Landessozialgericht NRW Urteil, 14. Jan. 2015 - L 8 R 103/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.036,94 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffend den Beigeladenen zu 5) nebst Säumniszuschlägen in Anspruch nimmt.
3Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) eine Beratungsgesellschaft für mittelständische Unternehmen. Unter dem 19.5.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 5) mit Wirkung zum 13.8.2008 einen "Arbeitsvertrag", aufgrund dessen Letzterer als Seniorberater der Klägerin eingestellt wurde. Gemäß den Regelungen in § 4 des Arbeitsvertrages erhielt der Beigeladene zu 5) ab dem 13.8.2008 ein "monatliches Basisgehalt" in Höhe von 5.064,00 EUR; ab dem 1.2.2009 in Höhe von 5.564,00 EUR sowie ab dem 1.8.2009 in Höhe von 6.064,00 EUR. Zusätzlich sah der Arbeitsvertrag nach näherer Maßgabe des § 4 des Arbeitsvertrages eine pauschale zusätzliche Abgeltung (Prämie) sowie einen Provisionsanspruch vor. Mit Änderungsvertrag vom 26.11.2010 wurde - nach einer zwischenzeitlich erfolgten weiteren Anpassung des Arbeitsvertrages mit Änderungsvertrag vom 21.1.2010 - das monatliche Basisgehalt des Beigeladenen zu 5) ab dem 1.1.2011 auf 7.200,00 EUR erhöht. Auf den weiteren Inhalt des Arbeitsvertrages vom 19.5.2008 und des Änderungsvertrages vom 26.11.2010 wird Bezug genommen.
4Vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin hatte der Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 1.7.2005 bis zum 31.7.2008 eine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der J (J) GmbH, W (HR 000; Amtsgericht E) ausgeübt. Nach dem Inhalt eines - an den Beigeladenen zu 5) adressierten und von ihm nicht angefochtenen - Bescheides über ein Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch übte dieser seit dem 1.7.2005 zudem eine weitere Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der F Consulting GmbH im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit aus.
5Am 23.5.2011 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2010 durch. Als Ergebnis der Prüfung teilte sie der Klägerin mit Schreiben vom 26.5.2011 mit, sie beabsichtige, für verschiedene Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen nachzuerheben. Unter anderem stellte sie in Aussicht, für den Beigeladenen zu 5), für den die Klägerin lediglich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abgeführt hatte, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 17.922,84 EUR nebst Säumniszuschlagen nach § 24 SGB IV nachzufordern. Der Beigeladene zu 5) sei ab Aufnahme seiner Beschäftigung bei der Klägerin bis zum 31.12.2010 in diesen Zweigen der Sozialversicherung pflichtversichert gewesen. Eine Versicherungsfreiheit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) komme nur in Betracht, wenn die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) in den letzten drei Kalenderjahren vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses überschritten worden sei. Da der Beigeladene zu 5) in diesem Zeitraum als Gesellschafter-Geschäftsführer jedoch selbständig tätig gewesen sei, scheide ein Überschreiten der JAEG schon deshalb aus, weil er kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV aus einer Beschäftigung erzielt habe.
6Die Klägerin wandte sich gegen die beabsichtigte Nacherhebung und machte geltend, die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in seiner durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) geltenden Fassung bewirke eine unbillige Härte. Es bleibe unberücksichtigt, dass der Beigeladene zu 5) - als Selbständiger wie auch zuvor als abhängig Beschäftigter - die JAEG stets, also über einen Dreijahreszeitraum hinaus, überschritten habe. Die Intention des Gesetzgebers, von dem Versicherten ein nachhaltig hohes Einkommen oberhalb der JAEG zu verlangen, berechtige nicht dazu, einen Beschäftigten im Verhältnis zu anderen Beschäftigten nur deshalb zu benachteiligen, weil er in einer bestimmten Phase selbständig tätig gewesen sei. Ein Differenzierungsgrund, der eine solche Benachteiligung verfassungsrechtlich rechtfertigen könne, sei nicht ersichtlich. Abhängig Beschäftigte mit vergleichbarem Einkommen wären nach der gesetzlichen Konzeption nämlich versicherungsfrei geblieben.
7Mit Bescheid vom 31.5.2012 erhob die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung von der Klägerin betreffend den Beigeladenen zu 5) und unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 12.2.2010 (L 4 KR 1420/09) für den Zeitraum vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 18.036,94 EUR nach. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides nebst Anlagen Bezug genommen.
8Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 26.6.2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2013 als unbegründet zurückwies. Ihr Bescheid vom 31.5.2012 sei nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich des Beigeladenen zu 5) habe sie zu Recht Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nacherhoben. Dieser unterliege wegen seiner ab dem 13.8.2008 aufgenommenen Beschäftigung bei der Klägerin zumindest für die Dauer von drei Jahren der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung. Dieses ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung, mit der die Versicherungsfreiheit "besserverdienender" Beschäftigter neu geregelt worden sei. Beschäftigte seien hiernach in der Krankenversicherung erst versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG zu Beginn der Beschäftigung und in den drei darauf folgenden Kalenderjahren überschritten habe. Diese Neuregelung solle ihrem Ziel nach den Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erschweren und zur Stärkung der Solidargemeinschaft der gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten beitragen. Infolge der Neuregelung seien Beschäftigte grundsätzlich nicht mehr mit sofortiger Wirkung versicherungsfrei; vielmehr trete dieser Status erst nach dreimaligem Überschreiten der JAEG ein.
9Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Nr. 1 SGB V a.F. nicht erfüllten und am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert gewesen seien und zugunsten solcher Arbeitnehmer, die vor diesem Tage die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gekündigt hätten, gewähre der Gesetzgeber Bestandsschutz nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. Von dem Anwendungsbereich dieser Regelung werde der Beigeladene zu 5) jedoch nicht erfasst, da er am maßgeblichen Stichtag selbständig tätig gewesen sei. Dementsprechend sei das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 10.6.2009 (1 BvR 706/08 u.a.) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. auch Personen erfasse, die aus einer Selbständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der JAEG aufnähmen.
10Mit der am 16.7.2013 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren Bezug genommen und dieses vertieft.
11Die Klägerin hat beantragt,
12den Bescheid vom 31.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 aufzuheben, soweit in Bezug auf den Beigeladenen zu 5) Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 17.922,84 EUR zzgl. Säumniszuschlägen festgesetzt worden sind,
13die Beklagte zu verurteilen, 17.922,84 EUR zzgl. Säumniszuschlägen zu erstatten.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie ist dem Vorbringen der Klägerin unter Bezugnahme auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides entgegen getreten.
17Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
18Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zutreffend Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 5) in seiner ab dem 13.8.2008 aufgenommenen Beschäftigung für die Klägerin verneint. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in seiner ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung habe auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die vor Beginn der Beschäftigung wegen einer selbständigen Tätigkeit nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig gewesen seien. Da der Gesetzgeber insoweit keine Differenzierung vorgenommen habe, sei auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor eine Versicherungsfreiheit habe eintreten können. An welchen versicherungsrechtlichen Status sich die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung anschließe, sei für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. irrelevant. Dies gelte zumal in solchen Fällen, in denen der Status als Beschäftigter erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl. § 6 Abs. 1 und Abs. 4 SGB V a.F.) begründet worden sei.
19Der Beigeladene zu 5) habe die JAEG bei Aufnahme der Beschäftigung am 13.8.2008 nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, weshalb eine Versicherungsfreiheit nicht ab Aufnahme der Beschäftigung bei der Klägerin bestanden habe. Der seinerzeit vom Gesetzgeber statuierte Dreijahreszeitraum, in welchem die JAEG habe überschritten werden müssen, habe der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein müssen. Dies folge jedenfalls aus Sinn und Zweck der Norm in der seinerzeit geltenden Fassung. So habe bereits das BVerfG in der zitierten Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbständigen den zur Versicherungsfreiheit führenden Nachweis eines Überschreitens der JAEG davon habe abhängig machen dürfen, dass diese Überschreitung von gewisser Dauerhaftigkeit und Stetigkeit sei. Diese Erwägung sei von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor einer endgültigen Entlassung aus der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich einen aktuellen bzw. zeitnahen Nachweis dafür habe ausreichen lassen wollen, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht habe, welcher zur Einräumung eines Befreiungsrechts rechtfertige. Bestünde hingegen die Möglichkeit, das System der gesetzlichen Krankenversicherung allein aufgrund beliebig zurückliegender, nicht notwendig zusammenhängender Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese auf drei Jahre summiert hätten, wäre der Eintritt von Versicherungsfreiheit von zeitlichen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig.
20Da der Beigeladene zu 5) in dem insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 13.8.2008 nicht beschäftigt, sondern selbständig tätig gewesen sei, sei das tatbestandliche Erfordernis eines ununterbrochenen Überschreitens der JAEG schon deshalb zu verneinen, weil er aus dieser - selbständigen - Tätigkeit kein Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), sondern Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) erzielt habe. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V begrifflich an das Jahresarbeitsentgelt angeknüpft, weshalb es auf die Höhe des Arbeitseinkommens nicht ankomme. Da er in § 6 Abs. 4 Satz 4 bis 6 SGB V ergänzende Vorschriften über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf drei Jahre statuiert und damit Regelungen zur Schließung versicherungsrechtlicher Lücken entworfen habe, scheide eine Analogie für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter mangels Regelungslücke aus. Dies sei höchstrichterlich durch das BSG geklärt (Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R).
21Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 9 SGB V in der ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung. Schon dem Wortlaut nach finde diese Bestandsschutzregelung auf den Beigeladenen zu 5) keine Anwendung, da er nicht am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfrei und mit Blick darauf in der privaten Krankenversicherung versichert gewesen sei. Vielmehr habe er aufgrund des Status als selbständig Erwerbstätiger an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen gehört. Der Wortlaut des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. lasse - wie das BSG mit Urteil vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) gleichfalls höchstrichterlich geklärt habe - eine erweiternde, sich auf selbständig tätige Personen erstreckende Auslegung nicht zu.
22Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. und des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. griffen nicht durch. § 6 Abs. 1 SGB V a.F. sei der Zielrichtung nach eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die seit jeher durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung einerseits und nicht versicherungspflichtige Selbständigkeit andererseits geprägt sei. Zwar sei das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, sobald der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem sozialen Sicherungssystem unterwerfe (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 9.12.2003, 1 BvR 558/99 m.w.N.), was die Begründung einer Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der gesetzlichen Krankenversicherung einschließe (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 6.12.2005, 1 BvR 347/98). Der Gesetzgeber sei aber verfassungsrechtlich nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie dies für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich sei. Dementsprechend dürfe er auch die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, da ihm eine Verantwortung für die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft zukomme. Dieses gelte insbesondere deshalb, da die einer sozialen Absicherung von Beschäftigten vor den finanziellen Risiken von Krankheit dienende gesetzliche Krankenversicherung auch auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Versicherten mit niedrigem und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen basiere (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 10.6.2009, 1 BvR 706/08 u.a. m.w.N.). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang, um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten zur Gewährleistung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukomme, rechtfertige es, auch die zuvor in der privaten Krankenversicherung versicherten Personen unabhängig von ihrer individuellen Schutzbedürftigkeit in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung einzubeziehen.
23Ohnehin habe das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG bewirkte Beschränkung der Möglichkeit eines Wechsels in die private Krankenversicherung bei einem Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. weder gegen Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verstoße. Schließlich bewirke die Beschränkung des personellen Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht sei nämlich nur verletzt, wenn durch eine gesetzliche Regelung eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und Gewicht bestünden, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
24§ 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. sei als Bestandsschutzregelung lediglich für solche Fälle konzipiert, in denen allein infolge der ab dem 2.2.2007 wirkenden Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen müssen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen worden seien. Zu diesem Personenkreis hätten jedoch die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer gehört, die bereits privat versichert gewesen seien oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bereits gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden sei.
25Vor dem Hintergrund dieses Regelungszwecks sei eine Schlechterstellung solcher Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbständig und in der privaten Krankenversicherung abgesichert gewesen seien, gegenüber solchen, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der privaten Krankenversicherung abgesichert waren, sachlich gerechtfertigt. Diese - zweite - Personengruppe habe mit der zum 2.2.2007 in Kraft getretenen Änderung eine schutzwürdige Rechtsposition verloren, namentlich in Form des bereits vor diesem Datum betätigten Vertrauens, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der privaten Krankenversicherung abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der privaten Krankenversicherung gekündigt hätten. Eine vergleichbare Situation habe bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vorgelegen. Die schutzwürdige "Rechtsposition" habe lediglich bei Personen erwachsen können, die bereits vor dem 2.2.2007 beschäftigt gewesen seien, während die vor Beschäftigungsaufnahme nicht existierende Versicherungspflicht Selbständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltet habe.
26Eine vor der gesetzlichen Neufassung eventuell entstandene subjektive Vorstellung eines Selbständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der privaten Krankenversicherung sofort versicherungsfrei zu werden und nicht in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen zu sein, habe der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln müssen.
27Dass ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eingetreten seien, aus der ohnehin nur zeitlich begrenzt wirkenden Erhöhung der Mindestverweildauer in der gesetzlichen Krankenversicherung auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung zustünden, als sie das BVerfG (Urteil v. 10.6.2009, a.a.O.) schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt habe, sei nicht ersichtlich.
28Gegen das ihr am 14.1.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.2.2014 Berufung bei dem erkennenden Gericht eingelegt. Zur Begründung führt die Klägerin aus: Das SG habe, soweit es auf die Gesetzesmaterialien zu § 6 SGB V a.F. abgestellt habe, die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers verkannt. Danach habe die Regelung den Wechsel der Versicherten von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erschweren sollen, um auf diese Weise die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten zu stärken (BT-Drucks. 16/3100, S. 95). Diese Intention habe jedoch bei dem Beigeladenen zu 5) nie verwirklicht werden können, da es einen Wechsel zwischen den Versicherungssystemen nie gegeben habe. Der Beigeladene zu 5) sei lange vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit im Jahre 2005 als Beschäftigter aufgrund des ständigen Überschreitens der JAEG in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei gewesen. Seither sei er seit 18 Jahren durchgängig privat krankenversichert gewesen und habe die jeweils maßgebliche JAEG stets überschritten. Von einem "Wechsel" im Sinne der Intention des Gesetzgebers könne mithin nicht die Rede sein.
29Ohnehin sei fraglich, ob eine in der Vergangenheit liegende zusammenhängende dreijährige Zeitspanne des Überschreitens der JAEG während eines Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend sei, um zu einer Befreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu gelangen. Hierzu habe sich das SG nicht überzeugend geäußert. Die von dem SG angedeutete Gefahr einer additiven Betrachtung scheide im Fall des Beigeladenen zu 5) schon deshalb aus, da es keine Lücken in seinem "Versicherungsverlauf" gebe.
30Auch die Gesetzesmaterialien stützten die Beurteilung des SG nicht. Soweit die Intention des Gesetzgebers in der Stärkung der Solidargemeinschaft zwischen gesetzlich Krankenversicherten bestanden habe, sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 5) bereits vor seinem Wechsel in die Selbständigkeit im Jahr 2005 als privat krankenversicherte Person ohnehin nicht mehr dieser Solidargemeinschaft angehört habe. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 5) den vom Gesetzgeber geforderten Solidarbeitrag bereits vor Eintritt in die private Krankenversicherung erbracht. Folglich verfange auch die Zielsetzung des Gesetzgebers, ein Ungleichgewicht zwischen erbrachten und erhaltenen Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu verhindern, nicht. Ein solches Missverhältnis zwischen erbrachten und erhaltenen Leistungen liege beim Beigeladenen zu 5) auch deshalb nicht vor, weil er - vor der Aufnahme seiner Beschäftigung bei der Klägerin - seit über 18 Jahren nicht mehr gesetzlich krankenversichert gewesen sei und demzufolge auch keine Leistungen aus der Solidargemeinschaft erhalten habe.
31Die - aus Sicht der Klägerin bestehende - Grundrechtsverletzung des Beigeladenen zu 5) lasse auch nicht unter Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) verneinen, da sich der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten von dem vom BSG entschiedenen Fall unterscheide. Die Höhe der Einkünfte des Beigeladenen zu 5) habe nämlich ununterbrochen über 18 Jahre hinweg jeweils über der JAEG gelegen. Wäre er in diesem Zeitraum ununterbrochen abhängig beschäftigt gewesen, so wäre er - weil in der Zeit vor dem 1.2.2007 keine Dreijahresfrist gemäß § 6 Abs. 1 SGB V a.F. gegolten habe - versicherungsfrei gewesen. Dem Beigeladenen zu 5) die Versicherungsfreiheit nur deshalb zu verweigern, weil er zwischenzeitlich selbständig tätig gewesen sei, verletze ihn in Art. 3 Abs. 1 GG.
32Soweit das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG das Erfordernis der finanziellen Stabilität und der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als "überragend wichtigen Gemeinwohlbelang" als Rechtfertigungsgrund heranziehe, sei dem zwar dem Grunde nach zu zustimmen; der wesentliche Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall bestehe jedoch darin, dass der Beigeladene zu 5) seit über 18 Jahren über der JAEG verdient habe und somit - wäre er die ganze Zeit über abhängig beschäftigt gewesen - grundsätzlich schon seit Jahren versicherungsfrei gewesen wäre. Diese Schlechterstellung gegenüber Arbeitnehmern, welche oberhalb der JAEG verdienten, zuvor aber nicht selbständig tätig gewesen seien, könne auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionstätigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gerechtfertigt sein, da sie willkürlich sei. Mit dieser Begründung könne der Gesetzgeber jeden Bürger versicherungspflichtig machen.
33Schließlich habe das SG keine ausreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Es habe vielmehr im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung lediglich auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen, ohne selbst die erforderliche Abwägung vorzunehmen.
34Ebenso würden die Ausführungen des SG zur Bestandsschutzregelung des § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht: Soweit das SG hierzu ausgeführt habe, der Gesetzgeber habe durch diese Regelung in erster Linie den Personenkreis schützen wollen, der durch die Verschärfung der Voraussetzungen für den Eintritt der Versicherungsfreiheit nachteilig in einen Vertrauenstatbestand betroffen gewesen seien, liege auch insoweit eine wortgleiche Übernahme der Entscheidungsgründe des BSG vor, ohne eine ausreichende Würdigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles vorzunehmen.
35Soweit das SG schließlich auf die Entscheidung des BVerfG vom 10.6.2009 (1 BvR 706/08 u.a.) verwiesen habe, verkenne es, dass das BVerfG zwar das Erfordernis der dreijährigen Überschreitung der JAEG als grundsätzlich verfassungsgemäß anerkannt, zugleich jedoch betont habe, dass der Gesetzgeber lediglich den Zeitraum verlängert habe, in dem Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung verbleiben müssten, bevor sie sich für einen Wechsel in die private Krankenversicherung entschließen könnten. Hieraus folge, dass auch das BVerfG von einem "Wechsel" von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung ausgehe. Ein solcher habe bei dem Beigeladenen zu 5) jedoch nicht vorgelegen. Überdies habe das BVerfG in Anlehnung an die Gesetzesbegründung betont, dass durch die Regelung des § 6 Abs. 1 SGB V a.F. Beschäftigte, die zuvor u.U. jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert hätten, bei einem erstmaligen Überschreiten der JAEG für einen gewissen Zeitraum weiterhin an die Solidargemeinschaft gebunden werden sollten. Diese Formulierung stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das BVerfG davon ausgehe, dass selbständig tätige Personen, wenn sie seit Jahren Einkommen oberhalb der JAEG erzielt hätten, von dieser Bindung an die gesetzliche Krankenversicherung ausgenommen seien. Andernfalls hätte das BVerfG auch diesen Fall in seinen Entscheidungsgründen erwähnt.
36Die Klägerin beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 31.5.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 aufzuheben, soweit mit diesem Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffend den Beigeladenen zu 5) nebst Säumniszuschlägen erhoben worden sind.
38Die Beklagte beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Die Beklagte tritt dem Vortrag der Klägerin entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf den Inhalt ihres angefochtenen Bescheides.
41Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
42In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht weder der Beigeladene zu 5) noch Vertreter der Beigeladenen zu 1) bis 4) erschienen.
43Der Senat hat die zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 5) geschlossenen Arbeitsverträge sowie den im Rahmen des § 7a SGB IV ergangenen Statusfeststellungsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2005 betreffend die von dem Beigeladenen zu 5) ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der F Consulting GmbH beigezogen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Sitzungsvertreter der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, gegen die in diesem Bescheid getroffenen Feststellungen keine Einwände zu erheben.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
45Entscheidungsgründe:
46Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
47I. Die am 7.2.2014 bei dem erkennenden Gericht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 14.1.2014 zugestellte Urteil des SG Köln vom 16.12.2013 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).
48II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin wird durch diesen Bescheid nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, weil er nicht rechtswidrig ist.
491. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
502. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor Erlass des sie belastenden Bescheides über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen mit Schreiben vom 26.5.2011 ordnungsgemäß angehört worden (§ 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch).
513. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 5) in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung festgestellt [hierzu a)] und für diese Zweige der Sozialversicherung von der Klägerin Pflichtbeiträge in nicht zu beanstandender Höhe nacherhoben [hierzu b)] sowie Säumniszuschläge festgesetzt [hierzu c)].
52a) Der Beigeladene zu 5) unterlag in dem streitbefangenen Zeitraum vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 wegen der Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung [hierzu aa)]. Eine Versicherungsfreiheit bestand in diesen Zweigen der Sozialversicherung entgegen der Annahme der Klägerin nicht [hierzu bb)].
53aa) Nach 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. Angestellte versicherungspflichtig, die - wie der Beigeladene zu 5) während des streitbefangenen Zeitraums - gegen Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 SGB IV) beschäftigt sind. Für die soziale Pflegeversicherung ordnet § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) eine Versicherungspflicht für diejenigen Personen an, die als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Angestellte versicherungspflichtiges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind.
54bb) Der Beigeladene zu 5) war in der Zeit vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 auch nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Eine Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung scheidet daher gleichfalls aus.
55(1) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der in dem Zeitraum vom 2.2.2007 bis zum 31.12.2010 maßgeblichen Fassung (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKG-WSG] vom 26.3.2007 [BGBl. I S. 378])] waren Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den § 6 Abs. 6 oder 7 überstieg und in drei aufeinander folgenden Jahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt.
56Die hiernach für eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlichen Voraussetzungen erfüllte der Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 schon deshalb nicht, weil es an dem Erfordernis einer Überschreitung der JAEG in drei aufeinander folgenden Jahren mangelte. Hierbei mussten die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten worden sein muss, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R, Rn. 17; Felix, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 14.1).
57In dem danach maßgeblichen Zeitraum vom 13.8.2005 bis zum 12.8.2008 hat der Beigeladene zu 5) jedoch kein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt bezogen, welches zur Überschreitung der JAEG nach § 6 Abs. 6 SGB V (allgemeine JAEG) oder § 6 Abs. 7 SGB V (besondere JAE) geführt hat. Nach der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V entscheidet allein die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 SGB IV) über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu berücksichtigen sind danach alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht oder unter welcher Bezeichnung sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Einnahmen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit sind bei der Ermittlung des Jahresarbeitsentgeltes nicht heranzuziehen (Felix, in: jurisPK-SGB V, § 6 Rn. 15; BSG, Urteil v. 27.6.2012, a.a.O., juris Rn. 18).
58Der Beigeladene zu 5) hat in dem danach maßgeblichen Dreijahreszeitraum keine Einnahmen aus einer Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) erzielt. Ab dem 1.7.2005 bis zur Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin hat er vielmehr eine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer ausgeübt, die nach seinen Erklärungen im erstinstanzlichen Erörterungstermin mit Bescheid vom 1.12.2005 als selbständige Tätigkeit gewürdigt worden ist. Auch nach dem Ergebnis des im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten und an den Beigeladenen zu 5) adressierten Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund über das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a SGB IV vom 4.11.2005 ist die seit dem 1.7.2005 ausgeübte Tätigkeit bei der F GmbH (F Consulting GmbH) im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt worden.
59Soweit die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals Zweifel geäußert hat, ob die in dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2005 getroffenen Feststellungen vor dem Hintergrund des dem Beigeladenen zu 5) - nach dem Inhalt des Bescheides - nur gemeinsam mit dessen Ehefrau zustehenden Stimmrechts von 30% des Stammkapitals an der F GmbH rechtlich zutreffend sind, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2008 über die Feststellung des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit ist in Bestandskraft erwachsen. Überdies hat der Beigeladene zu 5) einen eigenen Antrag im Berufungsverfahren nicht gestellt (vgl. hierzu auch BSG, Urteil v. 9.8.2006, B 12 KR 3/06 R, SozR 4-2600 § 229 Nr. 1).
60(2) Das SG hat auch zutreffend festgestellt, dass Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 5) nicht auf die Regelung des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. gestützt werden kann. Hiernach waren Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt haben, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllten. Bei dieser Regelung handelt es sich jedoch um eine Bestandsschutzregelung, in deren Anwendungsbereich der Beigeladene zu 5) nicht fällt. Dieser gehörte zwar ab dem 13.8.2008 zu dem Kreis der Arbeiter bzw. Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze" versicherungsfrei und deshalb in der privaten Krankenversicherung versichert, sondern gehörte an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen.
61(a) § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. stellte eine Übergangsregelung ausschließlich für solche Sachverhalte dar, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 infolge der ab diesem Tag wirkenden Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V durch das GKV-WSG die Versicherungsfreiheit entfallen wäre. Auf den Eintritt von Versicherungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt ist die Vorschrift von vornherein nicht anwendbar (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 10/10 R [Rn. 13]; vgl. auch BSG, Urteil v. 27.6.2012, a.a.O. [Rn. 21]). Der Senat nimmt zur weiteren Begründung Bezug auf die zutreffenden und die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG und die Erwägungen des BVerfG berücksichtigenden Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
62(b) Soweit die Klägerin die Vorschrift des § 6 Abs. 9 SGB V für verfassungswidrig hält, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Die Bestimmung ist weder deshalb verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil infolge des Erfordernisses des unmittelbar der Beschäftigungsaufnahme vorgelagerten Dreijahreszeitraums nach Ende einer Phase der Selbständigkeit dieser Zeitraum neu zu laufen beginnt (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R [Rn. 23]), noch deshalb, weil die Regelung auf Personengruppen beschränkt ist, zu denen der Beigeladene zu 5) nicht gehört (BSG, a.a.O., [Rn. 25 f.]). Der Senat nimmt auch insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, denen er sich gleichsam nach eigener Rechtsprüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
63Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Entgegen der Annahme der Klägerin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt nicht wesentlich von dem, den das BSG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) gewürdigt hatte. Der Senat hat vor diesem Hintergrund auch keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG im Wege einer Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG) die Frage der Verfassungskonformität des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. zur Entscheidung vorzulegen. Der Senat ist vielmehr unter Auswertung der Entscheidungen des BSG und des BVerfG und nach eigener rechtlicher Überprüfung von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung überzeugt.
64b) Einwände gegen die Höhe der nachgeforderten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung sind von der Klägerin weder substantiiert geltend gemacht worden noch ersichtlich. Die Beklagte hat bei der Berechnung der Beiträge das (tatsächlich höhere) Arbeitsentgelt des Beigeladenen zu 5) bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen berücksichtigt.
65c) Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).
66Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV erst bei (zumindest bedingtem) Vorsatz (so der 12. Senat BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13) oder schon bei Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (so der 13. Senat des BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5; aus der Literatur Segebrecht, in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr. 60 m.w.N.) vorliegt. Denn die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie ihre Beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat.
67Vorsätzlich in diesem Sinne handelt bereits, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt. Dazu muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Zwar sind allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann auf bedingten Vorsatz schließen lassen (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 981/12, juris).
68Nach diesen Maßstäben ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Dass der Beigeladene zu 5) in einem grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, hat die Klägerin nicht bezweifelt, zumal Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abgeführt worden sind. Damit war der Klägerin das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen 5) bewusst. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sie die Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht gekannt hat, sodass von einer dahingehenden Kenntnis auszugehen ist. Dass sie gleichwohl trotz des eindeutig nicht erfüllten Wortlauts der Ausnahmevorschriften von der Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung abgesehen hat, ohne eine vorherige Klärung der Versicherungspflicht in diesen beiden Zweigen der Sozialversicherung herbeizuführen, rechtfertigt die Annahme, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 5) in diesen Zweigen zumindest für möglich gehalten hat. Gleichwohl hat sie keine Beiträge gezahlt.
69Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
70Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
71Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
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(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.
(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt
- 1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden, - 2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und - 3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.
(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.
(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.
(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.
(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.
(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.
(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.
(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
- 1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten, - 2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten, - 3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde, - 4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie - 5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
- 1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und - 3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.
(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.
(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.
(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.
(1a) (weggefallen)
(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Versicherungspflichtig sind
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, - 4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, - 10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren, - 11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend, - 11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch - a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder - b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
- 12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben, - 13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und - a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder - b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.
(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für
- 1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder - 2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.
(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.
(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.
(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.
(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.
(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.
(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.
(10) nicht belegt
(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.
(2) Bei Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a des Einkommensteuergesetzes ermittelt wird, ist als Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Absatz 6 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte ergebende Wert anzusetzen.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
-
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
- 2
-
Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.
- 3
-
Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.
- 4
-
Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).
- 5
-
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.
- 6
-
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 8
-
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
- 10
-
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.
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Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).
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1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.
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a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.
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b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).
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c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.
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Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.
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Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.
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2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.
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Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.
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Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).
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3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).
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Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).
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b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).
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§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151
) .
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Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
- 2
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Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.
- 3
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Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.
- 4
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Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.
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Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).
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1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.
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a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.
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b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).
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c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.
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Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.
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Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.
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2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.
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Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.
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Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).
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3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).
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Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).
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b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).
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§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151
) .
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Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.
(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt
- 1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden, - 2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und - 3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.
(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.
(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.
(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.
(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.
(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.
(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.
(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
- 1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten, - 2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten, - 3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde, - 4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie - 5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
- 1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und - 3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.
(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.
(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
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Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.
- 3
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Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.
- 4
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Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).
- 5
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.
- 6
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
- 7
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 8
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
- 10
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
- 11
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Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.
- 12
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Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).
- 13
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1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.
- 14
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a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.
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b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).
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c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.
- 17
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Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.
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Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.
- 19
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2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.
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Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.
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Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).
- 22
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3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).
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Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).
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b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).
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§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151
) .
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Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
Tenor
-
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2010 wird zurückgewiesen.
-
Die Kläger tragen auch die Kosten des Revisionsverfahrens. Dem Beigeladenen sind keine Kosten zu erstatten.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
- 1
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Die Kläger wenden sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab 1.1.2008. Umstritten ist, ob der Beigeladene trotz seines Unterschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) im Jahr 2008 nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V in der bis zum 30.12.2010 gültigen Fassung durch Art 1 Nr 3 Buchst e GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; aufgehoben durch Art 1 Nr 2 Buchst c GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) weiter versicherungsfrei blieb.
- 2
-
Der 1969 geborene Beigeladene ist bei den Klägern als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Bis 31.12.2005 war er versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Da sein Arbeitsentgelt im Jahr 2005 die JAEG überschritt, versicherte er sich ab 1.1.2006 privat bei dem Kläger zu 1. in der privaten Krankenversicherung (PKV). Im Dezember 2006 wurde sein Arbeitsentgelt für das Jahr 2007 auf 52 111 Euro geschätzt, tatsächlich erzielte er 41 452 Euro und lag damit unterhalb der JAEG. Für das Jahr 2008 schätzten die Kläger das Arbeitsentgelt des Beigeladenen auf 39 789,85 Euro, wodurch die JAEG erneut unterschritten wurde. Mit Bescheid vom 14.3.2008 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern als Arbeitgeber fest, dass der Beigeladene "ab 01.01.2008 versicherungspflichtig anzumelden" sei. Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 zurück.
- 3
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 26.6.2009), das LSG die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 1.4.2010): Der Beigeladene sei nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig und nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungsfrei, da er für das Jahr 2008 die JAEG nicht überschritten habe. § 6 Abs 9 SGB V greife nicht ein, da der Beigeladene zwar am Stichtag privat krankenversichert gewesen sei, sein Einkommen aber ab 1.1.2008 unter der JAEG gelegen habe. Diese Regelung enthalte einen Bestandsschutz nur für diejenigen Arbeiter und Angestellten, die am 2.2.2007 privat versichert gewesen seien und zu diesem Zeitpunkt - anders als nach § 6 Abs 1 Nr 1 idF des GKV-WSG erforderlich - noch nicht in drei aufeinander folgenden Jahren die JAEG überschritten hätten. Eine erweiternde Auslegung dahingehend, dass ein Bestandsschutz auf Dauer für alle zum Stichtag privat versicherten Arbeiter und Angestellten gelte, scheide aus.
- 4
-
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 9 SGB V iVm Art 14 GG, Art 2 GG und Art 20 GG. Der Beigeladene erfülle den Tatbestand des § 6 Abs 9 SGB V, insbesondere habe er ab 2008 keinen "anderen Tatbestand der Versicherungspflicht" im Sinne dieser Vorschrift erfüllt. "Tatbestand" beziehe sich auf § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V, weshalb das Unterschreiten der JAEG nicht ein "anderer" Tatbestand sein könne. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V gelte Bestandsschutz für Personen, die am 2.2.2007 privat krankenversichert gewesen seien, unabhängig davon, ob und inwieweit sie in der bestandsgeschützten Beschäftigung die JAEG unterschritten. Nach den Gesetzesmaterialien solle Bestandsschutz für die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen privaten Krankenversicherungsverhältnisse gewährt werden. Der so erworbene Bestandsschutz des Beigeladenen sei gemäß Art 14 GG eigentumsgeschützt und dürfe nicht rückwirkend angetastet werden. Die Regelung sei Ausdruck angestrebter Kontinuität einer Versicherung in PKV oder GKV, wie sie zB auch der Fortsetzung einer unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II (Alg II) bestehenden privaten Versicherung oder dem Basistarif in der PKV zugrunde liege. Die den Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V erweiternde Auslegung des SG und LSG greife zudem unzulässig in die allgemeine Handlungsfreiheit ein.
- 5
-
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 26. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene ab dem 1. Januar 2008 nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Kläger zurückzuweisen.
- 7
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Sie verteidigt das angegriffene Urteil und weist darauf hin, dass der Beigeladene auch ohne die Rechtsänderungen durch das GKV-WSG zum 1.1.2008 versicherungspflichtig geworden wäre. Insofern bestehe auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bereits kein Bedürfnis für eine Bestandsschutzregelung zugunsten des Beigeladenen.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die zulässige Revision der Kläger ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG ihre Berufung gegen den ihre Klage abweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Zutreffend hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden festgestellt, dass der Beigeladene ab 1.1.2008 versicherungspflichtig in der GKV ist (hierzu 1.).
- 9
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Der Beigeladene übt seit 1.1.2008 (wie bereits in der Zeit zuvor) als Außendienstmitarbeiter der Kläger eine Beschäftigung iS von § 7 SGB IV aus, derentwegen er - was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist - grundsätzlich nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V der Versicherungspflicht in der GKV unterliegt. Jedenfalls während des Zeitraums bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 1.4.2010, die den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Senat maßgeblichen Zeitpunkt bildet (vgl BSGE 61, 203, 205 = SozR 4100 § 168a Nr 21; BSG Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 22/09 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 240 Nr 16 vorgesehen; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 33a und § 55 RdNr 21 jeweils mwN), war er nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V(hierzu 2.) oder § 6 Abs 9 S 1 SGB V(hierzu 3.) versicherungsfrei.
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1. Der kombinierte Anfechtungs- und (negative) Feststellungsantrag der Kläger war zulässig, weil die Beklagte mit Bescheid vom 14.3.2008 ihnen als Arbeitgeber gegenüber die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der GKV ab 1.1.2008 durch Verwaltungsakt festgestellt hat. Hiervon ist das LSG zutreffend ausgegangen. Entscheidend ist insoweit, ob iS von § 31 S 1 SGB X eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Dabei ist für die Auslegung des Bescheids maßgebend, wie der Empfänger ihn verstehen durfte. Auszugehen ist vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl zB BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr 21, RdNr 18 mwN). Dass der Bescheid vom 14.3.2008 ein Verwaltungsakt war, ist bereits dem Hinweis auf die Möglichkeit des Widerspruchs zu entnehmen. Gleichzeitig folgt aus der von der Beklagten gewählten Formulierung, wonach der Beigeladene "ab 01.01.2008 versicherungspflichtig anzumelden" sei, (noch) mit hinreichender Bestimmtheit (§ 33 Abs 1 SGB X), dass Gegenstand des feststellenden Verwaltungsaktes nicht nur die Meldepflicht des klagenden Arbeitgebers nach § 28a SGB IV sondern die Versicherungspflicht des Beigeladenen war. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der weitere Bescheidtext ausschließlich die Versicherungspflicht des Beigeladenen betrifft und die Beklagte nach den Feststellungen des LSG hiermit auf ein vorangegangenes Schreiben der Kläger reagierte, in dem diese die Versicherungspflicht des Beigeladenen in Abrede gestellt hatten.
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2. Der hier von der Beklagten als Trägerin der GKV festgestellten Krankenversicherungspflicht des Beigeladenen stand der Tatbestand des § 6 Abs 1 Nr 1 Halbs 1 SGB V in der hier anzuwendenden, bis zum 30.12.2010 geltenden Fassung durch das GKV-WSG (vom 26.3.2007, BGBl I 378) nicht entgegen, demzufolge Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei sind, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat. Danach war der Beigeladene im Jahr 2008 nicht versicherungsfrei, denn sein für dieses Jahr prognostiziertes Entgelt (zur Maßgeblichkeit des prognostizierten Entgelts vgl BSG
BSGE 23, 129 = SozR Nr 49 zu § 165 RVO; BSGE 24, 262 = SozR Nr 50 zu § 165 RVO; BSG SozR Nr 59 zu § 165 RVO; BSG SozR 2200 § 165 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 6 Nr 15; Peters, NZS 2008, 173, 176 ff; vgl zu § 5 Abs 2 S 1 Halbs 1 Nr 2 SGB VI iVm § 8 Abs 1 und 3 SGB IV BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16 mwN) lag mit 39 789,85 Euro unterhalb der JAEG für 2008 in Höhe von 48 150 Euro (§ 6 Abs 6 SGB V iVm § 4 Abs 1 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008). Unabhängig davon, wie sich das Jahresarbeitsentgelt des Beigeladenen in den folgenden Jahren tatsächlich entwickelte - diesbezügliche Feststellungen des LSG waren nicht erforderlich -, konnte Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der JAEG nach der damaligen Rechtslage frühestens wieder zum 1.1.2012 eintreten. Selbst nach Wiederherstellung der vorherigen Rechtslage durch § 6 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 4 idF des GKV-Finanzierungsgesetzes(vom 22.12.2010) mit Wirkung zum 31.12.2010 (vgl Art 1 Nr 2 Buchst c des Gesetzes), konnte Versicherungsfreiheit frühestens ab 1.1.2011 eintreten (vgl hierzu Peters in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung April 2011, § 6 SGB V RdNr 20 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum GKV-Finanzierungsgesetz, BT-Drucks 17/3040 S 38 zu Art 15 Abs 5; siehe auch BT-Drucks ebenda, S 21 zu Art 1 Nr 2 Buchst a).
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3. Der Beigeladene blieb entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aufgrund eines "Bestandsschutzes" nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V idF des GKV-WSG über den 31.12.2007 hinaus versicherungsfrei.
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Danach bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - vorliegend nicht einschlägig - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen. Der Beigeladene war seit 1.1.2006 und aufgrund eines für 2007 prognostizierten Jahresarbeitsentgelts oberhalb der JAEG auch noch am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, nämlich dem Kläger zu 1., versichert. Auch erfüllte der Beigeladene zu diesem Zeitpunkt keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht als den des Wegfalls der Versicherungsfreiheit für Angestellte (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) mit einem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt, das die JAEG noch nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstieg; die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V (Unterschreiten der JAEG infolge deren Erhöhung bei unverändertem Entgelt) erfüllte er unstreitig nicht. Dabei kann offenbleiben, ob es sich - wozu das LSG auf Grundlage seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen treffen musste - bei der Versicherung des Beigeladenen bei dem Kläger zu 1. um eine substitutive Versicherung handelte. Denn § 6 Abs 9 S 1 SGB V ist eine Übergangsregelung allein für die Fälle, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 infolge der ab diesem Tage wirkenden Änderung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die Versicherungsfreiheit entfallen wäre. Auf den Eintritt von Versicherungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt aus anderen Gründen ist § 6 Abs 9 S 1 SGB V von vornherein nicht anwendbar. Dies ergibt zwar noch nicht die Auslegung des § 6 Abs 9 S 1 SGB V anhand des Wortlauts(hierzu a), jedoch die Berücksichtigung der Systematik und des hieraus abzuleitenden Regelungszwecks (hierzu b) sowie der Gesetzesmaterialien (hierzu c). Auch verfassungsrechtliche Erwägungen gebieten kein anderes Auslegungsergebnis (hierzu d).
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a) Der Wortlaut des § 6 Abs 9 S 1 SGB V ist hinsichtlich des von den Klägern behaupteten dauerhaften Ausschlusses einer Versicherungspflicht bei Absinken des Jahresarbeitsentgelts unter die JAEG nicht eindeutig. Zu Recht verweisen die Kläger darauf, dass sich nach dem Wortlaut der Norm die Wendung "Tatbestand der Versicherungspflicht" vermittelt durch das Wort "anderen" auf die vorhergehenden Satzteile bezieht. Da die vorhergehenden Satzteile keinen Tatbestand der Versicherungspflicht im technischen Sinne - insbesondere des § 5 SGB V - bezeichnen, bleibt dabei offen, was genau den damit in Bezug genommenen "Tatbestand" bildet. Dies könnten die Versicherungspflicht der "Arbeiter und Angestellte(n)" im Sinne des § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, das Nichterfüllen der Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V oder auch die allein durch die Änderung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zum 2.2.2007 grundsätzlich eingetretene Versicherungspflicht sein. Der Wortlaut ist diesbezüglich offen, so dass weitere Auslegungsmethoden heranzuziehen sind. Eindeutig ist der Wortlaut allerdings insoweit, als jedenfalls der letzte Satzteil des § 6 Abs 9 S 1 SGB V die Möglichkeit der Beendigung des Bestandsschutzes vorsieht. Ein unabänderlicher Fortbestand der am 2.2.2007 bestehenden Versicherungsfreiheit wird durch diese Übergangsregelung - anders als die Kläger in der Revisionsbegründung stellenweise nahelegen - gerade nicht angeordnet.
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b) Mit Blick auf die innere Systematik des § 6 SGB V und den Regelungszusammenhang des GKV-WSG kann nicht angenommen werden, dass durch § 6 Abs 9 S 1 SGB V andere Tatbestände des Eintritts der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden sollten als das Fehlen des ab 2.2.2007 erforderlichen Überschreitens der JAEG in bereits drei aufeinander folgenden Kalenderjahren zu diesem Datum.
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So bestätigt zunächst die Stellung des § 6 Abs 9 SGB V nach der als Übergangsregelung zum Beitragssatzsicherungsgesetz (vom 23.12.2002, BGBl I 4637) geschaffenen besonderen JAEG des Abs 7 am Ende der Norm dessen Charakter als Übergangsregelung. Der Bezug auf § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und die Verhältnisse am 2.2.2007, dem Tag der dritten Lesung des GKV-WSG, macht deutlich, dass die Regelung die an diesem Tage eingetretenen Folgen der Änderung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG betrifft. Diese bestanden für den in Abs 9 genannten Personenkreis allein darin, dass ohne die Übergangsregelung eine bereits bestehende Versicherungsfreiheit entfallen wäre, weil das Jahresarbeitsentgelt dieser Personen nicht mindestens in allen drei vorangegangenen Jahren über der JAEG lag, sondern nur in den Jahren 2005 und 2006 oder sogar ausschließlich im Jahre 2006. Bezüglich des sich hieraus ableitenden Regelungszwecks ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen musste, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit in einem Vertrauenstatbestand, hier in einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis, betroffen war. Dies waren die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten, und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151
) . Durch das GKV-WSG nicht geändert wurde hingegen die erste Voraussetzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V, wonach Versicherungsfreiheit nur dann besteht, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG auch aktuell "übersteigt", weshalb anderenfalls erneut Versicherungspflicht einsetzt, sofern nicht nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB V - dessen Voraussetzungen hier (wie beschrieben) nicht vorliegen - eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt. Wegen dieser unverändert fortbestehenden Rechtslage war eine Übergangsregelung mit dem Ziel des Ausschlusses erneuter Versicherungspflicht bei absinkendem Jahresarbeitsentgelt nicht erforderlich; ein entsprechender Regelungszweck des § 6 Abs 9 S 1 SGB V kann daher nicht unterstellt werden.
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c) Die Beschränkung des Regelungsgehalts des § 6 Abs 9 S 1 SGB V allein auf die Fälle, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 wegen der Änderung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die Versicherungsfreiheit entfallen wäre, wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt.
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Nach der Entwurfsbegründung sollte die Regelung sicherstellen, dass Arbeitnehmer, die bereits vor dem Tag der ersten Lesung (auf Empfehlung des Ausschusses für Gesundheit - 14. Ausschuss - durch den Tag der dritten Lesung, den 2.2.2007, ersetzt; siehe Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4200 S 11, 213 und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 30, 71) bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer Krankheitskostenvollversicherung versichert waren oder vor diesem Stichtag ihre Krankenversicherung in der GKV beendet hatten und beim Wechsel aus der GKV in die PKV noch nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren die JAEG überschritten hatten, aus Gründen des Bestandsschutzes weiterhin versicherungsfrei blieben. Die Versicherungsfreiheit sollte nach den allgemeinen Regeln enden, wenn ein Tatbestand der Versicherungspflicht in der GKV erfüllt wird (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Art 1 Nr 3 Buchst e). Danach war ein Bestandsschutz ausschließlich im Hinblick auf die am 2.2.2007 eintretenden Folgen der mit Wirkung ab diesem Tag neu in den Tatbestand des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V aufgenommenen Voraussetzung eines dreijährigen Überschreitens der JAEG, nicht aber bezüglich der Beendigungstatbestände der Versicherungsfreiheit vorgesehen. Dass nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser ein Absinken des Jahresarbeitsentgelts unter die JAEG auch weiterhin zum (erneuten) Eintritt von Versicherungspflicht führen sollte, verdeutlicht auch die Begründung zur Neufassung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V, wonach die Entscheidung für eine private Absicherung (nur) "bei unveränderten Lebensverhältnissen dauerhaft" sein sollte(Gesetzentwurf, aaO, S 95 zu Art 1 Nr 3 Buchst a).
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Soweit die Kläger insbesondere unter verkürzter Wiedergabe der Begründung des Gesetzentwurfs § 6 Abs 9 SGB V als Bestandsschutzregelung für am 2.2.2007 privat krankenversicherte Personen verstehen, kann das von ihnen gewünschte Auslegungsergebnis (Fortgeltung der Versicherungsfreiheit auch bei Unterschreiten der JAEG zu einem späteren Zeitpunkt) hieraus nicht hergeleitet werden: Bestandsschutz infolge einer Rechtsänderung kommt den hiervon Betroffenen allenfalls im Umfang der zuvor innegehabten Rechtsstellung zu. Eine Ausweitung dieser Rechtsstellung ist damit regelmäßig nicht verbunden. Einer solchen Ausweitung käme es jedoch gleich, wenn die vor (und nach) der Änderung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG unter dem Vorbehalt des Absinkens des Jahresarbeitsentgelts unter die JAEG stehende Versicherungsfreiheit nach Auslegung der Kläger durch § 6 Abs 9 SGB V vollständig von der künftigen Entwicklung des Jahresarbeitsentgelts eines Arbeiters oder Angestellten gelöst würde. Ein hieraus folgender dauerhafter Ausschluss der am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG privat krankenversicherten Personen von der GKV ist - wie aufgezeigt - in den Gesetzesmaterialien nicht angelegt. Er ist auch nicht mit dem hieraus und aus der Gesetzessystematik abzuleitenden Regelungszweck zu vereinbaren, diesen Personenkreis nur wegen der in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V neu eingefügten Voraussetzung eines dreijährigen Überschreitens der JAEG der an diesem Tage grundsätzlich eintretenden Versicherungspflicht gleichwohl nicht zu unterwerfen.
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Dass ein "Hin und Her" zwischen PKV und GKV generell nicht gewünscht und deshalb durch § 6 Abs 9 SGB V den Betroffenen ein dauerhafter Bestandsschutz in Form des Fortbestands der Versicherungsfreiheit auch bei einem späteren Unterschreiten der JAEG eingeräumt werden sollte, lässt sich entgegen dem Vorbringen der Kläger auch nicht unter Hinweis auf den ebenfalls durch das GKV-WSG eingeführten § 5 Abs 5a SGB V herleiten. Danach wurde wegen Bezugs von Alg II nicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V versicherungspflichtig, wer unmittelbar zuvor privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs 1 oder 2 versicherungsfreien Personen gehörte oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Zutreffend verweisen die Kläger darauf, dass die Verfasser des Entwurfs zum GKV-WSG vor dem Hintergrund des gleichzeitig eingeführten Basistarifs in der PKV eine Einbeziehung von Alg II-Beziehern, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug in der PKV versichert waren, in die GKV nicht für erforderlich hielten (Gesetzentwurf zum GKV-WSG, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 94 f zu Art 1 Nr 2 Buchst b). Hintergrund dieser Regelung war aber nicht der generelle Ausschluss eines Wechsels von der PKV in die GKV, sondern die Absicht einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen beiden Systemen (Gesetzentwurf, ebenda). Hiergegen bestehen von Rechts wegen keine Bedenken. Bei der damit beabsichtigten Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang und ein legitimes gesetzgeberisches Ziel (vgl BVerfGE 123, 186, 264 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 233 mwN). Der Gesetzgeber darf den Kreis der Pflichtversicherten nämlich so abgrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist. Er hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229 mwN). Hierzu war die generelle Zuordnung von Personen, deren Jahresarbeitsentgelt unter die JAEG, jedoch nicht bis in den Bereich der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II absinkt, zum Kreis der Pflichtversicherten und die differenzierte Betrachtung bei Personen, die zu Alg II-Beziehern werden, auch geeignet, denn die Beiträge der ersten Gruppe liegen regelmäßig über denen der zweiten Gruppe (vgl § 232a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V); deren Beiträge werden zudem nicht von ihnen selbst, sondern vom Bund getragen (vgl § 251 Abs 4 SGB V).
- 21
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d) Schließlich gebieten auch verfassungsrechtliche Erwägungen nicht die von den Klägern befürwortete weite Auslegung des § 6 Abs 9 SGB V. Insbesondere hat das BVerfG bereits festgestellt, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gem § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff) und dass ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1, dort auch zum fehlenden Eigentumseingriff durch Änderungen in der Abgrenzung zwischen GKV und PKV durch Erhöhung der JAEG).
- 22
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Die vorliegend allein streitgegenständliche zum 1.1.2008 nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V eingetretene Versicherungspflicht des Beigeladenen verstößt trotz des durch das GKV-WSG für alle Einwohner ohne Absicherung im Krankheitsfall eingeführten Versicherungsschutzes in der GKV(§ 5 Abs 1 Nr 13 SGB V) oder der PKV (§ 193 Abs 3 bis 7 VVG) auch in Verbindung mit der Einführung des Basistarifs in der PKV nicht gegen Art 2 Abs 1 GG. Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ist zwar betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 ff mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18 f), die hier durch Bundesgesetz (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V) für den Fall des Absinkens des Jahresarbeitsentgelts unter die JAEG angeordnet wird. Diese Regelung ist auch verhältnismäßig. Selbst wenn das Argument der Kläger zuträfe, dass mit Einführung des Basistarifs in der PKV (bisher) dort versicherte Personen mit einem Jahresarbeitsentgelt unter der JAEG nicht schutzbedürftiger seien als Personen mit einem Jahresarbeitsentgelt über der JAEG, so findet diese Regelung doch weiterhin ihre Rechtfertigung in der Verantwortung des Gesetzgebers sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).
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Hinsichtlich des von den Klägern gerügten Eingriffs in den eigentumsgeschützten (Art 14 Abs 1 GG) "auf Basis des § 6 Abs 9 SGB V" erworbenen "Bestandsschutz in der PKV" fehlt es schon daran, dass ein Bestandsschutz durch den Beigeladenen jedenfalls nur in dem Umfang erworben werden konnte, wie er nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V gewährt wird. Gerade dieser Umfang ist vorliegend erst durch Auslegung der Norm zu ermitteln.
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§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG genügt auch iVm § 6 Abs 9 S 1 SGB V in der genannten Fassung dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln, welches in Grundrechte eingreift, eine gesetzliche Grundlage hat, welche nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist (stRspr vgl zB BVerfGE 108, 52, 75; 110, 33, 53). Die Auslegungsbedürftigkeit als solche steht dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, solange die Auslegung unter Nutzung der juristischen Methodik zu bewältigen ist (stRspr vgl BVerfGE 31, 255, 264; 83, 130 145; 110, 33, 56 f) und die im konkreten Anwendungsfall verbleibenden Ungewissheiten nicht so weit gehen, dass Vorhersehbarkeit und Justitiabilität des Verwaltungshandelns gefährdet sind (vgl BVerfGE 21, 73, 79 f; 110, 33, 57). Diese Anforderungen sind vorliegend gewahrt, denn - wie oben dargelegt - lässt sich der Regelungsgehalt des § 6 Abs 9 SGB V zwar nicht allein anhand des Wortlauts, wohl aber unter Berücksichtigung der Systematik des § 6 SGB V und des GKV-WSG sowie des hieraus abzuleitenden Regelungszwecks und der Gesetzesmaterialien feststellen. Aus diesem Grunde war auch nach dem 2.2.2007 die vorliegend bestrittene Beendigung der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V im Falle des Unterschreitens der JAEG für die betroffenen Bürger - auch wenn sie die weiteren Voraussetzungen der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 S 1 SGB V erfüllten - mit (noch) ausreichender Klarheit erkennbar.
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Die nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG bestehende Möglichkeit des "Rückfalls" in die Versicherungspflicht in der GKV aufgrund des Absinkens des Jahresarbeitsentgelts, verstößt auch nicht gegen Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Insofern liegt nicht einmal eine sog unechte Rückwirkung von Gesetzen vor. Diese wäre zwar anzunehmen, wenn die angegriffene Regelung mit Wirkung für die Zukunft in ein Versicherungsverhältnis eingreift und dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten umgestaltet (vgl BVerfGE 95, 64, 86; 103, 392, 403 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 197). Vorliegend fehlt es in Bezug auf den allein angefochtenen Eintritt von Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V dagegen bereits an einer Änderung der Rechtslage durch das GKV-WSG. Wie oben dargelegt, wurde nämlich die erste Voraussetzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V, wonach Versicherungsfreiheit nur dann besteht, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG auch aktuell "übersteigt", durch das GKV-WSG nicht geändert. Versicherungspflicht trat in diesem Fall auch nach dem 2.2.2007 unter denselben Voraussetzungen ein wie zum Zeitpunkt des Wechsels des Beigeladenen in die PKV zum 1.1.2006.
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4. Die Kostenentscheidung folgt, da weder die Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 159 S 2, § 162 Abs 3 VwGO.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist mangels anderer Anhaltspunkte auf den Auffangstreitwert von 5000 Euro (§ 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG) festzusetzen.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
- 2
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Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.
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Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.
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Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
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Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.
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Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).
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1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.
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a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.
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b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).
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c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.
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Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.
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Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.
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2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.
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Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.
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Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).
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3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).
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Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).
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b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).
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§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151
) .
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Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Versicherungsfrei sind
- 1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt, - 1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben, - 2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, - 3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben, - 6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben, - 7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht, - 8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.
(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.
(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.
(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.
(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.
(5) (weggefallen)
(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.
(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.
(1a) (weggefallen)
(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 2009 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Höhe nachgeforderter Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
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Der Kläger ist Inhaber eines Baggerbetriebs und tritt im Geschäftsverkehr unter dem Briefkopf "B." auf. Der Beigeladene zu 1., ein polnischer Staatsangehöriger, verrichtete für ihn in den Jahren 2004 und 2005 mit Unterbrechungen verschiedene Arbeiten (Bagger fahren, Rohre verlegen, Aufräumen von Baustellen, Fertigen des Unterbaus bei Pflasterarbeiten usw). Er hatte in dieser Zeit ein Gewerbe "Baggerarbeiten (ohne Straßenbau)" angemeldet und führte den Briefkopf "B.". Geschäftsadresse war diejenige des Klägers. Grundlage seiner Tätigkeit war ua ein mit dem Kläger abgeschlossener "Subunternehmervertrag", wonach er für den Kläger als Baggerfahrer arbeiten und auf Stundenbasis in Höhe von 10 Euro netto bezahlt werden sollte. Der Beigeladene zu 1. wohnte während seiner Einsätze bei dem Kläger und benutzte dessen Büro sowie dessen Betriebsmittel (Bagger, Werkzeuge ua). Aus der Vergütung des Beigeladenen zu 1., die jeweils mindestens 750 Euro monatlich betrug, führte der Kläger keine Lohnsteuer ab, ebenso wenig erstattete er für den Beigeladenen zu 1. Arbeitgebermeldungen und entrichtete auch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
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Nachdem sich im Rahmen einer Steuerfahndung bei dem Kläger Hinweise auf eine "Scheinselbstständigkeit osteuropäischer Selbstständiger" ergeben hatten, führte der beklagte Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz) bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 25.8.2006 stellte die Beklagte zunächst fest, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.11.2004 bis 30.11.2005 (Prüfzeitraum) in seiner Tätigkeit für den Kläger wegen einer Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war und die Versicherungspflicht mit dem Tag der Beschäftigungsaufnahme (1.11.2004) begann. Ferner forderte sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge nach dem Lohnfortzahlungsgesetz in Höhe von insgesamt 10 552,74 Euro nach sowie hierauf entfallende Säumniszuschläge in Höhe von 531 Euro. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die nachgeforderten Beiträge nahm die Beklagte ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" iS von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV an und rechnete die dem Beigeladenen zu 1. gezahlte Vergütung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IV auf ein Bruttoarbeitsentgelt hoch, wobei sie die Lohnsteuerklasse VI ansetzte. Den Widerspruch des Klägers, mit dem sich dieser nur noch gegen die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge, nämlich die Hochrechnung der Beitragsbemessungsgrundlage nach § 14 Abs 2 SGB IV und die Anwendung der Lohnsteuerklasse VI sowie die Festsetzung von Säumniszuschlägen wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.6.2007 zurück.
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Im Klageverfahren hat der Kläger die (teilweise) Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt, "soweit die Beklagte die Beitragsforderung auf der Grundlage einer Nettolohnvereinbarung nach Lohnsteuerklasse VI bemessen und Säumniszuschläge festgesetzt hat". Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.2.2009), das LSG die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 29.7.2009): Umstritten sei allein (noch) die Berechnung der Nachforderung, die die Beklagte indes rechtmäßig vorgenommen habe. Der Kläger habe im Hinblick auf die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. weder seiner Meldepflicht noch seinen Aufzeichnungs- und Nachweispflichten noch seiner Pflicht zur Abführung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen genügt. Damit sei ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" iS von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV anzunehmen mit der Folge, dass ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gelte und dieses nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IV auf das Bruttoarbeitsentgelt hochzurechnen sei. Zwar sei der Begriff des "illegalen Beschäftigungsverhältnisses" im Gesetz nicht definiert. Jedoch ergebe sich im Wege der Auslegung, dass "Illegalität" bereits bei bloßer objektiver Gesetzwidrigkeit des Beschäftigungsverhältnisses vorliege. Eines zusätzlichen subjektiven Elements bedürfe es für die Annahme von "Illegalität" nicht. Die Beklagte habe bei der Hochrechnung auf das Bruttoarbeitsentgelt auch zu Recht die Lohnsteuerklasse VI zugrunde gelegt, weil der Beigeladene zu 1. dem Kläger eine Lohnsteuerkarte schuldhaft nicht vorgelegt und ein Arbeitgeber in solchen Fällen die Lohnsteuer nach dieser Steuerklasse zu ermitteln habe. Die Beklagte habe auch zu Recht Säumniszuschläge erhoben.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV. Das LSG habe nicht berücksichtigt, aus welchen Gründen es zu einer Nichtzahlung von Abgaben gekommen sei. Er habe kein Arbeitsverhältnis verheimlicht, sondern lediglich rechtsirrig ein Auftragsverhältnis angenommen. Infolge dieser Fehlbeurteilung sei es zu der Verletzung der ihm obliegenden Pflichten gekommen. Ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" könne nicht schon bei jedem objektiven Verstoß gegen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts angenommen werden. Angesichts der Komplexität des Melderechts in der Sozialversicherung käme es andernfalls zu einer Häufung "illegaler Beschäftigungen", weshalb ein subjektives Element - zumindest im Sinne von Leichtfertigkeit - zu fordern sei. Die Beklagte habe bei ihrer Hochrechnung nach § 14 Abs 2 SGB IV im Übrigen nur die Lohnsteuerklasse I ansetzen dürfen, weil der Beigeladene zu 1. im Hinblick auf seinen Wohnsitz in Polen beschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 18. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2007 aufzuheben,
1. soweit höhere Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge gefordert werden als es sich nach den festgestellten Entgelten als Bruttoentgelte ergibt,
hilfsweise,
soweit höhere Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge gefordert werden als eine Hochrechnung von Nettoentgelten ausgehend von Steuerklasse I anstelle von Steuerklasse VI vorgenommen wird,
2. soweit es die Festsetzung von Säumniszuschlägen anbelangt.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger habe bei seiner versicherungsrechtlichen Beurteilung im Übrigen mindestens grob fahrlässig gehandelt. Auch sei zutreffend Lohnsteuerklasse VI zugrunde gelegt worden.
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Die Beigeladene zu 4. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der im Berufungsurteil vertretenen Auffassung an, stellt aber keinen Antrag. Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat sich das LSG bei seiner Beurteilung der von dem beklagten Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz) erhobenen Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen für die Annahme der Wirkungen des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV auf das Vorliegen einer "objektiven" Verletzung von Zahlungspflichten sowie hiermit zusammenhängender Pflichten beschränkt. Damit ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden kann, bedarf es neben der Feststellung eines solchen objektiven Verstoßes einer - hier nicht vorgenommenen - Überzeugungsbildung dazu, ob bei dem Kläger ein auf die Verletzung dieser Pflichten gerichteter (mindestens bedingter) Vorsatz bestand. Weil es an tatsächlichen Feststellungen des LSG zu diesem - erforderlichen - subjektiven Element des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV fehlt, kann der Senat nicht selbst abschließend entscheiden, ob die Beklagte bei ihrer Beitragsberechnung (gleichwohl) zutreffend die Fiktion einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung bejaht, infolgedessen das gezahlte Arbeitsentgelt richtigerweise auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt "hochgerechnet" und so die Beitragsbemessungsgrundlage rechtsfehlerfrei ermittelt hat. Hieraus ergibt sich gleichzeitig, dass der Senat nicht darüber befinden kann, ob die Beklagte berechtigt war, (überhaupt) Säumniszuschläge zu erheben. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch noch Feststellungen dazu treffen (und sich - hierauf aufbauend - eine Überzeugung dazu bilden) müssen, ob die Beklagte bei der "Hochrechnung" die Lohnsteuer zutreffend ermittelt hat.
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1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 25.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.6.2007 nur insoweit, als er die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen für die Zeit vom 1.11.2004 bis 30.11.2005 und die diesen Beiträgen zugeordneten Säumniszuschläge betrifft. Nicht zu überprüfen ist demgegenüber, ob die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. wegen Beschäftigung und den Beginn dieser Versicherungspflicht zutreffend festgestellt hat. Der Kläger hat sein Überprüfungsbegehren schon im Widerspruchsverfahren entsprechend beschränkt, so dass insoweit Bestandskraft eingetreten ist. Zu beurteilen sind die Beitragsforderungen schließlich nicht insgesamt, sondern nur insoweit, als sie auf der "Hochrechnung" der gezahlten Vergütung auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt beruhen. Zudem ist (insgesamt) über die Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge zu entscheiden.
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2. Als Ausgangspunkt und Rechtsgrundlage für die Beitragsberechnung der Beklagten kommt allein § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV in seiner bis heute unveränderten Fassung(des Gesetzes vom 23.7.2002, BGBl I 2787) in Betracht. Danach gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Daraus folgt, dass auch in solchen Fällen - wie nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IV bei einer (legalen) Nettoarbeitsentgeltvereinbarung - die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach dem sog Abtastverfahren zu ermitteln sind. Als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gelten danach die Einnahmen des Beschäftigten iS von § 14 Abs 1 SGB IV zuzüglich der auf sie entfallenden (direkten) Steuern und des gesetzlichen Arbeitnehmeranteils an den Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung.
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Zutreffend hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen zunächst angenommen, dass Kläger und Beigeladener zu 1. in bzw mit dem "Subunternehmervertrag" keine (legale) Nettoarbeitsentgeltvereinbarung iS des § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IV getroffen haben, die eine "Hochrechnung" auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt als Beitragsbemessungsgrundlage ebenfalls geböte. Dass es einen - erforderlichen (vgl BSGE 64, 110, 112 f = SozR 2100 § 14 Nr 22 S 22 f; ferner BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 35 S 161) - ausdrücklichen oder konkludenten Willen des Klägers vor oder im Auszahlungszeitpunkt verneint hat, die Steuern und Beitragsanteile des Beigeladenen zu 1. zu übernehmen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Berufungsgericht ist zutreffend auch davon ausgegangen, dass die übrigen Voraussetzungen des - dann alternativ zu prüfenden - § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV vorlagen. Nach seinen Feststellungen hat der Kläger - weil der Beigeladene zu 1. zu Unrecht als Selbstständiger behandelt worden ist - insgesamt weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung abgeführt. Der Senat braucht daher die Frage(n) nicht zu beantworten, ob die Vorschrift voraussetzt, dass Steuern und Beiträge kumulativ und vollständig nicht gezahlt wurden oder die Vorenthaltung von Beiträgen auf Entgeltteile oder zu einzelnen Versicherungszweigen insoweit ausreicht. Steuern und Beiträge wurden außerdem - wie es § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV erfordert - aus Anlass eines zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. bestehenden "Beschäftigungsverhältnisses" vorenthalten. Dass der Beigeladene zu 1. bei dem Kläger in der streitigen Zeit beschäftigt war (und deshalb Versicherungspflicht bestand), hat die Beklagte mit Bescheid vom 25.8.2006 bestandskräftig festgestellt (vgl auch zu den bei - wie hier - grenzüberschreitenden Sachverhalten mit zu berücksichtigenden Maßstäben für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit nach dem Recht der EU sowie zu den Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Staatsangehörige der Beitrittsstaaten - BGH Beschluss vom 27.9.2011 - 1 StR 399/11 - NStZ-RR 2012, 13 = juris RdNr 11 ff). Nach den Feststellungen des LSG ist dem Beigeladenen zu 1. auch Arbeitsentgelt (tatsächlich) zugeflossen. Dessen bedarf es, weil hieran die Steuer(zahlungs)pflicht in jedem Fall und die Beitragspflicht dann anknüpft, wenn ein (wirksamer) Rechtsanspruch auf die Einnahmen nicht besteht (ähnlich Seewald in KassKomm, Stand Einzelkommentierung August 2008, § 14 SGB IV RdNr 139). Schließlich bestehen gegen eine Anwendung des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV nicht etwa deshalb allgemein Bedenken, weil der Beigeladene zu 1. in der streitigen Zeit geringfügig beschäftigt gewesen wäre. Im Hinblick auf die bestandskräftige Feststellung seiner Versicherungspflicht durch die Beklagte und die Feststellungen des Berufungsgerichts zu seinen Einnahmen in den Jahren 2004 und 2005 kann der Senat die Frage unbeantwortet lassen, ob die Fiktion einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung überhaupt Geltung beanspruchen kann, wenn die Arbeitsentgeltabrede - wie bei geringfügigen Beschäftigungen - ihrer Natur nach eine Bruttoarbeitsentgeltabrede ist.
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Eine "Illegalität" des Beschäftigungsverhältnisses iS des seit dem 1.8.2002 geltenden (dazu a) § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV liegt entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung allerdings nicht bereits dann vor, wenn die Nichtzahlung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung (allein) aus Anlass ("bei") einer objektiven Verletzung dieser Zahlungspflichten und mit ihnen einhergehender, hierauf bezogener Pflichten erfolgt, also darauf beruht. Insoweit sind (allein) die vom Berufungsgericht so bezeichneten "objektiven Gegebenheiten im Hinblick auf die Nichtzahlung der Abgaben" nicht ausreichend (dazu b). Hinzukommen muss vielmehr, dass die Pflichtverstöße von einem subjektiven Element in der Form eines (mindestens bedingten) Vorsatzes getragen sind (dazu c).
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a) Seit den 1990er Jahren erfolgten Sanktionen gegen die sog illegale Schattenwirtschaft ("Schwarzarbeit") auf der Grundlage des "Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit" (idF der Bekanntmachung vom 6.2.1995, BGBl I 165; "SchwarzArbG 1995") vornehmlich durch die Ahndung von (gerade auch arbeitgeberseitigen) Pflichtverstößen als Ordnungswidrigkeiten und durch den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen. Im August 2002 trat die Bekämpfung der Schwarzarbeit in eine neue Phase ein. Mit dem "Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit" vom 23.7.2002 (BGBl I 2787; "SchwarzArbG 2002") wurde - mit dem Ziel, Schaden von der Volkswirtschaft, vor allem den öffentlichen Haushalten einschließlich derjenigen der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung fernzuhalten sowie Wettbewerbsverzerrungen zwischen legaler und illegaler Arbeit zu verhindern (vgl Entwurf der Bundesregierung zu diesem Gesetz, BT-Drucks 14/8221 S 11) - ein Maßnahmenpaket geschnürt, um die Verfolgung der Schwarzarbeit (und der illegalen Beschäftigung) durch die Behörden zu erleichtern und Sanktionen insgesamt zu verschärfen. In diesem Zusammenhang erhielt § 14 Abs 2 SGB IV einen Satz 2(Art 3 Nr 2 SchwarzArbG 2002), der die "Schwarzgeldabrede" bei "illegalen Beschäftigungsverhältnissen" mit der (legalen) Nettoarbeitsentgeltvereinbarung gleichstellte. Mit der Fiktion einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung sollten vor allem in der Praxis bestehende Feststellungsschwierigkeiten wegen des "Übernahmewillens" zur Tragung der auf das gezahlte "Schwarzgeld" entfallenden Steuern und Arbeitnehmeranteile beim Arbeitgeber beseitigt werden (vgl Regierungsentwurf, BT-Drucks 14/8221 S 14 zu Nr 2 <§ 14 Abs 2>; ferner Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Brüderle ua betreffend "Schattenwirtschaft in Deutschland", BT-Drucks 15/726 S 3 f). Mit dem "Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung" vom 23.7.2004 (BGBl I 1842; "SchwarzArbG 2004") hat der Gesetzgeber sodann - mit dem Ziel, ein neues Unrechtsbewusstsein gegenüber Schwarzarbeit zu schaffen und leistungsfähige Strukturen zu deren Bekämpfung zu bilden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Gesetz, BT-Drucks 15/2573 S 18 zu Art 1 § 1 Abs 2
) - die vielen Erscheinungsformen von Schwarzarbeit erstmals gesetzlich definiert und die in zahlreichen Gesetzen enthaltenen Regelungen zur Schwarzarbeitsbekämpfung in einem "Stammgesetz" zusammengefasst. Eine wichtige materiell-rechtliche Änderung war in diesem Kontext die Ergänzung des Straftatbestandes der Beitragshinterziehung (vgl § 266a StGB).
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b) Anders als der Begriff "Schwarzarbeit" (vgl § 1 Abs 2 und 3 SchwarzArbG 2004) ist der vom Gesetz hierzu parallel verwendete und deshalb hiervon zu unterscheidende Begriff "illegales Beschäftigungsverhältnis" nicht legaldefiniert worden. Der Begriffsinhalt ist daher im Wege der Auslegung zu ermitteln. Bei offenem Wortlaut (dazu aa) ist unter (gesetzes)systematischen (dazu bb) und teleologischen Gesichtspunkten (dazu cc) eine Auslegung des Begriffs "illegales Beschäftigungsverhältnis" geboten, die - auf der Ebene des objektiven Tatbestands - jedenfalls den hier zu beurteilenden Fall eines Verstoßes gegen zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts (und des Steuerrechts) erfasst (dazu dd).
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aa) Dem Wortsinn nach, für den mangels eines allgemeingültigen Rechtsbegriffs der "Illegalität" auf den allgemeinen Sprachgebrauch abzustellen ist, erweist sich jede Beschäftigung als "illegal", die gegen geltendes Recht verstößt. Ob das Attribut "illegal" im Lichte des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV auf bestimmte Rechtsverstöße einzugrenzen ist, und - wenn ja - welche spezifischen Pflichtverletzungen dann erfasst werden sollen, lässt sich dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen.
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bb) Führt die sprachlich-grammatikalische Auslegung zu keinem (eindeutigen) Ergebnis, so ist indes aus Gründen der (Gesetzes)Systematik eine Auslegung geboten, wonach "Illegalität" iS des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV bereichsspezifisch jedenfalls auf die Verletzung solcher Pflichten zu beschränken ist, die die Beschäftigung (selbst) betreffen oder solcher Pflichten, die einen im öffentlichen Recht wurzelnden, spezifischen Bezug zu ihr haben(vgl ähnlich Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand Einzelkommentierung Juli 2003, K § 14 RdNr 44: "Rechtsverstöße … , die die Beschäftigung oder die aus ihr folgenden Hauptpflichten des öffentlichen Rechts … zum Gegenstand haben").
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Für dieses Auslegungsergebnis kann allerdings nicht an jene Normen angeknüpft werden (vgl hierzu die umfangreiche Aufzählung bei Werner in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 14 RdNr 320), die den Terminus "illegale Beschäftigung" ebenfalls verwenden, mit diesem jedoch nur einen Anlasstatbestand bezeichnen, ohne diesen für ihren Kontext näher oder sogar allgemein zu definieren. Aufschluss geben jedoch - in gewisser Weise - § 5 Satz 1 Nr 1 des - mittlerweile außer Kraft getretenen - SchwarzArbG 1995, § 31a Abgabenordnung (AO), der durch das SchwarzArbG 2002 neu gefasst worden ist sowie § 16 Abs 2 SchwarzArbG 2004. Alle drei Vorschriften (zu § 31a AO vgl Gesetzentwurf, BT-Drucks 14/8221 S 20 zu Art 10 Nr 2 Buchst a) geben - in Klammerzusätzen - Hinweise zur Konkretisierung des (komplexen) Begriffs "Illegalität", indem sie jeweils für ihren Regelungszusammenhang Pflichtverletzungen aus dem Arbeitsförderungsrecht, dem Arbeitnehmerüberlassungsrecht, dem Arbeitnehmerentsenderecht, dem Steuerrecht, dem Beitragsrecht, dem Ausländerrecht, dem Arbeitserlaubnisrecht usw, benennen. Vor allem der Umstand, dass "illegale Beschäftigung" mit dem SchwarzArbG 2002 und dem SchwarzArbG 2004 in einen engen Zusammenhang mit dem Tatbestand der "Schwarzarbeit" gestellt worden ist, zeigt, dass der Begriff "illegales Beschäftigungsverhältnis" iS von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV einerseits weit zu verstehen ist und infolgedessen bei allen Erscheinungsformen illegaler "Schattenwirtschaft (Beschäftigung)" anzuwenden, andererseits aber auf bestimmte beschäftigungsbezogene Pflichtverletzungen(vgl § 1 Abs 2 Nr 1 SchwarzArbG 2004)beschränkt werden muss.
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cc) Das auf der Grundlage (gesetzes)systematischer Erwägungen ermittelte Auslegungsergebnis ist auch unter teleologischen Gesichtspunkten geboten. Die Ergänzung des § 14 Abs 2 SGB IV um einen Satz 2 durch das SchwarzArbG 2002 war Teil eines umfassenden, mehrschichtigen Maßnahmenpakets mit der Zielsetzung, den durch illegale Beschäftigung entstehenden erheblichen Schaden für die Volkswirtschaft (öffentliche Haushalte einschließlich derjenigen der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung) einzudämmen und einer Wettbewerbsverzerrung zwischen legaler und illegaler Arbeit entgegenzuwirken(vgl Gesetzentwurf zum SchwarzArbG 2002, BT-Drucks 14/8221 S 11). Insoweit sollten mit der in dem neuen Satz 2 aufgestellten (unwiderlegbaren) Vermutung einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung vor allem aufgrund der Rechtsprechung des BSG zum früheren Recht (vgl hier BSGE 64, 110 = SozR 2100 § 14 Nr 22; dazu unter c) bestehende Schwierigkeiten beim Nachweis einer solchen (legalen) Vereinbarung beseitigt und sollte so die Abwicklung aufgedeckter Fälle erleichtert werden (vgl Gesetzentwurf, BT-Drucks 14/8221 S 14 zu Art 3 Nr 2; ferner Antwort der Bundesregierung, aaO, BT-Drucks 15/726 S 3 f). Die Klärung dieser unbefriedigenden Situation dahingehend, dass bei derartigen Zahlungen "unter der Hand" für die Beitragsbemessungsgrundlage nunmehr vom Bruttoarbeitsentgelt auszugehen war, steht aber in untrennbarem Zusammenhang damit, im Interesse der verfolgten Gesetzesziele eine Abschreckungswirkung zu erreichen (vgl Gesetzentwurf, BT-Drucks 14/8221 S 11). Die Ergänzung des § 14 Abs 2 SGB IV als Teil des gesetzlichen Maßnahmenbündels einerseits und als Reaktion auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zur einvernehmlichen Vorenthaltung von Steuern und Beiträgen andererseits gebietet es, die Bedeutung der "Illegalität" eines Beschäftigungsverhältnisses iS von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV auch mit Blick auf den Gesetzeszweck auf die Verletzung von Pflichten zu beschränken, die eine Affinität zur Beschäftigung (selbst) oder einen im öffentlichen Recht wurzelnden, spezifischen Bezug zu ihr haben. An dieser Auslegung (auch) aus teleologischen Gründen ändert nichts, dass der Begriff "illegale Beschäftigung" in der Begründung des Entwurfs des SchwarzArbG 2002 (vgl Gesetzentwurf, BT-Drucks 14/8221 S 11) - ohne weitere Eingrenzungen - in einem umfassenden Sinn als "Sammelbegriff" angesehen worden ist "für eine Vielzahl von verschiedenen Ordnungswidrigkeitentatbeständen oder Straftaten, von Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsrecht bis hin zu Verstößen gegen das Steuerrecht oder zum Leistungsmissbrauch".
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dd) Ist die Frage nach der Bedeutung der von § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV vorausgesetzten "Illegalität" eines Beschäftigungsverhältnisses danach in der beschriebenen Weise zu beantworten, so ist - auf der Ebene des objektiven Tatbestandes - die Feststellung einer Verletzung solcher Pflichten einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend. Um schlichte Berechnungsfehler und bloße versicherungs- sowie beitragsrechtliche Fehlbeurteilungen, die ebenfalls zu einer Nichtzahlung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung führen können, im Sinne des Klägers aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen, bedarf es einer Eingrenzung auf bestimmte Erscheinungsformen objektiver Gesetzwidrigkeit nicht. Eine solche Wirkung wird vielmehr über das zusätzliche Erfordernis des (mindestens bedingten) Vorsatzes erreicht (dazu c).
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Es kann dahinstehen, welche innerhalb des oben beschriebenen Rahmens liegende Pflichtverletzungen im Einzelnen gefordert werden müssen, damit ein "illegales Beschäftigungsverhältnis" angenommen werden kann. Jedenfalls wird der vorliegende Fall einer Nichtzahlung von Lohnsteuer und Beiträgen unter Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung hierzu (vgl - für die Beitragszahlung - § 28d und § 28e SGB IV) und die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten (vgl § 28a und § 28f SGB IV)hiervon erfasst, weil er als Verletzung der zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten des Sozialversicherungsrechts (und des Lohnsteuerrechts) zu qualifizieren ist. Dass sich die Nichtzahlung von Lohnsteuer und Beiträgen zur Sozialversicherung sowie zur Arbeitsförderung lediglich als "Folgefehler" einer "Fehlbeurteilung" des Versicherungsstatus (in einem Fall von "Scheinselbstständigkeit") darstellen soll, wie sie der Kläger für sich in Anspruch nimmt, ist dafür ohne Belang.
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c) Unzutreffend ist das LSG aber davon ausgegangen, dass für die Anwendung des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV ein "subjektives Element der Illegalität" nicht erforderlich sei. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzeswortlaut eine solche Voraussetzung nicht explizit enthält. Aus dem Normzusammenhang mit § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IV(und § 14 Abs 1 SGB IV) sowie dem schon unter b) angesprochenen Zweck der Vorschrift im Kontext der mit dem SchwarzArbG 2002 und dem SchwarzArbG 2004 verfolgten Ziele ergibt sich jedoch, dass es eines solchen - ungeschriebenen - Tatbestandsmerkmals als Korrektiv bedarf, um Arbeitgeber nicht schon bei der Vorenthaltung von Steuern und Beiträgen infolge schlichter Berechnungsfehler und bloßer (einfacher) versicherungs- und beitragsrechtlicher Fehlbeurteilungen mit der qualifizierten Rechtsfolge des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV zu belasten.
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Mit seiner Anordnung der "Hochrechnung" auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt als Beitragsbemessungsgrundlage kommt § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV im Ergebnis ein sanktionsähnlicher Charakter zu(ebenso BGHSt 53, 71, juris RdNr 15; Klattenhoff, aaO, K § 14 RdNr 43 Fn 194; Werner, aaO, § 14 RdNr 315). Anders als bei einer (legalen) Nettoarbeitsentgeltvereinbarung, bei der die Beteiligten für die Bemessung des Nettoarbeitsentgelts berücksichtigen, dass der Beschäftigte vom Arbeitgeber weitere finanzielle Vorteile erhält (Lohnsteuer und Beitragsanteile des Arbeitnehmers), und damit Leistung und Gegenleistung in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander stellen, liegt der Bemessung des Arbeitsentgelts bei "illegalen Beschäftigungsverhältnissen" zugrunde, dass Abgaben vom Arbeitgeber gerade (überhaupt) nicht gezahlt werden. Das Arbeitsentgelt, das dem Beschäftigten in solchen Fällen tatsächlich zur Verfügung stehen soll, wird daher typischerweise stets höher bemessen werden als bei einer regulären Beschäftigung. Wird in einer solchen Situation dieses Arbeitsentgelt auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt "hochgerechnet", so besteht die Gefahr, dass als Beitragsbemessungsgrundlage ein Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird, das in überhaupt keinem angemessenen Verhältnis mehr zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Arbeitsleistung steht und das vertragliche Austauschverhältnis letztlich beitragsrechtlich nicht mehr entsprechend abbildet (zu diesen Konsequenzen bereits BSGE 64, 110, 117 = SozR 2100 § 14 Nr 22 S 27 f: infolge gesetzlicher Verschiebung der Beitragslast Belastung des Arbeitgebers mit unverhältnismäßig hohen Beiträgen, der eine übermäßige Vergünstigung für den Beschäftigten gegenübersteht).
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Dafür, § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV auch bei schlichten Berechnungsfehlern und bloßen (einfachen) versicherungs- und beitragsrechtlichen Fehlbeurteilungen anzuwenden, fehlt es vor allem an der Gleichheit von Normzweck und Interessenlage(so auch zB Klattenhoff, aaO, K § 14 RdNr 44 Fn 201; Werner, aaO, § 14 RdNr 324; aus der Rechtsprechung: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2011 - L 8 R 864/10 B ER, juris RdNr 31; aA Seewald, aaO, § 14 SGB IV RdNr 142; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand November 2010, § 14 SGB IV RdNr 37; von Koppenfels-Spies in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm SozR, 2. Aufl 2011, § 14 SGB IV RdNr 18; Vor in Winkler, LPK-SGB IV, 2007, § 14 RdNr 64). In diesen Fällen muss es deshalb bei der Beitragspflicht (allein) des - bisher nicht "verbeitragten" - Arbeitsentgelts verbleiben, ohne dass auch auf hierauf entfallende Steuern und Beitragsanteile noch Beiträge erhoben werden dürfen (sog Sekundärbeiträge). Soweit mit der Einfügung des Satzes 2 in § 14 Abs 2 SGB IV der Zweck verfolgt werden sollte, Nachweisschwierigkeiten zu beseitigen, kann sich dieser letztlich nur im Rahmen der allgemeinen Zielsetzungen des SchwarzArbG 2002 (und des SchwarzArbG 2004) entfalten, eine allgemeine Abschreckungswirkung zu erreichen(vgl erneut Gesetzentwurf zum SchwarzArbG 2002, BT-Drucks 14/8221 S 11) bzw das Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung zu stärken und damit präventiv der Ausbreitung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung entgegenzuwirken (vgl erneut Gesetzentwurf zum SchwarzArbG 2004, BT-Drucks 15/2573 S 18). § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV ist daher aufgrund (gesetzes)systematischer und teleologischer Erwägungen entsprechend zu reduzieren.
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Für die Frage, in welchem Grade die Pflichtverstöße von einem subjektiven Element getragen sein müssen, ist in Ermangelung anderer Maßstäbe an die für die Verjährung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge geltende Regelung des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verlängerung der Verjährungsfrist von vier auf dreißig Jahre) anzuknüpfen. Danach ist für den Eintritt dieser qualifizierten Folge ebenfalls (mindestens bedingter) Vorsatz erforderlich. Auf den subjektiven Maßstab des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV hat der Senat auch bereits in anderen Zusammenhängen - etwa für die Erhebung von Säumniszuschlägen bei Beitragsnachforderungen - abgestellt, soweit es nämlich darum geht zu ermitteln, ob iS des § 24 Abs 2 SGB IV "verschuldet" Kenntnis von der (Beitrags)Zahlungspflicht bestand(vgl BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28). Mindestens (bedingter) Vorsatz ist ferner für den subjektiven Tatbestand der einschlägigen, auf die Vorenthaltung von Beiträgen und Steuern bezogenen Straftatbestände (§ 266a StGB, § 370a AO) erforderlich.
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Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass § 111 SGB IV als Vorschrift über Ordnungswidrigkeitentatbestände eine Sanktion schon bei (bloßer) Leichtfertigkeit gestatte. Denn § 111 SGB IV erfasst als Ordnungswidrigkeiten nur Pflichtverstöße, die der (späteren) Beitragsvorenthaltung vorausgehen. Für die im Rahmen des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV vorzunehmende Beurteilung des (mindestens bedingten) Vorsatzes sind damit der Sache nach ähnliche Erwägungen maßgebend, wie sie der Senat für die Prüfung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat(vgl bereits BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f).
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3. Sofern im vorbeschriebenen Sinne die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV erfüllt sind, müssen auf der Rechtsfolgenseite die Einnahmen des Beschäftigten unter Einbeziehung des auf sie entfallenden gesetzlichen Arbeitnehmeranteils und der (direkten) Steuern auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt "hochgerechnet" werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Lohnsteuer in Anwendung des § 39c Abs 1 Satz 1 EStG(in der in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl I 4210) nach der (ungünstigsten) Steuerklasse VI ermittelt. Ob dieses Vorgehen der Beklagten rechtmäßig war, hängt wiederum vom Vorliegen weiterer, hier zu prüfender Voraussetzungen ab.
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Die Durchführung des Lohnsteuerabzugs nach Steuerklasse VI bei Nichtvorlage einer Lohnsteuerkarte durch den Arbeitnehmer erfordert nach § 39c Abs 1 Satz 1 EStG zum einen, dass der Arbeitnehmer "unbeschränkt einkommensteuerpflichtig" ist, und zum anderen, dass die Lohnsteuerkarte von diesem "schuldhaft" nicht vorgelegt wurde. Soweit diese Vorschrift die unbeschränkte Steuerpflicht voraussetzt, ergeben sich deren Voraussetzungen (und Rechtsfolgen) aus § 1 EStG. Beschränkt einkommensteuerpflichtige Personen (vgl § 1 Abs 4 EStG) werden für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs nach § 39d Abs 1 Satz 1 EStG in die (günstigere) Steuerklasse I eingereiht. Grundlage des Lohnsteuerabzugs ist dann eine hierüber erteilte Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamts. In Bezug auf die Voraussetzung für die Besteuerung nach § 39c Abs 1 Satz 1 EStG, dass die Lohnsteuerkarte vom Arbeitnehmer schuldhaft nicht vorgelegt wurde, hat der BFH mit Urteil vom 29.5.2008 (BFHE 221, 182, unter Hinweis auf frühere Rspr) im Falle eines Haftungsverfahrens (vgl § 42d Abs 1 Nr 1 iVm § 38 Abs 3 EStG)entschieden, dass ein den Haftungstatbestand ausschließender entschuldbarer Rechtsirrtum bei der Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs regelmäßig nicht vorliegt, wenn der Arbeitgeber, der die Verschuldensprüfung durchzuführen hat (vgl BFHE 194, 372), von der Möglichkeit der sog Anrufungsauskunft nach § 42e EStG keinen Gebrauch gemacht hat. Nach § 42e EStG kann der Arbeitgeber - mit Verbindlichkeit für das Lohnsteuerabzugsverfahren - von dem für ihn zuständigen Betriebsstättenfinanzamt eine Antwort auf alle Fragen erhalten, die mit der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer zusammenhängen. In seiner Entscheidung hat der BFH allerdings auch darauf hingewiesen, dass besondere Umstände ausnahmsweise eine andere Betrachtung gebieten können (vgl BFHE 221, 182). Diese Grundsätze sind auf die Anwendung des § 39c Abs 1 Satz 1 EStG in dem hier vorliegenden sozialversicherungsrechtlichen Kontext zu übertragen.
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4. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Beklagte die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Umlagebeträge zutreffend auf der Grundlage einer fingierten Nettoarbeitsentgeltvereinbarung iS des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV ermittelt hat. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Das Berufungsgericht hat es - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent - unterlassen, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Nichterfüllung der Zahlungspflichten und der Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten auf einem - im erstinstanzlichen Urteil vom SG allerdings bejahten - (mindestens bedingten) Vorsatz des Klägers beruhten. Diese Feststellungen wird das LSG nun nachzuholen und sich - hierauf aufbauend - eine Überzeugung zu diesem Punkt zu bilden haben. Dabei wird hinsichtlich der Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV zu berücksichtigen sein, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen-(vgl § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt (vgl auch Küttner/Schlegel, Personalbuch 2011, Stichwort "Säumniszuschläge" RdNr 16; Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28g RdNr 23). Dass das LSG bei der Beurteilung, ob nach § 24 Abs 2 SGB IV zu Recht Säumniszuschläge festgesetzt wurden, Feststellungen getroffen und sich eine Überzeugung gebildet hat, reicht vorliegend nicht aus, weil es dabei (nur) "zumindest" leichte Fahrlässigkeit angenommen hat, ohne darüber hinaus das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Vorsatz des Klägers zu prüfen. Ob ein (mindestens bedingter) Vorsatz vorlag, entscheidet auch darüber, ob von der Beklagten (überhaupt) rechtmäßig Säumniszuschläge verlangt werden durften.
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Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die "Hochrechnung" auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt in Anwendung des § 14 Abs 2 Satz 2 SGB IV rechtmäßig war, wird es - weiter - Feststellungen dazu treffen und sich eine Überzeugung dazu bilden müssen, ob hierbei die unter 3. dargestellten Voraussetzungen des § 39c Abs 1 Satz 1 EStG zutreffend angenommen wurden und insoweit die Höhe der Beiträge korrekt ermittelt worden ist.
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5. Die Kostenentscheidung bleibt dem Berufungsgericht vorbehalten.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Tatbestand
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Im Streit steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Säumniszuschlags in Höhe von 1778,00 Euro wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.
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Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen G. R. (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden Freien und Hansestadt endete am 20.7.2000. Die Personalstelle für Referendare beim Hanseatischen Oberlandesgericht zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: Nachversicherungsstelle) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten Gesamtbruttobezüge in Höhe von 63 154,95 DM. Diese Nachversicherungsanzeige vom 12.9.2000 ging bei der Nachversicherungsstelle der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die Nachversicherungsstelle wandte sich mit mehreren Schreiben (vom 7.2.2002, 24.7.2002 und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am 24.1.2003 übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 Euro (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.
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Mit Schreiben vom 28.3.2003 (der Klägerin zugegangen am 2.4.2003) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:
"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem Bundesrechnungshof künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV) erheben wird. …
Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des Bundesministeriums des Innern in seinem Rundschreiben vom 27.4.1999 - DII6-224012/55 -, wonach Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach unversorgtem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragsentgegennehmenden Stelle liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."
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Mit Bescheid vom 16.5.2003 erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 SGB IV den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 Euro, wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der Nachversicherungsschuld am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.
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Die vor dem SG Hamburg erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - S 10 RA 319/03) und die Berufung vor dem LSG Hamburg (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das LSG Hamburg hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch
) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 SGB IV gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - SozR 4-2400 § 24 Nr 2)gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der Nachversicherungsfall sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 20.7.2000 eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1, § 181 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 SGB VI hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.
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Ein Fall der unverschuldeten Unkenntnis der Klägerin von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 SGB IV, der der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab 7.2.2002 habe die Klägerin den Nachversicherungsvorgang bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom 7.2.2002) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die Nachversicherungsbeiträge - wegen Fehlens von Aufschubgründen - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.
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Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des Säumniszuschlags sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch
) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - SozR 4-2400 § 7 Nr 4) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 SGB IV zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des Säumniszuschlags im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 Nr 1 bzw 3 SGB IV) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte Nachversicherungsschuld (von 7631,82 anstelle von 7553,55 Euro).
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 SGB IV. Sie ist der Meinung, das LSG habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 2)aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf Nachversicherungsbeiträge verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des Säumniszuschlags verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das Nachversicherungsverfahren sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom 28.3.2003 habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.
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Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert.
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Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 23.7.2008 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.5.2003 vollständig aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision insoweit zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) vom 14.4.2000 und auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55).
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet.
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1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 22; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 12), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Klage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die Klage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 18). Im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1).
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Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen (Kosten, Leistungen) erbracht hätte (Senatsurteil vom 6.5.1998 - SozR 3-1500 § 144 Nr 14 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel (BSG SozR 4-2500 § 266 Nr 4; BSGE 35, 78 = SozR Nr 1 zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - ZIP 1988, 984).
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Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die Klägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl Senatsurteil vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1 mwN).
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2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.3.2003 nebst Informationsblatt kann die Klägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des Säumniszuschlags gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).
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a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 vH des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.
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Die Nachversicherungsbeiträge für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 SGB IV nach § 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB IV - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 SGB IV enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in Nachversicherungsfällen sind auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 10 ff; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 16). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VI).
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Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des 20.7.2000 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB VI, § 184 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB VI)lagen nicht vor und sind von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 23; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 27; vgl auch BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 27.4.1999 (DII6-224012/55) entsprechend - begünstigt die Klägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des LSG sind die Nachversicherungsbeiträge erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.
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b) Der Erhebung des Säumniszuschlags steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen.
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aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 SGB IV (durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, BGBl I, 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an(vgl BT-Drucks 12/5187 S 30; Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, Stand 2007, K § 24 RdNr 2). Gemäß § 24 Abs 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl Senatsurteil vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 24 unter Bezugnahme auf Udsching aaO RdNr 10).
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bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 BGB entgegen. Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog Organisa-tionsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl Senatsurteile vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 18; vom 29.11.2007 - BSGE 99, 227 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 29; vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 26; zum Verschuldensmaßstab vgl Udsching aaO RdNr 11; Segebrecht in Juris PraxisKomm, Stand 2006, § 24 SGB IV RdNr 32; VerbKomm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 5; Seewald in Kasseler Komm, Stand 2008, § 24 SGB IV RdNr 14a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 2009, § 24 SGB IV RdNr 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. Senats vom 26.1.2005 - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 28 und vom 30.3.2000 - SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des Verschuldensmaßstabes in § 24 Abs 2 SGB IV auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 SGB IV anzuwenden; dh es ist eine konkret-individuelle Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge.
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cc) Unter Anlegung dieses Prüfmaßstabes sind die bindenden Feststellungen des LSG zur fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des Zeitraumes der Nichtbearbeitung des Nachversicherungsvorganges bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das LSG ist davon ausgegangen, dass die Klägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.
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Rechtsfehlerfrei hat das LSG für den anschließenden Zeitraum vom 7.2.2002 und auch ab Juli 2002 (wie von der Klägerin geltend gemacht) bis zum Zeitpunkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die Klägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 SGB IV verstoßen, indem sie die Anfragen ab 7.2.2002 nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem LSG zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der Klägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der Klägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige Kenntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden Zeitraums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.
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Als eine solche Maßnahme hätte zB bereits das erste Schreiben der Klägerin im Februar 2002 gegen Zustellungsnachweis an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen Zeitraums kann die Klägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die Klägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 156 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 RdNr 33)und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.
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c) Auch das Schreiben vom 28.3.2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.
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Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10.2.2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris RdNr 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 SGB IV, s hierzu Senatsurteil vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.
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d) Das Geltendmachen des Säumniszuschlags widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.
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aa) Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f)und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (vgl BSGE 17, 173, 174 f; 21, 52, 55 f; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35).
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Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, 69. Aufl 2010, § 242 RdNr 87)voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).
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bb) Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 SGB IV eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt(vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 37 RdNr 18; vgl Müller-Grune, Der Grundsatz von Treu und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, S 116; aA Ossenbühl, NVwZ 1995, 547, 549 f; Kothe, VerwArch 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das LSG die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des Säumniszuschlags (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des Rechtsinstituts der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.
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cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet(vgl Senatsurteile vom 12.2.2004 - BSGE 92, 150, 154 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2 S 22, RdNr 19; vom 17.4.2008 - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG vom 23.5.1989 - HV-Info 1989, 2030).
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dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der Klägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden Verwirkungsverhaltens noch durfte die Klägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.
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Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55; BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17). Dies ist (BSGE 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten (BSGE 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet.
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Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.3.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.
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Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.3.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.
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Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben (§ 67 Abs 1, 76 Abs 1 SGB IV; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).
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Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des SG Dresden (Urteil vom 1.11.2005 - S 32 R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab Kenntnis vom Informationsblatt der Beklagten am 2.4.2003) und nicht rückwirkend auf vor diesem Zeitpunkt gezahlte Nachversicherungsbeiträge Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.
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ee) Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des Säumniszuschlags führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der Klägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die Klägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den Zeitraum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der Klägerin durch die verspätete Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen gegenüber sowie die Vorteile, die die Klägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.
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ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s BSGE 65, 272, 277= SozR 4100 § 78 Nr 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Klägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens.
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3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).
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4. Ob und inwieweit die Beklagte der Klägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die Kosten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Klägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.
(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.
(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
(2a) (weggefallen)
(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.
(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende
- 1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und - 2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1), die ihre Kosten selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.563,02 EUR festgesetzt.
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Tatbestand:
2Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.563,02 EUR für die Zeit 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens.
3Die Beigeladene zu 1) war in den Büroräumen des Klägers, eines Rechtsanwaltes, als Reinigungskraft tätig. Ihre Beschäftigung begann ab dem 1.3.1993 als Arbeitnehmerin des Klägers aufgrund eines Arbeitsvertrags. Nach diesem übernahm die Beigeladene zu 1) die wöchentliche Reinigung der sich damals noch im Obergeschoss seines Hauses befindlichen Kanzleiräume des Klägers sowie alle damit zusammenhängenden Arbeiten (Ziff. I. des Arbeitsvertrags). Die Reinigung war außerhalb der Bürozeiten nach Absprache des genauen Wochentages zu erledigen. Tatsächlich wurde die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags tätig. Hilfs- und Reinigungsmittel wurden ihr gestellt. Dafür erhielt die Beigeladene zu 1) einen monatlichen Arbeitslohn in Höhe von brutto DM 231,00, dem die Annahme einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 3,5 Zeitstunden zugrunde lag (Ziff. II. des Arbeitsvertrags). Die Beteiligten gingen von einer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus (Ziff. II.3. des Arbeitsvertrags). Die Beigeladene zu 1) hatte Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und war unfallversichert (Ziff. II.5., III des Arbeitsvertrags). Zudem musste sie sich nach Ziff. IV. des Arbeitsvertrages zur Verschwiegenheit "gegenüber jedermann hinsichtlich aller bürospezifischen Wahrnehmungen, die sie gelegentlich der Arbeitsverrichtungen" mache, verpflichten. Im Übrigen wird auf die weiteren Regelungen des Arbeitsvertrags Bezug genommen.
4Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fand sodann anlässlich des Umzugs der Kanzleiräume in Erd- und Kellergeschoss desselben Hauses am 4.10.1999 ein Gespräch statt, dessen Inhalt der Kläger in einem Schreiben vom 18.10.1999 festhielt. In diesem heißt es u.a. wörtlich:
5"[ ] Wir sind übereingekommen, dass Sie die neuen Kanzleiräume im Keller- und Erdgeschoss des Hauses ab Oktober 1999 eigenverantwortlich und selbstständig auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis reinigen und pflegen. Ihr Werklohn dafür beträgt DM 110,- pro Kanzleireinigung; die Reinigungsintervalle sollen jeweils eine Woche betragen. Reinigungszeiten sowie Art und Weise der Raumpflege werden Ihnen eigenverantwortlich überlassen, wobei meine geschäftsüblichen Bürozeiten für den Kundenverkehr bitte von Ihnen berücksichtigt werden.
6Sie erhalten monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von DM 476,66 und jeweils zum Jahresende erfolgt eine konkrete Abstimmung und Abrechnung über Mehr- bzw. Minderleistungen. Falls Sie aus persönlichen Gründen verhindert sind, sagen Sie bitte rechtzeitig Bescheid.
7Im Übrigen regelt sich unser Rechtsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen des Werkvertrages gemäß §§ 631 ff. BGB.
8Zum Zeichen Ihres Einverständnisses bitte ich Sie, mir das beiliegende Doppel unterschrieben zurück zu reichen - vielen Dank."
9Die Beigeladene zu 1) bestätigte den Inhalt des Schreibens, meldete ein Gewerbe jedoch zunächst nicht an. Der Kläger zahlte für ihre Leistung monatliche Abschläge in Höhe von 141,00 EUR in den Jahren 2004 und 2005 und sodann in Höhe von 130,00 EUR in den Folgejahren. Am Ende des Jahres erstellte er sog. Putzwerklohnabrechnungen. Nach ihnen beliefen sich die Entgelte in den Jahren 2004 und 2005 auf jeweils 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 auf 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 auf 1.560,00 EUR und nach Angaben des Klägers im Jahr 2008 auf 1.248,00 EUR. Die Beigeladene zu 1) beteiligte sich anteilig an den Reinigungsmitteln in Höhe von 30,00 EUR bis 35,00 EUR jährlich. Im Jahr 2008 endete das Vertragsverhältnis.
10Mit Bescheid vom 9.4.2008 schloss die Beklagte eine bei dem Kläger für den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2007 durchgeführte Betriebsprüfung ab. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wurde in diesem Verfahren nicht thematisiert. Im Rahmen des Fragebogens der Beklagten, der verschiedene Kategorisierungsmöglichkeiten für in einem Betrieb tätige Personen, u.a. die "Ziff. 2" für "Selbstständige", vorsah, hatte der Kläger die Beigeladene zu 1) nicht eingetragen. In dem Bescheid heißt es dann u.a. wörtlich:
11"Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat folgende Feststellungen ergeben:
12- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2004 keine Umlagebeträge U1 zu entrichten.
13- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2005 keine Umlagebeiträge zu entrichten.
14Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit
15Nach unseren Feststellungen sind Sie bei der Beschäftigung Ihrer Ehefrau, von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen.
16Unsere Prüfung ergab, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses Beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgte."
17Am 8.9.2008 wandte sich das Finanzamt E an die Beklagte und wies auf die Vertragsbeziehung des Klägers zu der Beigeladenen zu 1) hin, deren einziger Auftraggeber er sei. Mit Schreiben vom 6.10.2008 wandte sich die Beklagte durch ihren Prüfdienst unter Angabe der klägerischen Betriebsnummer und unter Hinweis auf die Finanzverwaltung E an den Kläger und bat ihn, Abrechnungen für erbrachte Arbeitsleistungen der Beigeladenen zu 1) zur Prüfung einzureichen. Es heißt es dort u.a. wörtlich:
18"Nach meinen Ermittlungen haben Sie Angaben über Frau G meinen KollegenInnen in N zur Prüfung nach § 28p SGB IV nicht gemacht, bzw. keine Unterlagen darüber eingereicht."
19Der Kläger teilte daraufhin mit, die Beigeladene zu 1) habe gegenüber dem Finanzamt ihre Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit angezeigt und ihre Krankenkasse informiert. Sie habe lediglich aus Unkenntnis kein Gewerbe angemeldet. Es handele sich nicht um eine abhängige Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1) werde eigenverantwortlich und selbstständig tätig. Sie bestimme allein Zeitpunkt, Art und Weise sowie Dauer der Tätigkeit. Es gebe keine festen Arbeitszeiten. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub, Überstundenvergütung, Fortzahlung im Krankheitsfall u.ä.
20Am 4.11.2008 meldete die Beigeladene zu 1) rückwirkend zum 10.10.1999 ein Gewerbe (Raum- und Büropflege) im Nebenerwerb an.
21Die Beklagte hörte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 1.12.2008 zu der beabsichtigten Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung an. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er bei der vorangegangenen Betriebsprüfung keine unvollständigen Angaben gemacht habe, da nach selbstständigen Beschäftigten nicht gefragt worden sei. Die nunmehrige Betriebsprüfung sei formell rechtswidrig, da sie vorher nicht angekündigt worden sei. Im Übrigen sei Verjährung im Sinne des § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eingetreten. Vorsatz liege nicht vor. Die Säumniszuschläge seien daher ebenfalls unberechtigt. Die Raumpflege sei regelmäßig außerhalb fester Tageszeiten, aber nicht ausnahmslos in seiner Abwesenheit und ohne seine Aufsicht und Direktion rein ergebnisorientiert durchgeführt worden. Das Ergebnis, einen hygienisch einwandfreien Zustand, habe er zur Kenntnis genommen. Der Beigeladenen zu 1) sei es gestattet gewesen, im Verhinderungsfall eine Ersatzkraft zu stellen, deren Auswahl ihm gleichgültig gewesen sei. Eine formale Schweigepflichterklärung habe die Beigeladene zu 1) nicht abgegeben. Er habe allerdings erwartet, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Die Bezahlung sei erst nach ordnungsgemäßer Erfüllung erfolgt.
22Die Beigeladene zu 1) erklärte sodann auf Anfrage der Beklagten, dass sie seit dem 10.10.1999 die Raum- und Büropflege der Kanzleiräume des Klägers übernommen habe, was die Reinigung und Hygiene von Raumflächen und mobilen Gegenständen beinhalte. Weitere Auftraggeber habe sie nicht. Vor ihrer Selbstständigkeit habe sie zwar als Arbeitnehmerin für den Kläger gearbeitet. Der Arbeitsvertrag habe jedoch ein anderes Reinigungsobjekt betroffen. Damals seien ihr die zur Erledigung notwendigen Reinigungsmittel kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Arbeitszeit und Arbeitsdauer seien ihr vorgeschrieben gewesen. Die Stellung einer Vertretung sei ihr nicht erlaubt gewesen. Sie habe ihre Einnahmen lohnversteuern müssen. Der Kläger habe eine Personalakte über sie geführt und sie sei in der Lohnbuchhaltung berücksichtigt worden. Sie arbeite weiterhin am Betriebssitz des Klägers, müsse aber keine regelmäßigen Arbeits-/Anwesenheitszeiten einhalten. Der Kläger könne ihr Einsatzgebiet nicht ohne ihre Zustimmung verändern. Sie habe keine Schweigepflichterklärung mehr abgeben müssen. Die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften sei nicht von der Zustimmung des Klägers abhängig gewesen. Mit den Beschäftigten in der Kanzlei habe sie weder organisatorisch noch arbeitstechnisch etwas zu tun.
23Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger erneut mit Schreiben vom 26.2.2009 an. Sie beabsichtige für den Zeitraum Januar 2004 bis einschließlich Oktober 2008 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 2.563,02 EUR zu erheben. In dieser Forderung seien Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR enthalten. Gegenstand der Prüfung sei die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) gewesen. Diese übe bei ihm eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aus. Sie sei ausschließlich für ihn tätig. Sie unterhalte keine eigene Betriebsstätte. Sie mache keine Werbung in eigener Sache. Sie setze kein eigenes Kapital ein. Sie schulde ausschließlich ihre Arbeitskraft, wofür sie nach Rechnungslegung bezahlt werde. Sie unterliege keinem unternehmerischen Risiko. Es seien daher pauschale Sozialversicherungsbeiträge an die Beigeladene zu 2) zu entrichten. Ferner fielen nach § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) die Umlage im Krankheitsfall (U1-Verfahren) und Mutterschaftsgeld (U2-Verfahren) an. Säumniszuschläge seien ebenfalls zu erheben, denn als Jurist habe der Kläger damit rechnen können, dass es auch Zweifel an der rechtlichen Einordnung der Selbstständigkeit gebe.
24Die Beklagte forderte sodann nach vertiefender Stellungnahme des Klägers mit Bescheid vom 20.3.2009 von ihm für den Zeitraum 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 rückständige Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 2.563,02 EUR einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR nach.
25Der Kläger legte dagegen am 14.4.2009 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er seinen bisherigen Vortrag und verwies darauf, dass der Prüfzeitraum bereits durch eine vorangegangene Betriebsprüfung bestandskräftig geprüft worden sei.
26Nachdem die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, stellte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Detmold am 28.4.2009 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 19 R 94/09 ER) und erhob am 25.5.2009 eine Untätigkeitsklage (S 19 R 117/09). Das SG ordnete mit Beschluss vom 17.6.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.4.2009 gegen den Bescheid vom 20.3.2009 an. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Dagegen erhob die hiesige Beklagte am 9.7.2009 Beschwerde vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW; L 8 R 13/09 R ER). Der Senat änderte den Beschluss des SG und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab (Beschluss vom 18.2.2010). Auf die Gründe wird Bezug genommen.
27Das Hauptzollamt (HZA) Bielefeld leitete im Oktober 2009 gegen den Kläger wegen des Verdachtes der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) ein Strafverfahren ein, welches nach § 153 Strafprozessordnung (StPO) im Jahr 2010 eingestellt worden ist (Staatsanwaltschaft [StA] E, 000).
28Mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 27.5.2010 vor dem SG Detmold Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und insbesondere unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 (L 5 KR 7/06, juris; SG Lübeck, Urteil v. 25.11.2005, S 9 KR 600/06, BSG, Sitzungsprotokoll, B 12 KR 17/07 R) vorgetragen, dass die Beklagte nicht zum Erlass des Bescheides zuständig gewesen sei. Diesen habe vielmehr die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle erlassen müssen.
29Der Kläger hat beantragt,
30den Bescheid der Beklagten vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 aufzuheben.
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen
33Sie hat zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen in Verwaltungsverfahren sowie auf den Beschluss des Senats im Beschwerdeverfahren verwiesen. Die Beigeladene zu 2) ist der Auffassung der Beklagten beigetreten.
34Das SG hat die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) und 2) beschlossen (Beschlüsse v. 22.12.2010 und 23.7.2012) und am 2.2.2011 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 26.10.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Es habe sich nicht um eine Betriebsprüfung gehandelt, daher sei die Beklagte nicht zuständig gewesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
35Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.11.2012 zugestellte Urteil am 5.12.2012 und die Beigeladene zu 2) gegen das ihr am 13.11.2012 zugestellte Urteil am 20.11.2012 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, dass eine Betriebsprüfung auch außerhalb der Vierjahresrhythmen stattfinden könne. Gegenstand der Prüfung sei die Kontrolle der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten nach § 28a SGB IV. Das bedeute nicht, dass die Überprüfung einzelner Beschäftigungsverhältnisse und die damit verbundenen versicherungsrechtlichen Bewertungen nicht Prüfungsgegenstand sein könnten. Nach § 11 Abs. 1 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) könne die Prüfung auf Stichproben begrenzt werden. Sobald die Beklagte die Prüfung aufgenommen und ein Betriebsprüfungsverfahren eingeleitet habe, sei sie allein zur Entscheidung über den Status einer Einzelperson zuständig. Die Beigeladene zu 2) verweist insbesondere darauf, dass das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 einen anderen Sachverhalt betreffe.
36Die Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufungen zurückzuweisen.
40Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
41Der Senat hat am 29.11.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und in diesem den Kläger sowie die Beigeladene zu 1) angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten S 7 KN 17/11, S 19 R 94/09 ER, S 19 R 117/09 (jeweils SG Detmold) und die Akte der StA E mit dem Az. 000 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf den Inhalt dieser Akten wird Bezug genommen. Auf Nachfrage hat die Beigeladene zu 1) ergänzend mitgeteilt, dass sie im Jahr 2007 aus einer weiteren geringfügigen Beschäftigung ein Jahresbruttoentgelt in Höhe von 820,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 2.460,00 EUR erzielt habe.
42Entscheidungsgründe:
43Die Berufungen haben Erfolg. Sie sind gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und zudem begründet. Der angefochtene Bescheid vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG in seinen Rechten, denn er erweist sich als rechtmäßig.
44Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern.
45Zunächst ist die Beklagte und - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides zuständig gewesen.
46Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV sowie der prüfenden Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV und § 7a Abs. 1 SGB IV stehen gleichberechtigt nebeneinander (std. Rspr.; zuletzt: BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 27 Nr. 5 vorgesehen; Senat, Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13, juris). Zwar entscheidet grundsätzlich die Einzugsstelle über Versicherungspflicht und Beitragshöhe, §§ 28h Abs. 2 Satz 1, 28i Satz 5 SGB IV. Die Rentenversicherungsträger sind jedoch zuständig für die Prüfung bei den Arbeitgebern. Die Entscheidungskompetenz geht mit Eröffnung des Prüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV auf sie über (Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 80. Ergänzungslieferung 2013, SGB IV, § 28p Rdnr. 6, 12a).
47Dabei kann sich der Kläger nicht auf das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 25.4.2007 (a.a.O.) stützen, denn dieses betrifft eine andere Fallgestaltung. In dem dort zu entscheidenden Fall wurden allein der sozialversicherungsrechtliche Status und die Versicherungspflicht beurteilt. Eine Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages wurde nicht erhoben. Dementsprechend hatte bereits die Vorinstanz, das SG Lübeck in seinem Urteil vom 25.11.2005 (S 9 KR 600/03) beanstandet, dass es sich gerade nicht um eine Prüfung des Arbeitgebers gehandelt habe, obgleich § 28p SGB IV sich an diesen richte. Das LSG Schleswig-Holstein verwies darauf, dass Betriebsprüfungen sich grundsätzlich auf Stichproben beschränken können. Das beziehe sich jedoch nicht auf Fälle, in denen es allein um die originäre Überprüfung der Versicherungspflicht gehe.
48Der Senat hat angesichts der Gleichwertigkeit der Verfahren nach §§ 7a, 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 SGB IV erhebliche Bedenken, sich dieser Rechtsprechung anzuschließen. Letztlich kann diese Frage jedoch im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn jedenfalls hat die Beklagte sich gerade nicht allein auf die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) konzentriert sondern den für die Beschäftigung fälligen Beitrag zur Sozialversicherung erhoben.
49Soweit der Kläger einwendet, dass das Betriebsprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden sei, geht er gleichfalls fehl. § 28p Abs. 1 Satz 3 SGB IV erlaubt auch außerhalb der turnusmäßigen Betriebsprüfungen sog. Ad-hoc-Prüfungen, soweit eine alsbaldige Prüfung beim Arbeitgeber erforderlich ist. Nach Ziff. 1.1.2 des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände vom 30.10.2003 kommen solche Prüfungen "in erster Linie" u.a. bei Hinweisen der Arbeitsämter, Behörden der Zollverwaltung, Kriminalpolizei, StA oder des Versicherten in Betracht. Schon seinem Wortlaut nach ist dieser Katalog indessen nicht abschließend, so dass auch Hinweise anderer Stellen - z.B. wie vorliegend der Finanzbehörden nach § 31a Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) - eine solche Prüfung auslösen (Schafhausen in: Plagemann, Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 11 Rdnr. 10).
50Über die Einleitung der Betriebsprüfung ist der Kläger auch rechtzeitig informiert worden. § 7 Abs. 1 Satz 1 BVV bestimmt, dass die Rentenversicherungsträger anstehende Betriebsprüfungen grundsätzlich dem Arbeitgeber gegenüber mindestens 14 Tage vorher anmelden sollen. Eine solche Ankündigung ist hier durch das Schreiben der Beklagten vom 6.10.2008 erfolgt. Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, dass die Beklagte nicht ausdrücklich auf die erneute Einleitung eines Betriebsprüfungsverfahrens hingewiesen habe. Es reicht vielmehr aus, dass sie sich nach förmlichen Abschluss des vorangegangen Betriebsprüfungsverfahren durch Bescheid vom 9.4.2008 mit diesem Schreiben erneut an ihn wandte. Denn diesem konnte der Kläger nicht nur die ihm bekannte Betriebsnummer entnehmen, unter der die Beklagte ihn führt, sondern auch, dass sich erneut der Prüfdienst an ihn wandte. Es wurde ferner ausdrücklich auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und § 28p SGB IV Bezug genommen. Vom Empfängerhorizont des Klägers ausgehend, bei dem es sich um einen Fachanwalt für Steuerrecht handelt, war daher die Einleitung einer Ad-hoc-Prüfung erkennbar. Dementsprechend hat er in seiner Stellungnahme vom 5.11.2008 auch nicht die Beweggründe der Beklagten erfragt.
51Lediglich ergänzend weist der Senat auf § 42 SGB X hin, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
52Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
53Soweit der Kläger vorträgt, es sei eine Bindungswirkung (§ 77 SGG) durch den vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheid vom 9.4.2008 dahingehend eingetreten, dass die Behandlung der Beigeladenen zu 1) als selbständig nicht mehr beanstandet werden dürfe, ist dem nicht zu folgen.
54Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil v. 20.6.1984, 7 RAr 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.; Urteil v. 28.6.1990, 7 RAr 22/90, SozR 3-4100 § 137 Nr. 1, BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, a.a.O.). Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass der Kläger im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), lässt sich ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) nicht entnehmen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem fraglichen Bescheid die Beklagte auf den stichprobenartigen Charakter der Betriebsprüfung hingewiesen und eine Prüfung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) unzweifelhaft gerade nicht vorgenommen hat. Davon konnte der Kläger auch nicht ausgehen, da er trotz entsprechender Möglichkeit im Fragebogen auch selbstständige Personen anzugeben, davon keinen Gebrauch gemacht hat.
55Eine dahingehende Bindungswirkung folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 250). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., juris).
56Der angefochtene Bescheid erweist sich auch im Übrigen als rechtmäßig.
57Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind [§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)]. Das gilt nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorliegt, die nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 SGB V und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zur grundsätzlichen Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung führt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt. In diesem Fall besteht lediglich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).
58Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitgeber der Beigeladenen zu 1) und als solcher zur Abführung dieser pauschalen Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R, SozR 4-2400 § 28e Nr. 4). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
59Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
60Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
61Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zunächst zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum bei dem Kläger abhängig beschäftigt gewesen ist. Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.
62Basis der Prüfung sind die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Dabei ist die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses tätig geworden. Rechtlicher Ausgangspunkt für dieses ist die Vereinbarung vom 18.10.1999. Dieser ging ein Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung voraus, welche zunächst bis zum 31.3.1999 nicht der Versicherungspflicht und ab dem 1.4.1999 der Erhebung von Pauschalbeiträgen des Arbeitgebers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung unterlag. Sodann schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) die o.g. neue Vereinbarung. Entgegen den sich aus dieser ergebenden Anhaltspunkten dafür, dass eine selbstständige Tätigkeit dem Willen der Vertragsparteien entsprach, nämlich Reinigung auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis, freie Zeiteinteilung, freie Gestaltung der Art der Tätigkeit, Werklohn, kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Urlaub, sprechen in erheblichem Maße nicht nur Gesichtspunkte der vertraglichen (Vorgabe der Reinigungszeiten außerhalb der geschäftsüblichen Bürozeiten, Vorgabe von wöchentlichen Reinigungsintervallen, etc.), sondern insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit für eine abhängige Beschäftigung.
63Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist die Beigeladene zu 1) tatsächlich in einem fremden Betrieb, nämlich in dem des Klägers, tätig geworden. Während der Tätigkeit war sie vollständig in dessen Betrieb und folglich in eine ihr einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung, also der betriebliche Rahmen, vom Auftraggeber gestellt wird oder auf seine Rechnung organisiert werden kann (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 113f.). Das ist hier der Fall. Denn die Beigeladene zu 1) ist zur Ausführung ausschließlich in den Betriebsräumen und mit den dortigen Betriebsmitteln tätig geworden. Der Kläger hat ihr nicht nur das Reinigungsobjekt, sondern auch die Reinigungsutensilien zur Verfügung gestellt. Sie hat sich lediglich anteilig und nachträglich an den Reinigungsmitteln beteiligt.
64Soweit geltend gemacht wird, dass die Leistung zwingend in den klägerischen Räumlichkeiten zu erbringen gewesen ist, ist dies nicht maßgeblich. Eine tatsächliche bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurück, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urteil v. 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, juris; Senat, Beschluss v. 18.2.2010, L 8 R 13/09 R ER).
65Die Beigeladene zu 1) unterlag daran anknüpfend einem Weisungsrecht des Klägers bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, denn allein ihm oblag die abstrakte Rechtsmacht.
66Nach dem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag war die Beigeladene zu 1) verpflichtet, in wöchentlichen Intervallen Reinigungsarbeiten in den Kanzleiräumen durchzuführen. Sie hatte in zeitlicher Hinsicht zudem die geschäftsüblichen Bürozeiten zu beachten. Dementsprechend ist sie daher zumeist Mittwochsnachmittags oder am Wochenende tätig geworden. Die Reinigung dauerte zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden.
67Wenn der Kläger ausführt, dass aus der veränderten vertraglichen Gestaltung eine erhebliche zeitliche Flexibilität der Beigeladenen zu 1) erwachsen sei, so ist dies für den Senat nicht erkennbar. Bereits im vorangegangenen Arbeitsverhältnis ist die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags für den Kläger tätig geworden. Doch selbst wenn eine gewisse Freiheit in zeitlicher Hinsicht anzunehmen ist, entspricht dies einer solchen, die auch bei Teilzeitbeschäftigungen zu finden ist. Bei ihnen wie auch in anderen abhängigen Beschäftigungen sind häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsystem etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um zum Beispiel zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiver einzusetzen (Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris).
68Der Ort der Tätigkeit ergab sich grundsätzlich aus der Tätigkeit selbst. Ihre Art und Weise wurde durch den Kläger dahingehend definiert, dass ein ansprechendes Reinigungsergebnis erzielt werden sollte. Zudem waren grundsätzlich die Räumlichkeiten zu reinigen, zu denen Mandanten Zutritt bzw. Einblick hatten. Hinsichtlich der Räumlichkeiten, in denen kein Mandantenverkehr zu erwarten war, war die Beigeladene zu 1) in der Arbeitseinteilung freier.
69Die Einwendung des Klägers, dass er keine einzelnen Anweisungen zur Reinigungstechnik oder Reinigungsorten gegeben habe, steht dem nicht entgegen. Zunächst ist es unerheblich, ob der Kläger von seinem Weisungsrecht in der täglichen Arbeitsroutine tatsächlich Gebrauch gemacht bzw. die Beigeladene zu 1) ihren Zuständigkeitsbereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat. Denn der Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris; Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12). Darüber hinaus arbeitete die Beigeladene zu 1) bereits seit dem Jahr 1993 für den Kläger. Sie führte, bis auf die Änderung des Reinigungsobjektes, seit dieser Zeit die gleiche Tätigkeit aus. Die fortdauernde Notwendigkeit von ständigen Weisungen hinsichtlich der Art der Tätigkeit ist aufgrund der sich einstellenden täglichen Arbeitsroutine bei gleichbleibendem Aufgabenbereich nicht ersichtlich.
70Bestehen danach an der Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in den fremden Betrieb und an einem Weisungsrecht ihr gegenüber keine Zweifel, ist es unerheblich, ob die Vertragsparteien keine abhängige Beschäftigung vereinbaren wollten. Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt nicht der Dispositionsfreiheit der beteiligten Personen, sondern ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu herausgearbeiteten Beurteilungskriterien (Senat, Beschluss v. 14.10.2013, L 8 R 230/13 B ER).
71Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich.
72Im Hinblick auf die vorliegend maßgeblich zu beurteilende Tätigkeit verfügte die Beigeladene zu 1) über keine eigene Betriebsstätte. Das Gewerbe hat sie erst nachträglich zu einem Zeitpunkt angemeldet, zu der die Tätigkeit bei dem Kläger bereits beendet gewesen ist. Zudem erfolgte durch die Beigeladene zu 1) keine eigene Rechnungslegung. Vielmehr erstellte der Kläger die Jahresabrechnungen, die sie auch zur Angabe ihrer Einkünfte beim zuständigen Finanzamt nutzte.
73Für sie bestand in ihrer Tätigkeit für den Kläger auch kein maßgeblich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O., BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.).
74Ein Vergütungsrisiko ist mit Ausnahme des auch von einem abhängig Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers nicht ersichtlich. Die Beigeladene zu 1) wurde erfolgsunabhängig mit einem monatlichem "Abschlag" für die wöchentlichen Reinigungen honoriert. Eine Möglichkeit zur unternehmerischen Preisgestaltung ist nicht ersichtlich. Als Aufwendungen hat sie dem Kläger nur anteilig die gestellten Reinigungsmittel rückvergütet. Aus den Abrechnungen ergeben sich lediglich jährliche Beträge zwischen 30,00 EUR und 35,00 EUR. Daraus kann weder ein maßgeblicher Kapitaleinsatz ersehen werden, noch können daraus unternehmerische Chancen erwachsen. Eigenes Kapital wurde darüber hinaus weder in Form von Investitionen in Werbung und Fortbildung in Bezug auf die konkret übernommene Tätigkeit noch in Form von zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln eingesetzt.
75Das weitere Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
76Ferner wendet der Kläger ein, dass die Beigeladene zu 1) eine dritte Person hätte stellen können, die die Arbeiten erledigt. Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal (also nicht höchstpersönlich) erledigen lassen zu können, ist grundsätzlich ein Anhaltspunkt für eine selbstständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von Personal sind unabhängig von der Auftragslage, laufende Ausgaben und wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und damit letztendlich ein Unternehmerrisiko darstellen. Davon zu unterscheiden ist die bloß formale vertragliche Berechtigung, die Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Derartige formale Berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum Tragen kommen, nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, sondern allenfalls als Ausdruck des Wunsches, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Vorliegend hat die Beigeladene zu 1) mehrfach erklärt, dass sie sich zu keiner Zeit habe vertreten lassen. Ist sie einmal verhindert bzw. urlaubsbedingt abwesend gewesen, hat sie die Arbeiten nach Rückkehr persönlich nachgeholt. Zwar meinte sich der Kläger zu erinnern, dass der Ehemann der Beigeladenen zu 1) diese einmal vertreten habe. Dies konnte er jedoch zum einen selbst nicht mit Sicherheit bekunden und zum anderen stehen dem die wiederholten gegenteiligen Äußerungen der Beigeladenen zu 1) entgegen.
77Zudem ist der Vortrag des Klägers, es sei ihm letztlich gleich gewesen, welche (ihm ggf. unbekannten) dritten Personen die Reinigung seiner Kanzlei vornähmen, mit Blick auf seine in § 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) und § 203 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) geregelte Verschwiegenheitspflicht kaum nachvollziehbar. Danach hat der Kläger als Rechtsanwalt u.a. dafür zu sorgen, dass Unbefugte keinen Einblick in Mandantenunterlagen und Mandanten betreffende Unterlagen erhalten. Die Beigeladene zu 1) wurde daher zunächst im Arbeitsvertrag ausdrücklich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Später fehlte es an einer schriftlichen Regelung. Jedoch erwartete der Kläger nach eigenem Vortrag, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Dem Senat ist vor dem Hintergrund der langjährigen Zusammenarbeit weder ersichtlich noch wurde dies vorgetragen, dass die Beigeladene zu 1) an dieser Verpflichtung ihrerseits jemals zweifelte. Dass der Kläger allerdings nur im Vertrauen auf die Menschenkenntnis der Beigeladenen zu 1) tatsächlich unbekannten Dritte, gegebenenfalls noch mit entsprechenden Schlüsseln ausgestattet, den alleinigen Zutritt zu den Kanzleiräumen gewährt hätte, erscheint lebensfremd.
78Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
79Die Höhe der Nachforderung ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich aus § 249b Absatz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sowie aus § 7 Abs. 2 AAG. Das zugrunde gelegte Arbeitsentgelt hat die Beklagte zutreffend berechnet. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beklagte hat zu Recht für die Jahre 2004 und 2005 Entgelte in Höhe von 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 in Höhe von 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 1.560,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 1.248,00 EUR ihrer Berechnung zugrunde gelegt.
80Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ist auch nicht durch die weitere, in den Jahren 2007 und 2008 ausgeübte Tätigkeit durch Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig geworden. Nach § 8 Abs. 2 SGB IV sind bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 SGB IV mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 oder Nr. 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nr. 1 und nicht geringfügige Beschäftigung zusammenzurechnen. Die Entgelte für beide Tätigkeiten beliefen sich im Jahr 2007 auf insgesamt 2.380,00 EUR und im Jahr 2008 auf 3.708,00 EUR und lagen damit unter der jährlichen Grenze von 4.500,00 EUR.
81Die Nachforderung ist zudem nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wurden bis zum 31.12.2005 Beiträge spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Ab dem 1.1.2006 werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig, § 23 Abs. 1 SGB IV. Vorliegend greift die vierjährige Verjährungsfrist ein. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt ist. Da eine Prüfung auch mit der Aufforderung beginnen kann, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X), ist bereits die Verjährung der ersten Beiträge für das Jahr 2004, die bis zum 31.12.2008 lief, mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 6.10.2008 gehemmt worden.
82Die erhobenen Säumniszuschläge sind gleichfalls nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Eine dahingehende Glaubhaftmachung ist dem Kläger hier nicht gelungen.
83Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV erst bei (zumindest bedingtem) Vorsatz (so der 12. Senat BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13) oder schon bei Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (so der 13. Senat des BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5; aus der Literatur Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr. 60 m.w.N.) vorliegt. Denn der Kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er seine Beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat.
84Vorsätzlich in diesem Sinne handelt bereits, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt. Dazu muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Zwar sind allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann auf bedingten Vorsatz schließen lassen (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.).
85Nach diesen Maßstäben spricht im vorliegenden Fall alles dafür, dass der Kläger seine Beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der Kläger, der Fachanwalt für Steuerrecht ist und schon aus diesem Grund berufsbedingt mit der Abgrenzung von nichtselbständiger und selbständiger Arbeit vertraut ist, hat trotz Vorliegens zahlreicher für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien keinerlei Anstrengungen unternommen, den Status der Beigeladenen zu 1) klären zu lassen. Dass er dies in der Überzeugung unterlassen hat, die Beigeladene zu 1) sei nunmehr selbständig für ihn tätig und es bestehe nicht einmal die Möglichkeit, dass sie auch weiterhin abhängig beschäftigt sei, ist in keiner Weise glaubhaft. Das gilt umso mehr, als nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV in der vom 1.4.1999 bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte v. 19.12.1998 (BGBl I 1998, S. 3843) eine Beschäftigung bei Personen vermutet wurde, die zwei der folgenden vier Kriterien erfüllten: Sie beschäftigten im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Nr. 1). Sie wurden regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig (Nr. 2). Sie erbrachten für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen (Nr. 3). Sie traten nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auf (Nr. 4). In der Person der Beigeladenen zu 1) waren seinerzeit alle vier genannten Merkmale erfüllt, unzweifelhaft jedoch die Kriterien nach Nr. 1, 2 und 4.
86Dieser Beurteilung kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass das SG im Eilverfahren zu seinen Gunsten entschieden und seine rechtliche Beurteilung geteilt habe. Denn er hat diese Beurteilung maßgeblich aufgrund falscher Angaben mit herbeigeführt, indem er - zumindest "ins Blaue hinein" - vorgetragen hat, die Beigeladene zu 1) habe sich bei ihrer Tätigkeit für ihn regelmäßig vertreten zu lassen. Zudem ist das SG seinerzeit aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung noch - wie sich später herausstellte, unzutreffend - davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1) im Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer (vermeintlich) selbständigen Tätigkeit für den Kläger ein Gewerbe angemeldet hatte, obwohl dies erst Jahre später rückwirkend geschehen ist.
87Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
88Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
89Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.