Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung, hinsichtlich der Angaben zu a und b unter Vorlage von Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie seit dem 9. Juni 2012

Sekundärstationen zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation zu der Sekundärstation, wobei Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket von der Primärstation zu empfangen, und Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,

und zwar unter Angabe

a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen;

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. bezeichneten und seit dem 9. Juni 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000 in Ziffer I. und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages (Ziffer IV. Kosten).

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um die Frage einer Verletzung des Europäischen Patents EP 1 440 525 (im Folgenden: Klagepatent) durch die Beklagte, sowie über die aus der behaupteten Verletzung abgeleiteten Unterlassungs-, Auskunfts-/Rechnungslegungs-, Schadensersatz-, Rückruf-/Entfernungs- sowie Vernichtungsansprüche.
Die Klägerin ist ein weltweit operierendes Elektronikunternehmen, das u.a. auf dem Gebiet der Mobilfunktechnologie zahlreiche Patente hält. Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des […]ischen Unternehmens [...] Sie vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland UMTS- und LTE-fähige Mobiltelefone und Tablets unter der Marke „[...]“ (vgl. etwa Anlage K3a und b; im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen).
Das UMTS-Netz, in dem auch die LTE-fähigen und UMTS-fähigen Mobiltelefone der Beklagten arbeiten können, beruht u.a. auf folgenden verpflichtend einzuhaltenden Standards:
- ETSI TS 123 002 V5.12.0 (2003-09), Anlage KA2a,
- ETSI TS 125 211 V5.8.0 (2005-12), Anlage KA2b,
- ETSI TS 125 214 V5.9.0 (2004-06), Anlage KA2c,
- ETSI TS 125 213 V5.6.0 (2005-06), Anlage KA2d,
- ETSI TS 125 331 V5.24.0 (2009-07), Anlage KA2e.
Die […] hat Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent zum Bundespatentgericht (Az.: 5 Ni 35/16) erhoben (Anlagen(konvolut) B15).
Die Klägerin wies die [...] schriftlich am 5. Juli 2014 unter Beifügung einer Liste der betroffenen Patente darauf hin, dass sie durch den Vertrieb ihrer Mobiltelefone UMTS- und LTE- standardessentielle Patente der Klägerin verletze (Anlage K4a). Am 15./16. September 2014 erläuterte die Klägerin der [...] gegenüber ihr Lizenzprogramm und übergab schriftliche Unterlagen hierzu (Anlagen K4b und K4c). Die [...] bot der Klägerin im Rahmen einer Besprechung am 25. November 2014 die Übertragung von Patenten an, die sie für essentiell für den LTE bzw. UMTS-Standard erachtete. Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 (Anlage K4h) unterbreitete die Klägerin der [...] ein Lizenzvertragsangebot (Anhang 4) unter Beifügung einer Liste der patentverletzenden Produkte und standardessentielle Patente (Anhang 1 und 2) nebst technischen Beschreibungen (Anhang 3, dort bezogen auch auf das Klagepatent als No. 34). Weitere technische Erläuterungen zu den UMTS- und LTE-Patenten übersendete die Klägerin mit E-Mail vom 25. September 2015 (Anlagen K4i und K4j). Die [...] bot der Klägerin mit Schreiben vom 12. Januar 2016 (Anlage B5) an, Lizenz am weltweiten LTE-/UMTS-Patentportfolio für einen Lizenzsatz von [x] % des Nettoverkaufspreises je Einheit zu nehmen. Es kam in der Folgezeit aber nicht zum Abschluss eines Lizenzvertrages zwischen den Parteien, weshalb die Klägerin durch Klageschrift vom 16. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2015, Klage erhob. Die Beklagte hinterlegte bei der Landesjustizkasse Bamberg im April 2016 einen Betrag von EUR […] (vgl. Hinterlegungsschein, Anlage B27), wobei der Betrag die weltweiten Verkäufe von LTE-/UMTS-fähigen Geräten im Zeitraum 2012 bis 30. Juni 2016 abdecken soll und auf der Grundlage des in der Anlage B5 angebotenen Lizenzsatzes kalkuliert ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Lizenzvertragsverhandlungen zwischen den Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Klägerin ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in Kraft stehenden Klagepatents betreffend ein Funkkommunikationssystem, das unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 19. Oktober 2001 am 15. Oktober 2002 angemeldet wurde. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 9. Mai 2012.
Anspruch 10 lautet (in der deutschen Übersetzung mit Bezugsziffern):
10 
„Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu der Sekundärstation, wobei Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen, und Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.“
11 
Hinsicht des gesamten Inhalts der Klagepatentschrift wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
12 
Die Klägerin trägt vor,
die nach dem UMTS-Standard arbeitenden angegriffenen Ausführungsformen machten von allen Merkmalen des Anspruchs 10 wortsinngemäßen Gebrauch, indem sie den nach UMTS vorgesehenen ARQ-(Automatic Repeat Request)-Prozess durchführen könnten.
13 
Dies gelte insbesondere auch für das Merkmal f2. Denn es sei insoweit ausreichend, dass im Standard der Leistungspegel als Leistungsversatz ΔACK/ΔNACK zu einem Bezugskanal definiert sei und von höheren Netzwerkebenen an die Mobilstation übertragen werde. Hingegen sei nicht erforderlich, dass der Leistungspegel als absolute Größe in dB vorgegeben werde. So hebe auch die Beschreibung in Abschnitten [0026], [0029] und [0048] auf einen Leistungsversatz ab. Unschädlich sei überdies, dass der Leistungsversatz ΔACK/ΔNACK nicht jedes Mal mit dem Informationselement „Uplink DPCH Power Control Info“ übertragen werde, sondern nur dann, wenn sich eine Veränderung ergebe. Denn jedenfalls müsse der Leistungsversatz mindestens einmal übertragen werden, weil sonst eine notwendige Bedingung für eine Übertragung auf den Kanälen HS-SCCH und HS-DSCH nach den Vorgaben des Standards ETSI TS 125 331 V5.24.0 (2009-07), Abschnitt 10.3.6.91, Seite 546 in der dortigen Tabelle (Anlage KA2e) nicht erfüllt sei.
14 
Das Klagepatent werde sich als rechtsbeständig erweisen.
15 
Auf eine Lizenz der Firma [X.] könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Lizenz nur die Chips von [X.] erfasse, nicht aber die Produkte der Beklagten, und die standardgemäßen Funktionalitäten nicht allein durch die lizenzierte Hardware umgesetzt würden.
16 
Schließlich greife der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Einwand nicht durch, da sie die Beklagte insbesondere vor Klageerhebung in ausreichender Weise über die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr ihres FRAND-Angebots informiert und damit alle Obliegenheiten, die der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung Huawei./.ZTE formuliert habe, bereits vor Klageerhebung erfüllt habe. Hierfür genüge die Mitteilung der verlangten Lizenzgebühr je Einheit aus. Jedenfalls sei ausreichend, dass die Klägerin die von der Beklagten vermissten Erläuterungen in ihrer Replik gemacht habe. Zu näheren Erläuterungen sei sie gegenüber der im Grundsatz lizenzunwilligen Beklagten ohnedies nicht verpflichtet gewesen.
17 
Die Klägerin b e a n t r a g t:
18 
I. Die Beklagte wird verurteilt,
19 
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
20 
Sekundärstationen zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation zu der Sekundärstation, wobei Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket von der Primärstation zu empfangen, und Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
21 
- unabhängiger Anspruch 10 -
22 
2. der Klägerin zu 1 in einer gesonderten Aufstellung, hinsichtlich der Angaben zu 2.a. und b. unter Vorlage von Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. Juni 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe
23 
a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
24 
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
25 
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
26 
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen,
27 
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
28 
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin zu 1 einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
29 
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 9. Juni 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
30 
III. Die Beklagte wird verurteilt,
31 
1. die vorstehend unter Ziffer I.1 bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen und seit dem 9. Juni 2012 auf den Markt gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 602 42 895.5 (deutscher Teil des EP 1 440 525) erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst,
32 
2. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben (alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).
33 
Die Beklagte b e a n t r a g t,
34 
die Klage abzuweisen,
35 
hilfsweise:
36 
den Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Rechtsbank Den Haag über die von der [...] gegen die Klägerin erhobene Feststellungsklage auszusetzen.
37 
weiter hilfsweise:
38 
den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die von der [...] beim Bundespatentgericht gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage (Az. 5 Ni 35/16) auszusetzen.
39 
Die Beklagte trägt vor,
sie könne sich auf eine der Firma [X.] erteilte Lizenz berufen, soweit sie deren Chips in den angegriffenen Ausführungsformen einsetze.
40 
Das Klagepatent werde nicht verletzt, da es an einer Verwirklichung des Merkmals f2 fehle. Es werde nur ein Leistungsversatz und kein Leistungspegel übertragen. Zudem sei die Übertragung der Werte ΔACK/ΔNACK nur optional und finde nicht jedes Mal statt. Zudem sei nicht schlüssig dargelegt, dass eine Übertragung von der Primär- an die Sekundärstation erfolge, weil nach dem Standard auch eine Festlegung durch höhere Schichten des Mobiltelefons in Betracht komme.
41 
Im Übrigen stehe der Durchsetzung der Unterlassungs-, Rückruf- und Vernichtungsansprüche der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand entgegen. Die Klägerin habe insbesondere vor Klageerhebung trotz Aufforderung durch die [...] nie erläutert, weshalb die von ihr geforderte Stücklizenz FRAND-Bedingungen entspreche.
42 
Schließlich sei der Rechtsstreit auszusetzen, bis die Rechtsbank Den Haag über die von der [...] angestrengte Feststellungsklage (Anlage B14/14a) entschieden habe, ob das Angebot der Klägerin FRAND-Bedingungen entspricht. Die Klärung dieser Frage sei auch im hiesigen Rechtsstreit von Bedeutung und daher vorgreiflich. Zudem werde sich das Klagepatent nicht gegenüber dem Nichtigkeitsangriff der [...] behaupten können. Das dort eingeführte Dokument [...] 3 nehme die Lehre des Klagepatents neuheitsschädlich vorweg, eine Kombination der Schriften [...] 7 und [...] 8 lege die Erfindung jedenfalls nahe.
43 
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
44 
Die zulässige Klage ist nur in Teilen begründet.
45 
Die auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung gerichteten Anträge waren abzuweisen, da die Klägerin an der Durchsetzung der Ansprüche aus kartellrechtlichen Gründen gehindert ist.
46 
Da die angegriffenen Ausführungsformen indes von der Lehre des geltend gemachten Hauptanspruchs 10 unmittelbar wortsinngemäßen Gebrauch machen, war die Beklagte zur Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen und ihre Schadensersatzverpflichtung festzustellen.
47 
Eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf das vor der Rechtsbank Den Haag anhängige Verfahren war ebenso wenig angezeigt wie eine Aussetzung mit Blick auf die von der [...] erhobene Nichtigkeitsklage.
48 
I. Klagepatent
49 
1. Das Klagepatent betrifft ein Funkkommunikationssystem, welches insbesondere bei UMTS-Verfahren (Universal Mobile Telecommunication System) zwischen einer Primärstation und einer Sekundärstation Anwendung findet.
50 
Die Beschreibung verweist auf ein zunehmendes Bedürfnis danach, große Datenmengen im Wege der Mobilfunkkommunikation an eine Mobilstation zu übertragen wie etwa Internetseiten, die auch Videoclips enthalten. Zu diesem Zweck sei in UMTS das High Speed Downlink Packet Access-(HSDPA)-Verfahren entwickelt worden. Bekannter Bestandteil eines solchen Datenübertragungssystems sei ein Automatic Repeat Request-(ARQ)-Verfahren, das sich mit der fehlerhaften Übertragung von Daten befasse. Die Mobilstation bestimme im HSDPA-Verfahren, ob ein Datenpaket beschädigt worden sei, indem etwa CRC-Informationen genutzt würden. Danach würde von der Mobilstation bei korrektem Empfang eine ACK-Nachricht, bei beschädigtem Empfang eine NACK-Nachricht gesendet. Indes könnten sich auch bei der Übertragung der ACK- und NACK-Nachrichten Probleme ergeben, wenn diese durch den Empfänger fehlerhaft gedeutet würden. Besonders problematisch sei der Fall, dass eine NACK-Nachricht als ACK-Nachricht missverstanden werde, weil eine Korrektur dieses Fehlers nur unter großem Ressourcenaufwand vorgenommen werden könne. Um die Systemleistungsfähigkeit zu erhöhen, sei es daher wünschenswert, die Fehleranfälligkeit der ACK-/NACK-Decodierung zu kontrollieren. Dies könne in UMTS etwa bewerkstelligt werden, indem die Mobilstation das ACK-/NACK-Codewort mit einem bestimmten Leistungsniveau, das die Basisstation vorgebe, übertragen müsse. Das Leistungsniveau könne unter Abwägung verschiedener Umstände gewählt werden. In der deutschen Patentanmeldung DE 10132566 werde das Problem hingegen durch die Übersendung eines zusätzlichen Codewortes REVERT gelöst. Aus der US-Schrift 4888767 sei wiederum bekannt, ein Wiederholungsanfragesignal zu übersenden, wenn ein Datenpaket beschädigt empfangen wurde. Die US-Schrift 5517507 übersende dagegen ACK/NACK-Nachrichten auf besondere Weise. So werde ein NACK-Signal durch einen Energieschub repräsentiert, ein ACK-Signal sei hingegen durch einen Ausbleiben eines solchen Energieschubs gekennzeichnet. Die Erfindung setze sich somit zum Ziel, ein effizienteres System für die Übertragung von Datenpaketen vorzustellen.
51 
Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den nachfolgenden Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst werden:
52 
a) Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem
b) Das Funkkommunikationssystem verfügt über einen Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu einer Sekundärstation.
c) Empfangsmittel sind vorgesehen, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen.
d) Rückmeldungsmittel sind vorgesehen, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln.
e) Das Signal wird aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt.
f) Die Rückmeldungsmittel sind so eingerichtet, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal
f1) in Abhängigkeit seines Typs
f2) sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
53 
2. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 10 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch.
54 
a) Dies steht zwischen den Parteien bis auf das Merkmal f2 außer Streit und beruht auch nicht auf patentrechtlich unzutreffenden Anschauungen.
55 
b) Wie der Durchschnittsfachmann die Kombination der Merkmale versteht, ergibt sich ausgehend vom Patentanspruch (§ 14 S. 1 PatG) aus dem technischen Zusammenhang seiner Merkmale, sowie aus dem Inhalt der Beschreibung und Zeichnungen (§ 14 S. 2 PatG). Durch Heranziehung der Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche wird sichergestellt, dass der tatsächliche Sprachgebrauch des Patents hinreichende Beachtung findet. Der Fachmann orientiert sich also an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist, die Patentschrift gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (BGHZ 150, 149, 156 – Schneidmesser I; BGH, Urt. v. 02.03.1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Dabei schränken die Ausführungsbeispiele sowie die darauf bezogenen Beschreibungsteile einen weiter zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig.
56 
c) Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch Merkmal f2.
57 
aa) Zur Verwirklichung des Merkmals ist es ausreichend, dass der Leistungspegel, mit dem eine ACK- oder eine NACK-Nachricht von der Primärstation erwartet wird, als Leistungsversatz zu einem Bezugskanal und dessen Übertragungspegel bestimmt werden kann. Denn technisch-funktional ist es ohne Belang, ob die Primärstation die ACK-/NACK-Nachricht deshalb zutreffend als ACK- oder NACK-Nachricht erkennt, weil ihr der Leistungspegel in dB als absolute Größe bekannt ist oder ob sie in einem Zwischenschritt diese Größe erst bestimmt, in dem sie den konkreten Leistungspegel über eine Differenzbildung zum Leistungspegel eines Bezugskanals errechnet. In beiden Fällen ist das technische Ziel erreicht, dass die Primärstation weiß, welches Leistungsniveau in der konkreten Situation eine ACK-Nachricht aufweist und welches Leistungsniveau eine NACK-Nachricht kennzeichnet, sodass eine korrekte Interpretation sichergestellt wird.
58 
bb) Der Wortlaut des Anspruchs schließt bei patentrechtlich zutreffender Würdigung auch nicht aus, dass das funktionale Ziel über die Bestimmung eines Leistungsversatzes erreicht wird. Denn das Merkmal f2 verlangt lediglich, dass die Rückmeldungsmittel den Leistungspegel, mit dem sie die ACK-/NACK-Nachrichten übersenden „in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels“ wählen. Damit ist allein erforderlich, dass die ACK-/NACK-Nachrichten gleichsam durch einen bestimmten für den Typ individuellen Bezug zum Leistungspegel gekennzeichnet und erkennbar sind, ohne dass nach dem Wortlaut zu fordern wäre, dass die Primärstation einen absolut bestimmten Leistungspegel vorgeben müsste und eine Bestimmung desselben durch eine Relation zu einer bekannten Bezugsgröße wie dem Leistungspegel eines anderen Kanals ausgeschlossen wäre.
59 
cc) Für eine solche Auslegung des Wortlauts streiten auch die in den Abschnitten [0026], [0029] und [0048] der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiele, auf die die Klägerin Bezug nimmt und die auf die Übertragung eines „ACK/NACK power offsets“ und damit eines Leistungsversatzes abheben. Diese Ausführungsbeispiele lesen sich im Zusammenhang mit dem erteilten Anspruch 10 nicht im Sinne einer bewussten Auswahlentscheidung des Anmelders gegen die Erteilung von Patentschutz auch für diese Ausführungsbeispiele im Sinne der Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ 189, 330) wie die Beklagte meint. Denn die Patentschrift ist in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGHZ 189, 330Rn. 24 – Okklusionsvorrichtung). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330Rn. 23 – Okklusionsvorrichtung). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (BGH, Urteil vom 2. Juni 2015, X ZR 103/13, GRUR 2015, 972 Rn. 23 – Kreuzgestänge).
60 
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich die Verwendung eines Leistungsversatzes zu einem Bezugskanal, der eine Bestimmung des Leistungspegels der erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten erlaubt, wie ausgeführt ohne weiteres unter den Wortlaut des Merkmals f2 lesen.
61 
dd) Soweit die Beklagte argumentiert, der Standard sei insoweit nur optional, ist dies patentrechtlich ohne Belang, da der Anspruch nur fordert, dass die geschützten Vorrichtungen Mittel aufweisen, die geeignet sind, entsprechend dem Merkmalen f2 zu operieren. Dass die Parameter ΔACK-/NACK indes als Bestandteil des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ mindestens einmal zur Mobilstation übertragen werden müssen, damit überhaupt ein Empfang von Datenpaketen über den HS-SCCH und den HS-DSCH im Rahmen des HSDPA-Verfahrens möglich ist, ergibt sich nach Überzeugung der Kammer aus dem von der Klägerin zitierten Standarddokument nach Anlage KB2e, Abschnitt 8.5.25, Seite 251
62 
sowie sich zudem aus Anlage K2e, Abschnitt 8.6.6.11, Seite 293
63 
ergibt, dass die übertragenen Parameter bei Übertragung auch verwendet werden.
64 
ee) Dass sich die oben eingeblendete Passage nur auf den Frequenzduplexbetrieb (FDD) bezieht, ist unschädlich, weil dies die Funktionalität der angegriffenen Ausführungsformen, für diesen Fall wie beschrieben zu verfahren, nicht in Abrede stellt. Aus den nämlichen Gründen verfängt auch nicht die Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe unter Hinweis auf Seite 252 des Standards nichts dazu vorgetragen, ob das die Parameter ΔACK/NACK enthaltene Informationselement nicht vielleicht auf den angegriffenen Ausführungsformen vorgespeichert sei, denn jedenfalls kann die standardgemäß ausgebildete angegriffene Ausführungsform entsprechend verfahren, wenn das Informationselement übertragen wird. Dies gilt gleichfalls für den Einwand, Abschnitt 8.6.6.22 „Uplink DPCH power control info“ sehe keine zwingende Übertragung der Parameter ΔACK/NACK vor.
65 
ff) Soweit die Parameter in der Tabelle in Abschnitt 10.3.6.91 auf Seite 546 des Standards nach Anlage KA2e als optional gekennzeichnet sind,
66 
hat die Klägerin dies zutreffend lediglich als insoweit optional beschrieben, als dass die Parameter nicht bei jeder Übersendung des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ erneut übersendet werden müssen, soweit es hierfür kein technisches Bedürfnis gibt. Dies stellt damit nicht in Abrede, dass für jedes übertragene Datenpaket eine Rückmeldung bezüglich des korrekten oder inkorrekten Empfanges gegeben wird, sondern es wird lediglich bei entsprechendem Bedarf der Leistungspegel über die Mitteilung des Leistungsversatzes verändert, den die von der Primärstation erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten aufweisen sollen.
67 
gg) Dass wiederum das Informationselement „Uplink DPCH Power Control Info“ vom UTRAN, d.h. netzwerkseitig, an das User Equipment, also die Mobilstation, übertragen wird, folgt aus dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Standarddokument K2f, dort Abschnitt 10.2.16a, S. 359, der als Übertragungsrichtung „UTRAN → UE“ angibt und das Element „Uplink DPCH Info“ unter Downlink radio ressources auf Seite 359 aufführt. Soweit die Beklagte insoweit lediglich auf theoretisch denkbare andersartige Szenarien verweist, in denen die Parameter in höheren Ebenen des Mobiltelefons festgelegt werden könnten, ist dieses Bestreiten angesichts den von der Klägerin anhand des Standards gehaltenen konkreten Vortrags nicht substantiiert. Auch soweit die Beklagte darauf abhebt, die Standardstelle beziehe sich nur auf den speziellen Fall eines Handovers zum Netz UTRAN etwa vom GSM-Netz, so wird hierdurch aus Sicht der Kammer nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass sich die Signalisierung von der Primär- an die Sekundärstation vollzieht. Denn selbst wenn hier in die Kommunikation die Primärstation eines anderen Netzes zwischengeschaltet ist, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Vorgabe insoweit netzwerkseitig erfolgt.
68 
hh) Entsprechend ändert auch der Verweis der Beklagten darauf, dass das Informationselement „Uplink DPCH info“ nicht immer den Bestandteil „Uplink DPCH power control info“ enthalte, nichts an der Eignung der angegriffenen Ausführungsformen, im Falle der Übersendung nach dem Standard entsprechend zu verfahren.
69 
III. Die festgestellten patentverletzenden Handlungen rechtfertigen nach Maßgabe der nationalen Bestimmungen (Art. 64 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 EPÜ) die zu dem Klagepatente gestellten Anträge, soweit sie auf Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtet sind. Diesen Ansprüchen stehen kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen (vgl. Huawei Technologies/ZTE: EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 Rn. 72 ff. = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817). Die gestellten Anträge legt die Kammer dabei trotz des im Antrag nur unvollständig wiedergegebenen Anspruchs 10 im Lichte der Klagebegründung wie im Tatbestand wiedergegeben aus.
70 
1. Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund der vorliegenden Verletzung der Klagepatente zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann den Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagte hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne unzumutbaren Arbeitsaufwand Auskunft geben kann, ist die Beklagte gem. § 140 b PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat sich für die Zeit seit Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents zzgl. Kenntnisnahmefrist von einem Monat auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruchs (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder fiktive Lizenz) zu entscheiden.
71 
2. Zudem war wie beantragt festzustellen, dass die Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist.
72 
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klägerin kennt den genauen Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese Kenntnis kann sie den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nicht beziffern. Da aber die Beklagte Schadensersatzansprüche der Klägerin in Abrede stellt, hat die Klägerin – auch zur Hemmung der Verjährung und Herbeiführung der 30jährigen Verjährungsfrist – ein rechtliches Interesse daran, dass das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald festgestellt wird.
73 
Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung des Klagepatents erkennen können und erkennen müssen, dass das Klagepatent durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt wird.
74 
IV. Hingegen war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin überdies von der Beklagten Unterlassung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie die Vernichtung patentverletzender Produkte begehrt. Denn insoweit stehen einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche in Anwendung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Huawei./. ZTE (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817) kartellrechtliche Gründe entgegen.
75 
1. Die Kammer hat ihr Verständnis des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Huawei Technologies/ZTE im Urteil vom 29. Januar 2016 – 7 O 66/15 (veröffentlicht bei juris) dargelegt und hält nach nochmaliger Überprüfung der dort vertretenen Rechtsauffassung an dieser Begründung fest. Aus Sicht der Kammer betont der Gerichtshof, dass das aus einem Patent fließende Ausschließlichkeitsrecht nur unter ganz besonderen Umständen nicht mit der Verletzungsklage durchsetzbar ist. Daraus folgt, dass die entsprechenden tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Suspendierung des Patentrechts ergeben soll, von dem in Anspruch genommenen (angeblichen) Verletzer vorzutragen und wenn die Umstände im Streit stehen, auch zu beweisen sind.
76 
Der Gerichtshof entwickelt aus Sicht der Kammer in seinem Urteil ein Konzept, dass es dem zur Entscheidung berufenen Gericht ermöglichen soll, das Verhalten des Inhabers des SEP auf der einen Seite sowie des angeblichen Verletzers auf der anderen Seite daraufhin zu bewerten, ob sich die Durchsetzung der auf das SEP gestützten Unterlassungs- und Rückrufanträge als ungerechtfertigter Marktmissbrauch und Aufbau eines insoweit zu unterbindenden Drucks in der Verhandlungssituation zu bewerten ist oder als gerechtfertigte Reaktion auf eine vom (angeblichen) Verletzer verfolgte Verzögerungstaktik. Hingegen zielt die Entscheidung des Gerichtshofs nach der Überzeugung der Kammer nicht darauf ab, die Verletzungsgerichte mit der Bestimmung der FRAND-Bedingungen zu belasten, wenn im Verfahren der Unterlassungs- und Rückrufanspruch durchgesetzt werden soll und es nicht gerade um die Zahlung einer FRAND-Lizenzgebühr im Betragsverfahren geht. Dass der Gerichtshof diesen Gesichtspunkt, den der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen angesprochen hat, in seiner Urteilsbegründung nicht ausdrücklich erwähnt, bedeutet nach Ansicht der Kammer entgegen den Darlegungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschl. v. 31.5.2016 - 6 U 55/16, MittdtschPatAnw 2016, 321) nicht, dass das vom Gerichtshof für Recht erkannte System nicht praxisgerecht sein soll.
77 
Zu diesem Zweck hält es der Gerichtshof für erforderlich, dass der Patentinhaber in einem ersten Schritt vor der Erhebung einer auf Rückruf und Unterlassung gerichteten Klage, die für den angeblichen Verletzer einen erheblichen Verhandlungsdruck aufbaut, einen angeblichen Verletzer auf die ihm vorgeworfene Patentverletzung hinweist und dabei das SEP bezeichnet sowie angibt, auf welche Weise es verletzt sein soll. Jedenfalls wird der Patentinhaber das mit der Klage geltend gemachte und von ihm als standardessentiell deklarierte Patent mit seiner Patentnummer bezeichnen und angeben müssen, dass dieses Patent bei der betreffenden Standardisierungsorganisation als standardessentiell deklariert wurde. Soweit der Patentinhaber zudem angeben soll, auf welche Weise das Patent verletzt sein soll, muss der Hinweis dem Verletzer deutlich machen, für welchen Standard das Patent essentiell ist und aufgrund welcher Umstände der Patentinhaber davon ausgeht, dass der angebliche Patentverletzer von der Lehre des Patents Gebrauch macht. Jedenfalls ist dafür erforderlich, dass der Patentinhaber benennt, welche technische Funktionalität der angegriffenen Ausführungsform vom Standard Gebrauch macht. Der angebliche Verletzer wird regelmäßig nämlich im Bilde darüber sein, dass sein Produkt einem Standard gemäß ausgebildet ist. Daher dürfte ein bloßer Hinweis, der angebliche Verletzer stelle nach dem Standard arbeitende Produkte her oder vertreibe diese und verletze deshalb das Patent, nicht ausreichend sein. Vielmehr muss der angebliche Verletzer durch den Hinweis in die Situation versetzt werden, die Schutzrechtslage selbständig prüfen (lassen) zu können. Aufgrund der Vielzahl der technischen Funktionalitäten, die regelmäßig in einem Standard enthalten sind und die gerade die vom Gerichtshof angesprochene Unübersichtlichkeit bei der Beurteilung der Schutzrechtslage begründet, wird es erforderlich sein, dass der SEP-Inhaber jedenfalls die Kategorie der technischen Funktionalität des Standards in einer solchen Weise benennt, dass der vermeintliche Verletzer nun wieder der grundsätzlich ihm obliegenden Pflicht, die Schutzrechtslage zur prüfen, gerecht werden kann. Wie detailliert dieser Hinweis zu erfolgen hat, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Hierbei wird insbesondere einzustellen sein, welche Technologiekenntnisse beim Patentverletzer vorhanden sind bzw. inwieweit er sich solche Kenntnisse in zumutbarer Weise durch professionellen Rat zu verschaffen hat. Aus Sicht der Kammer sind zur Darlegung des Verletzungssachverhalts in einer den Anforderungen des Gerichtshofs entsprechenden Weise grundsätzlich jedenfalls die auch im Rahmen von Lizenzvertragsverhandlungen nach den geschäftlichen Gepflogenheiten sonst üblichen Claim-Charts ausreichend, die den geltend gemachten oder einen ihm verwandten Anspruch des Klagepatents, der gleichfalls die entscheidenden Merkmale aufweist, gegliedert nach Anspruchsmerkmalen den entsprechenden Stellen im Standard gegenüberstellen, ohne dass hierbei die Anforderungen der Schlüssigkeitsprüfung einer Verletzungsklage erfüllt werden müssen. Insoweit ist in der Regel ausreichend, dass der angebliche Verletzer den vom SEP-Inhaber erhobenen Vorwurf jedenfalls bei Hinzuziehung externen oder internen technischen Sachverstandes nachvollziehen kann.
78 
Entsprechendes gilt für die weitere Obliegenheit des SEP-Inhabers, der zudem vor Klageerhebung dem angeblichen Patentverletzer – sofern dieser im Grundsatz seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, überhaupt Lizenz nehmen zu wollen – ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten hat und insbesondere die Lizenzgebühr und die Art und Weise ihrer Berechnung anzugeben hat. Vor dem Hintergrund des zuvor geschilderten Verständnisses, das die Kammer zu der Entscheidung des Gerichtshofs entwickelt hat, ist hierfür erforderlich, dass es sich um ein annahmefähiges Vertragsangebot handelt, das die vertragswesentlichen Bedingungen enthält. Soweit der Gerichtshof ausführt, dass der Patentinhaber ein konkretes schriftliches Lizenz-Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreiten hat, bedeutet dies nicht, dass das Verletzungsgericht für den Fall, dass der (angebliche) Patentverletzer – wie regelmäßig – in Abrede stellt, dass dieses Angebot FRAND-Kriterien entspricht, gehalten ist, nunmehr nach objektiven Gesichtspunkten zu entscheiden, ob das Angebot des SEP-Inhabers tatsächlich FRAND ist oder nicht. Denn hierdurch würde der Verletzungsprozess gerade wieder mit der Bestimmung belastet, welche Lizenzhöhe exakt und sonstigen Vertragsbedingungen ganz genau diesen Kriterien entsprechen, was aus Sicht der Kammer nicht das Anliegen des Gerichtshofs war. Kartellrechtswidrig und ersichtlich nicht FRAND ist ein Angebot erst dann, wenn es sich unter Berücksichtigung der konkreten Verhandlungssituation und insbesondere der Marktgegebenheit als Ausdruck von Ausbeutungsmissbrauch darstellt. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Patentinhaber sich mit der bloßen Behauptung begnügen dürfte, seine Forderung sei fair, vernünftig und nicht diskriminierend.
79 
Der Patentinhaber hat vielmehr dabei die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr so anzugeben, dass hierin deutlich wird, aus welchen darzulegenden Gründen er von einer Erfüllung der FRAND-Kriterien ausgeht. Nach Auffassung der Kammer wird der SEP-Inhaber den angeblichen Verletzer deshalb in die Lage versetzen müssen, anhand objektiver Kriterien nachzuvollziehen, warum der SEP-Inhaber zu der Überzeugung gelangt, dass das von ihm unterbreitete Angebot FRAND-Kriterien entspricht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der SEP-Inhaber bei einem Stücklizenzvertrag schlicht den pro Einheit zu zahlenden Betrag angibt, ohne zu erläutern, weshalb dieser Betrag nach seiner Ansicht FRAND-Bedingungen entspricht. Insoweit wird er den Betrag gegenüber dem vermeintlichen Verletzer in geeigneter Weise transparent zu machen haben, etwa durch Vortrag zu einem in der Vertragspraxis gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm oder unter Heranziehung anderer Bezugsgrößen, aus dem die geforderte Lizenzgebühr abgeleitet wird, wie etwa aus einer Poollizenzgebühr, die in der Praxis für einen Patentpool von Dritten gezahlt wird, der auch für den fraglichen Standard relevante Patente umfasst.
80 
Der Verletzer muss auf dieses, auf konkret dargelegten Tatsachen fußende Angebot reagieren, selbst wenn es seiner Auffassung – wie regelmäßig – nicht den FRAND-Kriterien entspricht (ebenso im Ergebnis LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015 – 2 O 106/14 Seite 51 bei (bb) und LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2015 – 4a O 144/14). Eine Ausnahme hiervon ist nach der Auffassung der Kammer allein in solchen Fällen zu machen, in denen sich das Angebot des SEP-Inhabers bereits bei summarischer Prüfung evident als nicht FRAND und mithin als Missbrauch einer beherrschenden Stellung des SEP-Inhabers darstellt. Dieses Gegenangebot ist alsbald zu unterbreiten, da der Gerichtshof dem angeblichen Patentverletzer keine Verzögerungstaktik zugestehen will. Mithin muss vom angeblichen Verletzter auf das konkrete schriftliche Angebot des SEP-Inhabers so schnell reagiert werden, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls bei Anwendung der in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und des Grundsatzes von Treu und Glauben von ihm erwartet werden kann.
81 
Schlägt der SEP-Inhaber dieses Angebot aus und hat der angebliche Verletzer das SEP bereits benutzt, bevor ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, verlangt der Gerichtshof, dass er ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Gegenangebots eine angemessene Sicherheit etwa durch Beibringung einer Bankgarantie oder durch Hinterlegung leistet. Die Berechnung der Sicherheit muss unter anderem die Zahl der vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf das SEP umfassen, für die der angebliche Verletzer eine Abrechnung vorlegen können muss. Diese Sicherheit muss zudem den in dem betreffenden Bereich anerkannten Gepflogenheiten entsprechen.
82 
2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin vorliegend aus kartellrechtlichen Gründen gehindert, die mit der Klage verfolgten Ansprüche durchzusetzen.
83 
a) Ob diese Maßstäbe der Kammer vor dem Hintergrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2016, Az.: 6 U 55/15, der meint, dass eine Evidenzkontrolle des Angebots des SEP-Inhabers einerseits nicht ausreichend sei, andererseits aber ausführt, dem SEP-Inhaber sei bei der Beurteilung, was FRAND sei, ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen, und der lediglich eine summarische Prüfung im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil betrifft, im Detail einer Überprüfung unterzogen werden müssen, kann vorliegend offen bleiben.
84 
b) Denn die Klägerin hat vorliegend ihre Obliegenheit nicht erfüllt, gegenüber der Beklagten transparent zu machen, aufgrund welcher Tatsachen sie den von ihr im Lizenzvertragsangebot geforderten Lizenzsatz von US$ 1,-- pro Stück für FRAND hält – bzw. warum dieser in der Diktion des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Rahmen des zuzugestehenden Entscheidungsspielraums FRAND ist. Sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, in ihrem Angebot pauschal zu behaupten, dass die angemessene Lizenz US$ 1,-- pro Stück sei. Insoweit ist nach Auffassung der Kammer die bloße Angabe der Multiplikatoren nicht annähernd ausreichend, um die Vorgaben der Entscheidung des Gerichtshofs zu erfüllen. Die allgemeine Präsentation des UMTS-Lizenzprogrammes nach Anlagen K4b und 4c enthält insoweit auch keine weitergehenden Informationen, die diese Obliegenheit erfüllen könnten.
85 
c) Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Kammer würde sich in Widerspruch zur Spruchpraxis ihrer Schwesterkammer setzen, ist die Kammer unter Beachtung des zwischenzeitlich ergangenen und zuvor zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe der Auffassung, dass eine bloße Angabe der Multiplikatoren, die der Berechnung der Lizenzgebühr zugrunde liegen, nicht ausreichend sind. Denn anhand dieser Parameter ist es dem vermeintlichen Verletzer nicht möglich zu beurteilen, ob das Angebot – entweder im Sinne einer Evidenzkontrolle wie sie die Kammer vertritt oder im Sinne einer objektiven Bestimmung unter Berücksichtigung eines auch vom Oberlandesgericht zugestandenen Entscheidungsspielraums – FRAND ist und gegebenenfalls ein Gegenangebot zu FRAND-Bedingungen zu machen, da es ihm, wie der Gerichtshof ausführt, regelmäßig gerade an den hierzu nötigen Informationen über den Lizenzmarkt fehlt, über die der SEP-Inhaber verfügt.
86 
d) Soweit die Klägerin entsprechende Erläuterungen erstmals in der Replik gemacht und ein Sachverständigengutachten von Professor [Y.] (Anlage K5/5a) vorgelegt hat, das nachweisen soll, dass die Klägerin keine diskriminierende Lizenzrate von der Beklagten verlangt, sind diese nach Klageerhebung erfolgt und damit nicht mehr geeignet, die vom Europäischen Gerichtshof verfolgte Intention zu erfüllen, die Verhandlungen unbelastet von der Erhebung einer auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung und Vernichtung gerichteten Klage führen zu können. Insoweit sind die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Intention, die der Gerichtshof mit seinem Pflichtenprogramm verfolgt, zu verstehen, dass nicht nur vor Klageerhebung auf die Art und Weise der vorgeworfenen Patentverletzung hingewiesen werden soll. Sondern dieses zeitliche Erfordernis bezieht sich gleichfalls auf die Angabe, auf welche Art und Weise sich die Lizenzgebühr im Angebot des SEP-Inhabers berechnet, also aufgrund welcher Tatsachen die konkret geforderte Gegenleistung für die Lizenzierung fair, vernünftig und nicht diskriminierend sein soll. Denn nur wenn auch die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr vor Klageerhebung substantiiert wurde, kann sich der angebliche Verletzer, ohne dem Druck einer bereits erhobenen Unterlassungsklage ausgesetzt zu sein, im Verhandlungswege entscheiden, ob er gewillt ist, die so transparent gemachten Bedingungen als FRAND entsprechend anzuerkennen und Lizenz zu nehmen. Soweit die Klägerin auf einen jüngst ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2016 (Az.: I – 15 U 36/16, Anlage K12) hinweist, in dem das Gericht erwägt, ob es in allen Fällen erforderlich ist, dass die vom Gerichtshof aufgestellten Obliegenheiten, hier insbesondere die Verpflichtung zur Erläuterung der Gebührenberechnung, vor Klageerhebung zu erfüllen sind und ob dies gegebenenfalls als zu formaljuristisches Verständnis der Entscheidung abzulehnen ist, hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest. Denn selbst wenn es prozessual möglich sein sollte, dass die Klägerin, die ihre Obliegenheiten bislang nicht vor Klageerhebung erfüllt hat, dies nachholt, die zunächst erhobene Klage zurücknimmt und dann unter Beachtung der Obliegenheiten erneut erhebt, ist zu sehen, dass in diesem Fall in der Zeit zwischen der Rücknahme der zunächst erhobenen Klage und erneuter Erhebung der Klage Zeit für Verhandlungen bleibt, in denen die Verhandlungen ohne den unmittelbaren Druck eines gerichtlichen Verfahrens geführt werden können. Denn selbst wenn der SEP-Inhaber entsprechend im ersten Verfahren die zunächst unterlassene Erläuterung nachholt, so wird er dem vermeintlichen Verletzer vor erneuter Klageerhebung eine gewisse Zeit zuzugestehen haben, in der der Beklagte die Argumente prüft, die der SEP-Inhaber zur Untermauerung der Art und Weise der Berechnung der Lizenzhöhe sowie der Frage, ob die angesonnene Lizenzgebühr FRAND entspricht, vorgebracht hat. Würde man es uneingeschränkt zulassen, dass der SEP-Inhaber seine vorprozessual nicht erfüllten Obliegenheiten im Verlauf des Verfahrens sanktionslos nachholen kann, so würde nach Ansicht der Kammer der Leitgedanke der Entscheidung des Gerichtshof, Verhandlungen unbelastet von einem anhängigen Verfahren führen zu können und zu diesem Zeitpunkt über alle Informationen zu verfügen, die eine Beurteilung zulassen, ob das angesonnene Lizenzvertragsangebot FRAND-konform ist oder nicht, verfehlt. Die Kammer sieht sich in dieser Auffassung dadurch bestärkt, dass der Gerichtshof insoweit durch Berichtigungsbeschluss klargestellt hat, dass sich die Worte „vor Klageerhebung“ sowohl auf die Erläuterung zur Patentverletzung als auch auf die Erläuterung der geforderten Lizenzgebühr beziehen.
87 
e) Die Klägerin war auch vorliegend nicht etwa von dieser Obliegenheit entbunden, weil sich die Beklagte als lizenzunwillig gezeigt hätte. Denn selbst wenn im Zuge der Verhandlungen zwischen den Parteien vereinzelt eine Zahlung von Lizenzgebühren durch die Beklagte in einzelnen Aussagen abgelehnt worden sein sollte, so hat die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht grundsätzlich lizenzunwillig gezeigt. Dies kommt etwa in dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der [...] vom 20. November 2015 zum Ausdruck, in dem die Muttergesellschaft der Beklagten, mit der die Verhandlungen seitens der Klägerin stets geführt wurden, beanstandet, dass die Klägerin es bislang verabsäumt habe, im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs darzulegen, weshalb sie meint, dass die von ihr geforderte Lizenzgebühr FRAND ist (vgl. ebenda, 2. Seite bei c und letzte Seite bei 5.). Diese Aufforderung wiederholte die Beklagte in einem Schreiben vom 4. Dezember 2015 (Anlage B2). Sie zeigte sich zudem bereit, eine Lizenz zu einem Lizenzsatz von [x] % des Nettoverkaufspreises je Einheit zu zahlen (Schreiben vom 12. Januar 2016, Anlage B5 ). Zudem kommt die Bereitschaft der Beklagten Lizenz zu nehmen darin zum Ausdruck, dass sie der Klägerin vorprozessual die Übertragung bestimmter eigener Patente im Austausch vorgeschlagen hat, selbst wenn die Klägerin dieses Angebot als für sie uninteressant verworfen hat. Ihre Bereitschaft, sich im Grundsatz mit der Klägerin über eine Lizenznahme auszutauschen, belegt zudem der Umstand, dass die Beklagte das umfängliche, als Anlage B11 vorgelegte Gutachten hat erstatten lassen, um die von ihr für FRAND erachtete Lizenzgebühr zu untermauern. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung erfolgt ist, so reflektiert dies dennoch nach Ansicht der Kammer die grundsätzliche Bereitschaft, über eine Lizenznahme zu verhandeln auch dann, wenn die von der Klägerin behaupteten und unter Beweis gestellten Äußerungen von Vertretern der [...] im Zuge der Verhandlungen gefallen sein sollten.
88 
Als Indiz für die grundsätzliche Bereitschaft der Beklagten, in Lizenzvertragsverhandlungen mit der Klägerin einzutreten, wertet die Kammer dabei auch den Umstand, dass die Beklagte inzwischen einen namhaften Betrag bei Gericht hinterlegt hat, der die Umsätze mit ihren LTE-/UMTS-fähigen Produkten weltweit abdecken soll. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung geschehen ist, lässt dieser Umstand dennoch indizielle Rückschlüsse auf die Lizenzwilligkeit der Beklagten vor Klageerhebung zu, die das gefundene Ergebnis aus Sicht der Kammer bestätigen, dass es sich bei der Beklagten bzw. deren Muttergesellschaft nicht um einen von vornherein gänzlich lizenzunwilligen Verletzer handelt.
89 
Diese Umstände, die teils Vorgänge nach Klageerhebung betreffen, sind gleichwohl aus Sicht der Kammer mit in die Beurteilung der potentiellen Lizenzwilligkeit der Beklagten einzubeziehen, soweit sie Rückschlüsse auf die Intention der Beklagten in der Zeit vor Erhebung der Klage zulassen. Die geschilderten Umständen dokumentieren mithin, dass es sich bei der Beklagten nicht um einen Verhandlungspartner handelt, der erst und allein unter dem Eindruck der Klageerhebung erstmals eine angebliche Lizenzwilligkeit vorspiegelt.
90 
V. Die Beklagte kann gegenüber der Klägerin auch nicht mit Erfolg den Einwand der Erschöpfung führen.
91 
Zum einen hat die Beklagte insoweit vorgetragen, dass in ihren Mobiltelefonen neben Chips der Firma [X.] ohnehin auch Chips der Firma [...] zum Einsatz kämen. Dass hinsichtlich dieser Chips Erschöpfung eingetreten wäre, trägt die Beklagte nicht vor, sodass selbst für den Fall, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Chips der Firma [X.] auf Erschöpfung berufen könnte, der Vorwurf der Patentverletzung nicht ausgeräumt ist.
92 
Zum anderen hat die Beklagte mit Blick auf die Lizenz der Firma [X.] lediglich vorgetragen, dass diese mit der Klägerin einen Kreuz-Lizenzvertrag über UMTS-Patente abgeschlossen habe, wobei sie derzeit nicht substantiierter zu der Frage weiter vortragen könne, ob sie aus dieser Vertragsbeziehung eigene Rechte ableiten könne. Dies müsse zuwarten, bis sie den im US-Discovery-Verfahren erlangten, indes mit einer Protective Order belegten Vertrag auf Anordnung der Kammer im hiesigen Verfahren vorlegen könne. Aus dem Vertrag folge, dass die Chips autorisierten Käufern wie der Beklagten Rechte an den UMTS-Patenten vermittelten. Die Chips setzten als Hardware jedenfalls die hier wesentlichen Funktionalität des UMTS-Standards um, selbst wenn es einen „überschießenden“ Teil der geltend gemachten Ansprüche geben sollte, die durch andere Teile des Mobiltelefons verwirklicht werden sollten. Demnach würden die Chips jedenfalls die erfindungswesentlichen Schritte umsetzen.
93 
Diesbezüglich hat die Klägerin vorgetragen, dass es zwar vertragliche Beziehungen zwischen der Firma [X.] und ihr gebe, allerdings lediglich Produkte von [X.] selbst und hier auch nur die Hard- nicht aber die Software lizenziert worden seien und sich der Vertrag nicht auf Mobiltelefone Dritter erstrecke, in denen [X.]-Chips zum Einsatz kämen. Die standardgemäßen Prozeduren würden allein durch die Software in Form eines Protokoll-Stacks implementiert, die auf diese Hardware durch einen Lohnfertiger der [...]-Gruppe aufgespielt werde. Überdies seien die Chips von [X.] ohnehin allenfalls in den USA oder in Asien mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden, nicht aber im Europäischen Wirtschaftsraum.
94 
Die Beklagte hat ihren diesbezüglichen Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht weiter substantiiert, weshalb der Einwand der Erschöpfung nicht greift. Schon nach ihrem eigenen Vortrag setzen die [X.]-Chips nicht alle Aspekte der technischen Lehren der geltend gemachten Ansprüche um.
95 
VI. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO mit Blick auf das von der [...] vor der Rechtsbank Den Haag angestrengte Verfahren ist nicht angezeigt, da die dort zur Klärung anstehende Frage nicht vorgreiflich für das hiesige Verfahren ist.
96 
Zum einen ist es die Aufgabe der erkennenden Kammer erforderlichenfalls festzustellen, ob das Angebot der Klägerin FRAND-konform ist, sodass sie die Auffassung der Rechtsbank Den Haag allenfalls nach Erlass einer Entscheidung in ihre Erwägungen einzustellen hätte, zum anderen kommt es auf die Frage, ob das Angebot der Klägerin tatsächlich – sei es im Sinne einer Evidenzkontrolle, sei es im objektiven Sinne bei Anwendung eines der Klägerin zuzugestehenden Entscheidungsspielraums – FRAND ist, vorliegend nicht an, da die Klägerin wie ausgeführt bereits vor Klageerhebung Erläuterungen dazu, warum der von ihr geforderte Lizenzsatz FRAND sein soll, unterlassen hat.
97 
VII. Schließlich ist auch keine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits mit Blick auf die von der [...] erhobene Nichtigkeitsklage geboten.
98 
1. Eine solche Aussetzung suspendiert die Durchsetzung der Rechte aus dem Klagepatent. Da der Verletzungsrichter im Grundsatz an den Erteilungsakt gebunden ist, kommt eine Suspendierung der aus erteilten Ausschließlichkeitsrecht folgenden Befugnisse nur unter besonderen Umständen in Betracht. Die bloße Möglichkeit, dass das Klagepatent vernichtet wird, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr ist erforderlich, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 16. September 2014 – X ZR 61/13, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten) für die Vernichtung des Klagepatents besteht.
99 
2. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Beklagte durch ihre pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der [...] in einem weiteren, bei der Kammer geführten Verfahren hinreichend dargetan hat, warum eine Vernichtung aus fachmännischer Sicht hinreichend wahrscheinlich ist. Denn die in Bezug genommene Nichtigkeitsklage vermag diesen Maßstäben nicht zu genügen.
100 
a) Unabhängig von dem zwischen den Parteien bestehenden Dissens über das Veröffentlichungsdatum der Entgegenhaltung „Optimal Antipodal Signaling“ (Anlage [...] 6 / [...] 3) kann sich die nicht fachmännisch besetzte Kammer keine hinreichende Überzeugung davon bilden, dass die Lehre des Klagepatents hierdurch neuheitsschädlich getroffen wird.
101 
aa) Eine neuheitsschädliche Offenbarung erscheint bereits deshalb fraglich, weil die Nichtigkeitsklage der [...], die sich die Beklagte zu eigen machen will, hinsichtlich der Merkmal a, b, c und d nur darlegt, der Fachmann lese diese Merkmal als selbstverständlich mit, wohingegen eine explizite Offenbarungsstelle in der Entgegenhaltung nicht benannt ist. Die nicht fachmännisch besetzte Kammer kann naturgemäß nicht abschließend beurteilen, ob diese Lesart tatsächlich diejenige des angesprochenen Fachmannes ist und die Schrift daher durch eine implizite Offenbarung als neuheitsschädlich zu bewerten ist.
102 
bb) Dies kann im Ergebnis aber offen bleiben, da die Schrift aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht hinreichend deutlich für einen Nicht-Fachmann zeigt, dass die dort verwendeten Parameter pfack und pfnack, die nach der Darlegung der Nichtigkeitsklägerin „seitens der Basisstation ein bestimmtes Qualitätserfordernis an die tolerierten Wahrscheinlichkeiten falsch erkannter ACK- bzw. NACK-Nachrichten an das Endgerät in Form erforderlicher Wahrscheinlichkeiten“ stellen sollen, – bei Zugrundelegung derselben Maßstäbe an die Auslegung des Merkmals f2 wie bei der Beurteilung der Verletzung – als Angabe eines – sei es auch nur mittelbar bestimmbaren – Leistungspegels verstanden werden können. Denn selbst wenn die in der Schrift erwähnten Verstärkungsparameter k und l für den Fall, dass die überwachten Werte für pfack und pfnack nicht dem durch die Basisstation in Form von pfack_req und pfnack_req vorgegebenen Qualitätserfordernis entsprechen, dazu führen sollten, dass die Verstärkungsparameter k und l angepasst werden und hierdurch wiederum die Sendeleistung der ACK- und NACK-Signale angepasst wird, so kann seitens der nicht fachmännisch besetzten Kammer insoweit nicht hinreichend sicher beurteilt werden, ob der Fachmann hierdurch als in der Schrift offenbarten Lehre unmittelbar und eindeutig offenbart entnimmt, dass die beschriebene Leistungsanpassung für jeden Signaltyp im Sinne des Merkmals f2 in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels seitens der Primärstation zu der Sekundärstation vorgenommen wird und mithin die nach dem Vortrag der Nichtigkeitsklägerin stattfindende Leistungsanpassung als Mittel zur sicheren Detektion der ACK-/NACK-Nachrichten durch die Primärstation eingesetzt wird. Zwar könnte somit die Ausführungen der Nichtigkeitsklägerin als zutreffend unterstellt in der Schrift faktisch eine Leistungsanpassung stattfinden, diese sich aber lediglich als Vorgang gelegentlich der Anpassung der erwarteten Fehlerwahrscheinlichkeiten darstellen und vom Fachmann nicht hinreichend eindeutig als Mittel zur Lösung der Fehldetektion des ACK-/NACK-Signals durch Vorgabe eines Leistungspegels zu erkennen sein. Dies zu beurteilen, muss vorliegend dem Rechtsbestandsverfahren vorbehalten bleiben, ohne dass deshalb der Verletzungsstreit auszusetzen wäre.
103 
b) Soweit die Nichtigkeitsklägerin, auf deren Argumentation sich die hiesige Beklagte bezieht, weiter argumentiert, die klagepatentgemäße Lehre erweise sich vor dem Hintergrund einer Kombination der Schriften [...]6 / [...] 7 und [...] 8 als nicht erfinderisch, ist die nicht fachmännisch besetzte Kammer nicht in der Lage eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass sich insoweit keine vernünftigen Argumente mehr für eine erfinderische Tätigkeit finden lassen.
104 
Der Kammer erscheint bereits fraglich, ob die Schrift [...] 6 / [...] 7 überhaupt eine gesonderte Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten einerseits und NACK-Nachrichten andererseits zeigt, sodass offen ist, ob der Fachmann der Schrift das Merkmal f1 entnimmt. Zwar wird auf deren Seite 2, Absatz 1 davon gesprochen, dass eine gesonderte Verstärkungssteuerung für die ACK-Bits verwendet werden könne, ob dies aber wie die Nichtigkeitsklägerin meint den weitergehenden Schluss zulässt, dass damit eine gesonderte Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten im Gegensatz zu einer anderen Leistungspegelsendung von NACK-Nachrichten offenbart ist, kann die Kammer nicht hinreichend sicher beurteilen. Denn insoweit könnte es zutreffend sein, dass der Fachmann den Begriff „ACK-Nachricht“ der Schrift im Sinne eines pars pro toto versteht, der ACK- und NACK-Nachrichten gleichermaßen erfasst, wie die hiesige Klägerin mit Blick darauf vorträgt, dass die in der Figur 1 der Schrift vorgeschlagene DPCCH-Struktur sowie die Tabelle 1 auf Seite 2 der Schrift lediglich ein Feld Ack mit einer Anzahl Nack bits bzw nur eine Anzahl von 4 oder 6 Bits zur Übertragung der Nachricht Nack zeigt, hingegen aber kein eigenständiges Feld für NACK-Nachrichten, sodass es naheliegen könnte, dass die Schrift, die sowohl ACK- als auch NACK-Nachrichten kennt, hierdurch beide Typen von Nachrichten kennzeichnet. Denn ansonsten wäre gar keine Übermittlung von NACK-Nachrichten in der vorgeschlagenen DPCCH-Struktur vorgesehen, was im Widerspruch zur vorher vorgenommenen Differenzierung von ACK-und NACK-Nachrichten stehen würde.
105 
VIII. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Gründe

 
44 
Die zulässige Klage ist nur in Teilen begründet.
45 
Die auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung gerichteten Anträge waren abzuweisen, da die Klägerin an der Durchsetzung der Ansprüche aus kartellrechtlichen Gründen gehindert ist.
46 
Da die angegriffenen Ausführungsformen indes von der Lehre des geltend gemachten Hauptanspruchs 10 unmittelbar wortsinngemäßen Gebrauch machen, war die Beklagte zur Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen und ihre Schadensersatzverpflichtung festzustellen.
47 
Eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf das vor der Rechtsbank Den Haag anhängige Verfahren war ebenso wenig angezeigt wie eine Aussetzung mit Blick auf die von der [...] erhobene Nichtigkeitsklage.
48 
I. Klagepatent
49 
1. Das Klagepatent betrifft ein Funkkommunikationssystem, welches insbesondere bei UMTS-Verfahren (Universal Mobile Telecommunication System) zwischen einer Primärstation und einer Sekundärstation Anwendung findet.
50 
Die Beschreibung verweist auf ein zunehmendes Bedürfnis danach, große Datenmengen im Wege der Mobilfunkkommunikation an eine Mobilstation zu übertragen wie etwa Internetseiten, die auch Videoclips enthalten. Zu diesem Zweck sei in UMTS das High Speed Downlink Packet Access-(HSDPA)-Verfahren entwickelt worden. Bekannter Bestandteil eines solchen Datenübertragungssystems sei ein Automatic Repeat Request-(ARQ)-Verfahren, das sich mit der fehlerhaften Übertragung von Daten befasse. Die Mobilstation bestimme im HSDPA-Verfahren, ob ein Datenpaket beschädigt worden sei, indem etwa CRC-Informationen genutzt würden. Danach würde von der Mobilstation bei korrektem Empfang eine ACK-Nachricht, bei beschädigtem Empfang eine NACK-Nachricht gesendet. Indes könnten sich auch bei der Übertragung der ACK- und NACK-Nachrichten Probleme ergeben, wenn diese durch den Empfänger fehlerhaft gedeutet würden. Besonders problematisch sei der Fall, dass eine NACK-Nachricht als ACK-Nachricht missverstanden werde, weil eine Korrektur dieses Fehlers nur unter großem Ressourcenaufwand vorgenommen werden könne. Um die Systemleistungsfähigkeit zu erhöhen, sei es daher wünschenswert, die Fehleranfälligkeit der ACK-/NACK-Decodierung zu kontrollieren. Dies könne in UMTS etwa bewerkstelligt werden, indem die Mobilstation das ACK-/NACK-Codewort mit einem bestimmten Leistungsniveau, das die Basisstation vorgebe, übertragen müsse. Das Leistungsniveau könne unter Abwägung verschiedener Umstände gewählt werden. In der deutschen Patentanmeldung DE 10132566 werde das Problem hingegen durch die Übersendung eines zusätzlichen Codewortes REVERT gelöst. Aus der US-Schrift 4888767 sei wiederum bekannt, ein Wiederholungsanfragesignal zu übersenden, wenn ein Datenpaket beschädigt empfangen wurde. Die US-Schrift 5517507 übersende dagegen ACK/NACK-Nachrichten auf besondere Weise. So werde ein NACK-Signal durch einen Energieschub repräsentiert, ein ACK-Signal sei hingegen durch einen Ausbleiben eines solchen Energieschubs gekennzeichnet. Die Erfindung setze sich somit zum Ziel, ein effizienteres System für die Übertragung von Datenpaketen vorzustellen.
51 
Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den nachfolgenden Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst werden:
52 
a) Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem
b) Das Funkkommunikationssystem verfügt über einen Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu einer Sekundärstation.
c) Empfangsmittel sind vorgesehen, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen.
d) Rückmeldungsmittel sind vorgesehen, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln.
e) Das Signal wird aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt.
f) Die Rückmeldungsmittel sind so eingerichtet, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal
f1) in Abhängigkeit seines Typs
f2) sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
53 
2. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 10 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch.
54 
a) Dies steht zwischen den Parteien bis auf das Merkmal f2 außer Streit und beruht auch nicht auf patentrechtlich unzutreffenden Anschauungen.
55 
b) Wie der Durchschnittsfachmann die Kombination der Merkmale versteht, ergibt sich ausgehend vom Patentanspruch (§ 14 S. 1 PatG) aus dem technischen Zusammenhang seiner Merkmale, sowie aus dem Inhalt der Beschreibung und Zeichnungen (§ 14 S. 2 PatG). Durch Heranziehung der Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche wird sichergestellt, dass der tatsächliche Sprachgebrauch des Patents hinreichende Beachtung findet. Der Fachmann orientiert sich also an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung – entscheidend ist, die Patentschrift gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (BGHZ 150, 149, 156 – Schneidmesser I; BGH, Urt. v. 02.03.1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Dabei schränken die Ausführungsbeispiele sowie die darauf bezogenen Beschreibungsteile einen weiter zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig.
56 
c) Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch Merkmal f2.
57 
aa) Zur Verwirklichung des Merkmals ist es ausreichend, dass der Leistungspegel, mit dem eine ACK- oder eine NACK-Nachricht von der Primärstation erwartet wird, als Leistungsversatz zu einem Bezugskanal und dessen Übertragungspegel bestimmt werden kann. Denn technisch-funktional ist es ohne Belang, ob die Primärstation die ACK-/NACK-Nachricht deshalb zutreffend als ACK- oder NACK-Nachricht erkennt, weil ihr der Leistungspegel in dB als absolute Größe bekannt ist oder ob sie in einem Zwischenschritt diese Größe erst bestimmt, in dem sie den konkreten Leistungspegel über eine Differenzbildung zum Leistungspegel eines Bezugskanals errechnet. In beiden Fällen ist das technische Ziel erreicht, dass die Primärstation weiß, welches Leistungsniveau in der konkreten Situation eine ACK-Nachricht aufweist und welches Leistungsniveau eine NACK-Nachricht kennzeichnet, sodass eine korrekte Interpretation sichergestellt wird.
58 
bb) Der Wortlaut des Anspruchs schließt bei patentrechtlich zutreffender Würdigung auch nicht aus, dass das funktionale Ziel über die Bestimmung eines Leistungsversatzes erreicht wird. Denn das Merkmal f2 verlangt lediglich, dass die Rückmeldungsmittel den Leistungspegel, mit dem sie die ACK-/NACK-Nachrichten übersenden „in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels“ wählen. Damit ist allein erforderlich, dass die ACK-/NACK-Nachrichten gleichsam durch einen bestimmten für den Typ individuellen Bezug zum Leistungspegel gekennzeichnet und erkennbar sind, ohne dass nach dem Wortlaut zu fordern wäre, dass die Primärstation einen absolut bestimmten Leistungspegel vorgeben müsste und eine Bestimmung desselben durch eine Relation zu einer bekannten Bezugsgröße wie dem Leistungspegel eines anderen Kanals ausgeschlossen wäre.
59 
cc) Für eine solche Auslegung des Wortlauts streiten auch die in den Abschnitten [0026], [0029] und [0048] der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiele, auf die die Klägerin Bezug nimmt und die auf die Übertragung eines „ACK/NACK power offsets“ und damit eines Leistungsversatzes abheben. Diese Ausführungsbeispiele lesen sich im Zusammenhang mit dem erteilten Anspruch 10 nicht im Sinne einer bewussten Auswahlentscheidung des Anmelders gegen die Erteilung von Patentschutz auch für diese Ausführungsbeispiele im Sinne der Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ 189, 330) wie die Beklagte meint. Denn die Patentschrift ist in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGHZ 189, 330Rn. 24 – Okklusionsvorrichtung). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330Rn. 23 – Okklusionsvorrichtung). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (BGH, Urteil vom 2. Juni 2015, X ZR 103/13, GRUR 2015, 972 Rn. 23 – Kreuzgestänge).
60 
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich die Verwendung eines Leistungsversatzes zu einem Bezugskanal, der eine Bestimmung des Leistungspegels der erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten erlaubt, wie ausgeführt ohne weiteres unter den Wortlaut des Merkmals f2 lesen.
61 
dd) Soweit die Beklagte argumentiert, der Standard sei insoweit nur optional, ist dies patentrechtlich ohne Belang, da der Anspruch nur fordert, dass die geschützten Vorrichtungen Mittel aufweisen, die geeignet sind, entsprechend dem Merkmalen f2 zu operieren. Dass die Parameter ΔACK-/NACK indes als Bestandteil des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ mindestens einmal zur Mobilstation übertragen werden müssen, damit überhaupt ein Empfang von Datenpaketen über den HS-SCCH und den HS-DSCH im Rahmen des HSDPA-Verfahrens möglich ist, ergibt sich nach Überzeugung der Kammer aus dem von der Klägerin zitierten Standarddokument nach Anlage KB2e, Abschnitt 8.5.25, Seite 251
62 
sowie sich zudem aus Anlage K2e, Abschnitt 8.6.6.11, Seite 293
63 
ergibt, dass die übertragenen Parameter bei Übertragung auch verwendet werden.
64 
ee) Dass sich die oben eingeblendete Passage nur auf den Frequenzduplexbetrieb (FDD) bezieht, ist unschädlich, weil dies die Funktionalität der angegriffenen Ausführungsformen, für diesen Fall wie beschrieben zu verfahren, nicht in Abrede stellt. Aus den nämlichen Gründen verfängt auch nicht die Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe unter Hinweis auf Seite 252 des Standards nichts dazu vorgetragen, ob das die Parameter ΔACK/NACK enthaltene Informationselement nicht vielleicht auf den angegriffenen Ausführungsformen vorgespeichert sei, denn jedenfalls kann die standardgemäß ausgebildete angegriffene Ausführungsform entsprechend verfahren, wenn das Informationselement übertragen wird. Dies gilt gleichfalls für den Einwand, Abschnitt 8.6.6.22 „Uplink DPCH power control info“ sehe keine zwingende Übertragung der Parameter ΔACK/NACK vor.
65 
ff) Soweit die Parameter in der Tabelle in Abschnitt 10.3.6.91 auf Seite 546 des Standards nach Anlage KA2e als optional gekennzeichnet sind,
66 
hat die Klägerin dies zutreffend lediglich als insoweit optional beschrieben, als dass die Parameter nicht bei jeder Übersendung des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ erneut übersendet werden müssen, soweit es hierfür kein technisches Bedürfnis gibt. Dies stellt damit nicht in Abrede, dass für jedes übertragene Datenpaket eine Rückmeldung bezüglich des korrekten oder inkorrekten Empfanges gegeben wird, sondern es wird lediglich bei entsprechendem Bedarf der Leistungspegel über die Mitteilung des Leistungsversatzes verändert, den die von der Primärstation erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten aufweisen sollen.
67 
gg) Dass wiederum das Informationselement „Uplink DPCH Power Control Info“ vom UTRAN, d.h. netzwerkseitig, an das User Equipment, also die Mobilstation, übertragen wird, folgt aus dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Standarddokument K2f, dort Abschnitt 10.2.16a, S. 359, der als Übertragungsrichtung „UTRAN → UE“ angibt und das Element „Uplink DPCH Info“ unter Downlink radio ressources auf Seite 359 aufführt. Soweit die Beklagte insoweit lediglich auf theoretisch denkbare andersartige Szenarien verweist, in denen die Parameter in höheren Ebenen des Mobiltelefons festgelegt werden könnten, ist dieses Bestreiten angesichts den von der Klägerin anhand des Standards gehaltenen konkreten Vortrags nicht substantiiert. Auch soweit die Beklagte darauf abhebt, die Standardstelle beziehe sich nur auf den speziellen Fall eines Handovers zum Netz UTRAN etwa vom GSM-Netz, so wird hierdurch aus Sicht der Kammer nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass sich die Signalisierung von der Primär- an die Sekundärstation vollzieht. Denn selbst wenn hier in die Kommunikation die Primärstation eines anderen Netzes zwischengeschaltet ist, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Vorgabe insoweit netzwerkseitig erfolgt.
68 
hh) Entsprechend ändert auch der Verweis der Beklagten darauf, dass das Informationselement „Uplink DPCH info“ nicht immer den Bestandteil „Uplink DPCH power control info“ enthalte, nichts an der Eignung der angegriffenen Ausführungsformen, im Falle der Übersendung nach dem Standard entsprechend zu verfahren.
69 
III. Die festgestellten patentverletzenden Handlungen rechtfertigen nach Maßgabe der nationalen Bestimmungen (Art. 64 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 EPÜ) die zu dem Klagepatente gestellten Anträge, soweit sie auf Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtet sind. Diesen Ansprüchen stehen kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen (vgl. Huawei Technologies/ZTE: EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 Rn. 72 ff. = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817). Die gestellten Anträge legt die Kammer dabei trotz des im Antrag nur unvollständig wiedergegebenen Anspruchs 10 im Lichte der Klagebegründung wie im Tatbestand wiedergegeben aus.
70 
1. Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund der vorliegenden Verletzung der Klagepatente zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann den Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagte hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne unzumutbaren Arbeitsaufwand Auskunft geben kann, ist die Beklagte gem. § 140 b PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat sich für die Zeit seit Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents zzgl. Kenntnisnahmefrist von einem Monat auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruchs (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder fiktive Lizenz) zu entscheiden.
71 
2. Zudem war wie beantragt festzustellen, dass die Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist.
72 
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klägerin kennt den genauen Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese Kenntnis kann sie den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nicht beziffern. Da aber die Beklagte Schadensersatzansprüche der Klägerin in Abrede stellt, hat die Klägerin – auch zur Hemmung der Verjährung und Herbeiführung der 30jährigen Verjährungsfrist – ein rechtliches Interesse daran, dass das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald festgestellt wird.
73 
Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung des Klagepatents erkennen können und erkennen müssen, dass das Klagepatent durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt wird.
74 
IV. Hingegen war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin überdies von der Beklagten Unterlassung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie die Vernichtung patentverletzender Produkte begehrt. Denn insoweit stehen einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche in Anwendung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Huawei./. ZTE (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817) kartellrechtliche Gründe entgegen.
75 
1. Die Kammer hat ihr Verständnis des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Huawei Technologies/ZTE im Urteil vom 29. Januar 2016 – 7 O 66/15 (veröffentlicht bei juris) dargelegt und hält nach nochmaliger Überprüfung der dort vertretenen Rechtsauffassung an dieser Begründung fest. Aus Sicht der Kammer betont der Gerichtshof, dass das aus einem Patent fließende Ausschließlichkeitsrecht nur unter ganz besonderen Umständen nicht mit der Verletzungsklage durchsetzbar ist. Daraus folgt, dass die entsprechenden tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Suspendierung des Patentrechts ergeben soll, von dem in Anspruch genommenen (angeblichen) Verletzer vorzutragen und wenn die Umstände im Streit stehen, auch zu beweisen sind.
76 
Der Gerichtshof entwickelt aus Sicht der Kammer in seinem Urteil ein Konzept, dass es dem zur Entscheidung berufenen Gericht ermöglichen soll, das Verhalten des Inhabers des SEP auf der einen Seite sowie des angeblichen Verletzers auf der anderen Seite daraufhin zu bewerten, ob sich die Durchsetzung der auf das SEP gestützten Unterlassungs- und Rückrufanträge als ungerechtfertigter Marktmissbrauch und Aufbau eines insoweit zu unterbindenden Drucks in der Verhandlungssituation zu bewerten ist oder als gerechtfertigte Reaktion auf eine vom (angeblichen) Verletzer verfolgte Verzögerungstaktik. Hingegen zielt die Entscheidung des Gerichtshofs nach der Überzeugung der Kammer nicht darauf ab, die Verletzungsgerichte mit der Bestimmung der FRAND-Bedingungen zu belasten, wenn im Verfahren der Unterlassungs- und Rückrufanspruch durchgesetzt werden soll und es nicht gerade um die Zahlung einer FRAND-Lizenzgebühr im Betragsverfahren geht. Dass der Gerichtshof diesen Gesichtspunkt, den der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen angesprochen hat, in seiner Urteilsbegründung nicht ausdrücklich erwähnt, bedeutet nach Ansicht der Kammer entgegen den Darlegungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschl. v. 31.5.2016 - 6 U 55/16, MittdtschPatAnw 2016, 321) nicht, dass das vom Gerichtshof für Recht erkannte System nicht praxisgerecht sein soll.
77 
Zu diesem Zweck hält es der Gerichtshof für erforderlich, dass der Patentinhaber in einem ersten Schritt vor der Erhebung einer auf Rückruf und Unterlassung gerichteten Klage, die für den angeblichen Verletzer einen erheblichen Verhandlungsdruck aufbaut, einen angeblichen Verletzer auf die ihm vorgeworfene Patentverletzung hinweist und dabei das SEP bezeichnet sowie angibt, auf welche Weise es verletzt sein soll. Jedenfalls wird der Patentinhaber das mit der Klage geltend gemachte und von ihm als standardessentiell deklarierte Patent mit seiner Patentnummer bezeichnen und angeben müssen, dass dieses Patent bei der betreffenden Standardisierungsorganisation als standardessentiell deklariert wurde. Soweit der Patentinhaber zudem angeben soll, auf welche Weise das Patent verletzt sein soll, muss der Hinweis dem Verletzer deutlich machen, für welchen Standard das Patent essentiell ist und aufgrund welcher Umstände der Patentinhaber davon ausgeht, dass der angebliche Patentverletzer von der Lehre des Patents Gebrauch macht. Jedenfalls ist dafür erforderlich, dass der Patentinhaber benennt, welche technische Funktionalität der angegriffenen Ausführungsform vom Standard Gebrauch macht. Der angebliche Verletzer wird regelmäßig nämlich im Bilde darüber sein, dass sein Produkt einem Standard gemäß ausgebildet ist. Daher dürfte ein bloßer Hinweis, der angebliche Verletzer stelle nach dem Standard arbeitende Produkte her oder vertreibe diese und verletze deshalb das Patent, nicht ausreichend sein. Vielmehr muss der angebliche Verletzer durch den Hinweis in die Situation versetzt werden, die Schutzrechtslage selbständig prüfen (lassen) zu können. Aufgrund der Vielzahl der technischen Funktionalitäten, die regelmäßig in einem Standard enthalten sind und die gerade die vom Gerichtshof angesprochene Unübersichtlichkeit bei der Beurteilung der Schutzrechtslage begründet, wird es erforderlich sein, dass der SEP-Inhaber jedenfalls die Kategorie der technischen Funktionalität des Standards in einer solchen Weise benennt, dass der vermeintliche Verletzer nun wieder der grundsätzlich ihm obliegenden Pflicht, die Schutzrechtslage zur prüfen, gerecht werden kann. Wie detailliert dieser Hinweis zu erfolgen hat, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Hierbei wird insbesondere einzustellen sein, welche Technologiekenntnisse beim Patentverletzer vorhanden sind bzw. inwieweit er sich solche Kenntnisse in zumutbarer Weise durch professionellen Rat zu verschaffen hat. Aus Sicht der Kammer sind zur Darlegung des Verletzungssachverhalts in einer den Anforderungen des Gerichtshofs entsprechenden Weise grundsätzlich jedenfalls die auch im Rahmen von Lizenzvertragsverhandlungen nach den geschäftlichen Gepflogenheiten sonst üblichen Claim-Charts ausreichend, die den geltend gemachten oder einen ihm verwandten Anspruch des Klagepatents, der gleichfalls die entscheidenden Merkmale aufweist, gegliedert nach Anspruchsmerkmalen den entsprechenden Stellen im Standard gegenüberstellen, ohne dass hierbei die Anforderungen der Schlüssigkeitsprüfung einer Verletzungsklage erfüllt werden müssen. Insoweit ist in der Regel ausreichend, dass der angebliche Verletzer den vom SEP-Inhaber erhobenen Vorwurf jedenfalls bei Hinzuziehung externen oder internen technischen Sachverstandes nachvollziehen kann.
78 
Entsprechendes gilt für die weitere Obliegenheit des SEP-Inhabers, der zudem vor Klageerhebung dem angeblichen Patentverletzer – sofern dieser im Grundsatz seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, überhaupt Lizenz nehmen zu wollen – ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten hat und insbesondere die Lizenzgebühr und die Art und Weise ihrer Berechnung anzugeben hat. Vor dem Hintergrund des zuvor geschilderten Verständnisses, das die Kammer zu der Entscheidung des Gerichtshofs entwickelt hat, ist hierfür erforderlich, dass es sich um ein annahmefähiges Vertragsangebot handelt, das die vertragswesentlichen Bedingungen enthält. Soweit der Gerichtshof ausführt, dass der Patentinhaber ein konkretes schriftliches Lizenz-Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreiten hat, bedeutet dies nicht, dass das Verletzungsgericht für den Fall, dass der (angebliche) Patentverletzer – wie regelmäßig – in Abrede stellt, dass dieses Angebot FRAND-Kriterien entspricht, gehalten ist, nunmehr nach objektiven Gesichtspunkten zu entscheiden, ob das Angebot des SEP-Inhabers tatsächlich FRAND ist oder nicht. Denn hierdurch würde der Verletzungsprozess gerade wieder mit der Bestimmung belastet, welche Lizenzhöhe exakt und sonstigen Vertragsbedingungen ganz genau diesen Kriterien entsprechen, was aus Sicht der Kammer nicht das Anliegen des Gerichtshofs war. Kartellrechtswidrig und ersichtlich nicht FRAND ist ein Angebot erst dann, wenn es sich unter Berücksichtigung der konkreten Verhandlungssituation und insbesondere der Marktgegebenheit als Ausdruck von Ausbeutungsmissbrauch darstellt. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Patentinhaber sich mit der bloßen Behauptung begnügen dürfte, seine Forderung sei fair, vernünftig und nicht diskriminierend.
79 
Der Patentinhaber hat vielmehr dabei die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr so anzugeben, dass hierin deutlich wird, aus welchen darzulegenden Gründen er von einer Erfüllung der FRAND-Kriterien ausgeht. Nach Auffassung der Kammer wird der SEP-Inhaber den angeblichen Verletzer deshalb in die Lage versetzen müssen, anhand objektiver Kriterien nachzuvollziehen, warum der SEP-Inhaber zu der Überzeugung gelangt, dass das von ihm unterbreitete Angebot FRAND-Kriterien entspricht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der SEP-Inhaber bei einem Stücklizenzvertrag schlicht den pro Einheit zu zahlenden Betrag angibt, ohne zu erläutern, weshalb dieser Betrag nach seiner Ansicht FRAND-Bedingungen entspricht. Insoweit wird er den Betrag gegenüber dem vermeintlichen Verletzer in geeigneter Weise transparent zu machen haben, etwa durch Vortrag zu einem in der Vertragspraxis gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm oder unter Heranziehung anderer Bezugsgrößen, aus dem die geforderte Lizenzgebühr abgeleitet wird, wie etwa aus einer Poollizenzgebühr, die in der Praxis für einen Patentpool von Dritten gezahlt wird, der auch für den fraglichen Standard relevante Patente umfasst.
80 
Der Verletzer muss auf dieses, auf konkret dargelegten Tatsachen fußende Angebot reagieren, selbst wenn es seiner Auffassung – wie regelmäßig – nicht den FRAND-Kriterien entspricht (ebenso im Ergebnis LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015 – 2 O 106/14 Seite 51 bei (bb) und LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2015 – 4a O 144/14). Eine Ausnahme hiervon ist nach der Auffassung der Kammer allein in solchen Fällen zu machen, in denen sich das Angebot des SEP-Inhabers bereits bei summarischer Prüfung evident als nicht FRAND und mithin als Missbrauch einer beherrschenden Stellung des SEP-Inhabers darstellt. Dieses Gegenangebot ist alsbald zu unterbreiten, da der Gerichtshof dem angeblichen Patentverletzer keine Verzögerungstaktik zugestehen will. Mithin muss vom angeblichen Verletzter auf das konkrete schriftliche Angebot des SEP-Inhabers so schnell reagiert werden, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls bei Anwendung der in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und des Grundsatzes von Treu und Glauben von ihm erwartet werden kann.
81 
Schlägt der SEP-Inhaber dieses Angebot aus und hat der angebliche Verletzer das SEP bereits benutzt, bevor ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, verlangt der Gerichtshof, dass er ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Gegenangebots eine angemessene Sicherheit etwa durch Beibringung einer Bankgarantie oder durch Hinterlegung leistet. Die Berechnung der Sicherheit muss unter anderem die Zahl der vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf das SEP umfassen, für die der angebliche Verletzer eine Abrechnung vorlegen können muss. Diese Sicherheit muss zudem den in dem betreffenden Bereich anerkannten Gepflogenheiten entsprechen.
82 
2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin vorliegend aus kartellrechtlichen Gründen gehindert, die mit der Klage verfolgten Ansprüche durchzusetzen.
83 
a) Ob diese Maßstäbe der Kammer vor dem Hintergrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2016, Az.: 6 U 55/15, der meint, dass eine Evidenzkontrolle des Angebots des SEP-Inhabers einerseits nicht ausreichend sei, andererseits aber ausführt, dem SEP-Inhaber sei bei der Beurteilung, was FRAND sei, ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen, und der lediglich eine summarische Prüfung im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil betrifft, im Detail einer Überprüfung unterzogen werden müssen, kann vorliegend offen bleiben.
84 
b) Denn die Klägerin hat vorliegend ihre Obliegenheit nicht erfüllt, gegenüber der Beklagten transparent zu machen, aufgrund welcher Tatsachen sie den von ihr im Lizenzvertragsangebot geforderten Lizenzsatz von US$ 1,-- pro Stück für FRAND hält – bzw. warum dieser in der Diktion des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Rahmen des zuzugestehenden Entscheidungsspielraums FRAND ist. Sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, in ihrem Angebot pauschal zu behaupten, dass die angemessene Lizenz US$ 1,-- pro Stück sei. Insoweit ist nach Auffassung der Kammer die bloße Angabe der Multiplikatoren nicht annähernd ausreichend, um die Vorgaben der Entscheidung des Gerichtshofs zu erfüllen. Die allgemeine Präsentation des UMTS-Lizenzprogrammes nach Anlagen K4b und 4c enthält insoweit auch keine weitergehenden Informationen, die diese Obliegenheit erfüllen könnten.
85 
c) Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Kammer würde sich in Widerspruch zur Spruchpraxis ihrer Schwesterkammer setzen, ist die Kammer unter Beachtung des zwischenzeitlich ergangenen und zuvor zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe der Auffassung, dass eine bloße Angabe der Multiplikatoren, die der Berechnung der Lizenzgebühr zugrunde liegen, nicht ausreichend sind. Denn anhand dieser Parameter ist es dem vermeintlichen Verletzer nicht möglich zu beurteilen, ob das Angebot – entweder im Sinne einer Evidenzkontrolle wie sie die Kammer vertritt oder im Sinne einer objektiven Bestimmung unter Berücksichtigung eines auch vom Oberlandesgericht zugestandenen Entscheidungsspielraums – FRAND ist und gegebenenfalls ein Gegenangebot zu FRAND-Bedingungen zu machen, da es ihm, wie der Gerichtshof ausführt, regelmäßig gerade an den hierzu nötigen Informationen über den Lizenzmarkt fehlt, über die der SEP-Inhaber verfügt.
86 
d) Soweit die Klägerin entsprechende Erläuterungen erstmals in der Replik gemacht und ein Sachverständigengutachten von Professor [Y.] (Anlage K5/5a) vorgelegt hat, das nachweisen soll, dass die Klägerin keine diskriminierende Lizenzrate von der Beklagten verlangt, sind diese nach Klageerhebung erfolgt und damit nicht mehr geeignet, die vom Europäischen Gerichtshof verfolgte Intention zu erfüllen, die Verhandlungen unbelastet von der Erhebung einer auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung und Vernichtung gerichteten Klage führen zu können. Insoweit sind die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Intention, die der Gerichtshof mit seinem Pflichtenprogramm verfolgt, zu verstehen, dass nicht nur vor Klageerhebung auf die Art und Weise der vorgeworfenen Patentverletzung hingewiesen werden soll. Sondern dieses zeitliche Erfordernis bezieht sich gleichfalls auf die Angabe, auf welche Art und Weise sich die Lizenzgebühr im Angebot des SEP-Inhabers berechnet, also aufgrund welcher Tatsachen die konkret geforderte Gegenleistung für die Lizenzierung fair, vernünftig und nicht diskriminierend sein soll. Denn nur wenn auch die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr vor Klageerhebung substantiiert wurde, kann sich der angebliche Verletzer, ohne dem Druck einer bereits erhobenen Unterlassungsklage ausgesetzt zu sein, im Verhandlungswege entscheiden, ob er gewillt ist, die so transparent gemachten Bedingungen als FRAND entsprechend anzuerkennen und Lizenz zu nehmen. Soweit die Klägerin auf einen jüngst ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2016 (Az.: I – 15 U 36/16, Anlage K12) hinweist, in dem das Gericht erwägt, ob es in allen Fällen erforderlich ist, dass die vom Gerichtshof aufgestellten Obliegenheiten, hier insbesondere die Verpflichtung zur Erläuterung der Gebührenberechnung, vor Klageerhebung zu erfüllen sind und ob dies gegebenenfalls als zu formaljuristisches Verständnis der Entscheidung abzulehnen ist, hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest. Denn selbst wenn es prozessual möglich sein sollte, dass die Klägerin, die ihre Obliegenheiten bislang nicht vor Klageerhebung erfüllt hat, dies nachholt, die zunächst erhobene Klage zurücknimmt und dann unter Beachtung der Obliegenheiten erneut erhebt, ist zu sehen, dass in diesem Fall in der Zeit zwischen der Rücknahme der zunächst erhobenen Klage und erneuter Erhebung der Klage Zeit für Verhandlungen bleibt, in denen die Verhandlungen ohne den unmittelbaren Druck eines gerichtlichen Verfahrens geführt werden können. Denn selbst wenn der SEP-Inhaber entsprechend im ersten Verfahren die zunächst unterlassene Erläuterung nachholt, so wird er dem vermeintlichen Verletzer vor erneuter Klageerhebung eine gewisse Zeit zuzugestehen haben, in der der Beklagte die Argumente prüft, die der SEP-Inhaber zur Untermauerung der Art und Weise der Berechnung der Lizenzhöhe sowie der Frage, ob die angesonnene Lizenzgebühr FRAND entspricht, vorgebracht hat. Würde man es uneingeschränkt zulassen, dass der SEP-Inhaber seine vorprozessual nicht erfüllten Obliegenheiten im Verlauf des Verfahrens sanktionslos nachholen kann, so würde nach Ansicht der Kammer der Leitgedanke der Entscheidung des Gerichtshof, Verhandlungen unbelastet von einem anhängigen Verfahren führen zu können und zu diesem Zeitpunkt über alle Informationen zu verfügen, die eine Beurteilung zulassen, ob das angesonnene Lizenzvertragsangebot FRAND-konform ist oder nicht, verfehlt. Die Kammer sieht sich in dieser Auffassung dadurch bestärkt, dass der Gerichtshof insoweit durch Berichtigungsbeschluss klargestellt hat, dass sich die Worte „vor Klageerhebung“ sowohl auf die Erläuterung zur Patentverletzung als auch auf die Erläuterung der geforderten Lizenzgebühr beziehen.
87 
e) Die Klägerin war auch vorliegend nicht etwa von dieser Obliegenheit entbunden, weil sich die Beklagte als lizenzunwillig gezeigt hätte. Denn selbst wenn im Zuge der Verhandlungen zwischen den Parteien vereinzelt eine Zahlung von Lizenzgebühren durch die Beklagte in einzelnen Aussagen abgelehnt worden sein sollte, so hat die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht grundsätzlich lizenzunwillig gezeigt. Dies kommt etwa in dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der [...] vom 20. November 2015 zum Ausdruck, in dem die Muttergesellschaft der Beklagten, mit der die Verhandlungen seitens der Klägerin stets geführt wurden, beanstandet, dass die Klägerin es bislang verabsäumt habe, im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs darzulegen, weshalb sie meint, dass die von ihr geforderte Lizenzgebühr FRAND ist (vgl. ebenda, 2. Seite bei c und letzte Seite bei 5.). Diese Aufforderung wiederholte die Beklagte in einem Schreiben vom 4. Dezember 2015 (Anlage B2). Sie zeigte sich zudem bereit, eine Lizenz zu einem Lizenzsatz von [x] % des Nettoverkaufspreises je Einheit zu zahlen (Schreiben vom 12. Januar 2016, Anlage B5 ). Zudem kommt die Bereitschaft der Beklagten Lizenz zu nehmen darin zum Ausdruck, dass sie der Klägerin vorprozessual die Übertragung bestimmter eigener Patente im Austausch vorgeschlagen hat, selbst wenn die Klägerin dieses Angebot als für sie uninteressant verworfen hat. Ihre Bereitschaft, sich im Grundsatz mit der Klägerin über eine Lizenznahme auszutauschen, belegt zudem der Umstand, dass die Beklagte das umfängliche, als Anlage B11 vorgelegte Gutachten hat erstatten lassen, um die von ihr für FRAND erachtete Lizenzgebühr zu untermauern. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung erfolgt ist, so reflektiert dies dennoch nach Ansicht der Kammer die grundsätzliche Bereitschaft, über eine Lizenznahme zu verhandeln auch dann, wenn die von der Klägerin behaupteten und unter Beweis gestellten Äußerungen von Vertretern der [...] im Zuge der Verhandlungen gefallen sein sollten.
88 
Als Indiz für die grundsätzliche Bereitschaft der Beklagten, in Lizenzvertragsverhandlungen mit der Klägerin einzutreten, wertet die Kammer dabei auch den Umstand, dass die Beklagte inzwischen einen namhaften Betrag bei Gericht hinterlegt hat, der die Umsätze mit ihren LTE-/UMTS-fähigen Produkten weltweit abdecken soll. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung geschehen ist, lässt dieser Umstand dennoch indizielle Rückschlüsse auf die Lizenzwilligkeit der Beklagten vor Klageerhebung zu, die das gefundene Ergebnis aus Sicht der Kammer bestätigen, dass es sich bei der Beklagten bzw. deren Muttergesellschaft nicht um einen von vornherein gänzlich lizenzunwilligen Verletzer handelt.
89 
Diese Umstände, die teils Vorgänge nach Klageerhebung betreffen, sind gleichwohl aus Sicht der Kammer mit in die Beurteilung der potentiellen Lizenzwilligkeit der Beklagten einzubeziehen, soweit sie Rückschlüsse auf die Intention der Beklagten in der Zeit vor Erhebung der Klage zulassen. Die geschilderten Umständen dokumentieren mithin, dass es sich bei der Beklagten nicht um einen Verhandlungspartner handelt, der erst und allein unter dem Eindruck der Klageerhebung erstmals eine angebliche Lizenzwilligkeit vorspiegelt.
90 
V. Die Beklagte kann gegenüber der Klägerin auch nicht mit Erfolg den Einwand der Erschöpfung führen.
91 
Zum einen hat die Beklagte insoweit vorgetragen, dass in ihren Mobiltelefonen neben Chips der Firma [X.] ohnehin auch Chips der Firma [...] zum Einsatz kämen. Dass hinsichtlich dieser Chips Erschöpfung eingetreten wäre, trägt die Beklagte nicht vor, sodass selbst für den Fall, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Chips der Firma [X.] auf Erschöpfung berufen könnte, der Vorwurf der Patentverletzung nicht ausgeräumt ist.
92 
Zum anderen hat die Beklagte mit Blick auf die Lizenz der Firma [X.] lediglich vorgetragen, dass diese mit der Klägerin einen Kreuz-Lizenzvertrag über UMTS-Patente abgeschlossen habe, wobei sie derzeit nicht substantiierter zu der Frage weiter vortragen könne, ob sie aus dieser Vertragsbeziehung eigene Rechte ableiten könne. Dies müsse zuwarten, bis sie den im US-Discovery-Verfahren erlangten, indes mit einer Protective Order belegten Vertrag auf Anordnung der Kammer im hiesigen Verfahren vorlegen könne. Aus dem Vertrag folge, dass die Chips autorisierten Käufern wie der Beklagten Rechte an den UMTS-Patenten vermittelten. Die Chips setzten als Hardware jedenfalls die hier wesentlichen Funktionalität des UMTS-Standards um, selbst wenn es einen „überschießenden“ Teil der geltend gemachten Ansprüche geben sollte, die durch andere Teile des Mobiltelefons verwirklicht werden sollten. Demnach würden die Chips jedenfalls die erfindungswesentlichen Schritte umsetzen.
93 
Diesbezüglich hat die Klägerin vorgetragen, dass es zwar vertragliche Beziehungen zwischen der Firma [X.] und ihr gebe, allerdings lediglich Produkte von [X.] selbst und hier auch nur die Hard- nicht aber die Software lizenziert worden seien und sich der Vertrag nicht auf Mobiltelefone Dritter erstrecke, in denen [X.]-Chips zum Einsatz kämen. Die standardgemäßen Prozeduren würden allein durch die Software in Form eines Protokoll-Stacks implementiert, die auf diese Hardware durch einen Lohnfertiger der [...]-Gruppe aufgespielt werde. Überdies seien die Chips von [X.] ohnehin allenfalls in den USA oder in Asien mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden, nicht aber im Europäischen Wirtschaftsraum.
94 
Die Beklagte hat ihren diesbezüglichen Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht weiter substantiiert, weshalb der Einwand der Erschöpfung nicht greift. Schon nach ihrem eigenen Vortrag setzen die [X.]-Chips nicht alle Aspekte der technischen Lehren der geltend gemachten Ansprüche um.
95 
VI. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO mit Blick auf das von der [...] vor der Rechtsbank Den Haag angestrengte Verfahren ist nicht angezeigt, da die dort zur Klärung anstehende Frage nicht vorgreiflich für das hiesige Verfahren ist.
96 
Zum einen ist es die Aufgabe der erkennenden Kammer erforderlichenfalls festzustellen, ob das Angebot der Klägerin FRAND-konform ist, sodass sie die Auffassung der Rechtsbank Den Haag allenfalls nach Erlass einer Entscheidung in ihre Erwägungen einzustellen hätte, zum anderen kommt es auf die Frage, ob das Angebot der Klägerin tatsächlich – sei es im Sinne einer Evidenzkontrolle, sei es im objektiven Sinne bei Anwendung eines der Klägerin zuzugestehenden Entscheidungsspielraums – FRAND ist, vorliegend nicht an, da die Klägerin wie ausgeführt bereits vor Klageerhebung Erläuterungen dazu, warum der von ihr geforderte Lizenzsatz FRAND sein soll, unterlassen hat.
97 
VII. Schließlich ist auch keine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits mit Blick auf die von der [...] erhobene Nichtigkeitsklage geboten.
98 
1. Eine solche Aussetzung suspendiert die Durchsetzung der Rechte aus dem Klagepatent. Da der Verletzungsrichter im Grundsatz an den Erteilungsakt gebunden ist, kommt eine Suspendierung der aus erteilten Ausschließlichkeitsrecht folgenden Befugnisse nur unter besonderen Umständen in Betracht. Die bloße Möglichkeit, dass das Klagepatent vernichtet wird, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr ist erforderlich, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 16. September 2014 – X ZR 61/13, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten) für die Vernichtung des Klagepatents besteht.
99 
2. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Beklagte durch ihre pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der [...] in einem weiteren, bei der Kammer geführten Verfahren hinreichend dargetan hat, warum eine Vernichtung aus fachmännischer Sicht hinreichend wahrscheinlich ist. Denn die in Bezug genommene Nichtigkeitsklage vermag diesen Maßstäben nicht zu genügen.
100 
a) Unabhängig von dem zwischen den Parteien bestehenden Dissens über das Veröffentlichungsdatum der Entgegenhaltung „Optimal Antipodal Signaling“ (Anlage [...] 6 / [...] 3) kann sich die nicht fachmännisch besetzte Kammer keine hinreichende Überzeugung davon bilden, dass die Lehre des Klagepatents hierdurch neuheitsschädlich getroffen wird.
101 
aa) Eine neuheitsschädliche Offenbarung erscheint bereits deshalb fraglich, weil die Nichtigkeitsklage der [...], die sich die Beklagte zu eigen machen will, hinsichtlich der Merkmal a, b, c und d nur darlegt, der Fachmann lese diese Merkmal als selbstverständlich mit, wohingegen eine explizite Offenbarungsstelle in der Entgegenhaltung nicht benannt ist. Die nicht fachmännisch besetzte Kammer kann naturgemäß nicht abschließend beurteilen, ob diese Lesart tatsächlich diejenige des angesprochenen Fachmannes ist und die Schrift daher durch eine implizite Offenbarung als neuheitsschädlich zu bewerten ist.
102 
bb) Dies kann im Ergebnis aber offen bleiben, da die Schrift aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht hinreichend deutlich für einen Nicht-Fachmann zeigt, dass die dort verwendeten Parameter pfack und pfnack, die nach der Darlegung der Nichtigkeitsklägerin „seitens der Basisstation ein bestimmtes Qualitätserfordernis an die tolerierten Wahrscheinlichkeiten falsch erkannter ACK- bzw. NACK-Nachrichten an das Endgerät in Form erforderlicher Wahrscheinlichkeiten“ stellen sollen, – bei Zugrundelegung derselben Maßstäbe an die Auslegung des Merkmals f2 wie bei der Beurteilung der Verletzung – als Angabe eines – sei es auch nur mittelbar bestimmbaren – Leistungspegels verstanden werden können. Denn selbst wenn die in der Schrift erwähnten Verstärkungsparameter k und l für den Fall, dass die überwachten Werte für pfack und pfnack nicht dem durch die Basisstation in Form von pfack_req und pfnack_req vorgegebenen Qualitätserfordernis entsprechen, dazu führen sollten, dass die Verstärkungsparameter k und l angepasst werden und hierdurch wiederum die Sendeleistung der ACK- und NACK-Signale angepasst wird, so kann seitens der nicht fachmännisch besetzten Kammer insoweit nicht hinreichend sicher beurteilt werden, ob der Fachmann hierdurch als in der Schrift offenbarten Lehre unmittelbar und eindeutig offenbart entnimmt, dass die beschriebene Leistungsanpassung für jeden Signaltyp im Sinne des Merkmals f2 in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels seitens der Primärstation zu der Sekundärstation vorgenommen wird und mithin die nach dem Vortrag der Nichtigkeitsklägerin stattfindende Leistungsanpassung als Mittel zur sicheren Detektion der ACK-/NACK-Nachrichten durch die Primärstation eingesetzt wird. Zwar könnte somit die Ausführungen der Nichtigkeitsklägerin als zutreffend unterstellt in der Schrift faktisch eine Leistungsanpassung stattfinden, diese sich aber lediglich als Vorgang gelegentlich der Anpassung der erwarteten Fehlerwahrscheinlichkeiten darstellen und vom Fachmann nicht hinreichend eindeutig als Mittel zur Lösung der Fehldetektion des ACK-/NACK-Signals durch Vorgabe eines Leistungspegels zu erkennen sein. Dies zu beurteilen, muss vorliegend dem Rechtsbestandsverfahren vorbehalten bleiben, ohne dass deshalb der Verletzungsstreit auszusetzen wäre.
103 
b) Soweit die Nichtigkeitsklägerin, auf deren Argumentation sich die hiesige Beklagte bezieht, weiter argumentiert, die klagepatentgemäße Lehre erweise sich vor dem Hintergrund einer Kombination der Schriften [...]6 / [...] 7 und [...] 8 als nicht erfinderisch, ist die nicht fachmännisch besetzte Kammer nicht in der Lage eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass sich insoweit keine vernünftigen Argumente mehr für eine erfinderische Tätigkeit finden lassen.
104 
Der Kammer erscheint bereits fraglich, ob die Schrift [...] 6 / [...] 7 überhaupt eine gesonderte Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten einerseits und NACK-Nachrichten andererseits zeigt, sodass offen ist, ob der Fachmann der Schrift das Merkmal f1 entnimmt. Zwar wird auf deren Seite 2, Absatz 1 davon gesprochen, dass eine gesonderte Verstärkungssteuerung für die ACK-Bits verwendet werden könne, ob dies aber wie die Nichtigkeitsklägerin meint den weitergehenden Schluss zulässt, dass damit eine gesonderte Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten im Gegensatz zu einer anderen Leistungspegelsendung von NACK-Nachrichten offenbart ist, kann die Kammer nicht hinreichend sicher beurteilen. Denn insoweit könnte es zutreffend sein, dass der Fachmann den Begriff „ACK-Nachricht“ der Schrift im Sinne eines pars pro toto versteht, der ACK- und NACK-Nachrichten gleichermaßen erfasst, wie die hiesige Klägerin mit Blick darauf vorträgt, dass die in der Figur 1 der Schrift vorgeschlagene DPCCH-Struktur sowie die Tabelle 1 auf Seite 2 der Schrift lediglich ein Feld Ack mit einer Anzahl Nack bits bzw nur eine Anzahl von 4 oder 6 Bits zur Übertragung der Nachricht Nack zeigt, hingegen aber kein eigenständiges Feld für NACK-Nachrichten, sodass es naheliegen könnte, dass die Schrift, die sowohl ACK- als auch NACK-Nachrichten kennt, hierdurch beide Typen von Nachrichten kennzeichnet. Denn ansonsten wäre gar keine Übermittlung von NACK-Nachrichten in der vorgeschlagenen DPCCH-Struktur vorgesehen, was im Widerspruch zur vorher vorgenommenen Differenzierung von ACK-und NACK-Nachrichten stehen würde.
105 
VIII. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

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Landgericht Mannheim Urteil, 17. Nov. 2016 - 7 O 19/16 zitiert 8 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Patentgesetz - PatG | § 139


(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

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Landgericht Mannheim Urteil, 17. Nov. 2016 - 7 O 19/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würden, nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten , die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können.
b) Patentanspruch 1 stellt einen zusammenklappbaren Schiebewagen unter

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11.03.2016, Az. 8 O 402/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für die erste Instanz wird in Abänderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts auf 37.884,24 EUR festgesetzt. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 40.113,44 EUR.

Gründe

 
I.
1.
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines 2006 abgeschlossenen Darlehensvertrags.
Der Kläger und seine zwischenzeitlich 2011 verstorbene Ehefrau benötigten im November 2006 eine Immobilienfinanzierung. Zu diesem Zweck suchte jedenfalls der Kläger am 09.11.2006 eine Filiale eines Handelsvertreters der Beklagten in B. auf. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde der Kreditwunsch des Klägers und seiner Ehefrau besprochen. Der Kläger erhielt ein mit „Darlehensantrag“ überschriebenes Formular, das vor Ort ausgefüllt und unterzeichnet wurde (Anlage B1).
Nach positiver Bonitäts- und Beleihungsprüfung erhielten der Kläger und seine Ehefrau von der Beklagten mit Datum vom 22.11.2006 ein Darlehensangebot, dem ein Exemplar für die Unterlagen des Klägers und seiner Ehefrau beigefügt war.
Der Darlehensvertrag enthielt auf Seite 5 folgende Widerrufsbelehrung:
Der Kläger und seine Ehefrau unterzeichneten den Darlehensvertrag am 23.11.2006 und sandten den unterschriebenen Darlehensvertrag an die Beklagte zurück. Eine (weitere) Ausfertigung des Darlehensvertrags erhielt der Kläger in der Folgezeit von der Beklagten nicht.
Mit Schreiben vom 05.11.2014 widerrief der Kläger seine zum Darlehensvertrag führende Willenserklärung (Anlage K2). Mit Schreiben vom 12.11.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück (Anlage K3).
Da der Widerruf des Klägers durch die Beklagte nicht akzeptiert wurde, zahlte der Kläger die vereinbarten Raten von monatlich 222,92 EUR an die Beklagte ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter Rückforderungsvorbehalt weiter.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und die Frist zum Widerruf deshalb zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen sei.
2.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger habe zum Zeitpunkt des Widerrufs kein Widerrufsrecht mehr zugestanden. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist im November 2014 bereits abgelaufen sei.
3.
10 
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiter. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger Folgendes aus:
11 
a) Die Beklagte hätte beide Darlehensnehmer separat belehren und separate Widerrufsbelehrungen erteilen müssen. Beide Darlehensnehmer hätten unabhängig vom anderen von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können. Träten mehrere Personen als Mitkreditnehmer auf, so komme der Schutz der §§ 491 ff BGB grundsätzlich jedem der Beteiligten zugute, sofern bei ihm die Voraussetzungen des § 13 BGB vorlägen. Die Formvorschriften und Belehrungserfordernisse seien sodann gegenüber jedem von ihnen zu wahren.
12 
Weil jeder Darlehensnehmer unabhängig vom anderen sein Widerrufsrecht geltend machen dürfe, müsse diese Möglichkeit jedem beteiligten Darlehensnehmer gesondert und deutlich vor Augen geführt werden. Der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau hätten als Mitdarlehensnehmer gesondert über ihr jeweils bestehendes Widerrufsrecht dergestalt belehrt werden müssen, dass die Beklagte jedem einzelnen ein Eigenexemplar der Widerrufsinformation hätte gesondert aushändigen müssen. Das habe sie unstreitig versäumt.
13 
b) Die an beide Darlehensnehmer gemeinsam gerichtete Formulierung „Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb ...“ („Sie“ als Pluralform, jedoch „Vertragserklärung“ im Singular, vgl. Satz 1 der Widerrufsbelehrung) mache in keiner Weise deutlich, dass jeder einzelne Darlehensnehmer den Vertrag gesondert widerrufen könne. Die Formulierung lege vielmehr nahe, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nur gemeinsam ausüben könnten. Beide hätten eigene, übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben, nicht lediglich eine „Gesamtwillenserklärung“. Es entstehe durch diese Formulierung „Vertragserklärung“ und durch den Umstand, dass beiden Klägern nur ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden sei, aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbrauchers der falsche Eindruck, dass ein Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern nur gemeinschaftlich, also nur in Absprache miteinander möglich sei.
14 
Da Widerrufsbelehrungen einheitlich auszulegende AGB seien, gelte im Sinne der gebotenen verbraucherfreundlichsten Auslegung jedenfalls, dass diese Unklarheit bei der Gestaltung der eigenen, selbstgestrickten Widerrufsbelehrung (außerhalb der Schutzwirkung nach § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV) nur zu Lasten des Unternehmers gehen könne. Folge der objektiven Missverstehensmöglichkeit sei zwingend die Unwirksamkeit der gesamten Widerrufsbelehrung.
15 
c) Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei insoweit unrichtig, als die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung im Bereich der Empfangskanäle eine Auflistung mittels Kommasetzung anstelle der im landgerichtlichen Urteil erwähnten Semikolon enthalte und so der Eindruck beim Empfänger der Widerrufsbelehrung erweckt werde, er müsse einen Widerruf kumulativ an alle drei Empfangskanäle richten.
16 
Die Beklagte hätte in Satz 4 der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung bei der Angabe, an wen der Widerruf zu richten sei, unmissverständlich mitteilen müssen, dass es sich um alternative Empfängerkanäle handele, der Widerruf also nicht postalisch und per Fax und per E-Mail erklärt werden müsse. Die allein durch Kommata getrennte Auflistung von drei Empfängerkanälen sei per se geeignet, Unklarheit über die Ausübung des Widerrufsrechts zu schüren. Dieser Schluss, es bestehe ein dreifach kumulatives Erfordernis des schriftlichen Widerrufs, liege aus der Sicht des durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbrauchers keinesfalls fern. Aus dessen Sicht sei die kumulative Auflistung ein möglicher Grund, vom Widerruf Abstand zu nehmen, zumal ein Durchschnittsverbraucher - wie auch bei dem Kläger der Fall - regelmäßig nicht über ein Faxgerät verfüge.
17 
Das Wort „oder“ sei immer dann zu verwenden, wenn in einer Rechtsvorschrift mehrere Tatbestandsvoraussetzungen alternativ festgelegt werden sollen oder an einen Tatbestand Rechtsfolgen in der Weise geknüpft werden sollen, dass jeweils nur eine von ihnen eintreten soll. Die Beklagte hätte in ihrer Widerrufsbelehrung dem Gestaltungshinweis der Musterbelehrung folgen und die zusätzlichen Empfängerkanäle durch das Wort „oder“ trennen müssen, um für den Verbraucher deutlich zu machen, dass der einfache schriftliche Widerruf auf lediglich einem Empfängerkanal genüge. Nur dieses Verständnis des Gestaltungshinweises sei sachgerecht und werde vom Gesetz- und Verordnungsgeber als Anforderung an die Deutlichkeit verlangt.
18 
Im Übrigen sei es unerheblich, ob dieser Fehler im konkreten Fall des Klägers und seiner verstorbenen Ehefrau tatsächlich dazu geführt habe, dass diese ihr Widerrufsrecht zunächst nicht ausgeübt hätten. Entscheidend sei allein, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet sei, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
19 
Dass die allein durch Kommata getrennte Auflistung von drei Empfängerkanälen an sich objektiv geeignet sei, missverstanden zu werden, sei schlechterdings nicht zu leugnen. Lediglich könne dieser Umstand zu Lasten des Verbrauchers relativiert, bagatellisiert oder - wie im erstinstanzlichen Urteil - Gegenteiliges postuliert werden.
20 
Der Kläger/Berufungskläger beantragt,
21 
unter Abänderung des am 11.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart (8 O 402/15)
22 
1. festzustellen, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag Nr. …587 vom 23.11.2006 mit einem Gesamtdarlehensbetrag von nominal 50.000,00 EURO infolge wirksamen Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat.
23 
2. festzustellen, dass der Beklagte nach Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages Nr. …587 zum Zeitpunkt des 28.02.2015 keine über einen Betrag i.H.v. 15.081,44 EURO hinausgehenden Zahlungsansprüche gegen den Kläger zustehen und sich dieser Betrag bis zur gerichtlichen Entscheidung in dem Maße verringert, in dem der Kläger ab dem 28.02.2015 weiterhin die ursprünglich vereinbarten monatlichen Darlehensraten (Zins und Tilgung) an die Beklagte leistet.
24 
3. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 12.11.2014 mit der Annahme des Leistungsangebots des Klägers zur Rückabwicklung des vorgenannten Darlehens in Verzug befindet.
25 
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, die A. zur Schadensnummer …142, vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.949,76 EURO nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2015, sowie an den Kläger 150,00 EURO zu zahlen.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz weist der Kläger zusätzlich darauf hin, dass die Beklagte in den Vertragsunterlagen die beiden Darlehensnehmer mehrfach ausdrücklich zusammen angesprochen habe (z.B. „Bitte unterschreiben Sie beide“ und „Wir nehmen das Angebot … an“). Der Schriftsatz gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).
II.
29 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
A.
30 
Der Klageantrag Ziff. 1 ist zulässig. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass der Antrag wie oben ausgeführt auszulegen ist.
31 
Der Klageantrag Ziff. 2 ist in Bezug auf die begehrte Feststellung, dass sich der genannte Betrag bis zur gerichtlichen Entscheidung in dem Maß verringert, in dem der Kläger weitere Raten leistet, unbestimmt und damit unzulässig. Die Klage ist insoweit bereits als unzulässig abzuweisen.
B.
32 
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Widerruf war verfristet. Das Landgericht ist zu Recht mit ausführlicher und zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs am 05.11.2014 kein Widerrufsrecht mehr zustand, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung entsprach den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Im Einzelnen:
33 
1. Dass die Beklagte den Darlehensnehmern, d.h. dem Kläger und seiner Ehefrau nur ein Exemplar einer Widerrufsbelehrung übersandt hat, begründet keinen Fehler in der Widerrufsbelehrung.
34 
a) Die Aushändigung einer zweifachen Widerrufsbelehrung ist nicht erforderlich. § 355 BGB a.F. enthielt hierzu folgende Regelung: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist ...“. Da die Belehrung dem Verbraucher sonach „mitzuteilen“ ist, muss sie ihm im Sinne des § 130 BGB zugehen (Staudinger/Dagmar Kaiser [2012], BGB, § 355 Rn. 58; OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.02.2008, 2 U 71/08, juris Rn. 24). Zugegangen ist die an beide Darlehensnehmer gerichtete Widerrufsbelehrung, wenn sie so in deren Bereich gelangt ist, dass diese unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit haben, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 130 Rn. 5). Ausweislich der Empfangsbestätigung des Klägers und seiner Ehefrau haben sie das Exemplar der Widerrufsbelehrung am 23.11.2006 erhalten. Mit dem Erhalt ist die Widerrufsbelehrung dem Kläger und seiner Ehefrau somit i.S.d. § 355 BGB mitgeteilt worden.
35 
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung. Das Ziel der Aushändigung der Widerrufsbelehrung liegt darin, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss Zugriff auf ein nicht veränderliches Exemplar der Widerrufsbelehrung hat. Das ist bei lebensnaher Betrachtung gewährleistet, wenn zwei Verbraucher einen Darlehensvertrag abschließen, die - wie im vorliegenden Fall - in häuslicher Gemeinschaft leben und Mitbesitz an der Widerrufsbelehrung erlangen (OLG Hamm, 21.10.2015, 31 U 56/15, juris Rn. 95 ff). Das Risiko, dass das Schriftstück nach Erhalt im häuslichen Bereich verloren geht bzw. der Empfänger keinen Zugriff mehr darauf hat, trägt hierbei - wie auch sonst nach erfolgtem Zugang - der Empfänger.
36 
c) Soweit Knops/Martens unter Verweis auf das Schrifttum in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Ansicht vertreten, dass jedem Mitdarlehensnehmer ein eigenes Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt werden müsse (Knops/Martens, WM 2015, 2015, 2028), folgt dem der Senat nicht.
37 
Es ist nicht richtig, dass jeder Darlehensnehmer nur durch eine individuelle Informationserteilung unabhängig von den übrigen Darlehensnehmern über das Bestehen seines Widerrufsrechts sowie über dessen Frist- und Ausübungsvoraussetzungen informiert werden könnte. Dem Erfordernis einer gesonderten Belehrung ist bereits bei einer Widerrufsbelehrung in der von allen Verbrauchern unterschriebenen Vertragsurkunde genüge getan (Staudinger/Kaiser [2012], BGB, § 355 Rn. 55).
38 
Ebenso wenig überzeugt das Argument, dass ein erneutes Lesen der Widerrufsinformationen durch das Vorhandensein nur einer Urkunde erheblich erschwert werde, da der widerrufswillige Verbraucher, der selbst nicht Verwahrer der Urkunde sei, auf die Mithilfe der übrigen, nicht widerrufswilligen Verbraucher angewiesen wäre. Bei in häuslicher Gemeinschaft lebenden Mitdarlehensnehmern wird im Regelfall ohnehin eine gemeinsame Verwahrung der Vertragsunterlagen stattfinden, so dass der Zugriff auf die Widerrufsbelehrung unabhängig davon, ob bei den Vertragsunterlagen eine oder zwei Abschriften der Widerrufsbelehrung vorhanden sind, in gleicher Weise möglich ist.
39 
Auch der Hinweis von Knops/Martens auf die aktuelle Regelung in § 356b BGB führt jedenfalls für die streitgegenständliche Fallgestaltung mit Abschluss des Darlehensvertrags im Jahr 2006 zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelung, dass die Widerrufsfrist erst beginnt, wenn dem Darlehensnehmer eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift hiervon zur Verfügung gestellt wurde, die die Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB enthalten, was auch die Information über das Widerrufsrecht gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB mit einschließe, galt zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht. Insbesondere sah § 355 Abs. 2 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 nicht vor, dass die Widerrufsbelehrung zwingend Teil der Vertragsurkunde sein muss.
40 
Nicht weiterführend ist die Argumentation von Knops/Martens zu § 1357 BGB, denn es geht nicht um eine Frage der Stellvertretung oder Empfangsermächtigung, sondern allein um die Frage, ob jeder Darlehensnehmer für eine wirksame Mitteilung auch ein eigenes Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten muss.
41 
2. Die Widerrufsbelehrung ist nicht deshalb undeutlich, weil sie nahelegen würde, dass nur beide Darlehensnehmer gemeinsam den Widerruf erklären könnten.
42 
Schließen mehrere Verbraucher als Darlehensnehmer mit einem Unternehmer als Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag, kann jeder von ihnen seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung selbständig widerrufen (BGH, Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, Rn. 13 ff).
43 
Einen gegenteiligen Eindruck vermittelt die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht. Die Formulierung „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen … widerrufen“ legt nicht den Schluss nahe, die Kläger könnten ihr Widerrufsrecht nur gemeinsam ausüben. Da die Kläger zwei Vertragserklärungen abgegeben haben, lässt der Singular beim Wort „Vertragserklärung“ zwanglos darauf schließen, dass mit der Formulierung zu Beginn der Widerrufsbelehrung („Sie können … widerrufen“) jeder der Darlehensnehmer einzeln angesprochen wird. Die Annahme der Kläger, das „Sie“ sei eine Pluralform und stehe daher in Widerspruch zur „Vertragserklärung“ im Singular, findet im Text der Widerrufsbelehrung keine Stütze. Gegen die Lesart, dass beide Darlehensnehmer gemeinsam angesprochen werden, spricht zudem der Umstand, dass unmittelbar im Anschluss an die Widerrufsbelehrung der Satz folgt „Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung und der Vertragsurkunde habe ich erhalten.“ Würde sich die Widerrufsbelehrung an beide Darlehensnehmer gemeinsam richten, müsste es an dieser Stelle heißen „… haben wir erhalten.“ Wird zum Schluss der Widerrufsbelehrung mithin jeder Darlehensnehmer einzeln angesprochen, so ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass sich dies für den vorangegangenen Text der Widerrufsbelehrung anders verhält. Hieran ändert der Umstand, dass an anderen Stellen des Vertragstexts beide Darlehensnehmer ausdrücklich zusammen angesprochen werden, nichts, denn diese Stellen stehen - anders als der oben zitierte Satz - nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung. Auch der Umstand, dass vorformulierte Widerrufsbelehrungen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB darstellen, führt angesichts des klaren Wortlauts zu keiner anderen Bewertung.
44 
Eine darüber hinausgehende Belehrung darüber, dass beide Darlehensnehmer ihr Widerrufsrecht grundsätzlich auch separat ausüben können, wird vom Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. nicht gefordert. Eine Notwendigkeit, jeden Darlehensnehmer darüber zu informieren, dass er seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ohne Rücksicht auf das Schicksal der Vertragserklärung des anderen Darlehensnehmers widerrufen könne, bestand nicht (BGH, Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, Rn. 13).
45 
3. Der Klammerzusatz „(z.B. Brief, Fax, E-Mail)“ führt nicht zur Undeutlichkeit der Widerrufsbelehrung. Da es sich bei dem Klammerzusatz offensichtlich nur um eine Erläuterung des Begriffs „Textform“ handelt, liegt die Annahme, der Verbraucher müsse seine Widerrufserklärung in sämtlichen genannten Textformen, d.h. sowohl per Brief, per Fax und per E-Mail erklären, von vornherein fern. Weil es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt und es deshalb weitere Kommunikationsmittel geben muss, würde diese Annahme zudem konsequenterweise dazu führen, dass der Verbraucher auch die weiteren, nicht genannten Kommunikationsmittel verwenden müsste, um wirksam zu widerrufen. Auf diese Idee wird ein unbefangener, durchschnittlicher Verbraucher, auf den abzustellen ist (BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08), nicht kommen.
III.
46 
1. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
47 
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
48 
2. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Divergenz mit der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 15.12.2015, Az. 17 U 145/14, wonach bei mehreren Darlehensnehmern der Widerruf nur gemeinsam erklärt werden kann, ist durch die Entscheidung des BGH vom 11.10.2016, Az. XI ZR 482/15, geklärt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO besteht auch nicht deshalb, weil der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (BVerfG, Beschluss vom 16.06.2016, 1 BvR 873/15, Rn. 34 mwN). Klärungsbedürftig sind nur solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG, aaO., Rn. 34). Eine solche zweifelhafte Rechtslage sieht der Senat im vorliegenden Fall nicht. Unterschiedliche Auffassungen zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung sind in der ober- bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ersichtlich, genauso wenig wie nachhaltige Befürworter der Fehlerhaftigkeit der streitgegenständlichen Belehrung im Schrifttum; nur vereinzelt gebliebene Stimmen in der Literatur genügen nicht (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 543 Rn. 11).
49 
3. Der Streitwert für die erste Instanz ist auf 37.884,24 EUR festzusetzen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 40.113,44 EUR.
a)
50 
Ausweislich der Aufstellung in der Klageschrift sind bis 28.02.2015 insgesamt 37.438,40 EUR bezahlt worden. Zusätzlich weiterer zwei Raten á 222,92 EUR bis zur Klageerhebung ergibt dies 37.884,24 EUR, zusätzlich weiterer zehn Raten bis zur Berufungseinlegung im März 2016 ergeben sich 40.113,44 EUR.
51 
Soweit das Landgericht den Streitwert zunächst auf 22.207,16 EUR festgesetzt hat, weil die Beklagte im Schriftsatz vom 28.10.2016 vorgetragen hat, dass der Kläger bis 23.03.2015 Leistungen in Höhe von 21.984,24 EUR erbracht hatte, ist dem nicht zu folgen. Das Landgericht stützt sich darauf, dass die Angaben der Beklagten unwidersprochen geblieben seien. Hierauf kommt es aber nicht an, weil nach § 40 GKG auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Entscheidend sind daher die Angaben des Klägers in der Klageschrift. Die darin enthaltene Aufstellung der Zahlungen des Klägers enthalten aber gegenüber der Aufstellung der Beklagten zusätzlich jeweils zum Jahresende Sondertilgungen i.H.v. je 2.500 EUR entsprechend Ziff. 4 der besonderen Darlehensbestimmungen. Der Streitwertberechnung zugrunde zu legen ist daher der vom Kläger behauptete, höhere Zahlbetrag. Gleiches gilt für das Berufungsverfahren, da der Kläger auch im Berufungsverfahren seine bereits in der Klageschrift vorgetragene Berechnung zugrunde legt und ohne ausdrückliche Erklärung des Klägers nicht davon ausgegangen werden kann, dass er von seinem Vortrag in der Klageschrift bzgl. der erfolgten Sonderzahlungen Abstand nimmt.
52 
Neben der Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat, hat die negative Feststellung, dass die Kläger der Beklagten nicht mehr als den von ihnen aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses errechneten Saldo schulden, keinen eigenständigen, darüber hinausgehenden Streitwert (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2016, XI ZR 6/16, Rn. 5). Gleiches gilt für die Feststellung des Annahmeverzugs und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
53 
b) Die zugunsten der Beklagten eingetragenen Buchgrundschulden über 70.000 DM und 84.000 DM sind bei der Festsetzung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht Gegenstand des Antrags des Klägers sind und ihre Freigabe auch keine automatische Rechtsfolge des Widerrufs ist. Vielmehr richtet sich die Verpflichtung der Beklagten zur Freigabe der Grundschulden nach dem Inhalt der gesonderten Sicherungszweckerklärung, die vom Widerruf nicht berührt ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der im Beschluss vom 25.10.2016 (XI ZR 6/16) ausführt, dass das Begehren, bestellte Sicherheiten freizugeben, keine höhere Beschwer begründet, wenn zuvor kein entsprechender Antrag gestellt worden war.

Tenor

I.              Die Beklagten werden verurteilt,

1.              es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

              Kommunikationsvorrichtungen eines Mobilfunksystems, umfassend Mittel zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung, wobei die Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweist, die zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung gehören, umfassend Mittel zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen, und Mittel zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen, wobei die zweite Kategorie von Diensten sich von der ersten Kategorie von Diensten unterscheidet und wobei die zweite Ablaufzeit sich von der ersten Ablaufzeit unterscheidet,

              in der Bundesrepublik Deutschland

      anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.              der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.09.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)              der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)              der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c)              der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;

              wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3.              der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)              der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b)              der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c)              der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)              der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

              wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4.              nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben, wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Vernichtung selber vorzunehmen;

5.              die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 12.09.2007 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.

II.              Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A in X durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 12.10.2007 bis zum 30.05.2011, der B in X DE C USA durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 31.05.2011 bis zum 10.05.2012 und der Klägerin durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. seit dem 11.05.2012 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.              Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen.

IV.              Das Urteil ist hinsichtlich der Urteilsformel zu I.1., I.4. und I.5. (Verurteilung zur Unterlassung, Vernichtung und Rückruf) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 EUR, hinsichtlich der Urteilsformel zu I.2 und I.3. (Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR und hinsichtlich der Urteilsformel zu III. (Kostenentscheidung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

V.              Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70

Entscheidungsgründe

71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

23
dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würden, nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten , die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können.
b) Patentanspruch 1 stellt einen zusammenklappbaren Schiebewagen unter

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11.03.2016, Az. 8 O 402/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für die erste Instanz wird in Abänderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts auf 37.884,24 EUR festgesetzt. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 40.113,44 EUR.

Gründe

 
I.
1.
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines 2006 abgeschlossenen Darlehensvertrags.
Der Kläger und seine zwischenzeitlich 2011 verstorbene Ehefrau benötigten im November 2006 eine Immobilienfinanzierung. Zu diesem Zweck suchte jedenfalls der Kläger am 09.11.2006 eine Filiale eines Handelsvertreters der Beklagten in B. auf. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde der Kreditwunsch des Klägers und seiner Ehefrau besprochen. Der Kläger erhielt ein mit „Darlehensantrag“ überschriebenes Formular, das vor Ort ausgefüllt und unterzeichnet wurde (Anlage B1).
Nach positiver Bonitäts- und Beleihungsprüfung erhielten der Kläger und seine Ehefrau von der Beklagten mit Datum vom 22.11.2006 ein Darlehensangebot, dem ein Exemplar für die Unterlagen des Klägers und seiner Ehefrau beigefügt war.
Der Darlehensvertrag enthielt auf Seite 5 folgende Widerrufsbelehrung:
Der Kläger und seine Ehefrau unterzeichneten den Darlehensvertrag am 23.11.2006 und sandten den unterschriebenen Darlehensvertrag an die Beklagte zurück. Eine (weitere) Ausfertigung des Darlehensvertrags erhielt der Kläger in der Folgezeit von der Beklagten nicht.
Mit Schreiben vom 05.11.2014 widerrief der Kläger seine zum Darlehensvertrag führende Willenserklärung (Anlage K2). Mit Schreiben vom 12.11.2014 wies die Beklagte den Widerruf zurück (Anlage K3).
Da der Widerruf des Klägers durch die Beklagte nicht akzeptiert wurde, zahlte der Kläger die vereinbarten Raten von monatlich 222,92 EUR an die Beklagte ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter Rückforderungsvorbehalt weiter.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei und die Frist zum Widerruf deshalb zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen sei.
2.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger habe zum Zeitpunkt des Widerrufs kein Widerrufsrecht mehr zugestanden. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist im November 2014 bereits abgelaufen sei.
3.
10 
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiter. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger Folgendes aus:
11 
a) Die Beklagte hätte beide Darlehensnehmer separat belehren und separate Widerrufsbelehrungen erteilen müssen. Beide Darlehensnehmer hätten unabhängig vom anderen von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können. Träten mehrere Personen als Mitkreditnehmer auf, so komme der Schutz der §§ 491 ff BGB grundsätzlich jedem der Beteiligten zugute, sofern bei ihm die Voraussetzungen des § 13 BGB vorlägen. Die Formvorschriften und Belehrungserfordernisse seien sodann gegenüber jedem von ihnen zu wahren.
12 
Weil jeder Darlehensnehmer unabhängig vom anderen sein Widerrufsrecht geltend machen dürfe, müsse diese Möglichkeit jedem beteiligten Darlehensnehmer gesondert und deutlich vor Augen geführt werden. Der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau hätten als Mitdarlehensnehmer gesondert über ihr jeweils bestehendes Widerrufsrecht dergestalt belehrt werden müssen, dass die Beklagte jedem einzelnen ein Eigenexemplar der Widerrufsinformation hätte gesondert aushändigen müssen. Das habe sie unstreitig versäumt.
13 
b) Die an beide Darlehensnehmer gemeinsam gerichtete Formulierung „Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb ...“ („Sie“ als Pluralform, jedoch „Vertragserklärung“ im Singular, vgl. Satz 1 der Widerrufsbelehrung) mache in keiner Weise deutlich, dass jeder einzelne Darlehensnehmer den Vertrag gesondert widerrufen könne. Die Formulierung lege vielmehr nahe, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nur gemeinsam ausüben könnten. Beide hätten eigene, übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben, nicht lediglich eine „Gesamtwillenserklärung“. Es entstehe durch diese Formulierung „Vertragserklärung“ und durch den Umstand, dass beiden Klägern nur ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden sei, aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbrauchers der falsche Eindruck, dass ein Widerruf bei mehreren Darlehensnehmern nur gemeinschaftlich, also nur in Absprache miteinander möglich sei.
14 
Da Widerrufsbelehrungen einheitlich auszulegende AGB seien, gelte im Sinne der gebotenen verbraucherfreundlichsten Auslegung jedenfalls, dass diese Unklarheit bei der Gestaltung der eigenen, selbstgestrickten Widerrufsbelehrung (außerhalb der Schutzwirkung nach § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV) nur zu Lasten des Unternehmers gehen könne. Folge der objektiven Missverstehensmöglichkeit sei zwingend die Unwirksamkeit der gesamten Widerrufsbelehrung.
15 
c) Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei insoweit unrichtig, als die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung im Bereich der Empfangskanäle eine Auflistung mittels Kommasetzung anstelle der im landgerichtlichen Urteil erwähnten Semikolon enthalte und so der Eindruck beim Empfänger der Widerrufsbelehrung erweckt werde, er müsse einen Widerruf kumulativ an alle drei Empfangskanäle richten.
16 
Die Beklagte hätte in Satz 4 der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung bei der Angabe, an wen der Widerruf zu richten sei, unmissverständlich mitteilen müssen, dass es sich um alternative Empfängerkanäle handele, der Widerruf also nicht postalisch und per Fax und per E-Mail erklärt werden müsse. Die allein durch Kommata getrennte Auflistung von drei Empfängerkanälen sei per se geeignet, Unklarheit über die Ausübung des Widerrufsrechts zu schüren. Dieser Schluss, es bestehe ein dreifach kumulatives Erfordernis des schriftlichen Widerrufs, liege aus der Sicht des durchschnittlichen, rechtsunkundigen Verbrauchers keinesfalls fern. Aus dessen Sicht sei die kumulative Auflistung ein möglicher Grund, vom Widerruf Abstand zu nehmen, zumal ein Durchschnittsverbraucher - wie auch bei dem Kläger der Fall - regelmäßig nicht über ein Faxgerät verfüge.
17 
Das Wort „oder“ sei immer dann zu verwenden, wenn in einer Rechtsvorschrift mehrere Tatbestandsvoraussetzungen alternativ festgelegt werden sollen oder an einen Tatbestand Rechtsfolgen in der Weise geknüpft werden sollen, dass jeweils nur eine von ihnen eintreten soll. Die Beklagte hätte in ihrer Widerrufsbelehrung dem Gestaltungshinweis der Musterbelehrung folgen und die zusätzlichen Empfängerkanäle durch das Wort „oder“ trennen müssen, um für den Verbraucher deutlich zu machen, dass der einfache schriftliche Widerruf auf lediglich einem Empfängerkanal genüge. Nur dieses Verständnis des Gestaltungshinweises sei sachgerecht und werde vom Gesetz- und Verordnungsgeber als Anforderung an die Deutlichkeit verlangt.
18 
Im Übrigen sei es unerheblich, ob dieser Fehler im konkreten Fall des Klägers und seiner verstorbenen Ehefrau tatsächlich dazu geführt habe, dass diese ihr Widerrufsrecht zunächst nicht ausgeübt hätten. Entscheidend sei allein, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet sei, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
19 
Dass die allein durch Kommata getrennte Auflistung von drei Empfängerkanälen an sich objektiv geeignet sei, missverstanden zu werden, sei schlechterdings nicht zu leugnen. Lediglich könne dieser Umstand zu Lasten des Verbrauchers relativiert, bagatellisiert oder - wie im erstinstanzlichen Urteil - Gegenteiliges postuliert werden.
20 
Der Kläger/Berufungskläger beantragt,
21 
unter Abänderung des am 11.03.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart (8 O 402/15)
22 
1. festzustellen, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag Nr. …587 vom 23.11.2006 mit einem Gesamtdarlehensbetrag von nominal 50.000,00 EURO infolge wirksamen Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat.
23 
2. festzustellen, dass der Beklagte nach Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages Nr. …587 zum Zeitpunkt des 28.02.2015 keine über einen Betrag i.H.v. 15.081,44 EURO hinausgehenden Zahlungsansprüche gegen den Kläger zustehen und sich dieser Betrag bis zur gerichtlichen Entscheidung in dem Maße verringert, in dem der Kläger ab dem 28.02.2015 weiterhin die ursprünglich vereinbarten monatlichen Darlehensraten (Zins und Tilgung) an die Beklagte leistet.
24 
3. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 12.11.2014 mit der Annahme des Leistungsangebots des Klägers zur Rückabwicklung des vorgenannten Darlehens in Verzug befindet.
25 
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, die A. zur Schadensnummer …142, vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.949,76 EURO nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2015, sowie an den Kläger 150,00 EURO zu zahlen.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz weist der Kläger zusätzlich darauf hin, dass die Beklagte in den Vertragsunterlagen die beiden Darlehensnehmer mehrfach ausdrücklich zusammen angesprochen habe (z.B. „Bitte unterschreiben Sie beide“ und „Wir nehmen das Angebot … an“). Der Schriftsatz gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).
II.
29 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
A.
30 
Der Klageantrag Ziff. 1 ist zulässig. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass der Antrag wie oben ausgeführt auszulegen ist.
31 
Der Klageantrag Ziff. 2 ist in Bezug auf die begehrte Feststellung, dass sich der genannte Betrag bis zur gerichtlichen Entscheidung in dem Maß verringert, in dem der Kläger weitere Raten leistet, unbestimmt und damit unzulässig. Die Klage ist insoweit bereits als unzulässig abzuweisen.
B.
32 
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Widerruf war verfristet. Das Landgericht ist zu Recht mit ausführlicher und zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs am 05.11.2014 kein Widerrufsrecht mehr zustand, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung entsprach den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Im Einzelnen:
33 
1. Dass die Beklagte den Darlehensnehmern, d.h. dem Kläger und seiner Ehefrau nur ein Exemplar einer Widerrufsbelehrung übersandt hat, begründet keinen Fehler in der Widerrufsbelehrung.
34 
a) Die Aushändigung einer zweifachen Widerrufsbelehrung ist nicht erforderlich. § 355 BGB a.F. enthielt hierzu folgende Regelung: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist ...“. Da die Belehrung dem Verbraucher sonach „mitzuteilen“ ist, muss sie ihm im Sinne des § 130 BGB zugehen (Staudinger/Dagmar Kaiser [2012], BGB, § 355 Rn. 58; OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.02.2008, 2 U 71/08, juris Rn. 24). Zugegangen ist die an beide Darlehensnehmer gerichtete Widerrufsbelehrung, wenn sie so in deren Bereich gelangt ist, dass diese unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit haben, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 130 Rn. 5). Ausweislich der Empfangsbestätigung des Klägers und seiner Ehefrau haben sie das Exemplar der Widerrufsbelehrung am 23.11.2006 erhalten. Mit dem Erhalt ist die Widerrufsbelehrung dem Kläger und seiner Ehefrau somit i.S.d. § 355 BGB mitgeteilt worden.
35 
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung. Das Ziel der Aushändigung der Widerrufsbelehrung liegt darin, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss Zugriff auf ein nicht veränderliches Exemplar der Widerrufsbelehrung hat. Das ist bei lebensnaher Betrachtung gewährleistet, wenn zwei Verbraucher einen Darlehensvertrag abschließen, die - wie im vorliegenden Fall - in häuslicher Gemeinschaft leben und Mitbesitz an der Widerrufsbelehrung erlangen (OLG Hamm, 21.10.2015, 31 U 56/15, juris Rn. 95 ff). Das Risiko, dass das Schriftstück nach Erhalt im häuslichen Bereich verloren geht bzw. der Empfänger keinen Zugriff mehr darauf hat, trägt hierbei - wie auch sonst nach erfolgtem Zugang - der Empfänger.
36 
c) Soweit Knops/Martens unter Verweis auf das Schrifttum in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Ansicht vertreten, dass jedem Mitdarlehensnehmer ein eigenes Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt werden müsse (Knops/Martens, WM 2015, 2015, 2028), folgt dem der Senat nicht.
37 
Es ist nicht richtig, dass jeder Darlehensnehmer nur durch eine individuelle Informationserteilung unabhängig von den übrigen Darlehensnehmern über das Bestehen seines Widerrufsrechts sowie über dessen Frist- und Ausübungsvoraussetzungen informiert werden könnte. Dem Erfordernis einer gesonderten Belehrung ist bereits bei einer Widerrufsbelehrung in der von allen Verbrauchern unterschriebenen Vertragsurkunde genüge getan (Staudinger/Kaiser [2012], BGB, § 355 Rn. 55).
38 
Ebenso wenig überzeugt das Argument, dass ein erneutes Lesen der Widerrufsinformationen durch das Vorhandensein nur einer Urkunde erheblich erschwert werde, da der widerrufswillige Verbraucher, der selbst nicht Verwahrer der Urkunde sei, auf die Mithilfe der übrigen, nicht widerrufswilligen Verbraucher angewiesen wäre. Bei in häuslicher Gemeinschaft lebenden Mitdarlehensnehmern wird im Regelfall ohnehin eine gemeinsame Verwahrung der Vertragsunterlagen stattfinden, so dass der Zugriff auf die Widerrufsbelehrung unabhängig davon, ob bei den Vertragsunterlagen eine oder zwei Abschriften der Widerrufsbelehrung vorhanden sind, in gleicher Weise möglich ist.
39 
Auch der Hinweis von Knops/Martens auf die aktuelle Regelung in § 356b BGB führt jedenfalls für die streitgegenständliche Fallgestaltung mit Abschluss des Darlehensvertrags im Jahr 2006 zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelung, dass die Widerrufsfrist erst beginnt, wenn dem Darlehensnehmer eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift hiervon zur Verfügung gestellt wurde, die die Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB enthalten, was auch die Information über das Widerrufsrecht gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB mit einschließe, galt zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht. Insbesondere sah § 355 Abs. 2 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 nicht vor, dass die Widerrufsbelehrung zwingend Teil der Vertragsurkunde sein muss.
40 
Nicht weiterführend ist die Argumentation von Knops/Martens zu § 1357 BGB, denn es geht nicht um eine Frage der Stellvertretung oder Empfangsermächtigung, sondern allein um die Frage, ob jeder Darlehensnehmer für eine wirksame Mitteilung auch ein eigenes Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten muss.
41 
2. Die Widerrufsbelehrung ist nicht deshalb undeutlich, weil sie nahelegen würde, dass nur beide Darlehensnehmer gemeinsam den Widerruf erklären könnten.
42 
Schließen mehrere Verbraucher als Darlehensnehmer mit einem Unternehmer als Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag, kann jeder von ihnen seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung selbständig widerrufen (BGH, Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, Rn. 13 ff).
43 
Einen gegenteiligen Eindruck vermittelt die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht. Die Formulierung „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen … widerrufen“ legt nicht den Schluss nahe, die Kläger könnten ihr Widerrufsrecht nur gemeinsam ausüben. Da die Kläger zwei Vertragserklärungen abgegeben haben, lässt der Singular beim Wort „Vertragserklärung“ zwanglos darauf schließen, dass mit der Formulierung zu Beginn der Widerrufsbelehrung („Sie können … widerrufen“) jeder der Darlehensnehmer einzeln angesprochen wird. Die Annahme der Kläger, das „Sie“ sei eine Pluralform und stehe daher in Widerspruch zur „Vertragserklärung“ im Singular, findet im Text der Widerrufsbelehrung keine Stütze. Gegen die Lesart, dass beide Darlehensnehmer gemeinsam angesprochen werden, spricht zudem der Umstand, dass unmittelbar im Anschluss an die Widerrufsbelehrung der Satz folgt „Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung und der Vertragsurkunde habe ich erhalten.“ Würde sich die Widerrufsbelehrung an beide Darlehensnehmer gemeinsam richten, müsste es an dieser Stelle heißen „… haben wir erhalten.“ Wird zum Schluss der Widerrufsbelehrung mithin jeder Darlehensnehmer einzeln angesprochen, so ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass sich dies für den vorangegangenen Text der Widerrufsbelehrung anders verhält. Hieran ändert der Umstand, dass an anderen Stellen des Vertragstexts beide Darlehensnehmer ausdrücklich zusammen angesprochen werden, nichts, denn diese Stellen stehen - anders als der oben zitierte Satz - nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung. Auch der Umstand, dass vorformulierte Widerrufsbelehrungen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB darstellen, führt angesichts des klaren Wortlauts zu keiner anderen Bewertung.
44 
Eine darüber hinausgehende Belehrung darüber, dass beide Darlehensnehmer ihr Widerrufsrecht grundsätzlich auch separat ausüben können, wird vom Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. nicht gefordert. Eine Notwendigkeit, jeden Darlehensnehmer darüber zu informieren, dass er seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ohne Rücksicht auf das Schicksal der Vertragserklärung des anderen Darlehensnehmers widerrufen könne, bestand nicht (BGH, Urteil vom 11.10.2016, XI ZR 482/15, Rn. 13).
45 
3. Der Klammerzusatz „(z.B. Brief, Fax, E-Mail)“ führt nicht zur Undeutlichkeit der Widerrufsbelehrung. Da es sich bei dem Klammerzusatz offensichtlich nur um eine Erläuterung des Begriffs „Textform“ handelt, liegt die Annahme, der Verbraucher müsse seine Widerrufserklärung in sämtlichen genannten Textformen, d.h. sowohl per Brief, per Fax und per E-Mail erklären, von vornherein fern. Weil es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt und es deshalb weitere Kommunikationsmittel geben muss, würde diese Annahme zudem konsequenterweise dazu führen, dass der Verbraucher auch die weiteren, nicht genannten Kommunikationsmittel verwenden müsste, um wirksam zu widerrufen. Auf diese Idee wird ein unbefangener, durchschnittlicher Verbraucher, auf den abzustellen ist (BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08), nicht kommen.
III.
46 
1. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
47 
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
48 
2. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Divergenz mit der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 15.12.2015, Az. 17 U 145/14, wonach bei mehreren Darlehensnehmern der Widerruf nur gemeinsam erklärt werden kann, ist durch die Entscheidung des BGH vom 11.10.2016, Az. XI ZR 482/15, geklärt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO besteht auch nicht deshalb, weil der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (BVerfG, Beschluss vom 16.06.2016, 1 BvR 873/15, Rn. 34 mwN). Klärungsbedürftig sind nur solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG, aaO., Rn. 34). Eine solche zweifelhafte Rechtslage sieht der Senat im vorliegenden Fall nicht. Unterschiedliche Auffassungen zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung sind in der ober- bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ersichtlich, genauso wenig wie nachhaltige Befürworter der Fehlerhaftigkeit der streitgegenständlichen Belehrung im Schrifttum; nur vereinzelt gebliebene Stimmen in der Literatur genügen nicht (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 543 Rn. 11).
49 
3. Der Streitwert für die erste Instanz ist auf 37.884,24 EUR festzusetzen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 40.113,44 EUR.
a)
50 
Ausweislich der Aufstellung in der Klageschrift sind bis 28.02.2015 insgesamt 37.438,40 EUR bezahlt worden. Zusätzlich weiterer zwei Raten á 222,92 EUR bis zur Klageerhebung ergibt dies 37.884,24 EUR, zusätzlich weiterer zehn Raten bis zur Berufungseinlegung im März 2016 ergeben sich 40.113,44 EUR.
51 
Soweit das Landgericht den Streitwert zunächst auf 22.207,16 EUR festgesetzt hat, weil die Beklagte im Schriftsatz vom 28.10.2016 vorgetragen hat, dass der Kläger bis 23.03.2015 Leistungen in Höhe von 21.984,24 EUR erbracht hatte, ist dem nicht zu folgen. Das Landgericht stützt sich darauf, dass die Angaben der Beklagten unwidersprochen geblieben seien. Hierauf kommt es aber nicht an, weil nach § 40 GKG auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Entscheidend sind daher die Angaben des Klägers in der Klageschrift. Die darin enthaltene Aufstellung der Zahlungen des Klägers enthalten aber gegenüber der Aufstellung der Beklagten zusätzlich jeweils zum Jahresende Sondertilgungen i.H.v. je 2.500 EUR entsprechend Ziff. 4 der besonderen Darlehensbestimmungen. Der Streitwertberechnung zugrunde zu legen ist daher der vom Kläger behauptete, höhere Zahlbetrag. Gleiches gilt für das Berufungsverfahren, da der Kläger auch im Berufungsverfahren seine bereits in der Klageschrift vorgetragene Berechnung zugrunde legt und ohne ausdrückliche Erklärung des Klägers nicht davon ausgegangen werden kann, dass er von seinem Vortrag in der Klageschrift bzgl. der erfolgten Sonderzahlungen Abstand nimmt.
52 
Neben der Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat, hat die negative Feststellung, dass die Kläger der Beklagten nicht mehr als den von ihnen aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses errechneten Saldo schulden, keinen eigenständigen, darüber hinausgehenden Streitwert (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2016, XI ZR 6/16, Rn. 5). Gleiches gilt für die Feststellung des Annahmeverzugs und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
53 
b) Die zugunsten der Beklagten eingetragenen Buchgrundschulden über 70.000 DM und 84.000 DM sind bei der Festsetzung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht Gegenstand des Antrags des Klägers sind und ihre Freigabe auch keine automatische Rechtsfolge des Widerrufs ist. Vielmehr richtet sich die Verpflichtung der Beklagten zur Freigabe der Grundschulden nach dem Inhalt der gesonderten Sicherungszweckerklärung, die vom Widerruf nicht berührt ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der im Beschluss vom 25.10.2016 (XI ZR 6/16) ausführt, dass das Begehren, bestellte Sicherheiten freizugeben, keine höhere Beschwer begründet, wenn zuvor kein entsprechender Antrag gestellt worden war.

Tenor

I.              Die Beklagten werden verurteilt,

1.              es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

              Kommunikationsvorrichtungen eines Mobilfunksystems, umfassend Mittel zum Feststellen eines Ausfalls in einer Funkverbindung, wobei die Funkverbindung mehrere aktive Funkträger aufweist, die zu einer Funkressourcen-Steuerungsverbindung gehören, umfassend Mittel zum Bestimmen einer ersten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer ersten Kategorie bereitzustellen, und Mittel zum Bestimmen einer zweiten Ablaufzeit für eine Zeitspanne, während der die Wiederherstellung der verlorenen Funkverbindung in Bezug auf die Funkträger zulässig ist, welche verwendet werden, um einen Dienst oder Dienste einer zweiten Kategorie bereitzustellen, wobei die zweite Kategorie von Diensten sich von der ersten Kategorie von Diensten unterscheidet und wobei die zweite Ablaufzeit sich von der ersten Ablaufzeit unterscheidet,

              in der Bundesrepublik Deutschland

      anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.              der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.09.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)              der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)              der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c)              der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;

              wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3.              der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.10.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)              der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b)              der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c)              der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)              der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

              wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4.              nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben, wobei der Beklagten zu 1) vorbehalten bleibt, die Vernichtung selber vorzunehmen;

5.              die unter Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 12.09.2007 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.

II.              Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A in X durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 12.10.2007 bis zum 30.05.2011, der B in X DE C USA durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. in der Zeit vom 31.05.2011 bis zum 10.05.2012 und der Klägerin durch Handlungen entsprechend der Ziffer I.1. seit dem 11.05.2012 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.              Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen.

IV.              Das Urteil ist hinsichtlich der Urteilsformel zu I.1., I.4. und I.5. (Verurteilung zur Unterlassung, Vernichtung und Rückruf) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 EUR, hinsichtlich der Urteilsformel zu I.2 und I.3. (Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR und hinsichtlich der Urteilsformel zu III. (Kostenentscheidung) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

V.              Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.


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Entscheidungsgründe

71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.