Landgericht Düsseldorf Urteil, 03. Nov. 2015 - 4a O 144/14
Gericht
Tenor
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Kommunikationsvorrichtungen eines Mobilfunksystems, umfassend Mittel zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung, wobei die Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweist, die zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung gehören, umfassend Mittel zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen, und Mittel zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen, wobei die zweite Kategorie von Diensten sich von der ersten Kategorie von Diensten unterscheidet und wobei die zweite Ablaufzeit sich von der ersten Ablaufzeit unterscheidet,
in der Bundesrepublik Deutschland
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.09.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben, wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Vernichtung selber vorzunehmen;
5. die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 12.09.2007 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A in X durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 12.10.2007 bis zum 30.05.2011, der B in X DE C USA durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 31.05.2011 bis zum 10.05.2012 und der Klägerin durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. seit dem 11.05.2012 entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Urteilsformel zu I.1., I.4. und I.5. (Verurteilung zur Unterlassung, Vernichtung und Rückruf) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 EUR, hinsichtlich der Urteilsformel zu I.2 und I.3. (Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR und hinsichtlich der Urteilsformel zu III. (Kostenentscheidung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
V. Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.
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4a O 144/14 |
verkündet am 3. November 2015 C. , Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
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LANDGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL |
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In dem Rechtsstreit
3hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. D. , den Richter am Landgericht Dr. C1 und den Richter am Landgericht I.
4für Recht erkannt:
5I. Die Beklagten werden verurteilt,
61. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
7Kommunikationsvorrichtungen eines Mobilfunksystems, umfassend Mittel zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung, wobei die Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweist, die zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung gehören, umfassend Mittel zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen, und Mittel zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen, wobei die zweite Kategorie von Diensten sich von der ersten Kategorie von Diensten unterscheidet und wobei die zweite Ablaufzeit sich von der ersten Ablaufzeit unterscheidet,
8in der Bundesrepublik Deutschland
9anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
102. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.09.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
11a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
12b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
13c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
14wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
153. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
16a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
17b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
18c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
19d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
20wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
214. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben, wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Vernichtung selber vorzunehmen;
225. die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 12.09.2007 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
23II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A in X durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 12.10.2007 bis zum 30.05.2011, der B in X DE C USA durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 31.05.2011 bis zum 10.05.2012 und der Klägerin durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. seit dem 11.05.2012 entstanden ist und noch entstehen wird.
24III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen.
25IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Urteilsformel zu I.1., I.4. und I.5. (Verurteilung zur Unterlassung, Vernichtung und Rückruf) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 EUR, hinsichtlich der Urteilsformel zu I.2 und I.3. (Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR und hinsichtlich der Urteilsformel zu III. (Kostenentscheidung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
26V. Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.
27Tatbestand
28Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen angeblicher Verletzung des europäischen Patents EP D (Anlage B-15, in deutscher Übersetzung unter dem Registerzeichen DE E Anlage B-16; im Folgenden: Klagepatent) in Anspruch, dessen Inhaberin zu sein, die Klägerin behauptet.
29Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme zweier finnischer Prioritäten vom 24.02.2000 (FI 20000O) und vom 24.03.2000 (FI 20000701) am 23.02.2001 international angemeldet und am 30.08.2001 als internationale Anmeldung sowie am 11.12.2002 als europäische Anmeldung veröffentlicht. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 12.09.2007 veröffentlicht. Im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) ist die Klägerin für die Zeit seit dem 01.10.2012 als Inhaberin eingetragen als Rechtsnachfolgerin des B. Zuvor war zum 15.02.2012 ein Übergang des Klagepatents von der Anmelderin A. auf den 2011 B(vormals: A 2011 Patent Trust) eingetragen worden, zum 11.05.2012 ein Übergang auf die F. und zum 06.09.2012 ein Übergang zurück auf den 2011 B.
30Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Optimierung des Wiederaufbaus von Verbindungen in einem zellulären Funksystem mit Echt- und Nicht-Echtzeitkommunikation. Auf einen Einspruch der G vom 12.06.2008 erhielt das Europäische Patentamt – nachdem der Einspruch bereits zurückgenommen war – das Klagepatent durch Entscheidung vom 02.02.2012 (Anlage B-18a, in deutscher Übersetzung als Anlage B-18b) in eingeschränkter Fassung aufrecht. Eine geänderte Patentschrift wurde am 29.02.2012 veröffentlicht. Mit Schriftsatz vom 19.02.2015 (Anlage G6) griffen die Beklagten das Klagepatent durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage an (Az. des BPatG 6 Ni 6/15 (EP), über welche noch nicht entschieden ist.
31Anspruch 17 des Klagepatents lautet:
32„Kommunikationsvorrichtung eines Mobilfunksystems, umfassend Mittel (514, 605) zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung, wobei die Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweist, die zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung gehören, dadurch gekennzeichnet, dass sie umfasst:
33- Mittel (511, 515, 605) zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen, und
34- Mittel (511, 515, 605) zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit für eine Zeltspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen, wobei die zweite Kategorie von Diensten sich von der ersten Kategorie von Diensten unterscheidet und wobei die zweite Ablaufzeit sich von der ersten Ablaufzelt unterscheidet.“
35Die nachstehend wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und illustrieren dessen technische Lehre anhand der schematischen Darstellung von Ausführungsformen:
3637 38 39
Die Figuren 2a und 2b sind jeweils schematische Darstellungen klagepatentgemäßer Kommunikationssituationen in verschiedenen Ausführungsformen. Die Figur 3 zeigt ein klagepatentgemäßes Verfahren in der Darstellung als Flussdiagramm, die Figur 4 zeigt ein klagepatentgemäßes Verfahren als Zustandsdiagramm.
40Die Beklagten bieten in Deutschland Mobiltelefone mit den Bezeichnungen XX an (im Folgenden insgesamt als angegriffene Ausführungsformen bezeichnet). Die Beklagte zu 2) hat die angegriffenen Ausführungsformen zumindest auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin im September 2014 angeboten.
41Die angegriffenen Ausführungsformen unterstützen UMTS („Universal Mobile Telecommunications System“) und entsprechen dem technischen Standard 3GPP TS 25.331 (auszugsweise vorgelegt als Anlagen AR B-21 und AR B-22) betreffend unter anderem das Radio Resource Control Protokoll zur Verbindung zwischen dem Benutzer-Endgerät (UE für englisch User Equipment) und dem UMTS Terrestrial Radio Access Network UTRAN, also dem Funkzugangsnetzwerk für UMTS (im Folgenden: Standard). Die Chipsätze in den angegriffenen Ausführungsformen stammen teilweise von dem Unternehmen G.
42Die Klägerin gab am 10.04.2013 gegenüber dem European Telecommunication Standard Institute (im Folgenden: ETSI) eine Verpflichtungserklärung ab, wonach sie bereit ist, u.a. das Klagepatent zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen zu lizenzieren (im Folgenden: FRAND bzw. FRAND-Bedingungen). Auf die in Anlage AR3 vorliegende Erklärung der Klägerin wird Bezug genommen. Bei ETSI handelt es sich um eine Standardisierungsorganisation, die unter anderem die Standardisierung von UMTS verantwortet.
43Die Klägerin betreibt ein „H Wireless Patent Programm“, das die Lizenzierung eines Patentportfolios im „Wireless“-Bereich vorsieht, wobei eine Lizenz an 47 Patentfamilien mit mehr als 480 Patenten angeboten wird, worin nach Angaben der Klägerin 33 Patentfamilien mit insgesamt mehr als 350 Patenten essentiell für verschiedene Kommunikationsstandards sein sollen (GSM, GPRS, UMTS und LTE).
44Die Klägerin informierte die Muttergesellschaften der Beklagten ( I und J mit Schreiben vom 20.12.2012, 22.08.2013 und 11.11.2013 über ihr „H Wireless Patent Programm“. Am 17.02.2014 kam es zu Gesprächen zwischen Vertretern der Klägerin und der Muttergesellschaften der Beklagten, die letztlich ohne Ergebnis blieben. Am 29.08.2014 machte die Klägerin ein weiteres Lizenzierungsangebot (Anlage AR B-39), was die J am 01.09.2014 ohne Gegenvorschlag ablehnte. Unter dem 05.12.2014 bot die Klägerin ferner eine Zwischenvereinbarung an (Anlage AR B-40). Der Konzern, dem die Beklagten angehören, ist Lizenznehmer verschiedener Lizenzpools der Klägerin, welche sich auf andere Technologien beziehen.
45Die Beklagte zu 1) machte der Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2014 ein Lizenzangebot (Anlage G4) für das Klagepatent für Deutschland und alle europäischen Staaten, in denen die nationalen Parallelschutzrechte des Klagepatentes in Kraft sind (vgl. Anlagen G3/G19). Dieses lehnte die Klägerin mit Verweis insbesondere auf Lizenzverhandlungen mit der Konzernmutter der Beklagten zu 1) ab (vgl. Anlage G5). Mit Schreiben vom 12.08.2015 machten beide Beklagten der Klägerin ein weiteres Lizenzangebot, das als Anlage G19 zur Akte gereicht wurde. Dieses wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 24.08.2015 (Anlage G21) abgelehnt. In dem Schriftsatz vom 22.09.2015 unterbreiteten die Beklagten ein weiteres Lizenzangebot. Dieses lehnte die Klägerin ebenfalls ab. Die Beklagten überreichten in der mündlichen Verhandlung am 29.09.2015 eine (Original-) Bürgschaft über EUR 5.000,00 (für das hiesige Verfahren und das Parallelverfahren 4a O 93/14) und Unterlagen mit Zahlen zu den Umsätzen mit angegriffenen Ausführungsformen.
46Die Klägerin meint, die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus Verletzungshandlungen, welche sich auf das gesamte Bundesgebiet und damit auch auf den Bezirk des Landgerichts Düsseldorf bezögen.
47Die Klägerin behauptet, allein verfügungsberechtigte Inhaberin des Klagepatents sowie zur Geltendmachung der klageweise erhobenen Ansprüche aus dem Klagepatent berechtigt zu sein. Die ursprüngliche Anmelderin, K, habe das Klagepatent einschließlich aller bereits aus dem Klagepatent entstandenen Ansprüche am 31.05.2011 auf den 2011 G (vormals A 2011 Patent Trust) durch schriftliche Vereinbarung (Anlage AR 2a) übertragen; dieser wiederum habe das Klagepatent einschließlich aller aus dem Klagepatent entstandenen Ansprüche am 11.05.2012 auf die Klägerin ebenfalls durch schriftliche Vereinbarung (Anlage AR 2d) übertragen. Eine Eintragung der F. als Inhaberin am 11.05.2012 sei versehentlich geschehen, weswegen am 06.09.2012 auch wieder der G als Inhaber eingetragen worden sei.
48Die Klägerin ist der Auffassung, die technische Lehre des Klagepatents werde bei Einhaltung des Standards verwirklicht. Die Einhaltung dieses Standards setze erstens die Herstellung einer Funkverbindung mit mehreren aktiven Funkträgern voraus. Dies ergebe sich einerseits daraus, dass der Standard an mehreren Stellen die Funkträger (englisch: radio bearers) im Plural erwähnt, nämlich bei der Definition der Aufgaben der Funkressourcensteuerung (englisch: Radio Resource Control, RRC; Abschnitt 5. des Standards, Seite 39 f. der Anlage AR B-24 und Seite 54 f. der Anlage AR B-26), im Rahmen der Darstellung der Funkzugangsträger (englisch: Radio Access Bearer; Abschnitt 6.3 des Standards, Seite 40 der Anlage AR B-24 und Seite 55 der Anlage AR B-26) sowie bei der Darstellung des Vorgehens zu Freigabe von Funkressourcen (englisch: radio resources control connection release, Abschnitte 8.1.4 und 8.1.12 des Standards, Seite 101 der Anlage AR B-24 sowie Seiten 132 und 151 der Anlage AR B-26). Andererseits folge die Nutzung mehrerer Funkträger im Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen aus dem Umstand, dass mit den angegriffenen Ausführungsformen gleichzeitig Telefonate geführt und Daten abgerufen werden könnten. Der gleichzeitige Dienst von Telefonie und Datenübertragung setze für jeden der beiden Dienste einen spezifischen und daher jeweils unterschiedlichen Funkträger voraus.
49Zweitens setze die Einhaltung des Standards zwei Mittel zum Bestimmen einer Ablaufzeit im klagepatentgemäßen Sinne voraus. Auch ein Zeitnehmer, der auf die Zeit null Sekunden eingestellt ist, sei ein Zeitnehmer im Sinne des Klagepatents. Überdies würden die Werte der einzelnen Zeitnehmer von demjenigen Netzwerk vorgegeben, mit dem das Endgerät verbunden ist, so dass das Endgerät in Erfüllung des Standards jedenfalls in der Lage sein müsse, alle vom Netzwerk vorgegebenen und dem Standard entsprechenden Werte für wenigstens zwei Zeitnehmer anzunehmen.
50Drittens und daraus folgend schreibe der Standard vor, dass sich die Ablaufzeiten der beiden Zeitnehmer gemäß dem Klagepatent unterscheiden müssten. Maßgeblich sei die Einrichtung des Endgeräts dazu, zwei unterschiedliche Zeitwerte für die beiden Zeitnehmer einzunehmen. Der Standard schreibe für diese Zeitwerte Standardwerte vor, nämlich für den ersten Zeitnehmer T314 einen Wert von 12 Sekunden und für den zweiten Zeitnehmer T315 einen Wert von 180 Sekunden. Diese Standardwerte würden von den Endgeräten immer dann eingenommen, wenn das Netzwerk – zunächst – keine Werte für die Zeitnehmer vorgebe.
51Die Klägerin bestreitet, dass sich die Beklagten auf eine angebliche Lizenz der Chipherstellerin G berufen könne. Eine Lizenznahme auch für China sei zur Vermeidung von Patentverletzungen daher erforderlich.
52Der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand der Beklagten greife nicht durch. Die Klägerin bestreitet das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung aufgrund des Klagepatents. Ungeachtet dessen verhalte sich die Klägerin auch nicht missbräuchlich; sie habe dem Konzern der Beklagten mehrfach eine Lizenz zu fairen, vernünftigen und nicht diskriminierenden Bedingungen angeboten. Der von der Klägerin übersandte Lizenzvertrag (Anlage AR B39) sei ein Standardlizenzvertrag und am Markt akzeptiert. Die Klägerin dürfe eine weltweite Konzern-Lizenz über das gesamte angebotene Patentportfolio verlangen. Es sei nicht akzeptabel, eine Lizenz nur am Klagepatent zu erteilen, wenn gleichzeitig klar sei, dass die Beklagten in China Patentrechte der Klägerin weiter verletzen. Eine Einzellizenzierung sei nicht praktikabel. Im Rahmen der Lizenz würden nicht standardessentielle Patente lizenzgebührenfrei mit angeboten. Die von der Klägerin geforderte Lizenzgebühr sei angemessen.
53Das Vorgehen der Klägerin stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Klägerin bestreitet, dass die frühere Anmelderin des Klagepatents (A) dieses gegenüber der Standardisierungsorganisation missbräuchlich und vorsätzlich verschwiegen habe. Ferner bestreitet sie, dass die Lehre des Klagepatents nicht Teil des Standards geworden wäre, wenn die Anmeldung des Klagepatents bei der Festlegung des Standards bekannt gewesen wäre.
54Die Klägerin beantragt,
55zu erkennen, wie geschehen.
56Die Beklagten beantragen,
57die Klage abzuweisen,
58hilfsweise: den Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden;
59weiter hilfsweise: den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichtes in dem anhängig gemachten Nichtigkeitsverfahren über den Rechtsbestand des deutschen Teils des Europäischen Patents EP D auszusetzen;
60weiter hilfsweise: den Beklagten vor einer Entscheidung über den Klageantrag zu I.1. innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu gestatten, der Klägerin ein neues Lizenzangebot zu unterbreiten.
61Die Beklagten wenden ein, das angerufene Gericht sei für die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage örtlich nicht zuständig, weil diese – unstreitig – ihren Sitz in der Republik Frankreich hat und im Bundesgebiet lediglich auf der IFA in Berlin in der Zeit vom 05. bis zum 10.09.2014 Mobilfunkgeräte ausgestellt hat.
62In der Sache bestreiten die Beklagten, dass die Klägerin zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Klagepatent – jedenfalls hinsichtlich des beantragten Zeitraums – berechtigt sei.
63Die Beklagten meinen, die technische Lehre des Klagepatents sei keine zwingende Voraussetzung für eine Erfüllung des technischen Standards. Der Standard lasse auch solche Kommunikationsvorrichtungen zu, in deren Betrieb nur ein einzelner aktiver Funkträger zur Funkverbindung gehöre. So sei es auch im Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Ferner könnten Kommunikationsvorrichtungen gemäß dem Standard auch in der Weise betrieben werden, dass die Wiederherstellungszeit auf null Sekunden festgesetzt werde, und so geschehe es in den deutschen Mobilfunknetzen auch, in denen das Netz diese Wiederherstellungszeit vorschreibe. Dann fehle es indes an jeglichem Mittel zum Bestimmen einer Ablaufzeit im Sinne des Klagepatents, weil eine Ablaufzeit von null Sekunden gar keine Ablaufzeit sei. Schließlich fehle es dann aber jedenfalls an einer Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre, weil es keine voneinander verschiedenen Ablaufzeiten gebe, sondern nur eine einzige Ablaufzeit von null Sekunden.
64Die Klägerin könne einen Unterlassungsanspruch aus dem Klagepatent gegen die Beklagten nicht durchsetzen. Dieses sei aus Sicht der Klägerin standardessentiell, so dass sie nur eine angemessene Lizenzgebühr fordern könne. Das von der Klägerin den Muttergesellschaften der Beklagten gemachte Lizenzangebot sei unangemessen. Der Rechtsbestand und die Bedeutung aller zu lizenzierenden Patente seien von der Klägerin nicht dargelegt, vielmehr sei dies nur in Bezug auf das hiesige Klagepatent und das im Parallelverfahren (Az. 4a O 93/14) geltend gemachte Patent erfolgt. Die von der Klägerin geforderte Stücklizenz von EUR 0,15 bis EUR 0,50 sei überhöht, da dies den FRAND-gemäßen Lizenzsatz von 0,012 % deutlich übersteige. Auch die von der Klägerin geforderte Pauschallizenzgebühr für die Vergangenheit sei überhöht.
65Darüber hinaus sei das Verhalten der Klägerin missbräuchlich, da sie versuche, Lizenzgebühren auch für solche Endgeräte der Beklagten zu erzielen, für die entweder bereits Erschöpfung eingetreten sei oder für die bereits Lizenzgebühren für das Klagepatent entrichtet wurden. A, die ursprüngliche Anmelderin des Klagepatents, habe G eine umfassende Lizenz erteilt, die auch das Klagepatent umfasse (vgl. Anlage G8). Diese Lizenz verpflichte auch die Klägerin als Erwerberin des Klagepatents (vgl. Anlage G9/9a). Die Klägerin habe zugestanden, dass die patentgemäße Funktion vom Chipsatz ausgeführt werde. Eine Lizenzierung des Chips führe daher zu einer Erschöpfung der Patentrechte an dem Gesamtgerät. Aufgrund der G-Lizenz sei insbesondere in China Erschöpfung eingetreten. In China sei somit keine Lizenzierung durch die Klägerin erforderlich. Es sei zudem unabhängig von der Frage der Erschöpfung missbräuchlich, wenn die Klägerin für die Nutzung des Klagepatents Lizenzgebühren auch hinsichtlich solcher angegriffener Ausführungsformen fordere, für die G bereits eine angemessene Gegenleistung erbracht habe. Für die Chipsätze anderer Hersteller bestehe eine Beweislastumkehr, so dass es der Klägerin obliege, darzustellen, dass diese nicht bereits lizenziert sind.
66Die Durchsetzung des Klagepatents sei zudem ein Fall unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB), da die Klägerin eine unredlich erworbene Rechtsposition geltend mache. Die Unredlichkeit folge aus der vorsätzlichen Täuschung über das Vorhandensein standardessentieller Rechte unter Verstoß gegen Europäisches Kartellrecht sowie die vertragliche Vereinbarung mit der ETSI durch die frühere Anmelderin des Klagepatents A. Diese müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. A habe das Klagepatent (bzw. dessen Anmeldung) im Rahmen des Standardisierungsprozesses bewusst verheimlicht. Bei einer Offenlegung wäre eine andere, patentfreie Technologie in Betracht gezogen worden und/oder ex ante günstigere Lizenzsätze verhandelt worden.
67Ferner erheben die Beklagten gegen die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs den Dolo-Agit-Einwand (§ 242 BGB), da der Klägerin ein schutzwürdiges Interesse insoweit fehle. Schließlich bestehe ein Ausbeutungsmissbrauch nach § 242 BGB, da die Klägerin keine Einzellizenz erteilen will. Sie biete vielmehr ein Patentportfolio an, von denen offensichtlich nicht alle Patente standardessentiell seien. Auch in geographischer Hinsicht versuche die Klägerin, potenziellen Lizenznehmern in kartellrechtlich unzulässiger Weise Lizenzen an Patenten aufzunötigen. Für andere nationale Teile seien deren Bestand und Standardessentialität oder die Inhaberschaft der Klägerin ungeklärt.
68Die Beklagten wenden Verjährung ein. Weil die Klägerin sich – unstreitig – seit dem Jahre 2012 um die Lizenzierung unter anderem auch des Klagepatents bemüht, hätte sie spätestens ab Ende 2012 Kenntnis von den angegriffenen Ausführungsformen haben müssen. Außerdem habe die Klägerin an der Erstellung des Standards mitgearbeitet und hätte damit schon ab der Erteilung des Klagepatents wissen müssen, dass alle vom Standard Gebrauch machenden Mobilfunkgeräte auch von der klagepatentgemäßen technischen Lehre Gebrauch machten.
69Hilfsweise machen die Beklagten geltend, ihnen müsse Vollstreckungsschutz gewährt werden, weil ihnen eine Vollstreckung zumal eines Unterlassungstenors einen nicht zu ersetzenden Nachteil bereiten würde. Kunden der Beklagten würden nämlich auf Wettbewerber ausweichen und die Beklagten wären nicht in der Lage, bereits eingegangene Lieferverträge zu erfüllen, was einen unumkehrbaren Image-Schaden verursachen würde. Verloren gegangene Marktanteile könnten die Beklagten auch dann nicht mehr zurückgewinnen, wenn ein Unterlassungstenor in der Rechtsmittelinstanz aufgehoben würde.
70Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2015 ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
71Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.
72A.
73Die Klage ist in vollem Umfang zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht auch für die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage örtlich zuständig, weil seine örtliche Zuständigkeit gemäß § 39 ZPO prorogiert ist, nachdem die Beklagten in den mündlichen Verhandlungen vom 27.11.2014 (Bl. 68 GA) und vom 29.09.2015 (Bl. 223 GA) jeweils zur Sache verhandelt haben, ohne die fehlende örtliche Zuständigkeit zu rügen.
74B.
75Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Art. 64 EPÜ, §§ 9, 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB im geltend gemachten Umfang zu. Die Klägerin ist aktivlegitimiert (hierzu unter I.) Die angegriffenen Ausführungsformen verletzen das Klagepatent wortsinngemäß (hierzu unter II. und III.). Der Klägerin ist es auch nicht verwehrt, ihre Ansprüche gegen die Beklagten durchzusetzen, da weder der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand noch die auf § 242 BGB gestützten Einwände der Beklagten durchgreifen (hierzu unter IV). Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist nicht geboten (hierzu unter VI).
76I.
77Die Klägerin ist sowohl prozessführungsbefugt als auch aktivlegitimiert.
78Sie ist als Inhaberin im Patentregister eingetragen, weswegen sie schon auf Grundlage von § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG prozessual berechtigt ist, Unterlassung zu verlangen, weil die Unterlassung nicht gegenüber dem Patentinhaber, sondern schlechthin geschuldet ist und die genannte Norm den eingetragenen Inhaber zur Geltendmachung der Rechte aus dem Patent prozessual berechtigt. Darüber hinaus ist die die Klägerin auf Grundlage der schriftlichen Vereinbarungen zwischen der A und dem B (Anlage AR 2a) und zwischen dem B und ihr (Anlage AR 2d) materiell berechtigt, Schadensersatzforderungen aus dem Klagepatent geltend zu machen, und zwar auch für diejenigen Zeiträume, in denen ihre Rechtsvorgängerinnen Inhaberinnen des Klagepatents waren.
79Für die Sachlegitimation ist allerdings die materielle Rechtslage maßgebend.
80Die Eintragung eines Inhabers im Patentregister gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG begründet zwar die Berechtigung des Inhabers, Ansprüche aus dem Patent prozessual geltend zu machen, sie hat aber keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage, wirkt also weder rechtsbegründend noch rechtsvernichtend (BGH, GRUR 2013, 713 Tz. 53 – Fräsverfahren). Wohl aber entwickelt die Eintragung eine doppelte Indizwirkung sowohl für die materielle Richtigkeit der eingetragenen Inhaberschaft als auch für die Richtigkeit des Übertragungszeitpunkts, wenn und soweit die Eintragung eines neuen Inhabers in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur behaupteten Übertragung des fraglichen Patents steht, so dass dann die Gegenseite gehalten ist, konkrete Umstände für die Unwirksamkeit eines behaupteten Rechtsübergangs darzulegen und notfalls zu beweisen, um die Aktivlegitimation des eingetragenen Inhabers wirksam in Abrede stellen zu können (BGH, GRUR a.a.O. Tz. 60 – Fräsverfahren).
81Vorliegend lässt sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den behaupteten Rechtsübergängen und den Eintragungen im Patentregister feststellen. Zwischen dem von der Klägerin vorgebrachten und durch Vorlage des „Patent Assignment Agreement“ (Anlage AR 2a; das Klagepatent ist auf Blatt 14 der angehängten Liste, vierte Zeile von unten, mit dem A Code X aufgeführt), abgeschlossen am 31.05.2011 zwischen A. und dem A Patent Trust (später: 2011 B, siehe Anlage AR 2b), belegten Zeitpunkt der Übertragung und der Eintragung der Übertragung am 15.02.2012 liegen etwa achteinhalb Monate. Dieser Zeitraum ist zwar länger, als für die Eintragung eines Inhaberwechsels im Regelfall notwendig. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die an der Übertragung beteiligten Parteien nicht in Deutschland ansässig sind und eine von ihnen sogar die Rechtsform eines Trust nach dem Recht des Staates Delaware hat, so dass ein größerer Zeitbedarf für die Bewirkung der Eintragung des vereinbarten Rechtsübergangs anzunehmen ist. Der hieraus entstehenden indiziellen Wirkung der Eintragung sind die Beklagten mit dem bloßen Bestreiten der wirksamen Übertragung nicht hinreichend entgegen getreten. Die Beklagten bestreiten weder die Wirksamkeit des „Patent Assignment Agreement“ noch die Vertretungsberechtigung der handelnden Personen. Ebenso wenig bringen die Beklagten irgendwelche Anhaltspunkte dafür vor, dass das Klagepatent statt an den B stattdessen an irgendeinen Dritten übergegangen sein könnte. Unerheblich ist der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe nicht denjenigen Teil der Vereinbarung vorgelegt, aus dem sich die wechselseitig vereinbarten Leistungen ergeben. Dies zu offenbaren oblag der Klägerin nicht, weil – jedenfalls ohne konkrete Anhaltspunkte – nicht ersichtlich ist, wie sich aus Art und Umfang der gegenseitigen Leistungen ein Beleg für eine Unwirksamkeit der Übertragung ergeben könnte.
82Ferner hat die Klägerin die Übertragung des Klagepatents vom 2011 B auf die Klägerin vorgebracht und unter Vorlage des „Assignment“ vom 10.04. / 11.05.2012 (Anlage AR 2d) belegt (Klagepatent auf Blatt 13 der Liste der übertragenen Rechte, vorletzte Zeile, mit dem „A Code 29997 aufgeführt). Diese Übertragung wurde am 01.10.2012, also gut fünfeinhalb Monate später, eingetragen. Ein solcher Zeitraum begründet nach dem Ausgeführten zumal unter Berücksichtigung der Beteiligung einer außerhalb der EU ansässigen Partei einen hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der vorgebrachten materiellen Übertragung und der Eintragung des Inhaberwechsels. Auch insoweit beschränken sich die Beklagten darauf, die Unwirksamkeit der Übertragung pauschal zu behaupten, so dass sie die Indizwirkung auch dieser Eintragung nicht erfolgreich zu entkräften vermögen. Dass das fragliche „Assignment“ als „Exhibit B“ gekennzeichnet und demnach offensichtlich Teil einer weiter reichenden Vereinbarung ist, ändert daran nichts, denn dass das „Assignment“ aus sich heraus vollständig und damit wirksam ist, stellen auch die Beklagten nicht in Abrede.
83Schließlich steht der Indizwirkung der Registerlage für die Inhaberschaft der Klägerin auch nicht entgegen, dass für den Zeitraum vom 11.05.2012 bis zum 06.09.012 die F. als Inhaberin des Klagepatents eingetragen war. Dem klägerischen Vorbringen, dass diese Eintragung irrtümlich geschah und deshalb alsbald, nämlich nach nicht einmal vier Monaten rückgängig gemacht wurde, sind die Beklagten nicht entgegen getreten, so dass als zugestanden festzustellen ist, dass es keinen materiellen Übergang des Klagepatents an die F. gab. Die bloße Eintragung begründete, anders als die Beklagten meinen, keinen Rechtserwerb.
84Schließlich ist die Klägerin auch berechtigt, diejenigen Schäden auf eigene Rechnung zu liquidieren, die aufgrund von solchen Verletzungshandlungen entstanden sind, welche zum Zeitpunkt der Inhaberschaft der Vorinhaberinnen begangen wurden. Sowohl das „Patent Assignment Agreement“ vom 31.05.2011 (Anlage AR 2a) als auch das „Assignment“ vom 10.04. / 11.05.2012 enthalten jeweils Klauseln, nach denen neben dem Patent an sich auch alle Ansprüche aus Verletzungen des Patents in der Vergangenheit übergehen (jeweils mit dem Wortlaut: „all rights to pursue damages […] for past, present and future infringement of the Patent Rights“). Dass diese Vereinbarungen unwirksam sein könnten, bringen die Beklagten nicht vor.
85II.
86Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Optimierung des Wiederaufbaus von Verbindungen in einem zellulären Funksystem mit Echt- und Nicht-Echtzeitkommunikation.
87Wie das Klagepatent in seinen einleitenden Bemerkungen ausführt, bestehen mobile Kommunikationsnetze im Wesentlichen aus einem Funkzugangsnetz und einem Kernnetz. Es ist ein vorbekanntes technisches Ziel, zumal bei der Formulierung technischer Standards wie beispielsweise 3GPP, ein Funkzugangsnetz mit verschiedenen Typen von Kernnetzen zu verbinden und umgekehrt. Für die Spezifikation 3GPP ist beispielsweise bekannt, ein Funkzugangsnetz gemäß WCDMA UTRAN mit einem Kernnetz gemäß GSM und IS-41/ANSI-41 zu verbinden. Die Spezifikationen zellulärer Funksysteme der zweiten und dritten Generation unterstützen üblicher Weise Echtzeitdienste (RT für englisch „real time“) ebenso wie Nicht-Echtzeitdienste (NRT für englisch „non real time“), wobei die Echtzeitdienste für zeitkritische Anwendungen wie Sprache oder Echtzeit-Video verwendet werden, Nicht-Echtzeitdienste hingen für die Übertragung von Daten wie E-Mails oder heruntergeladene Dateien. Ein Merkmal der Echtzeitdienste besteht darin, dass ein Benutzer Verzögerungen und Unterbrechungen im Funkträgerweise sofort wahrnehmen kann.
88Tatsächlich geschieht der Verlust der Funkverbindung zwischen Benutzerendgerät und bedienender Basisstation in zellulären Funksystemen oft. Dafür gibt es bestimmte Anordnungen für das schnelle Wiederherstellen der Verbindungen, so dass der Vorfall für den Benutzer unbemerkt bleibt oder mit so wenigen Unannehmlichkeiten wie möglich einhergeht. Derlei Anordnungen sind für Verbindungen vom Typ RRC (für englisch Radio Resource Control) in den Spezifikationen des 3GPP-Standards TS25.331, TS25.302, TS25.321 und TS25.322 des ETSI bekannt. Aus diesem Stand der Technik ist es bekannt, dass ein mobiles Endgerät bei einem Verlust der Funkverbindung im sogenannten CELL_DCH-Zustand (Dedicated Channel) in den sogenannten CELL_FACH (Forward Access Channel) übergeht, um eine neue Zellenauswahl auszuführen und eine Wiederherstellung der Verbindung anzufordern. Dabei startet beim Verlust der Verbindung ein als T314 oder „Wiederherstellungszeitnehmer“ bezeichneter Zeitnehmer, sobald das mobile Endgerät den Verlust der Verbindung erkannt hat. Sofern das mobile Endgerät feststellt, dass es sich in einem Dienstgebiet befindet, in dem eine Wiederherstellung möglich ist, stoppt es den Zeitnehmer und sendet die Nachricht „RRC CONNECTION RE_ESTABLISHMENT REQUEST“ auf einer Aufwärtsverbindung oder einem gemeinsamen Steuerkanal. Wenn allerdings der Zeitnehmer abläuft, bevor das mobile Endgerät seine Position in einem Dienstgebiet detektiert, in dem eine Wiederherstellung der Funkverbindung möglich ist, so tritt das Endgerät in einen RRC-Ruhezustand ein, in dem eine aktive Kommunikation mit den Basisstationen nicht mehr möglich ist. Der Wert des Zeitnehmers kann dabei zwischen 0 und 4095 liegen und wird durch den RNC (Radio Network Controller) festgelegt, indem er an das mobile Endgerät in einer Steuernachricht wie beispielsweise dem RRC-Verbindungaufbau, dem Funkträgeraufbau, der Funkträgerfreigabe, der Funkträgerrekonfiguration, der Transportkanalrekonfiguration oder der Rekonfiguration des physikalischen Kanals oder der RRC-Verbindungswiederherstellungsnachrichten den jeweiligen Wert sendet. Der Zeitnehmer-Wert kann somit für das Endgerät spezifisch sein und sogar während der Verbindung in Abhängigkeit von der jeweils aktuellen Dienstkonfiguration geändert werden. Das Klagepatent erwähnt zudem die WO L als Offenbarung eines ähnlichen Verbindungswiederherstellungsverfahrens.
89An dieser Vorgehensweise kritisiert es das Klagepatent als nachteilig, dass sie in Bezug auf verschiedene Typen von Diensten, namentlich im Hinblick auf Echtzeitdienste einerseits und Nicht-Echtzeitdienste andererseits unflexibel ist. Eine Echtzeitverbindung toleriert keine langen Verzögerungen oder Unterbrechungen, so dass ein relativ kleiner Wert von wenigen Sekunden für den Zeitnehmer T314 gewählt oder die Wiederherstellungsmöglichkeit für eine solche Verbindung sogar ausgeschaltet werden muss, also beim Verlust der Funkverbindung den Funkträger sofort freizugeben. Weil Nicht-Echtzeitverbindungen im Gegensatz hierzu viel toleranter sind, können auch Verzögerungen von bis zu zehn Minuten geduldet werden. Wenn aber das mobile Endgerät Funkträger für Echtzeit- und Nicht-Echtzeitverbindungen aufweist, leidet mindestens einer dieser Typen von Verbindung an einem unpassend gewählt Ablaufwert für die Wiederherstellung. Dieselbe Schwierigkeit stellt sich im Hinblick auf solche Dienste, die untereinander verschiedene Anforderungen an die Zeitsteuerung der Verbindungswiederherstellung haben.
90Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik formuliert es das Klagepatent als technische Aufgabe, ein Verfahren und eine Anordnung zu schaffen, mit denen eine Wiederherstellung der Verbindung in einer Weise ermöglicht wird, welche die Erfordernisse verschiedener Typen von Diensten berücksichtigt.
91Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 17 eine Anordnung mit den folgenden Merkmalen vor:
921. Kommunikationsvorrichtung eines Mobilfunksystems.
932. Die Kommunikationsvorrichtung umfasst Mittel (514, 605) zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung.
942.1. Die Funkverbindung weist mehrere aktive Funkträger auf.
952.2 Die aktiven Funkträger gehören zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung.
963. Die Kommunikationsvorrichtung umfasst Mittel (511, 515, 605) zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit
973.1 für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung zulässig ist.
983.2 Diese Wiederherstellung erfolgt in Bezug auf die Funkträger, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen.
994. Die Kommunikationsvorrichtung umfasst Mittel (511, 515, 605) zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit
1004.1 für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung zulässig ist.
1014.2 Diese Wiederherstellung erfolgt in Bezug auf die Funkträger, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen.
1025. Die zweite Kategorie von Diensten unterscheidet sich von der ersten Kategorie von Diensten.
1036. Die zweite Ablaufzeit unterscheidet sich von der ersten Ablaufzeit.
104III.
105Zwischen den Parteien steht – zu Recht – alleine die Verwirklichung der Merkmale 2.1, 3., 4. und 6. im Streit. Die Verwirklichung dieser Merkmale lässt sich indes feststellen.
1061.
107Merkmal 2.1, gemäß welchem die von der klagepatentgemäßen Kommunikationsvorrichtung unterhaltene und auf Ausfall überwachte Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweisen muss, wird durch die angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht.
108a)
109Ein Funkträger im Sinne der klagepatentgemäßen Lehre ist eine Vorgabe zur Ausgestaltung der Funkverbindung zwischen einer Kommunikationsvorrichtung und einer Basisstation des Mobilfunksystem, wobei die einzelnen Merkmale der Ausgestaltung der Funkverbindung davon abhängen, welche Kategorie von Dienst über die Funkverbindung bereitgestellt werden soll. Demnach erfordert die Ausführung einer Mehrzahl von klagepatentgemäßen Kategorien von Diensten auch eine Mehrzahl von Funkträgern, weil jeder einzelne Funkträger spezifisch mit Rücksicht auf die jeweilige Kategorie von Diensten ausgestaltet ist.
110Diese Auslegung des streitigen Merkmals 2.1 ergibt sich zum einen aus dem Gesamtzusammenhang des Anspruchswortlauts, welcher gemäß Art. 69 Satz 1 EPÜ den Schutzbereich des Patents bestimmt. Schon aus Merkmal 2.1 wird für den Fachmann deutlich, dass der Funkträger im Sinne des Klagepatents nicht die Funkverbindung selber darstellt, sondern vielmehr technisch zu dieser Funkverbindung beiträgt. In engem Zusammenhang hierzu steht die Lehre des Merkmals 2.2, gemäß dem die aktiven Funkträger konkreter betrachtet Teil der Funkressourcen-Steuerungsverbindung sind, also, wie der Fachmann erkennt, dazu beitragen, die auf der Funkverbindung verfügbaren Ressourcen zu nutzen. Dass die Art der Nutzung der Funkressourcen ihrerseits davon abhängt, welcher Dienst über die Funkverbindung abgewickelt wird, ergibt sich schließlich aus dem Zusammenhang des Merkmals 2.1 zu den beiden parallelen Merkmalen 3.2 und 4.2. Nach diesen Merkmalen werden die Funkträger dazu verwendet, um einen oder mehrere Dienste bestimmter Kategorien bereitzustellen. Die vom Funkträger bewirkte Vorgabe an die Nutzung der Funkressourcen ist also davon abhängig, zu welcher Kategorie einer oder mehrere Dienste angehören, welche über die betreffende Funkverbindung ausgeführt werden.
111Dieses Verständnis von Merkmal 2.1 wird belegt durch die Beschreibung des Klagepatents, welche gemäß Art. 69 Satz 2 EPÜ bei der Auslegung heranzuziehen ist. Der Zusammenhang zwischen der Identität eines Funkträgers einerseits und der Kategorie des Dienstes andererseits wird in der Beschreibung (Absatz [0017] des Klagepatents) im Rahmen der allgemeinen Erfindungsbeschreibung und der allgemeinen Darstellung von Mobilfunksystemen wie folgt erläutert:
112„Gemäß der Erfindung werden getrennte Zeitnehmer oder einige Überwachungsanordnungen einer höheren Ebene für verschiedene Kategorien von Funkträgern definiert. Beispiele solcher Kategorien sind RT- und NRT-Funkträger, Funkträger eines CS-Bereichs (Circuit Switched, leitungsvermittelt) und eines PS-Bereichs (Packet Switched, paketvermittelt) und Funkträger, die einen bestätigten Modus / einen unbestätigten Modus oder einen Wiederübertragungsprotokoll des transparenten Modus der Schicht 2 verwenden, oder Funkträger, die gewisse spezifische Diensttypen bedienen, wie beispielsweise Audio, Video oder E-Mail. Es können auch andere Funkträger-spezifische oder Funkzugangsträger-spezifische oder dienstspezifische Parameter verwendet werden, um die Wiederherstellungskategorie zu definieren.“
113Dem entnimmt der Fachmann vor dem Hintergrund der technischen Aufgabenstellung, dass jeder Kategorie von Diensten ein Funkträger und diesem wiederum – dies der Kern der klagepatengemäßen Lehre – ein gesonderter Zeitnehmer zugeordnet ist. Beispiele für die Bildung solcher Kategorien von Diensten und damit Funkträgern sind die Unterscheidung zwischen Echtzeit- und Nichtechtzeit-Funkträgern (RT für Echtzeit, NRT für Nicht-Echtzeit, siehe Absatz [0004]) oder auch zwischen Funkträgern für leitungsvermittelte Dienste (CS für englisch circuit switched) einerseits und packetvermittelte Dienste (PS für englisch packet switched) andererseits.
114Ferner kann der Fachmann der Erwähnung des „transparenten Modus der Schicht 2“ entnehmen, dass die Lehre des Klagepatents auf dem anerkannten Referenzmodell „OSI“ (für englisch Open Systems Interconnection Model) für Netzwerkarchitekturen und -protokolle aufbaut. Als zweite von insgesamt sieben Schichten wird in diesem Modell die Sicherungsschicht (englisch: data link) bezeichnet, deren Aufgabe darin besteht, den Zugriff auf das Übertragungsmedium (im Schichtenmodell Schicht 1: Bitübertragung, englisch physical) zu regeln und womöglich Maßnahmen für eine weitgehend fehlerfreie Übertragung zu gewährleisten, indem beispielsweise das zu übertragende Signal in Rahmen (englisch: frames) unterteilt und jeder einzelne Rahmen mit einer Prüfsumme versehen wird, die eine Prüfung auf die korrekte Übertragung des Datenrahmens gestattet. Dies fügt sich in die weitere Angabe im Rahmen der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Absatz [0019]), wonach die Prüfmaßnahme des „Zeitnehmers“ nicht zwingend auf eine physische Zeitmessung beschränkt sein muss. Dort heißt es zur Erläuterung der im wiedergegebenen Absatz [0017] angesprochenen Überwachungsanordnungen einer höheren Schicht:
115„Mit Überwachungsanordnungen einer höheren Schicht meinen wir, dass beispielsweise Sprach- oder Video-Kodierer-Dekodierer die Fehlerraten überwachen können, die bei Informationen auftreten, die über aktive Funkträger empfangen werden. Ein plötzliches gehäuftes Auftreten von Fehlerraten bedeutet, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der Funkträger temporär verloren gegangen ist. Ein Zähler, der die Anzahl der vollständig beschädigten Rahmen oder anderer diskreter Informationseinheiten berechnet, kann die Pflichten eines Zeitnehmers übernehmen, so dass wenn der Zähler einen vorbestimmten Schwellwert erreicht, man annehmen kann, dass der Zeitnehmer abgelaufen ist.“
116Dem kann der Fachmann entnehmen, dass der Verlust eines Funkträgers nicht schon den Verlust der Funkverbindung bedeutet, denn bei verlorener Funkverbindung werden keine fehlerhaften, sondern überhaupt keine Signale übertragen, sondern dass bei verlorenem Funkträger die Vorgaben zur Nutzung der Kommunikationsressourcen nicht mehr eingehalten werden und ein übertragenes Signal deshalb fehlerhaft ist.
117b)
118Demnach lässt sich eine Verwirklichung des Merkmals 2.1 durch die angegriffenen Ausführungsformen feststellen.
119Zum einen ist unstreitig, dass die angegriffenen Ausführungsformen in der Lage sind, zeitgleich einen Sprachdienst (Telefonie) und einen Datendienst (beispielsweise Zugriff aufs Internet) auszuführen. Diese beiden Dienste unterscheiden sich derart, dass sie nach der klagepatentgemäßen Lehre unterschiedlichen Kategorien angehören und demnach eine Mehrzahl von Funkträgern, nämlich mindestens zwei, erfordern. Während ein Sprachdienst einen Echtzeitdienst voraussetzt und außerdem, weil unstreitig Internet-Telefonie durch Voice-over-IP (VoIP) in deutschen Mobilfunknetzen ausgeschlossen ist, leitungsvermittelt ausgeführt wird, ist ein Datendienst als Nicht-Echtzeitdienst möglich und wird paketvermittelt ausgeführt.
120Zum anderen setzt der Standard TS 25.331, welchen die angegriffenen Ausführungsformen erfüllen, mindestens zwei Funkträger voraus. In den Vorschriften zur standardgemäßen Prozedur „RAB information for setup“ gemäß Ziffer 8.6.4.2 des Standards (Seite 294 der Anlage AR B-24, Seite 462 der Anlage AR B-26) ist die Einrichtung und Verarbeitung einer Vielzahl von Funkträgern vorgeschrieben, wenn es dort heißt:
121„If the IE “RAB information for setup” is included, the procedure is used to establish radio bearers belonging to a radio access bearer and the UE shall:
122[…]
1231> for each radio bearer in the IE “RB information to setup”:
124[…]
1252> if the radio bearer identified with the IE “RB identity” already exists in the variable ESTABLISHED_RABS:
1263> set the variable INVALID_CONFIGURATION to TRUE.”
127Zu deutsch:
128„Wenn das Informationseinheit „RAB information for setup“ enthalten ist, wird das Verfahren verwendet, um Funkträger zu erzeugen, die zu einem Funkzugangsträger gehören, und die Benutzerendeinrichtung (UE) soll:
129[…]
1301> für jeden Funkträger im Informationselement „RB information to setup“:
131[…]
1322> wenn der mit der Informationseinheit „RB identity“ identifizierte Funkträger in der Variable ESTABLISHED_RABS existiert:
1333> die Variable INVALID_CONFIGURATION auf den Wert WAHR setzen.“
134Demnach schreibt der Standard im Rahmen einer bestimmten Prozedur die Errichtung einer Mehrzahl von Funkträgern vor. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Errichtung eines einzigen Funkträgers ebenso gut möglich wäre, etwa mit Blick auf den ausgeführten Dienst, um den Anforderungen des Standards zu genügen, sind nicht ersichtlich. Dies fügt sich darin, dass standardgemäße Geräte in der Lage sein müssen, unterschiedliche Kategorien von Diensten auszuführen, so dass in ihrem Betrieb eine Mehrzahl von Funkträgern zur Verfügung stehen muss.
1352.
136Auch die Verwirklichung der Merkmalsgruppen 3. und 4., gemäß denen die klagepatentgemäße Kommunikationsvorrichtung Mittel zum Bestimmen einer ersten und einer zweiten Ablaufzeit aufweist, lässt sich feststellen.
137a)
138Klagepatentgemäße Mittel zum Bestimmen einer Ablaufzeit sind alle geeigneten technischen Maßnahmen, mit denen sich bestimmen lässt, ob nach Ablauf einer vorgegebenen Zeit einer oder mehrere Dienste einer bestimmten Kategorie wiederhergestellt werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese technischen Maßnahmen räumlich-körperlich manifestiert sind, ob sie auf das Messen verstrichener Zeit oder auf die bloße Feststellung von Ereignissen gerichtet sind, oder ob die von ihnen bestimmte Ablaufzeit eine tatsächliche Zeitspanne ausmacht, also länger als null Sekunden ist.
139Diese Auslegung folgt wiederum zum einen aus dem Gesamtzusammenhang des Anspruchswortlauts. Die parallelen Unter-Merkmale 3.1 und 4.1 erläutern, dass mit den klagepatentgemäßen Mitteln diejenige Ablaufzeit bestimmt werden soll, die der Zeitspanne entspricht, innerhalb derer die Wiederherstellung eines oder mehrerer Dienste einer ersten Kategorie zulässig ist. Die als Zeitnehmer fungierenden Mittel dienen also dazu, den Versuch einer Wiederherstellung von Diensten bestimmter Kategorien zeitlich zu begrenzen. Dabei erkennt der Fachmann, dass der Anspruchswortlaut weder Vorgaben dazu macht, auf welche Weise die für die Wiederherstellung der Dienste zulässigen Ablaufzeiten zu bestimmen sind, noch eine Angabe zur Dauer der Ablaufzeit enthält. Beides ist somit in das gestalterische Belieben des Fachmanns gestellt, für den deswegen sowohl räumlich-körperliche als auch andere, beispielsweise rein signaltechnische oder auf eine Datenverarbeitung gestützte Mittel der Zeitnahme ebenso in Betracht kommen wie solche Mittel, die zwar keine Zeit messen, aber auf andere Weise geeignet sind, diejenige Zeitspanne zu begrenzen, innerhalb derer die Wiederherstellung von Diensten zulässig ist. Daneben steht es auch im fachmännischen Ermessen, wie lange die Ablaufzeiten zu bemessen sind, weil der Anspruch weder eine Höchst- noch eine Mindestdauer vorschreibt und insbesondere auch den Wert von null Sekunden, also den Ablauf irgendeiner Zeitspanne, nicht ausschließt.
140Die Auslegung auch dieser Merkmalsgruppen wird durch die zugehörige Beschreibung gestützt. Das Klagepatent stellt den Zusammenhang zwischen der Wiederherstellung eines unterbrochenen Dienstes auf der einen und der Überwachung einer Zeitspanne, innerhalb derer es technisch und für den Benutzer des Dienstes sinnvoll ist, den Dienst wiederherzustellen, ins Zentrum der Auseinandersetzung mit dem vorbekannten Stand der Technik (Absätze [0009 und [0017]). Die vom Klagepatent vorgeschlagene Lösung zur Überwindung der am Stand der Technik kritisierten Nachteile zielt darauf, für jede Kategorie von Diensten eine solche Zeitspanne als zulässige Wiederherstellungszeit vorzusehen und durch einen jeweils gesonderten Zeitnehmer zu überwachen, die in Ausführung der jeweiligen Dienste-Kategorie sinnvoll ist, mithin darauf, die notwendige Flexibilität in der Überwachung der jeweils angemessenen Zeitspanne zu gewährleisten (Absätze [0010], [0011] und [0017]). Wie die entsprechenden Mittel zur Zeitnahme auszugestalten sind, lässt die Beschreibung offen. Dagegen wird ausdrücklich erläutert (Absatz [0017] und ausführlich Absatz [0019]), dass neben einer Zeitmessung als solcher auch Mittel in Betracht kommen, mit denen kein Zeitablauf überwacht wird, sondern die Veränderung von Fehlerraten, Mittel also, die eine Begrenzung der zulässigen Wiederherstellungszeit durch die Überwachung von Ereignissen gewährleisten.
141Zumal in Anbetracht dessen, dass die Beschreibung des Klagepatents ausdrücklich offen lässt, ob die Mittel zum Bestimmen von Ablaufzeiten auf eine Zeitmessung oder auf eine andere geeignete Methodik gestützt sind, nimmt es der Fachmann ernst, dass auch die Beschreibung nirgends den Ablauf einer Mindestzeitspanne fordert, welche von einem solchen klagepatengemäßen Mittel überwacht wird. Daraus schlussfolgert der Fachmann, dass ein solches klagepatentgemäßes Mittel auch dann gegeben ist, wenn es einen Wert von null Sekunden als Ablaufzeit überwacht. Dabei erkennt der Fachmann, dass eine solche Überwachung keineswegs technisch sinnlos ist, sondern dass dies den vollständigen und sofortigen Verzicht auf einen Wiederherstellungsversuch für den unterbrochenen Dienst bedeutet, was den technischen Vorteil bringt, dass die entsprechenden Funkträger und die von ihnen gesteuerten Funkressourcen sofort freigegeben werden. Dies kann der Fachmann der allgemeinen Erfindungsbeschreibung entnehmen, wo es mit Blick auf die Notwendigkeit einer flexiblen Ausgestaltung der Zeitnehmer für Funkträger bestimmter Dienstkategorien heißt (Absatz [0009]):
142„Es sollte sogar möglich sein, die Wiederherstellungsmöglichkeit für RT-Träger „auszuschalten“, was bedeutet, dass wenn die UE die Funkverbindung verliert, die RT-Träger sofort freigegeben werden (lokal in der UE und im UTRAN).“
143Diese Beschreibungspassage betrifft zwar die technische Situation im Stand der Technik, jedoch ist das Klagepatent nicht darauf gerichtet, diese Situation zu überwinden. Die Kritik des Klagepatents wendet sich nicht dagegen, dass Ablaufzeiten für Funkträger bestimmter Kategorien von Diensten überwacht werden, und sei es mit einem Wert von null Sekunden, sondern dagegen, dass im Stand der Technik nur ein Zeitnehmer und somit nur ein Wert zur Verfügung steht, der zwar für bestimmte Kategorien sinnvoll auch auf null Sekunden gesetzt werden kann, der aber nicht für alle Kategorien von Diensten sinnvoll denselben Wert haben kann.
144Hinzu kommt, dass der Wert von null Sekunden als möglicher Zeitnahme-Wert in der allgemeinen Erfindungsbeschreibung sogar ausdrücklich erwähnt wird, wenn es, wiederum in Darstellung des Standes der Technik lautet (Absatz [0007]):
145„Der Wert des Zeitnehmers kann irgendwo zwischen 0 und 4095 Sekunden liegen.“
146Im Zusammenhang zur Beschreibungspassage im soeben gewürdigten Absatz [0008] ergibt sich, dass der Fachmann auf einen Wert von null Sekunden als tauglichen Wert der Zeitnahme hingewiesen wird. Weder ist dieser Wert ausgeschlossen, denn die Offenbarung in Absatz [0007] enthält keinen Hinweis darauf, dass die Grenzwerte vom gültigen Wertbereich nicht umfasst sein sollten, noch wird dieser Wert als aus dem Stand der Technik bekannt abgelehnt: Das Klagepatent benennt einen Zeitnahme-Wert von null Sekunden nicht als Nachteil, sondern will sich vom Stand der Technik dadurch abgrenzen, dass für jede Kategorie von Diensten ein Zeitnehmer zur Verfügung steht, so dass für jede Kategorie flexibel ein eigener Wert gewählt und überwacht werden kann.
147b)
148Demnach verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen die Merkmalsgruppen 3. und 4.
149Die Beklagten selber stellen nicht in Abrede, dass im Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen für wenigstens zwei Kategorien von Diensten zulässige Wiederherstellungszeiten von null Sekunden überwacht werden. Nach den obigen Ausführungen ist auch bei Überwachung eines solchen Null-Wertes, also dem sofortigen Ausschluss der Wiederherstellung, ein Zeitnehmer anzunehmen, nämlich mit dem Wert von null Sekunden.
150Hinzu kommt, dass der Standard vorschreibt, dass nach dem Standard arbeitende Geräte, zu denen unstreitig auch die angegriffenen Ausführungsformen gehören, für zwei unterschiedliche Zeitnehmer T314 und T315 im Falle einer fehlenden Zeitwert-Vorgabe durch das Netzwerk Standardwerte einnehmen sollen, die ungleich null und außerdem untereinander unterschiedlich sind. Der Standard schreibt hinsichtlich des Verfahrens des Übergangs der Steuerung von einer Funkzelle zur nächsten (sog. Handover) in Ziffer 8.3.6.3 (Seite 204 in Anlage AR B-24, Seite 285 in Anlage AR B-26) wie folgt vor:
151“8.3.6.3 Reception of HANDOVER TO UTRAN COMMAND message by the UE
152The UE shall be able to receive a HANDOVER TO UTRAN COMMAND message and perform an inter-RAT handover, even if no prior UW measurements have been performed on the target UTRAN cell and/or frequency.
153The UE shall act upon all received information elements as specified in subclause 8.6, unless specified otherwise in the followoing.
154[…]
155The UE shall:
156[…]
1571> initialise the variable TIMERS_AND_CONSTANTS to the default values and start to use those timer and constant values.”
158Zu deutsch:
159„8.3.6.3 Empfang einer HANDOVER TO UTRAN COMMAND-Nachricht durch die UE
160Die UE soll in der Lage sein, eine HANDOVER TO UTRAN COMMAND-nachricht zu empfangen und einen inter-RAT-Handover auszuführen, auch wenn zuvor keine Maßnahmen der UE auf der Zielzelle des UTRAN und/oder der Frequenz ausgeführt worden sind.
161Die UE soll auf alle empfangenen Informationen hin so handeln, wie dies in Unterpunkt 8.6 beschrieben ist, sofern nicht nachstehend anderes vorgeschrieben ist.
162[…]
163Die UE muss:
164[…]
1651> die Variable TIMERS_AND_CONSTANTS auf die die Standardwerte einstellen und die Benutzung dieser Zeitnehmer und Werte beginnen.“
166Die Standardwerte der beiden Zeitnehmer T314 und T315 wiederum sind tabellarisch unter Ziffer 10.3.3.43 des Standards (Seite 548 der Anlage AR B-24, Seite 881 der Anlage AR B-26) vorgegeben mit 12 Sekunden für T314 und mit 180 Sekunden für Wert T315. Demnach lässt sich feststellen, dass standardgemäß arbeitende Geräte, also auch die angegriffenen Ausführungsformen, unter entsprechenden Betriebsbedingungen zwei Zeitnehmer mit voneinander unterschiedlichen Zeitwerten jeweils ungleich null Sekunden aufweisen.
1673.
168Schließlich lässt sich auch die Verwirklichung des Merkmals 6 durch die angegriffenen Ausführungsformen feststellen, gemäß dem sich bei den klagepatentgemäßen Mitteln zum Bestimmen von Ablaufzeiten die zweite Ablaufzeit von der erste Ablaufzeit unterscheiden muss.
169a)
170Die zweite Ablaufzeit unterscheidet sich klagepatentgemäß dann von der ersten Ablaufzeit, wenn die beiden, auf unterschiedliche Kategorien von Diensten bezogenen Ablaufzeiten von unterschiedlichen Mitteln zur Bestimmung der Ablaufzeiten überwacht werden, so dass die Werte der beiden Ablaufzeiten unterschiedlich gesetzt werden können. Dagegen steht es der Verwirklichung dieses Merkmals nicht entgegen, wenn in einem Betriebszustand der Kommunikationsvorrichtung die beiden Mittel zur Überwachung der Ablaufzeit auf identische Werte gesetzt, die auf gleiche Werte lautenden Ablaufzeiten aber von einem jeweils unterschiedlichen Mittel zur Bestimmung der Ablaufzeit überwacht werden.
171Diese Auslegung des Merkmals 6. ergibt sich nach dem oben unter 1.a) und 2.a) Ausgeführten aus dem Zusammenhang des Wortlauts und dem Offenbarungsgehalt der Beschreibung. Die Ablaufzeiten haben, wie aus den Merkmalen 3.1 und 4.1 hervorgeht, die Funktion, die Versuche der Wiederherstellung einer für den jeweiligen Dienst erforderlichen Verbindung zu begrenzen, nämlich auf eine Zeitspanne, innerhalb derer diese Wiederherstellung zulässig ist, während nach dem Verstreichen der Zeitspanne die vom Funkträger gesteuerten Funkressourcen wieder freigegeben werden können. Dabei grenzt sich die klagepatentgemäße Lehre nicht von der aus dem Stand der Technik bekannten Lehre ab, nach der die Ablaufzeit auf null Sekunden gesetzt wird, was im Gegenteil sogar den Vorteil der sofortigen Freigabe der Funkressourcen begründet (siehe Absatz [0009]). Vielmehr besteht die klagepatentgemäße Lösung darin, die Ablaufzeit für jeden Funkträger gesondert zu bestimmen und mittels eines gesonderten und zum Funkträger gehörigen Zeitnehmer auch gesondert zu überwachen (vgl. Absatz [0017]). Damit fällt auch die Konstellation in den Schutzbereich, in der zwar beide Zeitnehmer (nämlich: Mittel zum Bestimmen der Ablaufzeit) auf den Wert null Sekunden gesetzt werden, weil dann immer noch gewährleistet ist, die beiden Zeitnehmer auch auf andere, voneinander unterschiedliche Werte zu setzen, so dass die Festlegung der Werte und die Überwachung der Zeitnehmer voneinander unabhängig ist, selbst wenn die unabhängig voneinander gesetzten und überwachten Werte übereinstimmen.
172Schließlich wird die genannte Auslegung dadurch gestützt, dass die vom Klagepatent geforderte und mithilfe mindestens zweier unterschiedlicher Zeitnehmer gelehrte Flexibilität in der Setzung und Überwachung mindestens zweier Ablaufzeiten kein Selbstzweck ist, sondern gewährleisten soll, dass für kategorisch unterschiedliche Dienste, die sich namentlich in ihrer Toleranz gegenüber der Dauer eines Verbindungsausfalls voneinander unterscheiden, in sachgerechter Weise im Betrieb der klagepatentgemäßen Kommunikationsvorrichtung Versuche zur Wiederherstellung der Verbindung unternommen werden. Wenn die von der Kommunikationsvorrichtung ausgeführten Dienste in einer bestimmten Konstellation derart intolerant gegen Verbindungsabbrüche sind, dass es mehr Vorteile bringt, die Funkressourcen sofort freizugeben, anstatt eine Wiederherstellung der Verbindung für auch nur ganz kurze Zeit zu versuchen, dann steht das Klagepatent nicht einer Betriebsart entgegen, in der die Zeitnehmer beider oder aller ausgeführten Dienste auf null Sekunden gesetzt werden, um die in dieser Konstellation vorteilhafte sofortige Freigabe der Funkressourcen zu gewährleisten.
173b)
174Demnach verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen Merkmal 6., weil sie auch nach dem Vorbringen der Beklagten die Wiederherstellung jedenfalls zweier Dienste mit Zeitnehmern überwachen, welche auf den Wert von null Sekunden eingestellt sind. Ferner folgt die Verwirklichung des Merkmals 6. daraus, dass der Standard, den die angegriffenen Ausführungsformen einhalten, in Ziffer 8.6.3.6. – wie oben unter 2.b) dargelegt – eine Einstellung der Zeitnehmer T314 und T315 auf Standardwerte fordert, die wiederum gemäß der Tabelle in Ziffer 10.3.3.43 12 Sekunden für T314 und 180 Sekunden für T315 betragen. Damit gibt es im standardgemäßen Betrieb der angegriffenen Ausführungsformen auch solche Betriebsarten, bei denen diese beiden Zeitnehmer nicht beide auf den Wert null, sondern vielmehr auf unterschiedliche Werte jeweils ungleich null Sekunden gesetzt sind.
175IV.
176Der von den Beklagten gegen die Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung geltend gemachte kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand greift nicht durch (hierzu unter 1.). Ebenso stehen weder die von den Beklagten behauptete G-Lizenz (hierzu unter 2.) noch die auf § 242 BGB (hierzu unter 3. und 4.) gestützten Einwände der Beklagten den hier geltend gemachten Ansprüchen der Klägerin entgegen.
1771.
178Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand berufen. Die Klägerin kann daher auch ihren Unterlassungsanspruch und die Ansprüche auf Rückruf und – gegen die Beklagte zu 1) – auf Vernichtung durchsetzen, ohne gegen Art. 102 AEUV zu verstoßen. Insofern kann dahingestellt bleiben, ob das Klagepatent eine marktbeherrschende Stellung vermittelt. Denn auch wenn man dies annimmt, lässt sich ein Missbrauch dieser Stellung nicht feststellen.
179a)
180Der EuGH hat im Urteil vom 16.07.2015, Az. C-170/13 (GRUR 2015, 764, im Folgenden kurz: (das) EuGH-Urteil) Vorgaben dazu gemacht, wann die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aus einem von einer Standardisierungsorganisation normierten standardessentiellen Patents (nachfolgend auch: „SEP“), dessen Inhaber sich gegenüber dieser Organisation zur Erteilung von FRAND-Lizenzen („Fair Reasonable And Non-Disciminatory“, also fair, angemessen und nicht-diskriminierend) an jeden Dritten verpflichtet hat, keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV darstellt. Hiernach muss der Inhaber eines SEPs den angeblichen Verletzer auf die Patentverletzung hinweisen, bevor er seinen Unterlassungsanspruch geltend macht (Rn. 61 EuGH-Urteil). Soweit der Verletzer zur Lizenznahme bereit ist, muss der SEP-Inhaber ihm ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des SEPs zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen (FRAND-Bedingungen) unterbreiten (Rn. 63 EuGH-Urteil). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (Rn. 65 EuGH-Urteil). Nimmt er das Angebot des SEP-Inhabers nicht an, muss der Verletzer innerhalb kurzer Frist ein Gegenangebot machen, welches ebenfalls FRAND-Vorgaben einhält (Rn. 66 EuGH-Urteil). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot ab, muss der Patentverletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten, was auch für Nutzungen in der Vergangenheit gilt (Rn. 67 EuGH-Urteil). Diese kartellrechtlichen Beschränkungen gelten nicht nur für den Unterlassungsanspruch, sondern auch für den Rückrufanspruch, da auch auf Rückruf gerichtete Klagen geeignet sind, zu verhindern, dass von Wettbewerbern hergestellte Produkte, die dem betreffenden Standard entsprechen, auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben (Rn. 73 EuGH-Urteil). Gleiches gilt auch für den Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände, da er in seiner Wirkung auf den Marktzugang entsprechender Produkte ähnlich wie ein Unterlassungs- oder Rückrufanspruch wirkt. Dagegen ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rechnungslegung oder Schadensersatz grundsätzlich auch ohne weitere Voraussetzung nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (Rn. 74 f. EuGH-Urteil).
181b)
182Die Geltendmachung der Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung ist der Klägerin hier möglich und stellt keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV dar, da die Beklagten sich bezüglich des Gegenangebots nicht an die vom EuGH formulierten Vorgaben gehalten haben.
183aa)
184Die Klägerin hat ihre Hinweispflichten erfüllt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gespräche der Klägerin mit Konzerngesellschaften der Beklagten hier als Hinweis auf das Klagepatent ausreichend waren. Jedenfalls durch die Klageschrift sind die Beklagten über das Klagepatent und die geltend gemachte Patentverletzung hinreichend informiert, was im vorliegenden Einzelfall ausreichend war.
185(1)
186Zwar hat der Hinweis auf das durchzusetzende SEP nach dem EuGH-Urteil vor einer gerichtlichen Geltendmachung zu erfolgen. Es ist zudem fraglich, ob eine Nachholung des versäumten Hinweises im Rahmen des Verletzungsverfahrens möglich ist, da durch die Klageerhebung Lizenzverhandlungen nunmehr nur unter dem Druck eines gerichtlichen Verfahrens möglich sind. Dies muss allerdings hier nicht entschieden werden.
187Im vorliegenden Fall wurde die Klageschrift am 08.09.2014 eingereicht und damit zeitlich vor dem EuGH-Urteil (vom 16.07.2015) und den Schlussanträgen des Generalanwalts Wathelet in dieser Sache vom 20.11.2014. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung verlangte die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard) vom Inhaber eines eine marktbeherrschende Stellung vermittelnden Patents nicht, dass dieser den Verletzer auf die Patentverletzung hinweist und ein Lizenzangebot macht. Vielmehr oblag es dem Verletzer, ein Lizenzvertragsangebot zu machen. Missbräuchlich handelte der Patentinhaber durch die Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs aus einem solchen Patent nur dann, wenn der Verletzer ihm ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages gemacht hatte, an das er sich gebunden hielt und das der Patentinhaber nicht ablehnen durfte, ohne gegen das Diskriminierungs- oder das Behinderungsverbot zu verstoßen. Ferner musste der Verletzer, solange er den Gegenstand des Patents bereits benutzt, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft (BGH, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard). Die Orange-Book-Standard-Entscheidung erging zwar zu einem Patent, das für einen de-facto-Standard essentiell war. Diese Maßstäbe sind in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung jedoch auch auf solche standardessentiellen Patente angewendet worden, bei denen der Standard im Rahmen eines Standardisierungsprozesses zwischen den beteiligten Unternehmen vereinbart wurde und die Patentinhaber FRAND-Zusagen erteilt hatten (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 – 4b O 274/12 – Rn. 227 ff. bei Juris).
188Zwar war die Orange-Book-Standard-Rechtsprechung des BGH nicht unumstritten und insbesondere die EU-Kommission stellte abweichende Anforderungen an ein kartellrechtlich zulässiges Verhalten des Inhabers eines SEPs. Diese Divergenz führte letztlich über die Vorlageentscheidung des LG Düsseldorf (GRUR-RR 2013, 196 – LTE-Standard) zum EuGH-Urteil. Allerdings ändert dies nichts daran, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Klageeinreichung nicht davon ausgehen musste, dass sie zuvor den Beklagten einen Hinweis auf das Klagepatent erteilen muss. Vor diesem Hintergrund ist für Übergangsfälle wie den hiesigen ausreichend, wenn der Patentverletzer durch die Klage Kenntnis von der Patentverletzung erhält.
189(2)
190Ob ein Patentinhaber nicht nur auf das Patent, dessen Unterlassungsanspruch er gerichtlich durchsetzen möchte, hinweisen muss, sondern auch auf alle anderen Schutzrechte, deren Lizenzierung er anbietet, muss vorliegend nicht entschieden werden. Der Hinweis auf weitere Patente ist für die Durchsetzung des Klagepatents nicht unmittelbar erforderlich, sondern könnte – ohne dass dies hier entschieden werden muss – vielmehr nur für die Frage der Angemessenheit des von der Klägerin abgegebenen Lizenzvertragsangebots relevant sein. Auf das Angebot der Klägerin kommt es aber vorliegend nicht maßgeblich an (hierzu sogleich).
191bb)
192Die Klägerin hat den Beklagten vor Klageerhebung ein Lizenzangebot gemacht.
193Es stellt keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar, wenn der Inhaber eines standardessentiellen Patents dieses (zunächst) der Muttergesellschaft des angeblichen Patentverletzer anbietet, um entsprechende Verhandlungen zu initiieren. Oftmals wird ein Konzern daran interessiert sein, eine Lizenz nicht nur für einzelne (Tochter-) Gesellschaften, sondern für den gesamten Unternehmensverbund zu nehmen. Auch wird der Abschluss von Lizenzverträgen in einem Konzern häufig von einer zentralen Stelle koordiniert, so dass die Konzernmutter im Regelfall ein tauglicher Ansprechpartner ist. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass zwischen der Muttergesellschaft und ihren einzelnen Konzerngesellschaften eine ausreichende Kommunikation besteht und der Patentinhaber ggf. an die zuständige Gesellschaft weitergeleitet wird. Dagegen wäre es eine unnötige Förmelei, vom Patentinhaber zu verlangen, ggf. jeder einzelnen Konzerngesellschaft ein Angebot zu machen.
194Damit reicht es zur Feststellung, dass eine Lizenz angeboten wurde, aus, dass die Klägerin eine Lizenzierung den Muttergesellschaften der Beklagten angeboten hat und die Beklagten von der beabsichtigten Lizenz erfasst worden wären.
195cc)
196Ob das Angebot der Klägerin, insbesondere das Bestehen auf einer weltweit gültigen Portfoliolizenz, FRAND-Grundsätzen entspricht, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Selbst wenn man unterstellt, das klägerische Angebot sei nicht FRAND-gemäß gewesen, liegt in der Geltendmachung der patentrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung hier kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Auch bei einem nicht FRAND-gemäßen Angebot der Klägerin mussten die Beklagten, als Nutzer der patentgemäßen Lehre, oder zumindest ihre Muttergesellschaften hierauf reagieren und insoweit die Vorgaben des EuGH-Urteils beachten. Dies ist aber nicht in hinreichendem Maße erfolgt.
197(1)
198Nach Rn. 65 des EuGH-Urteils obliegt es dem angeblichen Patentverletzer, auf das Angebot des Patentinhabers
199„mit Sorgfalt, gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben, zu reagieren, was auf der Grundlage objektiver Gesichtspunkte zu bestimmen ist und unter anderem impliziert, dass keine Verzögerungstaktik verfolgt wird.“
200Dem angeblichen Patentverletzer, der sich auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand berufen will, steht es also nicht zu, auf das Lizenzvertragsangebot des Patentinhabers gar nicht zu reagieren und die (unberechtigte) Nutzung der patentierten Lehre einfach fortzusetzen. Vielmehr geht der EuGH davon aus, dass auch der angebliche Patentverletzer sich um eine Lizenzierung bemühen muss. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob er auf ein nicht FRAND-gemäßes Lizenzvertragsangebot zwingend mit einem Gegenangebot reagieren muss oder er auch anders reagieren kann, beispielsweise indem er dem Patentinhaber nachweist, dass dessen Angebot nicht FRAND-Grundsätzen entspricht und konkrete Nachbesserungen des Angebots fordert. Ebenso muss nicht entschieden werden, ob der angebliche Patentverletzer ein FRAND-gemäßes Angebot annehmen muss, weil der Patentinhaber seine kartellrechtlichen Verpflichtungen durch ein solches Angebot bereits erfüllt hat und damit kein Raum mehr für ein Gegenangebot besteht.
201Denn jedenfalls dann, wenn der angebliche Patentverletzer sich dazu entscheidet, auf ein Angebot des Patentinhabers mit einem Gegenangebot zu reagieren, treffen ihn die in Rn. 66 f. des EuGH-Urteils umschriebenen Pflichten. Selbst wenn das Angebot des Patentinhabers FRAND-Grundsätzen nicht entspricht, muss der angebliche Patentverletzer – ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Gegenangebots – über die Benutzung (auch in der Vergangenheit) abrechnen und für die fälligen Lizenzgebühren Sicherheit leisten (Rn. 67 EuGH-Urteil).
202Mit der vorgezogenen Abrechnung und Sicherheitsleistung hat der EuGH nämlich formale Voraussetzungen dafür benannt, die der Lizenzsuchende erfüllen muss, um die Benutzung eines standardessentiellen Patents vor Abschluss einer Lizenzvereinbarung aufnehmen zu können. Er muss sich bereits vor deren Abschluss in Übereinstimmung mit seinem Lizenzvertragsgegenangebot verhalten und entsprechend diesem Angebot abrechnen und Sicherheit leisten. Bei einem angeblichen Patentverletzer, der nicht einmal bereit ist, trotz bereits im Vorfeld einer Vereinbarung erfolgter Patentbenutzung auf Grundlage eines selbst formulierten Lizenzvertragsgegenangebots mit einer diesbezüglichen Abrechnung und Sicherheitsleistung seinerseits in Vorleistung zu treten, kann bei objektiver Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass er hinreichend lizenzwillig ist und keine Verzögerungstaktik verfolgt. Dabei handelt es sich um eine formale Mindestvoraussetzung, die unabhängig von der Frage erfüllt sein muss, ob und in welchen Einzelheiten Angebot oder Gegenangebot in der Sache als FRAND-gemäß angesehen werden können.
203(2)
204Diesen Erfordernissen sind die Beklagten nicht nachgekommen. Sie haben zwar Gegenangebote abgegeben, jedoch nicht fristgemäß abgerechnet und Sicherheit geleistet.
205(aa)
206Der EuGH verlangt – außer einer Reaktion gemäß den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben – bei einem Gegenangebot der Beklagten (Rn. 67 EuGH-Urteil):
207„[[67]] Darüber hinaus hat der angebliche Verletzer, wenn er das SEP benutzt, bevor ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, ab dem Zeitpunkt, zu dem sein Gegenangebot abgelehnt wurde, eine angemessene Sicherheit gemäß den in dem betreffenden Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten zu leisten, zB, indem er eine Bankgarantie beibringt oder die erforderlichen Beträge hinterlegt. Die Berechnung dieser Sicherheit muss unter anderem die Zahl der vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf das SEP umfassen, für die der angebliche Verletzer eine Abrechnung vorlegen können muss.“
208Neben der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung und zur Abrechnung über (vergangene) Benutzungshandlung aufgrund des gemachten Gegenangebots bestimmt der EuGH damit auch, dass dies ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Gegenangebots zu erfolgen hat. Eine relevante Verzögerung bei der Rechnungslegung und Sicherheitsleistung steht der Geltendmachung des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand daher entgegen. Der EuGH hat den Zeitpunkt der Abrechnung und Sicherheitsleistung klar vorgegeben. Dementsprechend fordert der EuGH im Urteil vom 16.07.2015 auch ausdrücklich, dass der Verletzer bei der Reaktion auf das Angebot des Patentinhabers „keine Verzögerungstaktik verfolgt“ und dass ein Gegenangebot „innerhalb einer kurzen Frist“ zu unterbreiten ist (Rn. 65/66 EuGH-Urteil). Dem Patentbenutzer obliegt es damit, die Abrechnung und Sicherheitsleistung bei der Erstellung ihres Gegenangebots bereits vorzubereiten. Dies stellt keine unbillige Anforderung an den angeblichen Patentverletzer dar, da stets mit der Ablehnung des Gegenangebots gerechnet werden muss. Zudem muss eine Abrechnung auch dann erfolgen, wenn das Gegenangebot von dem Patentinhaber angenommen wird.
209Auch der Umstand, dass weitere Gegenangebote gemacht werden, kann den angeblichen Patentverletzer nicht davon befreien, ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des ersten Gegenangebots gegenüber dem Patentinhaber abzurechnen und Sicherheit zu leisten. Zwar steht es dem angeblichen Patentverletzer grundsätzlich frei, sein Gegenangebot nach dessen Ablehnung durch den Patentinhaber zu modifizieren, um eine Einigung herbeizuführen. Die Pflicht zur Sicherheitsleistung und Abrechnung besteht aber bereits dann, wenn das erste Gegenangebot abgelehnt wurde. Andernfalls könnte der Patentbenutzer durch immer neue Angebote die Erfüllung seiner Verpflichtungen immer weiter heraus zögern. Dies widerspräche aber dem Leitbild des lizenzwilligen Patentbenutzers, von dem der EuGH in seiner Entscheidung ausgeht.
210Die zeitliche Vorgabe gilt spätestens ab Erlass des EuGH-Urteils am 16.07.2015 auch für Übergangsfälle, bei denen die Ablehnung des (ersten) Gegenangebots vor dem EuGH-Urteil erfolgt ist. Denn nach der vor Erlass dieses Urteils gültigen Rechtsprechung des BGH (GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard) galt eine noch früher einsetzende Pflicht zur Rechnungslegung und Sicherheitsleistung. Hiernach war ein Patentverletzer bei einem eine marktbeherrschende Stellung vermittelnden Patent verpflichtet, gegenüber dem Patentinhaber (auf eigene Initiative) ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrags zu machen, an das er sich gebunden hält und das der Patentinhaber nicht ablehnen darf, ohne gegen das Diskriminierungs- oder das Behinderungsverbot zu verstoßen. Ferner musste der Patentbenutzer diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstands knüpft (BGH, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard; vgl. auch die obigen Ausführungen unter IV. 1. b) aa) (1)).
211Ob eine Abrechnung in Übergangsfällen noch unmittelbar nach Erlass des EuGH-Urteils wirksam nachgeholt werden konnte, muss vorliegend nicht entschieden werden, da auch dies nicht zeitgerecht erfolgt ist (hierzu sogleich).
212(bb)
213Die Klägerin hat mit Schreiben vom 20.10.2014 (Anlage G4) das Gegenangebot der Beklagten zu 1) abgelehnt. Damit musste die Beklagte zu 1) ab diesem Zeitpunkt Sicherheit leisten und über die Nutzung des Klagepatents abrechnen. Dies ist nicht erfolgt, auch nicht unmittelbar nach Erlass des EuGH-Urteils am 16.07.2015.
214Selbst für das zweite Gegenangebot ist keine fristgerechte Sicherheitsleistung und Abrechnung erfolgt. Nach der Ablehnung des zweiten Angebots der (beiden) Beklagten vom 12.08.2015 (Anlage G19) am 24.08.2015 ist ebenfalls nicht innerhalb angemessener Zeit eine Abrechnung und Sicherheitsleistung erfolgt. Vielmehr haben die Beklagten erst in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2015 nach einem weiteren Gegenangebot eine Sicherheitsleistung und Rechnungslegung vorgelegt.
215Dies ist verspätet. Die Vorgabe, „ab dem Zeitpunkt, zu dem sein Gegenangebot abgelehnt wurde“, im EuGH-Urteil ist grundsätzlich eng zu verstehen. Die Abrechnung mehr als einen Monat nach der Ablehnung des zweiten Gegenangebots durch die Klägerin ist zumindest im vorliegenden Einzelfall nicht mehr als „ab dem Zeitpunkt“ anzusehen. Dies gilt schon deshalb, weil die Abrechnung und Übergabe der Bürgschaft zur Sicherheitsleistung erst in der mündlichen Verhandlung erfolgten, in der über die Ansprüche der Klägerin wegen der Verletzung des Klagepatents verhandelt wurde. Bis zum Ende der Verhandlung war der Klägerin weder eine ausreichende Prüfung der Richtigkeit der Rechnungslegung noch der Angemessenheit der Sicherheitsleistung möglich. Es ist auch nicht ersichtlich, warum Abrechnung und Sicherheitsleistung nicht schon früher hätten erfolgen können, insbesondere da ein erstes Gegenangebot bereits im Oktober 2014 abgelehnt wurde. Die Übergabe von Rechnungslegung und Sicherheit erscheint daher vielmehr als Ausdruck einer Verzögerungstaktik, welche mit der Erhebung des kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwands nicht vereinbar ist.
216(cc)
217Die Beklagte zu 2) hat zunächst gar kein Gegenangebot gemacht. Es kann dahingestellt bleiben, ob ihr die erfolgreiche Erhebung des Kartellrechtseinwand bereits deswegen verwehrt bleiben muss, weil sie selbst überhaupt nicht hinreichend auf das Angebot der Klägerin reagiert hat und sich damit nicht um eine Lizenzierung des Klagepatent bemüht hat. Denn jedenfalls mit Ablehnung des zweiten Gegenangebots am 24.08.2015, welches auch von der Beklagten zu 2) unterbreitet wurde, musste die Beklagte zu 2) entsprechend abrechnen und Sicherheit leisten. Dies ist nicht innerhalb einer zulässigen Zeitspanne, sondern erst verspätet, nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2015, erfolgt. Insofern kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
2182.
219Auch der Verweis der Beklagten auf eine angebliche Lizenz mit G greift nicht durch und steht den Ansprüchen der Klägerin nicht entgegen. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle angegriffenen Ausführungsformen mit Chipsätzen von G ausgestattet sind. Für angegriffene Ausführungsformen mit Chipsätzen anderer Hersteller (wie von M) besteht ein entsprechender Einwand auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht.
220Die Beklagten haben eine – von der Klägerin bestrittene – Lizenzierung über G bereits nicht hinreichend vorgetragen. Die Beklagten berufen sich insoweit lediglich auf eine Presserklärung vom 24.07.2008 (Anlage G8). Der Vortrag der Beklagten enthält keine hinreichenden Angaben zu den Lizenzbedingungen. Die Presseerklärung zum Erwerb der Schutzrechte von A vom 12.01.2012 (Anlage G9) erwähnt dagegen nur allgemein die Weitergeltung von Lizenzvereinbarungen, die A geschlossen hat, nicht aber eine G-Lizenz. Aber auch aus weiteren Gründen verfängt der Hinweis auf eine angebliche G-Lizenz nicht. Im Einzelnen:
221a)
222Eine Erschöpfung in Deutschland behaupten die Beklagten nicht, zumindest nicht hinreichend substantiiert. Soweit sie auf S. 13 der Duplik vom 24.08.2015 (Bl. 191 f. GA) allgemein die Frage der Erschöpfung erörtern, dürfte dies auf die Situation in China bezogen sein. In jedem Falle fehlt es an einem substantiierten Behaupten einer Erschöpfung in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland. Ob dagegen in China Erschöpfung eingetreten ist, muss nicht entschieden werden. Denn soweit die Beklagten damit argumentieren, das Lizenzangebot der Klägerin entspräche nicht FRAND-Vorgaben, da trotz Erschöpfung Lizenzgebühren für China gefordert werden, steht das der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im vorliegenden Fall nicht entgegen. Denn auf das Angebot der Klägerin kommt es letztlich nicht an (vgl. die Ausführungen oben unter IV. 1.).
223b)
224Soweit die Beklagten vortragen, aufgrund der G-Lizenz sei die Nutzung des Klagepatents auch ohne Erschöpfung in Europa abgegolten, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen ist (wie gesehen) die Existenz der G-Lizenz nicht nachgewiesen. Zum anderen ist unklar, warum eine nicht spezifizierte Lizenzleistung von G an A hier der Geltendmachung von Ansprüchen entgegenstehen soll. Der Vortrag der Beklagten ist insoweit spekulativ, die Gegenleistung wird nicht ansatzweise konkretisiert.
225c)
226Schließlich erscheint zweifelhaft, warum eine Beweislastumkehr für die Chipsätze anderer Hersteller gelten soll. Letztlich kommt es darauf nicht an. Bereits für die behauptete G-Lizenz lässt sich nicht feststellen, dass diese den Ansprüchen der Klägerin entgegensteht.
2273.
228Die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche stellt auch keinen Fall der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB dar. Die Beklagten berufen sich insoweit auf ein (behauptetes) Verhalten der ursprünglichen Patentinhaberin A (bzw. hier der A.). Diese habe während der Standardisierung die Anmeldung zum Klagepatent vorsätzlich nicht der Standardisierungsorganisation gemeldet und so einen sog. Patenthinterhalt begangen.
229Es kann dahingestellt bleiben, ob A tatsächlich das Vorhandensein des Klagepatents verschwiegen hat und ob sich die Klägerin ferner dieses Verhalten zurechnen lassen muss. Selbst wenn man diese beiden Punkte bejaht, würde der Einwand aus § 242 BGB letztlich nicht durchgreifen.
230Nach § 4.1 der ETSI IPR-Policy (vorgelegt als Anlage G12a) sollen bei der Standardisierung die beteiligten Unternehmen standardrelevante Schutzrechte offenlegen. Geschieht dies, wird nach § 6.1 der ETSI-IPR-Policy der Patentinhaber aufgefordert, schriftlich seine Bereitschaft zu erklären, an dem jeweiligen Patent Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu vergeben. Solange eine solche Erklärung nicht vorliegt, kann die Arbeit am Standard unterbrochen werden (§ 6.3 ETSI-IPR-Policy). Für den Fall, dass keine FRAND-Erklärung abgegeben wird und eine alternative, patentfreie technische Lösung existiert, soll diese Alternative zum Gegenstand des Standards gemacht werden (§ 8.1.1 ETSI-IPR-Policy). Damit ist sichergestellt, dass die im Standard aufgenommene Lehre für jedermann zu FRAND-Lizenzbedingungen genutzt werden kann.
231Allerdings führt ein sog. Patenthinterhalt, also das vorsätzliche Verschweigen eines Schutzrechts während der Standardisierung mit dem Zwecke, nach Festlegung des Standards überhöhte Lizenzgebühren verlangen zu können, grundsätzlich nicht dazu, dass der Patentinhaber den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch aus dem verschwiegenen Patent überhaupt nicht mehr durchsetzen kann. Rechtsfolge ist vielmehr nur eine Lizenzierungspflicht zu FRAND-Bedingungen an diesem Patent (LG Düsseldorf – Urteil vom 24.04.2012 – Az. 4b O 274/10 – Rn. 252 bei Juris – FRAND-Erklärung; differenzierend Korp, Der Patenthinterhalt, Diss., 2014, S. 77, wonach u.U. eine Freilizenz Rechtsfolge eines Patenthinterhalts sein kann; die hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht hinreichend ersichtlich). Durch die FRAND-Lizenzierungspflicht werden Dritte nämlich zutreffend so gestellt, als ob sich der SEP-Inhaber bei der Standardisierung ordnungsgemäß verhalten hätte. Weitergehende Einschränkungen des Patentinhabers würden über den Ausgleich des Fehlverhaltens hinausgehend eine nicht gerechtfertigte Bestrafung bedeuten.
232Eine Verpflichtung der Klägerin zur Lizenzierung zu FRAND-Bedingungen besteht aber ohnehin. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies ohne eine entsprechende FRAND-Erklärung bereits ohne Weiteres aus Art. 102 AEUV folgt (so dass letztlich ein Patenthinterhalt stets folgenlos bleibt). Denn die Verpflichtung, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu vergeben, folgt hier zumindest aus der FRAND-Erklärung der Klägerin, die sie gegenüber ETSI abgegeben hat und die auch das Klagepatent umfasst (Anlage AR3).
233Mit der Abgabe der FRAND-Erklärung durch die Klägerin ist ein eventueller Verstoß (Patenthinterhalt) der früheren Inhaberin des Klagepatents geheilt. Hätte A eine entsprechende FRAND-Erklärung für das Klagepatent abgegeben, hätte der Aufnahme der patentierten Lehre in den Standard nichts entgegengestanden. Dass in diesem Fall eine andere technische Lösung standardisiert worden wäre, ist nicht ersichtlich. Damit unterscheidet sich nach Abgabe der FRAND-Erklärung die rechtliche Situation nicht von der Lage, die bestände, wenn sich A im Einklang mit der ETSI-IPR-Policy verhalten hätte und vor Festlegung des Standards auf das Klagepatent hingewiesen und eine FRAND-Erklärung hierfür abgegeben hätte.
2344.
235Der von der Beklagten vorgebrachte Dolo-Agit-Einwand greift nicht durch. Wie beim kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand erörtert, liegt letztlich kein missbräuchliches Verhalten der Klägerin vor.
236Soweit sich die Beklagten auf § 242 BGB ferner unter dem Aspekt berufen, dass die Klägerin eine Lizenz an dem standardessentiellen Klagepatent nur zusammen mit nicht standardessentiellen Patenten und ausschließlich im Rahmen einer unzulässigen geographischen Koppelung anböte, greift dies ebenfalls nicht durch. Wie oben erörtert, führt ein nicht FRAND-gemäßes Lizenzangebot in erster Linie nur dazu, dass die Beklagten hierauf reagieren müssen, wenn sie den Einwand missbräuchlichen Verhaltens aus Art. 102 AEUV erheben wollen. Eine angemessene Reaktion hierauf ist aber nicht erfolgt.
237V.
238Aus der Patentverletzung ergeben sich damit die geltend gemachten Ansprüche:
2391.
240Da die Beklagten das Klagepatent im Inland widerrechtlich benutzt haben, sind sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der im Inland begangenen Benutzungshandlungen verpflichtet.
2412.
242Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents zuzüglich eines Monats schulden die Beklagten daher als Gesamtschuldnerinnen Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin sowie deren Einzelrechtsvorgängerinnen aufgrund der Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
243Die Beklagten trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Als Fachunternehmen hätten sie bei Anwendung der von ihnen im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB.
244Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagten hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
2453.
246Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen.
2474.
248Der Anspruch der Klägerin, von der Beklagten zu 1) die Vernichtung der Verletzungsgegenstände zu verlangen, an denen sie im Inland Besitz oder Eigentum hat, ergibt sich aus Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 PatG.
2495.
250Die Pflicht der Beklagten, die von ihnen im Inland in Verkehr gebrachten patentverletzenden Erzeugnisse zurückzurufen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen, folgt aus Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 3 PatG.
2516.
252Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt. Ansprüche aus dem Klagepatent verjähren gemäß Art. 64 EPÜ, § 141 PatG, §§ 199 Abs. 1, 195 BGB innerhalb von drei Jahren ab Ablauf des Jahres, in welchem der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
253Die Beklagten bringen insoweit zum einen vor, der Klägerin habe aufgrund ihrer Bemühungen um die Lizenzierung ihres sogenannten Wireless-Patentportfolios, zu dem auch das Klagepatent gehört, seit Ende 2012 von UMTS-fähigen Produkten der Beklagten und damit von der angeblichen Verletzung wissen müssen. Das lässt zum einen nicht in nachvollziehbarer Weise erkennen, warum die Klägerin gerade von Produkten der Beklagten hätten Kenntnis erlangen müssen, und begründet zum anderen den Einwand der Verjährung deshalb nicht, weil die Klage im Jahre 2014 erhoben wurde, als, gerechnet ab dem Ende des Jahre 2012, die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war.
254Zum anderen bringen die Beklagten vor, der Klägerin hätte aufgrund ihres Mitwirkens am Standard bereits ab der Erteilung des Klagepatents bekannt sein müssen, dass alle Mobilfunkgeräte, die den Standard erfüllen, zugleich auch von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Dieses Vorbringen zeigt jedoch nicht auf, dass aus der bloßen Kenntnis von der Standardrelevanz des Klagepatents zugleich eine Kenntnis oder wenigstens ein Kennenmüssen der Beklagten als etwaige Schuldner und der angegriffenen Ausführungsform als solchen Produkten gefolgt wäre, die den Standard erfüllen. Der bloße Umstand, dass ein bestimmtes Schutzrecht relevant ist für die Erfüllung eines technischen Standrads, vermittelt noch keine Kenntnis darüber, welche Produkte welches Herstellers oder Anbieters den technischen Standard erfüllen.
255VI.
256Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO ist nicht geboten. Die Abwägung der wechselseitigen Parteiinteressen steht der Aussetzung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die parallele Nichtigkeitsklage umgekehrten Rubrums entgegen.
2571.
258Nach Auffassung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) bestätigt wurde, stellt die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen und damit dem Angriff auf das Klagepatent entgegen § 58 Abs. 1 PatG eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen. Hierbei hat die Kammer des Verletzungsgerichts eine Prognoseentscheidung über den Gang des Nichtigkeitsverfahrens zu treffen, ohne dass sie dessen – auch nur erstinstanzliches – Ergebnis vorwegnehmen könnte. Deshalb und mit Rücksicht auf die Besetzung des Verletzungsgerichts ohne technisch Fachkundige kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn die Vernichtung des Klagepatents hinreichend wahrscheinlich erscheint. Bei der Prüfung von als neuheitsschädlich eingewandten druckschriftlichen Entgegenhaltungen kommt eine Aussetzung demnach nur in Betracht, wenn das Verletzungsgericht die Vorwegnahme sämtlicher Merkmale so eindeutig bejahen kann, dass keine erheblichen Zweifel entgegenstehen. Wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit oder einer angeblichen unzulässigen Erweiterung ist bereits dann nicht auszusetzen, wenn sich für eine Bejahung der Erfindungshöhe und der Patentfähigkeit im Übrigen zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
259Vorliegend spricht gegen die Aussetzung im Hinblick auf das parallele Nichtigkeitsverfahren zusätzlich der Umstand, dass das Klagepatent bereits ein Rechtsbestandsverfahren durchlaufen hat, nämlich dasjenige Einspruchsverfahren, welches zur eingeschränkten Aufrechterhaltung nach Maßgabe der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2012 geführt hat (Anlage B-18a, in deutscher Übersetzung als Anlage B-18b). Auch wenn die damalige Einspruchsführerin den Einspruch alsbald zurückgenommen hat, ist das Klagepatent gleichwohl nach seiner Erteilung durch ein technisch fachkundig besetztes Gremium nochmals auf seinen Rechtsbestand hin überprüft und im vorliegend im Verletzungsverfahren geltend gemachten Umfang aufrecht erhalten worden.
2602.
261Gemessen an diesen Maßstäben erscheint ein Erfolg der Rechtsbestandsangriffe gegen das Klagepatent nicht hinreichend wahrscheinlich.
262a)
263Der auf die WO N (im parallelen Nichtigkeitsverfahren Einwendung NK4; im Folgenden: WO ‘N) gestützte Angriff wegen angeblich mangelnder Neuheit des Klagepatents hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
264Hinsichtlich der Merkmalsgruppen 3. und 4. fehlt es an einer hinreichend eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung mindestens zweier voneinander unabhängiger Zeitnehmer, also klagepatentgemäßer Mittel zum Bestimmen einer Ablaufzeit. Zwar offenbart die WO ‘N zwei unterschiedliche Zeitspannen, nämlich zum einen eine Zeitspanne 504 zum Empfang eines Codeworts (englisch „receive codeword timing interval“, Seite 9, Zeilen 22 bis 27 der WO ‘N) und zum anderen eine Zeitspanne 516 zur Wiederherstellung einer Funkverbindung gemäß einem Protokoll MUX 3 (Seite 10, Zeilen 16 bis 29 der WO ‘N). Indes fehlt es innerhalb der Offenbarung WO ‘N an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass diese beiden Zeitspannen gleichzeitig und unabhängig voneinander mithilfe von zwei unterschiedlichen Zeitnehmern überwacht werden können. Damit fehlt es aber gerade an der Offenbarung des Lösungsansatzes, mit dem das Klagepatent in Abgrenzung zum Stand der Technik eine flexible Überwachung derjenigen Zeitspannen gewährleisten will, die für Dienste unterschiedlicher Kategorien technisch geboten sind.
265Auch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentams (EPA) ist in ihrer Entscheidung vom 02.02.2012 zu dem Ergebnis gelangt, dass die der WO ‘N entsprechende US 5 280 541 (dort als Entgegenhaltung D5 bezeichnet) nur einen einzigen, wenngleich auf mehrere mögliche Zeitwerte einstellbaren Zeitnehmer offenbart, nicht aber die Ausführung mehrerer Zeitnehmer mit Rücksicht auf unterschiedliche Kategorien von Diensten (Anlage B-18a, Seite 6, Anlage B-18b, Seite 5, jeweils unter Ziffer 3.4 im dritten Absatz).
266Daraus folgt zugleich, dass eine hinreichende Voroffenbarung des Merkmals 6. wenigstens fraglich ist. Mangels einer Offenbarung zu voneinander unabhängigen Zeitnehmern fehlt es dementsprechend auch an einer Offenbarung zweier Ablaufzeiten, die zwar auf denselben Wert gesetzt werden können, aber auch voneinander unabhängige Wert annehmen können, wobei die unterschiedlichen Zeiten unabhängig voneinander überwacht werden.
267Schließlich erscheint die Voroffenbarung klagepatentgemäßer Funkträger gemäß den Merkmalen 2.1, 3.2 und 4.2 nicht hinreichend eindeutig. Sofern die Beklagten vorbringen, die in der WO ‘N gelehrten Transceiver (Seite 1, Zeile 33, übergreifend bis Seite 2, Zeile 2 der WO ‘N) seien die Funkträger im Sinne des Klagepatents, kann dem aus dem oben unter III.1.a) dargelegten Erwägungen nicht gefolgt werden. Ein Transceiver ist ausweislich der ausdrücklichen Lehre der WO ‘N ein technisches Mittel, das mehrere Kommunikationskanäle bereitstellt („providing multiple RF channels“). Es ist nicht erkennbar, dass insoweit ein Mittel zur Zuteilung und Verwaltung von Funkressourcen in einer Netzwerkarchitektur auf der Schicht der physischen Verbindung (layer 1, physical) und/oder der Datensicherung (layer 2, data link) offenbart wird. Namentlich fehlt jeder Ansatzpunkt dafür, dass die in der WO ‘N offenbarten Transceiver Teil einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung sind: Die Beklagten verweisen insoweit lediglich auf die Offenbarung der WO ‘N (Seite 2, Zeile 35, übergreifend auf Seite 3, Zeile 2), gemäß der das Protokoll MUX-1 für bestimmte Arten von Signalen und Nachrichten angewandt wird. Das lässt indes nicht erkennen, inwiefern die angeblich als Funkträger offenbarten Transceiver Teil einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung sein sollen, weil außerdem nicht offenbart wird, ob und wenn ja inwieweit das Protokoll MUX-1 Funkressourcen soll steuern können.
268b)
269Ebenso wenig erscheint es hinreichend wahrscheinlich, dass dem Klagepatent die wirksame Inanspruchnahme der finnischen Priorität FI Ovom 24.03.2000 (Prioritätsdokument im Nichtigkeitsverfahren ohne Übersetzung vorgelegt als Anlage NK0-P; im folgenden: FI ‘O) aberkannt und deswegen das Standard-Dokument ETSI TS 125 331V3.2.0 (vorgelegt als Anlage NK1) entgegengehalten wird.
270Voraussetzung einer wirksamen Inanspruchnahme der Priorität eines prioritätsälteren Dokuments ist die vollständige Offenbarung derselben Erfindung der Nachanmeldung in einer Weise, die es dem Fachmann gestattet, dieselbe Erfindung unmittelbar und eindeutig dem älteren Dokument zu entnehmen, wobei sich die notwendige Offenbarung aus dem älteren Dokument insgesamt ergeben, also gleichermaßen in den Ansprüchen, der Beschreibung oder den Zeichnungen des älteren Dokuments enthalten sein kann (Fitzner/Lutz/Bodewig/Beckmann, Patentrechtskommentar, 4. Aufl., Art. 87 EPÜ, Rdn. 31f.). Gemessen hieran erscheint es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren auf eine unwirksame Inanspruchnahme der Priorität der FI ‘O erkennen wird.
271Der Angriff der Beklagten, die FI ‘O offenbare nur einen Dienst einer Kategorie, nicht aber wenigstens zwei Dienste unterschiedlicher Kategorien hat keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die FI ‘O dürfte hinreichend deutlich und unmittelbar die Ausführung zweier kategorisch unterschiedlicher Dienste offenbaren, deren Ausfall aufgrund einer Verbindungsunterbrechung jeweils gesondert überwacht und durch Wiederherstellungsversuche innerhalb je gesondert festgelegter und überwachter Wiederherstellungszeiten begegnet werden soll. In der Beschreibung der FI ‘O heißt es hierzu (NK0-P, Seite 8, Zeilen 16 bis 37):
272„Throughout a period 201 the UE has been communicating with the UTRAN through a set of radio bearers belonging to an RRC connection. For the sake of example we assume that there has been at least one active radio bearer for providing real time services and one active radio bearer for providing non-real term services. At least once during the period 201 the UTRAN hast sent to the UE a dedicated control channel message; messages 202 und 203 are shown in Fig. 2a.
273At a certain time instant 204 there is a radio link failure which cuts the radio connection between the UE and the UTRAN. When the UE detects that the radio connection has been lost, it starts at least one timer. Also when the UTRAN detects that the radio connection has been lost, it starts at least one timer. […]
274In the embodiment illustrated in Fig. 2a the UE and the UTRAN both start at least two timers: at least one concerning the re-establishment of the radio connection for the part of the RT-related radio bearers and at least one more concerning the re-establishment of the radio connection for the part of the NRT-related radio bearers.“
275Zu deutsch:
276„Während einer Zeitspanne 201 hat das UE mit dem UTRAN über eine Reihe von Funkträgern kommuniziert, die zu einer RRC-Verbindung gehören. Zu Beispielszwecken nehmen wir an, dass wenigstens ein aktiver Funkträger Echtzeitdienste zur Verfügung gestellt hat und dass ein aktiver Funkträger Nicht-Echtzeitdienste zur Verfügung gestellt hat. Wenigstens einmal innerhalb der Zeitspanne 201 hat das UTRAN an die UE eine dedicated control channel-Mitteilung gesendet; die Mitteilung 202 und 203 sind in Figur 2a gezeigt.
277Zu einem bestimmten Zeitpunkt 204 tritt ein Funkverbindungsfehler auf, der die Funkverbindung zwischen der UE und dem UTRAN unterbricht. Sobald die UE den Verlust der Funkverbindung feststellt, startet sie wenigstens einen Zeitnehmer. Auch das UTRAN startet, sobald es den Verlust der Funkverbindung feststellt, wenigstens einen Zeitnehmer. […]
278In der in Fig. 2a dargestellten Ausführungsform starten sowohl die UE als auch das UTRAN wenigstens zwei Zeitnehmer: wenigstens einen Zeitnehmer für die Wiederherstellung der Funkverbindung für die Anteile der Funkträger, welche auf die Echtzeitdienste bezogen sind, und wenigstens einen weiteren für die Wiederherstellung der Funkträger, welche auf die Nicht-Echtzeitdienste bezogen sind.“
279Demgemäß offenbart die FI ‘O an dieser Stelle zum einen Echtzeitdienste, zum anderen Nicht-Echtzeitdienste. Dass diese Dienste sich in ihrer Kategorie voneinander unterscheiden, ist in der FI ‘O in derselben Weise offenbart wie im Klagepatent (Seite 2, Zeilen 4 bis 11 der FI ‘O).
280Ebenfalls kaum Aussicht auf Erfolg hat demnach der Einwand der Beklagten, die FI ‘O offenbare keine mindestens zwei aktiven Funkträger im Sinne des Klagepatents. Aus der wiedergegebenen Beschreibungspassage der FI ‘O folgt zugleich die Offenbarung wenigstens zweier aktiver Funkträger, von denen der eine einen Echtzeitdienst ermöglicht, während der andere einen Nicht-Echtzeitdienst ermöglicht. Dies entspricht der technischen Lehre des Klagepatents, wenigstens zwei aktive Funkträger für wenigstens zwei in ihrer Kategorie unterschiedliche Dienste vorzusehen.
281c)
282Ebenso wenig hat der auf den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gestützte Angriff der Beklagten hinreichende Aussicht auf Erfolg.
283Eine unzulässige Erweiterung des erteilten Schutzrechts gegenüber seiner ursprünglichen Anwendung ist nach Art. 123 EPÜ dann anzunehmen, wenn der Schutzbereich nach Erteilung den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung verlässt. Es kommt dabei, ähnlich wie bei der Prüfung der wirksamen Inanspruchnahme einer Priorität, darauf an, ob die vom Schutzbereich umfasste technische Lehre aus der Gesamtheit der Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung folgt, so dass für die Prüfung die Ansprüche der ursprünglichen Anmeldung ebenso zu berücksichtigen sind wie die Beschreibung und die Zeichnungen (Fitzner/Lutz/Bodewig/Müller, a.a.O., Art. 123 Rdn. 121f. und 128). Demnach lässt sich eine unzulässige Erweiterung des Klagepatents gegenüber seiner ursprünglichen Anmeldung gemäß dem Dokument WO P(Anlage NK0-W im Nichtigkeitsverfahren; im Folgenden WO ‘P) nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten.
284Die Beklagten führen auch insoweit an, die Ausführung zweier Dienste unterschiedlicher Kategorie sowie die Überwachung zweier unterschiedlicher Ablaufzeiten bezüglich der Wiederherstellung der Funkträger für diese Dienste sei nicht voroffenbart. Die WO ‘P offenbart in ihrer Beschreibung (Seite 1, Zeile 31 bis Seite 2, Zeile 4 der WO ‘P) ebenso wie das Klagepatent Echtzeitdienste (RT) und Nicht-Echtzeitdienste (NRT), welche sich kategorisch voneinander unterscheiden. Zum Ablauf von Zeitnehmern, welche auf diese Dienste bezogen sind, offenbart die WO ‘P in ihrer Beschreibung sodann Folgendes (Seite 10, Zeilen 5 bis 10 sowie 24 bis 27):
285„The RT timer(s) in the UE expire at a certain later time instant 205, which is not very much after the time instant 204 which meant the failure of the radio link – as we noted in the description of prior art, typical expiry times for RT re-establishment timers is in the order of seconds. Correspondingly, the RT timer(s) in the RNC expire at a time instant 207 which is slightly later than the time instant 206. The reason for lightly delaying the timer expiration in the RNC is that also such cases must be allowed for where the UE finds itself to on an “in service area” only a very short moment before the timer(s) in the UE would expire. It takes time for the UE to react, and since the re-establishment of the RRC connection relies on a UE-originating radio transmission which may even undergo a retransmission before successful reception at the UTRAN, it would be operationally unwise if the timer(s) at the RNC would expire simultaneously with the UE timers. […]
286According to an aspect of the invention, the NRT timer(s) of the UW expire at a certain still later time instant 208, which may be as long several minutes after the radio link failed. Again after a certain delay, the NRT timer(s) of the RNC expire at time instant 209.“
287Zu deutsch:
288„Der oder die RT-Zeitnehmer der UE laufen zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt 206 ab, der nicht sehr weit nach dem Zeitpunkt 204 liegt, welche den Ausfall der Funkverbindung bezeichnet – wie wir bereits in der Beschreibung des Standes der Technik ausgeführt haben liegen die typischen Zeiten für die RT-Wiederherstellungszeitnehmer in der Größenordnung von Sekunden. Dementsprechend laufen der oder die RT-Zeitnehmer des RNC zu einem Zeitpunkt 207 ab, der ein wenig später als der Zeitpunkt 206 liegt. Der Grund für die leichte Verzögerung des Zeitnehmer-Ablaufs im RNC liegt darin, dass viele Fälle zugelassen werden müssen, in denen die UE ihre Position in einem „Gebiet mit Dienst“ erst einen kurzen Moment vor dem Ablauf des oder der Zeitnehmer der UE feststellt. Die UE braucht Zeit um zu reagieren und da die Wiederherstellung der RRC-Verbindung auf einer von der UE ausgehenden Funkübertragung beruht, die womöglich gar eine Rückübertragung durchläuft, bevor sie erfolgreich vom UTRAN empfangen wird, wäre es im Betrieb unklug, wenn der oder die Zeitnehmer des RNC zeitglich mit den Zeitnehmer der UE abliefen.[…]
289Nach einem Aspekt der Erfindung laufen der oder die NRT-Zeitnehmer zu einem bestimmten noch später gelegenen Zeitpunkt 208 ab, der sogar mehrere Minuten nach dem Abbruch der Funkverbindung liegen kann. Nach wiederum einer gewissen Verzögerung laufen der oder die NRT-Zeitnehmer des RNC zum Zeitpunkt 209 ab.“
290Hierdurch wird nicht nur die Ausführung zweier kategorisch unterschiedlicher Dienste (nämlich: Echtzeit- und Nicht-Echtzeitdienste) durch die Kommunikationsvorrichtung offenbart, sondern insbesondere auch das Vorsehen unterschiedlicher Zeitnehmer, die den Zeitablauf für die Wiederherstellung der Steuerungsverbindung für jeden der beiden Dienste deshalb unabhängig voneinander überwachen können, weil es sich um mindestens zwei unterschiedliche Zeitnehmer handelt, die demgemäß in der Lage sind, zwei voneinander unabhängige Zeiten zu überwachen, nämlich für die Echtzeit-Dienste eine erheblich kürzere Ablaufzeit als für die Nicht-Echtzeit-Dienste.
291d)
292Schließlich begründet es keine hinreichende Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage, dass die Beklagten im Verletzungsprozess geltend machen, die technische Lehre des Klagepatents ergebe sich in naheliegender Weise aus einer Kombination der älteren Fassung des Standards (Stand 1999, vorgelegt als NK3) mit einem wissenschaftlichen Beitrag aus dem Jahre 1998 (Shin / Han, Fast Low-Cost Recovery for relaibe Real-Time Multimedia Communication; vorgelegt als NK6, in deutscher Übersetzung als NK6a).
293Zum einen hat dieser Angriff, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 29.09.2015 eingeräumt haben, keinen Eingang in das Nichtigkeitsverfahren gefunden. Im Nichtigkeitsverfahren stellen die Beklagten die erfinderische Tätigkeit nur im Hinblick auf eine Kombination der Offenbarung aus der NK3 mit dem allgemeinen fachmännischen Wissen sowie mit zwei anderen Fachbeiträgen (NK7 und NK8) in Abrede. Dass die NK6 das allgemeine Fachwissen manifestiere oder denselben Offenbarungsgehalt wie NK7 und/oder NK8 habe, bringen die Beklagten nicht vor.
294Zum anderen ist nicht ersichtlich, welchen Anlass der Fachmann im Prioritätszeitpunkt gehabt haben sollte, den Offenbarungsgehalt der NK6 zur Lösung des objektiven technischen Problems heranzuziehen. Der Standard in seiner älteren Fassung offenbart nicht das Vorsehen technischer Mittel, welche die gleichzeitige Bestimmung zweier für Dienste unterschiedlicher Kategorie maßgeblicher und voneinander verschiedener Ablaufzeiten ermöglichen. Eine solche Lehre offenbart die NK6 indessen ebenso wenig. Zwar beschäftigt sich die NK6 im Ausgangspunkt mit der Problematik des unterschiedlichen Maßes an Ausfall- und Fehlertoleranz in unterschiedlichen Kategorien von Diensten. Die von der NK6 vorgeschlagene technische Lösung weist aber ersichtlich in eine andere Richtung. Die NK6 schlägt für die Wiederherstellung unterbrochener Verbindungen ein „backup multiplexing“ vor, also einen Mechanismus zur Verteilung von Ressourcen auf Auffang-Kanäle (backup channels) in der Weise, dass sich die Auffang-Kanäle die Ressourcen teilen müssen, der in Anspruch genommene Umfang von Ressourcen mithin nicht proportional mit der Anzahl der bereitgehaltenen Auffang-Kanäle wächst. Vielmehr werden diese Ressourcen nach Art eines Multiplexing (Verteilung von Signalen über mehrere Übertragungswege) ge- und verteilt. Dazu heißt es in der NK6 (Seite 12, Ende des ersten Absatzes und zweiter Absatz und dritter Absatz):
295„Thus, raw backup channels are too expensive to be useful for multimedia networking.
296To alleviate this problem, we have developed a resource-sharing technique, called backup multiplexing. Its basic idea is that on each link, we reserve only a very small fraction of link resources needed for all backup channels going through the link. In this article, we consider only link-bandwidth for simplicity, but other resources like buffer and CPU can be treated similarly.
297With backup multiplexing, backup channels are overbooked via a meta-admission test, in which some existing backup channels are not accounted for in the admission test of a new backup channel. It is, in essence, equivalent to resource sharing between the new backup and those backups unaccounted for.“
298Zu deutsch
299„Demnach sind bloße Auffangkanäle zu aufwendig, um in einer Multimedia-Vernetzung von Nutzen zu sein.
300Um diesem Problem zu begegnen, haben wir einen Mechanismus zur Aufteilung von Ressourcen entwickeln, genannt backup multiplexing. Die wesentliche Idee besteht darin, dass wir für jede Verbindung nur einen kleinen Bruchteil der Verbindungsressourcen reservieren, die für alle durch die Verbindung verlaufenden Auffangkanäle nötig wären. In diesem Beitrag betrachten wir zur Vereinfachung nur die Verbindungs-Bandbreite, aber andere Ressourcen wie Arbeitsspeicher und die zentrale Prozessoreinheit können ähnlich behandelt werden. Beim backup multiplexing werden die Auffangkanäle mithilfe einer Meta-Zugangsprüfung überbucht, so dass einige der bestehenden Auffangkanäle bei der Zugangsprüfung eines neuen Auffangkanals unberücksichtigt bleiben. Dies entspricht im Wesentlichen der Aufteilung von Ressourcen zwischen dem neuen Auffangkanal und den unberücksichtigten Auffangkanälen.“
301Die NK6 zielt also überhaupt nicht auf die Überwachung einer Zeit, innerhalb derer die Wiederherstellung der Verbindung geschehen muss, sondern geht einen ganz anderen Weg: Sie hält an der Möglichkeit fest, Auffangkanäle in ausreichender Zahl beizubehalten. Dem drohenden Nachteil, dass für die Auffangkanäle zu viele Verbindungsressourcen gebunden bzw. verbraucht werden, begegnet die NK6 mit dem Vorschlag des backup multiplexing, also einer Aufteilung der Ressourcen unter einer Vielzahl von Auffangkanälen, so dass nicht jedem Auffangkanal die Ressourcen im eigentlich erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen.
302VII.
303Für das weitere hilfsweise Begehren der Beklagten, es ihnen vor der Entscheidung über den Unterlassungsanspruch innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu gestatten, der Klägerin ein neues Lizenzangebot zu unterbreiten, fehlt sowohl prozessual als auch materiell-rechtlich eine Grundlage. Maßgeblich für die Entscheidungsfindung ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, § 296a ZPO. Zu diesem Zeitpunkt war es der Klägerin kartellrechtlich nicht verwehrt, die Ansprüche aus dem Klagepatent gegen die Beklagten geltend zu machen. Eine zeitlich danach durch ein neuerliches Lizenzangebot der Beklagten womöglich veränderte Sachlage muss unberücksichtigt bleiben.
304Auch der vom EuGH formulierte Ablaufplan für den Abschluss eines FRAND-gemäßen Lizenzvertrags sieht eine solche Fristsetzung nicht vor. Der EuGH geht davon aus, dass eine Einigung über einen Lizenzvertrag zügig erfolgen soll – insofern darf der Patentbenutzer keine Verzögerungstaktik anwenden und muss sein Gegenangebot binnen kurzer Frist vorlegen. Dies würde untergraben werden, wenn dem Patentbenutzer, der sich nicht an die EuGH-Vorgaben hält, die Chance eines weiteren Gegenangebots gegeben wird.
305So liegt der Fall hier. Vor der Klageeinreichung gab es bereits Lizenzierungsgespräche. Während des Verfahrens wurden drei Gegenangebote eingereicht, wobei die Beklagten rechtzeitig weder abgerechnet noch Sicherheit geleistet haben. Ihnen nunmehr zu gestatten, vor Ausurteilung eines Unterlassungstitels weitere Gegenangebote zu machen, würde den Rechtsstreit verzögern und das zeitlich begrenzte Recht der Klägerin, den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch aus dem Klagepatent geltend zu machen, unangemessen beeinträchtigen. Wie oben dargestellt könnte ein solches Gegenangebot ohnehin mangels rechtzeitig mit der Ablehnung der früheren Angebote erfolgten Rechnungslegung und Sicherheitsleistung nicht gegen die Ansprüche der Klägerin eingewandt werden.
306VIII.
307Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
308Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
309Den Beklagten ist kein Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO zu gewähren. Es lässt sich nicht feststellen, dass den Beklagten aus einer Vollstreckung des Urteils und namentlich des Unterlassungstenors ein nicht zu ersetzender Nachteil droht, welcher gemäß § 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Gewährung von Vollstreckungsschutz rechtfertigen könnte. Unter einen solchen nicht zu ersetzenden Nachteil, der freilich zunächst eine Abwägung der Interessen zwischen Vollstreckungsgläubiger und -schuldner erforderlich machen würde (Zöller / Herget, Komm. z. ZPO, 30. Aufl., § 712 Rdn. 3), sind solche Umstände nicht zu fassen, die gerade durch die Vollstreckung ausgelöst werden, und die sich nicht in den regelmäßig eintretenden Folgen einer Vollstreckung erschöpfen (Zöller / Herget, a.a.O., § 707 Rdn. 13).
310Vorliegend machen die Beklagten alleine solche drohenden Folgen einer Vollstreckung geltend, die der Geltendmachung eines Patents als Ausschließlichkeitsrecht wesenseigen sind, nämlich die Nichterfüllbarkeit bereits eingegangener vertraglicher Verpflichtungen gegenüber den Abnehmern der angegriffenen Ausführungsform sowie anschließende Lieferausfälle, die den Ruf der Beklagten beeinträchtigten könnten. Sollte auf solche Folgen einer Vollstreckung Rücksicht genommen werden, könnten Verurteilungen zur Unterlassung aus einem Patent kaum vollstreckt werden, denn typischer Weise ist derjenige, der in gewerblicher Weise die Lehre eines Patents nutzt, Dritten gegenüber vertraglich verpflichtet, seine Nutzungshandlung fortzusetzen, etwa durch die Lieferung patentgemäßer Vorrichtungen. Das dem entgegenstehende Interesse des Patentinhabers, sein Schutzrecht zeitnah durchsetzen zu können, hat dabei besonderes Gewicht, weil das Patent nur eine begrenzte Schutzdauer hat (vgl. zur Bedeutung des Interesses des Gläubigers, für den die Zeit ohne Vollstreckung eines Unterlassungstitels unwiederbringlich verloren ist im wettbewerbsrechtlichen Zusammenhang auch Ahrens / Bähr, Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 29 Rdn. 82). Nicht zustimmungswürdig erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls die Auffassung der Beklagten, in Patentstreitsachen müsse grundsätzlich Vollstreckungsschutz gewährt werden. Solches lässt sich, anders als die Beklagten meinen, auch nicht der obergerichtlichen Rechtsprechung entnehmen.
311IX.
312Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 01.10.2015 und vom 06.10.2015, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, fanden bei der Entscheidung keine Berücksichtigung. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, §§ 296a, 156 ZPO.
313Dr. D. Vorsitzender Richter am Landgericht |
Dr. C1 Richter am Landgericht |
I. Richter am Landgericht |
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Annotations
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt führt ein Register, das die Bezeichnung der Patentanmeldungen, in deren Akten jedermann Einsicht gewährt wird, und der erteilten Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie Namen und Wohnort der Anmelder oder Patentinhaber und ihrer etwa nach § 25 bestellten Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten angibt, wobei die Eintragung eines Vertreters oder Zustellungsbevollmächtigten genügt. Auch sind darin Anfang, Ablauf, Erlöschen, Anordnung der Beschränkung, Widerruf, Erklärung der Nichtigkeit der Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie die Erhebung eines Einspruchs und einer Nichtigkeitsklage zu vermerken. In dem Register sind ferner der vom Europäischen Patentamt mitgeteilte Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung des europäischen Patents sowie der mitgeteilte Tag des Eintritts der Wirkung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1; L 307 vom 28.10.2014, S. 83) zu vermerken.
(2) Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts kann bestimmen, daß weitere Angaben in das Register eingetragen werden.
(3) Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt im Register eine Änderung in der Person, im Namen oder im Wohnort des Anmelders oder Patentinhabers und seines Vertreters sowie Zustellungsbevollmächtigten, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Solange die Änderung nicht eingetragen ist, bleibt der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. Übernimmt der neu im Register als Anmelder oder als Patentinhaber Eingetragene ein Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, ein Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht oder ein Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof, so ist dafür die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich.
(4) Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz in das Register ein, wenn ihm die Zustimmung des anderen Teils nachgewiesen wird. Der Antrag nach Satz 1 ist unzulässig, solange eine Lizenzbereitschaft (§ 23 Abs. 1) erklärt ist. Die Eintragung wird auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers gelöscht. Der Löschungsantrag des Patentinhabers bedarf des Nachweises der Zustimmung des bei der Eintragung benannten Lizenznehmers oder seines Rechtsnachfolgers.
(5) (weggefallen)
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Patentrechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
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der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Die Erteilung des Patents wird im Patentblatt veröffentlicht. Gleichzeitig wird die Patentschrift veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung im Patentblatt treten die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein.
(2) Wird die Anmeldung nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Möglichkeit der Einsicht in die Akten (§ 32 Abs. 5) zurückgenommen oder zurückgewiesen oder gilt sie als zurückgenommen, so gilt die Wirkung nach § 33 Abs. 1 als nicht eingetreten.
(3) Wird bis zum Ablauf der in § 44 Abs. 2 bezeichneten Frist ein Antrag auf Prüfung nicht gestellt oder wird eine für die Anmeldung zu entrichtende Jahresgebühr nicht rechtzeitig entrichtet (§ 7 Abs. 1 des Patentkostengesetzes), so gilt die Anmeldung als zurückgenommen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
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das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.