), Beistoffsubstanzen vorliegen, die toxischer oder ökotoxischer sind als die des Referenzmittels oder die für die Wirksamkeit oder die Stabilität ungünstiger sind als die des Referenzmittels (Nr. 4), oder Beistoffe fehlen, die dem Anwenderschutz dienen oder zum Schutz Dritter Anwendung finden (Nr. 5).
20
bb) Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass in einem Vollstreckungsverfahren , dem ein den gestellten Unterlassungsanträgen entsprechender Verbotstitel zugrunde liegt, das Vollstreckungsgericht beurteilen müsste , ob ein Pflanzenschutzmittel in einer vom vorliegenden Streitfall abweichenden Zusammensetzung die Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit nach § 16c Abs. 2 PflSchG erfüllt. Dies könnte eine Würdigung der komplexen rechtlichen Begriffe des § 16c Abs. 2 PflSchG und des § 1c Abs. 3 bis 5 PflSchMGV im Vollstreckungsverfahren erfordern, die jedoch grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Die vom Gläubiger im Vollstreckungsverfahren geltend gemachte Abweichung der Zusammensetzung des Importpflanzenschutzmittels vom Referenzmittel könnte völlig anders gelagert sein als diejenige, die Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist. Das wäre - zumal unter Berücksichtigung dessen, dass die stoffliche Zusammensetzung des Referenzmittels für Außenstehende nicht ohne weiteres und im vollen Umfang erkennbar ist - nach der oben in Randnummer 16 angeführten Rechtsprechung nur dann hinzunehmen, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das von der Klägerin beanstandete geschäftliche Verhalten der Beklagten erforderlich wäre. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Unlauterem Verhalten der Beklagten kann bereits durch ein konkreter gefasstes Verbot wirksam entgegengewirkt werden (vgl. für einen vergleichbaren Fall BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 117/10, GRUR 2012, 407 Rn. 19 und 21 bis 28 = WRP 2012, 456 - Delan).
21
cc) Die (mehrfache) Verwendung des Wortes „insbesondere“ in den von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträgen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
22
Das Wort „insbesondere“ in einem Klageantrag führt weder zu einer Einschränkung noch zu einer Erweiterung des Antrags; es stellt vielmehr eine Auslegungshilfe dar (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter). Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil des Antrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er - falls er insoweit nicht durchdringt - jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens be- gehrt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 - Kaufpreis je nur 1 DM), wobei allerdings auch dieser Insbesondere-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt, insbesondere dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (BGH, Urteil vom 28. November 1996 - I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 768 = WRP 1997, 735 - Brillenpreise II). Im Streitfall enthalten die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge keinen solchen unechten Hilfsantrag. Die dortigen Insbesondere-Zusätze lassen ebenso wenig wie die Ausführungen zur Begründung der Klage erkennen, dass die Klägerin mit dem Verbot zumindest eine mögliche Handlungsvariante mit einer immer gleichbleibenden Zusammensetzung des Produkts verboten haben möchte. Ihre Klageanträge wie auch ihr zu deren Begründung gehaltener Vortrag weisen vielmehr aus, dass das auszusprechende Verbot auch solche Fälle erfassen soll, in denen von der Beklagten vertriebene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Tribenuronmethyl wegen anderweitiger stofflicher Abweichungen von der Beklagten in Deutschland nicht vertrieben und deshalb auch - unter dem Gesichtspunkt der Irreführung - nicht beworben werden dürfen. Das von der Klägerin erstrebte Verbot soll insbesondere den Fall erfassen, dass unter der betreffenden Nummer immer wieder anders zusammengesetzte Mittel nach Deutschland eingeführt und dort vermarktet werden. Um diese Mittel zu erfassen, verwenden die Unterlassungsanträge den Begriff der chemischen Identität, der - wie dargelegt - zur Unbestimmtheit des Antrags führt.
23
(dd) Der Unterlassungsantrag zu 1 kann auch nicht deshalb als hinreichend bestimmt angesehen werden, weil die Bezugnahme auf den unbestimmten Begriff der chemischen Identität erst in der mit den Wörtern „es sei denn“ eingeleiteten Passage enthalten ist.
24
(1) Es ist grundsätzlich nicht Sache des Unterlassungsklägers, den Beklagten darauf hinzuweisen, was diesem erlaubt ist; vielmehr obliegt es dem Beklagten, Wege zu finden, die aus dem ihm auferlegten Verbot herausführen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 25 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 183/09, GRUR 2011, 340 Rn. 27 = WRP 2011, 490 - Irische Butter, jeweils mwN). Eine diesen Grundsatz nicht beachtende Überbestimmung ist allerdings unschädlich (vgl. BGH, GRUR 2011, 340 Rn. 27 - Irische Butter) und führt daher insbesondere nicht dazu, dass der Klageantrag im Hinblick auf die Formulierung seines die Überbestimmung enthaltenden Teils als unbestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 137/09, GRUR 2011, 631 Rn. 7 = WRP 2011, 870 - Unser wichtigstes Cigarettenpapier).
25
(2) Der vorstehend dargestellte Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn der Klageantrag die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist der Antrag dagegen verallgemeinernd gefasst, müssen mögliche Einschränkungen aufgrund von gesetzlichen Ausnahmetatbeständen in den Antrag aufgenommen werden, da das mit ihm erstrebte Verbot andernfalls auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst. Die Umstände, die für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände sprechen, müssen dabei im Blick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche Verhaltensweisen von dem Verbot ausgenommen sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 749 Rn. 25 f. - Erinnerungswerbung im Internet; BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 15 = WRP 2011, 742 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Es genügt daher auch in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht, auf die gesetzliche Regelung zu verweisen, sofern deren Tatbestandsmerkmale nicht völlig eindeutig oder durch eine gefestigte Auslegung geklärt sind (vgl. BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 16 f. - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Diese Voraussetzung ist im Streitfall - wie dargelegt (vgl. Rn. 18 ff.) - jedoch nicht erfüllt.
26
3. Die Unbestimmtheit der Unterlassungsanträge, die auch die hierauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung und Belegvorlage erfasst, hat zur Folge, dass das Berufungsurteil insoweit keinen Bestand haben kann und deshalb aufzuheben ist. Dasselbe gilt für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG berechtigt war.
27
4. Da sich das Klagebegehren allerdings - wie nachstehend unter III dargestellt - auch nicht schon als unbegründet darstellt, ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klägerin hat damit aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit, sich in der wiedereröffneten Berufungsinstanz durch eine sachdienliche Antragsfassung auf die vorstehend unter II 2 dargestellte Rechtslage einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 18 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für „Individualverträge“; Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 23 = WRP 2008, 98 - Versandkosten, jeweils mwN).
28
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:
29
1. Das zur Zeit der von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414) ist Ende 2008 geändert worden. Die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende Gesetzesänderung ist für den Streitfall ohne Bedeutung, weil die Richtlinie die Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt gelassen hat (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG). Dementsprechend ist nach der Richtlinie 2005/29/EG die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits - und Sicherheitsaspekte von Produkten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16c PflSchG der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10, GRUR 2011, 843 Rn. 14 = WRP 2011, 1146 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung ).
30
2. Die seit 14. Juni 2011 geltende und damit für die abschließende Beurteilung der in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanträge und der Folgeansprüche für den nachfolgenden Zeitraum möglicherweise ebenfalls maßgebliche Regelung des Parallelhandels mit Pflanzenschutzmitteln in Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG ist mit der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelung in § 16c PflSchG vergleichbar. So kann gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 ein Pflanzenschutzmittel , das in einem Mitgliedstaat (Ursprungsmitgliedstaat) zugelassen ist, in einen anderen Mitgliedstaat (nur) dann eingeführt und dort in Verkehr gebracht oder verwendet werden (Einfuhrmitgliedstaat), wenn dieser Mitgliedstaat feststellt, dass das Pflanzenschutzmittel in seiner Zusammensetzung mit einem Pflanzenschutzmittel identisch ist, das in seinem Gebiet bereits zugelassen ist (Referenzmittel). Pflanzenschutzmittel gelten nach Art. 52 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 als identisch mit dem Referenzmittel, wenn sie von demselben Unternehmen oder einem angeschlossenen Unternehmen oder unter Lizenz nach demselben Verfahren hergestellt wurden, in Spezifikation und Gehalt an Wirkstoffen, Safenern und Synergisten sowie in Formulierungsart identisch sind und hinsichtlich der enthaltenen Beistoffe und der Größe, des Materials und der Form der Verpackung im Hinblick auf die potenziell nachteiligen Wirkungen auf die Sicherheit des Produkts in Bezug auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder auf die Umwelt identisch oder gleichwertig sind (vgl. Kamann, StoffR 2011, 52, 53-55). Pflanzenschutzmittel, für die vor dem 14. Juni 2011 Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen erteilt worden sind, dürfen noch bis zu dem Zeitpunkt in Verkehr gebracht werden, an dem die Zulassung des Referenzmittels endet, sofern nicht die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vor diesem Zeitpunkt durch Widerruf oder Rücknahme endet (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über die vorläufige Durchführung unmittelbar geltender Vorschriften der Europäischen Union über die Zulassung oder Genehmigung des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln vom 23. Mai 2011 [BGBl. I S. 925]; Geesmann, StoffR 2011, 134, 139 f.).
31
3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick darauf, dass sie gemäß § 1 Abs. 4 PflSchG dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 8/09, GRUR 2011, 842 Rn. 20 = WRP 2011, 1144 - RC-Netzmittel; BGH, GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, Verstöße gegen diese Bestimmungen seien deshalb auch geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 842 Rn. 21 - RC-Netzmittel; GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan).
32
4. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch angenommen, dass der Anspruchsteller im Rahmen des in § 4 Nr. 11 UWG geregelten Rechtsbruchstatbestandes bei unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stehenden Verhal- tensweisen lediglich darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass das von ihm beanstandete Verhalten des Anspruchsgegners von dem generellen Verbot erfasst wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 273 f. - Atemtest, zu § 21 AMG; BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 = WRP 2010, 250 - Quizalofop, zu § 11 PflSchG; Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 107/09, GRUR 2011, 453 Rn. 21 = WRP 2011, 446 - Handlanger, zu § 21 AMG). Aus diesem Grund hat im Streitfall die Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise von der Verkehrsfähigkeitsfeststellung gemäß § 16c PflSchG gedeckt ist. Die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretene gegenteilige Ansicht (vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2011, 113, 115; LG Aachen, Urteil vom 7. September 2010 - 41 O 110/09, juris Rn. 51 und 55) berücksichtigt nicht genügend, dass die in § 16c PflSchG enthaltene Regelung, die die Anforderungen an einen zulässigen Parallelimport verschärft hat, nicht nur bezweckt, die Rechtssicherheit für die Importeure hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit ihrer Produkte zu erhöhen. Vielmehr soll sie insbesondere auch Rechtssicherheit für die Zulassungsinhaber und die Anwender schaffen sowie die Kontrolle der auf dem Markt befindlichen Pflanzenschutzmittel erleichtern, um sicherzustellen, dass keine Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden , die nicht bereits im europäischen Wirtschaftsraum zugelassen und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmen (vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, BT-Drucks. 16/645, S. 2 und 6). Diese mit der gesetzlichen Neuregelung verfolgten Ziele gebieten es, dass bei einem Streit über die Identität der Mittel die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen liegt, der für sich die Identität in Anspruch nimmt.
33
5. Soweit das Berufungsgericht die Einholung des von der Beklagten zum Beweis der chemischen bzw. stofflichen Identität der beiden Mittel bean- tragten Sachverständigengutachtens mit der Begründung abgelehnt hat, die Beklagte sei insoweit schon ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen, hat es nicht bedacht, dass eine Partei bei einem zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten bereits dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der Gegenseite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Unerheblich ist dabei, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Vielmehr hat der Tatrichter alsdann in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei, soweit es auf spezifische Fachkunde ankommt, die beweiserheblichen Streitfragen einem Sachverständigen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10 f.; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 157/09, NJW 2011, 844 Rn. 25, jeweils mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN), oder sie aufs Geratewohl, das heißt ins Blaue hinein aufgestellt und - mit anderen Worten - aus der Luft gegriffen sind. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie sich nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; MünchKomm.ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 284 Rn. 78; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Aufl., § 284 Rn. 18, jeweils mwN). Kann eine Partei - wie hier die Beklagte als reines Handelsunternehmen - mangels eigener Kenntnis der in Rede stehenden naturwissenschaftlichen oder technischen Zusammenhänge nur bestimmte Vermutungen als Behauptung in den Rechtsstreit einführen, liegt daher keine unzulässige Ausforschung vor (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94, NJW 1995, 1160, 1161; MünchKomm.ZPO/ Prütting aaO, jeweils mwN).
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.04.2008 - 416 O 289/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 15.04.2010 - 5 U 106/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 188/09 Verkündet am:
28. September 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Landgut Borsig
Der Eigentümer einer Liegenschaft, die im allgemeinen Sprachgebrauch des
maßgeblichen Verkehrs mit dem bürgerlichen Namen einer Familie bezeichnet
wird, kann diese Bezeichnung ungeachtet der Zustimmung der Namensträger
für die Liegenschaft oder einen damit verbundenen Geschäftsbetrieb (weiter
-)verwenden, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht.
BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 188/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und
Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. Oktober 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Nachfahre der (im Jahre 1907 geadelten) Berliner Industriellenfamilie Borsig. Albert Borsig erwarb 1866 ein Gut in Groß Behnitz im Havelland , etwa 40 Kilometer von Berlin entfernt. Der Kläger, der heute in München lebt, wuchs dort auf. Sein Vater, Dr. Ernst v. Borsig junior, war letzter Eigentümer des Guts und Mitglied der NS-Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“, die sich auch auf dem Gut in Groß Behnitz traf. Die sowjetische Besatzungsmacht enteignete 1947 diesen Grundbesitz der Familie v. Borsig. Im selben Jahr brannte das Gutshaus ab; erhalten blieben jedoch die Wirtschaftsgebäude und ein Logierhaus, die von einer LPG und einem Kindergarten genutzt wurden.
2
Im Jahr 2000 erwarb der Beklagte zu 1 von der Treuhandgesellschaft einen Teil des ehemaligen Guts der Familie v. Borsig in Groß Behnitz. Nach einer Teilsanierung machte er die Liegenschaft im Jahr 2004 der Öffentlichkeit zugänglich. Die Beklagte zu 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 ist, betreibt dort unter der Firma „Landgut Borsig Kontor GmbH“ ein Unternehmen, das sich auf die Durchführung kultureller und sonstiger Freizeitveranstaltungen sowie auf den Verkauf von typischen Produkten der Region spezialisiert hat. Die Beklagten verwenden zur Benennung der Beklagten zu 2 und ihres Geschäftsbetriebs die Bezeichnung „Landgut Borsig Groß Behnitz“. Der Beklagte zu 1 ließ zudem bei der DENIC eG den Domainnamen „landgut-borsig.de“ registrieren.
3
Der Kläger sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung seines Namensrechts und hat beantragt, 1. die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, den Namen „Borsig“ allein oder in Kombination mit anderen Begriffen zu verwenden, um die Beklagte zu 2 oder einen von den Beklagten geführten Geschäftsbetrieb oder dessen Waren oder eine Liegenschaft zu bezeichnen, insbesondere den Begriff „Landgut Borsig“ zu verwenden; 2. den Beklagten zu 1 zu verurteilen, den Domainnamen „landgut-borsig.de“ zu löschen.
4
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil dahin abgeändert, dass den Beklagten die Verwendung des Namens „Borsig“ nicht generell untersagt wird, sondern nur die des Begriffs „Landgut Borsig“. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch des Klägers aufgrund einer unberechtigten Namensanmaßung durch die Beklagten nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt :
6
Die Beklagten hätten den Namen „Borsig“ unbefugt benutzt. Das von den Nachkommen der Anneliese v. Borsig, eines weiteren Mitglieds der Familie v. Borsig, dem Beklagten erteilte Einverständnis mit der Namensnutzung stehe der Klage nicht entgegen. Eine Gestattung der Borsig GmbH wirke lediglich schuldrechtlich, so dass sie den Kläger ebenfalls nicht an der Ausübung seines Namensrechts hindern könne. Zudem verfüge die Borsig GmbH über kein prioritätsälteres Namensrecht als der Kläger, weil sie erst 2002 gegründet worden sei und erst ab 2004 die Bezeichnung „Borsig“ als Firmenbestandteil verwende. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass sich der Name „LandgutBorsig“ für die Liegenschaft derart verselbständigt habe, dass eine Zustimmung zu der Benutzung nicht mehr erforderlich sei. Der Gebrauch des Namens rufe eine Zuordnungsverwirrung hervor, weil beim Publikum der unzutreffende Eindruck erweckt werde, der Kläger als unmittelbarer Nachfahre des letzten Eigentümers habe dem Gebrauch des Namens zugestimmt. Aufgrund der Bekanntheit des Namens „Borsig“ in Brandenburg und Berlin gingen weite Teile der angesprochenen Verkehrskreise zudem davon aus, es bestehe eine Verbindung zwischen dem Gut und dem Kläger. Dadurch würden schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt. Eine Verwirkung der Ansprüche komme nicht in Betracht, selbst wenn der Kläger bereits im August 2001 Kenntnis von der unbefugten Nutzung erlangt haben sollte, weil er sein Recht spätestens im Juli 2006 und damit innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 MarkenG geltend gemacht habe. Im Übrigen habe der Kläger erst im Jahr 2004 nachhaltige Veranlassung zum Tätigwerden gehabt, als der Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 2 unter der Bezeichnung „Landgut Borsig“ aufgenommen worden sei.
7
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
8
Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt vor, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2008 - I ZR 59/04, BGHZ 171, 104 Rn. 11 - grundke.de; Urteil vom 24. April 2008 - I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Rn. 18 = WRP 2008, 1520 - afilias.de). Die Annahme des Berufungsgerichts , diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt, wird von seinen Feststellungen nicht getragen.
9
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Rechte am Namen „Borsig“ geltend machen kann und daran nicht durch das Einverständnis weiterer Abkömmlinge der Familie mit der Benutzung dieses Namens durch die Beklagten gehindert ist.
10
2. Die Beklagten haben den Namen des Klägers gebraucht.
11
a) Das Berufungsgericht hat sich die Feststellungen des Landgerichts zu eigen gemacht, wonach die Beklagten den Namen „Borsig“ für die Bezeichnung der Beklagten zu 2 und deren Geschäftsbetrieb sowie für die vom Beklagten zu 1 erworbene Liegenschaft in Groß Behnitz als „Landgut Borsig“ benutzt haben. Dies wird von der Revision nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Gebrauch eines fremden Namens im Sinne von § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt auch vor, wenn der Dritte sich den Namen des Berechtigten als Firmenname, als Etablissementbezeichnung oder als sonstige Bezeichnung eines Unternehmens beilegt oder einen anderen mit dem fraglichen Namen bezeichnet (vgl. MünchKomm.BGB/Bayreuther, 5. Aufl., § 12 Rn. 150). Dass die Beklagten den Namen unter Voranstellung der Bezeichnung „Landgut“ oder Hinzufügung der Ortsbezeichnung oder des Begriffs „Kontor“ bzw. der Rechtsform der Beklagten zu 2 verwenden, steht dem Gebrauch des gleichen Namens nicht entgegen. Der Verkehr beachtet nicht diese beschreibenden Zusätze, sondern den unterscheidungskräftigen Familiennamen „Borsig“. Auch mit der Registrierung des Domainnamens „landgut-borsig.de“ hat der Beklagte zu 1 den Namen des Klägers verwendet.
12
b) Allerdings kann nicht jede Verwendung eines fremden Namens als „Gebrauchen“ im Sinne von § 12 BGB angesehen werden. Die Vorschrift bezweckt allein den Schutz des Namens in seiner Funktion als Identitätsbezeichnung der Person seines Trägers. Deshalb sind nur solche Verwendungen verboten , die geeignet sind, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2002 - I ZR 235/99, GRUR 2002, 917, 919 = WRP 2002, 1169 - Düsseldorfer Stadtwappen; Urteil vom 2. Dezember 2004 - I ZR 92/02, BGHZ 161, 216, 220 - Pro Fide Catholica). Dafür kommt sowohl ein namens- oder kennzeichenmäßiger Gebrauch des Namens durch einen Dritten als auch eine Verwendung in Betracht, durch die der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat. Hierfür genügt es, dass im Verkehr der falsche Eindruck entstehen kann, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur entsprechenden Verwendung des Namens erteilt (BGH, GRUR 2002, 917, 919 - Düsseldorfer Stadtwappen; BGHZ 161, 216, 221 - Pro Fide Catholica

).


13
c) Von diesem rechtlichen Ansatz ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Bezeichnung „Landgut Borsig“ beim Publikum den Eindruck erweckt, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des vormaligen Eigentümers Ernst v. Borsig dem Gebrauch seines Namens zugestimmt.
14
Entgegen der Rüge der Revision erweist sich diese Annahme nicht aufgrund des 600 km entfernt liegenden Wohnorts des Klägers und auch nicht angesichts einer möglichen Vielzahl von Unternehmungen mit dem Namen „Borsig“ als Firmenbestandteil sowie der Existenz weiterer Angehöriger mit dem Geburtsnamen „v. Borsig“ als erfahrungswidrig. Der Kläger steht als Sohn des letzten Eigentümers in enger Beziehung zu der Liegenschaft. Nach den von der Revision insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben nach der Wiedervereinigung vielerorts die alten Eigentümerfamilien den Besitz an ihren früheren Gütern wiedererlangt; zudem genießt der Name „Borsig“ Bekanntheit in Brandenburg und Berlin. Diese Umstände erlauben trotz der großen räumlichen Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers und der Liegenschaft und trotz der Existenz weiterer Namensträger die Feststellung, dass jedenfalls ein Teil des angesprochenen Verkehrs eine Beziehung gerade zu dem Namensträger herstellt, der engster lebender Nachfahre des letzten Eigentümers aus der Familie Borsig ist.
15
Die Revision wendet dagegen vergeblich ein, der Verkehr werde aufgrund der Verbundenheit des Namens „Borsig“ mit wirtschaftlicher Betätigung allenfalls eine Beziehung zwischen der Liegenschaft bzw. dem dort betriebenen Unternehmen und der Borsig GmbH annehmen. Damit setzt sie lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts.
16
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten den Namen des Klägers unbefugt gebraucht, wird jedoch von seinen Feststellungen nicht getragen.
17
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass eine Befugnis der Beklagten zum Gebrauch des Namens „Borsig“ aufgrund einer Gestattung der Borsig GmbH nicht in Betracht kommt.
18
Zwar hat der Senat im Interesse der Kontinuität einer Unternehmensbezeichnung entschieden, dass der Inhaber einer geschäftlichen Kennzeichnung oder eines Namens einem anderen die Benutzung in schuldrechtlich wirksamer Weise gestatten kann, so dass sich der andere in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 986 Abs. 1 BGB auf die Priorität des Gestattenden berufen kann, wenn ein Dritter ihn aufgrund der Bezeichnung in Anspruch nimmt (BGH, Urteil vom 18. März 1993 - I ZR 178/91, BGHZ 122, 71, 73 ff. - Decker; Urteil vom 28. Februar 2002 - I ZR 177/99, BGHZ 150, 82, 92 - Hotel Adlon). Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass in Fällen der Verwendung eines Familiennamens, der von mehreren Namensträgern berechtigt geführt wird, einer der Namensträger einem Dritten die Verwendung dieses Namens ohne besonderen Anlass gestatten könnte und die anderen Namensträger die infolge der Verwendung des Namens durch den Dritten eintretende Zuordnungsverwirrung hinnehmen müssten. Unabhängig davon können durch eine solche Gestattung keine Rechte gegenüber Gleichnamigen begründet werden, die über die Rechte des Gestattenden hinausgehen.
19
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnten die Beklagten durch die Gestattung der Borsig GmbH schon deshalb kein gegenüber dem Kläger prioritätsälteres oder zumindest gleichrangiges Recht erwerben, weil die Borsig GmbH unter der Firma c. Apparatebau Kapitalanlagegesellschaft mbH erst im Jahr 2002 gegründet und der Bestandteil „Borsig“ erst im Jahr 2004 der Firma hinzugefügt worden sei. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
20
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagten hätten die Fortführung der alten Unterneh- mensbezeichnung „Borsig“ durch die Borsig GmbH nicht hinreichend dargetan; insbesondere beruht diese Annahme nicht auf einer unvollständigen und damit verfahrensfehlerhaften Würdigung des Parteivorbringens. Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe eine vom Kläger vorgelegte Anlage zur Unternehmensgeschichte der Borsig GmbH unberücksichtigt gelassen, aus der sich ergebe, dass zwischen dem 1837 von August Borsig gegründeten Maschinenbauunternehmen und der heutigen Borsig GmbH Unternehmenskontinuität bei fortwährendem Gebrauch des Namens „Borsig“ bestanden habe und dass im Jahr 2002 nach der Insolvenz der zum B. -Konzern gehörenden Borsig GmbH deren Kerngeschäft durch die neue Gesellschaft übernommen worden sei.
21
Es kann dahinstehen, ob diese Anlage die Annahme einer Betriebsfortsetzung als Voraussetzung einer Firmenfortführung nach § 23 HGB rechtfertigen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1972 - I ZR 44/71, GRUR 1973, 363, 364 = WRP 1972, 578 - Baader). Die Beklagten haben hierzu weder ausdrücklich vorgetragen noch einen solchen Vortrag durch eine konkrete Bezugnahme auf die vom Kläger vorgelegte Anlage hinreichend ersetzt. Auch der Kläger hat in Bezug auf diese Anlage keinen Vortrag gehalten, der sich mit der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs nach der Insolvenz der Borsig GmbH befasst hat. Der Kläger wollte mit dieser Anlage allein den weit vom Betrieb eines Landguts entfernten Tätigkeitsbereich der heutigen Borsig-Gruppe darlegen. Ohne hinreichende Bezugnahme der Parteien ist der Tatrichter jedoch nicht verpflichtet, umfangreiche Anlagen von sich aus durchzuarbeiten, um sich so den entscheidungserheblichen Sachverhalt zusammenzusuchen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, WRP 2003, 1459, 1460). Etwas anderes wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die fragliche Anlage ohne weiteres aus sich heraus verständlich gewesen wäre und dem Tatrichter keine unzumutbare Sucharbeit abverlangt hätte. Das ist indes hier nicht der Fall. Die Anlage besteht aus insgesamt 15 Blättern und ist teils in deutscher Sprache und teils in englischer Übersetzung gehalten, wobei sich der maßgebliche Sachverhalt erst einer knappen Textpassage auf der drittletzten Seite entnehmen lässt.
22
b) Auf der Grundlage der bislang getroffenen tatrichterlichen Feststellungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Name „Landgut Borsig“ für das Gut Groß Behnitz im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten derart verselbständigt hatte, dass die Zustimmung des Klägers zur Benutzung der Bezeichnung „Borsig“ sowohl für die Liegenschaft als auch für die Beklagte zu 2 und deren Geschäftsbetrieb nicht mehr erforderlich war. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts verstößt gegen das Gebot umfassender Würdigung des Streitstoffs (§ 286 ZPO).
23
aa) Für die rechtmäßig erworbene namensartige Kennzeichnung eines Hauses kann in entsprechender Anwendung des § 12 BGB ein Namensrecht in Anspruch genommen werden, wenn und soweit daran ein schutzwürdiges Interesse besteht (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1976 - I ZR 71/74, MDR 1976, 998 - Sternhaus; KG, NJW 1988, 2892, 2893; Schalk in Büscher/Dittmer/ Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 5 MarkenG Rn. 6; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 15 MarkenG Rn. 74; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 5 Rn. 14; Zerhusen in Festschrift Koeble, 2010, S. 603, 604; aA Staudinger/Habermann, BGB, Bearb. 2004, § 12 Rn. 106; MünchKomm.BGB/Bayreuther aaO § 12 Rn. 53). Nichts anderes gilt, wenn nicht die Bezeichnung eines Gebäudes, sondern die eines Grundstücks in Rede steht (vgl. H. Lehmann, MuW 1931, 353, 355).
24
Dem steht nicht entgegen, dass das Namensrecht nach § 12 BGB ein Persönlichkeitsrecht ist, das als Namensträger grundsätzlich eine natürliche Person voraussetzt, mit der es untrennbar und akzessorisch verbunden ist. Die unmittelbare und entsprechende Anwendung des § 12 BGB ist nicht auf natürliche Personen beschränkt. So hat die Rechtsprechung schon früh auch juristische Personen, Personengesellschaften, Einzelkaufleute und sonstige im Rechtsleben auftretende Personenvereinigungen in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen (vgl. den Überblick bei MünchKomm.BGB/Bayreuther aaO § 12 Rn. 32 ff.). Der Schutz des § 12 BGB schließt auch Wappen und Siegel ein, sofern sie individualisierende Unterscheidungskraft aufweisen und damit zur namensmäßigen Kennzeichnung geeignet erscheinen. Das ist etwa bei einem Universitätsemblem der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, BGHZ 119, 237, 245 - Universitätsemblem).
25
Eine dem Namen einer Person entsprechende Unterscheidungs- und Identitätsfunktion kann auch der Bezeichnung eines Gebäudes zukommen, wenn sie im Sprachgebrauch des relevanten Verkehrs zu seiner Benennung anerkannt ist. Da ein berechtigtes Interesse an der Benennung eines Gebäudes mit einer vom Verkehr anerkannten Bezeichnung bestehen kann, entstünde eine nicht hinnehmbare Rechtsschutzlücke, wenn dieser Benennung ein Schutz entsprechend § 12 BGB versagt wäre. Der erforderliche personale Bezug des Namensrechts an einem Gebäude oder Grundstück besteht - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - zum Erbauer, jeweiligen Eigentümer oder einem sonst Berechtigten (vgl. BGH, MDR 1976, 998 - Sternhaus; Krüger-Nieland in Festschrift R. Fischer, 1979, S. 339, 349; H. Lehmann, MuW 1931, 353, 357). Allein dieser jeweils Berechtigte ist befugt, sich auf den mit dem Gebäude oder Grundstück verbundenen Namen zu berufen, um von Dritten gegen die Namensführung erhobene Ansprüche abzuwehren. Diese Befugnis ist von der Berechtigung an dem Gebäude oder Grundstück abhängig, sie ist akzessorisch mit diesem verbunden. Ein Erwerber der Immobilie erlangt deshalb auch die mit ihr im Zeitpunkt des Erwerbs etwa verbundene Befugnis zur entsprechenden Namensführung.
26
bb) Die Befugnis, den durch Verselbständigung entstandenen Namen eines Gebäudes oder eines Grundstücks zu führen, ist nicht auf eine Verwendung für die Bezeichnung der Liegenschaft beschränkt. Sie kann sich auch auf einen mit der Liegenschaft verbundenen Geschäftsbetrieb und dessen Betreiber erstrecken. Zwischen der Nutzung eines Namens für eine Liegenschaft und für einen Geschäftsbetrieb ist zwar grundsätzlich zu unterscheiden. Der an einer Liegenschaft Berechtigte hat aber ein legitimes Interesse nicht nur an der Kennzeichnung, sondern auch an der wirtschaftlichen Verwertung der Liegenschaft und des mit ihr verbundenen Namens. Dies gibt ihm die Befugnis, die Bezeichnung jedenfalls im Handelsnamen eines Geschäfts zu verwenden, das auf dieser Liegenschaft und mit räumlichem Bezug zu ihr betrieben wird (vgl. H. Lehmann, MuW 1931, 353).
27
cc) Die Benennung eines Gebäudes ist indes nur unter zwei Voraussetzungen namensrechtlich schutzwürdig.
28
(1) Zum einen muss ein objektiv berechtigtes Interesse an der Benennung bestehen. Es kann etwa darin liegen, dass durch die Bezeichnung auf die besonderen Beziehungen einer bekannten Persönlichkeit des kulturellen oder politischen Lebens zu einem Gebäude (Geburtshaus, Wohnhaus) hingewiesen werden soll (vgl. BGH, MDR 1976, 998 - Sternhaus; Fezer aaO § 15 MarkenG Rn. 79; Krüger-Nieland in Festschrift R. Fischer, 1979, S. 339, 349). Ein derartiges Interesse an der Benennung der Liegenschaft unter Verwendung des Namens „Borsig“ kann den Beklagten nicht abgesprochen werden.
29
Die Beklagten haben den Namen nicht willkürlich gewählt, sondern eine damit über mehrere Generationen bestehende Verbindung zwischen der Lie- genschaft und der Familie v. Borsig zum Ausdruck gebracht, die von erheblichem geschichtlichen Interesse ist. Das ergibt sich zum einen aus der Bedeutung der Familie v. Borsig für die deutsche Industriegeschichte, zum anderen aber auch aus der Verbindung des letzten Eigentümers aus der Familie und der Liegenschaft selbst zum Kreisauer Kreis. Dass die Beklagten mit ihren Aktivitäten in Groß Behnitz auch einen geschäftlichen Zweck verfolgen, steht der Schutzwürdigkeit ihres Interesses an der Namensführung nicht entgegen. Ein Kulturdenkmal der hier in Rede stehenden Größenordnung wird sich in privatem Eigentum regelmäßig nicht ohne eine angemessene geschäftliche Nutzung erhalten lassen, die zudem das (kultur-)geschichtliche Interesse der Bevölkerung wecken oder wachhalten kann.
30
(2) Die Schutzwürdigkeit des Interesses der Beklagten an der Benennung der Liegenschaft als „Landgut Borsig“ setzt jedoch weiter voraus, dass diese Bezeichnung im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten entsprechend ihrer Behauptung im allgemeinen Sprachgebrauch des maßgeblichen Verkehrs üblich war. Denn solange das nicht der Fall ist, fehlt der Bezeichnung eines Gebäudes oder einer Liegenschaft eine dem Namen einer Person entsprechende Unterscheidungs- und Identitätsfunktion, die eine entsprechende Anwendung des § 12 BGB rechtfertigen kann.
31
Für ein Landgut kommt es dabei in erster Linie auf den Sprachgebrauch in der Gegend an, in der es belegen ist. In Anlehnung an die für die Verkehrsgeltung im Markenrecht geltenden Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rn. 38 = WRP 2008, 1319 - EROS; Fezer aaO § 4 MarkenG Rn. 122 f.) reicht es insoweit aus, wenn ein jedenfalls nicht unerheblicher Teil der relevanten Verkehrskreise ein Gebäude in entsprechender Weise benennt. Zum Nachweis der Üblichkeit der Benennung bei einem Gebäude genügt es aber auch, wenn die entsprechende Bezeichnung in wis- senschaftlichen oder amtlichen Veröffentlichungen oder öffentlichen Registern mit einer gewissen Häufigkeit verwendet wird.
32
dd) Das Berufungsgericht hat unter Verletzung von § 286 ZPO keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Bezeichnung „Landgut Borsig“ für die Liegenschaft im maßgeblichen Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme in den relevanten Verkehrskreisen üblich war.
33
(1) Entgegen der Ansicht der Revision kommt es in diesem Zusammenhang aber nicht darauf an, wer jeweils Eigentümer des Gebäudes war oder wer es verwaltet hatte. Denn daraus allein folgt nicht, dass die Liegenschaft im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Namen des Eigentümers oder Verwalters bezeichnet wird. Unerheblich für die Befugnis zum Namensgebrauch ist auch, welche Bezeichnung für die Liegenschaft in früherer Zeit verwendet wurde. Die von der Revision dargelegte Bezeichnung „Borsig’sches Gut“ in einer Dorfchronik , die das Berufungsgericht zudem als bloßen Hinweis auf die früheren Besitzer des Gutes verstehen konnte, ist schon deshalb für den Streitfall ohne Belang. Entscheidend ist allein, mit welchem Namen der Verkehr die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten verbunden hat. Ebenso wie bei nach § 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG geschützten Unternehmenskennzeichen der Schutz mit dem Verlust der Verkehrsgeltung endet (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 5 Rn. 49 und § 4 Rn. 66), kann der Eigentümer den Namensschutz für sein Grundstück verlieren, wenn die früher übliche Bezeichnung nicht mehr zum aktuellen Sprachgebrauch gehört.
34
(2) Ohne Erfolg rügt die Revision deshalb auch, dass das Berufungsgericht aus den vorgelegten historischen Postkarten mit dem Abbild von Gebäuden der Liegenschaft sowie den Bezeichnungen „Wirtschaftsgebäude Borsig“ und „Schloss von Borsig“ keine Rückschlüsse auf die Benennung des Gutes insgesamt als „Landgut Borsig“ gezogen hat. Im Übrigen handelt es sich dabei, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, nur um variierende Bezeichnungen einzelner Baulichkeiten.
35
(3) Ebensowenig verhilft der Revision der Hinweis auf das als Anlage B 11 vorgelegte Schreiben der Nachkommen der Anneliese v. Borsig zum Erfolg. In diesem Schreiben bringen die Verfasser ihre Freude zum Ausdruck, dass der Beklagte zu 1 mit der Benennung „Landgut Borsig“ dem Landgut seine geschichtliche Bedeutung zurückgegeben habe. Hieraus lässt sich nicht erkennen , dass die Liegenschaft bereits zuvor mit diesem Namen bezeichnet wurde.
36
(4) Allerdings haben die Beklagten mehrere Zeugen und hilfsweise Sachverständigengutachten zum Beweis dafür angeboten, dass der Volksmund in Groß Behnitz die Liegenschaft seit langem und auch nach der Wiedervereinigung bis heute als „Landgut Borsig“ bezeichne. Die Revision hat Erfolg, weil das Berufungsgericht diesen Beweis verfahrensfehlerhaft nicht erhoben hat, da es die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt und als Folge hiervon das Gebot verletzt hat, alle erheblichen Beweismittel zu erschöpfen (§ 286 ZPO).
37
Das Berufungsgericht hat von der Beweiserhebung mit der Begründung abgesehen, dass keine hinreichenden sachlichen Anhaltspunkte für die Gebräuchlichkeit der Bezeichnung „Landgut Borsig“ vorlägen, so dass kein Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehe. Die Vernehmung der angebotenen Zeugen sei von vornherein untunlich, weil einzelne Zeugen und ihre individuelle Auffassung zur Verkehrsdurchsetzung keine ausreichende Entscheidungsgrundlage bieten könnten.
38
Mit dieser Begründung durfte das Berufungsgericht die Beweiserhebung nicht unterlassen. Ein Beweisantritt für erhebliche, nicht willkürlich ins Blaue hinein behauptete Tatsachen darf nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn das angebotene Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse bringen kann, oder wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Februar 2009 - 1 BvR 1232/07, NJW 2009, 1585 Rn. 24 ff.; BGH, Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 69, 70; Beschluss vom 16. November 2010 - VIII ZR 228/08, juris Rn. 14). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 69, 70 mwN).
39
Mit ihrer Behauptung, die Liegenschaft werde im Volksmund in Groß Behnitz als „Landgut Borsig“ bezeichnet, haben die Beklagten die entscheidungserhebliche Voraussetzung für ein Namensrecht an der Bezeichnung „Landgut Borsig“ dargelegt. Zudem haben sie anhand der vorgelegten historischen Dokumente ausgeführt, dass der Name „Borsig“ in der Vergangenheit wiederholt in Verbindung mit der Liegenschaft gebraucht worden ist. Dies genügt - wie dargelegt - zwar nicht, um einen aktuell üblichen Sprachgebrauch zu beweisen. Das Vorbringen zeigt jedoch, dass die Behauptung der Beklagten nicht von vornherein völlig fernliegend und auch nicht nur ins Blaue hinein erfolgt ist.
40
Das Berufungsgericht hätte die Vernehmung der von den Beklagten angebotenen Zeugen auch nicht wegen Ungeeignetheit des Beweismittels ablehnen dürfen. Die Vernehmung von Zeugen ist zwar im Regelfall nicht ausreichend , um im Markenrecht den Nachweis einer Verkehrsgeltung erbringen zu können (vgl. Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 4 MarkenG Rn. 19). Im Streitfall ist für die Frage des allgemein üblichen Sprachgebrauchs indes auf den Ort der Liegenschaft und dessen nähere Umgebung abzustellen. Im Hinblick auf diese geringe Größe des maßgeblichen Gebiets hätte das Berufungsgericht die Vernehmung der Zeugen über deren Wahrnehmung dazu, wie die Liegenschaft dort im Volksmund seit langem genannt wird, nicht von vornherein als untunlich zurückweisen dürfen. Gegebenenfalls wäre auch das hilfsweise beantragte Meinungsforschungsgutachten einzuholen gewesen.
41
4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
42
a) War „Landgut Borsig“ im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten eine im allgemeinen Sprachgebrauch gebräuchliche Bezeichnung für die Liegenschaft, wären die Beklagten gegenüber dem Kläger als weiterem Namensträger befugt, den Namen „Borsig“ begrenzt auf die Liegenschaft in Groß-Behnitz und den dortigen Geschäftsbetrieb zu gebrauchen. Die in den Fällen der Gleichnamigkeit vorzunehmende Abwägung der Interessen der Namensträger würde dazu führen, dass der Kläger die Verwendung der Bezeichnung in diesem begrenzten Umfang hinzunehmen hätte.
43
aa) Der Begriff des Interesses im Sinne von § 12 BGB ist weit gefasst und umfasst außerhalb des Geschäftsverkehrs nicht nur ein vermögensrechtliches oder geschäftliches, sondern jedes Interesse des Namensträgers, auch ein rein persönliches oder ideelles und sogar ein bloßes Affektionsinteresse (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1953 - IV ZR 76/52, BGHZ 8, 318, 322 f.; Urteil vom 4. Februar 1958 - I ZR 23/57, GRUR 1958, 302, 303 - Lego; Urteil vom 15. November 1984 - IVb ZR 46/83, WM 1985, 95; MünchKomm.BGB/Bayreuther aaO § 12 Rn. 216). Im Bereich des bürgerlichen Namens reicht bereits das Interesse des Namensträgers, nicht mit anderen Personen verwechselt oder in Beziehung gebracht zu werden (vgl. BGH, WM 1985, 95, 96). Ein dahingehendes Interesse hat das Berufungsgericht für den Kläger zu Recht bejaht , da der Namensgebrauch den Eindruck erwecken kann, es bestehe eine Beziehung zwischen dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 2 und dem Kläger bzw. seiner Familie.
44
bb) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, es komme bei der Frage der Interessenverletzung allein auf die Interessen des Klägers an. Damit hat es zu Unrecht außer Acht gelassen, dass ein solches Interesse nur dann als berechtigt anerkannt werden kann, wenn es schutzwürdig ist, und die Frage der Schutzwürdigkeit nur dann richtig beurteilt werden kann, wenn auch entgegengesetzte Belange berücksichtigt werden und beim Widerstreit verschiedener Interessen abgewogen wird, welches Interesse größere Beachtung verdient und daher vorgehen muss (vgl. BGH, GRUR 1958, 302, 303 - Lego; BGH, WM 1985, 95).
45
Der Nichtberechtigte kann zwar in der Regel nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so dass bereits der unbefugte Namensgebrauch die Interessenverletzung indiziert (vgl. BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 27 - afilias.de; MünchKomm.BGB/Bayreuther aaO § 12 Rn. 217). Eine Ausnahme von dieser Regel muss neben anderen Fällen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1099 Rn. 28 ff. - afilias.de) aber dann gemacht werden, wenn dem Nichtberechtigten seinerseits ein namensrechtlich geschütztes Interesse an der Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnung zur Seite steht (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1993 - XII ZR 51/92, BGHZ 124, 173, 183). Ein solches Interesse kann auch in der Befugnis bestehen, ein Haus oder Grundstück mit dem fremden Namen zu bezeichnen und hierfür selbst Namensschutz nach § 12 BGB zu beanspruchen.
46
Voraussetzung für ein namensrechtlich geschütztes Interesse der Beklagten ist - wie oben dargelegt (Rn. 30 f.) -, dass die entsprechende Benennung zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist. Dazu fehlen im Streitfall die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen.
47
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat vermag nicht in der Sache selbst zu entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kann die Klage nicht abgewiesen werden.
48
1. Das Interesse der Beklagten, die historische Bedeutung der Liegenschaft herauszustellen, erlaubt ihnen nicht schon für sich allein - unabhängig von einer Durchsetzung der Bezeichnung „Landgut Borsig“ im allgemeinen Sprachgebrauch - in den namensrechtlichen Besitzstand des Klägers einzudringen. Vielmehr wäre den Beklagten bei mangelnder Gebräuchlichkeit der Bezeichnung „Landgut Borsig“ zuzumuten, den historischen Zusammenhang auf andere Weise aufzuzeigen als durch diese Benennung.
49
2. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das Unterlassungsbegehren des Klägers nicht verwirkt ist.
50
a) Der Erfolg des auf § 242 BGB beruhenden Verwirkungseinwands gegenüber einem kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch hängt davon ab, ob durch eine längerdauernde redliche und ungestörte Benutzung einer Kennzeichnung ein Zustand geschaffen worden ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1990 - I ZR 298/88, GRUR 1990, 1042, 1046 = WRP 1991, 83 - Datacolor). Anders als das Berufungsgericht mit der Heranziehung der markenrechtlichen Grenze aus § 21 Abs. 2 MarkenG angenommen hat, lässt sich für die erforderliche Benutzungsdauer allerdings keine feste Grenze angeben. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls, da die einzelnen Voraussetzungen des Verwirkungseinwands in enger Wechselwirkung zueinander stehen (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90 - GRUR 1993, 151, 153 = WRP 1993, 101 - Universitätsemblem, insoweit nicht in BGHZ 119, 237).
51
b) Im Streitfall fehlt es allerdings deshalb an dem für eine Verwirkung erforderlichen Zeitmoment, weil der Kläger nach den rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erst im Jahr 2004 Veranlassung hatte, zum Schutz seines Namens tätig zu werden. Die Beklagten konnten sich daher lediglich auf eine ungestörte Nutzungsdauer von rund zweieinhalb Jahren berufen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen auch nicht erkennen, dass der Kläger mit seinem Verhalten den fremden Gebrauch seines Namens gefördert hätte. Zudem kannten die Beklagten den Kläger bereits als Namensträger. Unter Beachtung dieser Umstände genügt ein Zeitablauf, der noch nicht einmal die dreijährige Verjährungsfrist umfasst, keinesfalls, um das erforderliche Zeitmoment der Verwirkung zu erfüllen.
52
Anders als die Revision meint, musste das Berufungsgericht auch nicht eine frühere Kenntnis des Klägers von der Namensverwendung durch die Beklagten annehmen. Aus dem vorgelegten Schreiben des Vereins „Tradition und Zukunft ‚Landgut Borsig‘ e.V.“ von August 2001 lässt sich allein auf eine entsprechende Nutzung der Bezeichnung durch den Verein schließen. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass auch einer der Beklagten die Bezeichnung gebrauchen werde.
53
IV. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
54
1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten die Verwendung des Begriffs „Landgut Borsig“ nicht nur als Bezeichnung für die Beklagte zu 2 und den von ihr geführten Geschäftsbetrieb, sondern auch zur Bezeichnung von Waren aus diesem Geschäftsbetrieb untersagt. Ein derartiges Unterlassungsbegehren kann indes nur dann begründet sein, wenn aufgrund einer bereits begangenen Verletzungshandlung Wiederholungsgefahr besteht oder eine unmittelbar drohende erstmalige Beeinträchtigung zu befürchten ist. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
55
2. Entgegen der vom Landgericht ausgesprochenen und vom Berufungsgericht insoweit nicht abgeänderten Verurteilung kann der Kläger vom Beklagten zu 1 im Fall einer Namensrechtsverletzung nicht die Löschung des Domainnamens „landgut-borsig.de“ verlangen, sondern nur beanspruchen, dass der Beklagte zu 1 gegenüber der Registrierungsstelle DENIC den Verzicht auf den Domainnamen erklärt (vgl. BGHZ 149, 191, 206 - shell.de; BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 201/03, GRUR 2007, 259 Rn. 25 = WRP 2007, 76 - solingen.info).
56
3. An die Gebräuchlichkeit der Bezeichnung „Landgut Borsig“ im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme durch die Beklagten wären geringere Anforderungen zu stellen, wenn ihre Verwendung als mit der staatssozialistischen, junkerfeindlichen Gesellschaftsordnung der DDR unvereinbar angesehen wurde und deshalb unterbunden werden sollte. In diesem Fall wäre eine Wiederaufnahme des Gebrauchs der Bezeichnung „Landgut Borsig“ von vornherein erst nach der Wiedervereinigung zu erwarten gewesen. Ein solcher Sachverhalt ist mit dem Verlust der Priorität eines Unternehmenskennzeichens vergleichbar, der nicht auf einer selbstbestimmten unternehmerischen Entscheidung beruht, sondern Folge staatlicher Gewalt ist (vgl. BGHZ 150, 82, 91 - Hotel Adlon). Ebenso wie der Verlust der Priorität in diesem Fall ausnahmsweise überbrückt werden kann, sofern der Name des Unternehmens aufgrund seiner Geltung dem Verkehr in Erinnerung geblieben ist und dem wiedereröffneten Unternehmen zugeordnet wird, kann auch die Bezeichnung einer Liegenschaft schon nach kurzer Zeit wieder zur Selbständigkeit erstarken.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 12.10.2007 - 35 O 106/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.10.2009 - 5 U 173/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 176/06
Verkündet am:
24. Mai 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der kündigende
Arbeitnehmer aus § 628 Abs. 2 BGB lediglich einen auf den Zeitraum der
fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch
hat und eine angemessene Vergütung entsprechend §§ 9, 10 KSchG
verlangen kann (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004
- 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a), ist auf den Schadensersatzanspruch
des Arbeitnehmers gegen seinen Rechtsvertreter, durch
dessen Verschulden ein Kündigungsschutzprozess verloren geht, nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagten, eine Gewerkschaft und eine gewerkschaftseigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Zweck unter anderem die Gewährung von Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder ist, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sie hätten ein arbeitsrechtliches Kündigungsschutzverfahren fehlerhaft durchgeführt. Dies habe zur Folge gehabt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2003 durch Kündigung der Arbeitgeberin beendet worden sei.
2
Der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter waren in der Abteilung Apparatebau ihrer Arbeitgeberin beschäftigt. Am 11. September 2002 unterrichtete ein Vertreter der Arbeitgeberin beide Beschäftigten davon, dass diese Abteilung aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden solle. Er zeigte in dem Gespräch folgende Alternativen auf: Zum einen komme eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2002 mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 in Betracht; zum anderen sei eine Weiterbeschäftigung mit einem allerdings deutlich geringeren Lohn in einem anderen Unternehmensbereich möglich. Ein von dem Vertreter der Arbeitgeberin über dieses Gespräch angefertigtes Protokoll hält fest, dass die beiden Beschäftigten keine Stellungnahme abgegeben hätten und ein neuer Gesprächstermin für den 18. September 2002 vereinbart worden sei.
3
Die Arbeitgeberin sprach mit am 30. September 2002 zugegangenem Schreiben entsprechend der ersten im Gespräch vom 11. September 2002 erörterten Alternative die Kündigung des Klägers mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 aus. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage, mit deren Durchführung der Kläger die beiden Beklagten beauftragte, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sei nicht gewahrt. Ein zuvor gestellter Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage war rechtskräftig zurückgewiesen worden.
4
Der Kläger macht geltend, die Versäumung der Klagefrist beruhe auf einer verschuldeten Pflichtverletzung beider Beklagten. Er hat behauptet, bereit gewesen zu sein, auf den von der Arbeitgeberin angebotenen geringer bezahlten Arbeitsplatz zu wechseln. Er nimmt die Beklagten deshalb auf Zahlung von Schadensersatz wegen in den Jahren 2003 und 2004 entgangenen Lohns auf der Grundlage des hypothetischen Arbeitsplatzwechsels in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihm den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm infolge der fehlerhaften Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe in dem Gespräch am 11. September 2002 die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch verweigert. Deshalb sei, so haben sie gemeint, eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr in Betracht gekommen, so dass die Klage gegen die Beendigungskündigung auch bei ihrer rechtzeitigen Erhebung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
5
Die Klage ist in erster Instanz erfolgreich gewesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Arbeitgeberin wäre im Kündigungsschutzprozess ohne die den Beklagten vorzuwerfende Fristversäumung mit ihrer Beendigungskündigung gescheitert, da sie zum milderen Mittel der Änderungskündigung hätte greifen müssen. Der Kläger habe zuvor ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot nicht endgültig abgelehnt. Soweit die Beklagten ihre gegenteilige Behauptung unter Zeugenbeweis gestellt hätten, habe mit Rücksicht auf den schriftlichen Vermerk über das Gespräch am 11. September 2002 kein Anlass bestanden, dem Beweisangebot nachzugehen. Die Einwände gegen die Schadensberechnung seien nicht durchgreifend. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Schadensersatzpflicht nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zum Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens entsprechend §§ 9, 10 KSchG zu begrenzen sei. Diese Rechtsfrage sei erst in einem etwaigen künftigen Betragsverfahren zu prüfen.

II.


8
1. Dies hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.
9
Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Versäumung der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage auf einem schuldhaften Versäumnis beider Beklagten beruht.
10
Das Berufungsgericht hätte jedoch der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Angebot der Arbeitgeberin, ihm einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ernsthaft und endgültig abgelehnt, und dem Beweisantritt hierzu nachgehen müssen. Trifft die Behauptung der Beklagten, die die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass auch eine rechtzeitig erhobene Kündi- gungsschutzklage erfolglos geblieben wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573), zu, war eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr zuzumuten, so dass sie die Beendigungskündigung aussprechen durfte (vgl. BAGE 47, 26, 38; 114, 243, 254 m.w.N.; BAG NJW 2001, 2737, 2741).
11
a) Die Vorinstanz hätte nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Beklagten sei durch den von der Arbeitgeberseite gefertigten Gesprächsvermerk bereits widerlegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war eine detaillierte Auseinandersetzung der Beklagten mit der Urkunde nicht erforderlich. Es genügte die unter Beweis gestellte Behauptung des Gegenteils der in dem Schriftstück wiedergegebenen Tatsache, dass das Gespräch vom 11. September 2002 ohne Stellungnahme des Klägers zu den von der Arbeitgeberin aufgezeigten Alternativen endete. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch den Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch abgelehnt, beinhaltet im Übrigen denknotwendig die von dem Berufungsgericht vermisste Behauptung einer "schriftlichen Lüge" in der Urkunde.
12
b) Entgegen der Auffassung des Klägers mussten die Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde näher darlegen, aufgrund welcher Umstände die in dieser enthaltenen Erklärungen oder Feststellungen unrichtig seien.
13
Zwar besteht nach ständiger Rechtsprechung für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (z.B. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f m.w.N.), so dass die Partei, die Tatsachen behauptet, die mit dem Inhalt des Schriftstücks im Widerspruch stehen, hierfür beweispflichtig ist (vgl. BGH aaO S. 3165). Ob dies auch für Urkunden gelten kann, die nicht ein Rechtsgeschäft dokumentieren, sondern, wie hier, den Gang arbeitsrechtlicher Verhandlungen, an denen zudem eine der Prozessparteien selbst nicht beteiligt war, kann auf sich beruhen.
14
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet dies nicht, dass dem unter Beweis gestellten Vorbringen einer Partei, mit dem sie Tatsachen geltend macht, die dem Inhalt der Urkunde widersprechen, nur dann nachzugehen ist, wenn sich der Prozessbeteiligte im Einzelnen mit dem Dokument auseinandersetzt und substantiiert vorträgt, aus welchen Gründen die darin enthaltenen Feststellungen unzutreffend sind. Insbesondere darf die Erhebung der insoweit angebotenen Beweise nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Unrichtigkeit der Urkunde plausibel dargelegt wird. Erwägungen hierüber sind im Rahmen der Beweiswürdigung anzustellen, die erst erfolgen kann, wenn die angebotenen Beweise erhoben sind.
15
Aber auch im Übrigen hatten die Beklagten zu den Umständen der von ihnen behaupteten Weigerung des Klägers nicht näher vorzutragen. An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2007 - III ZR 156/06 - Beschlussumdruck S. 5 Rn. 8; Senatsurteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGH-Report 2003, 891, 892 m.w.N.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die maßgeblichen Geschehensabläufe hat und die Darlegung und die Beweisführung deshalb erschwert sind, kann sie auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird der Beweisantrag unter solchen Umständen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO m.w.N.).
16
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Änderungsangebot seiner Arbeitgeberin ernsthaft und endgültig abgelehnt, ist nicht in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich, da die Beklagten bei dem Gespräch am 11. September 2002 nicht vertreten waren und ein Anknüpfungspunkt für die Behauptung, die in der Urkunde enthaltene Feststellung sei unzutreffend, vorhanden ist, weil die Arbeitgeberin nach dem Vorbringen der Beklagten im Kündigungsschutzprozess vorgetragen hat, der Kläger habe es abgelehnt, die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz auch nur in Erwägung zu ziehen.
17
c) Die notwendige Beweisaufnahme ist nachzuholen, weshalb die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
18
2. Für die weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen der Parteien weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen Auflösungsverschuldens begrenzt ist, auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar ist. Danach tritt, wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, neben den auf den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch lediglich eine angemessene Vergütung, für deren Bemessung auf die Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG abzustellen ist (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004 - 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a). Für den Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters aus § 89a Abs. 2 HGB hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden, dass sich die Forderung auf den Zeitraum bis zu dem von vornherein vereinbarten oder durch eine (fiktive) ordentliche Kündigung herbeigeführten Vertragsende beschränkt (BGHZ 122, 9, 12 ff).
19
a) Die Erwägungen, mit denen das Bundesarbeitsgericht die Begrenzung des Schadensersatzes im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtfertigt, sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Rechtsvertreter nicht zu übertragen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Anspruch aus § 89a Abs. 2 HGB. Die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs des § 628 Abs. 2 BGB hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm hergeleitet, wonach in der zweiten Kommission zum Entwurf des BGB Einigkeit bestand, dass der zum Schadensersatz Verpflichtete so zu behandeln sei, als ob er seinerseits gekündigt hätte, sobald dies nach der Kündigung des anderen Teils statthaft gewesen sei (BAGE aaO, S. 291 m.w.N.). Da die Beschränkung des Schadensausgleichs auf den reinen "Verfrühungsschaden" nicht den gesetzlichen Wertungen des Kündigungsschutzes entspreche, sei der Schadensersatz allerdings um eine Vergütung zu ergänzen, die nach den Abfindungsregelungen der §§ 9, 10 KSchG zu bemessen sei (BAGE aaO, S. 291 f; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
20
Die besondere Regelungssituation des § 628 Abs. 2 BGB ist, ebenso wie diejenige des § 89a Abs. 2 HGB, dadurch charakterisiert, dass ein Vertragsteil - auf die vorliegende Konstellation übertragen der Arbeitnehmer - das Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch, wenn auch veranlasst durch das vertragswidrige Verhalten der Gegenseite, beendet. Der Arbeitnehmer verzichtet damit auf die ihm an sich zustehende Fortführung des im Rahmen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes bestandsgesicherten Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend ist maßgebender Gesichtspunkt für die analoge Anwendung der Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG, dass der Arbeitnehmer, der einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, für den Verzicht auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz einen Ausgleich verlangen kann. Die Lage des wegen schuldhafter Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers selbst kündigenden Arbeitnehmers ist vergleichbar mit derjenigen des Arbeitnehmers, dem gegenüber der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen hat und der nun seinerseits einen Auflösungsantrag stellt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (BAGE aaO S. 292; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
21
Eine derartige Lage besteht bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht; vielmehr liegt eine geradezu gegenläufige Situation vor. Der Arbeitnehmer, der, wie hier, eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung erhebt, verzichtet gerade nicht auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses und den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Er macht ihn im Gegenteil geltend. Wird der Erfolg der auf Weiterbeschäftigung gerichteten Klage durch das Verschulden des Rechtsvertreters des Arbeitnehmers vereitelt, besteht deshalb der für die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB maßgebende Grund nicht (so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf OLGR 2006, 152, 153). Dies liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in der - allerdings ohne, dass es in den jeweils entschiedenen Sachverhalten im Ergebnis darauf ankam - in derartigen Fallgestaltungen eine solche Einschränkung des Schadensersatzes nicht erwogen wurde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 10. Januar 2002 - III ZR 62/01 - NJW 2002, 1115, 1117 und vom 23. Mai 1991 - III ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1458, 1459 f; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2001 - IX ZR 124/00 - NJW 2002, 593, 594 und vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573 f).
22
b) Es hat demnach für die Schadensberechnung wegen des Verdienstausfalls des Klägers bei der Anwendung der allgemeinen, aus §§ 249 ff BGB folgenden materiell-rechtlichen Grundsätze (vgl. zur grundsätzlichen Dauer der Erwerbsschadensersatzverpflichtung z.B.: BGH, Urteile vom 30. Mai 1989 - VI ZR 193/88 - NJW 1989, 3150, 3151 und vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 - NJW-RR 1988, 470, 471) unter Berücksichtigung von § 287 ZPO sein Bewenden. Soweit die Beklagten für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs anführen, eine "ewige Rente" könne wegen der Imponderabilien im Leben eines Arbeitnehmers, wie späterer wirksamer Kündigung, Krankheit, Insolvenz des Unternehmens oder Wegzugs des Arbeitnehmers, nicht gewährt werden, wird dem zumindest teilweise durch die Möglichkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO Rechnung getragen, sofern ein entsprechender Leistungstitel vorliegt. Solange nur ein Feststellungsurteil existiert, können derartige Einwendungen gegen den "Dauerrentenanspruch" des Arbeitnehmers ohnehin geltend gemacht werden. Überdies besteht Aussicht für den Schädiger, nicht bis zum Erreichen des Rentenalters des Arbeitnehmers oder gar länger Ersatz leisten zu müssen, weil es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) obliegt, sich nach rechtskräftigem Ab- schluss des Kündigungsschutzprozesses alsbald ernsthaft um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 98, 100).
23
3. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht auch die übrigen Rügen der Revision zu erwägen haben, auf die einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Schlick Wurm Dörr
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 07.09.2005 - 19 O 162/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2006 - I-24 U 149/05 -

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/11 Verkündet am:
28. Februar 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
CMR Art. 1, 2, Art. 17 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a, 41; BGB § 254 A, Da

a) Gilt die CMR nicht nach ihren Art. 1 und 2, sondern aufgrund einer Parteivereinbarung
, können die Parteien von der CMR abweichende Regelungen in
den Grenzen des ohne sie anzuwendenden Rechts vereinbaren.

b) Die unzureichende Kontrolle einer von einem Unternehmer entgeltlich erbrachten
Leistung begründet regelmäßig kein Mitverschulden des Gläubigers
, wenn der Schuldner den entstandenen Schaden nach dem Inhalt des
Vertrags hätte verhüten müssen und der Gläubiger zu eigenen Kontroll- und
Überwachungsmaßnahmen nicht verpflichtet war.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2013 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof.
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin hatte den Auftrag, ein Studentenwohnheim in Solna/Stockholm zu errichten. Sie schloss mit dem in Hattersheim ansässigen Unternehmen B. -H. I. GmbH (im Weiteren: BHI) einen Nachunternehmervertrag über die Errichtung des Gebäudes. Die einzelnen Wohneinheiten sollten als Fertigmodule hergestellt und an die Baustelle in Solna verbracht werden.
2
Über die Transportleistungen schloss die BHI einen Vertrag mit der Beklagten. Die Module sollten von der Beklagten von der Produktionsstätte in Hattersheim zum Kieler Hafen transportiert, von dort per Schiff nach Södertälje in Schweden verbracht und anschließend per Lkw zur Baustelle geschafft werden. Auf dem Seewege sollten die Module überwiegend unter Deck, teilweise aber auch auf Deck transportiert werden. Die Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag , eine Transportversicherung einzudecken. Sie beauftragte die E. C. L. GmbH & Co. KG (im Weiteren: Streithelferin zu 1) mit der Lagerung im Kieler Hafen, dem Seetransport und der Eindeckung der Transportversicherung. Die von der Streithelferin zu 1 beauftragte Maklerin bestätigte den Abschluss der Transportversicherung im März 2004, die sie bei den Streithelferinnen der Klägerin (nachfolgend: Streithelferinnen zu 3 bis 11) abgeschlossen hatte.
3
Die BHI geriet in der Folgezeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine von der Beklagten verlangte Sicherheit für Transportkosten brachte die BHI nicht auf.
4
Die Klägerin schloss darauf mit der BHI einen Nachtrag zum Nachunternehmervertrag , nach dem die BHI die Lieferung der Fertigmodule ab Werk schuldete. Die Klägerin schloss weiterhin am 22. April 2004 einen als Transport -Speditionsvertrag bezeichneten Vertrag (im Weiteren: Transportvertrag) mit der Beklagten. Diese hatte danach für die Klägerin 231 Fertigmodule im Wege eines kombinierten Lastkraftwagen- und Schiffstransports von der Produktionsstätte der BHI von Hattersheim zur Baustelle in Solna/Schweden zu befördern. Nach Nummer 3 Buchstabe a des Transportvertrags war Bestandteil der Vereinbarung ein als Anlage 1 beigefügtes Angebotsschreiben der Beklagten vom 15. März 2004, nach dem sie eine Transportversicherung einzudecken hatte. Auf den Transportvertrag sollte nach dessen Nummer 6 die CMR anzuwenden sein.

5
Die Beklagte holte die Module bei der BHI in Hattersheim ab und brachte sie mit Tiefladern nach Kiel. Die von der Beklagten mit der Zwischenlagerung und dem Seetransport beauftragte Streithelferin zu 1 ließ die Module dort bei einem Lagerhausunternehmen zwischenlagern und ab dem 24. April 2004 von einer Reederei per Schiff weiterbefördern. Nachdem die Beklagte der Klägerin mit Telefax vom 28. April 2004 eine Versicherungsbestätigung der GGR Versicherungsmakler GmbH & Co. KG (im Weiteren: GGR) vom 22. März 2004 übersandt hatte, erfolgten am 11. Mai und 25. Mai, am 18. Juni und 28. Juni sowie am 7. Juli 2004 Schiffstransporte mit den weiteren Modulen. Die Module wurden im Hafen von Södertälje/Schweden entladen und dort zunächst im Freien zwischengelagert. Auf Abruf brachte die Beklagte sie mit Tiefladern zu der Baustelle in Solna.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, sechs Module aus dem Transport vom 25. Mai 2004 und 119 Module aus den Transporten vom 18. und 28. Juni sowie 7. Juli 2004 seien auf dem Weg von der Produktionsstätte der BHI zur Baustelle in Solna durch Feuchtigkeit beschädigt worden. Die ihr dadurch entstandenen Schäden seien weder aufgrund der Mitteilung der GGR vom 22. März 2004 noch sonst versichert. Die abgeschlossene Versicherung bestehe nur zugunsten der BHI.
7
Die Klägerin hat die Beklagte wegen der Beschädigung der Module auf Zahlung von 1.249.700 € und Erstattung anteiliger Frachtkosten in Höhe von 175.791 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
8
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 832.583,37 € - der Betrag setzt sich zusammen aus 693.948,50 € für die Nichteindeckung der vereinbarten Transportversicherung und aus einer anteiligen Frachtkostenerstattung - nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

9
Im zweiten Rechtszug haben die Beklagte und der dem Rechtsstreit ebenfalls auf ihrer Seite beigetretene Versicherer, bei der die Streithelferin zu 1 ihre Risiken aus Speditions- und Frachtverträgen versichert hatte (im Weiteren: Streithelferin zu 2), mit der Berufung den Antrag auf Abweisung der Klage und die Klägerin mit der Anschlussberufung ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
10
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Streithelferin zu 2 beantragt, verfolgt die Klägerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
12
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen unterbliebener Eindeckung einer Transportversicherung aus § 280 Abs. 1 BGB scheide aus, weil die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Telefaxes vom 28. April 2004 beanstandet habe, dass und warum die darin beschriebene Versicherung nicht den zwischen ihr und der Beklagten getroffenen vertraglichen Absprachen genügt habe. Es entspreche einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand für sich Vorteile aus einem von ihm treuewidrig herbeigeführten Ereignis ableiten dürfe, und es liege auf der Hand, dass die Beklagte bei einem entsprechenden Hinweis unverzüglich für eine vertragsgerechte Versicherung gesorgt hätte.
13
Ansprüche wegen der streitgegenständlichen Nässeschäden nach Art. 17 Abs. 1 CMR seien ebenfalls zu verneinen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, welche konkreten Schäden während der Obhut der Beklagten entstanden seien, da Module durchaus erst im zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Einbau in das Gebäude beschädigt worden sein könnten. Die Vernehmung weiterer Zeugen verbiete sich, weil dies der Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gleichkäme.
14
Eine Haftung der Beklagten wäre zudem auch dann ausgeschlossen, wenn von einer Beschädigung der Module während des Obhutszeitraums der Beklagten auszugehen sei. Nach den vertraglichen Vereinbarungen habe die Beklagte den Transport in bestimmter Weise auszuführen gehabt und könnten ihr daher aus dessen vereinbarungsgemäßer Durchführung nach dem in Art. 17 Abs. 4 Buchst. a und b CMR enthaltenen Rechtsgedanken keine Nachteile entstehen. Die Klägerin habe keinen anderen als den aus technischen Gründen allein möglichen Transport auf offenen Fahrzeugen erwarten können und könne sich, da sie die BHI gemäß Nummer 4 des Nachtrags zum Turnkey-Nachunternehmervertrag vom 22. April 2004 (im Weiteren: Nachtrag) mit der Planung und Beaufsichtigung des Transports beauftragt habe, auch nicht darauf berufen, in dessen Details nicht eingebunden gewesen zu sein. Sie müsse sich daher die Kenntnis, die Willenserklärungen und das sonstige Tun der BHI zurechnen lassen. Für diese habe das Bedürfnis auf der Hand gelegen, die Module mit Tiefladern zu transportieren, weshalb ein solcher Transport als vereinbart anzusehen sei und die Beklagte für daraus resultierende Schäden nicht einstehen müsse. Da der Nässeschutz wegen der besonderen Größe der Module mit den üblichen Mitteln eines Transportunternehmens nicht zu gewährleisten gewesen sei, habe die Klägerin zudem eine Verpackung geschuldet, die das Transportgut ausreichend gegen Nässeeinwirkungen geschützt hätte. Aufgrund der Erklärung des Mitarbeiters K. der BHI, diese werde die Module der Beklagten seefest verpackt übergeben, habe der Nässeschutz überdies zu den vertraglichen Pflichten der Klägerin als Versenderin gehört.
15
Eine Haftung der Beklagten scheide auch bei direkter Anwendung der Haftungsausschlüsse nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a und b CMR aus. Der Klägerin sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen eines für die Anwendung des Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR erforderlichen Vermerks im Frachtbrief über die Verwendung von offenen Fahrzeugen zu berufen, weil der Transportleistung der Beklagten die Absprache zugrunde gelegen habe, dass die Verpackung einschließlich des Nässeschutzes nicht vom Transportunternehmen , sondern von einem Dritten übernommen werde. Wegen der Erklärung des Mitarbeiters K. der BHI, die Module seien bei Übergabe seesicherverpackt , gelte nach Treu und Glauben dasselbe für den Haftungsausschluss wegen Verpackungsmängeln nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. b CMR.
16
Die Haftung der Beklagten wäre überdies auch nach Art. 17 Abs. 2 CMR ausgeschlossen, weil die Klägerin es zugelassen habe, dass in ihrem Namen Erklärungen abgegeben und Handlungen vorgenommen worden seien, die die Art und Weise der Transportdurchführung unmittelbar beeinflusst hätten, und weil etwaige Ansprüche der Klägerin, die sich das Verhalten der BHI zurechnen lassen müsse, jedenfalls im Rahmen einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge auf Null reduziert wären.
17
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Diese hat zwar zu Recht Ansprüche der Klägerin aus Art. 17 Abs. 1 CMR verneint (dazu unter II 1). Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Nichteindeckung einer Transportversicherung scheide aus, weil die Klägerin nicht umgehend nach Erhalt des Telefaxes vom 28. April 2004 beanstandet habe, dass die darin beschriebene Versicherung nicht den zwischen ihr und der Beklagten getroffenen vertraglichen Absprachen entsprochen habe (dazu unter II 2).

18
1. Die Revision rügt im Ergebnis vergeblich, das Berufungsgericht hätte den von der Klägerin aus Art. 17 Abs. 1 CMR geltend gemachten Anspruch nicht als ausgeschlossen ansehen dürfen, weil der Klägerin nicht der Nachweis von Beschädigungen an den streitgegenständlichen Modulen bei der Ablieferung in Solna gelungen sei, ohne die von der Klägerin dazu benannten Zeugen zu vernehmen. Der von der Revision in dieser Hinsicht geltend gemachte Verfahrensfehler ist im Hinblick auf den Anspruch nach Art. 17 Abs. 1 CMR nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen , dass die Beklagte von einer Haftung aus Art. 17 Abs. 1 CMR befreit ist, weil die Beschädigung auf eine vereinbarte Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen zurückzuführen ist.
19
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien hätten die Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen vereinbart. Aus technischen Gründen sei ein Transport der übergroßen Module nur auf offenen Fahrzeugen möglich gewesen. Das habe die Klägerin, die an dem Vorgespräch über den Transport der Module von Hattersheim nach Solna beteiligt gewesen sei, gewusst. In Kenntnis dieses Umstands habe die Klägerin den Transportvertrag mit der Beklagten am 22. April 2004 geschlossen. Es sei nicht ausgeschlossen , dass die Schäden an den Modulen durch den Transport auf offenen Fahrzeugen eingetreten seien. Der Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR setze zwar voraus, dass die Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane im Frachtbrief vermerkt werde, was vorliegend nicht geschehen sei. Ob dies auch bei einer ausdrücklichen Vereinbarung eines Transports auf offenen Fahrzeugen zu gelten habe, könne offenbleiben. Der Klägerin sei es vorliegend nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den fehlenden Vermerk in den Frachtbriefen zu berufen.
20
b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , zwischen den Parteien sei die Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane für den Lkw-Transport vereinbart worden, mit der Begründung, die Erklärungen von Mitarbeitern der BHI seien für die Klägerin nicht verbindlich.
21
Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Vereinbarung nicht auf eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Klägerin nach §§ 164, 167 BGB durch Mitarbeiter der BHI gestützt. Es ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Verwendung offener Fahrzeuge Gegenstand des Transportvertrags der Parteien vom 22. April 2004 war, weil die übergroßen Module nur auf offenen Tiefladern transportiert werden konnten und dies der Klägerin bekannt war.
22
c) Die Revision macht in diesem Zusammenhang weiter geltend, die vom Berufungsgericht angenommene Befreiung der Beklagten von der Haftung für Schäden infolge der Verwendung offener Fahrzeuge nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR setze auch dann, wenn das Gut wegen seiner Größe oder wegen seiner Beschaffenheit nicht in geschlossenen Fahrzeugen habe transportiert werden können, nach ganz überwiegender Meinung im Schrifttum neben einer ausdrücklichen Vereinbarung dieser Beförderungsart einen entsprechenden Vermerk im Frachtbrief voraus.
23
Auch dieser Angriff verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Die Vereinbarung der Verwendung offener Fahrzeuge ohne Plane ist auch ohne Vermerk im Frachtbrief wirksam erfolgt.
24
aa) Die Geltung der CMR beruht im Streitfall nicht auf Art. 1 oder 2 CMR. Es handelte sich bei dem vereinbarten Transport um einen Multimodaltransport, auf den, wie die im Streitfall nicht einschlägige Ausnahmeregelung des Art. 2 CMR über den sogenannten Huckepack-Verkehr zeigt, ohne die in der Nummer 6 des Transportvertrags der Parteien vorgenommene Rechtswahl nicht die CMR, sondern nach dem gemäß Art. 28 Rom-I-VO zeitlich noch anwendbaren Art. 28 Abs. 4 EGBGB das deutsche Recht anzuwenden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 181/05, BGHZ 177, 309 Rn. 20 ff.). Danach wäre der Streitfall ohne die Vereinbarung der CMR durch die Parteien gemäß § 452 Satz 1 und 2 HGB grundsätzlich nach den §§ 407 bis 450 HGB und insbesondere den §§ 425 ff. HGB zu beurteilen gewesen. Die Anwendung eines davon abweichenden hypothetischen Teilstreckenrechts hätte nach § 452a Satz 2 HGB den Nachweis des Schadenseintritts auf der betreffenden Teilstrecke durch denjenigen erfordert, der einen solchen Schadenseintritt behauptet hätte.
25
bb) Die Bestimmungen der CMR sind nach deren Art. 41 allerdings grundsätzlich für beide Vertragsparteien zwingend. Dies gilt freilich nur insoweit, als die CMR nach Art. 1 und 2 CMR Geltung beanspruchen kann. Wenn die CMR dagegen lediglich aufgrund einer Parteivereinbarung gilt, können die Parteien von ihr in den Grenzen des ohne sie anzuwendenden Rechts auch teilweise wieder abweichen (vgl. GroßKomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI nach § 452, Art. 1 CMR Rn. 4; Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 41 CMR Rn. 5; zweifelnd de la Motte/Temme in Thume, CMR, 2. Aufl., Art. 1 Rn. 60).
26
cc) So verhält es sich im Streitfall. Nach § 427 Abs. 1 Nr. 1 HGB ist der Frachtführer von seiner Haftung befreit, soweit die Beschädigung auf die vereinbarte oder der Übung entsprechende Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen zurückzuführen ist. Zusätzliche Voraussetzungen , wie sie in Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR mit den Erfordernissen der ausdrücklichen Vereinbarung und eines Vermerks im Frachtbrief enthalten sind, sieht § 427 Abs. 1 Nr. 1 HGB nicht vor.
27
Danach konnten die Parteien die Anforderungen an den Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 4 Buchst. a CMR wirksam abbedingen. Sie haben dies auch durch die Vereinbarung getan, für den Landtransport offene, nicht mit Planen gedeckte Fahrzeuge zu verwenden.
28
Haben die Parteien den Transport der Module auf offenen Fahrzeugen wirksam vereinbart, greift zugunsten der Beklagten die Vermutung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 CMR. Diese setzt voraus, dass der Frachtführer die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verlust und den in Art. 17 Abs. 4 CMR bezeichneten besonderen Gefahren konkret aufzeigt oder dieser nach der Lebenserfahrung aus einer der Gefahren folgt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 55/98, TranspR 2000, 459, 462 = NJW-RR 2000, 1635).
29
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Verpackung wegen des fehlenden Schutzes vor Fahrtwind auf den offenen Transportfahrzeugen aufgerissen sein kann und die fraglichen Beschädigungen der Module darauf beruhen. Das reicht für das Vorliegen der Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 CMR aus. Dieser Vermutungstatbestand ist nicht widerlegt.
30
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 28 Abs. 4 EGBGB wegen fehlender Eindeckung einer vertragsgerechten Transportversicherung verneint hat.
31
a) Soweit das Schweigen der Klägerin auf das Telefax der Beklagten vom 28. April 2004 - wie vom Berufungsgericht angenommen - für den unterbliebenen Abschluss einer vertragsgerechten Transportversicherung ursächlich war, beurteilen sich die für den Schadensersatzanspruch der Klägerin ergeben- den Folgen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 242 BGB, sondern aus § 254 BGB. Die nach der Ansicht des Berufungsgerichts unzureichende Kontrolle der von der Beklagten erbrachten Leistung stellt schon deshalb kein den Klageanspruch ausschließendes Mitverschulden der Klägerin dar, weil ein Unternehmer, der entgeltliche Leistungen anbietet, im Allgemeinen im Verhältnis zum Auftraggeber für die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung allein verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1999 - I ZR 70/97, TranspR 1999, 410, 411 = VersR 2000, 474). Der Mitverschuldenseinwand wegen unterbliebenen Hinweises greift daher regelmäßig nicht ein, wenn der in Anspruch Genommene den entstandenen Schaden nach dem Inhalt des Vertrags hätte verhüten müssen und der Geschädigte zu eigenen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nicht verpflichtet war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - IX ZR 255/90, NJW 1992, 307, 309 = VersR 1992, 200, insoweit nicht in BGHZ 115, 382; BGH, Urteil vom 22. November 2007 - III ZR 9/07, BGHZ 174, 255 Rn. 16). Eine Obliegenheit des Gläubigers, einen ihm drohenden Schaden durch Erteilung eines Hinweises an den Schuldner abzuwenden oder zu mindern, besteht zudem nur dann, wenn der Schuldner die Gefahr weder gekannt hat noch hätte erkennen müssen (vgl. MünchKomm.BGB /Oetker, 6. Aufl., § 254 Rn. 72); dies war hier aber nicht der Fall.
32
b) Die Revision der Klägerin ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
33
aa) Die Revisionserwiderung greift allerdings die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte sei aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Parteien verpflichtet gewesen, zugunsten der Klägerin eine Transportversicherung abzuschließen, mit Gegenrügen an. Für das Revisionsverfahren ist jedoch zugunsten der Klägerin von dieser Beurteilung auszugehen. Die Nichterfüllung der damit zu unterstellenden Pflicht begründete unabhängig von einer entspre- chenden Eintragung im Frachtbrief eine Haftung nach nationalem Recht (vgl. MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2. Aufl., Art. 6 CMR Rn. 38; Koller aaO Art. 6 CMR Rn. 17). Die Beklagte hat diese Pflicht nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen im Berufungsurteil maßgeblichen Klagevortrag verletzt und die Klägerin dadurch insoweit geschädigt, als diese bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten - wiederum nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag der Klägerin - Versicherungsleistungen erhalten hätte.
34
bb) Das Vorstehende gilt auch dann, wenn die Beklagte eine Transportversicherung hätte abschließen müssen, die nur während ihrer Obhut eingetretene Schäden abdeckte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es seien keine Schäden an den Modulen vor ihrer Ablieferung an der Baustelle in Solna bewiesen , beruht darauf, dass es die Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen N. und W. anders gewürdigt hat als das Landgericht. Dies stellt einen Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO dar, weil das Berufungsgericht die Zeugen nicht erneut vernommen hat.
35
Nach ständiger Rechtsprechung muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen regelmäßig gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5; Beschluss vom 15. März 2012 - I ZR 125/11, juris Rn. 6). Ein solcher Ausnahmefall, bei dem das Berufungsgericht die Zeugen nicht erneut vernehmen musste, liegt nicht vor.
36
(1) Die Angaben des Zeugen N. , die das Landgericht als überzeugend und nicht ergänzungsbedürftig angesehen und aus denen es auf Beschädigungen an den betreffenden Modulen schon bei deren Ablieferung an der Baustelle in Solna geschlossen hat, enthielten nach Ansicht des Berufungsgerichts Unstimmigkeiten, die zwar nicht auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Zeugen schließen, angesichts der Komplexität der Vorgänge und der Vielzahl der Module und Transporte Irrtümer aber nicht als ungewöhnlich erscheinen ließen. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen lassen damit erkennen, dass das Berufungsgericht die protokollierte Aussage des Zeugen N. im Gegensatz zum Landgericht als nicht überzeugend angesehen hat.
37
(2) Nach der Beweiswürdigung des Landgerichts ergaben sich erhebliche Beschädigungen der fraglichen Module durch Nässeeinwirkungen auch aus den Angaben des Zeugen W. , wonach er etwa 50 Module im Hafen von Södertälje gesehen und innen und außen besichtigt hat, in denen das Wasser an den Wänden herabgelaufen war und auf dem Boden der Module stand. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, den Angaben des Zeugen könne nicht entnommen werden, ob es sich im Inneren der Module um Kondenswasser oder um von außen eingedrungenes Wasser gehandelt habe. Zudem würden die Angaben des Zeugen auf einer Kombination von Vermutungen beruhen. Diese Ausführungen lassen erkennen, dass das Berufungsgericht im Gegensatz zum Landgericht auch an der Glaubwürdigkeit des Zeugen W. oder jedenfalls der Glaubhaftigkeit seiner Aussage Zweifel gehabt und diese Aussage zudem - anders als das Landgericht - als unklar und unvollständig angesehen hat.
38
cc) Die Klägerin hat zum Beweis für das Vorliegen der Beschädigungen an den Modulen schon bei Ablieferung an der Baustelle in Solna außer den vom Landgericht vernommenen Zeugen die weiteren Zeugen An. , A. , B. , Bo. , J. , M. , P. , S. , Sö. , T. und Wi. benannt. Das Berufungsgericht hätte den Eintritt der in Rede stehenden Beschädigungen vor der Ablieferung der Module an der Baustelle in Solna nicht ohne Vernehmung dieser Zeugen als unbewiesen ansehen dürfen.
39
Die Benennung der Zeugen stellte entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keinen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar. Von einem unzulässigen und damit unbeachtlichen Beweisantrag ist nur auszugehen, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt oder mit einem Beweisantrag darauf abzielt , bei Gelegenheit der beantragten Beweisaufnahme Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die genaueres Vorbringen oder die Benennung weiterer Beweismittel erst ermöglichen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 37 mwN). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.
40
Nachdem das Landgericht den Eintritt von Beschädigungen an den Modulen bereits vor deren Ablieferung festgestellt hatte, hat es auch das Berufungsgericht als durchaus denkbar angesehen, dass es schon auf dem Weg von der Produktionsstätte in Hattersheim bis zur Baustelle in Solna zu Wasserschäden an den Modulen gekommen war. Die unterbliebene Erhebung des von der Klägerin angebotenen weiteren Zeugenbeweises ließ sich danach entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht damit rechtfertigen, dass die Klägerin wegen ihres komplexen und vielschichtigen Vorbringens hätte darlegen müssen , warum welcher Zeuge welche der Behauptungen bestätigen könne und weshalb welcher Zeuge in welcher Funktion wann welche Feststellungen getroffen habe. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 33 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl; Urteil vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, NJW-RR 2012, 1240 Rn. 26). Unerheblich ist dabei regelmäßig, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht und auf welche Weise der benannte Zeuge von der unter Beweis gestellten Tatsache Kenntnis erlangt hat.
41
Die unterbliebene Erhebung des von der Klägerin angetretenen Zeugenbeweises wäre danach nur dann nicht zu beanstanden gewesen, wenn jede Möglichkeit ausgeschlossen gewesen wäre, dass die Beweisaufnahme Sachdienliches ergeben könnte. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. So war etwa der Zeuge M. ein Hafenarbeiter aus Södertälje, der nach dem Vortrag der Klägerin bestätigen konnte, dass die Module bereits zu dem Zeitpunkt nass waren, zu dem sie aus dem Schiff entladen wurden. Nach den Angaben des vom Landgericht vernommenen Zeugen N. haben die Zeugen Sö. und A. eine Fotodokumentation von den noch auf Lastwagen befindlichen Modulen gefertigt.
42
III. Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben ; es ist aufzuheben. Da die Sache nicht zu Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
43
Dieses wird sich nunmehr mit den Einwendungen auseinanderzusetzen haben, die die Beklagte in der Revisionserwiderung gegen die im Berufungsurteil getroffene Feststellung erhoben hat, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, zugunsten der Klägerin eine Transportversicherung abzuschließen. Sollte sich ergeben, dass diese Einwendungen nicht durchgreifen, wird das Berufungsgericht der von ihm bislang - aus seiner Sicht folgerichtig - noch nicht behandelten Frage nachzugehen haben, in welcher Höhe die Klägerin dadurch einen Schaden erlitten hat, dass die Beklagte keine Transportversicherung eingedeckt hat.
Büscher Pokrant Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 08.01.2010 - 15 O 363/07 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 10.08.2011 - 13 U 39/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
12. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel, den Richter
Dr. Achilles und die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:
Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird der Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 von Amts wegen dahin berichtigt, dass im vorletzten Satz der Textziffer 8 das Wort „Verkäufer“ durch das Wort „Käufer“ ersetzt wird, so dass dieser Satz nun anstatt: „Ebenso ist durch die- ses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ wie folgt lautet: „Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zuständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Käufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62).“ Ball Milger Hessel Achilles Fetzer
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 170/01 Verkündet am:
20. September 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Vorlage eines Privatgutachtens kann ein rechtsmißbräuchliches Vorbringen "ins
Blaue hinein" nicht schon dann bejaht werden, wenn das Privatgutachten nach tatrichterlicher
Einschätzung das Beweismaß verfehlt, das nach § 286 ZPO für die
Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung zu fordern ist.
BGH, Urt. v. 20. September 2002 - V ZR 170/01 - KG
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 13. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe, an den 10. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um einen Anspruch aus § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG.
Der Kläger war - damals noch unter anderem Vereinsnamen - Eigentümer eines im Seebad A. (U. ) unmittelbar an der Strandpromenade gelegenen Grundstücks, auf dem um das Jahr 1900 ein dreigeschossiges Hotelgebäude errichtet worden war. Nach der Enteignung des Klägers im Jahre
1951 wurde das Gebäude in der DDR zuletzt als HO-Ferienheim genutzt. 1991/92 betrieb die Beklagte den investiven Verkauf des Anwesens. Auf wiederholte Anzeigen in verschiedenen Zeitungen meldeten sich sechs Interessenten , die Kaufpreise zwischen 942.000 DM und 1.130.316 DM boten. Mit notarieller Urkunde vom 12. November 1992 verkaufte die Beklagte das Objekt für 1.164.228 DM einschließlich Mehrwertsteuer an ihre Streithelferin. Der zu Gunsten der Streithelferin am 20. Januar 1993 ergangene Investitionsvorrangbescheid ist am 2. Juli 1993 vollziehbar geworden. Mit Bescheid vom 26. Juli 1996 stellte das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen fest, daß dem Kläger dem Grunde nach ein vermögensrechtlicher Anspruch bezüglich des Grundstückes zusteht. In einem weiteren Bescheid vom 4. Februar 1998 traf die Behörde die Feststellung, daß der Kläger berechtigt sei, von der Beklagten die Auszahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.164.228 DM zu verlangen. Die Beklagte zahlte jedoch nur 887.300 DM an den Kläger; wegen des restlichen Betrages ist eine von ihr erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht anhängig.
Gestützt auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Sachverständigen B. vom 30. Dezember 1998 nebst Ergänzung vom 10. November 1999 hat der Kläger behauptet, der Verkehrswert des Anwesens habe zum Bewertungsstichtag 5.950.000 DM betragen. Etwa die Hälfte der Differenz zwischen diesem Betrag und dem Kaufpreis aus dem investiven Geschäft, nämlich 2.390.000 DM, verlangt er mit der vorliegenden Teilklage von der Beklagten. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers aus § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG. Der Kläger habe nicht dargetan, daß der von der Beklagten erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert des Grundstücks am Bewertungsstichtag , dem 2. Juli 1993, gelegen habe. Für seine dahingehende Behauptung beziehe sich der Kläger ausschließlich auf das von ihm eingeholte Privatgutachten. Bei diesem handele es sich aber um ein reines Gefälligkeitsgutachten , weshalb das Vorbringen des Klägers aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" gemacht und mithin unbeachtlich sei. So sei der im Privatgutachten ausgewiesene Verkehrswert ein reiner Phantasiewert. Daß 1993 kein wirtschaftlich denkender Unternehmer für ein heruntergekommenes Hotel auf U. einen Kaufpreis von fast 6 Millionen DM gezahlt hätte, sei gerichtsbekannt und zudem offensichtlich. Sämtliche von dem Kläger zur Begründung eines höheren Verkehrswerts herangezogenen Umstände seien ersichtlich aus der Luft gegriffen. Die verbleibende schlichte Behauptung, der Verkehrswert habe 5.950.000 DM betragen, reiche angesichts des substantiierten Bestreitens der Gegenseite nicht für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens aus.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Insbesondere folgt aus dem vor dem Verwaltungsgericht geführten Rechtsstreit um die vollständige Auskehr des Kaufpreises keine der Klage entgegenstehende Rechtshängigkeit (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG); denn die Streitgegenstände beider Prozesse sind nicht identisch. Da dem Berechtigten unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG alternativ zu dem Anspruch auf Auszahlung des Erlöses ein Anspruch auf Zahlung des höheren Verkehrswertes zusteht (vgl. Senat, Urt. v. 6. Juli 2001, V ZR 82/00, WM 2001, 1914, 1917; auch Senat, BGHZ 142, 11, 114), wird dieser im Verwaltungsrechtsweg bis zu einer Höhe von 1.164.228 DM verfolgt, während der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit lediglich den darüber hinausgehenden Betrag bis zu einer Höhe weiterer 2.390.000 DM verlangt. Gegenstand beider Rechtsstreite sind mithin Teilklagen, was eine Identität der Streitsachen nicht begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1970, I ZR 99/69, WM 1971, 83, 84).
2. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt und als Folge hiervon das Gebot verletzt hat, alle erheblichen Beweismittel zu erschöpfen (§ 286 ZPO).

a) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit als Prozeßstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte
Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen (Senat, Urt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270 m.w.N.). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (Senat, Urt. v. 8. Mai 1992, V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 150/95, NJW-RR 1996, 1402 jew. m.w.N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze will offenbar auch das Berufungsgericht - zu Recht - den Vortrag des Klägers als beachtlich ansehen. Selbst wenn man auf Grund der Besonderheiten des Investitionsvorranggesetzes höhere Anforderungen an die Darlegungslast stellen wollte (vgl. Rapp, RVI, § 16 InVorG Rdn. 69), wären diese in Anbetracht des vorgelegten Privatgutachtens erfüllt. Gleichwohl hält das Berufungsgericht die Behauptungen des Klägers zum Verkehrswert für unbeachtlich, weil sie "ins Blaue hinein" aufgestellt bzw. - gleichbedeutend - "aus der Luft gegriffen" seien. Es ist deshalb dem Angebot des beweisbelasteten Klägers (vgl. Senat, Urt. v. 6. Juli 2001, V ZR 82/00, WM 2001, 1914, 1916), über den von ihm behaupteten Verkehrswert Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens einzuholen, nicht nachgegangen.


b) Richtig ist auch hier der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach es im Zivilprozeß wegen Rechtsmißbrauchs unzulässig ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 1995, VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394; Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541, 1542; Urt. v. 1. Juli 1999, VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208). Bei der Annahme eines solch mißbräuchlichen Verhaltens ist aber Zurückhaltung geboten; denn oftmals wird es einer Partei nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozeß Tatsachen zu behaupten , über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält (BGH, Urt. v. 25. April 1995, VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung "ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 25. April 1995, aaO). Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an das Vorbringen des Klägers bei weitem.
aa) Die Charakterisierungen durch das Berufungsgericht, das die Stellungnahmen des Sachverständigen B. als "reines Gefälligkeitsgutachten" sowie den von ihm ermittelten Verkehrswert von nahezu 6 Millionen DM als "reinen Phantasiewert" bezeichnet, könnten dafür sprechen, daß es von einem Privatgutachten ausgehen will, das absichtlich falsch erstellt wurde, um dem - hierin zumindest eingeweihten - Kläger durch Vortäuschen eines überhöhten Verkehrswerts im vorliegenden Rechtsstreit zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, daß der Kläger in diesem Fall nicht aufs Geratewohl, sondern vor-
sätzlich unwahr vortragen hätte und sein Vorbringen daher bereits nach § 138 Abs. 1 ZPO wegen Mißachtung der prozessualen Wahrheitspflicht unbeachtlich wäre (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 138 Rdn. 10; MünchKomm -ZPO/Peters, 2. Aufl., § 138 Rdn. 16), tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens des Sachverständigen mit dem Kläger. Das Berufungsgericht hält dem Sachverständigen nämlich nur vor, er habe sich von dem Zustand des Hotels nach dessen Instandsetzung durch die Streithelferin beeindrucken lassen und nicht berücksichtigt, daß es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handele, das mit großem Aufwand habe saniert werden müssen. Auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zeigen, daß das Berufungsgericht allein fachliche Mängel des Privatgutachtens meint feststellen zu können. Es begründet seine Bedenken mit unzureichenden Feststellungen zu dem Zustand des Gebäudes am Bewertungsstichtag, mit nicht berücksichtigtem Denkmalschutz, mit einem nicht hinreichend belegten Bodenrichtwert einschließlich nicht nachvollziehbarer Ausführungen zu dem Einfluß der Geschoßflächenzahl, mit nicht gerechtfertigten Zuschlägen auf den Grundstückswert, mit einem nicht nachvollziehbaren Ansatz für die Wertminderung des Gebäudes, mit Ungereimtheiten bei der Sachwertermittlung, mit fehlerhafter Anwendung des Ertragswertverfahrens und schließlich mit Widersprüchen gegenüber dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen H. .
bb) Dies zeigt, daß das Berufungsgericht die Ausführungen des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen nicht etwa an den Anforderungen für ein zulässiges Parteivorbringen gemessen, sondern in einer Weise kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit überprüft hat, wie dies (nur) für eine tatrichterliche Überzeugungsbildung zu fordern ist (vgl. hierzu etwa
BGH, Urt. v. 4. März 1997, VI ZR 354/95, NJW 1997, 1638, 1639). Damit hat das Berufungsgericht den von ihm selbst zutreffend gewählten Maßstab einer Überprüfung auf etwa rechtsmißbräuchliches Vorbringen "ins Blaue hinein" verlassen und fehlerhaft das Beweismaß zugrunde gelegt, das nach § 286 ZPO für die Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung entscheidend ist. Wird das Vorbringen des Klägers dagegen auf einen etwaigen Rechtsmißbrauch überprüft, so liegt auf der Hand, daß der Kläger nicht aufs Geratewohl vorgetragen hat. Ungeachtet der Frage seiner Überzeugungskraft belegt doch gerade das hier vorgelegte Privatgutachten, daß der Vortrag des Klägers nicht jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte entbehrt. Seine Behauptungen zu dem Verkehrswert des Anwesens sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhen im Gegenteil auf sachverständiger Beratung. Keine Partei ist aufgrund der ihr obliegenden Prozeßförderungspflicht gezwungen, der Annahme einer Behauptung aufs Geratewohl durch Einholung eines Privatgutachtens entgegenzutreten (vgl. BGH, Urt. v. 17. März 1993, IV ZR 245/91, FamRZ 1993, 950, 951). Daher kann, wenn die Partei gleichwohl ein Privatgutachten vorlegt, für den Vorwurf rechtsmißbräuchlichen Vorbringens lediglich noch in Ausnahmefällen Raum sein. Hierbei kann es auf die - von dem Berufungsgericht letztlich geprüfte - Überzeugungskraft des Privatgutachtens schon deshalb nicht ankommen, weil - wie bereits ausgeführt - für die Erfüllung der Darlegungslast die Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung einer Partei ohne Belang ist. Nachdem es sich bei ihm nur um (substantiierten) Parteivortrag handelt (BGH, Urteil v. 15. Juli 1998, IV ZR 206/97, NJW-RR 1998, 1527, 1528), können für ein Privatgutachten keine strengeren Anforderungen gelten (zur hinreichenden Substantiierung durch Privatgutachten vgl. auch BGH, Urt. v. 8. Juli 1993, IX ZR 242/92, NJW 1993, 2676, 2678).

c) Verfahrensfehlerhaft läßt das Berufungsgericht auch den - aus seiner Sicht "nicht recht nachvollziehbaren" - Vortrag des Klägers zur Verwertbarkeit des von der Beklagten eingeholten Gutachtens des Sachverständigen H. unberücksichtigt. Offensichtlich will das Berufungsgericht dem Kläger widersprüchliches und damit die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) mißachtendes Vorbringen (vgl. BGH, Urt. v. 14. Juli 1987, VI ZR 199/86, NJWRR 1987, 1469) zur Last legen, weil H. im Unterschied zu dem vom Kläger behaupteten Verkehrswert lediglich zu einem deutlich geringeren Betrag in Höhe von 991.000 DM gelangt. Damit verkennt das Berufungsgericht aber, wie die Revision zu Recht rügt, den Inhalt des Klägervorbringens. Der Kläger hat die Verwertbarkeit des Gutachtens H. nur für die darin enthaltene Beschreibung des Gebäudezustandes geltend gemacht, nicht dagegen die Schlüssigkeit seines Vorbringens durch die Übernahme des von H. ermittelten Verkehrswerts in Frage gestellt. Da den Angaben des Sachverständigen H. , soweit sie sich der Kläger zu eigen gemacht und damit außer Streit gestellt hat, auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für die Ermittlung des Verkehrswertes zu dem maßgeblichen Zeitpunkt (dem Eintritt der Vollziehbarkeit des Investitionsvorrangbescheides am 2. Juli 1993, vgl. § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG) zu entnehmen sind, kann das Beweisangebot des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Verkehrswert des Grundstücks nicht etwa wegen völliger Ungeeignetheit dieses Beweismittels abgelehnt werden. Vielmehr ist den Umständen nach nicht jede Möglichkeit auszuschließen, daß die Beweisaufnahme irgend etwas Sachdienliches für die Überzeugungsbildung des Gerichts ergeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1962, III ZR 155/60, DRiZ 1962, 167, 168).
3. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Höhe des von dem Kläger behaupteten Verkehrswertes unterlassen hat, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen der Zurückverweisung hat der Senat von der ihm durch § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß das Berufungsgericht zutreffend den Beanstandungen des Klägers hinsichtlich des Ausschreibungsverfahrens für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung beigelegt hat. Die Zweckmäßigkeit des - nicht nach § 19 InVorG betriebenen - Verfahrens mag sich auf die Höhe des im konkreten Fall erzielten Kaufpreises auswirken, ist aber für einen diesen Preis übersteigenden Verkehrswert, wie ihn der Kläger geltend macht, ohne Belang. Aus demselben Grund bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, wie sich im Rahmen des investiven Verkaufs die zwischen der Beklagten und ihrer Streithelferin vereinbarten vertragsstrafebewehrten Investitions- und Arbeitsplatzzusagen auf die Höhe des aus dem Geschäft erzielten Erlöses auswirken. Selbst wenn solche Verpflichtungen bei Ermittlung des nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG auszukehrenden Erlöses keinen Zuschlag auf den vereinbarten Kaufpreis rechtfertigen sollten (so Rapp, RVI, § 16 InVorG Rdn. 36; Racky in Jesch/Ley/Racky, InVorG, 2. Aufl., §§ 16, 17 Rdn. 24; a.A. Rodenbach, in Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 16 Rdn. 19), können sie doch im Einzelfall zu einem Kaufpreis führen , der hinter dem Verkehrswert des Anwesens zurückbleibt (vgl. Wegner, in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 16 InVorG Rdn. 18). Da der Kläger ohnehin den Verkehrswert verlangt, hätte ein wegen der Investitions- und Arbeits-
platzzusagen etwa geminderter Kaufpreis keine Auswirkungen auf die eingeklagte Forderung.
4. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem weiteren Verfahren vorbehalten. Für die Revisionsinstanz hält der Senat die Voraussetzungen des § 8 GKG für gegeben.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Die Beweisaufnahme und die Anordnung eines besonderen Beweisaufnahmeverfahrens durch Beweisbeschluss wird durch die Vorschriften des fünften bis elften Titels bestimmt. Mit Einverständnis der Parteien kann das Gericht die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen. Das Einverständnis kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden. Es kann nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage vor Beginn der Beweiserhebung, auf die es sich bezieht, widerrufen werden.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird insoweit an das Landgericht Magdeburg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht Honoraransprüche für die Erbringung von Ingenieurleistungen geltend. Durch Vertrag vom 10./20.03.2008 verpflichtete sich die Klägerin zur Erbringung von Ingenieurplanungsleistungen für die technische Ausrüstung des Neubaus der zuvor am 08.02.2008 abgebrannten Produktionshalle des T., H. Straße 8 in M. . In dem Vertrag wurde ein Pauschalhonorar von 49.800,- € vereinbart.

2

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des am 20.03.2012 verkündeten Teilurteils des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, Bezug genommen.

3

Ergänzend und erläuternd wird ausgeführt:

4

Bei den Leistungen gem. § 3.1.7 (Leistungsphase 7 des § 73 HOAI a.F.: Mitwirkung bei der Vergabe Prüfen der Angebote und Mitwirkung bei der Auftragsvergabe) und gem. § 3.1.8 (Leistungsphase 8 des § 73 HOAI a.F.: Objektüberwachung (Bauüberwachung) Überwachen der Ausführung des Objekts) des Vertrages, stritten die Parteien über den Umfang der von der Klägerin erbrachten Leistungen. Die Klägerin behauptete dazu, diese Leistungen mit Ausnahme der bereits in der Honorarermittlung vom 01.09.2009 berücksichtigten ersparten Aufwendungen für die Leistungen gem. § 3.1.8. des Vertrages vom 10./20.03.2008 vollständig erbracht zu haben. Die Beklagte behauptete, die Klägerin habe die Leistungen gemäß § 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 nur teilweise, und zwar in einem geringeren Umfang als abgerechnet, und Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 überhaupt nicht erbracht. Das Landgericht ordnete mit Beschluss vom 18.02.2011 eine Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die Frage an, ob die Klägerin mit ihrer Schlussrechnung vom 01.09.2009 die von ihr zu § 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 erbrachten Leistungen zutreffend abgerechnet habe. Auf der Basis des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. F. vom 11.07.2011 berechnete die Klägerin in einer korrigierten Teilhonorarermittlung, die mit Schriftsatz vom 28.09.2011 als Anlage K 50 eingereicht wurde, für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 ihren Honoraranspruch mit 70.019,37 € und kam unter Berücksichtigung der zwei geleisteten Teilzahlungen in Höhe von jeweils 14.280,- € zu einer Restforderung für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 in Höhe von 41.459,37 €. Mit gleichem Schriftsatz wurde auch für die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 eine erneute Teilhonorarermittlung als Anlage K 51 mit einem Honoraranspruch von 25.899,59 € übermittelt.

5

Zu den Leistungen gemäß § 3.1.8. des Vertrages, die die Überwachung der Ausführung der Planungsleistungen bei der Errichtung der technischen Anlagen betrafen, trug die Klägerin unter Beweisantritt eine große Anzahl von konkreten Terminen vor, zu denen sie jeweils diese Leistungen erbracht haben will. Die Beklagte bestritt diesen Vortrag und benannte ihrerseits eine Reihe von Gegenzeugen.

6

Das Landgericht gab der Klage mit einem am 20.03.2012 verkündeten Teilurteil teilweise - nämlich für den Honoraranspruch für die Leistungen gemäß § 3.1.1. bis § 3.1.7. des Vertrages in dem Umfang, wie von der Klägerin mit der neuen Honorarermittlung Anlage K 50 ermittelt - statt.

7

Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO seien gegeben, da ein Teil des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Honorar für Ingenieurplanungsleistungen zur Endentscheidung reif sei.

8

Die Klägerin sei nicht an das vertraglich vereinbarte Pauschalhonorar gebunden gewesen. Zwar habe die Klägerin in der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen N. nicht nachweisen können, dass zwischen den Parteien mündlich vereinbart gewesen sei, dass, wenn die den Planungsleistungen zu Grunde liegenden Kosten der geplanten technischen Ausstattung wesentlich höher ausfallen sollten als für das vereinbarte Pauschalhonorar zu Grunde gelegt, dieses nachträglich angepasst werden sollte.

9

Jedoch sei die Klägerin aus anderen rechtlichen Gründen nicht an das vereinbarte Pauschalhonorar gebunden gewesen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der sich der Architekt zwar widersprüchlich verhalte, wenn er bei Vereinbarung eines die Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure unterschreitenden Honorars später nach den Mindestsätzen abrechne, dieses widersprüchliche Verhalten aber einer Geltendmachung der Mindestsätze nach Treu und Glauben nur dann entgegenstehe, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut habe und habe vertrauen dürfen und er sich darauf in einer Weise eingerichtet habe, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne (BGHZ 136, 1; BGH NJW 2009, 435).

10

Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auf die Wirksamkeit der getroffenen Pauschalhonorarabrede vertraut habe und habe vertrauen dürfen. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sei, sei nicht feststellbar, dass sie sich in einer Weise darauf eingerichtet habe, dass die Zahlung des Differenzbetrages ihr nicht zugemutet werden könne. Hierzu habe die Beklagte vorgetragen, dass der Wiederaufbau der Halle nur aus den aufgrund des Brandschadens erhaltenen Versicherungsleistungen möglich gewesen sei. Diese seien im Februar 2009 abschließend abgerechnet worden, ohne dass noch Nachforderungen möglich seien. Dieser Vortrag der Beklagten sei für die Frage des sich Einrichtens der Beklagten auf das vereinbarte Pauschalhonorar nicht hinreichend substantiiert. Auf den Hinweis durch die Kammer mit Verfügung vom 22.04.2010 habe die Beklagte keinen weiteren Vortrag mehr gehalten.

11

Darüber hinaus sei auch davon auszugehen, dass die Versicherungsleistungen sowieso nicht die gesamten Investitionen abgedeckt hätten, denn unstreitig sei die Produktionsstätte nicht entsprechend ihres alten Zustands wieder aufgebaut worden, sondern wesentlich modernisiert und mit einer Reihe zusätzlicher Gewerke ausgestattet.

12

Die Klägerin habe auch nicht mit ihrem Schreiben vom 01.12.2008 auf ein das Pauschalhonorar übersteigendes Honorar verzichtet. Dies ergebe die Auslegung des genannten Schreibens.

13

Die Höhe des Honoraranspruchs der Klägerin stehe nach der Beweisaufnahme betreffend das Honorar für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 entsprechend der Honorarermittlung der Klägerin Anlage K 50 fest.

14

Die Forderung sei auch fällig, denn auf eine Abnahme der Leistung der Klägerin komme es nicht an. Dies ergebe sich daraus, dass das Werk gemäß § 646 BGB nicht abnahmefähig sei, denn das Werk sei der Nachbesserung nicht zugänglich. Die Beklagte könne hinsichtlich der Honorarforderung der Klägerin weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen noch gegen die Forderungen mit einem Anspruch auf Zahlung von Mängelbeseitigungskosten aufrechnen. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sei ausgeschlossen, weil die Beklagte von der Klägerin Nachbesserungen gemäß § 641 Abs. 3 BGB nicht mehr verlangen könne, da sich die behaupteten Mängel bereits in dem Bauwerk manifestiert hätten. Die Aufrechnung mit Ansprüchen wegen Mängeln sei gemäß der in § 3 Abs. 3 des Vertrages zum Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Ingenieurvertrag, wonach eine Aufrechnung gegen den Vergütungsanspruch des Ingenieurs nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig sei, ausgeschlossen gewesen.

15

Mit der Berufung vom 03.07.2012 wandte sich die Klägerin in vollem Umfang gegen das Teilurteil. Die rechtlichen Würdigungen des Landgerichts seien unzutreffend. Unzutreffend sei insbesondere die Annahme, dass die Klägerin an das zwischen den Parteien vereinbarte Pauschalhonorar nicht gebunden gewesen sei. Wie bereits unter Beweis gestellt, sei zwischen den Parteien nicht vereinbart gewesen, dass das Honorar nachträglich erhöht werden könne, wenn die zu Grunde liegenden Kosten sich wesentlich erhöhen würden. Dies habe der Zeuge N. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht so auch bestätigt. Die Beklagte habe sich auch auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eingerichtet. Dies ergebe sich daraus, dass die Planungsleistungen einen Ersatzbau für eine abgebrannte Produktionshalle betroffen hätten. Die Beklagte sei zur Neuerrichtung der Produktionshalle nur im Rahmen der Versicherungsleistungen wirtschaftlich im Stande gewesen. Diese hätten ein Honorar für die der Klägerin übertragenen Planungsleistungen nur in Höhe des vereinbarten Pauschalhonorars eher gegeben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg vom 20.03.2012, Az.: 31 O 217/09, aufzuheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen,

18

im Übrigen,

19

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg vom 20.03.2012, Az.: 31 O 217/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Klägerin trat der Berufung mit Schriftsatz vom 03.08.2012 entgegen und führte im Wesentlichen aus, dass die Beklagte mit ihrer Berufung keinerlei rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte angeführt habe, die nicht bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen seien. Insofern sei der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen, auf welchen Rechtsverletzungen die Berufung gestützt werden solle. Die Beklagte wiederhole im Kern erstinstanzlichen Vortrag und würdige ihn anders als das angefochtene Urteil. Eine Verletzung des sachlichen Rechts oder des Verfahrensrechts sei nicht gerügt oder dargestellt.

II.

23

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

24

Das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, und das zugrunde liegende Verfahren waren aufzuheben und die Sache gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 7 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, da das Teilurteil entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen worden ist.

25

Für ein Teilurteil waren die Voraussetzungen gem. § 301 ZPO nicht gegeben. Es besteht wegen Rechtsfragen, über die im Teilurteil bereits entschieden wurde, die aber für die Schlussentscheidung erneut zu entscheiden sein werden, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil. Diese führt zur Unzulässigkeit einer Entscheidung im Teilurteil gem. § 301 ZPO.

26

Neben den weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO, nämlich der Teilbarkeit des Streitgegenstandes, der Bestimmtheit und Abgrenzbarkeit eines Teils des Klageanspruchs und der Teilentscheidungsreife, welche vorliegend unproblematisch als gegeben angenommen werden konnten, stellt es eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO dar, dass ausgeschlossen werden kann, dass sich die Entscheidungen im Teilurteil und im Schlussurteil inhaltlich widersprechen. Dabei ist nicht nur auf den Tenor der Entscheidung abzustellen und es sind auch nicht nur die Fälle gemeint, in denen das Schlussurteil inhaltlich noch das Teilurteil ändern würde, sondern es sind bereits die Fälle betroffen, in denen in einem Teilurteil eine Rechtsfrage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellen kann. Dies gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl.: BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az.: VIII ZR 42/10, Rn. 13, zitiert nach juris, mit Darstellung der ständigen Rechtsprechung seit 1989.) Demnach ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn in dem Teilurteil eine Rechtsfrage entschieden wurde, die für die Entscheidung des Schlussurteils wiederum zu entscheiden sein wird.

27

Eine solche über das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil übergreifende Rechtsfrage, die im Schlussurteil erneut zu beantworten sein wird, stellt sich vorliegend zunächst in der zentralen Rechtsfrage des Teilurteils, ob nämlich die Klägerin an das vereinbarte Pauschalhonorar, welches unter den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure lag, gebunden war, oder ob sie unter Anwendung der Grundsätze des Bundesgerichtshofs (vgl.: BGHZ 136, 1; BGH NJW 2009, 435) nach Treu und Glauben an dieses Pauschalhonorar nicht gebunden war und nach den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure abrechnen konnte. Diese Frage hat das Landgericht für das Teilurteil dahingehend beantwortet, dass die Klägerin nicht an das vereinbarte Pauschalhonorar unterhalb der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure gebunden sei. Für den noch zu entscheidenden Rest des Honoraranspruchs betreffend die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 wird es erneut auf diese Rechtsfrage ankommen, denn auch hierbei wird sich die Frage stellen, ob die Klägerin diese Leistungen - soweit sich ihre Erbringung im Rahmen der durchzuführenden Beweisaufnahme ergeben sollte - auf der Basis des vereinbarten Pauschalhonorars abzurechnen hat oder ob sie im genannten Umfang nach den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure abrechnen durfte.

28

Es wird dann über diese Frage hinaus auch für den Rest des Streitgegenstandes, die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 auch erneut auf weitere Rechtsfragen ankommen, die das Landgericht bereits in dem Teilurteil entschieden hat. Auch die Fragen, ob der Honoraranspruch der Klägerin mangels einer Abnahme gem. § 640 BGB überhaupt fällig sein kann, § 641 BGB, oder ob ein nicht abnahmefähiges Werk gem. § 646 BGB vorlag, ob die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 01.12.2008 auf ein das Pauschalhonorar übersteigendes Honorar verbindlich verzichtet hat und ob der Beklagten wegen Mängeln der Leistung der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht zustehen oder sie mit etwaigen Schadenersatzansprüchen wegen Mängeln am Werk der Klägerin aufrechnen kann, betreffen Rechtsfragen, die vom Landgericht im Teilurteil bereits mit entschieden worden sind und die sich in einem Schlussurteil über den Teilhonoraranspruch für die Leistungen gemäß § 3.1.8. des Vertrages vom 10./20.03.2008 erneut stellen würden. Damit besteht auch hinsichtlich dieser weiteren Rechtsfragen die Gefahr, dass über sie in einem Schlussurteil widersprechend anders entschieden werden könnte, als zuvor in dem Teilurteil geschehen.

III.

29

Wegen der festgestellten Unzulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO sieht sich der Senat veranlasst, von seiner Zurückverweisungsbefugnis aus § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO Gebrauch zu machen. Ein entsprechender Antrag der Beklagten liegt vor. Im Übrigen wäre ein Antrag gemäß § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Fall eines unzulässigen Teilurteils nicht erforderlich. Die Frage der Zulässigkeit des Erlasses eines Teilurteils i. S. v. § 301 ZPO betrifft einen von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensmangel (vgl.: Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 301 Rn. 13 m. w. N.). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO demnach auch ohne eine entsprechende Rüge durch den Berufungsführer zu prüfen (vgl.: BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az.: VIII ZR 42/10, Rn. 19 m. w. N., zitiert nach juris).

30

Von einer eigenen Sachentscheidung hat der Senat abgesehen. Zwar hätte das Berufungsgericht im Falle eines unzulässigen Teilurteils den ganzen Rechtsstreit an sich ziehen und durch einheitliches Urteil entscheiden können (vgl.: Heßler in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 301 Rn. 55 m.w.N.). Dies wird jedoch nur ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Regelmäßig wird es nötig sein, zurückzuverweisen, damit nicht der gesamte nach dem Teilurteil anhängig gebliebene Prozess erst in der zweiten Instanz beginnt (vgl.: BGH WM 1994, 865). Vorliegend spricht für die Zurückverweisung, dass für den restlichen Teil (Leistungserbringung für die Leistungen gem. § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008) eine umfangreiche Beweisaufnahme mit einer Vielzahl von Zeugen durch das Landgericht beabsichtigt ist und auch erforderlich sein dürfte.

IV.

31

Die Kostenentscheidung hat der Senat dem Landgericht vorbehalten.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 42/10 Verkündet am:
11. Mai 2011
Ring
Justizhauptsekretärin,
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel
dar, der in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen
ist (Aufgabe von BGH, Urteile vom 18. Dezember 1954 - II ZR 76/54,
BGHZ 16, 71; vom 22. März 1991 - V ZR 16/90; vom 6. März 1996 - VIII ZR
212/94; vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99).

b) Hat das Gericht hinsichtlich eines abtrennbaren Teils des Rechtsstreits auf
übereinstimmenden Antrag der Parteien das Ruhen des Verfahrens angeordnet
, ist ein Teilurteil über den übrigen Teil des Rechtsstreits wegen der
bei erneuter Aufnahme des Verfahrens bestehenden Gefahr einer abweichenden
Entscheidung nicht zulässig.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Kläger und der Beklagten werden das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. Januar 2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. März 2010 - auch im Kostenpunkt - und das Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 6. Mai 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Mai 2008, soweit dieses die Revisionsbeklagten betrifft, aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Landgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen.
2
Die Kläger werden als Endverbraucher von dem beklagten Energieversorgungsunternehmen leitungsgebunden mit Erdgas versorgt. Die Vertragsverhältnisse zwischen den Klägern und der Beklagten wurden durch Verwendung von den Klägern unterzeichneter Vertragsformulare begründet.
3
Die Beklagte erhöhte zum 1. Juli 2005 ihren - mengenabhängigen - Arbeitspreis um 0,56 Cent/kWh (netto), zum 1. Januar 2006 um weitere 0,51 Cent/kWh (netto) sowie zum 1. Mai 2006 nochmals um 0,295 Cent/kWh (netto). Eine weitere Preisanhebung erfolgte zum 1. April 2008.
4
Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagten stehe ihnen gegenüber kein Recht zur einseitigen Preiserhöhung zu. Sie begehren die Feststellung, dass die jeweils zwischen den Klägern und der Beklagten bestehenden Gasversorgungsverträge über den 30. Juni 2005 hinaus unverändert - von der Erhöhung der Mehrwertsteuer abgesehen - zu den ab 1. Oktober 2004 geltenden Preisen fortbestehen. Nachdem sich die Klage zunächst nur auf die Preisanpassungen zum 1. Juli 2005, 1. Januar 2006 und 1. Mai 2006 bezogen hat, haben die Kläger im Verhandlungstermin vor dem Landgericht auch die Preisanpassung vom 1. April 2008 zum Gegenstand ihres Feststellungsbegehrens gemacht.
5
Das Landgericht hat die Klage - mit Ausnahme der Erhöhung zum 1. April 2008 - durch Teilurteil abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben 21 der 418 Kläger Berufung eingelegt. Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Teilurteils hat das Landgericht auf Antrag beider Parteien das Ruhen des Verfahrens bezüglich des noch bei ihm anhängigen Teils des Rechtsstreits bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das Teilurteil angeordnet.
6
Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. http://www.juris.de/jportal/portal/t/161x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006760979BJNE000500328&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/161x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006760979BJNE000200328&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint - 4 -

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht (OLG Dresden, RdE 2010, 230) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Das Landgericht habe durch Teilurteil entscheiden dürfen. Die erhobene Feststellungsklage sei zulässig, weil die Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung hätten, dass die von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen unwirksam seien.
10
Die Klage sei auch begründet, weil die von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen weder unmittelbar auf § 4 Abs. 2 AVBGasV noch auf Allgemeine Geschäftsbedingungen noch auf eine ergänzende Vertragsauslegung gestützt werden könnten. Die AVBGasV sei nicht als Rechtsvorschrift auf den Gasversorgungsvertrag der Parteien anzuwenden, weil die Kläger nicht Tarifkunden im Sinne des § 1 Abs. 2 AVBGasV seien.

II.

11
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
Das angefochtene Urteil leidet an einem Verfahrensmangel, denn der Erlass eines Teilurteils (§ 301 ZPO) durch das Landgericht war unzulässig. Das Berufungsgericht hätte daher gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO auch ohne entsprechenden Antrag (§ 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO) das erstinstanzliche Urteil aufheben und die Sache an das Landgericht zurückverweisen müssen.
13
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1989 - VIb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242; vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90, NJW 1992, 511 unter III 1; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709 unter II; vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106 unter II 1 b; vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452 unter II 1 a; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 12; vom 19. November 2008 - VIII ZR 47/07, NJW-RR 2009, 494 Rn. 14 f.; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944 f.).
14
Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGH, Urteile vom 28. November 2003 - V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 142 f.; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, aaO; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, aaO).
15
Dies ist hier der Fall. Bei einer späteren Aufnahme des noch beim Landgericht anhängigen Teils des Rechtsstreits wird erneut über die Frage zu befinden sein, ob ein Preisanpassungsrecht der Beklagten besteht. Insoweit besteht http://www.juris.de/jportal/portal/t/t4m/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE308312000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/t4m/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE308312000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301898705&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE533048817&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE533048817&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301462001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301462001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2fm7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301462001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - die Gefahr, dass das Gericht bei einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung (BGH, Urteil vom 28. Januar 2000 - V ZR 402/98, NJW 2000, 1405 unter II 1 b) - hierzu abweichend entscheidet.
16
2. Die Unzulässigkeit des Teilurteils ist nicht dadurch entfallen, dass das Landgericht nach Erlass des Teilurteils für den noch bei ihm anhängigen Teil des Rechtstreits auf übereinstimmenden Antrag der Parteien das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat.
17
a) Es handelt sich bei der vorliegenden Konstellation nicht um einen Ausnahmefall, in dem trotz der bestehenden Gefahr einer abweichenden Entscheidung ein Teilurteil zulässig wäre. Eine derartige Ausnahme ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch Konkurs, Insolvenz oder Tod eines einfachen Streitgenossen anerkannt (Senatsurteil vom 1. April 1987 - VIII ZR 15/86, NJW 1987, 2367 unter I, und BGH, Urteil vom 10. März 1988 - IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113 unter II - zum Konkurs; BGH, Urteile vom 3. Juli 2001 - VI ZR 284/00, BGHZ 148, 214, 216, und vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002 unter II 1 b - zur Insolvenz; BGH, Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, aaO Rn. 15 f. - zum Tod). Die Rechtfertigung für diese Ausnahme liegt jedoch darin, dass die - in ihrer Dauer nicht absehbare - Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits führt und es daher mit dem Anspruch der übrigen Prozessbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar wäre, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (BGH, Urteile vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, aaO Rn. 15; vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, aaO). http://www.juris.de/jportal/portal/t/yye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313559500&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/yye/## - 7 -
18
b) Zwar wird hieraus zum Teil der Schluss gezogen, dass auch das Nichtbetreiben eines abtrennbaren Teils des Verfahrens zu einer faktischen Verfahrenstrennung führe, welche die Möglichkeit eines Teilurteils eröffne (OLG Düsseldorf, WM 2008, 750, 751; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 301 Rn. 7; HK-ZPO/Saenger, 3. Aufl., § 301 Rn. 6). Dies ist aber nicht sachgerecht (so auch OLG Frankfurt, NZG 2008, 836, 837). Bei einem auf Wunsch der Parteien angeordneten Ruhen des Verfahrens fehlt es an einer mit einer Verfahrensunterbrechung aufgrund von Insolvenz oder Tod eines Streitgenossen vergleichbaren Situation. Die eintretende Verzögerung entspricht - anders als bei den vorgenannten Fallgestaltungen - dem Willen der Parteien und kann von diesen auch jederzeit durch Aufnahme des Verfahrens beendet werden, so dass der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz hier keine Rechtfertigung für den Erlass eines Teilurteils bei gleichwohl bestehender Gefahr widersprechender Entscheidungen gibt. Allein die Praktikabilität dieses Vorgehens vermag den Erlass eines prozessordnungswidrigen Teilurteils nicht zu rechtfertigen.
19
3. Die Unzulässigkeit des erstinstanzlichen Teilurteils hatte das Berufungsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 22. März 1991 - V ZR 16/90, NJW 1991, 2082 unter II; Senatsurteile vom 8. November 1995 - VIII ZR 269/94, NJW 1996, 395 unter II 1 c, und vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155 unter II 1 c; MünchKommZPO /Rimmelspacher, 3. Aufl., § 529 Rn. 22; Prütting/Gehrlein/Oberheim, ZPO, 2. Aufl., § 529 Rn. 20; HK-ZPO/Wöstmann, aaO, § 529 Rn. 10; Musielak/ Ball, ZPO, 7. Aufl., § 529 Rn. 21); es hätte daher das erstinstanzliche Urteil gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO aufzuheben gehabt. Dass die Unzulässigkeit des vom Landgericht erlassenen Teilurteils weder in der Berufungsinstanz noch in der Revisionsinstanz gerügt worden ist, steht der Berücksichtigung im Revisionsverfahren nicht entgegen, denn der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der auch in der Revisionsinstanz gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist.
20
a) Allerdings ist die Frage, ob ein Verstoß gegen § 301 ZPO von Amts wegen zu prüfen ist oder es einer § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO entsprechenden Verfahrensrüge bedarf, umstritten.
21
aa) Das Reichsgericht hat die prozessuale Unzulässigkeit eines Teilurteils ebenso wie die eines Grundurteils (§ 304 ZPO) in gefestigter Rechtsprechung nur auf eine entsprechende Verfahrensrüge hin für beachtlich gehalten (RGZ 75, 16, 19; 85, 214, 217; 152, 292, 297) und dies damit begründet, dass es sich hierbei lediglich um eine Verletzung einer Verfahrensvorschrift handele. Allerdings hat das Reichsgericht bei Ehesachen bereits eine Berücksichtigung dieses Verfahrensmangels von Amts wegen für erforderlich gehalten, da in Ehesachen der Erlass eines unzulässigen Teilurteils gegen einen prozessrechtlichen Grundsatz verstoße, der im öffentlichen Interesse zu beachten und daher dem Belieben der Parteien entzogen sei, so dass auch der Bestand des unzulässigen Teilurteils nicht der Willkür der Parteien ausgesetzt sein dürfe (RGZ 107, 350, 351). Es hat diese Rechtsprechung aber ausdrücklich nicht auf andere Verfahren übertragen (RGZ 152, 292, 297). Gleiches hat das Reichsgericht für den Fall angenommen, dass über eine unselbständige Anschlussberufung vor einer Entscheidung über die Hauptberufung durch Teilurteil entschieden worden ist, da auch hier die Bestimmung, dass eine unselbständige Anschlussberufung unwirksam werde, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen werde, der Verfügung der Parteien entzogen sei (RGZ 159, 293, 295).
22
bb) Im Anschluss an diese Rechtsprechung ist auch der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für das Teilurteil davon ausgegangen, dass die Unzuläs- sigkeit eines in der Tatsacheninstanz erlassenen Teilurteils in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur auf eine Verfahrensrüge hin berücksichtigt werden kann (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1954 - II ZR 76/54, BGHZ 16, 71, 74). Dem ist zunächst auch der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gefolgt (BGH, Urteil vom 22. März 1991 - V ZR 16/90, aaO). Der erkennende Senat hat diese Meinung ebenfalls vertreten (Senatsurteile vom 6. März 1996 - VIII ZR 212/94, NJW 1996, 2165 unter II 4, und vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007 unter II 1). Gleichwohl hat, im Anschluss an eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone (OGHBrZ, NJW 1950, 597), auch der Bundesgerichtshof die Unzulässigkeit eines Teilurteils von Amts wegen berücksichtigt , wenn ein Teilurteil im Falle einer notwendigen Streitgenossenschaft nur gegen einzelne Streitgenossen erlassen wurde (BGH, Urteile vom 8. Juni 1962 - V ZR 171/61, NJW 1962, 1722; vom 25. September 1990 - XI ZR 94/89, NJW 1991, 101 unter I). Der Oberste Gerichtshof für die britische Zone hatte insoweit zur Begründung angeführt, dass das aus § 62 ZPO folgende Verbot, ein Sachurteil nur bezüglich eines Streitgenossen zu erlassen, nicht nur dem Interesse der Prozessparteien, sondern wesentlich auch dem Interesse an einer geordneten Rechtspflege überhaupt diene und daher ein dieses Verbot nicht beachtendes Urteil keine geeignete Grundlage für die Fortsetzung des Verfahrens sei.
23
cc) Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat für das Grundurteil entschieden , dass ein Verstoß gegen § 304 ZPO auch ohne eine Verfahrensrüge von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Er hat dies damit begründet, dass die Aufhebung eines Urteils, welches keine Grundlage in der Zivilprozessordnung finde, nicht von einer Parteirüge abhängen könne, vielmehr von Amts wegen verhindert werden müsse, dass das weitere Verfahren auf einer als unrichtig erkannten Grundlage aufbaue (BGH, Urteil vom 12. Juni 1975 - III ZR 34/73, NJW 1975, 1968 unter II 2 a). Dieser Auffassung haben sich mehrere Zivilsena- te des Bundesgerichtshofs angeschlossen (BGH, Urteile vom 11. März 1982 - I ZR 27/80, NJW 1982, 1757 unter II 2; vom 7. November 1991 - IX ZR 3/91, NJW-RR 1992, 290 unter II; vom 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91, NJW 1992, 2487 unter II 1; vom 14. Oktober 1993 - III ZR 157/92, NJW-RR 1994, 319 unter III; vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 61/95, NJW 1996, 848 unter II 3; vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 247/96, NJW 1998, 1140 unter II; vom 18. November 1999 - IX ZR 402/97, NJW 2000, 664 unter I; vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572 unter I; vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98, NJW 2000, 1498 unter II 1; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98, WM 2003, 1919 unter II 2 a). Sie ist auch in der Literatur einhellig auf Zustimmung gestoßen (MünchKommZPO/Musielak, aaO, § 304 Rn. 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 304 Rn. 55; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl., § 304 Rn. 21; Prütting /Gehrlein/Thole, aaO, § 304 Rn. 23).
24
dd) In der Literatur wird diese Auffassung auch für das Teilurteil vertreten und aufgrund der zum Grundurteil identischen Interessenlage eine von einer Verfahrensrüge unabhängige Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts bejaht (Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO, 3. Aufl., § 557 Rn. 26; MünchKomm-ZPO/ Wenzel, aaO, § 557 Rn. 26; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 301 Rn. 34; Prütting/ Gehrlein/Thole, aaO, § 301 Rn. 22; HK-ZPO/Saenger, aaO, § 301 Rn. 17; Musielak /Ball, aaO, § 557 Rn. 16). Teilweise wird aber auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs an dem Erfordernis einer Verfahrensrüge festgehalten (MünchKommZPO /Musielak, aaO, § 301 Rn. 21; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 301 Rn. 6; Wieczorek/Schütze/Rensen, aaO, § 301 Rn. 64; Zöller/Vollkommer, aaO, § 301 Rn. 13).
25
ee) Der V. und der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs haben ebenfalls erwogen, die vorgenannte Rechtsprechung zum Grundurteil auch auf das Teilurteil zu übertragen, brauchten diese Frage allerdings nicht zu entscheiden (BGH, Urteile vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 unter II 1 c mwN, und vom 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379 unter 5).
26
ff) Soweit der Senat bislang davon ausgegangen ist, dass es in der Revisionsinstanz für die Prüfung der Zulässigkeit des Teilurteils der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf (Senatsurteile vom 6. März 1996 - VIII ZR 212/94, aaO, und vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, aaO), hält der Senat hieran nach erneuter Überprüfung nicht fest.
27
Für eine unterschiedliche Behandlung des Grund- und des Teilurteils gibt es keine Rechtfertigung. Ein unzulässiges Teilurteil findet ebenso wie ein unzulässiges Grundurteil im Prozessrecht keine Grundlage und ist daher - ohne dass es einer Rüge bedarf - von Amts wegen aufzuheben. Nur hierdurch wird sichergestellt, dass im weiteren Verfahren der erkannte Verfahrensfehler nicht vertieft wird, so dass weder beim Grundurteil das weitere Verfahren auf einer als unrichtig erkannten Grundlage aufbaut (BGH, Urteil vom 12. Juni 1975 - III ZR 34/73, aaO) noch das unzulässige Teilurteil dazu führt, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen aufrecht erhalten bleibt. Eine derartige Gefahr ist nicht nur in den in der Rechtsprechung bislang anerkannten Ausnahmefällen, sondern generell nicht zu akzeptieren. Ein derartiger Fehler ist daher auch vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen.
28
b) Der II. und der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs haben auf Anfrage mitgeteilt, dass an der gegenteiligen Auffassung nicht festgehalten wird. http://www.juris.de/jportal/portal/t/yye/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313559500&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/yye/## - 12 -

III.

29
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist bereits wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Aber auch das rechtsfehlerhaft ergangene Teilurteil des Landgerichts kann nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht dieses Urteil gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO hätte aufheben und die Sache an das Landgericht zurückverweisen müssen. Zwar ist das Berufungsgericht im Fall eines unzulässigen Teilurteils befugt, zur Beseitigung des Verfahrensfehlers den im ersten Rechtszug anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits an sich zu ziehen und hierüber mitzuentscheiden (BGH, Urteile vom 19. November 1959 - VII ZR 93/59, NJW 1960, 339 unter 4; vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90, aaO unter IV; vom 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, aaO; vom 13. Oktober 2008 - II ZR 112/07, NJW 2009, 230 Rn 7 f.; jeweils mwN). Diese Möglichkeit besteht hier indes nicht, da der Rechtsstreit in erster Instanz in anderer Beteiligung als in der Berufungsinstanz anhängig ist. Die somit schon in zweiter Instanz gebotene Zurückverweisung an das Landgericht kann der Senat nachholen (BGH, Urteile vom 18. Dezember 1954 - II ZR 76/54, aaO S. 82; vom 19. November 1959 - VII ZR 93/59, aaO; vom 3. Juni 1987 - VIII ZR 154/86, BGHZ 101, 134, 141; vom 13. April 1992 - II ZR 105/91, NJW 1992, 2099 unter 4; vom 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, aaO; vom 8. November 1995 - VIII ZR 269/94, aaO unter II 2; vom 13. Dezember 1995 - VIII ZR 61/95, aaO; vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, aaO unter

III).

30
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Kläger zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Preiserhöhungen außerhalb der allgemeinen Tarifpreise http://www.juris.de/jportal/portal/t/14xd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR014510935BJNE000700328&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/14xd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR014510935BJNE000700328&doc.part=s&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/14xd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR197010005BJNE004300000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/14xd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=15&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR197010005BJNE004300000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 13 - zu Sondertarifen versorgt worden sind, begegnet aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen im Ergebnis keinen Bedenken.
32
Zwar kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht angenommen werden, dass nur ein Vertragsschluss zu dem "allgemeinsten", im Verhältnis zu anderen Tarifen besonders hoch kalkulierten Tarif im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht eines Versorgungsunternehmens erfolgt und nur in solch einem Fall dem unmittelbaren Anwendungsbereich der AVBGasV unterfällt. Denn auch im Rahmen der Grundversorgung steht es dem Energieversorgungsunternehmen frei, verschiedene Tarife anzubieten. Für die Frage, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten Vertragsmustern und Preisen um Tarif - oder Grundversorgungsverträge mit allgemeinen Tarifpreisen im Sinne von § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 752-1 veröffentlichten bereinigten Fassung, Allgemeinen Tarifen im Sinne von § 10 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730) oder Allgemeinen Preisen im Sinne von § 36 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) handelt, kommt es darauf an, ob das betreffende Versorgungsunternehmen die Versorgung zu den öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit anbietet (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 14, sowie VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 Rn. 13; jeweils mwN; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, WM 2010, 1762 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ 186, 180 vorgesehen; Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2009 - VIII ZR 312/08, WuM 2010, 436 Rn. 2).
33
Ob hier der ursprünglich geschlossene Vertrag - in jedem Einzelfall - ein Sonderkundenvertrag war, kann dabei letztlich dahinstehen. Der Senat hat ent- schieden, dass ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV auch dann nicht besteht, wenn das Versorgungsunternehmen dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen. Denn ein Recht zur einseitigen Änderung von Preisen, die keine allgemeinen Tarifpreise sind, regelt § 4 AVBGasV nicht (Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, juris Rn. 22 ff.).
34
Vorliegend spricht aus Sicht eines durchschnittlichen Kunden bereits die von der Beklagten vorgenommene Abgrenzung der "Allgemeinen Tarife" von den "Sonderpreisregelungen" beziehungsweise - für die streitgegenständlichen Preiserhöhungen - "Klassik" dafür, dass es sich bei letzteren um Angebote außerhalb der Grundversorgung handelt. Denn aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers spricht die ausdrückliche Kennzeichnung eines Tarifs als Sondertarif und die Abgrenzung zu allgemeinen Tarifen dafür, dass das Ener- gieversorgungsunternehmen eine Belieferung nicht (mehr) im Rahmen der Grundversorgung vornehmen will. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 06.05.2008 - 1 O 2620/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 26.01.2010 - 14 U 983/08 -

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird insoweit an das Landgericht Magdeburg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht Honoraransprüche für die Erbringung von Ingenieurleistungen geltend. Durch Vertrag vom 10./20.03.2008 verpflichtete sich die Klägerin zur Erbringung von Ingenieurplanungsleistungen für die technische Ausrüstung des Neubaus der zuvor am 08.02.2008 abgebrannten Produktionshalle des T., H. Straße 8 in M. . In dem Vertrag wurde ein Pauschalhonorar von 49.800,- € vereinbart.

2

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des am 20.03.2012 verkündeten Teilurteils des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, Bezug genommen.

3

Ergänzend und erläuternd wird ausgeführt:

4

Bei den Leistungen gem. § 3.1.7 (Leistungsphase 7 des § 73 HOAI a.F.: Mitwirkung bei der Vergabe Prüfen der Angebote und Mitwirkung bei der Auftragsvergabe) und gem. § 3.1.8 (Leistungsphase 8 des § 73 HOAI a.F.: Objektüberwachung (Bauüberwachung) Überwachen der Ausführung des Objekts) des Vertrages, stritten die Parteien über den Umfang der von der Klägerin erbrachten Leistungen. Die Klägerin behauptete dazu, diese Leistungen mit Ausnahme der bereits in der Honorarermittlung vom 01.09.2009 berücksichtigten ersparten Aufwendungen für die Leistungen gem. § 3.1.8. des Vertrages vom 10./20.03.2008 vollständig erbracht zu haben. Die Beklagte behauptete, die Klägerin habe die Leistungen gemäß § 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 nur teilweise, und zwar in einem geringeren Umfang als abgerechnet, und Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 überhaupt nicht erbracht. Das Landgericht ordnete mit Beschluss vom 18.02.2011 eine Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die Frage an, ob die Klägerin mit ihrer Schlussrechnung vom 01.09.2009 die von ihr zu § 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 erbrachten Leistungen zutreffend abgerechnet habe. Auf der Basis des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. F. vom 11.07.2011 berechnete die Klägerin in einer korrigierten Teilhonorarermittlung, die mit Schriftsatz vom 28.09.2011 als Anlage K 50 eingereicht wurde, für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 ihren Honoraranspruch mit 70.019,37 € und kam unter Berücksichtigung der zwei geleisteten Teilzahlungen in Höhe von jeweils 14.280,- € zu einer Restforderung für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 in Höhe von 41.459,37 €. Mit gleichem Schriftsatz wurde auch für die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 eine erneute Teilhonorarermittlung als Anlage K 51 mit einem Honoraranspruch von 25.899,59 € übermittelt.

5

Zu den Leistungen gemäß § 3.1.8. des Vertrages, die die Überwachung der Ausführung der Planungsleistungen bei der Errichtung der technischen Anlagen betrafen, trug die Klägerin unter Beweisantritt eine große Anzahl von konkreten Terminen vor, zu denen sie jeweils diese Leistungen erbracht haben will. Die Beklagte bestritt diesen Vortrag und benannte ihrerseits eine Reihe von Gegenzeugen.

6

Das Landgericht gab der Klage mit einem am 20.03.2012 verkündeten Teilurteil teilweise - nämlich für den Honoraranspruch für die Leistungen gemäß § 3.1.1. bis § 3.1.7. des Vertrages in dem Umfang, wie von der Klägerin mit der neuen Honorarermittlung Anlage K 50 ermittelt - statt.

7

Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO seien gegeben, da ein Teil des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Honorar für Ingenieurplanungsleistungen zur Endentscheidung reif sei.

8

Die Klägerin sei nicht an das vertraglich vereinbarte Pauschalhonorar gebunden gewesen. Zwar habe die Klägerin in der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen N. nicht nachweisen können, dass zwischen den Parteien mündlich vereinbart gewesen sei, dass, wenn die den Planungsleistungen zu Grunde liegenden Kosten der geplanten technischen Ausstattung wesentlich höher ausfallen sollten als für das vereinbarte Pauschalhonorar zu Grunde gelegt, dieses nachträglich angepasst werden sollte.

9

Jedoch sei die Klägerin aus anderen rechtlichen Gründen nicht an das vereinbarte Pauschalhonorar gebunden gewesen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der sich der Architekt zwar widersprüchlich verhalte, wenn er bei Vereinbarung eines die Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure unterschreitenden Honorars später nach den Mindestsätzen abrechne, dieses widersprüchliche Verhalten aber einer Geltendmachung der Mindestsätze nach Treu und Glauben nur dann entgegenstehe, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut habe und habe vertrauen dürfen und er sich darauf in einer Weise eingerichtet habe, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne (BGHZ 136, 1; BGH NJW 2009, 435).

10

Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auf die Wirksamkeit der getroffenen Pauschalhonorarabrede vertraut habe und habe vertrauen dürfen. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sei, sei nicht feststellbar, dass sie sich in einer Weise darauf eingerichtet habe, dass die Zahlung des Differenzbetrages ihr nicht zugemutet werden könne. Hierzu habe die Beklagte vorgetragen, dass der Wiederaufbau der Halle nur aus den aufgrund des Brandschadens erhaltenen Versicherungsleistungen möglich gewesen sei. Diese seien im Februar 2009 abschließend abgerechnet worden, ohne dass noch Nachforderungen möglich seien. Dieser Vortrag der Beklagten sei für die Frage des sich Einrichtens der Beklagten auf das vereinbarte Pauschalhonorar nicht hinreichend substantiiert. Auf den Hinweis durch die Kammer mit Verfügung vom 22.04.2010 habe die Beklagte keinen weiteren Vortrag mehr gehalten.

11

Darüber hinaus sei auch davon auszugehen, dass die Versicherungsleistungen sowieso nicht die gesamten Investitionen abgedeckt hätten, denn unstreitig sei die Produktionsstätte nicht entsprechend ihres alten Zustands wieder aufgebaut worden, sondern wesentlich modernisiert und mit einer Reihe zusätzlicher Gewerke ausgestattet.

12

Die Klägerin habe auch nicht mit ihrem Schreiben vom 01.12.2008 auf ein das Pauschalhonorar übersteigendes Honorar verzichtet. Dies ergebe die Auslegung des genannten Schreibens.

13

Die Höhe des Honoraranspruchs der Klägerin stehe nach der Beweisaufnahme betreffend das Honorar für die Leistungen gemäß den §§ 3.1.1. bis 3.1.7. des Vertrages vom 10./20.03.2008 entsprechend der Honorarermittlung der Klägerin Anlage K 50 fest.

14

Die Forderung sei auch fällig, denn auf eine Abnahme der Leistung der Klägerin komme es nicht an. Dies ergebe sich daraus, dass das Werk gemäß § 646 BGB nicht abnahmefähig sei, denn das Werk sei der Nachbesserung nicht zugänglich. Die Beklagte könne hinsichtlich der Honorarforderung der Klägerin weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen noch gegen die Forderungen mit einem Anspruch auf Zahlung von Mängelbeseitigungskosten aufrechnen. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sei ausgeschlossen, weil die Beklagte von der Klägerin Nachbesserungen gemäß § 641 Abs. 3 BGB nicht mehr verlangen könne, da sich die behaupteten Mängel bereits in dem Bauwerk manifestiert hätten. Die Aufrechnung mit Ansprüchen wegen Mängeln sei gemäß der in § 3 Abs. 3 des Vertrages zum Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Ingenieurvertrag, wonach eine Aufrechnung gegen den Vergütungsanspruch des Ingenieurs nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig sei, ausgeschlossen gewesen.

15

Mit der Berufung vom 03.07.2012 wandte sich die Klägerin in vollem Umfang gegen das Teilurteil. Die rechtlichen Würdigungen des Landgerichts seien unzutreffend. Unzutreffend sei insbesondere die Annahme, dass die Klägerin an das zwischen den Parteien vereinbarte Pauschalhonorar nicht gebunden gewesen sei. Wie bereits unter Beweis gestellt, sei zwischen den Parteien nicht vereinbart gewesen, dass das Honorar nachträglich erhöht werden könne, wenn die zu Grunde liegenden Kosten sich wesentlich erhöhen würden. Dies habe der Zeuge N. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht so auch bestätigt. Die Beklagte habe sich auch auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eingerichtet. Dies ergebe sich daraus, dass die Planungsleistungen einen Ersatzbau für eine abgebrannte Produktionshalle betroffen hätten. Die Beklagte sei zur Neuerrichtung der Produktionshalle nur im Rahmen der Versicherungsleistungen wirtschaftlich im Stande gewesen. Diese hätten ein Honorar für die der Klägerin übertragenen Planungsleistungen nur in Höhe des vereinbarten Pauschalhonorars eher gegeben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg vom 20.03.2012, Az.: 31 O 217/09, aufzuheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen,

18

im Übrigen,

19

das Teilurteil des Landgerichts Magdeburg vom 20.03.2012, Az.: 31 O 217/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Klägerin trat der Berufung mit Schriftsatz vom 03.08.2012 entgegen und führte im Wesentlichen aus, dass die Beklagte mit ihrer Berufung keinerlei rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte angeführt habe, die nicht bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen seien. Insofern sei der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen, auf welchen Rechtsverletzungen die Berufung gestützt werden solle. Die Beklagte wiederhole im Kern erstinstanzlichen Vortrag und würdige ihn anders als das angefochtene Urteil. Eine Verletzung des sachlichen Rechts oder des Verfahrensrechts sei nicht gerügt oder dargestellt.

II.

23

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

24

Das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil des Landgerichts Magdeburg, Az.: 31 O 217/09, und das zugrunde liegende Verfahren waren aufzuheben und die Sache gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 7 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, da das Teilurteil entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen worden ist.

25

Für ein Teilurteil waren die Voraussetzungen gem. § 301 ZPO nicht gegeben. Es besteht wegen Rechtsfragen, über die im Teilurteil bereits entschieden wurde, die aber für die Schlussentscheidung erneut zu entscheiden sein werden, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil. Diese führt zur Unzulässigkeit einer Entscheidung im Teilurteil gem. § 301 ZPO.

26

Neben den weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO, nämlich der Teilbarkeit des Streitgegenstandes, der Bestimmtheit und Abgrenzbarkeit eines Teils des Klageanspruchs und der Teilentscheidungsreife, welche vorliegend unproblematisch als gegeben angenommen werden konnten, stellt es eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO dar, dass ausgeschlossen werden kann, dass sich die Entscheidungen im Teilurteil und im Schlussurteil inhaltlich widersprechen. Dabei ist nicht nur auf den Tenor der Entscheidung abzustellen und es sind auch nicht nur die Fälle gemeint, in denen das Schlussurteil inhaltlich noch das Teilurteil ändern würde, sondern es sind bereits die Fälle betroffen, in denen in einem Teilurteil eine Rechtsfrage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellen kann. Dies gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl.: BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az.: VIII ZR 42/10, Rn. 13, zitiert nach juris, mit Darstellung der ständigen Rechtsprechung seit 1989.) Demnach ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn in dem Teilurteil eine Rechtsfrage entschieden wurde, die für die Entscheidung des Schlussurteils wiederum zu entscheiden sein wird.

27

Eine solche über das am 20.03.2012 verkündete Teilurteil übergreifende Rechtsfrage, die im Schlussurteil erneut zu beantworten sein wird, stellt sich vorliegend zunächst in der zentralen Rechtsfrage des Teilurteils, ob nämlich die Klägerin an das vereinbarte Pauschalhonorar, welches unter den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure lag, gebunden war, oder ob sie unter Anwendung der Grundsätze des Bundesgerichtshofs (vgl.: BGHZ 136, 1; BGH NJW 2009, 435) nach Treu und Glauben an dieses Pauschalhonorar nicht gebunden war und nach den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure abrechnen konnte. Diese Frage hat das Landgericht für das Teilurteil dahingehend beantwortet, dass die Klägerin nicht an das vereinbarte Pauschalhonorar unterhalb der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure gebunden sei. Für den noch zu entscheidenden Rest des Honoraranspruchs betreffend die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 wird es erneut auf diese Rechtsfrage ankommen, denn auch hierbei wird sich die Frage stellen, ob die Klägerin diese Leistungen - soweit sich ihre Erbringung im Rahmen der durchzuführenden Beweisaufnahme ergeben sollte - auf der Basis des vereinbarten Pauschalhonorars abzurechnen hat oder ob sie im genannten Umfang nach den Mindestsätzen der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieure abrechnen durfte.

28

Es wird dann über diese Frage hinaus auch für den Rest des Streitgegenstandes, die Leistungen gemäß § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008 auch erneut auf weitere Rechtsfragen ankommen, die das Landgericht bereits in dem Teilurteil entschieden hat. Auch die Fragen, ob der Honoraranspruch der Klägerin mangels einer Abnahme gem. § 640 BGB überhaupt fällig sein kann, § 641 BGB, oder ob ein nicht abnahmefähiges Werk gem. § 646 BGB vorlag, ob die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 01.12.2008 auf ein das Pauschalhonorar übersteigendes Honorar verbindlich verzichtet hat und ob der Beklagten wegen Mängeln der Leistung der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht zustehen oder sie mit etwaigen Schadenersatzansprüchen wegen Mängeln am Werk der Klägerin aufrechnen kann, betreffen Rechtsfragen, die vom Landgericht im Teilurteil bereits mit entschieden worden sind und die sich in einem Schlussurteil über den Teilhonoraranspruch für die Leistungen gemäß § 3.1.8. des Vertrages vom 10./20.03.2008 erneut stellen würden. Damit besteht auch hinsichtlich dieser weiteren Rechtsfragen die Gefahr, dass über sie in einem Schlussurteil widersprechend anders entschieden werden könnte, als zuvor in dem Teilurteil geschehen.

III.

29

Wegen der festgestellten Unzulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO sieht sich der Senat veranlasst, von seiner Zurückverweisungsbefugnis aus § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO Gebrauch zu machen. Ein entsprechender Antrag der Beklagten liegt vor. Im Übrigen wäre ein Antrag gemäß § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Fall eines unzulässigen Teilurteils nicht erforderlich. Die Frage der Zulässigkeit des Erlasses eines Teilurteils i. S. v. § 301 ZPO betrifft einen von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensmangel (vgl.: Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 301 Rn. 13 m. w. N.). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO demnach auch ohne eine entsprechende Rüge durch den Berufungsführer zu prüfen (vgl.: BGH, Urteil vom 11.05.2011, Az.: VIII ZR 42/10, Rn. 19 m. w. N., zitiert nach juris).

30

Von einer eigenen Sachentscheidung hat der Senat abgesehen. Zwar hätte das Berufungsgericht im Falle eines unzulässigen Teilurteils den ganzen Rechtsstreit an sich ziehen und durch einheitliches Urteil entscheiden können (vgl.: Heßler in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 301 Rn. 55 m.w.N.). Dies wird jedoch nur ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Regelmäßig wird es nötig sein, zurückzuverweisen, damit nicht der gesamte nach dem Teilurteil anhängig gebliebene Prozess erst in der zweiten Instanz beginnt (vgl.: BGH WM 1994, 865). Vorliegend spricht für die Zurückverweisung, dass für den restlichen Teil (Leistungserbringung für die Leistungen gem. § 3.1.8 des Vertrages vom 10./20.03.2008) eine umfangreiche Beweisaufnahme mit einer Vielzahl von Zeugen durch das Landgericht beabsichtigt ist und auch erforderlich sein dürfte.

IV.

31

Die Kostenentscheidung hat der Senat dem Landgericht vorbehalten.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.