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| Die zulässige Klage ist nur in Teilen begründet. |
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| Die auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung gerichteten Anträge waren abzuweisen, da die Klägerin an der Durchsetzung der Ansprüche aus kartellrechtlichen Gründen gehindert ist. |
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| Da die angegriffenen Ausführungsformen indes von den Lehren der geltend gemachten Hauptansprüche 1 bzw. 5 der Klagepatente I und II unmittelbar wortsinngemäßen Gebrauch machen, war die Beklagte zur Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen und ihre Schadensersatzverpflichtung festzustellen. |
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| Eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf das vor der Rechtsbank Den Haag anhängige Verfahren war nicht angezeigt. |
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| I. Klagepatent I (EP 1 062 743) |
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| 1. Klagepatent I betrifft ein Funkkommunikationssystem, welches insbesondere bei UMTS-Verfahren (Universal Mobile Telecommunication System) zwischen einer Basisstation und einer Mobilstation Anwendung findet. |
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| Die Beschreibung kennzeichnet im Stand der Technik ein derartiges System als bekannt, bei dem sowohl Benutzerdaten (z. B. Sprachdaten) als auch Steuerinformationen übertragen würden. Die Funktion dieser Steuerinformationen bestehe u.a. darin, die Leistungsregelung zu ermöglichen, so dass die Basisstation Signale von unterschiedlichen Mobilstationen mit ungefähr dem gleichen Leistungspegel empfangen könne, während die von jeder Mobilstation erforderliche Sendeleistung minimiert werde. Zum einen sei eine geringe Fehlerrate hinsichtlich der von der Basisstation übertragenen Signale nötig, zum anderen müsse die Sendeleistung der Mobilstation dergestalt minimiert werden, dass Interferenzen mit anderen Zellen und Funksystemen reduziert werden könnten. Dies erfolge grundsätzlich in einem geschlossenen Regelkreis, bei dem die Mobilstation die erforderlichen Änderungen an der Übertragungsleistung von der Basisstation bestimme und der Basisstation diese Änderungen signalisiere und umgekehrt. |
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| Hierbei stelle sich das Problem, dass die Leistungsregelkreise zu Beginn einer Übertragung oder nach einer Unterbrechung der Übertragung Zeit benötigten, um zufriedenstellend zu konvergieren. Bis eine derartige Konvergenz erreicht sei, sei es wahrscheinlich, dass übertragene Daten beschädigt empfangen würden, wenn der Leistungspegel zu niedrig sei oder dass zusätzliche Störungen erzeugt würden, wenn der Leistungspegel zu hoch sei. |
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| Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent I die Aufgabe, in einem Kommunikationskanal geschlossene Leistungsregelkreismittel vorzusehen, um die Leistung des Steuer- und des Datenkanals durch Mittel zum Verzögern der Anfangsübertragung des Datenkanals zu regeln, bis die Anfangsübertragung der Steuerkanäle stattgefunden hat, wobei während dieser Verzögerung die Leistung des Steuerkanals justiert wird. |
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| Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den nachfolgenden Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst werden: |
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| a) Funkstation (100, 110) zur Verwendung in einem Funkkommunikationssystem mit einem Kommunikationskanal zwischen der Funkstation (100, 110) in einer weiteren Station (100, 110). b) Der Kanal umfasst einen Uplink- und einen Downlink-Steuerkanal zur Übertragung von Steuerinformationen. c) Der Kanal umfasst einen Datenkanal zur Übertragung von Daten. d) Es sind geschlossene Leistungsregelkreismittel (107, 118) vorgesehen, um die Leistung des Steuer- und des Datenkanals zu regeln. |
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| e) Die Funkstation weist Mittel (102, 112) zum Verzögern der Anfangsübertragung des Datenkanals auf, bis die Anfangsübertragung der Steuerkanäle stattgefunden hat. f) Die geschlossenen Leistungsregelkreismittel (107, 118) funktionieren während dieser Verzögerung so, dass sie die Leistung des Steuerkanals justieren. |
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| Zur besseren Verständlichkeit wird nachfolgende Figur 3 des Klagepatents I eingeblendet: |
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| wobei der obere Datenstrom den Uplinkkanal und der unteren Datenstrom den Downlinkkanal darstellt. Hieraus wird ersichtlich, dass die Übertagung der Nutzdaten im Uplink erst nach der Zeitspanne 302 und damit verzögert beginnt, nachdem die Übertragung der Steuerinformationen begonnen hat. |
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| 2. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 1 des Klagepatents I wortsinngemäßen Gebrauch. |
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| a) Dies steht zwischen den Parteien bis auf das Merkmal e außer Streit und beruht auch nicht auf patentrechtlich unzutreffenden Anschauungen. |
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| b) Wie der Durchschnittsfachmann die Kombination der Merkmale versteht, ergibt sich ausgehend vom Patentanspruch (§ 14 S. 1 PatG) aus dem technischen Zusammenhang seiner Merkmale, sowie aus dem Inhalt der Beschreibung und Zeichnungen (§ 14 S. 2 PatG). Durch Heranziehung der Beschreibung zur Auslegung der Patentansprüche wird sichergestellt, dass der tatsächliche Sprachgebrauch des Patents hinreichende Beachtung findet. Der Fachmann orientiert sich also an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift benutzten Worte und Begriffe - nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung - entscheidend ist, die Patentschrift gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (BGHZ 150, 149, 156 - Schneidmesser I; BGH, Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Dabei schränken die Ausführungsbeispiele sowie die darauf bezogenen Beschreibungsteile einen weiter zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig. |
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| c) Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch Merkmal e. Für die Verwirklichung des Merkmals ist patentrechtlich allein entscheidend, dass die Übertragung der Nutzdaten im Uplink erst verzögert beginnt, nachdem die Steuerkanäle mit der Übertragung der Steuerinformationen begonnen und die Leistung des Steuerkanals justiert haben. Denn die Störung in der Übertragung der Nutzdaten, die das Klagepatent vermeiden will, hat ihre Ursache gerade in der zu Beginn der Kommunikation bzw. nach Wiederaufnahme der Kommunikation nach einer Unterbrechung derselben bestehenden unzureichenden Einstellung des Leistungspegels der Kanäle, die zu einem Datenverlust infolge eines zu niedrigen oder zu hohen Leistungspegels führt. Der Fachmann erkennt mithin, dass die Übertragung der Nutzdaten nach der patentgemäßen Lehre erst nach einer gewissen Zeitspanne beginnen soll, um den Verlust von Nutzdaten zu vermeiden. Damit ist zugleich für ihn unmittelbar einsichtig, dass es nicht darauf ankommt, ob die Verzögerung im Verhältnis zum Uplink- bzw zum Downlinksteuerkanal gegebenenfalls um ein geringes zeitliches Maß verschieden ist. Eine zeitlich identische Verzögerung des Beginns der Übertragung des Datenkanals sowohl im Verhältnis zum Downlinksteuerkanal als auch im Verhältnis zum Uplinksteuerkanal ist damit ohne Belang. Zudem ist dem Fachmann ohnehin klar, dass sich der Uplink- und der Downlinksteuerkanal zunächst miteinander ins Benehmen setzen und ihre Kommunikation aufnehmen müssen, sodass der Kommunikation immanent ist, dass zunächst der eine Kanal mit der Kommunikation beginnt und auf die Antwort des anderen Kanals wartet, sodass sich hieraus zwangsläufig eine unterschiedliche Zeitspanne im Verhältnis zum Beginn der Übertragung auf dem Datenkanal ergibt. |
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| Soweit die Beklagte argumentiert, der Standard sei insoweit nur optional, ist dies patentrechtlich ohne Belang, da der Anspruch nur fordert, dass die geschützten Vorrichtungen Mittel aufweisen, die geeignet sind, entsprechend den Merkmalen e und f zu operieren. |
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| Soweit die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 3. Juni 2016 argumentiert, der Standard sehe nicht vor, dass während der Verzögerung in Form der Leistungskontrollpräambel geschlossene Leistungsregelkreismittel vorliegen, die die Leistung des Steuerkanals justierten, da die Klägerin nicht vorgetragen habe, dass der UMTS-Standard die geschlossenen Leistungsregelkreismittel vor der Datenübertragung auf dem Up- oder Downlinkkanal etabliert und dass bereits Kontakt zwischen beiden Steuerkanälen bestehen müsse (dort Rn. 36 ff.), verfängt diese Argumentation nicht. Denn aus Abschnitt 5.1.2.4, 1. Abs. S. 17 der Anlage KA3d folgt gerade - worauf die Klägerin zutreffend wiederholt hingewiesen hat - dass beide Steuerkanäle zeitgleich während der Power-Control-Preamble betrieben und deren Leistung angepasst wird, bevor die Nutzdatenübertragung beginnt, wobei in Abschnitt 5.1.2.1 des Standards nach Anlage KA3d, der grundsätzlich die Leistungssteuerung innerhalb des UMTS Systems und mithin auch für den hier angesprochenen Zeitraum betrifft, bestimmt ist, dass die Leistungssteuerung über einen Inner-Power-Control-Loop - und mithin ein Leistungsregelkreismittel - für den jeweils angesprochenen Steuerkanal erfolgt, wobei der Anspruch allgemein eine Funkstation schützt und damit entweder eine Basis- oder eine Mobilstation, die naturgemäß jeweils nur den Sendekanal für die von der Funkstation ausgehende Senderichtung steuert. |
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| 1) Das Klagepatent II betrifft ebenfalls ein Funkkommunikationssystem, wobei hinsichtlich der Stands der Technik und der dort auftretenden Nachteile auf die Ausführungen zum Klagepatent I verwiesen wird. |
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| Die Beschreibung dieses Klagepatents referiert, zusätzlich sei aus der WO 97/26716 ein Leistungssteuerungsschema bekannt, wo die Schrittgröße abhängig vom Verhältnis von Vorzeichenänderungen in den Leistungssteuerungsbefehlen über einen Zeitraum verändert werde. Dieses Schema habe den Nachteil, dass eine Geschichte von Leistungssteuerungsbefehlen angesammelt werden müsse, bevor die Schrittgröße verändert werden könne. Die Verwendung von mehr als einer Schrittgröße sei des Weiteren aus der JP-A-10-224294 bekannt, wobei sich diese Schrift nicht mit dem Problem des Erhalts einer raschen Annäherung der Leistungssteuerung am Beginn oder nach einer Unterbrechung in der Übertragung befasse. Dieser Aufgabe nehme sich das Klagepatent II an und löse das Problem dadurch, dass die Schrittgröße zu einer vorbestimmten Zeit nach dem Beginn oder der Wiederaufnahme der Übertragung von einer anfänglichen Schrittgröße verringert werde. Eine erfindungsgemäße sekundäre Station sei danach mit den nachfolgenden Merkmalen des selbständigen Anspruchs 5 ausgestattet: |
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| a) Sekundäre Station (110) zur Verwendung in einem Funkkommunikationssystem, das einen Kommunikationskanal zwischen der sekundären Station (110) und einer primären Station (100) aufweist. b) Der Kanal umfasst einen Aufwärtsverbindungs- und einen Abwärtsverbindungs-Steuerkanal für die Übertragung von Steuerinformationen. c) Der Kanal umfasst einen Datenkanal für die Übertragung von Daten. d) Die sekundäre Station (110) umfasst ein Leistungssteuerungsmittel (118), das dazu geeignet ist, die Leistung des Steuer- und des Datenkanals als Reaktion auf eine Abfolge von empfangenen Leistungssteuerungsbefehlen in einer Reihe von Schritten mit veränderlicher Größe zu verändern. e) Jeder Schritt wird als Reaktion auf den Empfang eines entsprechenden Leistungssteuerungsbefehls in der Abfolge vorgenommen. |
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| f) Das Leistungssteuerungsmittel ist dazu geeignet, die Schrittgröße zu einer vorbestimmten Zeit nach dem Beginn oder der Wiederaufnahme der Übertragung von einer anfänglichen Schrittgröße zu verringern. g) Das Auftreten der Verringerung ist vom Vorzeichen der empfangenen Leistungssteuerungsbefehle unabhängig. |
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| Dies wird durch Figur 4 verdeutlicht: |
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| 2) Die Verwirklichung der Merkmale des Anspruchs 5 steht zwischen den Parteien bis auf die Verwirklichung des Merkmals f außer Streit. Dies beruht auch nicht auf patentrechtlich verfehlten Anschauungen. Die nach dem Standard, insbesondere dem Dokument 3 GPP TS 25.214 V4.6.0 (2003-03) arbeitenden angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen jedoch auch Merkmal f. Insoweit hält die Kammer an der in anderer Besetzung getroffenen Entscheidung im Verfahren 7 O 25/10 nach nochmaliger Überprüfung vor dem Hintergrund des nunmehr gehaltenen Parteivortrags nicht fest. |
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| Der Fachmann versteht unter der anfänglichen Schrittgröße genau die Schrittgröße, die zu Beginn oder nach der Wiederaufnahme der Übertragung unmittelbar an den Anfangssendewert der Leistung angelegt wird. Diese anfängliche Schrittgröße braucht einen Bezugspunkt, der in der - in Klagepatent II nicht gelehrten - Anfangssendeleistung besteht. Denn während der Übertragungspause findet gerade keine Sendung statt, so dass auch kein als Bezugspunkt fungierender Sendewert vorliegt. Die anfängliche Schrittgröße ist demzufolge diejenige, die unmittelbar zu Beginn der (Wieder-)Übertragung verwendet wird und die in der Folge durch die Leistungssteuerungsmittel verringert werden soll. |
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| Im Standard unter 5.1.2.3 wird diese zu verwendende Schrittgröße als ΔTPC bezeichnet („Stepsize (ΔTPC)“). Im sogenannten Compressed mode wird bei einem recovery period power control mode von 1 und einem PCA-Wert von 1 statt der Schrittgröße ΔTPC zunächst die Schrittgröße ΔRP-TPC angewandt („for RPP-mode 1, during RPL slots after each transmission gap, power control algorithm 1 is applied with a step size ΔRP-TPC instead of ΔTPC, regardless of the value of PCA“), wobei ΔRP-TPC jeweils immer größer ist als ΔTPC, da bei einem PCA-Wert von 1 ΔRP-TPC dem kleineren Wert von 3 Dezibel und 2 x ΔTPC entspricht. ΔTPC kann dabei nach dem Standard entweder den Wert 1 dB oder 2dB haben, im ersteren Fall beginnt die Schrittgröße ΔRP-TPC mit 2dB und fällt dann auf ΔTPC = 1 dB ab, im zweiten Fall beginnt die Schrittgröße mit ΔRP-TPC = 3 db und fällt sodann auf ΔTPC = 2 dB ab. In beiden Fällen verringert sich die Schrittgröße damit wie in der patentgemäßen Lehre vorgesehen. |
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| Soweit der Standard auf Seite 17 vorsieht, dass die Veränderung der Übertragungsleistung mit der Schrittgröße ΔRP-TPC erfolge, indes nach dem Klammerzusatz im ersten Zeitschlitz etwas anderes gelte, ist hieraus nicht zu folgern, dass nach der Übertragungslücke zunächst die anfängliche Schrittgröße ΔTPC beträgt, die zunächst auf ΔRP-TPC ansteigt, um sodann wieder auf ΔTPC abzufallen. Denn in diesem ersten Zeitschlitz vollzieht sich noch kein patentgemäßer Schritt, durch den die Sendeleistung angepasst würde. Vielmehr beginnt die Kommunikation nach der Übertragungspause schlicht mit einer - wenngleich unter Einbeziehung des Wertes ΔTPC bestimmten - anfänglichen Sendeleistung, sodass insoweit noch keine schrittweise Anpassung der Leistung vorgenommen wird. Dieser erste patentrechtlich relevante „Schritt“ wird vielmehr erst zu Beginn des zweiten Zeitschlitzes nach der Übertragungspause angewendet, um die Leistung einzustellen. Ab diesem Zeitpunkt gilt jedoch die zuvor beschriebene Regel, dass die Schrittgröße von ΔRP-TPC nach einer bestimmten Anzahl von RPL slots auf die Schrittgröße ΔTPC reduziert wird, die nach dem Standard stets kleiner ist. |
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| 3. Die festgestellten patentverletzenden Handlungen rechtfertigen nach Maßgabe der nationalen Bestimmungen (Art. 64 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 EPÜ) die zu den Klagepatenten I und II gestellten Anträge, soweit sie auf Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtet sind. Diesen Ansprüchen stehen kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen (vgl. Huawei Technologies/ZTE (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - C-170/13, GRUR 2015, 764 Rn. 72 ff. = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817) |
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| Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund der vorliegenden Verletzung der Klagepatente zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann den Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagte hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne unzumutbaren Arbeitsaufwand Auskunft geben kann, ist die Beklagte gem. § 140 b PatG und einer zu Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat sich für die Zeit seit Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents zzgl. Kenntnisnahmefrist von einem Monat auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruchs (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder fiktive Lizenz) zu entscheiden. |
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| Zudem war wie beantragt festzustellen, dass die Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist. |
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| Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die Klägerin kennt den genauen Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese Kenntnis kann sie den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nicht beziffern. Da aber die Beklagte Schadensersatzansprüche der Klägerin in Abrede stellt, hat die Klägerin - auch zur Hemmung der Verjährung und Herbeiführung der 30jährigen Verjährungsfrist - ein rechtliches Interesse daran, dass das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald festgestellt wird. |
|
| Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie spätestens einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung der Klagepatente I und II erkennen können und erkennen müssen, dass die Klagepatente I und II durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt werden. |
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| 4. Hingegen war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin überdies von der beklagten Unterlassung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie die Vernichtung patentverletzender Produkte begehrt. Denn insoweit stehen einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche in Anwendung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Huawei./. ZTE (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - C-170/13, GRUR 2015, 764 = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817) kartellrechtliche Gründe entgegen. |
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| a) Die Kammer hat ihr Verständnis des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Huawei Technologies/ZTE im Urteil vom 29. Januar 2016 - 7 O 66/15 (veröffentlicht bei juris) dargelegt und hält nach nochmaliger Überprüfung der dort vertretenen Rechtsauffassung an dieser Begründung fest. Aus Sicht der Kammer betont der Gerichtshof, dass das aus einem Patent fließende Ausschließlichkeitsrecht nur unter ganz besonderen Umständen nicht mit der Verletzungsklage durchsetzbar ist. Daraus folgt, dass die entsprechenden tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Suspendierung des Patentrechts ergeben soll, von dem in Anspruch genommenen (angeblichen) Verletzer vorzutragen und wenn die Umstände im Streit stehen, auch zu beweisen sind. |
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| Der Gerichtshof entwickelt aus Sicht der Kammer in seinem Urteil ein Konzept, dass es dem zur Entscheidung berufenen Gericht ermöglichen soll, das Verhalten des Inhabers des SEP auf der einen Seite sowie des angeblichen Verletzers auf der anderen Seite daraufhin zu bewerten, ob sich die Durchsetzung der auf das SEP gestützten Unterlassungs- und Rückrufanträge als ungerechtfertigter Marktmissbrauch und Aufbau eines insoweit zu unterbindenden Drucks in der Verhandlungssituation zu bewerten ist oder als gerechtfertigte Reaktion auf eine vom (angeblichen) Verletzer verfolgte Verzögerungstaktik. Hingegen zielt die Entscheidung des Gerichtshofs nach der Überzeugung der Kammer nicht darauf ab, die Verletzungsgerichte mit der Bestimmung der FRAND-Bedingungen zu belasten, wenn im Verfahren der Unterlassungs- und Rückrufanspruch durchgesetzt werden soll und es nicht gerade um die Zahlung einer FRAND-Lizenzgebühr im Betragsverfahren geht. |
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| Zu diesem Zweck hält es der Gerichtshof für erforderlich, dass der Patentinhaber in einem ersten Schritt vor der Erhebung einer auf Rückruf und Unterlassung gerichteten Klage, die für den angeblichen Verletzer einen erheblichen Verhandlungsdruck aufbaut, einen angeblichen Verletzer auf die ihm vorgeworfene Patentverletzung hinweist und dabei das SEP bezeichnet sowie angibt, auf welche Weise es verletzt sein soll. Jedenfalls wird der Patentinhaber das mit der Klage geltend gemachte und von ihm standardessentiell deklarierte Patent mit seiner Patentnummer bezeichnen und angeben müssen, dass dieses Patent bei der betreffenden Standardisierungsorganisation als standardessentiell deklariert wurde. Soweit der Patentinhaber zudem angeben soll, auf welche Weise das Patent verletzt sein soll, muss der Hinweis dem Verletzer deutlich machen, für welchen Standard das Patent essentiell ist und aufgrund welcher Umstände der Patentinhaber davon ausgeht, dass der angebliche Patentverletzter von der Lehre des Patents Gebrauch macht. Jedenfalls ist dafür erforderlich, dass der Patentinhaber benennt, welche technische Funktionalität der angegriffenen Ausführungsform vom Standard Gebrauch macht. Der angebliche Verletzer wird regelmäßig nämlich im Bilde darüber sein, dass sein Produkt einem Standard gemäß ausgebildet ist. Daher dürfte ein bloßer Hinweis, der angebliche Verletzer stelle nach dem Standard arbeitende Produkte her oder vertreibe diese und verletze deshalb das Patent, nicht ausreichend sein. Vielmehr muss der angebliche Verletzer durch den Hinweis in die Situation versetzt werden, die Schutzrechtslage selbständig prüfen (lassen) zu können. Aufgrund der Vielzahl der technischen Funktionalitäten, die regelmäßig in einem Standard enthalten sind und die gerade die vom Gerichtshof angesprochene Unübersichtlichkeit bei der Beurteilung der Schutzrechtslage begründet, wird es erforderlich sein, dass der SEP-Inhaber jedenfalls die Kategorie der technischen Funktionalität des Standards in einer solchen Weise benennt, dass der vermeintliche Verletzer nun wieder der grundsätzlich ihm obliegenden Pflicht, die Schutzrechtslage zur prüfen, gerecht werden kann. Wie detailliert dieser Hinweis zu erfolgen hat, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Hierbei wird insbesondere einzustellen sein, welche Technologiekenntnisse beim Patentverletzer vorhanden sind bzw. inwieweit er sich solche Kenntnisse in zumutbarer Weise durch professionellen Rat zu verschaffen hat. Aus Sicht der Kammer sind zur Darlegung des Verletzungssachverhalts in einer den Anforderungen des Gerichtshofs entsprechenden Weise grundsätzlich jedenfalls die auch im Rahmen von Lizenzvertragsverhandlungen nach den geschäftlichen Gepflogenheiten sonst üblichen Claim-Charts ausreichend, die den geltend gemachten oder einen ihm verwandten Anspruch des Klagepatents, der gleichfalls die entscheidenden Merkmale aufweist, gegliedert nach Anspruchsmerkmalen den entsprechenden Stellen im Standard gegenüberstellen, ohne dass hierbei die Anforderungen der Schlüssigkeitsprüfung einer Verletzungsklage erfüllt werden müssen. Insoweit ist in der Regel ausreichend, dass der angebliche Verletzer den vom SEP-Inhaber erhobenen Vorwurf jedenfalls bei Hinzuziehung externen oder internen technischen Sachverstandes nachvollziehen kann. |
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| Entsprechendes gilt für die weitere Obliegenheit des SEP-Inhabers, der zudem vor Klageerhebung dem angeblichen Patentverletzer - sofern dieser im Grundsatz seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, überhaupt Lizenz nehmen zu wollen - ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten hat und insbesondere die Lizenzgebühr und die Art und Weise ihrer Berechnung anzugeben hat. Vor dem Hintergrund des zuvor geschilderten Verständnisses, das die Kammer zu der Entscheidung des Gerichtshofs entwickelt hat, ist hierfür erforderlich, dass es sich um ein annahmefähiges Vertragsangebot handelt, das die vertragswesentlichen Bedingungen enthält. Soweit der Gerichtshof ausführt, dass der Patentinhaber ein konkretes schriftliches Lizenz-Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreiten hat, bedeutet dies nicht, dass das Verletzungsgericht für den Fall, dass der (angebliche) Patentverletzer - wie regelmäßig - in Abrede stellt, dass dieses Angebot FRAND-Kriterien entspricht, gehalten ist, nunmehr nach objektiven Gesichtspunkten zu entscheiden, ob das Angebot des SEP-Inhabers tatsächlich FRAND ist oder nicht. Denn hierdurch würde der Verletzungsprozess gerade wieder mit der Bestimmung belastet, welche Lizenzhöhe exakt und sonstigen Vertragsbedingungen ganz genau diesen Kriterien entsprechen, was aus Sicht der Kammer nicht das Anliegen des Gerichtshofs war. Kartellrechtswidrig und ersichtlich nicht FRAND ist ein Angebot erst dann, wenn es sich unter Berücksichtigung der konkreten Verhandlungssituation und insbesondere der Marktgegebenheit als Ausdruck von Ausbeutungsmissbrauch darstellt. |
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| Der Patentinhaber hat dabei die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr anzugeben. Nach Auffassung der Kammer wird der SEP-Inhaber den angeblichen Verletzer in die Lage versetzen müssen, anhand objektiver Kriterien nachzuvollziehen, warum der SEP-Inhaber zu der Überzeugung gelangt, dass das von ihm unterbreitete Angebot FRAND-Kriterien entspricht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der SEP-Inhaber bei einem Stücklizenzvertrag schlicht den pro Einheit zu zahlenden Betrag angibt, ohne zu erläutern, weshalb dieser Betrag nach seiner Ansicht FRAND-Bedingungen entspricht. Insoweit wird er den Betrag gegenüber dem vermeintlichen Verletzer in geeigneter Weise transparent zu machen haben, etwa durch Vortrag zu einem in der Vertragspraxis gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm oder unter Heranziehung anderer Bezugsgrößen, aus dem die geforderte Lizenzgebühr abgeleitet wird, wie etwa aus einer Poollizenzgebühr, die in der Praxis für einen Patentpool von Dritten gezahlt wird, der auch für den fraglichen Standard relevante Patente umfasst. |
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| Der Verletzer muss auf dieses Angebot reagieren, selbst wenn es seiner Auffassung - wie regelmäßig - nicht den FRAND-Kriterien entspricht (ebenso im Ergebnis LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015 - 2 O 106/14 Seite 51 bei (bb) und LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2015 - 4a O 144/14). Eine Ausnahme hiervon ist nach der Auffassung der Kammer allein in solchen Fällen zu machen, in denen sich das Angebot des SEP-Inhabers bereits bei summarischer Prüfung evident als nicht FRAND und mithin als Missbrauch einer beherrschenden Stellung des SEP-Inhabers darstellt. Dieses Gegenangebot ist alsbald zu unterbreiten, da der Gerichtshof dem angeblichen Patentverletzer keine Verzögerungstaktik zugestehen will. Mithin muss vom angeblichen Verletzter auf das konkrete schriftliche Angebot des SEP-Inhabers so schnell reagiert werden, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls bei Anwendung der in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und des Grundsatzes von Treu und Glauben von ihm erwartet werden kann. |
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| Schlägt der SEP-Inhaber dieses Angebot aus und hat der angebliche Verletzer das SEP bereits benutzt, bevor ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, verlangt der Gerichtshof, dass er ab dem Zeitpunkt der Ablehnung des Gegenangebots eine angemessene Sicherheit etwa durch Beibringung einer Bankgarantie oder durch Hinterlegung leistet. Die Berechnung der Sicherheit muss unter anderem die Zahl der vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf das SEP umfassen, für die der angebliche Verletzer eine Abrechnung vorlegen können muss. Diese Sicherheit muss zudem den in dem betreffenden Bereich anerkannten Gepflogenheiten entsprechen. |
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| b) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin vorliegend aus kartellrechtlichen Gründen gehindert, die mit der Klage verfolgten Ansprüche durchzusetzen. |
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| aa) Ob diese Maßstäbe der Kammer vor dem Hintergrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. Mai 2016, Az.: 6 U 55/15, der meint, dass eine Evidenzkontrolle des Angebots des SEP-Inhabers einerseits nicht ausreichend sei, andererseits aber ausführt, dem SEP-Inhaber sei bei der Beurteilung, was FRAND sei, ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen, und der lediglich eine summarische Prüfung im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil betrifft, einer Überprüfung unterzogen werden müssen, kann vorliegend offen bleiben. |
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| bb) Denn die Klägerin hat vorliegend ihre Obliegenheit nicht erfüllt, gegenüber der Beklagten transparent zu machen, warum sie den von ihr im Lizenzvertragsangebot geforderten Lizenzsatz von US$ 1,-- für FRAND hält - bzw. warum dieser in der Diktion des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Rahmen des zuzugestehenden Entscheidungsspielraums FRAND ist. Sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, in ihrem Angebot zu beziffern, dass die Lizenz US$ 1,-- pro Stück ist. Insoweit ist nach Auffassung der Kammer die bloße Angabe der Multiplikatoren nicht ausreichend, um die Vorgaben der Entscheidung des Gerichtshofs zu erfüllen. Die allgemeine Präsentation des UMTS- Lizenzprogrammes nach Anlagen K4b und c enthalten insoweit auch keine weitergehenden Informationen, die diese Obliegenheit erfüllen könnten. |
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| cc) Soweit die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz darauf hinweist, die Kammer würde sich in Widerspruch zur Spruchpraxis ihrer Schwesterkammer setzen, ist die Kammer unter Beachtung des zwischenzeitlich ergangenen und zuvor zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe der Auffassung, dass eine bloße Angabe der Multiplikatoren, die der Berechnung der Lizenzgebühr zugrunde liegen, nicht ausreichend sind. Denn anhand dieser Parameter ist es dem vermeintlichen Verletzer nicht möglich zu beurteilen, ob das Angebot - entweder im Sinne einer Evidenzkontrolle wie sie die Kammer vertritt oder im Sinne einer objektiven Bestimmung unter Berücksichtigung eines auch vom Oberlandesgericht zugestandenen Entscheidungsspielraums - FRAND ist und gegebenenfalls ein Gegenangebot zu FRAND-Bedingungen zu machen, da es ihm, wie der Gerichtshof ausführt, regelmäßig gerade an den hierzu nötigen Informationen über den Lizenzmarkt fehlt, über die der SEP-Inhaber verfügt. |
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| dd) Soweit die Klägerin entsprechende Erläuterungen erstmals in der Replik gemacht und ein Sachverständigengutachten von Professor K. (Anlage K5/5a) vorgelegt hat, das nachweisen soll, dass die Klägerin keine diskriminierende Lizenzrate von der Beklagten verlangt, sind diese nach Klageerhebung erfolgt und damit nicht mehr geeignet, die vom Europäischen Gerichtshof verfolgte Intention zu erfüllen, die Verhandlungen unbelastet von der Erhebung einer auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung und Vernichtung gerichteten Klage führen zu können. Insoweit sind die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Intention, die der Gerichtshof mit seinem Pflichtenprogramm verfolgt, zu verstehen, dass nicht nur vor Klageerhebung auf die Art und Weise der vorgeworfenen Patentverletzung hingewiesen werden soll. Sondern dieses zeitliche Erfordernis bezieht sich gleichfalls auf die Angabe, auf welche Art und Weise sich die Lizenzgebühr im Angebot des SEP-Inhabers berechnet. Denn nur wenn auch die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr vor Klageerhebung substantiiert wurde, kann sich der angebliche Verletzer ohne dem Druck einer bereits erhobenen Unterlassungsklage ausgesetzt zu sein, im Verhandlungswege entscheiden, ob er gewillt ist, die so transparent gemachten Bedingungen als FRAND entsprechend anzuerkennen und Lizenz zu nehmen. Soweit die Klägerin auf einen jüngst ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2016 (Az.: I - 15 U 36/16, Anlage K12) hinweist, in dem das Gericht erwägt, ob es in allen Fällen erforderlich ist, dass die vom Gerichtshof aufgestellten Obliegenheiten, hier insbesondere die Verpflichtung zur Erläuterung der Gebührenberechnung, vor Klageerhebung zu erfüllen sind und ob dies gegebenenfalls als zu formaljuristisches Verständnis der Entscheidung abzulehnen ist, hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest. Denn selbst wenn es prozessual möglich sein sollte, dass die Klägerin, die ihre Obliegenheiten bislang nicht vor Klageerhebung erfüllt hat, dies nachholt, die zunächst erhobene Klage zurücknimmt und dann unter Beachtung der Obliegenheiten erneut erhebt, ist zu sehen, dass in diesem Fall in der Zeit zwischen der Rücknahme der zunächst erhobenen Klage und erneuter Erhebung der Klage Zeit für Verhandlungen bleibt, in denen die Verhandlungen ohne den unmittelbaren Druck eines gerichtlichen Verfahrens geführt werden können. Denn selbst wenn der SEP-Inhaber entsprechend im ersten Verfahren die zunächst unterlassene Erläuterung nachholt, so wird er dem vermeintlichen Verletzer vor erneuter Klageerhebung eine gewisse Zeit zuzugestehen haben, in der der Beklagte die Argumente prüft, die der SEP-Inhaber zur Untermauerung der Art und Weise der Berechnung der Lizenzhöhe sowie der Frage, ob die angesonnene Lizenzgebühr FRAND entspricht, vorgebracht hat. Würde man es uneingeschränkt zulassen, dass der SEP-Inhaber seine vorprozessual nicht erfüllten Obliegenheiten im Verlauf des Verfahrens sanktionslos nachholen kann, so würde nach Ansicht der Kammer der Leitgedanke der Entscheidung des Gerichtshof, Verhandlungen unbelastet von einem anhängigen Verfahren führen zu können und zu diesem Zeitpunkt über alle Informationen zu verfügen, die eine Beurteilung zulassen, ob das angesonnene Lizenzvertragsangebot FRAND-konform ist oder nicht, verfehlt. Die Kammer sieht sich in dieser Auffassung dadurch bestärkt, dass der Gerichtshof insoweit durch Berichtigungsbeschluss klargestellt hat, dass sich die Worte „vor Klageerhebung“ sowohl auf die Erläuterung zur Patentverletzung als auch auf die Erläuterung der geforderten Lizenzgebühr beziehen. |
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| ee) Die Klägerin war auch vorliegend nicht etwa von dieser Obliegenheit entbunden, weil sich die Beklagte als lizenzunwillig gezeigt hätte. Denn selbst wenn im Zuge der Verhandlungen zwischen den Parteien vereinzelt eine Zahlung von Lizenzgebühren durch die Beklagte in einzelnen Aussagen abgelehnt worden sein sollte, so hat die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht grundsätzlich lizenzunwillig gezeigt. Dies kommt etwa in dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der [...] vom 20. November 2015 zum Ausdruck, in dem die Muttergesellschaft der Beklagten, mit der die Verhandlungen seitens der Klägerin stets geführt wurden, beanstandet, dass die Klägerin es bislang verabsäumt habe, im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs darzulegen, weshalb sie meint, dass die von ihr geforderte Lizenzgebühr FRAND ist (vgl. ebenda, 2. Seite bei c und letzte Seite bei 5.) . Diese Aufforderung wiederholte die Beklagte in einem Schreiben vom 4. Dezember 2015 (Anlage B2). Sie zeigte sich zudem bereit, eine Lizenz zu einem Lizenzsatz von 0,071% des Nettoverkaufspreises je Einheit zu zahlen (Schreiben vom 12. Januar 2016, Anlage B5 ). Zudem kommt die Bereitschaft der Beklagten Lizenz zu nehmen darin zum Ausdruck, dass sie der Klägerin vorprozessual die Übertragung bestimmter eigener Patente im Austausch vorgeschlagen hat, selbst wenn die Klägerin dieses Angebot als für sie uninteressant verworfen hat. Ihre Bereitschaft, sich im Grundsatz mit der Klägerin über eine Lizenznahme auszutauschen belegt zudem der Umstand, dass die Beklagte das umfängliche, als Anlage B11 vorgelegte Gutachten hat erstatten lassen, um die von ihr für FRAND erachtete Lizenzgebühr zu untermauern. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung erfolgt ist, so reflektiert dies dennoch nach Ansicht der Kammer die grundsätzliche Bereitschaft, über eine Lizenznahme zu verhandeln auch dann, wenn die von der Klägerin behaupteten und unter Beweis gestellten Äußerungen von Vertretern der [...] im Zuge der Verhandlungen gefallen sein sollten. |
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| Als Indiz für die grundsätzliche Bereitschaft der Beklagten, in Lizenzvertragsverhandlungen mit der Klägerin einzutreten, wertet die Kammer dabei auch den Umstand, dass die Beklagte inzwischen einen namhaften Betrag bei Gericht hinterlegt hat, der die Umsätze mit ihren LTE-/UMTS-fähigen Produkten weltweit abdecken soll. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung geschehen ist, lässt dieser Umstand dennoch indizielle Rückschlüsse auf die Lizenzwilligkeit der Beklagten vor Klageerhebung zu, die das gefundene Ergebnis aus Sicht der Kammer bestätigen, dass es sich bei der Beklagten bzw. deren Muttergesellschaft nicht um einen von vornherein gänzlich lizenzunwilligen Verletzer handelt. |
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| 5. Die Beklagte kann gegenüber der Klägerin auch nicht mit Erfolg den Einwand der Erschöpfung führen. |
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| Zum einen hat die Beklagte insoweit vorgetragen, dass in ihren Mobiltelefonen neben Chips der Firma [A.] ohnehin auch Chips der Firma M. zum Einsatz kämen. Dass hinsichtlich dieser Chips Erschöpfung eingetreten wäre, trägt die Beklagte nicht vor, sodass selbst für den Fall, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Chips der Firma [A.] auf Erschöpfung berufen könnte, der Vorwurf der Patentverletzung nicht ausgeräumt ist. |
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| Zum anderen hat die Beklagte mit Blick auf die Lizenz der Firma [A.] lediglich vorgetragen, dass diese mit der Klägerin einen Kreuz-Lizenzvertrag über UMTS-Patente abgeschlossen habe, wobei sie derzeit nicht substantiierter zu der Frage weiter vortragen könne, ob sie aus dieser Vertragsbeziehung eigene Rechte ableiten könne. Dies müsse zuwarten, bis sie den im US-Discovery-Verfahren erlangten, indes mit einer Protective Order belegten Vertrag auf Anordnung der Kammer im hiesigen Verfahren vorlegen könne. Aus dem Vertrag folge, dass die Chips autorisierten Käufern wie der Beklagten Rechte an den UMTS-Patenten vermittelten. Die Chips setzten als Hardware jedenfalls die hier wesentlichen Funktionalität des UMTS-Standards um, selbst wenn es einen „überschießenden“ Teil der geltend gemachten Ansprüche geben sollte, die durch andere Teile des Mobiltelefons verwirklicht werden sollten. Demnach würden die Chips jedenfalls die erfindungswesentlichen Schritte umsetzen. |
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| Diesbezüglich hat die Klägerin vorgetragen, dass es zwar vertragliche Beziehungen zwischen der Firma [A.] und ihr gebe, allerdings lediglich Produkte von [A.] selbst und hier auch nur die Hard- nicht aber die Software lizenziert worden seien und sich der Vertrag nicht auf Mobiltelefone Dritter erstrecke, in denen [A.]-Chips zum Einsatz kämen. Die standardgemäßen Prozeduren würden allein durch die Software in Form eines Protokoll-Stacks implementiert, die auf diese Hardware durch einen Lohnfertiger der [...]-Gruppe aufgespielt werde. Überdies seien die Chips von [A.] ohnehin allenfalls in [...] oder in [...] mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden, nicht aber im Europäischen Wirtschaftsraum. |
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| Die Beklagte hat ihren diesbezüglichen Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht weiter substantiiert, weshalb der Einwand der Erschöpfung nicht greift. Schon nach ihrem eigenen Vortrag setzen die [A.]-Chips nicht alle Aspekte der technischen Lehren der geltend gemachten Ansprüche um. |
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| 6. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO mit Blick auf das von der [...] vor der Rechtsbank Den Haag angestrengte Verfahren ist nicht angezeigt, da die dort zur Klärung anstehende Frage nicht vorgreiflich für das hiesige Verfahren ist. |
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| Zum einen ist es die Aufgabe der erkennenden Kammer erforderlichenfalls festzustellen, ob das Angebot der Klägerin FRAND-konform ist, sodass sie die Auffassung der Rechtsbank Den Haag allenfalls nach Erlass einer Entscheidung in ihre Erwägungen einzustellen hätte, zum anderen kommt es auf die Frage, ob das Angebot der Klägerin tatsächlich - sei es im Sinne einer Evidenzkontrolle, sei es im objektiven Sinne bei Anwendung eines der Klägerin zuzugestehenden Entscheidungsspielraums - FRAND ist, vorliegend nicht an, da die Klägerin wie ausgeführt bereits vor Klageerhebung Erläuterungen dazu, warum der von ihr geforderte Lizenzsatz FRAND sein soll, unterlassen hat. |
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