Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. März 2015 - 9 TaBV 86/14

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2015:0323.9TABV86.14.00
bei uns veröffentlicht am23.03.2015

Tenor

1.Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.11.2014, Az. 8 BV 167/14 abgeändert und die Arbeitgeberin verpflichtet, entsprechend der Betriebsvereinbarung zur flexiblen Arbeitszeit vom 16.11.1998 den Mitarbeitern die Arbeitsausfälle in Folge der Unwetterkatastrophe vom 09.06.2014 im Gleitzeitkonto der betroffenen Mitarbeiter gut zu schreiben.

2.Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


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Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 87 Grundsatz


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 80 Grundsatz


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Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Die am Verfahren Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken.

(1a) Der Vorsitzende kann den Beteiligten eine Frist für ihr Vorbringen setzen. Nach Ablauf einer nach Satz 1 gesetzten Frist kann das Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts seine Zulassung die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Beteiligten sind über die Folgen der Versäumung der nach Satz 1 gesetzten Frist zu belehren.

(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts können Urkunden eingesehen, Auskünfte eingeholt, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernommen und der Augenschein eingenommen werden.

(3) In dem Verfahren sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und die Stellen zu hören, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Sprecherausschussgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, dem § 18a des Berufsbildungsgesetzes und den zu diesen Gesetzen ergangenen Rechtsverordnungen sowie nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, dem SE-Beteiligungsgesetz, dem SCE-Beteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung im einzelnen Fall beteiligt sind.

(4) Die Beteiligten können sich schriftlich äußern. Bleibt ein Beteiligter auf Ladung unentschuldigt aus, so ist der Pflicht zur Anhörung genügt; hierauf ist in der Ladung hinzuweisen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(5) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Arbeitsgerichts oder seines Vorsitzenden findet die Beschwerde nach Maßgabe des § 78 statt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Arbeitsgerichts kann unter Übergehung der Beschwerdeinstanz unmittelbar Rechtsbeschwerde eingelegt werden (Sprungrechtsbeschwerde), wenn die übrigen Beteiligten schriftlich zustimmen und wenn sie vom Arbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auf Antrag in dem verfahrensbeendenden Beschluß oder nachträglich durch gesonderten Beschluß zugelassen wird. Der Antrag ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Beschlusses schriftlich zu stellen. Die Zustimmung der übrigen Beteiligten ist, wenn die Sprungrechtsbeschwerde in dem verfahrensbeendenden Beschluß zugelassen ist, der Rechtsbeschwerdeschrift, andernfalls dem Antrag beizufügen.

(2) § 76 Abs. 2 Satz 2, 3, Abs. 3 bis 6 ist entsprechend anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 89/10 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 22. September 2010 - 2 BV 2/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschlussformel wie folgt neu gefasst wird:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Sozialplans, der durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist. Diesen hat die Arbeitgeberin wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit fristgemäß angefochten und die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs begehrt.

2

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe den Sozialplan durchzuführen und nach Maßgabe des Einigungsstellenspruchs die Abfindungen zu berechnen und an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

3

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

4

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

5

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Durchführungsanspruch weiter. Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 ABR 85/11 - hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der sich diese gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs durch die Vorinstanzen gewandt hatte, zurückgewiesen.

6

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Unrecht abgewiesen.

7

I. Der Antrag bedarf der Auslegung.

8

Dem Wortlaut nach kann sich die vom Betriebsrat begehrte Durchführung des Sozialplans sowohl auf die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens, in dem die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans beantragt hat, beziehen als auch auf die Zeit danach. Gegen ein derart umfassendes Antragsverständnis spricht jedoch, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet. Nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind Beschlüsse der Arbeitsgerichte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorläufig vollstreckbar(vgl. GMP/Matthes ArbGG 7. Aufl. § 85 Rn. 5 f.). Mit seinem auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag geht es dem Betriebsrat jedoch nicht um die Verfolgung eigener vermögensrechtlicher Rechtspositionen, sondern um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Sozialplänen. Wie er in den Vorinstanzen klargestellt hat, verfolgt er nicht als Prozessstandschafter Vermögensansprüche der Beschäftigten, sondern verlangt aus eigenem Recht die Durchführung des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans. Da somit eine Vollstreckung des Durchführungsantrags erst mit Rechtskraft der Entscheidung in dem parallel geführten Verfahren über die Anfechtung des Sozialplans möglich ist, kann der Antrag gesetzeskonform nur so verstanden werden, dass er allein auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs nach rechtskräftiger Entscheidung über den auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag der Arbeitgeberin gerichtet ist.

9

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Berechnung der Abfindung nach Maßgabe der Sozialplanregelungen und deren Auszahlung an die berechtigten Arbeitnehmer.

10

III. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Wie die Antragsauslegung ergeben hat, verfolgt er nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer, er nimmt vielmehr für sich in Anspruch, aus eigenem Recht vom Arbeitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs verlangen zu können. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 14, BAGE 135, 382).

11

IV. Der ausgelegte Antrag ist begründet. Da durch Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren - 1 ABR 85/11 - der auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag der Arbeitgeberin im Ergebnis rechtskräftig abgewiesen wurde, kann der Betriebsrat von dieser gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dessen Durchführung verlangen(vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 16, BAGE 134, 249).

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. Juni 2008 - 3 TaBV 16/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über das Recht von Arbeitnehmern, zu einem Gespräch über eine Tätigkeitsbeschreibung ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

2

Die Arbeitgeberin wendet die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie des Landes Nordrhein-Westfalen an. Zum 1. Januar 2008 führte sie in ihrem Betrieb das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie NRW(ERA) ein. Zur Vorbereitung der nach § 3 Nr. 2 ERA-Einführungstarifvertrag NRW vom 18. Dezember 2003 erforderlichen Neubewertung der betrieblichen Aufgaben beauftragte sie eine Unternehmensberatung mit der Erstellung von Tätigkeitsbeschreibungen. In einem Rundschreiben vom 18. September 2007 und auf einer am 10. Oktober 2007 durchgeführten Betriebsversammlung kündigte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin eine Erörterung der Tätigkeitsbeschreibungen mit den Arbeitnehmern an, um gegebenenfalls gemeinsame Anpassungen vorzunehmen. Den Wunsch einzelner Arbeitnehmer, dieses Gespräch in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds zu führen, lehnte die Arbeitgeberin ab. Sie stellte die Arbeitnehmer vor die Alternative, das Gespräch entweder ohne ein Betriebsratsmitglied oder gar nicht zu führen.

3

Der Betriebsrat hat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt,

        

1.   

der Arbeitgeberin aufzugeben, es künftig zu unterlassen, den Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über die Beschreibung ihrer Tätigkeit, die als Grundlage für eine Ein- bzw. Umgruppierung dienen soll, zu verweigern, wenn die Mitarbeiter die Hinzuziehung wünschen,

        

2.   

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend dem Antrag zu 1., ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, anzudrohen,

                 

hilfsweise

        

3.   

festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, den Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über die Beschreibung ihrer Tätigkeit, die als Grundlage für eine Ein- bzw. Umgruppierung dienen soll, zu verweigern, wenn die Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung wünschen.

4

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

5

Das Arbeitsgericht hat den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen und dem Feststellungsantrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag hinsichtlich des Hilfsantrags weiter.

6

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem allein noch anhängigen Feststellungsantrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Der Anspruch der Arbeitnehmer auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen folgt aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG.

7

I. Der Antrag ist zulässig.

8

1. Der Antrag ist dahingehend auszulegen, dass der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin feststellen lassen möchte, dass die Arbeitnehmer berechtigt sind, zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

9

2. Der Betriebsrat besitzt die erforderliche Antragsbefugnis. Er ist befugt, die streitige, sich aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ergebende Rechtsposition der Arbeitnehmer im Verhältnis zur Arbeitgeberin feststellen zu lassen.

10

a) Die Antragsbefugnis ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Sachentscheidungsvoraussetzung. Ihr Vorliegen ist noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Das Erfordernis dient dazu, Popularanträge auszuschließen. Die Arbeitsgerichte sollen nicht zur Verfolgung fremder Rechte angerufen werden. Voraussetzung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist grundsätzlich, dass der Antragsteller eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet. Dem Betriebsrat fehlt daher die Antragsbefugnis in der Regel, wenn er ausschließlich Rechte der Arbeitnehmer reklamiert(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 20 f., AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 10).

11

b) Nach der Senatsrechtsprechung stellt der sich aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ergebende Anspruch der Arbeitnehmer auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds, auf den sich der Betriebsrat für sein Begehren beruft, für den Arbeitgeber eine Verpflichtung aus dem Betriebsverfassungsgesetz dar, bei deren grober Verletzung der Betriebsrat nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorgehen kann. Diesen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers kann der Betriebsrat aufgrund seiner Prozessstandschaft nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich feststellen lassen(16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 341).

12

3. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Die Arbeitgeberin bestreitet ihre Verpflichtung, bei Gesprächen über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen auf Wunsch der Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu gestatten. Es handelt sich um einen Konflikt, der auch nach der Einführung des ERA jederzeit erneut auftreten kann.

13

II. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitnehmer sind berechtigt, zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

14

1. Der Antrag ist nicht schon deshalb begründet, weil ein Arbeitnehmer unabhängig von dem beabsichtigten Gesprächsgegenstand berechtigt wäre, ein Betriebsratsmitglied zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber hinzuzuziehen. Dies ist nicht der Fall. Ein genereller Anspruch des Arbeitnehmers darauf, bei jedem mit dem Arbeitgeber geführten Gespräch ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen, folgt aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht. Vielmehr regeln § 81 Abs. 4 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2 und § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG das Recht des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds jeweils bezogen auf bestimmte Gegenstände und Anlässe. Aus diesem gesetzlichen Zusammenhang folgt im Umkehrschluss, dass der einzelne Arbeitnehmer keinen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch darauf hat, zu den von diesen Vorschriften nicht erfassten Personalgesprächen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen(BAG 16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 112, 341).

15

2. Die Arbeitnehmer sind nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG berechtigt, ein von der Arbeitgeberin initiiertes Gespräch über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds zu führen. Dieser Gesprächsgegenstand betrifft die Berechnung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG, jedenfalls soweit die Tätigkeitsbeschreibung Grundlage der Entgeltfindung ist.

16

a) Nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann der Arbeitnehmer verlangen, dass ihm der Arbeitgeber die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Der Arbeitnehmer kann zu diesen Gesprächen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen(§ 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Zwar regelt die Vorschrift nur den Fall, dass die Initiative zu dem Gespräch über die dort genannten Gegenstände auf Verlangen des Arbeitnehmers erfolgt. Nach der Senatsrechtsprechung kommt es jedoch für den Anspruch auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht darauf an, wer den Anlass für das Gespräch gegeben oder dieses verlangt hat. Das Recht des Arbeitnehmers auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds wird daher nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber die Erörterung mit dem Arbeitnehmer sucht (16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 112, 341). Für den Anspruch nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG genügt es, wenn die Gesprächsgegenstände zumindest teilweise identisch mit den in § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Themen sind(BAG 24. April 1979 - 6 AZR 69/77 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 82 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 82 Nr. 1).

17

b) Arbeitsentgelt iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG ist die Vergütung, die der Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erhält oder zu beanspruchen hat. Deren Höhe hat der Arbeitgeber nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen für den jeweiligen Zeitabschnitt zu berechnen, sofern die Vergütung im Arbeitsvertrag nicht betragsmäßig bestimmt ist. Dies gilt nicht nur für die leistungsbezogenen Vergütungsbestandteile, sondern gleichermaßen für die Grundvergütung des Arbeitnehmers. Die Pflicht zur Erläuterung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG betrifft die für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen. Dieser soll die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts, über dessen Höhe der Arbeitgeber nach § 108 Abs. 1 GewO eine Abrechnung in Textform zu erstellen hat, auch inhaltlich nachvollziehen können. Hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung aus § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG erfüllt, ist er grundsätzlich zu einer erneuten Erläuterung erst verpflichtet, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände für den Vergütungsanspruch geändert haben.

18

c) Die Erläuterungspflicht aus § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG betrifft auch den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen, wenn sich die Vergütung des Arbeitnehmers nach einer tätigkeitsbezogenen Vergütungsordnung bestimmt.

19

aa) Ist auf das Arbeitsverhältnis ein tarifliches Vergütungsschema anwendbar, richtet sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach der Eingruppierung des Arbeitnehmers in diese Vergütungsordnung. Dieser hat aufgrund der Tarifautomatik regelmäßig einen Rechtsanspruch auf Zahlung der Vergütung der Vergütungsgruppe, deren Merkmale die von ihm auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies sind die Tätigkeiten, die ihm entweder im Arbeitsvertrag oder aufgrund des Arbeitsvertrags vom Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts übertragen worden sind. Sind diese Aufgaben in einer Tätigkeitsbeschreibung enthalten, stellt diese regelmäßig die Ausübung des Direktionsrechts bei der Bestimmung der Art der geschuldeten Arbeitsleistung dar. Die Erläuterung iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG umfasst die Darlegung der Gründe, die aus Sicht des Arbeitgebers zur Zuordnung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe des tariflichen Entgeltschemas geführt haben. Zu den maßgeblichen Beurteilungsgrundlagen, die Gegenstand der Erläuterung des Arbeitgebers sein können, gehören die Aufgaben, die dem Arbeitnehmer aus Sicht des Arbeitgebers übertragen worden sind. Diese sind die tatsächliche Beurteilungsgrundlage für seine Eingruppierungsentscheidung.

20

bb) Für dieses Ergebnis spricht auch der Normzweck des § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

21

Die Vorschrift verpflichtet die Arbeitsvertragsparteien zu einer Kommunikation über die in der Vorschrift bestimmten Gegenstände. Der Arbeitnehmer erhält die Möglichkeit, in einem direkten Gespräch mit dem Arbeitgeber für ihn wichtige Informationen zu erlangen sowie bereits im Vorfeld auf ihn betreffende Maßnahmen des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Die nach § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG gebotene Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts dient der Befriedung in dem für die Arbeitsvertragsparteien besonders wichtigen Bereich der Vergütung. Der Arbeitnehmer ist nach der Erläuterung der vom Arbeitgeber getroffenen Zuordnungsentscheidung in der Lage, dessen Sichtweise nachzuvollziehen und sich mit ihr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auseinanderzusetzen. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zugleich, die Sichtweise des Arbeitnehmers zur Kenntnis zu nehmen und in zukünftige Entscheidungen einzubeziehen.

22

cc) Der Arbeitnehmer kann eine Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG grundsätzlich erst verlangen, wenn der Arbeitgeber dessen Tätigkeit einer tariflichen Vergütungsgruppe zugeordnet hat. Vor diesem Zeitpunkt fehlt es an einer Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers, deren Inhalt dem Arbeitnehmer erläutert werden könnte. Der Wortlaut und der Normzweck der Vorschrift schließen es aber nicht aus, dass der Arbeitnehmer eine Erläuterung über die auszuübende Tätigkeit bereits im Vorfeld einer anstehenden Eingruppierungsentscheidung verlangen kann. Bei der Festlegung der Tätigkeitsinhalte handelt es sich um einen eigenständigen Verfahrensabschnitt im Rahmen der Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers. Ein Gespräch über eine vom Arbeitgeber erstellte Tätigkeitsbeschreibung ermöglicht es dem Arbeitnehmer, seine unterschiedliche Sichtweise über den Inhalt der ihm übertragenen Aufgaben vor deren Bewertung durch den Arbeitgeber geltend zu machen. Eine hierüber geführte Aussprache kann dazu beitragen, dass der Arbeitgeber die Zuordnungsentscheidung auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage vornimmt.

23

d) Danach betraf der von der Arbeitgeberin gegenüber ihren Arbeitnehmern geäußerte Gesprächswunsch über die von der Unternehmensberatung erstellten Tätigkeitsbeschreibungen die Berechnung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG. Mit diesen wollte die Arbeitgeberin die Eingruppierungsentscheidungen vorbereiten, die sie im Zusammenhang mit der bevorstehenden Einführung des ERA treffen musste. Zu der Aussprache über die Tätigkeitsbeschreibungen durften die Arbeitnehmer daher nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Federlin    

        

    Brunner    

                 

(1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen.

(2) Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2009 - 13 TaBV 1961/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Nachwirkung einer Gesamtbetriebsvereinbarung.

2

Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist eine für Normungsarbeit zuständige Einrichtung. Antragsteller ist der bei ihm gebildete Gesamtbetriebsrat. Bei dem Arbeitgeber galt seit 1975 eine zwischen den Beteiligten abgeschlossene „Betriebsvereinbarung Nr. 7 über die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen“ (BV Nr. 7). Diese sah ua. die Eingruppierung der Mitarbeiter in acht Gehaltsgruppen vor. Daneben schloss der Arbeitgeber mit dem Gesamtbetriebsrat am 15. Juni 2000 eine „Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung“ (BV Nr. 9). Nach dieser erhalten die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und nicht den Bestimmungen des BAT unterliegt, mit den Bezügen für den Monat November eine Sonderzahlung in Höhe von 100 % eines Bruttomonatsgehalts.

3

Mit Schreiben vom 30. Juni 2006 kündigte der Arbeitgeber die BV Nr. 7 und die BV Nr. 9 zum 31. Dezember 2006. Das Kündigungsschreiben enthielt einen Hinweis auf die beabsichtige Einführung eines moderneren und flexibleren Vergütungssystems, mit dem transparente Beurteilungskriterien geschaffen und eine leistungsorientierte Vergütung eingeführt werden sollten. In einer an alle Arbeitnehmer per E-Mail versandten Mitarbeiterinformation vom 6. November 2006 verdeutlichte der Arbeitgeber die Unterschiede zwischen der bisherigen Sonderzahlung und der von ihm in Aussicht genommenen Zuwendung. Diese sollte von der Erreichung unternehmensbezogener und individueller Ziele abhängig sein.

4

Nachdem zwischen den Beteiligten keine Einigung über die Einführung eines leistungsorientierten Vergütungssystems erzielt werden konnte, kam es durch Spruch der Einigungsstelle vom 21. Mai 2007 zu einer Neuregelung der Entlohnungsgrundsätze. Die nachfolgend von den Beteiligten über eine Neuregelung der jährlichen Zuwendung geführten Gespräche blieben ergebnislos.

5

Der Gesamtbetriebsrat hat geltend gemacht, der Arbeitgeber sei über das Jahr 2006 hinaus verpflichtet, eine betriebliche Sonderzahlung zu erbringen, da die BV Nr. 9 kraft Nachwirkung weiter gelte. Der Arbeitgeber habe diese freiwillige Leistung nicht vollständig einstellen, sondern nur nach einem anderen Leistungsplan verteilen wollen.

6

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,

        

1.    

den Arbeitgeber zu verpflichten, den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern für das Kalenderjahr 2007 eine betriebliche Sonderzahlung nach Maßgabe der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung in der Fassung vom 15. Juni 2000 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die zwischen den Beteiligten abgeschlossene Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung in der Fassung vom 15. Juni 2000 über das Jahr 2007 hinaus Nachwirkung entfaltet.

7

Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er hat gemeint, die BV Nr. 9 wirke nicht nach. Das von ihm angestrebte leistungsorientierte Vergütungssystem sei wegen seines unterschiedlichen Zwecks und seines Leistungsbezugs keine Nachfolgeregelung für die Sonderzahlung.

8

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats, mit der dieser zunächst seine ursprünglichen Anträge weiterverfolgt hat. In einem nach dem Anhörungstermin eingegangenen Schriftsatz hat der Gesamtbetriebsrat den Antrag zu 1 nach einem gerichtlichen Hinweis auf diejenigen Arbeitnehmer beschränkt, „deren Arbeitverhältnis … zum Stichtag 31. Dezember 2006 bereits bestand und über diesen Stichtag hinaus fortgeführt wurde“. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde ohne erneute Anhörung zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat den Antrag zu 1 in der zuletzt angekündigten Fassung und als Antrag zu 2 den ursprünglichen Feststellungsantrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge des Gesamtbetriebsrats zu Recht abgewiesen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die BV Nr. 9 über den 31. Dezember 2006 hinaus durchzuführen. Diese entfaltet ab dem 1. Januar 2007 keine Nachwirkung. Daher erweist sich auch der zu 2 gestellte Feststellungsantrag als unbegründet.

10

I. Die Anträge sind zulässig.

11

1. Der Antrag zu 1 fällt dem Senat nur in der vom Landesarbeitsgericht im tatbestandlichen Teil seines Beschlusses wiedergegebenen eingeschränkten Fassung zur Entscheidung an. Der Gesamtbetriebsrat hat seinen ursprünglich weiter gefassten Antrag zu 1 erst nach der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht eingeschränkt. Über diesen Antrag hat das Beschwerdegericht ohne erneute Anhörung entschieden. Mit dieser Verfahrensweise hat das Landesarbeitsgericht zwar gegen § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG iVm. § 90 Abs. 2 ArbGG verstoßen, weil eine Entscheidung über die geänderte Antragsfassung ohne Anhörung nur mit Einverständnis der Beteiligten zulässig gewesen wäre. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung bedurfte es aber nicht, da die Beteiligten insoweit keine Verfahrensrüge erhoben haben.

12

2. Der Gesamtbetriebsrat besitzt die erforderliche Antragsbefugnis.

13

a) Die Antragsbefugnis ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Sachentscheidungsvoraussetzung. Ihr Vorliegen ist noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Das Erfordernis dient dazu, Popularanträge auszuschließen. Die Arbeitsgerichte sollen nicht zur Verfolgung fremder Rechte angerufen werden. Voraussetzung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist grundsätzlich, dass der Antragsteller eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet. Dem Gesamtbetriebsrat fehlt daher die Antragsbefugnis in der Regel, wenn er ausschließlich Rechte der Arbeitnehmer reklamiert (BAG 20. April 2010 - 1 ABR 85/08 - Rn. 10 mwN, EzA BetrVG 2001 § 82 Nr. 2).

14

b) Der Antrag zu 1 ist ein Leistungsantrag. Er ist dahingehend auszulegen, dass der Gesamtbetriebsrat von dem Arbeitgeber die Durchführung der gekündigten BV Nr. 9 im Jahr 2007 verlangt. Der Gesamtbetriebsrat hat dazu in den Vorinstanzen geltend gemacht, der Arbeitgeber sei nach dem 31. Dezember 2006 aufgrund des betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zur Durchführung der nachwirkenden BV Nr. 9 verpflichtet. Auf dessen Inhalt bezieht sich auch der zu 2 erhobene Feststellungsantrag. Mit diesem begehrt der Gesamtbetriebsrat die Feststellung, dass die Regelungen der BV Nr. 9 auch nach dem 31. Dezember 2007 bei dem Arbeitgeber weiter gelten und die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der Betriebsparteien gestalten. Damit verfolgt der Gesamtbetriebsrat mit beiden Anträgen nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit.

15

3. Für den Antrag zu 2 besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Vom Antrag zu 2 ist die Feststellung umfasst, dass der Inhalt der BV Nr. 9 über den 31. Dezember 2007 hinaus weiter gilt und vom Arbeitgeber durchzuführen ist (BAG 21. August 2001 - 3 ABR 44/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 98, 354). Der Antrag bezieht sich daher auf das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis, über dessen Inhalt nach der Kündigung der BV Nr. 9 zwischen den Beteiligten Streit besteht und der durch die begehrte Feststellung beigelegt werden kann.

16

II. Die Anträge sind unbegründet. Die BV Nr. 9 hat aufgrund der Kündigung des Arbeitgebers am 31. Dezember 2006 geendet. Sie wirkt nicht gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG nach.

17

1. Die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers richtet sich nach § 77 Abs. 6 BetrVG.

18

a) Gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG gelten nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung deren Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Dies betrifft die Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung, zu denen auch das Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Lohngestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) gehört (BAG 10. November 2009 - 1 AZR 511/08 - Rn. 12). Betriebsvereinbarungen über Gegenstände, die nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, entfalten kraft Gesetzes keine Nachwirkung. Betriebsvereinbarungen mit teils erzwingbaren, teils freiwilligen Regelungen wirken grundsätzlich nur hinsichtlich der Gegenstände nach, die der zwingenden Mitbestimmung unterfallen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 14, BAGE 127, 297). Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Betriebsvereinbarung sinnvoll in einen nachwirkenden und einen nachwirkungslosen Teil aufspalten lässt. Andernfalls entfaltet zur Sicherung der Mitbestimmung die gesamte Betriebsvereinbarung Nachwirkung.

19

b) Betriebsvereinbarungen über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser ohne eine vertragliche oder sonstige rechtliche Verpflichtung erbringt, sind regelmäßig teilmitbestimmt. Während der Arbeitgeber den Dotierungsrahmen mitbestimmungsfrei vorgeben kann, bedarf er für die Ausgestaltung, also für den Verteilungs- und Leistungsplan, nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Die Nachwirkung derart teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen hängt im Falle ihrer Kündigung durch den Arbeitgeber davon ab, ob die finanziellen Leistungen ersatzlos beseitigt oder lediglich reduziert werden sollen.

20

aa) Will ein Arbeitgeber mit der Kündigung einer teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung seine finanziellen Leistungen vollständig und ersatzlos einstellen, tritt keine Nachwirkung ein (BAG 17. Januar 1995 - 1 ABR 29/94 - zu II A 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 54). Bei einer vollständigen Einstellung der Leistungen verbleiben keine Mittel, bei deren Verteilung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hätte. Sinn der Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG ist - zumindest auch - die Wahrung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte. Sind solche nicht betroffen, bedarf es der Nachwirkung nicht.

21

bb) Will der Arbeitgeber seine finanziellen Leistungen nicht völlig zum Erlöschen bringen, sondern mit der Kündigung einer Betriebsvereinbarung nur eine Verringerung des Volumens der insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel und zugleich eine Veränderung des Verteilungsplans erreichen, wirkt die Betriebsvereinbarung nach (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 127, 297). In diesem Fall verbleibt ein Finanzvolumen, bei dessen Verteilung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Das vom Arbeitgeber einmal zur Verfügung gestellte Finanzvolumen wird dadurch nicht unabänderlich perpetuiert. Vielmehr müssen die Betriebsparteien oder im Konfliktfall die Einigungsstelle das vom Arbeitgeber noch zur Verfügung gestellte Finanzvolumen als mitbestimmungsfreie Vorgabe zugrunde legen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c cc der Gründe mwN, BAGE 108, 299).

22

c) Ist ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden, kann er - kollektivrechtlich - das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung der Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen und für die Zukunft ändern. Mangels Tarifbindung leistet er in diesem Fall sämtliche Vergütungsbestandteile ohne hierzu normativ verpflichtet zu sein. Da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei fehlender Tarifbindung des Arbeitgebers nicht durch den Tarifvorbehalt in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen ist, hat der Arbeitgeber aber bei einer Änderung der bisher geltenden Entlohnungsgrundsätze die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 21 f., BAGE 127, 297). Will der nicht tarifgebundene Arbeitgeber in Vergütungsbestandteile eingreifen, die Teil einer betrieblichen Vergütungsordnung sind, bei deren Aufstellung und Veränderung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat, kann eine solche Maßnahme nur mit seiner Zustimmung oder einer sie ersetzenden Entscheidung einer Einigungsstelle(§ 87 Abs. 2 BetrVG) getroffen werden. Eine Änderung der Vergütungsstruktur liegt regelmäßig vor, wenn nur einer der mehreren Bestandteile, aus denen sich die Gesamtvergütung zusammensetzt, gestrichen, erhöht oder vermindert wird (vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 17 f., BAGE 117, 130).

23

d) Allerdings muss ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der über die Einführung einer zusätzlichen Vergütung und ihres Leistungszwecks ohne Beteiligung des Betriebsrats entscheiden kann, auch die Möglichkeit haben, sie vollständig zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitgeber mit den Mitteln des Kollektivrechts zur Beibehaltung einer finanziellen Leistung gezwungen werden, über deren Einführung er mitbestimmungsfrei entscheidet. Daher kann der nicht tarifgebundene Arbeitgeber eine in einer Betriebsvereinbarung geregelte finanzielle Leistung, die er ohne hierzu verpflichtet zu sein gewährt, durch die Kündigung dieser Betriebsvereinbarung beseitigen, wenn er in Zukunft für den von ihm festgelegten Leistungszweck keine Mittel mehr bereitstellen will. Die Einstellung unterliegt auch dann nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn der Wegfall der zuvor gewährten Leistung einen kollektiven Tatbestand betrifft, weil hinsichtlich der Vergütung die Verteilungsgerechtigkeit unter den zuvor anspruchsberechtigten Arbeitnehmern betroffen ist. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Arbeitgebers zur Fortführung der bisherigen Leistung fehlt es an einem Vergütungsvolumen, das Gegenstand einer verteilenden Entscheidung sein könnte. Dies setzt allerdings voraus, dass über diese Leistung eine gesonderte Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist und der Arbeitgeber die Einstellung des darin geregelten Vergütungsbestandteils in eindeutiger Form zum Ausdruck bringt.

24

aa) Der Arbeitgeber kann bei Vergütungsbestandteilen, die weder auf einer vertraglichen oder einer sonstigen Rechtsgrundlage beruhen, mitbestimmungsfrei über die Höhe der von ihm zur Verfügung gestellten Finanzmittel und über den Leistungszweck entscheiden. An diese Festlegungen ist nicht nur der Betriebsrat, sondern im Konfliktfall auch die Einigungsstelle gebunden. Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine solche zusätzliche Leistung keine Mittel mehr bereitzustellen, fehlt es an einer ausgestaltungsfähigen Verteilungsmasse. Darin liegt der Unterschied zu den Teilen der Gesamtvergütung, die ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage erbringen muss. Bei diesen kann er nicht über das „ob“ der Leistung frei entscheiden, sodass für ihre Ausgestaltung regelmäßig ein Gestaltungsraum besteht, der dem Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eröffnet.

25

bb) Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber kann einen Vergütungsbestandteil, der nicht auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage erbracht wird, nur mitbestimmungsfrei beseitigen, wenn er alleiniger Gegenstand der gekündigten Betriebsvereinbarung ist. Dies folgt aus dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 21, NZA 2010, 1243). Werden in einer Betriebsvereinbarung auch andere Vergütungsbestandteile geregelt, für die eine vertragliche oder gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers besteht, sind sämtliche Vergütungskomponenten Teil der Gesamtvergütung, bei deren Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Bei einer umfassenden Regelung des Entgeltsystems, in die neben zusätzlichen Leistungen auch Vergütungsbestandteile einbezogen sind, zu deren Erbringung der Arbeitgeber verpflichtet ist, kann eine rechtssichere Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang es wegen der vom Arbeitgeber ohne verpflichtenden Tatbestand zur Verfügung gestellten Leistungen zu einer Kompensation bei der Ausgestaltung des jeweiligen Entlohnungssystems gekommen ist, nicht erfolgen. Es ist naheliegend, dass der Betriebsrat im Hinblick auf die in Aussicht gestellten finanziellen Mittel seine Forderungen an anderer Stelle zurücknimmt. Würde die Betriebsvereinbarung nicht insgesamt nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter gelten, ginge dieses Verhandlungsergebnis zulasten der von der Nachwirkung betroffenen Arbeitnehmer. Die Entscheidung über den Wegfall einer zusätzlichen Leistung kann daher nur nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungsfrei sein, wenn diese in einer gesonderten Betriebsvereinbarung geregelt worden ist.

26

cc) Da die Nachwirkung einer solchen teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung ausschließlich von dem Willen des Arbeitgebers abhängt, die dort geregelte Leistung auch zukünftig zu erbringen, ist es aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geboten, dass sich der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat oder den begünstigten Arbeitnehmern über seine Vorstellungen hinsichtlich der zusätzlichen Leistung festlegt. Der Arbeitgeber muss eindeutig erklären, ob und ggf. in welcher Höhe nach dem Ablauf der Kündigungsfrist für den bisherigen Leistungszweck Mittel zur Verfügung stehen. Will der Arbeitgeber die Leistung nicht gänzlich einstellen, sondern lediglich das Finanzvolumen unter Beibehaltung des bisherigen Verteilungsplans reduzieren, hat er dies gleichermaßen mitzuteilen. Nur auf diese Weise können der Betriebsrat und die betroffenen Arbeitnehmer die Weitergeltung der bisher durch Betriebsvereinbarung gestalteten finanziellen Leistungen rechtssicher beurteilen, während andererseits der Arbeitgeber angehalten wird, sich mit den Auswirkungen seiner Entscheidung auf das betriebliche Zusammenleben auseinanderzusetzen. Eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG tritt nicht ein oder entfällt, wenn nach den Angaben des Arbeitgebers ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht in Betracht kommt. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, sich entweder gegenüber dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern über seine Vorstellungen über das weitere Schicksal der bisher in der Betriebsvereinbarung ausgestalteten Leistung zu erklären, wenn er den Eintritt der Rechtsfolgen aus § 77 Abs. 6 BetrVG vermeiden will. Diese Angaben können bereits mit der Kündigung der Betriebsvereinbarung verbunden werden. Es ist jedoch ausreichend, wenn die Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Bis zu deren Zugang wirkt der Inhalt einer teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung allerdings weiter.

27

2. Danach ist der Arbeitgeber nicht zur Durchführung der BV Nr. 9 verpflichtet, weil diese nicht über den 31. Dezember 2006 weiter gilt.

28

a) Die BV Nr. 9 ist durch das Schreiben des Arbeitgebers vom 30. Juni 2006 wirksam gekündigt worden. Dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit.

29

b) Die Voraussetzungen für eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG liegen nicht vor.

30

Alleiniger Gegenstand der BV Nr. 9 war die Zahlung einer an die Betriebszugehörigkeit gebundenen betrieblichen Sonderzahlung. Eine solche Zahlung konnten die begünstigten Arbeitnehmer nach ihren einzelvertraglichen Vereinbarungen nicht beanspruchen. Der Arbeitgeber hat sich auch entschieden, ab dem Kalenderjahr 2007 eine ausschließlich an die Betriebszugehörigkeit geknüpfte betriebliche Sonderzahlung nicht mehr zu erbringen. Diese Absicht hat er mit der gebotenen Eindeutigkeit in der an alle Arbeitnehmer am 6. November 2006 versandten Mitarbeiterinformation bekanntgegeben. In dieser hat er die Unterschiede zwischen der bisherigen Sonderzahlung und der von ihm in Aussicht genommenen Zuwendung dargestellt. Aus diesen Angaben war eindeutig erkennbar, dass die beabsichtigte Leistung nicht von der Betriebszugehörigkeit, sondern von einer Kombination von unternehmensbezogenen und individuellen Zielen abhängig sein sollte. Der beabsichtigte Übergang auf eine erfolgsabhängige Sonderzuwendung stellt sich entgegen der Auffassung des Betriebsrats auch nicht lediglich als eine Änderung des bisherigen Leistungsplans dar. Vielmehr hatte sich der Arbeitgeber unabhängig von der Einführung des in Aussicht gestellten Vergütungssystems zur Einstellung der bisherigen, an die Betriebszugehörigkeit anknüpfenden Sonderzahlung entschlossen.

31

3. Der zu 2 gestellte Feststellungsantrag ist schon deshalb unbegründet, weil der Inhalt der BV Nr. 9 nicht nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter gilt. Der Senat musste daher nicht entscheiden, ob der Betriebsrat überhaupt die Durchführung lediglich nachwirkender Bestimmungen verlangen kann (gleichfalls unentschieden in BAG 27. Oktober 1998 - 1 ABR 3/98 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 90, 76).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Berg    

        

    Zumpe    

                 

(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern;
2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern;
3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten;
4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern;
5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern;
6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern;
7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen;
8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern;
9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.

(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern;
2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern;
3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten;
4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern;
5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern;
6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern;
7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen;
8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern;
9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.

(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 89/10 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 22. September 2010 - 2 BV 2/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschlussformel wie folgt neu gefasst wird:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Sozialplans, der durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist. Diesen hat die Arbeitgeberin wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit fristgemäß angefochten und die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs begehrt.

2

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe den Sozialplan durchzuführen und nach Maßgabe des Einigungsstellenspruchs die Abfindungen zu berechnen und an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

3

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

4

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

5

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Durchführungsanspruch weiter. Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 ABR 85/11 - hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der sich diese gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs durch die Vorinstanzen gewandt hatte, zurückgewiesen.

6

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Unrecht abgewiesen.

7

I. Der Antrag bedarf der Auslegung.

8

Dem Wortlaut nach kann sich die vom Betriebsrat begehrte Durchführung des Sozialplans sowohl auf die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens, in dem die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans beantragt hat, beziehen als auch auf die Zeit danach. Gegen ein derart umfassendes Antragsverständnis spricht jedoch, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet. Nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind Beschlüsse der Arbeitsgerichte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorläufig vollstreckbar(vgl. GMP/Matthes ArbGG 7. Aufl. § 85 Rn. 5 f.). Mit seinem auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag geht es dem Betriebsrat jedoch nicht um die Verfolgung eigener vermögensrechtlicher Rechtspositionen, sondern um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Sozialplänen. Wie er in den Vorinstanzen klargestellt hat, verfolgt er nicht als Prozessstandschafter Vermögensansprüche der Beschäftigten, sondern verlangt aus eigenem Recht die Durchführung des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans. Da somit eine Vollstreckung des Durchführungsantrags erst mit Rechtskraft der Entscheidung in dem parallel geführten Verfahren über die Anfechtung des Sozialplans möglich ist, kann der Antrag gesetzeskonform nur so verstanden werden, dass er allein auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs nach rechtskräftiger Entscheidung über den auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag der Arbeitgeberin gerichtet ist.

9

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Berechnung der Abfindung nach Maßgabe der Sozialplanregelungen und deren Auszahlung an die berechtigten Arbeitnehmer.

10

III. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Wie die Antragsauslegung ergeben hat, verfolgt er nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer, er nimmt vielmehr für sich in Anspruch, aus eigenem Recht vom Arbeitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs verlangen zu können. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 14, BAGE 135, 382).

11

IV. Der ausgelegte Antrag ist begründet. Da durch Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren - 1 ABR 85/11 - der auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag der Arbeitgeberin im Ergebnis rechtskräftig abgewiesen wurde, kann der Betriebsrat von dieser gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dessen Durchführung verlangen(vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 16, BAGE 134, 249).

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. Juni 2008 - 3 TaBV 16/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über das Recht von Arbeitnehmern, zu einem Gespräch über eine Tätigkeitsbeschreibung ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

2

Die Arbeitgeberin wendet die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie des Landes Nordrhein-Westfalen an. Zum 1. Januar 2008 führte sie in ihrem Betrieb das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie NRW(ERA) ein. Zur Vorbereitung der nach § 3 Nr. 2 ERA-Einführungstarifvertrag NRW vom 18. Dezember 2003 erforderlichen Neubewertung der betrieblichen Aufgaben beauftragte sie eine Unternehmensberatung mit der Erstellung von Tätigkeitsbeschreibungen. In einem Rundschreiben vom 18. September 2007 und auf einer am 10. Oktober 2007 durchgeführten Betriebsversammlung kündigte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin eine Erörterung der Tätigkeitsbeschreibungen mit den Arbeitnehmern an, um gegebenenfalls gemeinsame Anpassungen vorzunehmen. Den Wunsch einzelner Arbeitnehmer, dieses Gespräch in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds zu führen, lehnte die Arbeitgeberin ab. Sie stellte die Arbeitnehmer vor die Alternative, das Gespräch entweder ohne ein Betriebsratsmitglied oder gar nicht zu führen.

3

Der Betriebsrat hat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt,

        

1.   

der Arbeitgeberin aufzugeben, es künftig zu unterlassen, den Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über die Beschreibung ihrer Tätigkeit, die als Grundlage für eine Ein- bzw. Umgruppierung dienen soll, zu verweigern, wenn die Mitarbeiter die Hinzuziehung wünschen,

        

2.   

der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend dem Antrag zu 1., ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, anzudrohen,

                 

hilfsweise

        

3.   

festzustellen, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, den Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über die Beschreibung ihrer Tätigkeit, die als Grundlage für eine Ein- bzw. Umgruppierung dienen soll, zu verweigern, wenn die Mitarbeiter/innen die Hinzuziehung wünschen.

4

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

5

Das Arbeitsgericht hat den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen und dem Feststellungsantrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag hinsichtlich des Hilfsantrags weiter.

6

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem allein noch anhängigen Feststellungsantrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Der Anspruch der Arbeitnehmer auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen folgt aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG.

7

I. Der Antrag ist zulässig.

8

1. Der Antrag ist dahingehend auszulegen, dass der Betriebsrat die Verpflichtung der Arbeitgeberin feststellen lassen möchte, dass die Arbeitnehmer berechtigt sind, zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

9

2. Der Betriebsrat besitzt die erforderliche Antragsbefugnis. Er ist befugt, die streitige, sich aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ergebende Rechtsposition der Arbeitnehmer im Verhältnis zur Arbeitgeberin feststellen zu lassen.

10

a) Die Antragsbefugnis ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Sachentscheidungsvoraussetzung. Ihr Vorliegen ist noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Das Erfordernis dient dazu, Popularanträge auszuschließen. Die Arbeitsgerichte sollen nicht zur Verfolgung fremder Rechte angerufen werden. Voraussetzung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist grundsätzlich, dass der Antragsteller eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet. Dem Betriebsrat fehlt daher die Antragsbefugnis in der Regel, wenn er ausschließlich Rechte der Arbeitnehmer reklamiert(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 20 f., AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 10).

11

b) Nach der Senatsrechtsprechung stellt der sich aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ergebende Anspruch der Arbeitnehmer auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds, auf den sich der Betriebsrat für sein Begehren beruft, für den Arbeitgeber eine Verpflichtung aus dem Betriebsverfassungsgesetz dar, bei deren grober Verletzung der Betriebsrat nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorgehen kann. Diesen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers kann der Betriebsrat aufgrund seiner Prozessstandschaft nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich feststellen lassen(16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 341).

12

3. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Die Arbeitgeberin bestreitet ihre Verpflichtung, bei Gesprächen über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen auf Wunsch der Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu gestatten. Es handelt sich um einen Konflikt, der auch nach der Einführung des ERA jederzeit erneut auftreten kann.

13

II. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitnehmer sind berechtigt, zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen.

14

1. Der Antrag ist nicht schon deshalb begründet, weil ein Arbeitnehmer unabhängig von dem beabsichtigten Gesprächsgegenstand berechtigt wäre, ein Betriebsratsmitglied zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber hinzuzuziehen. Dies ist nicht der Fall. Ein genereller Anspruch des Arbeitnehmers darauf, bei jedem mit dem Arbeitgeber geführten Gespräch ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen, folgt aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht. Vielmehr regeln § 81 Abs. 4 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2 und § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG das Recht des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds jeweils bezogen auf bestimmte Gegenstände und Anlässe. Aus diesem gesetzlichen Zusammenhang folgt im Umkehrschluss, dass der einzelne Arbeitnehmer keinen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch darauf hat, zu den von diesen Vorschriften nicht erfassten Personalgesprächen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen(BAG 16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 112, 341).

15

2. Die Arbeitnehmer sind nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG berechtigt, ein von der Arbeitgeberin initiiertes Gespräch über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds zu führen. Dieser Gesprächsgegenstand betrifft die Berechnung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG, jedenfalls soweit die Tätigkeitsbeschreibung Grundlage der Entgeltfindung ist.

16

a) Nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann der Arbeitnehmer verlangen, dass ihm der Arbeitgeber die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Der Arbeitnehmer kann zu diesen Gesprächen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen(§ 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Zwar regelt die Vorschrift nur den Fall, dass die Initiative zu dem Gespräch über die dort genannten Gegenstände auf Verlangen des Arbeitnehmers erfolgt. Nach der Senatsrechtsprechung kommt es jedoch für den Anspruch auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Gesprächen nach § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht darauf an, wer den Anlass für das Gespräch gegeben oder dieses verlangt hat. Das Recht des Arbeitnehmers auf Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds wird daher nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber die Erörterung mit dem Arbeitnehmer sucht (16. November 2004 - 1 ABR 53/03 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 112, 341). Für den Anspruch nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG genügt es, wenn die Gesprächsgegenstände zumindest teilweise identisch mit den in § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Themen sind(BAG 24. April 1979 - 6 AZR 69/77 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 82 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 82 Nr. 1).

17

b) Arbeitsentgelt iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG ist die Vergütung, die der Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erhält oder zu beanspruchen hat. Deren Höhe hat der Arbeitgeber nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen für den jeweiligen Zeitabschnitt zu berechnen, sofern die Vergütung im Arbeitsvertrag nicht betragsmäßig bestimmt ist. Dies gilt nicht nur für die leistungsbezogenen Vergütungsbestandteile, sondern gleichermaßen für die Grundvergütung des Arbeitnehmers. Die Pflicht zur Erläuterung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG betrifft die für den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen. Dieser soll die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts, über dessen Höhe der Arbeitgeber nach § 108 Abs. 1 GewO eine Abrechnung in Textform zu erstellen hat, auch inhaltlich nachvollziehen können. Hat der Arbeitgeber seine Verpflichtung aus § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG erfüllt, ist er grundsätzlich zu einer erneuten Erläuterung erst verpflichtet, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände für den Vergütungsanspruch geändert haben.

18

c) Die Erläuterungspflicht aus § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG betrifft auch den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen, wenn sich die Vergütung des Arbeitnehmers nach einer tätigkeitsbezogenen Vergütungsordnung bestimmt.

19

aa) Ist auf das Arbeitsverhältnis ein tarifliches Vergütungsschema anwendbar, richtet sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach der Eingruppierung des Arbeitnehmers in diese Vergütungsordnung. Dieser hat aufgrund der Tarifautomatik regelmäßig einen Rechtsanspruch auf Zahlung der Vergütung der Vergütungsgruppe, deren Merkmale die von ihm auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies sind die Tätigkeiten, die ihm entweder im Arbeitsvertrag oder aufgrund des Arbeitsvertrags vom Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts übertragen worden sind. Sind diese Aufgaben in einer Tätigkeitsbeschreibung enthalten, stellt diese regelmäßig die Ausübung des Direktionsrechts bei der Bestimmung der Art der geschuldeten Arbeitsleistung dar. Die Erläuterung iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG umfasst die Darlegung der Gründe, die aus Sicht des Arbeitgebers zur Zuordnung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Vergütungsgruppe des tariflichen Entgeltschemas geführt haben. Zu den maßgeblichen Beurteilungsgrundlagen, die Gegenstand der Erläuterung des Arbeitgebers sein können, gehören die Aufgaben, die dem Arbeitnehmer aus Sicht des Arbeitgebers übertragen worden sind. Diese sind die tatsächliche Beurteilungsgrundlage für seine Eingruppierungsentscheidung.

20

bb) Für dieses Ergebnis spricht auch der Normzweck des § 82 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

21

Die Vorschrift verpflichtet die Arbeitsvertragsparteien zu einer Kommunikation über die in der Vorschrift bestimmten Gegenstände. Der Arbeitnehmer erhält die Möglichkeit, in einem direkten Gespräch mit dem Arbeitgeber für ihn wichtige Informationen zu erlangen sowie bereits im Vorfeld auf ihn betreffende Maßnahmen des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Die nach § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG gebotene Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts dient der Befriedung in dem für die Arbeitsvertragsparteien besonders wichtigen Bereich der Vergütung. Der Arbeitnehmer ist nach der Erläuterung der vom Arbeitgeber getroffenen Zuordnungsentscheidung in der Lage, dessen Sichtweise nachzuvollziehen und sich mit ihr in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auseinanderzusetzen. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zugleich, die Sichtweise des Arbeitnehmers zur Kenntnis zu nehmen und in zukünftige Entscheidungen einzubeziehen.

22

cc) Der Arbeitnehmer kann eine Erläuterung der Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG grundsätzlich erst verlangen, wenn der Arbeitgeber dessen Tätigkeit einer tariflichen Vergütungsgruppe zugeordnet hat. Vor diesem Zeitpunkt fehlt es an einer Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers, deren Inhalt dem Arbeitnehmer erläutert werden könnte. Der Wortlaut und der Normzweck der Vorschrift schließen es aber nicht aus, dass der Arbeitnehmer eine Erläuterung über die auszuübende Tätigkeit bereits im Vorfeld einer anstehenden Eingruppierungsentscheidung verlangen kann. Bei der Festlegung der Tätigkeitsinhalte handelt es sich um einen eigenständigen Verfahrensabschnitt im Rahmen der Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers. Ein Gespräch über eine vom Arbeitgeber erstellte Tätigkeitsbeschreibung ermöglicht es dem Arbeitnehmer, seine unterschiedliche Sichtweise über den Inhalt der ihm übertragenen Aufgaben vor deren Bewertung durch den Arbeitgeber geltend zu machen. Eine hierüber geführte Aussprache kann dazu beitragen, dass der Arbeitgeber die Zuordnungsentscheidung auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage vornimmt.

23

d) Danach betraf der von der Arbeitgeberin gegenüber ihren Arbeitnehmern geäußerte Gesprächswunsch über die von der Unternehmensberatung erstellten Tätigkeitsbeschreibungen die Berechnung des Arbeitsentgelts iSd. § 82 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BetrVG. Mit diesen wollte die Arbeitgeberin die Eingruppierungsentscheidungen vorbereiten, die sie im Zusammenhang mit der bevorstehenden Einführung des ERA treffen musste. Zu der Aussprache über die Tätigkeitsbeschreibungen durften die Arbeitnehmer daher nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Federlin    

        

    Brunner    

                 

(1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen.

(2) Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2009 - 13 TaBV 1961/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Nachwirkung einer Gesamtbetriebsvereinbarung.

2

Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist eine für Normungsarbeit zuständige Einrichtung. Antragsteller ist der bei ihm gebildete Gesamtbetriebsrat. Bei dem Arbeitgeber galt seit 1975 eine zwischen den Beteiligten abgeschlossene „Betriebsvereinbarung Nr. 7 über die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen“ (BV Nr. 7). Diese sah ua. die Eingruppierung der Mitarbeiter in acht Gehaltsgruppen vor. Daneben schloss der Arbeitgeber mit dem Gesamtbetriebsrat am 15. Juni 2000 eine „Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung“ (BV Nr. 9). Nach dieser erhalten die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und nicht den Bestimmungen des BAT unterliegt, mit den Bezügen für den Monat November eine Sonderzahlung in Höhe von 100 % eines Bruttomonatsgehalts.

3

Mit Schreiben vom 30. Juni 2006 kündigte der Arbeitgeber die BV Nr. 7 und die BV Nr. 9 zum 31. Dezember 2006. Das Kündigungsschreiben enthielt einen Hinweis auf die beabsichtige Einführung eines moderneren und flexibleren Vergütungssystems, mit dem transparente Beurteilungskriterien geschaffen und eine leistungsorientierte Vergütung eingeführt werden sollten. In einer an alle Arbeitnehmer per E-Mail versandten Mitarbeiterinformation vom 6. November 2006 verdeutlichte der Arbeitgeber die Unterschiede zwischen der bisherigen Sonderzahlung und der von ihm in Aussicht genommenen Zuwendung. Diese sollte von der Erreichung unternehmensbezogener und individueller Ziele abhängig sein.

4

Nachdem zwischen den Beteiligten keine Einigung über die Einführung eines leistungsorientierten Vergütungssystems erzielt werden konnte, kam es durch Spruch der Einigungsstelle vom 21. Mai 2007 zu einer Neuregelung der Entlohnungsgrundsätze. Die nachfolgend von den Beteiligten über eine Neuregelung der jährlichen Zuwendung geführten Gespräche blieben ergebnislos.

5

Der Gesamtbetriebsrat hat geltend gemacht, der Arbeitgeber sei über das Jahr 2006 hinaus verpflichtet, eine betriebliche Sonderzahlung zu erbringen, da die BV Nr. 9 kraft Nachwirkung weiter gelte. Der Arbeitgeber habe diese freiwillige Leistung nicht vollständig einstellen, sondern nur nach einem anderen Leistungsplan verteilen wollen.

6

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,

        

1.    

den Arbeitgeber zu verpflichten, den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern für das Kalenderjahr 2007 eine betriebliche Sonderzahlung nach Maßgabe der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung in der Fassung vom 15. Juni 2000 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die zwischen den Beteiligten abgeschlossene Betriebsvereinbarung Nr. 9 über die betriebliche Sonderzahlung in der Fassung vom 15. Juni 2000 über das Jahr 2007 hinaus Nachwirkung entfaltet.

7

Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er hat gemeint, die BV Nr. 9 wirke nicht nach. Das von ihm angestrebte leistungsorientierte Vergütungssystem sei wegen seines unterschiedlichen Zwecks und seines Leistungsbezugs keine Nachfolgeregelung für die Sonderzahlung.

8

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats, mit der dieser zunächst seine ursprünglichen Anträge weiterverfolgt hat. In einem nach dem Anhörungstermin eingegangenen Schriftsatz hat der Gesamtbetriebsrat den Antrag zu 1 nach einem gerichtlichen Hinweis auf diejenigen Arbeitnehmer beschränkt, „deren Arbeitverhältnis … zum Stichtag 31. Dezember 2006 bereits bestand und über diesen Stichtag hinaus fortgeführt wurde“. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde ohne erneute Anhörung zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat den Antrag zu 1 in der zuletzt angekündigten Fassung und als Antrag zu 2 den ursprünglichen Feststellungsantrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge des Gesamtbetriebsrats zu Recht abgewiesen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die BV Nr. 9 über den 31. Dezember 2006 hinaus durchzuführen. Diese entfaltet ab dem 1. Januar 2007 keine Nachwirkung. Daher erweist sich auch der zu 2 gestellte Feststellungsantrag als unbegründet.

10

I. Die Anträge sind zulässig.

11

1. Der Antrag zu 1 fällt dem Senat nur in der vom Landesarbeitsgericht im tatbestandlichen Teil seines Beschlusses wiedergegebenen eingeschränkten Fassung zur Entscheidung an. Der Gesamtbetriebsrat hat seinen ursprünglich weiter gefassten Antrag zu 1 erst nach der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht eingeschränkt. Über diesen Antrag hat das Beschwerdegericht ohne erneute Anhörung entschieden. Mit dieser Verfahrensweise hat das Landesarbeitsgericht zwar gegen § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG iVm. § 90 Abs. 2 ArbGG verstoßen, weil eine Entscheidung über die geänderte Antragsfassung ohne Anhörung nur mit Einverständnis der Beteiligten zulässig gewesen wäre. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung bedurfte es aber nicht, da die Beteiligten insoweit keine Verfahrensrüge erhoben haben.

12

2. Der Gesamtbetriebsrat besitzt die erforderliche Antragsbefugnis.

13

a) Die Antragsbefugnis ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Sachentscheidungsvoraussetzung. Ihr Vorliegen ist noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Das Erfordernis dient dazu, Popularanträge auszuschließen. Die Arbeitsgerichte sollen nicht zur Verfolgung fremder Rechte angerufen werden. Voraussetzung der Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist grundsätzlich, dass der Antragsteller eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechte behauptet. Dem Gesamtbetriebsrat fehlt daher die Antragsbefugnis in der Regel, wenn er ausschließlich Rechte der Arbeitnehmer reklamiert (BAG 20. April 2010 - 1 ABR 85/08 - Rn. 10 mwN, EzA BetrVG 2001 § 82 Nr. 2).

14

b) Der Antrag zu 1 ist ein Leistungsantrag. Er ist dahingehend auszulegen, dass der Gesamtbetriebsrat von dem Arbeitgeber die Durchführung der gekündigten BV Nr. 9 im Jahr 2007 verlangt. Der Gesamtbetriebsrat hat dazu in den Vorinstanzen geltend gemacht, der Arbeitgeber sei nach dem 31. Dezember 2006 aufgrund des betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zur Durchführung der nachwirkenden BV Nr. 9 verpflichtet. Auf dessen Inhalt bezieht sich auch der zu 2 erhobene Feststellungsantrag. Mit diesem begehrt der Gesamtbetriebsrat die Feststellung, dass die Regelungen der BV Nr. 9 auch nach dem 31. Dezember 2007 bei dem Arbeitgeber weiter gelten und die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der Betriebsparteien gestalten. Damit verfolgt der Gesamtbetriebsrat mit beiden Anträgen nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit.

15

3. Für den Antrag zu 2 besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Vom Antrag zu 2 ist die Feststellung umfasst, dass der Inhalt der BV Nr. 9 über den 31. Dezember 2007 hinaus weiter gilt und vom Arbeitgeber durchzuführen ist (BAG 21. August 2001 - 3 ABR 44/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 98, 354). Der Antrag bezieht sich daher auf das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis, über dessen Inhalt nach der Kündigung der BV Nr. 9 zwischen den Beteiligten Streit besteht und der durch die begehrte Feststellung beigelegt werden kann.

16

II. Die Anträge sind unbegründet. Die BV Nr. 9 hat aufgrund der Kündigung des Arbeitgebers am 31. Dezember 2006 geendet. Sie wirkt nicht gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG nach.

17

1. Die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers richtet sich nach § 77 Abs. 6 BetrVG.

18

a) Gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG gelten nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung deren Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Dies betrifft die Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung, zu denen auch das Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Lohngestaltung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) gehört (BAG 10. November 2009 - 1 AZR 511/08 - Rn. 12). Betriebsvereinbarungen über Gegenstände, die nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, entfalten kraft Gesetzes keine Nachwirkung. Betriebsvereinbarungen mit teils erzwingbaren, teils freiwilligen Regelungen wirken grundsätzlich nur hinsichtlich der Gegenstände nach, die der zwingenden Mitbestimmung unterfallen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 14, BAGE 127, 297). Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Betriebsvereinbarung sinnvoll in einen nachwirkenden und einen nachwirkungslosen Teil aufspalten lässt. Andernfalls entfaltet zur Sicherung der Mitbestimmung die gesamte Betriebsvereinbarung Nachwirkung.

19

b) Betriebsvereinbarungen über finanzielle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser ohne eine vertragliche oder sonstige rechtliche Verpflichtung erbringt, sind regelmäßig teilmitbestimmt. Während der Arbeitgeber den Dotierungsrahmen mitbestimmungsfrei vorgeben kann, bedarf er für die Ausgestaltung, also für den Verteilungs- und Leistungsplan, nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Die Nachwirkung derart teilmitbestimmter Betriebsvereinbarungen hängt im Falle ihrer Kündigung durch den Arbeitgeber davon ab, ob die finanziellen Leistungen ersatzlos beseitigt oder lediglich reduziert werden sollen.

20

aa) Will ein Arbeitgeber mit der Kündigung einer teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung seine finanziellen Leistungen vollständig und ersatzlos einstellen, tritt keine Nachwirkung ein (BAG 17. Januar 1995 - 1 ABR 29/94 - zu II A 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Nachwirkung Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 54). Bei einer vollständigen Einstellung der Leistungen verbleiben keine Mittel, bei deren Verteilung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hätte. Sinn der Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG ist - zumindest auch - die Wahrung betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte. Sind solche nicht betroffen, bedarf es der Nachwirkung nicht.

21

bb) Will der Arbeitgeber seine finanziellen Leistungen nicht völlig zum Erlöschen bringen, sondern mit der Kündigung einer Betriebsvereinbarung nur eine Verringerung des Volumens der insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel und zugleich eine Veränderung des Verteilungsplans erreichen, wirkt die Betriebsvereinbarung nach (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 127, 297). In diesem Fall verbleibt ein Finanzvolumen, bei dessen Verteilung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Das vom Arbeitgeber einmal zur Verfügung gestellte Finanzvolumen wird dadurch nicht unabänderlich perpetuiert. Vielmehr müssen die Betriebsparteien oder im Konfliktfall die Einigungsstelle das vom Arbeitgeber noch zur Verfügung gestellte Finanzvolumen als mitbestimmungsfreie Vorgabe zugrunde legen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c cc der Gründe mwN, BAGE 108, 299).

22

c) Ist ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden, kann er - kollektivrechtlich - das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung der Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen und für die Zukunft ändern. Mangels Tarifbindung leistet er in diesem Fall sämtliche Vergütungsbestandteile ohne hierzu normativ verpflichtet zu sein. Da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei fehlender Tarifbindung des Arbeitgebers nicht durch den Tarifvorbehalt in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen ist, hat der Arbeitgeber aber bei einer Änderung der bisher geltenden Entlohnungsgrundsätze die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 21 f., BAGE 127, 297). Will der nicht tarifgebundene Arbeitgeber in Vergütungsbestandteile eingreifen, die Teil einer betrieblichen Vergütungsordnung sind, bei deren Aufstellung und Veränderung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat, kann eine solche Maßnahme nur mit seiner Zustimmung oder einer sie ersetzenden Entscheidung einer Einigungsstelle(§ 87 Abs. 2 BetrVG) getroffen werden. Eine Änderung der Vergütungsstruktur liegt regelmäßig vor, wenn nur einer der mehreren Bestandteile, aus denen sich die Gesamtvergütung zusammensetzt, gestrichen, erhöht oder vermindert wird (vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 17 f., BAGE 117, 130).

23

d) Allerdings muss ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber, der über die Einführung einer zusätzlichen Vergütung und ihres Leistungszwecks ohne Beteiligung des Betriebsrats entscheiden kann, auch die Möglichkeit haben, sie vollständig zu beseitigen. Andernfalls könnte der Arbeitgeber mit den Mitteln des Kollektivrechts zur Beibehaltung einer finanziellen Leistung gezwungen werden, über deren Einführung er mitbestimmungsfrei entscheidet. Daher kann der nicht tarifgebundene Arbeitgeber eine in einer Betriebsvereinbarung geregelte finanzielle Leistung, die er ohne hierzu verpflichtet zu sein gewährt, durch die Kündigung dieser Betriebsvereinbarung beseitigen, wenn er in Zukunft für den von ihm festgelegten Leistungszweck keine Mittel mehr bereitstellen will. Die Einstellung unterliegt auch dann nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn der Wegfall der zuvor gewährten Leistung einen kollektiven Tatbestand betrifft, weil hinsichtlich der Vergütung die Verteilungsgerechtigkeit unter den zuvor anspruchsberechtigten Arbeitnehmern betroffen ist. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Arbeitgebers zur Fortführung der bisherigen Leistung fehlt es an einem Vergütungsvolumen, das Gegenstand einer verteilenden Entscheidung sein könnte. Dies setzt allerdings voraus, dass über diese Leistung eine gesonderte Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist und der Arbeitgeber die Einstellung des darin geregelten Vergütungsbestandteils in eindeutiger Form zum Ausdruck bringt.

24

aa) Der Arbeitgeber kann bei Vergütungsbestandteilen, die weder auf einer vertraglichen oder einer sonstigen Rechtsgrundlage beruhen, mitbestimmungsfrei über die Höhe der von ihm zur Verfügung gestellten Finanzmittel und über den Leistungszweck entscheiden. An diese Festlegungen ist nicht nur der Betriebsrat, sondern im Konfliktfall auch die Einigungsstelle gebunden. Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine solche zusätzliche Leistung keine Mittel mehr bereitzustellen, fehlt es an einer ausgestaltungsfähigen Verteilungsmasse. Darin liegt der Unterschied zu den Teilen der Gesamtvergütung, die ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage erbringen muss. Bei diesen kann er nicht über das „ob“ der Leistung frei entscheiden, sodass für ihre Ausgestaltung regelmäßig ein Gestaltungsraum besteht, der dem Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eröffnet.

25

bb) Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber kann einen Vergütungsbestandteil, der nicht auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage erbracht wird, nur mitbestimmungsfrei beseitigen, wenn er alleiniger Gegenstand der gekündigten Betriebsvereinbarung ist. Dies folgt aus dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 21, NZA 2010, 1243). Werden in einer Betriebsvereinbarung auch andere Vergütungsbestandteile geregelt, für die eine vertragliche oder gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers besteht, sind sämtliche Vergütungskomponenten Teil der Gesamtvergütung, bei deren Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Bei einer umfassenden Regelung des Entgeltsystems, in die neben zusätzlichen Leistungen auch Vergütungsbestandteile einbezogen sind, zu deren Erbringung der Arbeitgeber verpflichtet ist, kann eine rechtssichere Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang es wegen der vom Arbeitgeber ohne verpflichtenden Tatbestand zur Verfügung gestellten Leistungen zu einer Kompensation bei der Ausgestaltung des jeweiligen Entlohnungssystems gekommen ist, nicht erfolgen. Es ist naheliegend, dass der Betriebsrat im Hinblick auf die in Aussicht gestellten finanziellen Mittel seine Forderungen an anderer Stelle zurücknimmt. Würde die Betriebsvereinbarung nicht insgesamt nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter gelten, ginge dieses Verhandlungsergebnis zulasten der von der Nachwirkung betroffenen Arbeitnehmer. Die Entscheidung über den Wegfall einer zusätzlichen Leistung kann daher nur nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungsfrei sein, wenn diese in einer gesonderten Betriebsvereinbarung geregelt worden ist.

26

cc) Da die Nachwirkung einer solchen teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung ausschließlich von dem Willen des Arbeitgebers abhängt, die dort geregelte Leistung auch zukünftig zu erbringen, ist es aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geboten, dass sich der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat oder den begünstigten Arbeitnehmern über seine Vorstellungen hinsichtlich der zusätzlichen Leistung festlegt. Der Arbeitgeber muss eindeutig erklären, ob und ggf. in welcher Höhe nach dem Ablauf der Kündigungsfrist für den bisherigen Leistungszweck Mittel zur Verfügung stehen. Will der Arbeitgeber die Leistung nicht gänzlich einstellen, sondern lediglich das Finanzvolumen unter Beibehaltung des bisherigen Verteilungsplans reduzieren, hat er dies gleichermaßen mitzuteilen. Nur auf diese Weise können der Betriebsrat und die betroffenen Arbeitnehmer die Weitergeltung der bisher durch Betriebsvereinbarung gestalteten finanziellen Leistungen rechtssicher beurteilen, während andererseits der Arbeitgeber angehalten wird, sich mit den Auswirkungen seiner Entscheidung auf das betriebliche Zusammenleben auseinanderzusetzen. Eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG tritt nicht ein oder entfällt, wenn nach den Angaben des Arbeitgebers ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht in Betracht kommt. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, sich entweder gegenüber dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern über seine Vorstellungen über das weitere Schicksal der bisher in der Betriebsvereinbarung ausgestalteten Leistung zu erklären, wenn er den Eintritt der Rechtsfolgen aus § 77 Abs. 6 BetrVG vermeiden will. Diese Angaben können bereits mit der Kündigung der Betriebsvereinbarung verbunden werden. Es ist jedoch ausreichend, wenn die Mitteilung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Bis zu deren Zugang wirkt der Inhalt einer teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung allerdings weiter.

27

2. Danach ist der Arbeitgeber nicht zur Durchführung der BV Nr. 9 verpflichtet, weil diese nicht über den 31. Dezember 2006 weiter gilt.

28

a) Die BV Nr. 9 ist durch das Schreiben des Arbeitgebers vom 30. Juni 2006 wirksam gekündigt worden. Dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit.

29

b) Die Voraussetzungen für eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG liegen nicht vor.

30

Alleiniger Gegenstand der BV Nr. 9 war die Zahlung einer an die Betriebszugehörigkeit gebundenen betrieblichen Sonderzahlung. Eine solche Zahlung konnten die begünstigten Arbeitnehmer nach ihren einzelvertraglichen Vereinbarungen nicht beanspruchen. Der Arbeitgeber hat sich auch entschieden, ab dem Kalenderjahr 2007 eine ausschließlich an die Betriebszugehörigkeit geknüpfte betriebliche Sonderzahlung nicht mehr zu erbringen. Diese Absicht hat er mit der gebotenen Eindeutigkeit in der an alle Arbeitnehmer am 6. November 2006 versandten Mitarbeiterinformation bekanntgegeben. In dieser hat er die Unterschiede zwischen der bisherigen Sonderzahlung und der von ihm in Aussicht genommenen Zuwendung dargestellt. Aus diesen Angaben war eindeutig erkennbar, dass die beabsichtigte Leistung nicht von der Betriebszugehörigkeit, sondern von einer Kombination von unternehmensbezogenen und individuellen Zielen abhängig sein sollte. Der beabsichtigte Übergang auf eine erfolgsabhängige Sonderzuwendung stellt sich entgegen der Auffassung des Betriebsrats auch nicht lediglich als eine Änderung des bisherigen Leistungsplans dar. Vielmehr hatte sich der Arbeitgeber unabhängig von der Einführung des in Aussicht gestellten Vergütungssystems zur Einstellung der bisherigen, an die Betriebszugehörigkeit anknüpfenden Sonderzahlung entschlossen.

31

3. Der zu 2 gestellte Feststellungsantrag ist schon deshalb unbegründet, weil der Inhalt der BV Nr. 9 nicht nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter gilt. Der Senat musste daher nicht entscheiden, ob der Betriebsrat überhaupt die Durchführung lediglich nachwirkender Bestimmungen verlangen kann (gleichfalls unentschieden in BAG 27. Oktober 1998 - 1 ABR 3/98 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 90, 76).

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Berg    

        

    Zumpe    

                 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 89/10 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 22. September 2010 - 2 BV 2/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschlussformel wie folgt neu gefasst wird:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Sozialplans, der durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist. Diesen hat die Arbeitgeberin wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit fristgemäß angefochten und die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs begehrt.

2

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe den Sozialplan durchzuführen und nach Maßgabe des Einigungsstellenspruchs die Abfindungen zu berechnen und an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

3

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

4

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

5

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Durchführungsanspruch weiter. Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 ABR 85/11 - hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der sich diese gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs durch die Vorinstanzen gewandt hatte, zurückgewiesen.

6

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Unrecht abgewiesen.

7

I. Der Antrag bedarf der Auslegung.

8

Dem Wortlaut nach kann sich die vom Betriebsrat begehrte Durchführung des Sozialplans sowohl auf die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens, in dem die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans beantragt hat, beziehen als auch auf die Zeit danach. Gegen ein derart umfassendes Antragsverständnis spricht jedoch, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet. Nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind Beschlüsse der Arbeitsgerichte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorläufig vollstreckbar(vgl. GMP/Matthes ArbGG 7. Aufl. § 85 Rn. 5 f.). Mit seinem auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag geht es dem Betriebsrat jedoch nicht um die Verfolgung eigener vermögensrechtlicher Rechtspositionen, sondern um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Sozialplänen. Wie er in den Vorinstanzen klargestellt hat, verfolgt er nicht als Prozessstandschafter Vermögensansprüche der Beschäftigten, sondern verlangt aus eigenem Recht die Durchführung des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans. Da somit eine Vollstreckung des Durchführungsantrags erst mit Rechtskraft der Entscheidung in dem parallel geführten Verfahren über die Anfechtung des Sozialplans möglich ist, kann der Antrag gesetzeskonform nur so verstanden werden, dass er allein auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs nach rechtskräftiger Entscheidung über den auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag der Arbeitgeberin gerichtet ist.

9

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Berechnung der Abfindung nach Maßgabe der Sozialplanregelungen und deren Auszahlung an die berechtigten Arbeitnehmer.

10

III. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Wie die Antragsauslegung ergeben hat, verfolgt er nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer, er nimmt vielmehr für sich in Anspruch, aus eigenem Recht vom Arbeitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs verlangen zu können. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 14, BAGE 135, 382).

11

IV. Der ausgelegte Antrag ist begründet. Da durch Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren - 1 ABR 85/11 - der auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag der Arbeitgeberin im Ergebnis rechtskräftig abgewiesen wurde, kann der Betriebsrat von dieser gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dessen Durchführung verlangen(vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 16, BAGE 134, 249).

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 11. April 2012 - 11 TaBV 18/12 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über Beteiligungsrechte der bei einer kirchlichen Arbeitgeberin gebildeten Schwerbehindertenvertretung im Zusammenhang mit der Abmahnung einer schwerbehinderten Mitarbeiterin. Die Arbeitgeberin stellt bereits die Zuständigkeit der von der Schwerbehindertenvertretung angerufenen staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit in Abrede.

2

Die Arbeitgeberin betreibt das Krankenhaus B in München. Bei ihr gilt die Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese München und Freising vom 1. Juli 2004 in der Fassung vom 1. Dezember 2011 (MAVO). In § 2 Nr. 2 der ebenfalls anwendbaren Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) heißt es:

        

„Die kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen sind ferner zuständig für Rechtsstreitigkeiten aus dem Mitarbeitervertretungsrecht …“

3

Die MAVO regelt in § 28a zu „Aufgaben und Beteiligung der Mitarbeitervertretung zum Schutz schwerbehinderter Menschen“ ua.:

        

„(1)   

Die Mitarbeitervertretung fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen. Sie achtet darauf, dass die dem Dienstgeber nach §§ 71, 72, 81, 83 und 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden und wirkt auf die Wahl einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hin.

        

(2)     

Der Dienstgeber trifft mit der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Mitarbeitervertretung in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten des Dienstgebers gemäß § 98 SGB IX eine verbindliche Integrationsvereinbarung.

                 

…       

        

(3)     

Treten ernsthafte Schwierigkeiten in einem Beschäftigungsverhältnis einer schwerbehinderten Mitarbeiterin oder eines schwerbehinderten Mitarbeiters auf, die dieses Beschäftigungsverhältnis gefährden können, sind zunächst unter möglichst frühzeitiger Einschaltung des Beauftragten des Dienstgebers nach § 98 SGB IX, der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Mitarbeitervertretung sowie des Integrationsamtes alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.“

4

§ 52 MAVO enthält zur „Mitwirkung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ ua. folgende Regelungen:

        

„(2)   

Der Dienstgeber hat die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Ist dies bei einem Beschluss der Mitarbeitervertretung nicht geschehen oder erachtet die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Beschluss der Mitarbeitervertretung als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen schwerbehinderter Menschen, wird auf ihren Antrag der Beschluss für die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung ausgesetzt. Durch die Aussetzung wird eine Frist nicht verlängert.

        

…       

        
        

(5)     

Für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten die §§ 15 bis 20 entsprechend. Weitergehende persönliche Rechte und Pflichten, die sich aus den Bestimmungen des SGB IX ergeben, bleiben hiervon unberührt.“

5

In § 17 Abs. 1 MAVO heißt es:

        

„Der Dienstgeber trägt die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen. …“

6

Am 24. August 2011 richtete die Arbeitgeberin unter dem Betreff „Anhörung zu Beschwerden gemäß § 6 Abs. 3 AT zu den AVR“ ein Schreiben an die medizinisch-technische Radiologie-Assistentin S, die mit einem GdB von 50 schwerbehindert ist. Darin hielt sie der Mitarbeiterin vor, ihren Dienst am 18. August 2011 42 Minuten zu spät aufgenommen zu haben. Gleichzeitig übermittelte die Arbeitgeberin der Schwerbehindertenvertretung eine Kopie dieses Schreibens und gab ihr - wie auch der abzumahnenden Mitarbeiterin - Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 1. September 2011.

7

Mit Schreiben vom 26. August 2011 rügte die Schwerbehindertenvertretung, die Unterrichtung sei unter Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO und § 84 Abs. 1 SGB IX erfolgt. Wörtlich führte die Vertrauensperson der Schwerbehinderten aus:

        

„Daher setze ich hiermit das (Anhörungs-)Verfahren zur beabsichtigten Abmahnung von Frau S

        

nach § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aus            

        

und bitte um entsprechende Bestätigung bis zum

        

29.08.2011/ 12:00 Uhr            

        

zu meinen Händen.“

8

Nachdem die Arbeitgeberin unter dem 29. August 2011 mitgeteilt hatte, dass aus ihrer Sicht kein Aussetzungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bestehe, verfolgte die Schwerbehindertenvertretung ihr Begehren, das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten Abmahnung auszusetzen, im einstweiligen Verfügungsverfahren. Erstinstanzlich hatte ihr Antrag keinen Erfolg. Nach Ausspruch der Abmahnung wurde dieses Verfahren in der Beschwerdeinstanz für erledigt erklärt.

9

Im vorliegenden Verfahren hat die Schwerbehindertenvertretung weiterhin die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe ihre Rechte aus § 95 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 SGB IX und § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO verletzt und sei außerdem zur Übernahme der anfallenden Kosten verpflichtet. Für die Entscheidung seien die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen zuständig.

10

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Die Abmahnung der schwerbehinderten Mitarbeiterin Frau S, medizinisch-technische-radiologische Assistentin (MTRA) im Krankenhaus B vom 9. September 2011 wird mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ausgesetzt;

        

2.    

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin (Beklagte) gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, § 52 Abs. 2 Satz 1 MAVO verstoßen hat, indem sie der Antragsgegnerin nicht unverzüglich ihre Entscheidung, die sie nach der stattgefundenen mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht München, Az.: 19 Ga 181/11 am 8. September 2011 getroffen hat, die Abmahnung von Frau S am/vom 9. September 2011 auszusprechen, mitgeteilt hat;

        

3.    

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin (Beklagte) gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, indem sie das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten Abmahnung von Frau S, medizinisch-technische-radiologische Assistentin (MTRA) im Krankenhaus B trotz Aussetzung durch die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. August 2011 fortgeführt hat und die Abmahnung vom 9. September 2011 ausgesprochen hat;

        

4.    

festzustellen, dass die Kosten der Beauftragung des Unterzeichners in diesem Verfahren erforderlich sind.

11

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, zur Entscheidung sei ausschließlich die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit berufen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihre Anträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

13

B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Anträge der Schwerbehindertenvertretung sind unzulässig. Die angerufene staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit ist zwar entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zur Entscheidung über die Anträge berufen, soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliche Rechtsnormen stützt. Die Anträge erweisen sich jedoch insoweit aus anderen Gründen als unzulässig. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf die MAVO stützt, fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der staatlichen Gerichte.

14

I. Der Senat hat die rechtliche Existenz der Schwerbehindertenvertretung für die Rechtsmittel- und Antragsbefugnis in vorliegendem Verfahren als qualifizierte Sachentscheidungsvoraussetzung zu unterstellen. Er muss deshalb nicht der Frage nachgehen, welche materiell-rechtlichen Folgen sich daraus ergeben, dass das SGB IX - jedenfalls ausdrücklich - eine Schwerbehindertenvertretung für Einrichtungen kirchlicher Arbeitgeber nicht vorsieht, § 52 Abs. 1 MAVO aber von einer „entsprechend den Vorschriften des SGB IX“ gewählten Vertrauensperson ausgeht.

15

II. Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist im vorliegenden Fall eröffnet, soweit die Beteiligten um die Anwendung staatlichen Rechts streiten. Soweit dagegen Ansprüche auf die MAVO gestützt werden, ist die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Nr. 2 KAGO gegeben; insoweit sind die Anträge wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

16

1. Einer Rechtswegprüfung durch den Senat stehen § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17a Abs. 5 GVG nicht entgegen. § 17a Abs. 5 GVG bestimmt nur das Verhältnis der verschiedenen staatlichen Gerichtsbarkeiten untereinander. Das Verhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu den von einer Kirche im Rahmen ihrer Selbstbestimmung errichteten Kirchengerichten regelt die Vorschrift nicht (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 22; BVerwG 28. April 1994 - 2 C 23.92 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 95, 379).

17

2. Die Zuständigkeit der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit folgt nicht bereits aus § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Danach sind die Gerichte für Arbeitssachen zwar ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 SGB IX. Die Vorschrift regelt aber ebenfalls nur den Rechtsweg innerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit, nicht dagegen die Zuständigkeit der staatlichen im Verhältnis zur kirchlichen Gerichtsbarkeit.

18

3. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliches Recht stützt, sind die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung berufen.

19

a) Die staatlichen Gerichte sind für die Entscheidung über sämtliche Ansprüche aus staatlichem Recht zuständig, während die kirchliche Arbeitsgerichtsbarkeit über Ansprüche zu entscheiden hat, die sich ausschließlich nach kirchlichem Recht richten.

20

aa) Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz umfasst alle Rechtsfragen, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richtet. Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung hat sowohl gegen als auch zugunsten der Kirchen und Glaubensgemeinschaften in gleicher Weise wie für und gegen alle Rechtssubjekte auf dem Staatsgebiet zu gelten, und zwar selbst dann, wenn bei der Anwendung staatlicher Rechtssätze glaubensgemeinschaftliche Vorfragen zu klären sind. Das verfassungsrechtlich garantierte kirchliche Bestimmungsrecht (Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV), das den Schranken des für alle geltenden Gesetzes unterliegt, bedingt keine Freistellung von staatlicher Justizhoheit. Die Justizgewährungspflicht hängt weder davon ab, ob die Kirche oder Glaubensgemeinschaft die Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit eigens kirchenrechtlich begründet hat, noch davon, ob der Staat mit einer ihm ausdrücklich oder stillschweigend „angedienten“ Jurisdiktion ausdrücklich „einverstanden“ ist. Die staatliche Gerichtsbarkeit kann einer Entscheidung auch nicht deswegen ausweichen, weil die Rechtsfrage den kirchlich autonomen Bereich, wie etwa den der Organisations- und Ämterhoheit, betrifft. Denn auch dieser ist nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV in die staatliche Rechtsordnung eingebunden. Ob eine zum Kernbereich des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gehörende Maßnahme oder Entscheidung mit den Grundprinzipien der Rechtsordnung vereinbar ist, beurteilt sich nach staatlichem Recht, für das nur die staatlichen Gerichte zur Entscheidung berufen sind (vgl. BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 154, 306). Geht es um die Anwendung staatlichen Rechts, müssen die staatlichen Gerichte auch das entscheidungserhebliche kirchliche Recht anwenden. In diesen Fällen sind die kirchlichen Gerichte zu einer auch für die staatlichen Gerichte verbindlichen eigenen Auslegung nur befugt, wenn die Kirche sich eine Vorfragenkompetenz vorbehält (vgl. BAG 11. November 2008 - 1 AZR 646/07 - Rn. 9).

21

bb) Das Rechtsschutzbedürfnis zur Anrufung staatlicher Gerichte kann dagegen fehlen, wenn es in innerkirchlichen Angelegenheiten ausschließlich um die Anwendung kirchlichen Rechts geht, für entsprechende Streitigkeiten durch die Anrufung kircheneigener Gerichte oder Schlichtungsgremien ein Rechtsweg geschaffen und von ihm ein effektiver Rechtsschutz zu erwarten ist (vgl. BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 154, 306).

22

(1) Die Zuständigkeit der kirchlichen Gerichtsbarkeit ist eröffnet, soweit es um die Anwendung kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts geht. Darüber haben die staatlichen Gerichte nicht zu entscheiden. Dies folgt aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV und findet seinen einfachgesetzlichen Ausdruck in § 118 Abs. 2 BetrVG, § 112 BPersVG(vgl. BAG 11. November 2008 - 1 AZR 646/07 - Rn. 9).

23

(2) Das kirchliche Selbstverwaltungsrecht umschließt die Befugnis, Möglichkeiten zu schaffen, innerkirchliche Streitigkeiten in Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis durch die Anrufung eigener Gerichte oder Schlichtungsgremien beizulegen. Indem Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV den Kirchen und Glaubensgemeinschaften die selbstständige Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten in den Grenzen der allgemeinen Gesetze gewährleistet, schränkt die Verfassung zwar nicht die Justizgewährungspflicht ein, wohl aber den Maßstab der Justiziabilität. Ist ein solcher Rechtsweg für kirchenrechtliche Bestimmungen geschaffen und von ihm effektiver Rechtsschutz auch zu erwarten, dürfen staatliche Gerichte nicht - oder jedenfalls nicht vor Ausschöpfung des kirchlichen Rechtswegs - entscheiden (vgl. BAG 25. April 1989 - 1 ABR 88/87 - zu B 2, 3 der Gründe, BAGE 61, 376; BGH 28. März 2003 - V ZR 261/02 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 154, 306).

24

cc) Parallele Zuständigkeiten der kirchlichen und der staatlichen Gerichtsbarkeit können sich ergeben, wenn der Antragsteller ein bestimmtes Rechtsschutzziel sowohl auf eine kirchliche als auch auf eine staatliche Rechtsgrundlage stützt. Etwas anderes folgt nicht aus § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In entsprechender Geltung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG kommt damit den Gerichten für Arbeitssachen ggf. eine verfahrensüberschreitende Sachentscheidungskompetenz zu, wenn Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist (BAG 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 47; BGH 27. November 2013 - III ZB 59/13 - Rn. 14 mwN, BGHZ 199, 159). Die Bestimmungen des § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. §§ 17 bis 17b GVG regeln aber nur das Verhältnis der verschiedenen staatlichen (fachgerichtlichen) Rechtswege untereinander, nicht dagegen das Verhältnis der staatlichen Gerichtsbarkeit zu den von einer Kirche im Rahmen ihrer Selbstbestimmung(Art. 140 GG, Art. 137 WRV) errichteten Kirchengerichten (vgl. zu § 17a Abs. 5 GVG: BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 22; BVerwG 28. April 1994 - 2 C 23.92 - zu 2 der Gründe, BVerwGE 95, 379).

25

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidungsbefugnis der staatlichen Gerichte zu Unrecht verneint, soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf staatliches Recht stützt; das betrifft die Anträge zu 1. und 3. sowie teilweise den Antrag zu 2. Soweit die Schwerbehindertenvertretung ihre Ansprüche auf die MAVO stützt, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit; das betrifft den Antrag zu 4. sowie teilweise den Antrag zu 2.

26

aa) Den Antrag zu 1., mit dem die Abmahnung der Frau S „mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ausgesetzt“ werden soll, stützt die Schwerbehindertenvertretung auf § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. In der kirchlichen MAVO ist auch nicht etwa das gesamte staatliche Recht der Schwerbehindertenvertretung uneingeschränkt inkorporiert. Die MAVO regelt das Schwerbehindertenvertretungsrecht in den §§ 28a, 52 MAVO eigenständig und nimmt dabei staatliches Recht nur punktuell in Bezug. Dieses Regelungskonzept wird durch § 52 Abs. 1 Satz 1 MAVO deutlich. Danach wird die Vertrauensperson „entsprechend“ den Vorschriften des SGB IX gewählt. Zudem verweist § 52 Abs. 5 Satz 2 MAVO ergänzend auf die Bestimmungen des SGB IX zu den persönlichen Rechten und Pflichten der Vertrauensperson. Darin liegt keine generelle, sondern nur eine punktuelle Übernahme des staatlichen Schwerbehindertenrechts. Mit § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO hat der kirchliche Gesetzgeber zudem eine gegenüber dem staatlichen Recht in § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX eigenständige Regelung getroffen. § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX regelt die Möglichkeit, die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung, die einen schwerbehinderten Menschen betrifft, auszusetzen und die Beteiligung binnen sieben Tagen nachzuholen. Damit geht die staatliche Regelung, auf die sich die Schwerbehindertenvertretung beruft, über § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO hinaus, der lediglich die Aussetzung eines Beschlusses der Mitarbeitervertretung vorsieht. Für den Antrag zu 1. sind daher die staatlichen Gerichte entscheidungsbefugt.

27

bb) Die staatlichen Gerichte sind auch zur Entscheidung berufen, soweit die Schwerbehindertenvertretung den Antrag zu 2. auf eine Verletzung von § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stützt.

28

cc) Mit dem Antrag zu 3. macht die Schwerbehindertenvertretung einen Verstoß der Arbeitgeberin gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX geltend. Auch insoweit sind die staatlichen Gerichte entscheidungsbefugt.

29

dd) Soweit die Schwerbehindertenvertretung den Antrag zu 2. auch auf einen Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 2 MAVO und den Antrag zu 4. auf § 17 Abs. 1 MAVO stützt, fehlt es dagegen am Rechtsschutzbedürfnis. Die Prüfung der mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsgrundlagen hat ausschließlich durch die kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen zu erfolgen, die nach § 2 Nr. 2 KAGO unter anderem zuständig sind für Rechtsstreitigkeiten „aus dem Mitarbeitervertretungsrecht“. Dazu gehören auch diejenigen des Schwerbehindertenvertretungsrechts, soweit dieses Teil der Mitarbeitervertretungsordnung ist. Die Vertrauensperson vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in dem Betrieb oder der Dienststelle nach Maßgabe der in §§ 28a, 52 MAVO enthaltenen Regelungen. Sie ist das gewählte Vertretungsorgan der schwerbehinderten Mitarbeiter/innen des Betriebs.

30

(1) Das von der Arbeitgeberin betriebene Krankenhaus ist eine karitative Einrichtung der katholischen Kirche, die das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV für sich in Anspruch nehmen kann. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

31

(a) Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht kommt nicht nur den Religionsgesellschaften und deren rechtlich selbstständigen Teilen zugute, sondern allen der verfassten Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. BVerfG 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - [KrankenhausG-NRW] zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 53, 366; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 56, BAGE 143, 354). Die notwendige institutionelle Verbindung liegt vor, wenn die Kirche über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können (für die Zuordnung zu § 118 Abs. 2 BetrVG: BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 100). Orden sind Träger des von den Religionsgesellschaften vermittelten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, da sie organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbunden sind und ihr Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält (vgl. BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - [Betriebsratsarbeit im katholischen Krankenhaus] zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 46, 73; BAG 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 - zu II 3 b bb (3) der Gründe).

32

(b) Das von der Arbeitgeberin betriebene Krankenhaus ist institutionell mit der verfassten katholischen Kirche verbunden. Die Arbeitgeberin, deren Alleingesellschafterin sowie der hinter dieser stehende Orden verfolgen das Ziel, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen. Unter „Gegenstand des Unternehmens“ heißt es im Handelsregisterauszug für die Arbeitgeberin ua., gemäß Werk und Leitbildern des Ordens B sei die vom christlichen Verantwortungsbewusstsein getragene Hilfe für den notleidenden Menschen Richtschnur des Handelns. Zweck der Gesellschaft sei die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitspflege, die Förderung der Religion und Kirche, von Wissenschaft und Forschung sowie des Wohlfahrtswesens.

33

(2) Anhaltspunkte dafür, dass der nach § 2 Nr. 2 KAGO eröffnete kirchliche Rechtsweg keinen effektiven, rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Rechtsschutz gewährleisten könnte und aus diesem Grund die staatliche Gerichtsbarkeit zur Entscheidung berufen wäre, sind nicht ersichtlich. Nach § 17 Nr. 1 KAGO sind die Richter der kirchlichen Arbeitsgerichtsbarkeit von Weisungen unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden. Rechtliches Gehör wird gewährleistet, §§ 31, 32, 38 KAGO. Über Beratung und Abstimmung ist Stillschweigen zu wahren, § 42 Nr. 3 KAGO. Nach § 43 Nr. 1 KAGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind nach §§ 53, 54 KAGO möglich.

34

III. Soweit das Landesarbeitsgericht die Entscheidungsbefugnis der staatlichen Gerichte zu Unrecht verneint hat, erweist sich seine die Anträge abweisende Entscheidung aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Anträge zu 1. und 3. sowie der auf staatliches Recht gestützte Antrag zu 2. sind unzulässig.

35

1. Der Antrag zu 1. ist nicht hinreichend bestimmt.

36

a) Nach der im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN; 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 21). Dabei sind Anträge vom Gericht möglichst so auszulegen, dass sie die vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung zulassen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 42/08 - Rn. 13 mwN, BAGE 131, 225).

37

b) Diesen Anforderungen genügt der Antrag zu 1. nicht. Das damit verfolgte Begehren, die Abmahnung „mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung der Vertrauensperson und Durchführung des Klärungsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX“ auszusetzen, lässt nicht hinreichend erkennen, welches konkrete Tun oder Unterlassen der Arbeitgeberin aufgegeben werden oder welche rechtsgestaltende oder feststellende Entscheidung das Gericht treffen soll. Eine einmal ausgesprochene Abmahnung kann nicht mehr „ausgesetzt“ werden. Hat der Arbeitgeber eine Maßnahme durchgeführt und - wie hier - durch den Zugang der Abmahnung bei der Arbeitnehmerin vollzogen, läuft das Aussetzungsrecht ins Leere (vgl. Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 95 Rn. 61; Kleinebrink FA 2012, 194, 195; Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 95 Rn. 16; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 95 Rn. 26).

38

2. Der Antrag zu 2. genügt - soweit er auf staatliches Recht gestützt wird - nicht den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO.

39

a) Nach dem im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen richterlichen Entscheidung hat(vgl. zB BAG 24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15, BAGE 122, 121). Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 ABR 73/10 - Rn. 35 mwN, BAGE 140, 277). So ist etwa die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage (vgl. BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 21 mwN, BAGE 131, 176; 4. Dezember 2013 - 7 ABR 7/12 - Rn. 18).

40

b) Hiernach ist der Antrag zu 2. nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Die Schwerbehindertenvertretung will mit dem Antrag feststellen lassen, dass die Arbeitgeberin durch ein bestimmtes Verhalten gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verstoßen habe. Damit zielt der Antrag auf die Dokumentation einer in der Vergangenheit liegenden Tatsache und deren rechtliche Bewertung, nicht dagegen auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Im Übrigen ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, inwiefern die Schwerbehindertenvertretung ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.

41

3. Auch der Antrag zu 3., mit dem die Feststellung begehrt wird, dass die Arbeitgeberin gegen § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX verstoßen hat, indem sie das Anhörungsverfahren trotz Aussetzung der Abmahnung durch die Schwerbehindertenvertretung fortgeführt und die Abmahnung ausgesprochen habe, ist nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Im Übrigen fehlt es auch insofern an der erforderlichen Darlegung des Feststellungsinteresses.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel     

        

        

        

    Hansen     

        

    Auhuber     

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2010 - 10 TaBV 26/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei Betriebsratsmitglieder für eine in Erfurt stattfindende Schulung „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sind und die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen.

2

Die zu 5. beteiligte Arbeitgeberin betreibt Möbel- und Einrichtungshäuser. Sie beschäftigt etwa 1.500 Arbeitnehmer an verschiedenen Standorten. Am Standort P, an dem sich die Zentralverwaltung des Unternehmens befindet, sind für die Arbeitgeberin ca. 300 Arbeitnehmer tätig. Für diesen Betrieb ist ein neunköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller zu 1., errichtet. Die Antragsteller zu 2. und 3. sind Mitglieder des am 20. Mai 2010 gewählten Gremiums. Sie gehörten schon dem in der vergangenen Wahlperiode gebildeten Betriebsrat an.

3

Dem Betriebsrat stehen Kommentare des Betriebsverfassungsgesetzes, Gesamtdarstellungen des Arbeitsrechts, die Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ und eine aktuelle Auflage des Werks „Rechtsprechung zum Arbeitsrecht von A bis Z“ zur Verfügung. Die Arbeitgeberin überlässt ihm einen Computer mit Internetanschluss, um seine Aufgaben zu erledigen.

4

Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchten in der Vergangenheit die Seminare „Arbeitsrecht I“, „Arbeitsrecht II“ und „Arbeitsrecht III“, „BR I“, „BR II“ und „BR III“, „Lohn/Gehalt“ und „Wirtschaftsausschuss“.

5

Zwischen den Beteiligten besteht seit längerer Zeit Streit darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, mehrere Mitglieder des Betriebsrats für das in Erfurt stattfindende Seminar des P-Instituts „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen sowie die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen. Es handelt sich um ein Wochenseminar, das vom Veranstalter mehrfach im Jahr in Erfurt angeboten wird. Die Seminarthemen beziehen sich jeweils auf aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Die Entscheidungen, die in den einzelnen Seminaren besprochen werden, benennt der Veranstalter nach eigenen Angaben erst etwa acht Wochen vor dem jeweiligen Seminarbeginn. Gegenstand des Seminars ist auch ein Besuch der Sitzung eines Senats des Bundesarbeitsgerichts.

6

Die allgemeine Beschreibung des Seminars „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“, die jedes Seminar begleitet, lautet:

        

„Seminarinhalt

        

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist die höchste Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit. Seine Entscheidungen sind richtungsweisend für die Arbeitsgerichte und werden vielfach für die Argumentation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in betrieblichen Fragen herangezogen.

        

Das Seminar vermittelt Ihnen einen Überblick über die aktuellen und für die Betriebsratsarbeit relevanten Entscheidungen des BAG. Es werden die Tendenzen der BAG-Rechtsprechung und deren konkrete Auswirkungen auf Ihre Betriebsratstätigkeit erläutert. Der Besuch einer Gerichtsverhandlung und ein anschließender Austausch über die dort getroffenen Entscheidungen ermöglicht Ihnen einen vertieften Einblick in die Grundsätze der Rechtsprechung und die möglichen Auswirkungen auf die Unternehmen.

        

Wichtige aktuelle Entscheidungen im Individualarbeitsrecht

        

Wichtige aktuelle Entscheidungen im Betriebsverfassungsrecht

        

Bedeutung der Entscheidungen für die Betriebsratsarbeit

        

-       

Hilfestellung für die Lösung eigener betrieblicher Fragen

        

-       

Argumentationshilfen bei der Verhandlungsführung

        

Aktuelle richtungsweisende Tendenzen der Rechtsprechung des BAG

        

-       

Tendenzen der Rechtsprechung als Hilfsmittel für die Lösung eigener betrieblicher Fragen

        

-       

Rechtliche Konsequenzen der Rechtsprechung des BAG für die Praxis, Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung des BAG

        

-       

Erörterung der Entscheidungen

        

-       

Rechtliche Hintergründe der Entscheidungsfindung

        

Aus Gründen der Aktualität können zum jetzigen Zeitpunkt die zu behandelnden Urteile nicht benannt werden. Ab ca. acht Wochen vor Seminarbeginn können Sie bei uns die geplanten Seminarinhalte anfordern.

        

Wichtige Informationen

        

Diese Seminare können erforderliche Kenntnisse im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG vermitteln, soweit dieses Wissen noch nicht durch entsprechenden Seminarbesuch oder anderweitig erworben wurde.

        

Diese Seminare können für die Schwerbehindertenvertretung erforderliche Kenntnisse nach § 96 Abs. 4 SGB IX vermitteln.

        

Hinweise: Da dieses Seminar die Möglichkeit bietet, sich über wichtige Tendenzen, aktuelle Rechtsprechung und deren Einordnung in die bekannte Rechtsprechung zu informieren, kann der Besuch dieses Seminars einmal im Jahr erforderlich sein.

        

Die Erläuterung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und deren Umsetzung in die betriebliche Praxis kann ein im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlicher Schulungsinhalt sein. Hierfür muss sich der Betriebsrat nicht auf ein Selbststudium anhand der ihm zur Verfügung stehenden Fachzeitschriften verweisen lassen (BAG vom 20.12.1995 - 7 ABR 14/95).“

7

Die Kosten für die Seminare belaufen sich je Teilnehmer auf 1.078,10 Euro einschließlich Mehrwertsteuer. Hinzu kommen Übernachtungs- und Verpflegungskosten von 133,00 Euro pro Tag.

8

Ein erster Beschluss, Betriebsratsmitglieder zu einem solchen Seminar zu entsenden, wurde vom Betriebsrat bereits im März 2009 gefasst. Danach sollten drei Betriebsratsmitglieder an einem entsprechenden Seminar im Mai 2009 teilnehmen. Die Arbeitgeberin hielt die Teilnahme nicht für erforderlich. Die Betriebsratsmitglieder besuchten die Schulung deshalb nicht.

9

Der Betriebsrat beschloss am 5. Mai 2009, zwei damalige Betriebsratsmitglieder - ua. den früheren Antragsteller zu 4. - zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 zu entsenden, ersatzweise zu einem Seminar in der Zeit vom 23. November 2009 bis 27. November 2009. Der Betriebsrat fasste am 5. Mai 2009 zugleich den Beschluss, die Antragsteller zu 2. und 3. sowie ein weiteres Betriebsratsmitglied zu einem Seminar zu entsenden, das in der Zeit vom 23. November 2009 bis 27. November 2009 stattfinden sollte. Ersatzweise wurden die Betriebsratsmitglieder zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 entsandt. Die Arbeitgeberin lehnte es im Juni 2009 ab, die Kosten für die Teilnahme an den Schulungen zu übernehmen. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen aus diesem Grund nicht an den Seminaren teil.

10

Der Betriebsrat und - ua. - die beiden Antragsteller zu 2. und 3. haben daraufhin am 24. Juli 2009 die Beschlussverfahren - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - beim Arbeitsgericht eingeleitet.

11

Während der beiden Verfahren beschloss der Betriebsrat am 12. Januar 2010, Betriebsratsmitglieder zu dem Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 8. März 2010 bis 12. März 2010 zu entsenden. Ersatzweise sollten sie an einem Seminar in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010 teilnehmen. Zum Zeitpunkt der Anhörung der Beteiligten vor dem Arbeitsgericht am 26. Januar 2010 waren die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die in den Seminaren im März und Mai 2010 behandelt werden sollten, noch nicht bekannt. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen Seminaren nicht teil.

12

Der Betriebsrat fasste in der Folge noch (alternative) Entsendungsbeschlüsse für Seminare vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010 und vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010. Entsandt wurden ua. die Antragsteller zu 2. und 3. Im Rahmen des Seminars „Rechtsprechung aktuell am Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010 beispielsweise wurden anhand von 51 Entscheidungen die Themenkomplexe „Arbeitsvertrag“, „Urlaub“, „Befristung“, „Diskriminierungsverbot“, „Betriebsübergang“, „Kündigungsrecht allgemein“, „Verhaltens- und personenbedingte Kündigungsgründe - Kündigung aus wichtigem Grund“, „Sonderkündigungsschutz“, „Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten“, „Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen“, „Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten“ und „Geschäftsführung des Betriebsrats“ behandelt. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen Seminaren nicht teil, weil die Arbeitgeberin es ablehnte, die Kosten zu übernehmen.

13

Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben die Auffassung vertreten, das Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ vermittle betriebsverfassungsrechtliche Grundkenntnisse. Ein konkreter Schulungsbedarf jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds müsse daher nicht dargelegt werden. Das ergebe sich bereits aus der Seminarbeschreibung des Veranstalters. Die Schulungsteilnahme sei auch erforderlich, weil im Rahmen des Seminars Hilfestellungen für die Lösung eigener betrieblicher Fragen und Argumentationshilfen für Verhandlungen über innerbetriebliche Themen gegeben würden. Durch den Wechsel der Arbeitgeberin in eine sog. OT-Mitgliedschaft des Arbeitgeberverbands müsse der Betriebsrat verstärkt seine Informations- und Mitbestimmungsrechte in den Konfliktfeldern der personellen Einzelmaßnahmen - Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen - sowie in den Bereichen der Lohngestaltung und der Verteilung von Provisionen und Prämien einfordern. 16 der in dem Seminar vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009 behandelten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hätten zB konkreten Bezug zu der Betriebsratsarbeit gehabt. Dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern könne nicht zugemutet werden, die Seminar-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten vorzustrecken.

14

Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme am Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in Erfurt vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010, alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen;

        

2.    

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an dem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen;

        

3.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminarkosten des Seminarveranstalters P-Institut in Höhe von 1.078,10 Euro pro Teilnehmer sowie die Hotelkosten in Höhe von jeweils 133,00 Euro pro Teilnehmer und pro Übernachtung für die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. an dem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, hilfsweise in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, weiter hilfsweise in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, äußerst hilfsweise in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 zu bezahlen;

        

4.    

festzustellen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. am Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in Erfurt in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010, alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, alternativ in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 „erforderlich“ iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG ist;

        

5.    

festzustellen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, bei Kostenübernahme durch die Arbeitgeberin die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an einem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“, veranstaltet vom P-Institut, zu entsenden.

15

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die Teilnahme an den Seminaren sei im Zeitpunkt der Entsendung schon deswegen nicht erforderlich, weil die konkret besprochenen Entscheidungen erst kurz vor Seminarbeginn bekannt gegeben würden. Die Betriebsratsmitglieder könnten sich im Übrigen durch die zur Verfügung gestellte Fachpresse über die aktuelle Rechtsprechung informieren.

16

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich gestellten Anträge durch zwei Beschlüsse in den Sachen - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Anhörung und Entscheidung verbunden und die Beschwerde des Betriebsrats, der Antragsteller zu 2. und 3. sowie des früheren Antragstellers zu 4. zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

17

B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Anträge jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind unzulässig, der Antrag zu 2. ist unbegründet.

18

I. An dem Verfahren sind neben dem Betriebsrat, den Antragstellern zu 2. und 3. sowie der Arbeitgeberin keine weiteren Personen oder Stellen beteiligt. Hinsichtlich des früheren Antragstellers zu 4. ist das Verfahren nach dessen Ausscheiden aus dem Betriebsrat übereinstimmend für erledigt erklärt und daraufhin eingestellt worden.

19

II. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind unzulässig. Es kann offenbleiben, ob mit diesen Anträgen im Beschwerdeverfahren zumindest teilweise in den Hilfsverhältnissen - für spätere Seminare - die Verfahrensgegenstände ausgewechselt wurden oder lediglich einer der Fälle des § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO anzunehmen ist. Die vier Anträge lassen jedenfalls keine Auslegung zu, die den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 und des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse. Das gilt auch für den Antrag zu 4. Ihm liegt außerdem kein Rechtsverhältnis zugrunde. Der Antrag zu 5. ist nicht hinreichend bestimmt.

20

1. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

21

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, wollen die Antragsteller mit den Anträgen zu 1. und 3. festgestellt wissen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Antragsteller zu 2. und 3. für bestimmte in der Vergangenheit liegende, in Haupt- und Hilfsverhältnisse gestellte Seminare unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sowie die Antragsteller von den Ansprüchen des Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten freizustellen.

22

b) Das Feststellungsinteresse ist für den Antrag zu 1. bereits im Beschwerdeverfahren entfallen. Das gilt auch für den Antrag zu 3. im Hinblick auf das Seminar in der Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, das vom Hauptantragsteil umfasst ist. Hinsichtlich der drei späteren, in die Hilfsverhältnisse aufgenommenen Seminarveranstaltungen ist das Feststellungsinteresse nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz weggefallen.

23

aa) Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist eine in jedem Stadium des Verfahrens - auch im Beschlussverfahren - von Amts wegen zu prüfende Sachentscheidungsvoraussetzung. Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der mündlichen Verhandlung oder Anhörung vor dem Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht. Wird ein zunächst gegenwärtiges Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits oder Verfahrens beendet, bleibt der Feststellungsantrag nur zulässig, wenn sich aus der beantragten Feststellung noch Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können. Die erstrebte Feststellung muss geeignet sein, die zwischen den Parteien oder Beteiligten weiterhin bestehenden Streitfragen abschließend zu klären. Fehlen solche künftigen Rechtswirkungen und trägt der Kläger oder Antragsteller der geänderten Verfahrenssituation nicht durch eine Erledigungserklärung und eine entsprechende Änderung seines Antrags Rechnung, ist der Feststellungsantrag als unzulässig abzuweisen (vgl. für das Urteilsverfahren zB BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102; siehe auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 22, BAGE 134, 202).

24

bb) Der Sonderfall, dass sich aus einem vergangenen Rechtsverhältnis noch Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können, ist hier nicht gegeben. Aus den Themenplänen der in der Vergangenheit liegenden Seminare lässt sich nicht ableiten, dass die Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an künftigen Seminaren dieser Art erforderlich sein wird iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Auffassung der Antragsteller zu Recht angenommen, dass in den Schulungen nach der allgemeinen Konzeption der Seminarreihe kein Grundwissen vermittelt wird, für das bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern kein betriebsbezogener Anlass dargelegt werden muss. Ohne Konkretisierung der Seminarinhalte kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Betriebsrat die Schulung aufgrund seiner Aufgabenstellung im Betrieb nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für erforderlich halten darf.

25

(1) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu muss ein aktueller oder absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Der Senat unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (vgl. für die st. Rspr. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 19 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10). Der Schulungsanspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG ist kein individueller Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern ein kollektiver Anspruch des Betriebsrats darauf, dass einem bestimmten Betriebsratsmitglied Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit des Gremiums erforderlich sind(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - aaO mwN).

26

(2) Danach kann es erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein, dass einzelne Betriebsratsmitglieder durch den Besuch entsprechender Schulungsveranstaltungen Kenntnis von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erlangen. Ob das der Fall ist, hängt jedoch von zahlreichen Umständen ab. Dazu gehören insbesondere die konkreten Seminarinhalte, eine mögliche Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebsrats und eine thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und deren Verhältnis zur Gesamtgröße des Betriebsrats, die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens sowie betriebliche Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Kenntnisse der jüngeren Rechtsprechung in bestimmten Fragen zu aktualisieren. Von diesen Umständen muss der Betriebsrat Kenntnis haben, um beurteilen zu können, ob die Schulungsveranstaltung erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist, und seinen Beurteilungsspielraum sachgerecht auszuüben(vgl. zum Beurteilungsspielraum des Betriebsrats zB BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 32, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10).

27

(a) Sind die Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat so gelagert, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn die Kenntnisse bestimmter Betriebsratsmitglieder durch Teilnahme an einer der hier umstrittenen Seminarveranstaltungen verbessert werden, kann die Entsendung dieser Betriebsratsmitglieder erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein. Der Betriebsrat hat insoweit einen Beurteilungsspielraum. Das entbindet ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl. BAG 24. Mai 1995 - 7 ABR 54/94  - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 109 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 127). Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und damit die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).

28

(b) Auf die Darlegung des betrieblichen Bezugs kann nicht verzichtet werden. Kenntnisse der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören nicht zum unverzichtbaren Grundwissen der einzelnen Betriebsratsmitglieder im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung, dessen Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher darlegen muss. Sie setzen vielmehr mit Blick auf die Vielfalt der Themen und die vertiefte Beurteilung von Einzelfällen - zumal unter spezifisch revisions- oder rechtsbeschwerderechtlichem Blickwinkel - entsprechende Grundkenntnisse voraus, die sie im Sinn einer Spezialisierung intensivieren. Vielfalt und Breite der Themen unterscheiden den Streitfall auch von der Fallgestaltung, die dem Senatsbeschluss vom 20. Dezember 1995 zugrunde lag (- 7 ABR 14/95 - zu B 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130). Gegenstand der dortigen Schulungsveranstaltung waren personelle Einzelmaßnahmen iSv. § 99 BetrVG im Spiegel der aktuellen BAG-Entscheidungen. Für dieses Kerngebiet der Tätigkeit von Betriebsräten besteht typischerweise ein betrieblicher Bezug für das einzelne Betriebsratsmitglied.

29

(c) Dennoch kann es erforderlich sein, dass sich Betriebsratsmitglieder über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch den Besuch entsprechender Schulungsveranstaltungen informieren.

30

(aa) Der Betriebsrat als Gremium muss sich auch über die Entwicklung der Rechtsprechung in den für seine Arbeit relevanten Bereichen auf dem Laufenden halten, um seine Aufgaben verantwortlich wahrnehmen zu können. Grundkenntnisse, die in möglicherweise viele Jahre zurückliegenden Schulungen erworben wurden, genügen dafür allein nicht immer. Betriebsratsmitglieder haben allerdings die Möglichkeit, das einmal erworbene Grundwissen durch ihnen zur Verfügung gestellte Informationsquellen zu ergänzen und zu aktualisieren. Dazu kann zB das laufende Studium von Fachzeitschriften dienen, bei konkreten Problemen die Lektüre juristischer Kommentare oder eine Recherche im Internet. Der Betriebsrat muss sich darauf aber nicht generell verweisen lassen. Die Information im Rahmen einer Schulungsveranstaltung und die Information durch arbeitsrechtliche Veröffentlichungen schließen sich nicht aus, ergänzen sich vielmehr (vgl. BAG 25. Januar 1995 - 7 ABR 37/94 - zu B 1, 2 und 4 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 46 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 73). Das gilt vor allem dann, wenn in der Schulung nicht nur über aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts informiert wird, sondern den Teilnehmern auch betriebsverfassungsrechtliche und für den konkreten Betriebsrat bedeutsame individualrechtliche Rechtsentwicklungen und Tendenzen anhand ausgewählter Entscheidungen erläutert und für die praktische Betriebsratsarbeit nutzbar gemacht werden sollen. Dadurch soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, den neuesten Stand der Rechtsprechung zur Grundlage seines betrieblichen Handelns zu machen. Mithilfe der ihm überlassenen Literatur kann sich der Betriebsrat zwar einen Überblick über die neueren Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen verschaffen. Das umstrittene Schulungsmodell geht aber über die Informationsebene des Selbststudiums hinaus. Es soll Betriebsratsmitgliedern, die regelmäßig nicht juristisch vorgebildet sind, Zusammenhänge der Rechtsprechungslinien des Bundesarbeitsgerichts aufzeigen und die Teilnehmer dazu anleiten, die Rechtsprechung in der betrieblichen Praxis zu berücksichtigen. Der Besuch einer solchen Schulungsveranstaltung kann erforderlich sein, wenn der Betriebsrat auf die Kenntnisse angewiesen ist, um seine Aufgaben für die Belegschaft und den Betrieb sachgerecht wahrnehmen zu können (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).

31

(bb) Ob die besonderen Kenntnisse, die in einer der hier umstrittenen Schulungsveranstaltungen über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vermittelt werden, erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sind, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Entscheidend ist die konkrete Situation in Betrieb und Betriebsrat. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung sind neben dem konkreten Themenplan zB die Größe des Betriebsrats, die Aufgaben des Betriebsratsmitglieds im Gremium, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder und in jüngerer Vergangenheit besuchte Seminare zu berücksichtigen. Besteht der nötige betriebliche Bezug, kann es erforderlich sein, ein Betriebsratsmitglied oder mehrere Betriebsratsmitglieder zu der Schulung zu entsenden, die als Multiplikatoren des erworbenen Wissens für die übrigen Mitglieder des Gremiums dienen. Die Fortbildung aller Betriebsratsmitglieder wird in größeren Betriebsräten dagegen regelmäßig nicht erforderlich sein. Gegen die Erforderlichkeit der Seminarveranstaltung kann zB sprechen, dass das entsandte Betriebsratsmitglied in jüngerer Vergangenheit eine Grundschulung oder ein den hier umstrittenen Schulungen ähnliches Seminar besucht hat, das entsprechende Spezialkenntnisse vermittelt hat.

32

(d) Aus den in der Vergangenheit liegenden Seminaren, zu denen die Antragsteller entsandt wurden und an denen sie nicht teilnahmen, kann der erforderliche betriebliche Bezug für künftige ähnliche Seminare und damit das Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1. und 3. nicht abgeleitet werden. Besonderheit der Seminarreihe ist ihr ständig wechselnder Inhalt durch die zu behandelnden aktuellen Entscheidungen. Ohne Wissen um den jeweiligen Seminarplan kann nicht beurteilt werden, ob das einzelne Betriebsratsmitglied die zu vermittelnden Kenntnisse für seine Betriebsratsarbeit braucht. Aus den vergangenen Seminarinhalten lassen sich keine Rückschlüsse für künftige Veranstaltungen ziehen.

33

(e) Der Senat verkennt nicht, dass es aufgrund des Erfordernisses eines Betriebsratsbeschlusses, der auf eine konkrete, nach Zeitpunkt und Themenplan bestimmte Schulung bezogen ist, schwierig oder fast unmöglich werden kann, vor dem Schulungsbesuch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über seine Erforderlichkeit herbeizuführen. Soweit Rechte von konkreten, sich ändernden Umständen abhängen, kann die Rechts- und Verfahrensordnung aber nicht stets - jedenfalls nicht im Erkenntnisverfahren - sicherstellen, dass der Streit über das Bestehen des Rechts rechtskräftig geklärt ist, bevor das wirkliche oder vermeintliche Recht ausgeübt wird. Es kann vielmehr Sache des tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsinhabers sein, das Recht wahrzunehmen und erforderlichenfalls danach klären zu lassen, ob dies berechtigterweise geschah. Das gilt auch für den eigenverantwortlich handelnden Betriebsrat. Mit seinem Beurteilungsspielraum korrespondiert das Risiko, ihn überschritten zu haben. Dieses Verfahren verlangt keine abschließende Beurteilung, ob der Betriebsrat oder das zu schulende Mitglied jedenfalls für die unmittelbar zu leistenden, ihm finanziell nicht möglichen oder zumutbaren Aufwendungen einen Vorschuss des Arbeitgebers im Weg einstweiligen Rechtsschutzes verlangen können (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).

34

2. Entsprechendes gilt für den Antrag zu 4., mit dem festgestellt werden soll, dass die Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an bestimmten, in Haupt- und gestaffelte Hilfsverhältnisse gestellten Seminaren in der Vergangenheit erforderlich war. Für ihn fehlt das besondere Feststellungsinteresse aus den genannten Gründen. Ihm liegt zudem kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde.

35

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger oder Antragsteller ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden baldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen(vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 755/08  - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9; 24. April 2007 -  1 ABR 27/06  - Rn. 15 mwN, BAGE 122, 121 ). Die Klärung solcher Fragen liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 76; 20. Mai 2008 -  1 ABR 19/07  - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).

36

b) Die Frage, ob bestimmte Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG waren, ist eine solche abstrakte Rechtsfrage. Die Antragsteller erstreben der Sache nach die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für die Frage der Pflicht der Arbeitgeberin zur Freistellung der Antragsteller von den Ansprüchen des Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten oder der Verpflichtung zur Erstattung geleisteter Zahlungen in der Zukunft. Für ein solches Rechtsgutachten sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig.

37

3. Der Antrag zu 5., mit dem die Antragsteller allgemein festgestellt wissen wollen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, die Antragsteller zu 2. und 3. zu einer Veranstaltung der umstrittenen Seminarreihe zu entsenden, wird den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gerecht. Er nennt weder den konkretisierten Themenplan noch die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung.

38

a) Nach dieser im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären, worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist(vgl. etwa BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 14 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).

39

b) Diese Angaben sind für die Bestimmtheit des Verfahrensgegenstands unentbehrlich. Würde dem Antrag ohne sie stattgegeben, bliebe unklar, zu welcher konkreten Schulung der Betriebsrat die Antragsteller zu 2. und 3. entsenden darf. Die Entscheidung erginge zu einer (hypothetischen) Seminarveranstaltung zu irgendeinem Zeitpunkt mit im Einzelnen ungewissem Themenplan. Dadurch unterscheidet sich diese Fallgestaltung von denjenigen, in denen das Bundesarbeitsgericht im Rahmen von Feststellungsanträgen über die Erforderlichkeit von in der Vergangenheit liegenden Schulungen entschieden hat (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11 in Abgrenzung zB von 16. März 1976 - 1 ABR 43/74  - zu II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 46; 6. Mai 1975 -  1 ABR 135/73  - zu II 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 65 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 65 Nr. 5; 10. Juni 1974 -  1 ABR 136/73  - zu 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 15 = EzA ArbGG § 80 Nr. 3; 6. November 1973 -  1 ABR 15/73  - zu II 2 der Gründe, AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 8 = EzA ArbGG § 89 Nr. 1).

40

c) Ohne Konkretisierung von Gegenstand und Zeitpunkt der Schulung kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Antrag begründet ist. Themenplan und Zeitpunkt des Seminars sind - wie schon zu den Anträgen zu 1. und 3. ausgeführt - für die Frage von Bedeutung, ob der Betriebsrat die Schulung der Spezialkenntnisse nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für erforderlich halten darf. Die Erforderlichkeitsprüfung, die der Betriebsrat nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 BetrVG vorzunehmen hat, umfasst neben den Themen ua. auch die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung. Das wird an § 37 Abs. 6 Satz 3 bis Satz 6 BetrVG deutlich. Der Betriebsrat hat nach § 37 Abs. 6 Satz 3 BetrVG bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. § 37 Abs. 6 Satz 4 BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben hat. Der Arbeitgeber kann nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG die Einigungsstelle anrufen, wenn er die betrieblichen Gegebenheiten für nicht ausreichend berücksichtigt hält. Die berechtigten Belange des Arbeitgebers können nur dann hinreichend bedacht werden, wenn auch die Zeit der Schulung feststeht. Daran fehlt es. Die notwendige Einzelfallbetrachtung, die immer wieder eine neue Entscheidung des Betriebsrats erfordert, lässt die verlangte Feststellung nicht zu (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; zu § 40 Abs. 1 BetrVG auch 16. Oktober 1986 - 6 ABR 4/84  - zu IV 2 der Gründe, DB 1987, 1439 ). Im Übrigen gelten die für das fehlende Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1., 3. und 4. angestellten Erwägungen.

41

III. Der Antrag zu 2., mit dem der Arbeitgeberin aufgegeben werden soll, die Antragsteller zu 2. und 3. für die Teilnahme an bestimmten Schulungsveranstaltungen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen, ist unbegründet. Unabhängig von der Frage, ob die Arbeitgeberin überhaupt berechtigt oder verpflichtet ist, entsandte Betriebsratsmitglieder freizustellen, ist der Antrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet, weil die Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit liegen. Die von der Rechtsbeschwerde erstrebte Auslegung oder Umdeutung in das „Minus“ eines Feststellungsantrags brächte für die Antragsteller keinen Vorteil. Für ihn fehlte mit den Überlegungen zu der Unzulässigkeit der Anträge zu 1., 3. und 4. das nötige Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 2. deckte sich im Fall der Auslegung oder Umdeutung außerdem zum Teil mit den Anträgen zu 3. und 4.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    R. Gmoser    

        

    Gerschermann    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 2011 - 1 Sa 507/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein Arbeitsverhältnis zu begründen.

2

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. September 1980 bis zum 31. Dezember 1986 als technischer Angestellter, zuletzt im EDV-Bereich beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 ging sein Arbeitsverhältnis im Zuge eines Betriebsübergangs auf die neu gegründete C I GmbH über. Die Beklagte hatte ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ausgegliedert und in die C I GmbH überführt, einem von der Beklagten und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Die Firmenbezeichnung dieser Gesellschaft stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 % und die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile. In der C Gruppe war der Kläger zuletzt bei der C S GmbH beschäftigt. Anschließend schloss er einen Arbeitsvertrag mit der A GmbH, die das Servicegeschäft von der C S GmbH übernommen hatte. Während der Probezeit kündigte der Kläger dieses Arbeitsverhältnis und wechselte zu einem anderen Arbeitgeber.

3

Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung auf die C I GmbH Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine mit „Rahmenbedingungen für in das Joint-Venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

         

„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:

        

1.    

…       

        

15.     

Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.

        

…“    

4

In der Zeit nach dem 1. Januar 1987 erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren Geschäftsanteile an diesem Unternehmen. In drei Tranchen - am 1. Mai 1996, am 16. Juli 1998 sowie am 25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P D H GmbH, die später in C D H GmbH umfirmierte. Mit Schreiben vom 14. August 2003 teilte die Beklagte ihren ehemaligen Mitarbeitern - darunter auch dem Kläger - Folgendes mit:

        

„…    

        

Sofern Sie von dem geplanten Ausgliederungsvorhaben erfasst sind und für Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem Ausgliederungsvorhaben unberührt.“

5

Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde über das Vermögen der C S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatte der vorläufige Insolvenzverwalter das Wartungs- und Servicegeschäft („IT-Service“) der C S GmbH auf die A GmbH und den Bereich Druckerwartung auf ein drittes Unternehmen veräußert.

6

Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 1. Oktober 2009 betriebsbedingt zum 31. Januar 2010 und stellte ihn von der Arbeit frei. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage. Die bei der A GmbH weiterbeschäftigten Arbeitnehmer führten ihre Tätigkeit nach dem Übergang ihres Betriebes am 5. Oktober 2009 an ihren alten Arbeitsplätzen unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur fort. Dieses Unternehmen hatte einschließlich des Führungspersonals mindestens 51 von 81 Mitarbeitern der C GmbH übernommen. Bis zu seiner Eigenkündigung während der Probezeit wurde der Kläger auf der Grundlage eines am 1. Oktober 2009 geschlossenen Arbeitsvertrags von der A GmbH weiterbeschäftigt. Mit Schreiben vom 4. November 2009 machte er sein „Rückkehrrecht“ gegenüber der Beklagten spätestens zum 1. Februar 2010 geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. November 2009 ab.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Nr. 15 JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes Rückkehrrecht allein unter der Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Die Bedingungen für das Rückkehrrecht seien am 1. Oktober 2009 durch die Kündigung des Insolvenzverwalters der C S GmbH eingetreten. Aufgrund der betriebsbedingten Kündigung und Stilllegung bei der C S GmbH sei eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich. Selbst ein etwaiger Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH ändere nichts an dem Eintritt der Bedingung.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Einstellung mit Wirkung zum 1. Februar 2010 als technischen Mitarbeiter zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto anzunehmen,

        

hilfsweise,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung zum 1. Februar 2010 als technischen Angestellten oder auf einer seinen heutigen Tätigkeiten und Fähigkeiten entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto anzunehmen,

        

hilfsweise,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 1. Februar 2010 als technischen Angestellten oder auf einer seiner Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend seiner letzten Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen,

        

hilfsweise,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn mit sofortiger Wirkung als technischen Angestellten oder auf einer seiner heutigen Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend seiner letzten Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zuletzt insbesondere noch die Auffassung vertreten, einem Rückkehrrecht stünde jedenfalls entgegen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die A GmbH übergegangen sei. Dort habe für den Kläger weiterhin eine Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 bestanden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb beim Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zutreffend abgewiesen.

12

A. Der vom Kläger zuletzt als Hauptantrag gestellte Antrag zu 1. ist zulässig.

13

I. Dieser Antrag ist nach seinem Wortlaut unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme(§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die Abgabe eines Angebots ist in dem Anwaltsschreiben vom 4. November 2009 zu sehen. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 54; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 14; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 23).

14

II. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist ausreichend konkretisiert. Der Kläger hat den Inhalt des mit der erstrebten Annahmeerklärung zustande kommenden Arbeitsvertrags näher beschrieben. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. Februar 2010 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere Art der Tätigkeit als technischen Mitarbeiter, sind bezeichnet. Die im Klageantrag angeführten „betriebsüblichen Bedingungen bei der Beklagten“ sind für die Bestimmtheit nicht unerlässlich.

15

B. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die vom Kläger begehrte Willenserklärung abzugeben. Zwar regelt Nr. 15 JVR 1986 in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Das Rückkehrrecht ist auch weder mit einem Betriebsübergang auf die C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, noch mit dem Übergang des Betriebsteils IT-Service auf die A GmbH erloschen. Ein aufschiebend bedingter Rückkehranspruch nach Nr. 15 JVR 1986 besteht auch für den Fall fort, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers auf einen Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 BGB übergeht. Die aufschiebende Bedingung, unter der das Rückkehrrecht steht, ist vorliegend nicht eingetreten. Die Beschäftigung des Klägers bei der A GmbH ist nicht aus betrieblichen Gründen unmöglich geworden. Vielmehr hat der Kläger während der Probezeit selbst ohne betriebliche Veranlassung gekündigt, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber zu begründen.

16

I. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar 2010 (rück-)wirken soll.

17

1. Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 28).

18

2. Hiernach steht der Umstand, dass der Kläger die Begründung eines Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 1. Februar 2010 begehrt, der Begründetheit des Anspruchs nicht entgegen. Das Anwaltsschreiben vom 4. November 2009, mit dem der Beklagten mitgeteilt wurde, der Kläger mache sein „Rückkehrrecht in die B SE (vormals B AG) spätestens zum 01.02.2010 geltend“, enthält bei der nach § 133 BGB gebotenen Auslegung ein hinreichend konkretes Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags und nicht nur die Ankündigung eines solchen. Die Beklagte konnte dieses Schreiben, mit dem die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der C S GmbH zum 31. Januar 2010 mitgeteilt wird, dahin verstehen, dass der Kläger ihr im Anschluss daran die ihm von der Beklagten zugesagte Rückkehr anträgt. Spätestens mit der Klageschrift vom 15. Dezember 2009 musste der Beklagten klar sein, dass sich das in der Geltendmachung des Rückkehrrechts liegende Angebot auf den 1. Februar 2010 bezieht. Die Annahme dieses Angebots würde mit einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert.

19

II. Der Kläger hat jedoch, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keinen Anspruch auf Abgabe der begehrten Willenserklärung. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus Nr. 15 JVR 1986. Zwar haben die Betriebsparteien darin für die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer Rückkehr zu der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine Weiterbeschäftigung innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen auch keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht steht nicht unter dem - ungeschriebenen - Vorbehalt der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten. Es endet nicht mit der Ausgliederung der Servicefunktionen zunächst auf die C S GmbH und anschließend auf die A GmbH. Die Voraussetzungen des Rückkehrrechts sind im vorliegenden Fall jedoch nicht eingetreten, nachdem der Kläger, der nach Ausspruch der Kündigung des Insolvenzverwalters auf der Grundlage eines vor dem Betriebsübergang geschlossenen Arbeitsvertrags weiterbeschäftigt worden ist, der A GmbH selbst gekündigt hat.

20

1. Nr. 15 JVR 1986 regelt in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 32 ff.).

21

a) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987 von der Beklagten auf die C I GmbH übergegangen sind. Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis.

22

b) Das in Nr. 15 JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist wirksam. Die Betriebsparteien sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergehen, zu regeln. Nr. 15 JVR 1986 verstößt nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

23

aa) Mit der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 in ihrem Verständnis als Wiedereinstellungsanspruch haben die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz nicht überschritten.

24

(1) Bei der JVR 1986 handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung im Sinne eines kollektiv-rechtlichen Normenvertrags zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Eine Betriebsvereinbarung kann über alle Fragen und Angelegenheiten abgeschlossen werden, die nach dem Gesetz der Zuständigkeit des Betriebsrats unterliegen. Dies ist in erster Linie bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt den Betriebsparteien aber auch eine umfassende Kompetenz zu, durch freiwillige Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu treffen (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 36 mwN).

25

(2) Hiernach betrifft Nr. 15 JVR 1986 im Verständnis eines - aufschiebend bedingten - Rückkehrrechts für die von einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zur „neuen Gesellschaft“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 betroffenen Arbeitnehmer einen zulässigen Regelungsgegenstand. Ein Wiedereinstellungsversprechen kann als Abschlussnorm grundsätzlich zulässiger Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 37 mwN).

26

(a) Freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG sind nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt, sondern können - wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt - auch andere Gegenstände erfassen. Die Regelung in § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG zeigt, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 38 mwN). Auch steht einer auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichteten Normsetzungsbefugnis nicht entgegen, dass Regelungen zum Arbeitsverhältnis ein solches begriffsnotwendig voraussetzten. Bei Wiedereinstellungsbestimmungen, die - wie im vorliegenden Streitfall - Arbeitnehmer betreffen, die (noch) in einem Arbeitsverhältnis stehen, können die Betriebsparteien Regelungen zu diesen Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 39).

27

(b) Der Regelungsgegenstand unterliegt der sachlich-funktionellen Zuständigkeit des Betriebsrats. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er sich auf den Betrieb und auf die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht. Dies ist vorliegend der Fall. Bei Abschluss der JVR 1986 waren die von ihrer Nr. 15 erfassten Arbeitnehmer (noch) vom Betriebsrat repräsentiert. Die Vorschrift richtet sich nicht an eine „betriebsfremde Belegschaft“. Die Bestimmung in der Betriebsvereinbarung regelt damit nicht in unzulässiger Weise eine Arbeitsbedingung in einem Betrieb eines anderen Arbeitgebers, für deren Gestaltung der Betriebsrat nicht sachlich legitimiert wäre. Sie knüpft zwar - hinsichtlich der aufschiebenden Bedingung des Wegfalls einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen - an einen Sachverhalt an, der sich bei einer anderen Gesellschaft stellt. Die Rechtsfolge der Verpflichtung zur (Wieder-)Begründung des Arbeitsverhältnisses betrifft aber allein die Beklagte. Dies unterfällt der Regelungskompetenz des bei ihr bestehenden Betriebsrats. Die Rückkehrklausel regelt keinen Erwerbertatbestand, sondern einen den Betriebsteilveräußerer - die Beklagte - anbelangenden Sachverhalt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 40).

28

bb) Nr. 15 JVR 1986 ist nicht wegen des Vorrangs einer tariflichen Bestimmung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch Tarifvertrag geregelt ist.

29

(1) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 45 mwN).

30

(2) Hiernach verstößt Nr. 15 JVR 1986 nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Gegenstand der Betriebsvereinbarungsbestimmung ist keine durch den Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 - zuletzt in der Fassung vom 16. März 2009 - (MTV) geregelte Arbeitsbedingung. Die einzig in Betracht kommende Bestimmung nach § 13 Abschn. VI Ziff. 1 des MTV lautet:

        

„Wiedereinstellung und betriebsbedingte Umsetzungen

        

Aus betriebsbedingten Gründen entlassene Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate dem Betrieb angehört haben und deren Entlassung nicht mehr als 12 Monate zurückliegt, werden im Falle der Neubesetzung von für sie geeigneten Arbeitsplätzen bevorzugt wieder eingestellt.

        

Kommen mehr entlassene Arbeitnehmer in Betracht, als Arbeitsplätze wieder zur Verfügung stehen, hat der Arbeitgeber unter Beachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG eine sachgerechte Auswahl zu treffen.“

31

Damit regelt § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV nach seinem unmissverständlichen Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck zwar auch einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser ist aber von vornherein auf eine andere Sachmaterie bezogen als die von Nr. 15 JVR 1986 geregelte. Während § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV eine Wiedereinstellung im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vorsieht, legt die Betriebsvereinbarungsbestimmung einen solchen im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Übergang von Arbeitsverhältnissen auf eine „andere Gesellschaft“ fest. Tarifnorm und Betriebsvereinbarungsregel ordnen damit zwar die gleiche Rechtsfolge an, regeln aber nicht die gleichen Sachverhalte (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 47).

32

2. Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die „Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Nr. 15 JVR 1986 nicht für die Zeit der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.

33

a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 49 mwN).

34

b) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.

35

aa) Der Wortlaut von Nr. 15 JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“ überwechselnden Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der Wegfall einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser „neuen Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 51).

36

bb) Der Gesamtzusammenhang und die Regelungssystematik deuten nicht zwingend darauf, das Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche Bestimmungen, die - ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die Beibehaltung der bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich deren Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit unterscheidet sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am 4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom 19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic]). Die Betriebspartner haben in dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR 1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten, wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als konzernzugehöriges Unternehmen hat (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 52).

37

cc) Sinn und Zweck des in Nr. 15 JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen deutlich dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die Konditionen eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin festgelegt, vor allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfelds der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen) Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und die Bedingung hierfür folgerichtig allein an das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen innerhalb der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es anderenfalls die Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand hätte, allein durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der begünstigten Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen könnten von der Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos entwertet werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des Ausscheidens aus der B-Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des Rückkehrrechts gelegen und dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. So kann Nr. 15 JVR 1986 aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich nicht auf eine derartige Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt des Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher Verbleib bereits mit dem Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des Konzernverhältnisses oder erst mit der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht gegen einen derartigen ungeschriebenen Vorbehalt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 53).

38

3. Das für den Kläger bestehende, aufschiebend bedingte Rückkehrrecht ist auch nicht mit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zur C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, erloschen. Abgesehen davon, dass die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 2003 für einen Wechsel zur C S GmbH die Fortgeltung des Rückkehrrechts entsprechend der Nr. 15 JVR 1986 zugesagt hat (vgl. auch BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 56 ff.), wird dieser Anspruch durch einen Betriebsübergang nach § 613a BGB nicht berührt.

39

a) Bisher hat der Senat die Frage offengelassen, ob sich die Wiedereinstellungszusage nach Nr. 15 JVR 1986 sachlich auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der C I GmbH beschränkt oder auch auf einen solchen bei deren Rechtsnachfolgern erstreckt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55). Eine Auslegung der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 ergibt, dass das Rückkehrrecht durch den Übergang eines Betriebes bzw. Betriebsteils weder ausgelöst wird noch verloren geht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht.

40

aa) Der Wortlaut der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 verhält sich nicht ausdrücklich zur Frage der Rechtsnachfolge. Die Wortwahl „neue Gesellschaft“ spricht zwar eher dafür, dass die Betriebsparteien allein die C I GmbH und nicht auch etwaige Rechtsnachfolger oder Betriebsübernehmer gemeint haben. Der Ausdruck ist gewählt worden, weil die Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch nicht festgestanden hat. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ könnte daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden Gesellschaften - verstanden werden (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55).

41

bb) Entstehungsgeschichte und Regelungszweck lassen demgegenüber darauf schließen, dass der betroffene Arbeitnehmer eine Rückkehr zur Beklagten nach Maßgabe der Nr. 15 JVR 1986 auch - oder nur dann - beanspruchen kann, wenn er bei einem Rechtsnachfolger der „neuen Gesellschaft“ nicht mehr weiterbeschäftigt werden kann. Dies gilt in den Fällen des Betriebsübergangs jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer von der Möglichkeit, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB zu widersprechen, keinen Gebrauch macht, sondern mit seinem Einverständnis bei einer Rechtsnachfolgerin der „neuen Gesellschaft“ weiterbeschäftigt wird. Das Rückkehrrecht soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der betroffene Arbeitnehmer mit der Beklagten im Verhältnis zu einem neu gegründeten Unternehmen, das wirtschaftlich schwächer ist, eine „sichere“ Arbeitgeberin verliert. Der damit von den Betriebsparteien verfolgte Zweck, das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers an einer arbeitsvertraglichen Beschäftigungsmöglichkeit zu sichern, besteht auch, wenn an die Stelle der „neuen Gesellschaft“ nach § 613a Abs. 1 BGB ein weiterer neuer Arbeitgeber tritt. Dem entspricht es, dass das Rückkehrrecht nur dann ausgelöst wird, wenn bei dem - letzten - Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diese Voraussetzung tritt aber allein durch einen Betriebsteilübergang bzw. Betriebsübergang nicht ein. Geht das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über, bleibt der Arbeitnehmer vor dem Verlust einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen durch Nr. 15 JVR 1986 weiter umfassend geschützt.

42

b) Die Servicefunktionen der C I GmbH sind zum 1. September 2003 auf die C S GmbH ausgegliedert worden. Bei dieser Ausgliederung handelt es sich nach den unstreitigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um einen Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB. Damit bestand das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht über den 1. September 2003 hinaus fort.

43

4. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass die aufschiebende Bedingung nicht eingetreten ist, nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 BGB von der C S GmbH im Anschluss an die betriebsbedingte Insolvenzkündigung auf die A GmbH übergegangen ist und der Kläger dort während der Probezeit ohne betriebliche Veranlassung selbst gekündigt hat, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber zu begründen.

44

a) Der für den Kläger maßgebliche Betriebsteil „IT-Service“ der C S GmbH, der sich mit Tätigkeiten im Wartungs- und Installationsbereich befasst, ist auf die A GmbH nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen.

45

aa) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu ( BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff. mwN).

46

Dem Übergang eines gesamten Betriebes steht der Übergang eines Betriebsteils gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebes bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Beim bisherigen Betriebsinhaber musste also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorhanden sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde. Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen keine andersartigen Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen, wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der Betriebs(teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 33).

47

bb) Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts zu vorliegendem Sachverhalt bereits entschieden hat, hat die A GmbH nicht den gesamten Betrieb der C S GmbH, sondern nur den Betriebsteil „IT-Service“ durch Rechtsgeschäft nach § 613a Abs. 1 BGB übernommen(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff.; vgl. auch - 8 AZR 243/11 und 8 AZR 244/11 -); der daneben bestehende Bereich der „Druckerwartung“ der C S GmbH ist ein eigenständiger Betriebsteil, der nicht übernommen worden ist (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 71). Der Senat schließt sich den Erwägungen des Achten Senats uneingeschränkt an und sieht von deren erneuter Darstellung ab.

48

b) Die in Nr. 15 JVR 1986 vorgesehene, das Rückkehrrecht auslösende aufschiebende Bedingung ist nicht eingetreten. Für den Kläger bestand nach dem mit Wirkung ab 5. Oktober 2009 übernommenen Betriebsteil „IT-Service“ trotz der Insolvenzverwalterkündigung vom 1. Oktober 2009 eine unveränderte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der A GmbH. Diese ist nicht aus betrieblichen Gründen entfallen, sondern durch die Eigenkündigung des Klägers.

49

aa) Dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung für den Rückkehranspruch steht allerdings nicht etwa entgegen, dass der Kläger die betriebsbedingte Kündigung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der C S GmbH vom 1. Oktober 2009 nicht gerichtlich angegriffen hat. Nr. 15 JVR 1986 verlangt nur, dass „eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist“. Eine rechtswirksame betriebsbedingte Kündigung ist nicht zwingend erforderlich. Der Wiedereinstellungsanspruch setzt nur die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen voraus. Weder Wortlaut, Systematik noch Sinn und Zweck der Regelung enthalten Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der „neuen Gesellschaft“ den Anforderungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG entsprechen - und ggf. sogar einer gerichtlichen Prüfung unterzogen sein - muss. In einem solchen Verständnis hielte das Rückkehrrecht im Übrigen auch der Binnenschranke einer Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht stand. Es handelte sich um eine dem Arbeitnehmer unzumutbare, mit § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbare Bedingung(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 63).

50

bb) Die auflösende Bedingung ist jedoch deshalb nicht eingetreten, weil die Weiterbeschäftigung des Klägers bei der A GmbH nicht aus betrieblichen Gründen, sondern wegen der Eigenkündigung des Klägers unmöglich wurde. Die nach dem Betriebsübergang weiter bestehende Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 ist auch nicht etwa vor der Eigenkündigung des Klägers durch betriebliche Gründe entfallen. Das von der Rückkehrregelung in Nr. 15 JVR 1986 erfasste Risiko eines Arbeitsplatzverlustes aus betrieblichen Gründen hat sich nicht realisiert. Soweit im Anschluss an die Rechtsprechung zum Anspruch auf eine Sozialplanabfindung (BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 30, BAGE 121, 168) und zur Anzahl von Arbeitnehmern bei Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 48) auch in diesem Zusammenhang erwogen werden könnte, ein Rückkehrrecht bei einer von der Rechtsnachfolgerin veranlassten Beendigung aufgrund Aufhebungsvertrags oder Eigenkündigung anzunehmen, bedarf es dazu hier keiner Entscheidung. Ein solcher Fall liegt nicht vor.

51

C. Die Hilfsanträge sind dem Senat damit nicht zur Entscheidung angefallen. Der Hilfsantrag zu 2. ist, wie die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, nur für den Fall gestellt, dass der Senat einen Wiedereinstellungsanspruch als technischen Mitarbeiter verneinen sollte. Die Hilfsanträge zu 3. und zu 4. sind nur für den Fall des Obsiegens des Klägers mit dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag zu 2. gestellt.

        

    Linsenmaier    

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 2010 - 1 Sa 367/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bis zur Rücknahme der Revision des Klägers haben der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein Arbeitsverhältnis zu begründen.

2

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1980 als Servicetechniker beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 gliederte die Beklagte ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme aus und überführte es in die C I GmbH, einem von der Beklagten und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Die Firmenbezeichnung dieser Gesellschaft stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 % sowie die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile.

3

In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 4. November 1986 informierte die Beklagte ihn - wie auch die anderen für einen Wechsel in die C I GmbH vorgesehenen Mitarbeiter - über das Ausgliederungsvorhaben und führte wörtlich ua. aus:

        

„Hinsichtlich der vorgesehenen vertraglichen Rahmenbedingungen möchten wir Ihnen folgendes mitteilen:

        

○       

...     

        

○       

… Am 01.01.1987 treten Sie in unserem Interesse in ein Arbeitsverhältnis zur neuen Gesellschaft über. Dabei ist sichergestellt, daß bestehende arbeitsvertragliche und betriebliche Regelungen der B Aktiengesellschaft Bestandteil ihres Arbeitsvertrages mit der neuen Gesellschaft werden.

        

○       

Für den Fall, daß aus betrieblichen Gründen das Arbeitsverhältnis mit der neuen Gesellschaft endet, wird Ihnen die Wiedereinstellung bei der B Aktiengesellschaft angeboten. Über die Annahme dieses Angebotes haben Sie die B Aktiengesellschaft spätestens einen Monat vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit der neuen Gesellschaft zu unterrichten. Im Falle des Wiedereintritts gelten die dann bei der B Aktiengesellschaft üblichen vertraglichen Bedingungen und Ihre letzten Gehaltsbezüge bei der neuen Gesellschaft.

        

In den nächsten Tagen werden wir im Rahmen von Informationsveranstaltungen zu den Fragen Stellung nehmen, die für Sie von allgemeinem und besonderem Interesse sind.“

4

Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine mit „Rahmenbedingungen für in das Joint-venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung. Sie hat folgenden Wortlaut:

        

„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:

        

1.    

Die neue Gesellschaft, die ihren Sitz in Ma haben wird, wird die bisherigen Standorte der zur Ausgliederung aus der B AG anstehenden Betriebsteile in Ma und L ab 01.01.87 beibehalten. Standortveränderungen für die Verkaufsbüros sind z. Zt. nicht beabsichtigt. Bei den Standorten H und M kann es mittelfristig zu Umzügen innerhalb der Standorte kommen.

        

2.    

Die neue Gesellschaft wird Mitglied des Arbeitgeberverbands Chemie Baden-Württemberg e. V.

        

3.    

Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (künftig nur: Mitarbeiter), deren Arbeitsverhältnisse am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergehen, erhalten von der B AG eine entsprechende - mit dem Betriebsrat abgestimmte - schriftliche Mitteilung. Betroffen hiervon sind grundsätzlich alle derzeit in dem Geschäft mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen tätigen Mitarbeiter. Sonderfälle sind zwischen Mitarbeiter, Betriebsrat und Unternehmensleitung der B AG mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu beraten.

        

4.    

Ungeachtet der Bestimmung von Ziff. 3 Satz 3 kann jeder Mitarbeiter, der eine Mitteilung gem. Ziff. 3 erhalten hat, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses bis spätestens 31.12.86 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch hat zur Folge, daß das mit der B AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf die neue Gesellschaft übergeht.

        

5.    

Im Falle des Widerspruchs eines Mitarbeiters ist die B AG verpflichtet, diesem unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten einen adäquaten Arbeitsplatz anzubieten. Sofern ein solcher nicht vorhanden oder frei ist, wird das Arbeitsverhältnis regelmäßig einvernehmlich (Aufhebungsvertrag) oder - unter Beachtung der gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen - durch einseitige Gestaltungserklärung (Kündigung des Mitarbeiters oder des Arbeitgebers) enden. Im Falle einer Kündigung durch den Mitarbeiter ist die B AG grundsätzlich bereit, auf die Einhaltung der Kündigungsfrist über den 31.12.86 hinaus zu verzichten. Die Gewährung der Jahresprämie 1986 wird dadurch nicht berührt.

        

6.    

Mitarbeiter mit mindestens 25 Dienstjahren, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs das 55. Lebensjahr vollendet haben und die nicht mehr in die neue Gesellschaft überwechseln wollen, können auf Wunsch in der B AG verbleiben oder durch Aufhebungsvertrag aus der B AG ausscheiden.

        

7.    

Bezüglich der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten derjenigen Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergehen, gilt folgendes:

                 

a)    

Durch den Wechsel in die neue Gesellschaft ändert sich die Tätigkeit der Mitarbeiter in der Regel nicht. Sofern dies im Einzelfall doch der Fall ist, wird die Tätigkeit des Mitarbeiters in der neuen Gesellschaft seiner bisherigen in der B AG zumindest adäquat sein.

                 

b)    

Die mit der B AG abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsverträge gehen zum 01.01.87 vollinhaltlich auf die neue Gesellschaft über. Dies gilt insbesondere auch für die in Teilzeit beschäftigten Mitarbeiter.

                 

c)    

Alle in der B AG zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden kollektiven Regelungen (Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden, betriebliche Übungen), aus denen sich Rechte und Pflichten der Mitarbeiter ergeben, werden mit Wirkung vom 01.01.87 zusätzlicher Bestandteil der jeweiligen Einzelarbeitsverträge der in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeiter (§ 613 a BGB). In Ergänzung und Konkretisierung hierzu wird folgendes festgelegt:

                          

aa)     

Die nachfolgend im einzelnen aufgeführten Regelungen gelten für die am 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter bis zu ihrem Ausscheiden aus der neuen Gesellschaft fort. Verbesserungen und/oder Verschlechterungen dieser Betriebsvereinbarungen in der B AG nach 1987 führen unmittelbar zu einer entsprechenden Verbesserung/Verschlechterung für die zum 01.01.87 überwechselnden B-Mitarbeiter. Im einzelnen handelt es sich hierbei um folgende Regelungen:

                                   

•       

B-Altersversorgung

                                   

•       

Betriebsvereinbarung Nr. 3 (Regelungen für Mitarbeiter mit politischen Mandaten und ehrenamtlichen Tätigkeiten)

                                   

•       

Betriebsvereinbarung Nr. 13 (Jubiläumsgaben und Dienstaltersprämien)

                                   

•       

Betriebsvereinbarung Nr. 14 (Leistungen bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit sowie bei Heilverfahren)

                                   

•       

Betriebsvereinbarung Nr. 32 (Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte) mit der Maßgabe, daß als Bezugsgröße die Bestimmungen der Tarifverträge für Baden-Württemberg gelten.

                                   

•       

Altersteilzeit und Altersfreizeit für AT-Mitarbeiter

                                   

•       

Programm ‚Eltern und Kind’

                                   

•       

‚Absprache zur Behandlung der WSZ bei tariflichen Alters- und Meisterjahressprüngen, bei C.3-Zulagen und Umgruppierungen’, unter Berücksichtigung der baden-württembergischen Tarifgruppenstruktur

                          

bb)     

Ziff. 7 c) aa) gilt entsprechend für folgende, nicht in förmlichen Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden festgelegte Regelungen:

                                   

•       

Die Erhöhung der WSZ bei Tarifmitarbeitern erfolgt bis einschließlich 1992 nach den jährlich in der B AG geltenden Vorgaben.

                                   

•       

Allgemeine Gesundheitsvorsorgemaßnahmen nach Gruppe II

                                   

•       

Gewährung von Hypothekendarlehen der Pensionskasse sowie von Belegschaftsdarlehen und zinslosen Darlehen durch die B AG

                                   

•       

Urlaubsgeldpauschalen für außertarifliche und schwerbehinderte Mitarbeiter

                                   

•       

Gewährung von Pensionierungsurlaub

                                   

•       

Gewährung von Vorzugsaktien für AT-Mitarbeiter (anstelle vermögenswirksamer Leistungen)

                                   

•       

Möglichkeit des Bezugs von B-Aktien im Rahmen der Netto-Jahresprämie

                                   

•       

Gewährung von Zusatzurlaub für die den Schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiter

                                   

•       

Mehrarbeitspauschale und Dienstwagenregelung für Außendienst-Mitarbeiter

                                   

•       

‚Richtlinien für Dienstwagen’ sowie für ‚Bereitschaft, Noteinsätze, Meldung von Überstunden und Abfeiern’ (ORGA)

                          

cc)     

Die zum 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter werden folgende Leistungen entsprechend Ziff. 7 c) aa) - jeweils nach den in der B AG geltenden Regelungen - weiterhin in Anspruch nehmen können:

                                   

•       

Werksärztlicher Dienst der B AG

                                   

•       

Leistungen der Br-Stiftung entsprechend der Satzung

                                   

•       

Werkbücherei

                                   

•       

Privatabgabestellen mit Ausnahme des Technischen Lagers (Schrottlager)

                                   

•       

Belegschaftsrabatt im Verkaufs-Center (Z 23)

                                   

•       

Derzeitiges Kantinenangebot bzw. Essensgeldzuschußzahlung

                                   

•       

Freizeit-/und Abendkursangebot

                          

dd)     

Die B Betriebskrankenkasse wird gesetzliche Pflichtkrankenkasse der neuen Gesellschaft. Freiwillig Versicherte können ihre Mitgliedschaft in der Betriebskrankenkasse fortführen. Mitgliedschaften in der Sterbekasse bleiben unberührt.

                          

ee)     

Bis einschließlich 1990 erhalten die von der B AG in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeiter eine Jahresprämie in Höhe der B AG-Jahresprämie.

                          

ff)     

Die B AG wird sicherstellen, daß die neue Gesellschaft den übertretenden B-Mitarbeitern den in der B AG üblichen Unfallversicherungsschutz (Invaliditätsfall, Todesfall) gewährt.

                          

gg)     

Soweit ein Mitarbeiter, dessen Arbeitsverhältnis am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergeht, Mieter einer G/E-Wohnung ist oder ein zinsloses oder verzinsliches Darlehen von der B AG oder der Pensionskasse erhalten hat, werden die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter (Mietvertrag, Darlehensbedingungen) durch den Übertritt in die neue Gesellschaft nicht berührt.

        

8.    

Hinsichtlich der Dienstreiserichtlinien, der Umzugskostenregelung einschl. der Bedingungen für die Gewährung eines Mietzuschusses sowie der Versetzungs- und Entsendungsrichtlinien verbleibt es für die übertretenden B-Mitarbeiter ab 01.01.87 bei den bisherigen (B-)Regelungen. Die neue Gesellschaft wird diese Regelungen im Interesse einer Vereinheitlichung neu fassen. Die Neufassung darf und wird jedoch insgesamt nicht zu einer Schlechterstellung der übertretenden B-Mitarbeiter führen.

        

9.    

Die vorstehenden Ausführungen (Ziff. 8) gelten entsprechend für die derzeit für die übertretenden Mitarbeiter gültige Gleitzeitregelung.

        

10.     

Mitarbeitern, die dem Schutz des Schwerbehindertengesetzes unterliegen, dürfen durch den Übertritt in die neue Gesellschaft keine Nachteile entstehen. Bei notwendigen Umsetzungen schwerbehinderter Mitarbeiter gilt das in der B AG für Umschulungen praktizierte Verfahren.

        

11.     

Die übertretenden Mitarbeiter können sich bis einschließlich 1992 zu den in der B AG geltenden Bedingungen an der internen Stellenausschreibung in der BASF-Werkszeitung beteiligen. Danach gelten die Regeln für Inlandsgruppengesellschaften.

        

12.     

Die Ausbildungsleistungen, welche die B bislang für den ausgegliederten Betriebsteil erbracht hat, werden durch die Ausgliederung nicht berührt. Darüber hinaus wird die neue Gesellschaft zur Deckung ihres Personalbedarfs vorrangig B-Ausgebildete einstellen.

        

13.     

Über die zuvor ausdrücklich angesprochenen, mit dem Übertritt in die neue Gesellschaft für die Mitarbeiter verbundenen Rechte und Pflichten hinaus werden die Unternehmensleitung und der Betriebsrat der B AG im Rahmen ihrer Möglichkeiten sicherstellen, daß nach Gründung der neuen Gesellschaft Betriebsrat und Unternehmensleitung dieser Gesellschaft in angemessener Frist ein alle nicht ausdrücklich erwähnte Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden und betriebliche Übungen einschließendes eigenständiges kollektives Regelwerk erstellen, welches für die zum 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter insgesamt im Vergleich zu den zum Übertrittszeitpunkt in der B AG geltenden Regelungen nicht zu einer Schlechterstellung führen darf.

        

14.     

Die Eingruppierung und das Entgelt der in die neue Gesellschaft übertretenden B-Mitarbeiter richten sich nach dem Gehaltsrahmen-Tarifvertrag Baden-Württemberg für die chemische Industrie sowie dem am 01.01.87 geltenden Gehaltstarifvertrag. Dabei wird sichergestellt, daß sich die Mitarbeiter bei ihrem Übertritt insgesamt nicht schlechter stellen als nach den bisher für sie geltenden Tarifverträgen des Tarifbezirkes Rheinland-Pfalz. Die tarifliche Eingruppierung sowie die Höhe des Entgelts ergeben sich aus der unter Ziff. 3 genannten schriftlichen Mitteilung an die Mitarbeiter, welche diese spätestens am 10.12.86 erhalten sollen.

                 

Für außertarifliche Mitarbeiter ergibt sich die Höhe des Entgelts unter Berücksichtigung der weitergeltenden BV 32 (vgl. Ziff. 7 c) aa)) aus dem übergehenden Einzelarbeitsvertrag.

        

15.     

Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.

        

…“    

5

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1986 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den Abschluss der JVR 1986 und händigte ihm eine Abschrift hiervon aus. In dem vom Kläger gegengezeichneten und in der Zweitschrift an die Beklagte zurückgesandten Schreiben heißt es, dass er die sich „aus dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ergebenden Rechte und Pflichten den Rahmenbedingungen entnehmen“ könne. Mit Wirkung zum 1. Januar 1987 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C I GmbH über.

6

In den Folgejahren erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren Geschäftsanteile an der C I GmbH. In drei Tranchen - zum 1. Mai 1996, am 16. Juli 1998 sowie am 25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P GmbH, die später in C H GmbH umfirmierte. Im Sommer 2003 informierte die C I GmbH die Beklagte über eine beabsichtigte Verschmelzung auf die C H GmbH, die noch vor der Umwandlung in C GmbH umfirmierte. Auf der Grundlage einer vorherigen Anfrage der C I GmbH erhielten die ehemaligen Mitarbeiter - darunter auch der Kläger - ein Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003. In diesem ist ua. ausgeführt:

        

„… auf Anfrage von C … bestätigen wir Ihnen für den Fall der uns von C mitgeteilten geplanten Verschmelzung … gerne auch persönlich folgendes:

        

Sofern Sie von dem genannten Verschmelzungsvorhaben erfasst sind und für Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem Verschmelzungsvorhaben unberührt.“

7

Zum 1. Februar 2004 verschmolz die C I GmbH auf die C GmbH. Diese informierte Anfang 2005 die Beklagte über die geplante Versetzung mehrerer ihrer ehemaligen Mitarbeiter in neu gegründete Regionalgesellschaften. In diesem Zusammenhang erklärte die Beklagte in einem an ihre - jedenfalls von der Versetzung in die C Nord GmbH & Co. KG und in die C West GmbH & Co. KG betroffenen - ehemaligen Mitarbeiter gerichteten Schreiben vom 10. Februar 2005:

        

„… Sofern auf Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von der Versetzung unberührt.“

8

Auch der Kläger erhielt dieses Schreiben vom 10. Februar 2005. Zum Ablauf des Jahres 2008 verschmolzen einige Regionalgesellschaften auf die C GmbH.

9

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging im Zuge der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH über. Anfang 2005 wechselte der Kläger aufgrund der Ausgliederung in Regionalgesellschaften zu der C R GmbH & Co. KG. Anlässlich der Verschmelzung der Regionalgesellschaften auf die C GmbH zum Ablauf des Jahres 2008 wechselte er wiederum zu dieser Arbeitgeberin und war dort zuletzt als Systemberater beschäftigt.

10

Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde über das Vermögen der C GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 12. Oktober 2009 zum 31. Januar 2010. Über die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch nicht rechtskräftig befunden; jedenfalls war der Betrieb der Insolvenzschuldnerin stillgelegt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. Oktober 2009 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sowie seine Wiedereinstellung geltend, was diese ablehnte.

11

Mit seiner der Beklagten am 1. April 2010 zugestellten Erweiterung der ursprünglich nur auf eine Verurteilung zur Beschäftigung gerichteten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Ziffer 15 der JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes Rückkehrrecht allein unter der - nunmehr eingetretenen - Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Die Bestimmung stehe nicht unter dem Vorbehalt, dass die neue Gesellschaft im Zeitpunkt der Rückkehr noch zum Konzern der Beklagten gehören müsse; dies zeigten auch die Schreiben der Beklagten an ihn aus den Jahren 2003 und 2005. Mit diesen Schreiben sei überdies eine einzelvertragliche Wiedereinstellungszusage erklärt worden.

12

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren zuletzt noch von Bedeutung - beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2009 als Systemberater/technischer Angestellter zu den bei der B üblichen Arbeitsbedingungen mit einer Jahresvergütung in Höhe von 60.000,00 Euro brutto zuzüglich variabler Vergütung unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Januar 1980 anzunehmen.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, es bestehe kein kollektiv-rechtlicher Rückkehranspruch. Mit Ziffer 15 der JVR 1986 hätten die Betriebspartner außerhalb ihrer Normsetzungsbefugnis gehandelt und außerdem im Hinblick auf den Wiedereinstellungsanspruch nach § 13 Abschn. VI des für die Beklagte geltenden Manteltarifvertrags Bergbau, Chemie, Energie (MTV) den Tarifvorrang von § 77 Abs. 3 BetrVG verkannt. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen für einen kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsanspruch nicht gegeben. Das in Ziffer 15 der JVR 1986 vorgesehene Rückkehrrecht sei - wie die gesamten Rahmenbedingungen - auf den Zeitraum befristet, in dem die „neue Gesellschaft“ dem Konzernverbund der Beklagten angehöre. Sachlich sei es auf einen Verlust der Beschäftigungsmöglichkeit in einer Gesellschaft beschränkt, in der der Kläger zuletzt nicht mehr beschäftigt gewesen sei. Ein Wiedereinstellungsanspruch könne nicht auf die Korrespondenz mit den betroffenen Mitarbeitern nach dem Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten gestützt werden. Die Beklagte habe in ihren Schreiben stets auf eine „etwa begründete Rechtsposition“ verwiesen; eine solche habe dem Kläger bereits im Zeitpunkt der Schreiben nicht (mehr) zugestanden.

14

Das Arbeitsgericht hat dem - in der I. Instanz äußerst hilfsweise gestellten - Begehren auf Wiedereinstellung in der Fassung der Antragstellung entsprochen und die ursprünglich vom Kläger in erster Linie sowie hilfsweise verfolgten Beschäftigungsanträge abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - die arbeitsgerichtliche Entscheidung zT abgeändert und den Urteilstenor „zur Klarstellung“ wie folgt gefasst:

        

„Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ab dem 1. Februar 2010 auf einem adäquaten Arbeitsplatz in der B zu den bei der Beklagten üblichen Bedingungen anzunehmen.“

15

Die die Abweisung der Beschäftigungsanträge betreffende Anschlussberufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Der Kläger hat seine - nur diese Anträge betreffende - Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Beklagte begehrt mit ihrer ua. auf die Rügen einer Verletzung von § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO und von § 313 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gestützten Revision die Abweisung(auch) des Wiedereinstellungsantrags. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nicht verfahrensfehlerhaft. Der Entscheidungsausspruch ist weder unbestimmt, noch hat das Berufungsgericht dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO etwas zuerkannt, was dieser nicht beantragt hat. Der Antrag in der vom Landesarbeitsgericht tenorierten Fassung ist zulässig und begründet. Der Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten folgt aus Ziffer 15 der JVR 1986 iVm. den Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005.

17

A. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass der Ausspruch des Berufungsgerichts unbestimmt ist und darüber hinaus dem Kläger etwas zugesprochen hat, was nicht Gegenstand der Klage war.

18

I. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.

19

1. Nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthält ein verfahrensbeendendes Urteil eine Urteilsformel. Diese muss hinreichend deutlich gefasst sein. Das Erfordernis der - von Amts wegen zu prüfenden - Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können(vgl. für den Entscheidungsausspruch im Beschlussverfahren BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 25/09 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 48 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 21). Bei diesen Feststellungen sind Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen, wenn die Urteilsformel den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht für sich gesehen erkennen lässt (für eine klageabweisende Entscheidung vgl. BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 133, 75; BGH 19. Mai 2011 - I ZB 57/10 - Rn. 7 mwN, BGHZ 190, 1). Insbesondere bei einer Verurteilung zu einer Willenserklärung kann zur Ermittlung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Urteilsformel ein Rückgriff auf Tatbestand und Entscheidungsgründe erforderlich sein (vgl. BGH 8. Juni 2011 - VIII ZR 204/10 - Rn. 9 mwN, NJW-RR 2011, 1382). Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Urteilsspruch ist nur dann bestimmt, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist(vgl. BGH 19. Mai 2011 - I ZB 57/10 - Rn. 7 mwN, aaO). Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt(essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“, also Art und Beginn der Arbeitsleistung. Eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden soll (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 32 Rn. 4; Küttner/Röller Personalbuch 2012 19. Aufl. Arbeitsvertrag Rn. 7). Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen; die Vergütung folgt ggf. aus § 612 BGB.

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2. Hiernach ist die Entscheidungsformel im landesarbeitsgerichtlichen Urteil hinreichend bestimmt. Die Verurteilung zur Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags benennt den Zeitpunkt des begehrten Vertragsschlusses. Der Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung in dem mit der Verurteilung zustande gekommenen Vertrag lässt sich ausreichend deutlich klären. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte handelt es sich um eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung. Auch der Inhalt der Tätigkeit ist ausreichend beschrieben. Zwar eröffnet die Formulierung „auf einem adäquaten Arbeitsplatz“ einen Interpretationsspielraum. Entgegen der eigenen Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist damit aber keine „weitgehend unbestimmte Verurteilung der Beklagten vorgenommen“. Unter Hinzuziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ist deutlich, dass die tenorierte Willenserklärung eine Arbeitsleistung des Klägers als Systemberater/technischer Angestellter umfasst. In dieser Tätigkeit war der Kläger zuletzt bei der C GmbH beschäftigt; diese Aufgaben hat auch das Landesarbeitsgericht als „in allererster Linie naheliegend“ erachtet. Mit seinem Ausdruck „adäquater Arbeitsplatz“ meint es zwar einen weiter gefassten Beschäftigungsbereich; auch nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung muss dieser aber der Tätigkeit eines „Systemberaters/technischen Angestellten“ gleichwertig sein. Damit ist letztlich ein weites Direktionsrecht der Beklagten eröffnet. Sie kann dem Kläger bei solch einer Verurteilung alle Aufgaben zuweisen, die ein „Systemberater/technischer Angestellter“ schuldet. Eine „weit gefasste“ Beschreibung der Tätigkeit führt zu einem größeren Spielraum bei den arbeitgeberseitigen Weisungsrechten und nicht zu deren Unklarheit. Die ausgesprochene Verurteilung ist damit ebenso wenig unbestimmt, wie ein Vertrag mit der Beklagten über eine Tätigkeit als „Systemberater/technischer Angestellter“ unwirksam wäre. Auch ein solcher Vertrag enthielte eine Einigung über die „essentialia negotii“.

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II. Das Landesarbeitsgericht hat § 308 Abs. 1 ZPO nicht verletzt. Der Ausspruch in dem angefochtenen Urteil betrifft keinen anderen Streitgegenstand als den vom Kläger zur Entscheidung gestellten.

22

1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu II 2 a der Gründe mwN, EzA ZPO § 256 Nr. 59). Das Gericht darf und muss aber ein Weniger zuerkennen, wenn ein solches Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68). Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um ein Weniger, sondern um ein Aliud handelt. Ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen und Ansprüchen sowie dem erkennbaren Begehren des Klägers ab (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308). Entscheidend sind nicht allein die wörtlichen Ausdrücke von Antrag und Urteilsausspruch, sondern deren - ggf. durch Auslegung zu ermittelnde - streitgegenständlichen Inhalte (ähnlich BGH 3. April 2003 - I ZR 1/01 - zu II 1 a der Gründe mwN, BGHZ 154, 342).

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2. Danach hat das Landesarbeitsgericht § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht verletzt. Der vom Kläger - in den Tatsacheninstanzen äußerst hilfsweise zur Entscheidung - gestellte Antrag ist nach seinem Wortlaut unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme(§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die Abgabe eines Angebots ist in dem Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2009 zu sehen. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 54, AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 14, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 80; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358). Der Kläger hat den Inhalt des mit der erstrebten Annahmeerklärung zustande kommenden Arbeitsvertrags näher beschrieben. Er hat den Zeitpunkt des Vertragsbeginns, die Tätigkeit, die Vergütung sowie eine anzurechnende Betriebszugehörigkeit angegeben. Hinsichtlich der für einen Arbeitsvertragsschluss notwendigen Bestandteile - der nach § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ - hat das Berufungsgericht keine anderen Bedingungen zuerkannt. Eine Modifizierung (und wegen der beschränkten Revisionseinlegung des Klägers insoweit rechtskräftige teilweise Klageabweisung) liegt allenfalls in der zugesprochenen Vergütung und anzurechnenden Betriebszugehörigkeit. Da diese Bestandteile nicht unverzichtbar für die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses sind, liegt hierin aber keine Änderung des Streitgegenstands. Auch der vom Landesarbeitsgericht zuerkannte spätere Beginn des Arbeitsverhältnisses ist eine Einschränkung und keine Änderung des Klagebegehrens (vgl. zu diesem Aspekt BAG 2. Juli 2003 - 7 AZR 529/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 107, 18).

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B. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dem Klageantrag - in dem in der Revision noch angefallenen Umfang - entsprochen. Das zulässige Begehren des Klägers ist begründet.

25

I. Der durch die Revision der Beklagten noch anhängige Antrag ist auch in der Fassung, die er durch die Tenorierung des Landesarbeitsgerichts erfahren hat, zulässig. Er ist - wie ausgeführt - in dieser Fassung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des (anzunehmenden) Arbeitsvertrags ist ausreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. Februar 2010 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere Art und Beginn der Tätigkeit, sind bezeichnet. Die im Klagebegehren angeführten „bei der Beklagten üblichen Bedingungen“ sind nicht unerlässlich für die Bestimmtheit, stehen aber auch außer Streit.

26

II. Der Antrag ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die vom Kläger begehrte Willenserklärung abzugeben.

27

1. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar 2010 (rück-)wirken soll.

28

a) Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).

29

b) Hiernach kann der Kläger die Begründung eines am 1. Februar 2010 beginnenden Arbeitsverhältnisses verlangen. Das Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2009 enthält ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Annahme dieses Angebots ist mit einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert. Das Arbeitsverhältnis gilt nicht zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots als geschlossen.

30

2. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt sein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 4. November 1986. Es kann offenbleiben, ob dieses Schreiben überhaupt ein selbständiges Wiedereinstellungsversprechen enthielte. Selbst wenn man hiervon zu Gunsten des Klägers ausginge, wäre die Zusage mit dem späteren Schreiben der Beklagten vom 9. Dezember 1986, welches der Kläger gegengezeichnet hat, einvernehmlich aufgehoben. Die Beklagte hat in diesem Schreiben auf die JVR 1986 und die dort niedergelegten Rechte und Pflichten verwiesen. Der Kläger hat mit der Gegenzeichnung der Zweitschrift des Schreibens sein Einverständnis damit bekundet, dass nunmehr die JVR 1986 Rechtsgrundlage eventueller nachvertraglicher Verpflichtungen der Beklagten ist und ggf. früher gegebene Versprechen überholt sein sollen.

31

3. Der Anspruch des Klägers auf Abgabe der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Annahmeerklärung folgt aber aus Ziffer 15 der JVR 1986 iVm. den Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005. In Ziffer 15 der JVR 1986 haben die Betriebsparteien für die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer Rückkehr zu der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine Weiterbeschäftigung innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen entgegen der Auffassung der Beklagten keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht steht nicht unter dem - ungeschriebenen - Vorbehalt der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten. Dies ergibt die Auslegung von Ziffer 15 der JVR 1986. Ob sich die Wiedereinstellungszusage sachlich auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der C I GmbH beschränkt oder auch auf einen solchen bei deren Rechtsnachfolgern erstreckt, kann offenbleiben. Das - aufschiebend bedingte - Recht auf eine Rückkehr endete weder mit der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH noch mit dem Wechsel des Klägers zu der C R GmbH & Co. KG. Dies folgt jedenfalls aus den an ihn gerichteten Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005. Die Voraussetzungen des Rückkehrrechts sind erfüllt. Der Unmöglichkeitseinwand der Beklagten ist unbegründet.

32

a) Ziffer 15 der JVR 1986 regelt in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.

33

aa) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987 von der Beklagten auf die C I GmbH übergegangen sind. Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis.

34

bb) Das in Ziffer 15 der JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist nicht aus kollektiv-rechtlichen Gründen unwirksam. Die Betriebsparteien sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergehen, zu regeln. Eine etwaige Unwirksamkeit anderer Bestimmungen in den JVR 1986 führte jedenfalls nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit. Ziffer 15 der JVR 1986 verstößt schließlich nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

35

(1) Mit Ziffer 15 der JVR 1986 in ihrem Verständnis als Wiedereinstellungsanspruch haben die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz nicht überschritten.

36

(a) Bei den JVR 1986 handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung iSe. kollektiv-rechtlichen Normenvertrags zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Eine Betriebsvereinbarung kann über alle Fragen und Angelegenheiten abgeschlossen werden, die nach dem Gesetz der Zuständigkeit des Betriebsrats unterliegen. Dies ist in erster Linie bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt den Betriebsparteien aber auch eine umfassende Kompetenz zu, durch freiwillige Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu treffen (vgl. ausf. BAG 12. Dezember 2006 -  1 AZR 96/06 - Rn. 13 ff., BAGE 120, 308; grundlegend BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211; vgl. auch Linsenmaier RdA 2008, 1; kritisch zur „globalen Regelungskompetenz“ Richardi BetrVG 13. Aufl. § 77 Rn. 67).

37

(b) Hiernach betrifft Ziffer 15 der JVR 1986 im Verständnis eines - aufschiebend bedingten - Rückkehrrechts für die von einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zur „neuen Gesellschaft“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 betroffenen Arbeitnehmer einen zulässigen Regelungsgegenstand. Ein Wiedereinstellungsversprechen kann als Abschlussnorm grundsätzlich zulässiger Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13; vgl. ferner auch 5. Juli 1984 - 2 AZR 246/83 - ohne ausdrückliche Problematisierung bei einem Wiedereinstellungsanspruch aus einem Sozialplan; grds. aA Diehn Rückkehrzusagen beim Betriebsübergang S. 49 ff.).

38

(aa) Die Argumentation der Revision, eine entsprechende Regelungsbefugnis könne nicht auf § 88 BetrVG gestützt werden, vernachlässigt, dass freiwillige Betriebsvereinbarungen nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt sind, sondern - wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt - auch über andere Gegenstände möglich sein sollen. Außerdem zeigt die Regelung in § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht(vgl. näher BAG 12. Dezember 20061 AZR 96/06 - Rn. 14, BAGE 120, 308).

39

(bb) Auch der Verweis der Revision, den Betriebsparteien käme keine auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Normsetzungsbefugnis zu, weil Regelungen zum Arbeitsverhältnis ein solches begriffsnotwendig voraussetzten, geht fehl. Bei Wiedereinstellungsbestimmungen, die - wie im vorliegenden Streitfall - Arbeitnehmer betreffen, die (noch) in einem Arbeitsverhältnis stehen, treffen die Betriebsparteien Regelungen zu diesen Arbeitsverhältnissen. Die von der Beklagten angeführten Legitimationsprobleme bestehen daher nicht.

40

(cc) Der Regelungsgegenstand unterliegt der sachlich-funktionellen Zuständigkeit des Betriebsrats. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er sich auf den Betrieb und auf die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13). Dies ist vorliegend der Fall. Bei Abschluss der JVR 1986 waren die von ihrer Ziffer 15 erfassten Arbeitnehmer (noch) vom Betriebsrat repräsentiert. Die Vorschrift richtet sich nicht an eine „betriebsfremde Belegschaft“. Die Bestimmung in der Betriebsvereinbarung regelt damit nicht in unzulässiger Weise eine Arbeitsbedingung in einem Betrieb eines anderen Arbeitgebers, für deren Gestaltung der Betriebsrat nicht sachlich legitimiert wäre. Sie knüpft zwar - hinsichtlich der aufschiebenden Bedingung des Wegfalls einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen - an einen Sachverhalt an, der sich bei einer anderen Gesellschaft stellt. Die Rechtsfolge der Verpflichtung zur (Wieder-)Begründung des Arbeitsverhältnisses betrifft aber allein die Beklagte. Dies unterfällt der Regelungskompetenz des bei ihr bestehenden Betriebsrats. Die Rückkehrklausel regelt keinen Erwerbertatbestand, sondern einen den Betriebsteilveräußerer - die Beklagte - anbelangenden Sachverhalt.

41

(2) Eine etwaige Unwirksamkeit anderer Bestimmungen in der JVR 1986 hinderte die Annahme der Wirksamkeit von deren Ziffer 15 nicht. Die teilweise Unwirksamkeit der JVR 1986 hat nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge.

42

(a) Nach § 139 BGB ist ein ganzes Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Bei den nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend wirkenden Betriebsvereinbarungen tritt die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit wegen des Normencharakters allerdings nur dann ein, wenn der verbleibende Teil ohne den unwirksamen Teil keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr darstellt(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 40 mwN, BAGE 125, 366).

43

(b) Selbst wenn alle anderen Bestimmungen der JVR 1986 wegfielen, stellte die Rückkehrbestimmung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar. Darauf, ob die Betriebsparteien bei Kenntnis selbst einer überwiegenden Teilunwirksamkeit der JVR 1986 deren Ziffer 15 in gleicher Weise vereinbart hätten, kommt es nicht an (ähnlich im Fall eines Einigungsstellenspruchs BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 57, BAGE 127, 276). Es kann daher auf sich beruhen, ob andere Normen der JVR 1986 die „neue Gesellschaft“ außerhalb der Normsetzungsbefugnis der Betriebsparteien unzulässig unmittelbar verpflichten.

44

(3) Ziffer 15 der JVR 1986 ist nicht - anders als die Revision meint - wegen des Vorrangs einer tariflichen Bestimmung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch einen Tarifvertrag geregelt ist.

45

(a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(vgl. zB BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 110, 252).

46

(b) Hiernach verstößt Ziffer 15 der JVR 1986 nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Gegenstand der Betriebsvereinbarungsbestimmung ist keine durch den Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 - zuletzt in der Fassung vom 16. März 2009 - (MTV) geregelte Arbeitsbedingung. Die einzig in Betracht kommende Bestimmung nach § 13 Abschn. VI Ziff. 1 des MTV lautet:

        

„Wiedereinstellung und betriebsbedingte Umsetzungen

        

Aus betriebsbedingten Gründen entlassene Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate dem Betrieb angehört haben und deren Entlassung nicht mehr als 12 Monate zurückliegt, werden im Falle der Neubesetzung von für sie geeigneten Arbeitsplätzen bevorzugt wieder eingestellt.

        

Kommen mehr entlassene Arbeitnehmer in Betracht, als Arbeitsplätze wieder zur Verfügung stehen, hat der Arbeitgeber unter Beachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG eine sachgerechte Auswahl zu treffen.“

47

Damit regelt § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV nach seinem unmissverständlichen Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck zwar auch einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser ist aber von vornherein auf eine andere Sachmaterie bezogen als die von Ziffer 15 der JVR 1986 geregelte. Während § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV eine Wiedereinstellung im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vorsieht, legt die Betriebsvereinbarungsbestimmung einen solchen im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Übergang von Arbeitsverhältnissen auf eine „andere Gesellschaft“ fest. Tarifnorm und Betriebsvereinbarungsregel ordnen damit zwar die gleiche Rechtsfolge an, regeln aber nicht die gleichen Sachverhalte.

48

b) Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die „Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Ziffer 15 der JVR 1986 nicht für die Zeit der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.

49

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. zB BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 31).

50

bb) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.

51

(1) Der Wortlaut von Ziffer 15 der JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“ überwechselnden Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der Wegfall einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser „neuen Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt.

52

(2) Der Gesamtzusammenhang und die Regelungssystematik deuten nicht zwingend darauf, das Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche Bestimmungen, die - ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die Beibehaltung der bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich deren Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit unterscheidet sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am 4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom 19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic] AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13). Zwar sind die Geltung der „Erhöhung der WSZ bei Tarifmitarbeitern“ nach Ziffer 7 c) bb) erster Punkt der JVR 1986 und die Jahresprämienbestimmung nach Ziffer 7 c) ee) in zeitlicher Hinsicht ebenso limitiert wie die Beteiligung der zur „neuen Gesellschaft“ gewechselten Mitarbeiter an internen Stellenausschreibungen der Beklagten nach Ziffer 11 der JVR 1986. Die in Ziffer 7 c) aa) der JVR 1986 vorgesehene Fortgeltung von bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarungen einschließlich deren späteren Verbesserungen oder Verschlechterungen enthält aber keine zeitlich beschriebene „Veränderungsgrenze“. Auch die entsprechende Anwendung anderer bei der Beklagten geltender kollektiver Regelungen ist unbeschränkt niedergelegt. Den weiter geregelten Möglichkeiten der Inanspruchnahme von unternehmens- und konzernbezogenen Sozialeinrichtungen und Leistungen mag die Vorstellung eines Verbleibs der C I GmbH in der B-Gruppe zugrunde liegen, was jedenfalls in Ziffer 11 Satz 2 der JVR 1986 auch seinen sprachlichen Niederschlag gefunden hat („Regeln für Inlandsgruppengesellschaften“). Notwendig erscheint diese Annahme aber nicht. Augenscheinlich haben die Betriebspartner in dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR 1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten, wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als konzernzugehöriges Unternehmen hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, muss eine ggf. anzunehmende konzernzugehörigkeitsbegrenzte Reichweite der geregelten Leistungen aber nicht auch für die Rückkehrzusage gelten.

53

cc) Sinn und Zweck des in Ziffer 15 der JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen deutlich dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die Konditionen eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin festgelegt, vor allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfelds der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen) Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und die Bedingung hierfür folgerichtig allein an das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen innerhalb der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es anderenfalls die Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand hätte, allein durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der begünstigten Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen könnten von der Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos entwertet werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des Ausscheidens aus der B-Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des Rückkehrrechts gelegen und dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. So kann Ziffer 15 der JVR 1986 aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich nicht auf eine derartige Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt der Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher Verbleib bereits mit dem Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des Konzernverhältnisses oder erst mit der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht gegen einen derartigen ungeschriebenen Vorbehalt.

54

c) Das für den Kläger geltende Rückkehrrecht endete nicht mit dem Wechsel seines Arbeitsverhältnisses zur C GmbH, auf die die C I GmbH mit Wirkung zum 1. Februar 2004 verschmolzen ist.

55

aa) Ob sich das Rückkehrrecht der zu der C I GmbH gewechselten Arbeitnehmer bereits nach Ziffer 15 der JVR 1986 sachlich auch auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Rechtsnachfolger dieser „neuen Gesellschaft“ erstreckt, kann offenbleiben. Es erscheint einerseits klar, dass die Betriebspartner mit „neuer Gesellschaft“ allein die C I GmbH gemeint haben. Der Ausdruck wurde nur deshalb gewählt, weil die Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch nicht feststand. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ mag daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden Gesellschaften - verstanden werden können. Andererseits deutet der bereits dargestellte Zweck des Rückkehrrechts darauf, dass mit ihm weniger der Nachteil wegen des Wechsels der betroffenen Arbeitnehmer zu der „neuen Gesellschaft“ als einem ganz bestimmten Betriebsteilerwerber ausgeglichen werden sollte, sondern es um eine Kompensation dafür ging, die Beklagte als „sichere“ Arbeitgeberin zu verlieren. Die Betriebsparteien bezweckten die Absicherung der ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten für den Fall eines späteren Verlustes ihres (neuen) Arbeitsplatzes aus betrieblichen Gründen. Das Rückkehrrecht kann daher so verstanden werden, dass es sich auch auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit bei einem anderen Rechtsträger erstreckt, auf die die Arbeitsverhältnisse der vormaligen Mitarbeiter der Beklagten infolge von betrieblichen und gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen der „neuen Gesellschaft“ mittlerweile übergegangen sind. Ein solches Verständnis erscheint jedenfalls bei einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung der „neuen Gesellschaft“, die keine Widerspruchsmöglichkeit für die Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB gegen den Übergang oder den Wechsel ihrer Arbeitsverhältnisse auf eine „andere Gesellschaft“ aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge eröffnet, naheliegend. Dies ist der Fall, wenn - wie vorliegend im Zuge der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH - der bisherige Rechtsträger erlischt (vgl. zum Nichtbestehen eines Widerspruchsrechts ausf. BAG 21. Februar 2008 - 8 AZR 157/07 - Rn. 18 ff., BAGE 126, 105). Der betroffene Arbeitnehmer kann bei solch einer Konstellation den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht verhindern. Er würde also allein durch umwandlungsrechtliche Maßnahmen auf Seiten seines Arbeitgebers, die er nicht beeinflussen und deren Rechtsfolgen er nicht abwenden kann, ersatzlos eine wesentliche, ihm günstige Rechtsposition verlieren. Die Frage kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen.

56

bb) Der Kläger hat jedenfalls aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 12. Dezember 2003 auch nach seinem Wechsel zur C GmbH gegenüber der Beklagten ein individualrechtlich versprochenes Rückkehrrecht entsprechend der Ziffer 15 der JVR 1986. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in diesem Schreiben eine Zusage der Weitergeltung der Rückkehrmöglichkeit auch bei einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen bei der C GmbH gesehen.

57

(1) Es kann dahinstehen, ob, wofür vieles spricht, das Schreiben vom 12. Dezember 2003 typische Erklärungen beinhaltet, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist - auch hinsichtlich der Frage, ob mit ihnen überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden soll - (vgl. dazu zB BAG 29. September 2010 -  3 AZR 546/08 - Rn. 17 mwN, AP BetrAVG § 9 Nr. 23 ), oder ob eine nichttypische Regelung vorliegt, deren Auslegung durch die Tatsachengerichte in der Revisionsinstanz nur darauf überprüfbar ist, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (vgl. dazu zB BAG 23. Mai 2007 - 10 AZR 29/07 - Rn. 16 mwN). Die Auslegung des Schreibens durch das Landesarbeitsgericht hielte auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung stand.

58

(2) Das Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 ist nicht lediglich eine Wissenserklärung ohne rechtliche Bindung.

59

(a) Willenserklärungen sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger aufgrund des aus der Erklärung erkennbaren Willens unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Grundsätze von Treu und Glauben(§ 242 BGB) und unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Begleitumstände vernünftigerweise verstehen durfte. Ob der Erklärende einen entsprechenden Geschäftswillen hat, ist für den Eintritt der Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr nicht ausschlaggebend. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger aus einem bestimmten Erklärungsverhalten auf einen Bindungswillen schließen durfte. Erforderlich ist weiterhin, dass der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden konnte, und dass der Erklärungsempfänger es tatsächlich so verstanden hat (vgl. BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 1 der Gründe mwN, EzA BetrAVG § 2 Nr. 20).

60

(b) Die Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger - wie auch gegenüber den anderen ehemaligen Mitarbeitern - dahingehend geäußert, dass „eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition“ von der Verschmelzungsmaßnahme „unberührt“ bleibe. Die Formulierung „unberührt bleibt“ lässt aus der Sicht des Klägers - wie auch der anderen Empfänger dieses Schreibens - auf einen Verpflichtungswillen der Beklagten dahingehend schließen, dass jedenfalls dann, wenn der betroffene Mitarbeiter dem aufschiebend bedingten Rückkehrrecht nach Ziffer 15 der JVR 1986 unterfällt, dieses nicht wegen der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung der C I GmbH und des damit verbundenen Wechsels der Arbeitgeberin beseitigt sein soll. Hierfür sprechen auch die Begleitumstände des Erklärungsverhaltens der Beklagten, die sich auf Anfrage der C I GmbH in persönlichen Einzelschreiben an ihre ehemaligen Arbeitnehmer gewandt und die Nichtrelevanz der geplanten Verschmelzung für eine auf der Grundlage der Ziffer 15 der JVR 1986 „etwa begründete Rechtsposition“ „bestätigt“ hat, ohne dass es auf die vom Landesarbeitsgericht angeführte und von der Beklagten in Abrede gestellte Motivation für dieses Schreiben (Verhinderung des - ohnehin nicht gegebenen - Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses) ankäme. Die Betroffenen - also ua. der Kläger - konnten das Schreiben nur so verstehen, dass die Beklagte zwar kein von den Voraussetzungen nach Ziffer 15 der JVR 1986 unabhängiges Rückkehrrecht zusichern wollte, der Wechsel ihres Arbeitsverhältnisses zu der C GmbH diesem aber nicht entgegenstehen soll. Das aufschiebend bedingte Recht einer Rückkehr, das der Kläger in diesem Zeitpunkt immer noch innehatte, war somit nicht wegen der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung erloschen.

61

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte an ihre Zusage vom 12. Dezember 2003 gebunden ist. Mit der „Versetzung“ des Klägers - es handelte sich wohl eher um einen Übergang seines Arbeitsverhältnisses - zu der C R GmbH & Co. KG hat die Geltungsdauer des Rückkehrrechts nicht geendet. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 10. Februar 2005 erklärt, dass die „nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von der Versetzung unberührt“ bleibe. Auch diese Erklärung beinhaltet eine bindende Zusage dahingehend, den Status als „Rückkehrberechtigten“ trotz eines Wechsels in ausgegliederte Regionalgesellschaften zu sichern. Ist - wie beim Kläger - eine Rechtsposition begründet, sollte nach dem verlautbarten Willen der Beklagten die „Versetzung“ zu einer anderen Gesellschaft den Anspruch auf eine Rückkehr zu ihr nicht tangieren.

62

e) Schließlich bewirkte der (Rück-)Wechsel des Klägers zur C GmbH keinen Untergang des Rückkehrrechts. Hinsichtlich dieser Gesellschaft war dem Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 versprochen, dass eine nach Ziffer 15 der JVR 1986 „etwa begründete“ Rechtsposition (die der Kläger tatsächlich noch innehatte) erhalten bleibt.

63

f) Die Voraussetzungen für den Rückkehranspruch liegen vor. Dessen aufschiebende Bedingung ist eingetreten. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei der C GmbH ist aus betrieblichen Gründen nicht möglich. Deren Betrieb ist stillgelegt. Die Rückkehrbestimmung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht so zu interpretieren, dass sie nur bei einer rechtswirksamen betriebsbedingten Kündigung greift. Der Wiedereinstellungsanspruch setzt nur die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen voraus. Weder Wortlaut, Systematik noch Sinn und Zweck der Regelung enthalten Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der „neuen Gesellschaft“ den Anforderungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG entsprechen - und ggf. sogar einer gerichtlichen Prüfung unterzogen sein - muss. In einem solchen Verständnis hielte das Rückkehrrecht im Übrigen auch der Binnenschranke einer Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht stand. Es handelte sich um eine dem Arbeitnehmer unzumutbare, mit § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbare Bedingung(vgl. BAG 22. November 2005 - 1 AZR 458/04 - Rn. 28, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 176 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 15; 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02 - zu III 1 der Gründe, BAGE 107, 100; zur Angemessenheitskontrolle einer einzelvertraglichen Wiedereinstellungszusage in vorformulierten Vertragsbedingungen vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

64

g) Die von der Beklagten geltend gemachte Unmöglichkeit einer Beschäftigung des Klägers zu den Konditionen des begehrten Arbeitsvertrags steht dem auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klageanspruch nicht entgegen. Mit Rechtskraft der den Vertrag begründenden Annahmeerklärung steht der Vertragsmindestinhalt fest; die Abgabe einer solchen Erklärung ist der Beklagten nicht unmöglich. Allenfalls der - in der Revisionsinstanz nicht (mehr) streitgegenständlichen - Beschäftigungsverpflichtung könnte die Beklagte mit dem Unmöglichkeitseinwand begegnen.

65

C. Die Kostenentscheidung beruht für die Zeit bis zur Rücknahme der Revision des Klägers auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 565 iVm. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, im Übrigen auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Günther Metzinger    

        

    Willms    

                 

(1) Der Arbeitgeber haftet

1.
für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat,
3.
für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird,
4.
für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Absatz 3a der Dritte zu übernehmen hat.

(2) Der Arbeitgeber haftet nicht, soweit Lohnsteuer nach § 39 Absatz 5 oder § 39a Absatz 5 nachzufordern ist und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen des § 38 Absatz 4 Satz 2 und 3 und des § 41c Absatz 4.

(3)1Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.2Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen.3Der Arbeitgeber kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird.4Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,

1.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,
2.
wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat.2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat.

(4)1Für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bedarf es keines Haftungsbescheids und keines Leistungsgebots, soweit der Arbeitgeber

1.
die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder
2.
nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.
2Satz 1 gilt entsprechend für die Nachforderung zu übernehmender pauschaler Lohnsteuer.

(5) Von der Geltendmachung der Steuernachforderung oder Haftungsforderung ist abzusehen, wenn diese insgesamt 10 Euro nicht übersteigt.

(6)1Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist, zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Absatz 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt, neben dem Arbeitgeber.2Der Entleiher haftet nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.3Der Entleiher haftet ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte.4Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist.5Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.6Der Entleiher darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht; § 219 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.7Ist durch die Umstände der Arbeitnehmerüberlassung die Lohnsteuer schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 Prozent des zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer anzunehmen, solange der Entleiher nicht glaubhaft macht, dass die Lohnsteuer, für die er haftet, niedriger ist.8Die Absätze 1 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.9Die Zuständigkeit des Finanzamts richtet sich nach dem Ort der Betriebsstätte des Verleihers.

(7) Soweit der Entleiher Arbeitgeber ist, haftet der Verleiher wie ein Entleiher nach Absatz 6.

(8)1Das Finanzamt kann hinsichtlich der Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer anordnen, dass der Entleiher einen bestimmten Teil des mit dem Verleiher vereinbarten Entgelts einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs notwendig ist; Absatz 6 Satz 4 ist anzuwenden.2Der Verwaltungsakt kann auch mündlich erlassen werden.3Die Höhe des einzubehaltenden und abzuführenden Teils des Entgelts bedarf keiner Begründung, wenn der in Absatz 6 Satz 7 genannte Prozentsatz nicht überschritten wird.

(9)1Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn ein Dritter nach § 38 Absatz 3a dessen Pflichten trägt.2In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber.3Soweit die Haftung des Dritten reicht, sind der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.4Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden; Absatz 4 gilt auch für die Inanspruchnahme des Dritten.5Im Fall des § 38 Absatz 3a Satz 2 beschränkt sich die Haftung des Dritten auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat; der maßgebende Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat.6In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 7 ist als Haftungsschuld der Betrag zu ermitteln, um den die Lohnsteuer, die für den gesamten Arbeitslohn des Lohnzahlungszeitraums zu berechnen und einzubehalten ist, die insgesamt tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer übersteigt.7Betrifft die Haftungsschuld mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen.8In den Fällen des § 38 Absatz 3a ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld zuständig.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. Dezember 2009 - 6 Sa 637/09 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Erstattung des am Personenkraftwagen des Klägers entstandenen Schadens.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2008 in der von der Beklagten betriebenen Klinik als Oberarzt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 9. Mai 2006 fanden auf sein Arbeitsverhältnis ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nebst dem Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung.

3

Am Sonntag, dem 6. Januar 2008, hatte der Kläger Rufbereitschaftsdienst, den er von seinem Wohnort in A aus wahrnahm. Während dieses Dienstes wurde er mehrmals ua. gegen 9:00 Uhr zum Einsatz im Krankenhaus aufgefordert. Auf der Fahrt dorthin hatte er einen Unfall.

4

Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 an seinen Vorgesetzten W sowie den stellvertretenden Verwaltungsleiter der Klinikumsverwaltung F beantragte der Kläger die Erstattung von Pkw-Reparaturkosten und legte auszugsweise dar:

        

„am Sonntag, 06.01.08, befand ich mich in Rufbereitschaft. Es wurde an diesem Tag vor Straßenglätte gewarnt. Ich wurde um ca. 9:00 Uhr zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen. Auf der ST 2045 von A nach L etwa 100 m vor der Abzweigung nach G (siehe Straßenkarte) kam ich mit meinem PKW auf eine Eisplatte und kam ins Rutschen. Der PKW kam nach links auf die Gegenfahrbahn und rutschte von der Fahrbahn in den Graben. Da ich ohne Hilfe das Fahrzeug nicht aus dem Graben fahren konnte, rief ich Herrn B an, der mir mit einer Seilwinde zu Hilfe kam. Der PKW konnte so wieder auf die Straße gestellt werden.

        

Als Zeugen sind … zu benennen.

        

Die Begutachtung des Schadens nahm die Fa. V vor (siehe Anlage). Der Schaden an meinem PKW beträgt € 6.690,80.

        

Ich bitte Sie um Übernahme der Reparaturkosten.“

5

Am Folgetag wandte sich W unter der Betreffangabe: „Unfall von OA Ab am 06.01.2008 im Rahmen der Rufbereitschaft“ schriftlich an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„im Rahmen der derzeit in der Neurologie etablierten Rufbereitschaft ist es am 06.01.2008 zu einem Wegeunfall von der Wohnung von Dr. Ab zur Klinik gekommen.

        

Im Rahmen der Rufbereitschaft ist sein Fahrzeug auf der Staatsstraße 2045 von A zum Klinikum L von der Straße abgekommen. Dabei entstand ein Sachschaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 6.690,80 Euro (siehe beiliegenden Kostenvoranschlag). Ein Personenschaden ist nicht entstanden und wird nicht geltend gemacht.

        

Diese Rufbereitschaft durch die Neurologie ist im Rahmen der Grundversorgung des Krankenhauses etabliert. Ich bitte Sie, zu überprüfen, in wie weit dieser im Rahmen der Rufbereitschaft aufgetretene Sachschaden bei einer Dienstfahrt am Fahrzeug versicherungsmäßig durch den Krankenhausträger abgedeckt ist.

        

Um die näheren Einzelheiten zu besprechen, schlage ich vor, dass wir kurzfristig einen Gesprächstermin miteinander vereinbaren.

        

Im Voraus möchte ich mich für Ihre Hilfe und Unterstützung bedanken, um diesen Schaden entsprechend schnell - auch für den Mitarbeiter - abwickeln zu können.“

6

Der beiden Schreiben beigefügte Kostenvoranschlag der Autohaus V weist voraussichtliche Reparaturkosten von 6.690,80 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) aus. Zu einer Schadensregulierung durch die Beklagte oder deren Versicherung kam es in der Folgezeit nicht.

7

Der Kläger meint, die Beklagte sei dazu verpflichtet, ihm die veranschlagten Reparaturkosten von netto 5.622,52 Euro sowie die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags (75,00 Euro) zu ersetzen und eine Schadenspauschale (30,00 Euro) zu zahlen, da es sich bei der Fahrt von seinem Wohnort in die Klinik um eine Dienstfahrt gehandelt habe. Der Charakter der Fahrt als Dienstfahrt ergebe sich auch aus dem Schreiben seines Vorgesetzten W vom 15. Januar 2008. Mit der Entgegennahme des Anrufs, mit welchem er in die Klinik gerufen worden sei, habe er seinen Dienst aufgenommen. Dies folge ua. daraus, dass es sich bei den Bereitschaftsdienstzeiten um Arbeitszeit iSd. bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 2005 zur Bereitschaftsdienstregelung handele.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.727,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen. Ein Betrag in Höhe von 5.622,52 Euro ist seit dem 16. Januar 2008, ein weiterer Betrag in Höhe von 100,00 Euro seit dem 22. Januar 2008 und ein weiterer Betrag in Höhe von 5,00 Euro seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie bestreitet den Unfallhergang, die behauptete Unfallursache sowie den Umfang der Beschädigungen am Fahrzeug. Außerdem vertritt sie die Auffassung, ein Erstattungsanspruch scheide bereits deshalb aus, weil es sich bei der Fahrt nicht um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt habe. Der Kläger habe im Rahmen seiner Rufbereitschaft die Freiheit der Ortswahl und könne den Aufenthaltsort so wählen, dass er ohne Inanspruchnahme von Hilfe seines Arbeitgebers rechtzeitig seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen könne. Daher trage der Kläger auch das Wegerisiko im Falle seines Einsatzes während der Rufbereitschaftszeit.

11

Im Übrigen bestehe bereits deshalb kein Ersatzanspruch, da der Kläger seine Fahrweise nicht den winterlichen Straßenverhältnissen angepasst habe und dadurch den Unfall grob fahrlässig verschuldet habe.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und einen Ersatzanspruch nach § 670 BGB abgelehnt, da der Kläger sein Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Unfall ereignet haben soll, nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers, sondern in seinem eigenen Betätigungsbereich eingesetzt habe. Es sei die Angelegenheit des Klägers gewesen, wie er während der von ihm geleisteten Rufbereitschaft im Falle des Abrufs der Arbeitsleistung zur Arbeitsstelle gelange. Die Fahrt habe - ungeachtet der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 und des Schreibens des Vorgesetzten des Klägers, W, - nicht während der Arbeitszeit stattgefunden. Obgleich nach § 8 Abs. 3 TVöD die aufgewendete Wegezeit während der Rufbereitschaft wie Arbeitszeit zu vergüten sei, werde die Wegezeit selbst nicht zur Arbeitszeit.

15

Da der Kläger frei darüber habe entscheiden können, an welchem Ort er sich während seiner Rufbereitschaft aufhalte und wie er im Falle des Abrufs zur Arbeitsstelle gelangen könne, sei seine Fahrt zur Arbeitsstelle nach erfolgtem Abruf nicht mehr als im Betätigungsbereich des Arbeitgebers liegend anzusehen. Die Notwendigkeit der Fahrzeugnutzung sei allein durch die Entscheidung des Klägers bedingt gewesen, wo er sich während der Rufbereitschaft aufhalten wolle. Erst die Ausübung dieser Aufenthaltsbestimmung habe ergeben, ob und inwieweit der Kläger im Falle seines Abrufs einen mehr oder weniger weiten Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen musste und ob er hierfür ein Fahrzeug benötigte.

16

Die Rufbereitschaft stelle auch gemäß den einschlägigen tariflichen Bestimmungen und der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23. Dezember 2005 keine Arbeitszeit dar.

17

Auch handele es sich nicht deshalb um eine während der Arbeitszeit angefallene Fahrt, weil der Vorgesetzte des Klägers, W, in seinem Schreiben an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F die Fahrt als Dienstfahrt bezeichnet habe. Es könne dahinstehen, ob der Vorgesetzte tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen sei, die Fahrt des Klägers als Dienstfahrt anzuerkennen, da er dies nach dem Wortlaut des Schreibens nicht getan habe.

18

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

19

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB(analog) in Betracht kommt.

20

Nach § 670 BGB hat der Beauftragte gegen den Auftraggeber Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit eines Eigenschadens ist, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

21

Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor(vgl. BAG 20. April 1989 - 8 AZR 632/87 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20).

22

In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich ua., wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4)oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).

23

2. Im Streitfalle war die Gefahr eines Eigenschadens am Pkw bei Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsort nicht dem Lebensbereich des Klägers, sondern dem Betätigungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Deshalb scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Kläger wegen der Beschädigung seines Pkw in entsprechender Anwendung des § 670 BGB nicht grundsätzlich aus.

24

a) Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen hat der Arbeitnehmer - soweit keine abweichende Vereinbarung existiert - seine Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbst zu tragen (BAG 21. Juli 1993 - 4 AZR 471/92 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Versicherungsgewerbe Nr. 9). Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind erforderliche Handlungen des Arbeitnehmers, um die geschuldete Tätigkeit am Arbeitsplatz aufnehmen zu können.

25

b) Dieser Grundsatz wird vorliegend allerdings dadurch abgeändert, dass der Kläger am 6. Januar 2008 im Rahmen der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung in das Klinikum abgerufen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Fahrzeit des Klägers zum Krankenhaus rechtlich als Arbeitszeit darstellt.

26

aa) Es besteht weder der Grundsatz, dass Eigenschäden eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit immer die Erstattungspflicht des Arbeitgebers auslösen, noch ist eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers stets ausgeschlossen, nur weil der Schaden außerhalb der Arbeitszeit eingetreten ist. So hat es der Senat für einen Entschädigungsanspruch wegen eines Schadens an einem vom Arbeitnehmer benutzten Privatwagen als allein entscheidungserheblich angesehen, ob ein Vorgesetzter den Arbeitnehmer angewiesen hatte, das eigene Fahrzeug für die Fahrt zur Arbeitsstelle (Baustelle) zu benutzen. Ist die Nutzung auf Verlangen des Arbeitgebers erfolgt, fällt die Fahrt - auch wenn diese außerhalb der Arbeitszeit stattfindet - in den Risikobereich des Arbeitgebers. Ist es dem Arbeitnehmer hingegen freigestellt, ob er zur Arbeitsstelle zu Fuß geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt oder im eigenen Interesse sein Fahrzeug nutzt, erfolgt die Nutzung des Pkw nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers (vgl. BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Für die Ersatzpflicht spielt die Frage, ob der Schaden während der Arbeitszeit eingetreten ist, mithin keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten ist.

27

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist ein Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen müssen (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4; 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2; 17. Juli 1997 - 8 AZR 480/95 - AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6) oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG 23. November 2006 - 8 AZR 701/05 - aaO).

28

bb) Dass die Beklagte den Kläger angewiesen hatte, für die Fahrten während der Rufbereitschaft den eigenen Pkw zu verwenden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger durfte es jedoch für erforderlich halten, sein Privatfahrzeug für die Fahrt von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte zu benutzen, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen.

29

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ vom 1. August 2006 (im Folgenden: TVöD-K) Anwendung. Aus § 6 Abs. 5 TVöD-K folgt ua. die Verpflichtung des Klägers, Rufbereitschaftsdienst zu leisten. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 TVöD-K leisten Beschäftigte Rufbereitschaft, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Unter Arbeitsaufnahme ist in diesem Zusammenhang die Aufnahme der geschuldeten Tätigkeit zu verstehen, also im Falle des Klägers der ärztliche Dienstantritt im Klinikum der Beklagten.

30

cc) Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet (BAG 20. Mai 2010 - 6 AZR 1015/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 36). Damit stellt sie keine Freizeit des Arbeitnehmers im eigentlichen Sinne dar. Dass dies auch die Tarifvertragsparteien so sehen, folgt bereits daraus, dass der Rufbereitschaft leistende Arbeitnehmer für diese eine tägliche Pauschale erhält (§ 8 Abs. 3 TVöD-K). Während der Rufbereitschaft hat der Arbeitnehmer - wie während seiner eigentlichen Arbeitszeit - die Verpflichtung, Weisungen seines Arbeitgebers nachzukommen. So hat er sich auf dessen Aufforderung zur Arbeitsstelle zu begeben und dort seine Arbeitsleistung zu erbringen. Da es im Regelfalle nicht in seinem Belieben steht, wann er diese vom Arbeitgeber „abgerufene“ Arbeitsleistung erbringt, sondern weil er dies innerhalb einer den Arbeitseinsatz nicht gefährdenden Zeit tun muss, steht es ihm somit auch nicht frei, wie er sich zur Arbeitsstelle begibt. Er hat regelmäßig die Pflicht, sich auf „schnellstmöglichem Wege“ dorthin zu begeben. Dies gilt insbesondere für den Kläger als Arzt, da dessen Tätigkeit im Krankenhaus nach erfolgtem Abruf während der Rufbereitschaft in der Regel keinen beliebigen Aufschub erlaubt.

31

Damit unterscheidet sich der Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft grundlegend von dem allgemeinen Weg zur Arbeit. Bei Letzterem ist der Arbeitnehmer frei, wann, wie und von wo aus er diesen antritt. Der Arbeitgeber hat lediglich ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer pünktlich an der Arbeitsstelle erscheint. Bei der Rufbereitschaft hingegen hat der Arbeitgeber deren Dauer angeordnet, hat Anspruch auf Mitteilung, wo sich der Arbeitnehmer aufhält und bestimmt den Zeitpunkt, ab welchem dieser sich auf den Weg zur Arbeitsaufnahme machen muss. Daraus ergibt sich ein besonderes Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer angemessenen Zeitspanne ab dem Abruf der Arbeit dieselbe aufnimmt. Wäre dies nicht der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Rufbereitschaft angeordnet.

32

Hält es nunmehr der Arbeitnehmer für erforderlich, mit seinem Privatfahrzeug im Rahmen der Rufbereitschaft zum Arbeitsort zu fahren, weil dies aus seiner Sicht der schnellste Weg ist, um rechtzeitig dort zu erscheinen, so handelt er regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Benutzung des Privatwagens nicht auch den Interessen des Arbeitgebers dient, weil der Arbeitnehmer zB zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller zur Arbeit gelangen könnte als mit seinem Privat-Pkw oder weil er sich in einer den Sinn und Zweck der Rufbereitschaft gefährdenden Entfernung vom Arbeitsort aufhält und nur deshalb auf sein Privatfahrzeug angewiesen ist. Nur in einem solchen Falle, in dem die Nutzung des Privatfahrzeugs ausschließlich den Interessen des Arbeitnehmers dient, scheidet eine Entschädigung des Arbeitgebers für Schäden am Privatfahrzeug des Arbeitnehmers aus. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben war, ist weder von den Parteien vorgetragen noch aufgrund des festgestellten Sachverhalts ersichtlich. Letztlich ist sogar davon auszugehen, dass die Beklagte die Benutzung des Privatwagens für die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort durch den Kläger gebilligt hat. Zwar ist nicht vorgetragen, sie habe davon Kenntnis gehabt, dass er im Falle seiner Rufbereitschaft den Weg von zu Hause zum Dienst mit seinem Privat-Pkw zurücklegen werde. Allerdings musste sie hiervon ausgehen, da eine Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel gerade zu Nachtzeiten oder an Wochenenden außerhalb von Städten und Ballungsräumen den kurzfristigen Arbeitsantritt nicht gewährleistet. Davon, dass auch die Beklagte im Interesse der Patienten ihres Krankenhauses an einem „schnellstmöglichen“ Arbeitsantritt des Klägers nach erfolgtem Abruf interessiert war, ist auszugehen.

33

Da die Benutzung des Privatwagens durch den Kläger aufgrund der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft - auch - in deren gesteigertem Interesse lag, fällt sie letztlich in deren Risikobereich. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich ein Anspruch des Klägers in entsprechender Anwendung des § 670 BGB gegen die Beklagte auf Erstattung des an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschadens gegeben ist.

34

3. Ob der dem Grunde nach gegebene Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB gemindert oder gar ausgeschlossen ist, kann der Senat nicht nach § 563 Abs. 3 ZPO entscheiden. Insoweit bedurfte es der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

35

a) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte (innerbetrieblicher Schadensausgleich) (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

36

Bei der Bewertung, wann und ggf. in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt. Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - mwN, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

37

Im Prozess über einen Entschädigungsanspruch obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung des erlittenen Schadens verlangt. Damit muss er, wenn er vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, darlegen, dass er den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat(vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).

38

b) Da das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur Frage des Verschuldens und zur Schadenshöhe getroffen hat, wird es dies nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Burr    

                 

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 146/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2009 - 4 BV 28/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Arbeitsgerichts wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht AT-Angestellte oder Leiharbeitnehmer sind, unabhängig von deren Tarifgebundenheit eine Eingruppierung in den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vorzunehmen und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Antragsteller ist der für den Betrieb „D“ auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSd. § 3 BetrVG errichtete Betriebsrat.

3

Die Arbeitgeberin ist nach einem mit ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrag aus dem Jahr 2000 an die jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Nordrhein-Westfalen gebunden. Zu diesen gehört der Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2009 (GTV NRW), dessen § 3 die Anforderungen für die Eingruppierung der kaufmännischen und technischen Angestellten bestimmt.

4

Seit November 2008 vereinbart die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsentgelte, bei deren Höhe individuelle Kriterien wie etwa die zuvor erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden. Diese Arbeitnehmer gruppierte die Arbeitgeberin nicht mehr in die Vergütungsordnung des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags ein.

5

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die neu einzustellenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bisher in die Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW einzugruppieren.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht leitende Angestellte bzw. Leiharbeitnehmer sind, eine Eingruppierung in den Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels für Nordrhein-Westfalen vorzunehmen, solange nicht eine Ablösung durch Betriebsvereinbarung zustande gekommen ist oder einen Spruch der Einigungsstelle.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen zuletzt gestellten Antrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Es geht dem Betriebsrat nicht nur um die Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, neu eingestellte Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung in die Entgeltgruppen des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren. Der Betriebsrat möchte auch erreichen, dass die Arbeitgeberin gegenüber dieser Eingruppierungsentscheidung das in § 99 BetrVG geregelte Beteiligungsverfahren einhält. Ihm geht es darum, dass die Arbeitgeberin verpflichtet wird, neu eingestellte Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsordnung einzugruppieren, zu dieser Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Dass hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann auch Gegenstand eines Feststellungsantrags sein.

11

II. Der so verstandene Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern eine Entscheidung über die Eingruppierung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten nach Maßgabe der Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW trifft und das in § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BetrVG vorgesehene Verfahren durchführt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht die Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung unabhängig von der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer bei ver.di. Die Arbeitgeberin ist im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, die Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer den in § 3 GTV NRW geregelten Gehaltsgruppen zuzuordnen. Die dort bestimmte Vergütungsordnung ist der im Betrieb geltende Entlohnungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Diesen können weder die Arbeitgeberin noch die Betriebsparteien auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer beschränken.

12

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

13

2. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und das Arbeitsverhältnis von der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung erfasst wird (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, BAGE 132, 314).

14

3. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, NZA 2011, 1239).

15

4. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131).

16

5. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) Anwendung finden (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, NZA 2011, 1239; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor.

17

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale (BAG 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - zu II 2 der Gründe, BAGE 45, 91). Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323).

18

b) Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein.

19

aa) Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a der Gründe, BAGE 69, 134). § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56 ). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Allerdings unterliegt das Beteiligungsrecht seinerseits der durch den Gesetzes- und Tarifvorbehalt gezogenen Binnengrenze. Der Eingangshalbsatz in § 87 Abs. 1 BetrVG beruht dabei auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 109, 61).

20

bb) Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert weiter, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15).

21

c) Nach der Senatsrechtsprechung ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bereits die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Denn dieser geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191).

22

d) Ein solches Normverständnis des Tarifvorbehalts bewirkt unmittelbar aber nur den Schutz tarifgebundener Arbeitnehmer. Sie können sich gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 1 TVG auf zwingende tarifliche Regelungen bereits individualrechtlich berufen. Bei einer abschließenden tariflichen Regelung einer ansonsten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit bedürfen sie daher nicht des Schutzes der Mitbestimmung. Allerdings führt das alleinige Abstellen auf die Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer Schutzlücke zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer, wenn der Tarifvorbehalt nicht durch Betriebs-, sondern durch Inhaltsnormen bewirkt wird (Kreft FS Kreutz S. 263, 270). Dies widerspricht der gesetzgeberischen Intention, die einseitige Gestaltungsmacht des Arbeitgebers im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG entweder durch eine bestehende tarifliche Regelung oder durch die Mitbestimmung des Betriebsrats zu begrenzen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191) die Auffassung vertreten hat, diese Schutzlücke sei hinnehmbar, weil die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die tariflichen, das jeweilige Mitbestimmungsrecht ausschließenden Rechte durch den Beitritt zur vertragsschließenden Gewerkschaft erlangen können, hält er hieran nicht fest.

23

aa) Gegen ein solches Verständnis des Tarifvorbehalts, wonach der Schutz der Arbeitnehmer vor den sie betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers von der Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft abhängt, spricht bereits der Zweck des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Der notwendigen Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bedarf es nur dann nicht mehr, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag beschränkt werden und damit die Arbeitnehmer angemessen geschützt sind. Zwar mag dem Gesetzgeber bei der Gleichstellung von gesetzlichen und tariflichen Regelungen im Eingangshalbsatz bewusst gewesen sein, dass letztere nur denjenigen umfassend normativ vor einer einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen bewahren, der sich mit seinem Gewerkschaftsbeitritt dieses Schutzes bedienen will (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191). Der Gesetzgeber konnte jedoch auch davon ausgehen, dass bei den erst aufgrund eines kollektiven Bezugs mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine abschließende tarifvertragliche Regelung faktisch zugleich die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schützt. Die Katalogtatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG betreffen nicht vorrangig individuelle Rechtspositionen, sondern die Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft oder jedenfalls Teilen von ihr. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers einen kollektiven Tatbestand erfüllt. Es muss sich daher grundsätzlich eine Regelungsfrage stellen, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt und keine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 19, BAGE 122, 127). Solche Angelegenheiten müssen zwar nicht notwendig für alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer einheitlich geregelt werden. Eine allein an der Verbandszugehörigkeit orientierte Sachgruppenbildung ist jedoch sowohl den Betriebsparteien wie auch dem Arbeitgeber selbst typischerweise verwehrt, was der Gesetzgeber auch in § 75 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck bringt.

24

bb) Eine Auslegung, die den Schutz vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers im Bereich der Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von einem Beitritt zu einer bestimmten Gewerkschaft abhängig macht, greift zudem in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Einzelnen ein und beschränkt diese unverhältnismäßig.

25

Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Zwar ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, bereits ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein Verständnis des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Schutz des Arbeitnehmers von der Zugehörigkeit zu einer vom Arbeitgeber oder seinem Verband als tarifvertragsschließende Partei akzeptierten Gewerkschaft abhängt, verstößt aber gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es verlangt vom Arbeitnehmer - will er wie andere tarifgebundene Betriebsangehörige vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden - darauf zu verzichten, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und darüber hinaus, sich seiner grundrechtlich geschützten Freiheit zu begeben, einer seinen Vorstellungen entsprechenden Arbeitnehmerkoalition beizutreten, in ihr zu verbleiben oder in eine andere Arbeitnehmerkoalition zu wechseln. Denn nur eine dauerhafte Mitgliedschaft in der vom Arbeitgeber ausgewählten tarifschließenden Gewerkschaft würde ihn vor dessen einseitiger Gestaltungsmacht im Bereich der sozialen Mitbestimmung bewahren.

26

e) Die aus der spezifischen normativen Wirkung tariflicher Inhaltsnormen folgende mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke widerspricht aber der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer in den sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG vor der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers zu schützen. Sie ist dementsprechend nach dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands zu schließen. Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung führt dies zur Verpflichtung des Arbeitgebers, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen(Kreft FS Kreutz S. 263, 272 f.). Die Transparenz der betrieblichen Lohngestaltung und die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit erfordern eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges. Der mit dem Beteiligungsrecht beabsichtigte Schutz wird verfehlt, wenn die Zuordnung der Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Entlohnungssystemen allein nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Eine daraus resultierende Aufteilung der Belegschaft ist nicht - wie § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verlangt - tätigkeitsbezogen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c dd [1] der Gründe, BAGE 108, 299). Ihr fehlt es an einem Sachgrund; eine den gesamten Betrieb in Blick nehmende, vergleichende Bewertung des Lohngefüges lässt sie nicht zu.

27

6. Danach ist der Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung zur Anwendung einer tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG selbst dann verpflichtet, wenn es sich hierbei um eine Inhaltsnorm handelt.

28

a) An einer Gestaltung eines für alle Arbeitnehmer geltenden betrieblichen Vergütungssystems sind die Betriebsparteien wegen des Tarifvorbehalts gehindert. Mit dem damit verbundenen Ausschluss des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG korrespondiert für den tarifgebundenen Arbeitgeber deshalb die Verpflichtung, die tarifliche Vergütungsordnung, soweit sie ohne den Tarifvorbehalt dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen würde, im Betrieb anzuwenden. Dies schließt die sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Verpflichtung ein, die vom Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Tätigkeiten der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den ausgebrachten Vergütungsgruppen zuzuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

29

b) Die Bindung des Arbeitgebers an die tarifliche Entgeltstruktur begründet indes keinen Anspruch der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf den Tariflohn. Dies würde zu einer unzulässigen Erstreckung von tariflich geregelten Arbeitsbedingungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer führen, die nicht mit der Schutzlücke gerechtfertigt werden kann, die auf der Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aufgrund des Tarifvorbehalts beruht. Wird die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG durch tarifliche Inhaltsnormen ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber nur insoweit zur Beachtung der Tarifregelung verpflichtet, wie diese das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt. Dies führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflich bestimmte Vergütung erhält. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Senatsrechtsprechung aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (zuletzt BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, sondern umfasst nur die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann daher für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen.

30

7. Danach erweist sich der Feststellungsantrag des Betriebsrats als begründet. Es kann offenbleiben, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit sämtliche im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach der durch § 3 GTV NRW vorgegebenen Entgeltstruktur vergütet hat, was zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist. Die aufgrund des Anerkennungstarifvertrags an die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen gebundene Arbeitgeberin war jedoch im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, auch die Tätigkeit der ab November 2008 eingestellten Arbeitnehmer den Vergütungsgruppen des § 3 GTV NRW zuzuordnen und an dieser Entscheidung den Betriebsrat zu beteiligen. Da der Betriebsrat mit seinem Feststellungsantrag bereits aus diesem Grund durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Arbeitgeberin getroffene Maßnahme, die überwiegend in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten Arbeitnehmerinnen nach einer von ihr festgelegten Entgeltstruktur zu vergüten, gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Brocker    

        

    N. Schuster    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 146/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2009 - 4 BV 28/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Arbeitsgerichts wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht AT-Angestellte oder Leiharbeitnehmer sind, unabhängig von deren Tarifgebundenheit eine Eingruppierung in den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vorzunehmen und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Antragsteller ist der für den Betrieb „D“ auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSd. § 3 BetrVG errichtete Betriebsrat.

3

Die Arbeitgeberin ist nach einem mit ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrag aus dem Jahr 2000 an die jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Nordrhein-Westfalen gebunden. Zu diesen gehört der Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2009 (GTV NRW), dessen § 3 die Anforderungen für die Eingruppierung der kaufmännischen und technischen Angestellten bestimmt.

4

Seit November 2008 vereinbart die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsentgelte, bei deren Höhe individuelle Kriterien wie etwa die zuvor erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden. Diese Arbeitnehmer gruppierte die Arbeitgeberin nicht mehr in die Vergütungsordnung des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags ein.

5

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die neu einzustellenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bisher in die Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW einzugruppieren.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht leitende Angestellte bzw. Leiharbeitnehmer sind, eine Eingruppierung in den Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels für Nordrhein-Westfalen vorzunehmen, solange nicht eine Ablösung durch Betriebsvereinbarung zustande gekommen ist oder einen Spruch der Einigungsstelle.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen zuletzt gestellten Antrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Es geht dem Betriebsrat nicht nur um die Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, neu eingestellte Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung in die Entgeltgruppen des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren. Der Betriebsrat möchte auch erreichen, dass die Arbeitgeberin gegenüber dieser Eingruppierungsentscheidung das in § 99 BetrVG geregelte Beteiligungsverfahren einhält. Ihm geht es darum, dass die Arbeitgeberin verpflichtet wird, neu eingestellte Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsordnung einzugruppieren, zu dieser Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Dass hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann auch Gegenstand eines Feststellungsantrags sein.

11

II. Der so verstandene Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern eine Entscheidung über die Eingruppierung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten nach Maßgabe der Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW trifft und das in § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BetrVG vorgesehene Verfahren durchführt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht die Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung unabhängig von der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer bei ver.di. Die Arbeitgeberin ist im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, die Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer den in § 3 GTV NRW geregelten Gehaltsgruppen zuzuordnen. Die dort bestimmte Vergütungsordnung ist der im Betrieb geltende Entlohnungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Diesen können weder die Arbeitgeberin noch die Betriebsparteien auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer beschränken.

12

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

13

2. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und das Arbeitsverhältnis von der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung erfasst wird (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, BAGE 132, 314).

14

3. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, NZA 2011, 1239).

15

4. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131).

16

5. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) Anwendung finden (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, NZA 2011, 1239; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor.

17

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale (BAG 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - zu II 2 der Gründe, BAGE 45, 91). Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323).

18

b) Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein.

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aa) Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a der Gründe, BAGE 69, 134). § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56 ). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Allerdings unterliegt das Beteiligungsrecht seinerseits der durch den Gesetzes- und Tarifvorbehalt gezogenen Binnengrenze. Der Eingangshalbsatz in § 87 Abs. 1 BetrVG beruht dabei auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 109, 61).

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bb) Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert weiter, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15).

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c) Nach der Senatsrechtsprechung ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bereits die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Denn dieser geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191).

22

d) Ein solches Normverständnis des Tarifvorbehalts bewirkt unmittelbar aber nur den Schutz tarifgebundener Arbeitnehmer. Sie können sich gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 1 TVG auf zwingende tarifliche Regelungen bereits individualrechtlich berufen. Bei einer abschließenden tariflichen Regelung einer ansonsten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit bedürfen sie daher nicht des Schutzes der Mitbestimmung. Allerdings führt das alleinige Abstellen auf die Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer Schutzlücke zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer, wenn der Tarifvorbehalt nicht durch Betriebs-, sondern durch Inhaltsnormen bewirkt wird (Kreft FS Kreutz S. 263, 270). Dies widerspricht der gesetzgeberischen Intention, die einseitige Gestaltungsmacht des Arbeitgebers im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG entweder durch eine bestehende tarifliche Regelung oder durch die Mitbestimmung des Betriebsrats zu begrenzen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191) die Auffassung vertreten hat, diese Schutzlücke sei hinnehmbar, weil die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die tariflichen, das jeweilige Mitbestimmungsrecht ausschließenden Rechte durch den Beitritt zur vertragsschließenden Gewerkschaft erlangen können, hält er hieran nicht fest.

23

aa) Gegen ein solches Verständnis des Tarifvorbehalts, wonach der Schutz der Arbeitnehmer vor den sie betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers von der Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft abhängt, spricht bereits der Zweck des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Der notwendigen Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bedarf es nur dann nicht mehr, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag beschränkt werden und damit die Arbeitnehmer angemessen geschützt sind. Zwar mag dem Gesetzgeber bei der Gleichstellung von gesetzlichen und tariflichen Regelungen im Eingangshalbsatz bewusst gewesen sein, dass letztere nur denjenigen umfassend normativ vor einer einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen bewahren, der sich mit seinem Gewerkschaftsbeitritt dieses Schutzes bedienen will (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191). Der Gesetzgeber konnte jedoch auch davon ausgehen, dass bei den erst aufgrund eines kollektiven Bezugs mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine abschließende tarifvertragliche Regelung faktisch zugleich die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schützt. Die Katalogtatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG betreffen nicht vorrangig individuelle Rechtspositionen, sondern die Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft oder jedenfalls Teilen von ihr. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers einen kollektiven Tatbestand erfüllt. Es muss sich daher grundsätzlich eine Regelungsfrage stellen, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt und keine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 19, BAGE 122, 127). Solche Angelegenheiten müssen zwar nicht notwendig für alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer einheitlich geregelt werden. Eine allein an der Verbandszugehörigkeit orientierte Sachgruppenbildung ist jedoch sowohl den Betriebsparteien wie auch dem Arbeitgeber selbst typischerweise verwehrt, was der Gesetzgeber auch in § 75 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck bringt.

24

bb) Eine Auslegung, die den Schutz vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers im Bereich der Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von einem Beitritt zu einer bestimmten Gewerkschaft abhängig macht, greift zudem in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Einzelnen ein und beschränkt diese unverhältnismäßig.

25

Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Zwar ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, bereits ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein Verständnis des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Schutz des Arbeitnehmers von der Zugehörigkeit zu einer vom Arbeitgeber oder seinem Verband als tarifvertragsschließende Partei akzeptierten Gewerkschaft abhängt, verstößt aber gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es verlangt vom Arbeitnehmer - will er wie andere tarifgebundene Betriebsangehörige vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden - darauf zu verzichten, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und darüber hinaus, sich seiner grundrechtlich geschützten Freiheit zu begeben, einer seinen Vorstellungen entsprechenden Arbeitnehmerkoalition beizutreten, in ihr zu verbleiben oder in eine andere Arbeitnehmerkoalition zu wechseln. Denn nur eine dauerhafte Mitgliedschaft in der vom Arbeitgeber ausgewählten tarifschließenden Gewerkschaft würde ihn vor dessen einseitiger Gestaltungsmacht im Bereich der sozialen Mitbestimmung bewahren.

26

e) Die aus der spezifischen normativen Wirkung tariflicher Inhaltsnormen folgende mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke widerspricht aber der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer in den sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG vor der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers zu schützen. Sie ist dementsprechend nach dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands zu schließen. Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung führt dies zur Verpflichtung des Arbeitgebers, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen(Kreft FS Kreutz S. 263, 272 f.). Die Transparenz der betrieblichen Lohngestaltung und die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit erfordern eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges. Der mit dem Beteiligungsrecht beabsichtigte Schutz wird verfehlt, wenn die Zuordnung der Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Entlohnungssystemen allein nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Eine daraus resultierende Aufteilung der Belegschaft ist nicht - wie § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verlangt - tätigkeitsbezogen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c dd [1] der Gründe, BAGE 108, 299). Ihr fehlt es an einem Sachgrund; eine den gesamten Betrieb in Blick nehmende, vergleichende Bewertung des Lohngefüges lässt sie nicht zu.

27

6. Danach ist der Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung zur Anwendung einer tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG selbst dann verpflichtet, wenn es sich hierbei um eine Inhaltsnorm handelt.

28

a) An einer Gestaltung eines für alle Arbeitnehmer geltenden betrieblichen Vergütungssystems sind die Betriebsparteien wegen des Tarifvorbehalts gehindert. Mit dem damit verbundenen Ausschluss des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG korrespondiert für den tarifgebundenen Arbeitgeber deshalb die Verpflichtung, die tarifliche Vergütungsordnung, soweit sie ohne den Tarifvorbehalt dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen würde, im Betrieb anzuwenden. Dies schließt die sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Verpflichtung ein, die vom Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Tätigkeiten der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den ausgebrachten Vergütungsgruppen zuzuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

29

b) Die Bindung des Arbeitgebers an die tarifliche Entgeltstruktur begründet indes keinen Anspruch der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf den Tariflohn. Dies würde zu einer unzulässigen Erstreckung von tariflich geregelten Arbeitsbedingungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer führen, die nicht mit der Schutzlücke gerechtfertigt werden kann, die auf der Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aufgrund des Tarifvorbehalts beruht. Wird die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG durch tarifliche Inhaltsnormen ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber nur insoweit zur Beachtung der Tarifregelung verpflichtet, wie diese das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt. Dies führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflich bestimmte Vergütung erhält. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Senatsrechtsprechung aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (zuletzt BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, sondern umfasst nur die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann daher für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen.

30

7. Danach erweist sich der Feststellungsantrag des Betriebsrats als begründet. Es kann offenbleiben, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit sämtliche im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach der durch § 3 GTV NRW vorgegebenen Entgeltstruktur vergütet hat, was zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist. Die aufgrund des Anerkennungstarifvertrags an die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen gebundene Arbeitgeberin war jedoch im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, auch die Tätigkeit der ab November 2008 eingestellten Arbeitnehmer den Vergütungsgruppen des § 3 GTV NRW zuzuordnen und an dieser Entscheidung den Betriebsrat zu beteiligen. Da der Betriebsrat mit seinem Feststellungsantrag bereits aus diesem Grund durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Arbeitgeberin getroffene Maßnahme, die überwiegend in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten Arbeitnehmerinnen nach einer von ihr festgelegten Entgeltstruktur zu vergüten, gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Brocker    

        

    N. Schuster    

                 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Juni 2008 - 5 TaBV 225/07 - aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2007 - 5 BV 793/06 - abgeändert.

3. Es wird festgestellt, dass die durch Spruch der Einigungsstelle vom 20. November 2006 beschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung AT-Mitarbeiter unwirksam ist.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

2

Die tarifgebundene Arbeitgeberin hat in mehreren Bundesländern insgesamt vier Betriebe, in denen jeweils Betriebsräte gebildet sind. In den Betrieben kommen verschiedene Tarifverträge zur Anwendung. Diese enthalten unterschiedliche Eingruppierungsvoraussetzungen und Vergütungen in der jeweils höchsten Entgeltgruppe. In den vier Betrieben beschäftigt die Arbeitgeberin zwischen drei und 30 AT-Angestellte.

3

Nachdem die Arbeitgeberin aufgrund einer konzerninternen Vorgabe in allen Betrieben ein Stellenbewertungsverfahren nach Hay eingeführt hatte, beauftragten die vier örtlichen Betriebsräte den Gesamtbetriebsrat, mit der Arbeitgeberin Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Vergütungsstruktur der AT-Angestellten aufzunehmen. Im Laufe dieser Verhandlungen nahm der für den Betrieb O gebildete Betriebsrat die Beauftragung des Gesamtbetriebsrats zurück und schloss Anfang des Jahres 2006 mit der Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung zur Vergütung der AT-Angestellten(BV O).

4

Am 20. November 2006 beschloss die zwischenzeitlich auf Antrag des Gesamtbetriebsrats gebildete Einigungsstelle eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einführung und Ausgestaltung der Vergütung für außertarifliche Angestellte(GBV). Diese gilt nach ihrem persönlichen und räumlichen Geltungsbereich für alle Mitarbeiter mit Ausnahme der leitenden Angestellten. Sie enthält fünf Entgeltgruppen (E 13 bis E 17), denen in einer Anlage konkrete Stellen zugeordnet sind. Das individuelle Gehalt ist dabei im Rahmen der Gehaltsbänder der jeweiligen Entgeltgruppe zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber frei zu vereinbaren.

5

Der Spruch der Einigungsstelle wurde der Arbeitgeberin am 28. November 2006 zugeleitet. Mit ihrem am 12. Dezember 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend gemacht, weil der Gesamtbetriebsrat in dieser Angelegenheit nicht zuständig gewesen sei.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die durch Einigungsstellenspruch vom 20. November 2006 beschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung AT-Vergütung für unwirksam zu erklären.

7

Der Gesamtbetriebsrat hat zur Begründung seines Abweisungsantrags ausgeführt, eine unternehmenseinheitliche Regelung der Grundsätze zur Vergütung der AT-Mitarbeiter sei zur Herstellung der Entgeltgerechtigkeit und Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich.

8

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Antrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der Spruch der Einigungsstelle vom 20. November 2006 ist rechtsunwirksam.

10

I. In dem Verfahren waren gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG neben der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat auch die örtlichen Betriebsräte anzuhören. Die von der Arbeitgeberin begehrte Entscheidung betrifft auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Betriebsräte. Bei einer antragsgemäßen Entscheidung steht zugleich fest, dass das Mitbestimmungsrecht den örtlichen Betriebsräten und nicht dem Gesamtbetriebsrat zusteht(vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - zu B I der Gründe, BAGE 104, 187). Die in den Vorinstanzen unterbliebene Anhörung konnte in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch nachgeholt werden. Der in dem Unterlassen der Anhörung liegende Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts ist von keinem der Beteiligten gerügt worden.

11

II. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig, bedarf aber der Auslegung. Die Arbeitgeberin kann nicht - wie im Antrag formuliert - verlangen, den Spruch der Einigungsstelle für unwirksam zu erklären, denn eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs hat feststellende und nicht rechtsgestaltende Wirkung. Demgemäß ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs zu beantragen( BAG 24. Januar 2006 - 1 ABR 6/05 - Rn. 15, BAGE 117, 27 ). In diesem Sinne ist der Antrag der Arbeitgeberin auch unter Berücksichtigung der zur Antragsauslegung heranzuziehenden Antragsbegründung und ihrem sonstigen Vorbringen zu verstehen.

12

III. Der Antrag der Arbeitgeberin ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war der Gesamtbetriebsrat zur Regelung der Vergütungsgrundsätze der AT-Angestellten nicht zuständig.

13

1. Bei der Regelung der Vergütungsgrundsätze der AT-Angestellten besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Bei außertariflichen Leistungen ist das Mitbestimmungsrecht durch den Einleitungssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht ausgeschlossen. Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten Lohngestaltung schützen. Sie dient der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges. Der Mitbestimmung unterliegt die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien sich die Berechnung der einzelnen Leistungen und deren Höhe im Verhältnis zueinander bestimmen soll (BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 29, BAGE 119, 356). Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich dabei auf kollektive Regelungen. Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - zu B II 1 b bb der Gründe, BAGE 64, 117).

14

2. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Regelung der Vergütungsgrundsätze der AT-Angestellten steht den örtlichen Betriebsräten und nicht originär dem Gesamtbetriebsrat zu.

15

a) Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat für eine Angelegenheit, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft, originär zuständig, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben (BAG 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - Rn. 22, BAGE 120, 146). Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung zu einer Maßnahme, Regelung oder Leistung nur betriebsübergreifend bereit ist. Wenn der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei darüber entscheiden kann, ob er eine Leistung überhaupt erbringt, kann er sie von einer überbetrieblichen Regelung abhängig machen und so die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung herbeiführen (BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 59/05 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 24 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 18). Die bloße Zweckmäßigkeit oder der Wunsch nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung ist dagegen nicht geeignet, in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zu begründen (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 49/02 - zu B II 1 a aa der Gründe, BAGE 109, 71).

16

b) Nach diesen Grundsätzen war der Gesamtbetriebsrat zur Regelung der Vergütungsgrundsätze der AT-Angestellten nicht originär zuständig.

17

aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt die rechtliche Unmöglichkeit einzelbetrieblicher Regelungen nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, obwohl dieser jedenfalls dann unternehmensweit Anwendung findet, wenn die verteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einzelne Betriebe beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht(BAG 3. Dezember 2008 - 5 AZR 74/08 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 206 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 19). Auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG wirkt für Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber überbetrieblich(vgl. BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 19 ff., BAGE 124, 71). Weder der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG wirken indes zuständigkeitsbegründend. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein Gebot der Verteilungsgerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Er ist zugleich Anspruchsgrundlage und Schranke der Rechtsausübung (MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 611 Rn. 1121; MüArbR/Richardi 3. Aufl. § 9 Rn. 6). Dementsprechend begrenzt der Gleichbehandlungsgrundsatz die Regelungsmacht der Betriebsparteien bei der Ausübung der Mitbestimmungsrechte, er hat jedoch keinen Einfluss auf die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen den Betriebsverfassungsorganen. Die Verpflichtung zur Gleichbehandlung ist gleichsam kompetenzakzessorisch. Erst die jeweiligen Betriebsvereinbarungen sind am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 75 Abs. 1 BetrVG zu messen.

18

bb) Fehl geht auch die Annahme der Arbeitgeberin, die Entgeltzahlung betreffe eine freiwillige Leistung, bei der sie mitbestimmungsfrei darüber entscheiden könne, ob sie unternehmenseinheitlich erbracht werden soll oder nicht(vgl. BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 49/02 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 109, 71). Zwar besteht bei den AT-Angestellten keine tarifvertragliche Vergütungspflicht. Fehlt auch eine individualrechtliche Vergütungsvereinbarung, ergibt sich der Entgeltanspruch der AT-Angestellten jedoch aus § 612 Abs. 1 BGB, weil deren Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütung der AT-Angestellten ist damit keine „freiwillige Leistung“ im Sinne des Betriebsverfassungsrechts, von deren Erbringung der Arbeitgeber absehen kann, wenn er sich mit dem Betriebsrat nicht über deren Verteilung einig wird. Ein anderes Verständnis ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 26. August 2008 (- 1 AZR 354/07 - Rn. 21 f., AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 16). Soweit der Senat dort ausgeführt hat, ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber leiste in mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht die gesamte Vergütung „freiwillig“, bezog sich dies auf die Frage, ob das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei fehlender Tarifbindung des Arbeitgebers durch den Tarifvorbehalt in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen ist. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, der Arbeitgeber leiste die Vergütung der AT-Angestellten „freiwillig“ mit der Folge, dass er sie verweigern könne, wenn eine Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat über die Vergütungsgrundsätze nicht zustande komme. Dem Arbeitgeber steht es gerade nicht frei zu entscheiden, ob er die AT-Angestellten vergüten will oder nicht.

19

cc) Ein zwingendes Erfordernis zur unternehmenseinheitlichen Regelung der Vergütungsstruktur für AT-Angestellte folgt auch nicht aus dem Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, das Lohngefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren(BAG 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 2 der Gründe, BAGE 101, 288). Dieser Gesetzeszweck ist von den jeweils zuständigen Betriebsparteien als Normgebern einer Betriebsvereinbarung zu Entlohnungsgrundsätzen bei deren Ausgestaltung zu beachten. Aus ihm ergeben sich jedoch keine Folgen für die Regelungskompetenz in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Ob hierfür der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat originär zuständig ist, richtet sich allein nach § 50 Abs. 1 BetrVG.

20

dd) Soweit der Senat im Beschluss vom 6. Dezember 1988 noch angenommen hat, die Entscheidung, die Vergütung von Vertriebsmitarbeitern zentral für das gesamte Unternehmen einheitlich zu regeln, sei Sache des Unternehmers, weshalb der Gesamtbetriebsrat für die Ausgestaltung der Vergütungsstruktur zuständig sei, wenn sich der Arbeitgeber entschieden habe, das Entgeltsystem für diesen Personenkreis unternehmenseinheitlich festzulegen(- 1 ABR 44/87 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 60, 244), ist diese Rechtsprechung überholt. Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber nur dann, wenn er mitbestimmungsfrei darüber entscheiden kann, ob er eine Leistung überhaupt erbringt, diese auch von einer überbetrieblichen Regelung abhängig machen und so die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung herbeiführen kann ( BAG 18. Oktober 1994 - 1 ABR 17/94  - zu B II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 70 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 47; 30. August 1995 -  1 ABR 4/95  - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 80, 366 ; 11. November 1998 -  7 ABR 47/97  - zu B I 3 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 19 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 17; 13. März 2001 -  1 ABR 7/00  - zu B II 2 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Dies gilt dagegen nicht, soweit die nach § 87 Abs. 1 BetrVG zwingende Mitbestimmung reicht. Hier kann der Arbeitgeber die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht dadurch begründen, dass er eine betriebsübergreifende Regelung verlangt (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 49/02 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 109, 71). Da die Arbeitgeberin - wie dargelegt - nicht frei war zu entscheiden, ob sie die AT-Angestellten überhaupt vergütet, hätte sie auch nicht die Entgeltzahlung von einer unternehmenseinheitlichen Regelung der Vergütungsstruktur der AT-Angestellten abhängig machen und so die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründen können. Diese Rechtsfolge gilt entsprechend, wenn der Gesamtbetriebsrat - wie hier - sein Initiativrecht ausübt und vom Arbeitgeber den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zu den Entlohnungsgrundsätzen der AT-Angestellten verlangt.

21

ee) Aus der von der Arbeitgeberin unternehmensweit durchgeführten Stellenbewertung nach Hay ergibt sich nichts anderes. Das Stellenbewertungsverfahren berücksichtigt die regionalen und betrieblichen Unterschiede der jeweiligen Funktionen, die zu einer differenzierten Bewertung an sich vergleichbarer Stellen führen. Es trägt damit örtlichen Besonderheiten Rechnung und begründet keinen Zwang zu einer unternehmenseinheitlichen Ausgestaltung der Vergütungsstruktur.

22

3. Der Gesamtbetriebsrat war für die Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht kraft Beauftragung durch die örtlichen Betriebsräte nach § 50 Abs. 2 BetrVG zuständig. Die örtlichen Betriebsräte haben zwar zunächst den Gesamtbetriebsrat beauftragt, mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Vergütungsstruktur der AT-Angestellten zu führen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat des Betriebs O die Beauftragung jedoch vor Abschluss des Einigungsstellenverfahrens widerrufen und mit der Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung zur Vergütung der AT-Angestellten abgeschlossen. Die Einigungsstelle ist danach nicht aufgrund einer Beauftragung durch die drei verbleibenden Betriebsräte tätig geworden. Keiner der Beteiligten hat behauptet, die Einigungsstelle habe ihren Beschluss aufgrund einer solchen Beauftragung gefasst. Dagegen spricht auch, dass die GBV für alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin gelten soll und damit auch für die im Betrieb O beschäftigten. Die Einigungsstelle ging damit ersichtlich von einer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG aus. Da es an dieser Zuständigkeit fehlt, ist der Spruch der Einigungsstelle unwirksam. Er kann auch nicht für die drei Betriebe, die den Gesamtbetriebsrat mit der Wahrnehmung der Verhandlungen beauftragt haben, teilweise aufrechterhalten werden, weil nicht auszuschließen ist, dass die Einigungsstelle anders entschieden hätte, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass ihre Entscheidung nur für drei der vier Betriebe kraft Beauftragung durch die örtlichen Betriebsräte gilt.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Münzer    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 146/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2009 - 4 BV 28/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Arbeitsgerichts wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht AT-Angestellte oder Leiharbeitnehmer sind, unabhängig von deren Tarifgebundenheit eine Eingruppierung in den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vorzunehmen und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Antragsteller ist der für den Betrieb „D“ auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSd. § 3 BetrVG errichtete Betriebsrat.

3

Die Arbeitgeberin ist nach einem mit ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrag aus dem Jahr 2000 an die jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Nordrhein-Westfalen gebunden. Zu diesen gehört der Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2009 (GTV NRW), dessen § 3 die Anforderungen für die Eingruppierung der kaufmännischen und technischen Angestellten bestimmt.

4

Seit November 2008 vereinbart die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsentgelte, bei deren Höhe individuelle Kriterien wie etwa die zuvor erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden. Diese Arbeitnehmer gruppierte die Arbeitgeberin nicht mehr in die Vergütungsordnung des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags ein.

5

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die neu einzustellenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bisher in die Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW einzugruppieren.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht leitende Angestellte bzw. Leiharbeitnehmer sind, eine Eingruppierung in den Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels für Nordrhein-Westfalen vorzunehmen, solange nicht eine Ablösung durch Betriebsvereinbarung zustande gekommen ist oder einen Spruch der Einigungsstelle.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen zuletzt gestellten Antrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Es geht dem Betriebsrat nicht nur um die Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, neu eingestellte Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung in die Entgeltgruppen des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren. Der Betriebsrat möchte auch erreichen, dass die Arbeitgeberin gegenüber dieser Eingruppierungsentscheidung das in § 99 BetrVG geregelte Beteiligungsverfahren einhält. Ihm geht es darum, dass die Arbeitgeberin verpflichtet wird, neu eingestellte Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsordnung einzugruppieren, zu dieser Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Dass hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann auch Gegenstand eines Feststellungsantrags sein.

11

II. Der so verstandene Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern eine Entscheidung über die Eingruppierung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten nach Maßgabe der Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW trifft und das in § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BetrVG vorgesehene Verfahren durchführt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht die Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung unabhängig von der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer bei ver.di. Die Arbeitgeberin ist im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, die Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer den in § 3 GTV NRW geregelten Gehaltsgruppen zuzuordnen. Die dort bestimmte Vergütungsordnung ist der im Betrieb geltende Entlohnungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Diesen können weder die Arbeitgeberin noch die Betriebsparteien auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer beschränken.

12

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

13

2. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und das Arbeitsverhältnis von der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung erfasst wird (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, BAGE 132, 314).

14

3. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, NZA 2011, 1239).

15

4. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131).

16

5. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) Anwendung finden (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, NZA 2011, 1239; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor.

17

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale (BAG 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - zu II 2 der Gründe, BAGE 45, 91). Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323).

18

b) Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein.

19

aa) Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a der Gründe, BAGE 69, 134). § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56 ). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Allerdings unterliegt das Beteiligungsrecht seinerseits der durch den Gesetzes- und Tarifvorbehalt gezogenen Binnengrenze. Der Eingangshalbsatz in § 87 Abs. 1 BetrVG beruht dabei auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 109, 61).

20

bb) Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert weiter, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15).

21

c) Nach der Senatsrechtsprechung ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bereits die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Denn dieser geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191).

22

d) Ein solches Normverständnis des Tarifvorbehalts bewirkt unmittelbar aber nur den Schutz tarifgebundener Arbeitnehmer. Sie können sich gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 1 TVG auf zwingende tarifliche Regelungen bereits individualrechtlich berufen. Bei einer abschließenden tariflichen Regelung einer ansonsten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit bedürfen sie daher nicht des Schutzes der Mitbestimmung. Allerdings führt das alleinige Abstellen auf die Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer Schutzlücke zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer, wenn der Tarifvorbehalt nicht durch Betriebs-, sondern durch Inhaltsnormen bewirkt wird (Kreft FS Kreutz S. 263, 270). Dies widerspricht der gesetzgeberischen Intention, die einseitige Gestaltungsmacht des Arbeitgebers im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG entweder durch eine bestehende tarifliche Regelung oder durch die Mitbestimmung des Betriebsrats zu begrenzen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191) die Auffassung vertreten hat, diese Schutzlücke sei hinnehmbar, weil die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die tariflichen, das jeweilige Mitbestimmungsrecht ausschließenden Rechte durch den Beitritt zur vertragsschließenden Gewerkschaft erlangen können, hält er hieran nicht fest.

23

aa) Gegen ein solches Verständnis des Tarifvorbehalts, wonach der Schutz der Arbeitnehmer vor den sie betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers von der Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft abhängt, spricht bereits der Zweck des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Der notwendigen Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bedarf es nur dann nicht mehr, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag beschränkt werden und damit die Arbeitnehmer angemessen geschützt sind. Zwar mag dem Gesetzgeber bei der Gleichstellung von gesetzlichen und tariflichen Regelungen im Eingangshalbsatz bewusst gewesen sein, dass letztere nur denjenigen umfassend normativ vor einer einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen bewahren, der sich mit seinem Gewerkschaftsbeitritt dieses Schutzes bedienen will (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191). Der Gesetzgeber konnte jedoch auch davon ausgehen, dass bei den erst aufgrund eines kollektiven Bezugs mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine abschließende tarifvertragliche Regelung faktisch zugleich die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schützt. Die Katalogtatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG betreffen nicht vorrangig individuelle Rechtspositionen, sondern die Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft oder jedenfalls Teilen von ihr. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers einen kollektiven Tatbestand erfüllt. Es muss sich daher grundsätzlich eine Regelungsfrage stellen, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt und keine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 19, BAGE 122, 127). Solche Angelegenheiten müssen zwar nicht notwendig für alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer einheitlich geregelt werden. Eine allein an der Verbandszugehörigkeit orientierte Sachgruppenbildung ist jedoch sowohl den Betriebsparteien wie auch dem Arbeitgeber selbst typischerweise verwehrt, was der Gesetzgeber auch in § 75 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck bringt.

24

bb) Eine Auslegung, die den Schutz vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers im Bereich der Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von einem Beitritt zu einer bestimmten Gewerkschaft abhängig macht, greift zudem in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Einzelnen ein und beschränkt diese unverhältnismäßig.

25

Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Zwar ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, bereits ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein Verständnis des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Schutz des Arbeitnehmers von der Zugehörigkeit zu einer vom Arbeitgeber oder seinem Verband als tarifvertragsschließende Partei akzeptierten Gewerkschaft abhängt, verstößt aber gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es verlangt vom Arbeitnehmer - will er wie andere tarifgebundene Betriebsangehörige vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden - darauf zu verzichten, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und darüber hinaus, sich seiner grundrechtlich geschützten Freiheit zu begeben, einer seinen Vorstellungen entsprechenden Arbeitnehmerkoalition beizutreten, in ihr zu verbleiben oder in eine andere Arbeitnehmerkoalition zu wechseln. Denn nur eine dauerhafte Mitgliedschaft in der vom Arbeitgeber ausgewählten tarifschließenden Gewerkschaft würde ihn vor dessen einseitiger Gestaltungsmacht im Bereich der sozialen Mitbestimmung bewahren.

26

e) Die aus der spezifischen normativen Wirkung tariflicher Inhaltsnormen folgende mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke widerspricht aber der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer in den sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG vor der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers zu schützen. Sie ist dementsprechend nach dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands zu schließen. Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung führt dies zur Verpflichtung des Arbeitgebers, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen(Kreft FS Kreutz S. 263, 272 f.). Die Transparenz der betrieblichen Lohngestaltung und die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit erfordern eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges. Der mit dem Beteiligungsrecht beabsichtigte Schutz wird verfehlt, wenn die Zuordnung der Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Entlohnungssystemen allein nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Eine daraus resultierende Aufteilung der Belegschaft ist nicht - wie § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verlangt - tätigkeitsbezogen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c dd [1] der Gründe, BAGE 108, 299). Ihr fehlt es an einem Sachgrund; eine den gesamten Betrieb in Blick nehmende, vergleichende Bewertung des Lohngefüges lässt sie nicht zu.

27

6. Danach ist der Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung zur Anwendung einer tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG selbst dann verpflichtet, wenn es sich hierbei um eine Inhaltsnorm handelt.

28

a) An einer Gestaltung eines für alle Arbeitnehmer geltenden betrieblichen Vergütungssystems sind die Betriebsparteien wegen des Tarifvorbehalts gehindert. Mit dem damit verbundenen Ausschluss des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG korrespondiert für den tarifgebundenen Arbeitgeber deshalb die Verpflichtung, die tarifliche Vergütungsordnung, soweit sie ohne den Tarifvorbehalt dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen würde, im Betrieb anzuwenden. Dies schließt die sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Verpflichtung ein, die vom Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Tätigkeiten der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den ausgebrachten Vergütungsgruppen zuzuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

29

b) Die Bindung des Arbeitgebers an die tarifliche Entgeltstruktur begründet indes keinen Anspruch der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf den Tariflohn. Dies würde zu einer unzulässigen Erstreckung von tariflich geregelten Arbeitsbedingungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer führen, die nicht mit der Schutzlücke gerechtfertigt werden kann, die auf der Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aufgrund des Tarifvorbehalts beruht. Wird die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG durch tarifliche Inhaltsnormen ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber nur insoweit zur Beachtung der Tarifregelung verpflichtet, wie diese das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt. Dies führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflich bestimmte Vergütung erhält. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Senatsrechtsprechung aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (zuletzt BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, sondern umfasst nur die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann daher für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen.

30

7. Danach erweist sich der Feststellungsantrag des Betriebsrats als begründet. Es kann offenbleiben, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit sämtliche im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach der durch § 3 GTV NRW vorgegebenen Entgeltstruktur vergütet hat, was zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist. Die aufgrund des Anerkennungstarifvertrags an die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen gebundene Arbeitgeberin war jedoch im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, auch die Tätigkeit der ab November 2008 eingestellten Arbeitnehmer den Vergütungsgruppen des § 3 GTV NRW zuzuordnen und an dieser Entscheidung den Betriebsrat zu beteiligen. Da der Betriebsrat mit seinem Feststellungsantrag bereits aus diesem Grund durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Arbeitgeberin getroffene Maßnahme, die überwiegend in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten Arbeitnehmerinnen nach einer von ihr festgelegten Entgeltstruktur zu vergüten, gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Brocker    

        

    N. Schuster    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrats der E GmbH und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 7. Januar 2009 - 2 TaBV 17/08 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung neu gefasst:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 26. März 2008 - 7 BV 149/07 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle zu „Arbeitszeit und Überstunden“ vom 16. November 2007 hinsichtlich der Präambel unwirksam ist.

Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs zur Arbeitszeit.

2

Die tarifgebundene Arbeitgeberin ist ein mit der Entsorgung von Müll und Schadstoffen beauftragtes Unternehmen. Die Arbeitgeberin und die k GmbH schlossen im Jahr 2003 mit der Gewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG(ZuordnungsTV), nach dem für beide Unternehmen eine gemeinsame Arbeitnehmervertretung (Gemeinsamer Betriebsrat) gebildet wurde.

3

Der nach dem ZuordnungsTV gebildete Gemeinsame Betriebsrat kündigte zum 31. Dezember 2005 eine für die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin geltende Betriebsvereinbarung über die Anordnung von Überstunden. Nachdem Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung in der Folgezeit erfolglos blieben, verständigten sich der Gemeinsame Betriebsrat und die beiden am ZuordnungsTV beteiligten Arbeitgeberinnen auf die Bildung einer Einigungsstelle zum Thema Überstunden. Während des Einigungsstellenverfahrens haben beide Seiten Entwürfe für Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeitfragen vorgelegt. Am 16. November 2007 entschied die Einigungsstelle gegen die Stimmen der vom Betriebsrat benannten Beisitzer durch einen Spruch über die Arbeitszeit der im Bereich STS der Arbeitgeberin beschäftigen Arbeitnehmer (BV Arbeitszeit), der auszugsweise lautet:

        

„Präambel

        

Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber besteht Einvernehmen, dass die Einführung von Arbeitszeitkonten dem Unternehmen die Möglichkeit gibt, die Arbeitszeitgestaltung den betrieblichen Bedürfnissen anzupassen, die Arbeitszeiten am Bedarf der Kunden auszurichten, den Mitarbeitern mehr Freiheit in Arbeitszeitgestaltung zu geben und die Anzahl der Überstunden zu reduzieren. Im Rahmen der Sicherung der Ertragskraft der E ist die Einführung von Arbeitszeitkonten ein wesentliches Element zur Verbesserung der Ertragssituation.

        

…       

        

§ 2 Sollarbeitszeit

        

(1)     

Die wöchentliche Arbeitszeit verteilt sich auf die Tage Montag bis Freitag. Die tägliche Sollarbeitszeit ergibt sich bei Vollzeitbeschäftigten aus einem Fünftel der vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit. …

        

…       

        

(3)     

Zeiten, zu denen die Beschäftigten wegen Erholungsurlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiungen oder Arbeitsunfähigkeit unter Fortzahlung der Bezüge ganztägig abwesend sind, werden mit der Sollarbeitszeit je Arbeitstag berücksichtigt.

        

…       

        

§ 4 Rahmenarbeitszeit

        

(1)     

Es wird gemäß § 6 Abs. 7 TVöD eine tägliche Rahmenarbeitszeit von Montag bis Freitag von 6.30 Uhr bis 16.00 Uhr eingeführt.

        

(2)     

…       

        

§ 5 Kernarbeitszeit und Servicezeit

        

(1)     

…       

        

(2)     

Die Kernarbeitszeit der Beschäftigten umfasst Montag bis Freitag die Zeit von 6.30 Uhr bis 14.00 Uhr.

        

(3)     

Die Servicezeit ist die Zeit, die zur Erledigung der im jeweiligen Arbeitsbereich anfallenden Aufgaben erforderlich ist.

        

(4)     

Die Servicezeit der Beschäftigten umfasst Montag bis Freitag die Zeit ab 6.30 Uhr und endet, wenn die vorgegebenen Tagesaufgaben (z.B. Touren) erledigt sind. Die Servicezeiten sind laufend zu überprüfen und dem Arbeitsanfall sowie der personellen Situation anzupassen.

        

…       

        

§ 8 Überstunden

        

…       

        

(3)     

Für den Freizeitausgleich und die Bezahlung von Überstunden gelten die tariflichen Regelungen des TVöD. Überstunden sind vorrangig vor sonstigen Arbeitszeitguthaben und zeitnah durch Freizeitausgleich auszugleichen. … Der Ausgleich erfolgt in Abstimmung zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten. Hierbei sind die betrieblichen Belange zu berücksichtigen.

        

§ 9 Zeiterfassung

        

Die Zeiterfassung erfolgt je nach Arbeitsbereich auf der Basis der Rapporte, Tachoscheiben bzw. Fahrerkarten oder, soweit vorhanden, der elektronischen Zeiterfassung. Bei der Erfassung der Zeiten über Tachoscheiben bzw. Fahrerkarten wird zum Arbeitsende eine weitere Arbeitszeit von 10 Minuten berücksichtigt.

        

§ 10 Arbeitszeitkonto

        

(1)     

Für jeden Beschäftigten wird ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TVöD geführt, in dem die persönlichen Anwesenheitszeiten erfasst werden. …

        

(2)     

Auf das Arbeitszeitkonto können folgende Zeiten durch die Beschäftigten gebucht werden:

                 

-       

Zeiten, die nicht nach § 6 Abs. 2 TVöD eines Jahres ausgeglichen werden (Arbeitszeitguthaben oder Arbeitszeitschuld);

                 

-       

Zeiten nach § 8 Abs. 1 Satz 5 TVöD (Überstunden ohne Zeitzuschlag) und § 8 Abs. 2 TVöD (nicht ausgeglichene Mehrarbeitsstunden);

                 

-       

in Zeit umgewandelte Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 4 TVöD;

                 

-       

ggf. in Zeit umgewandeltes Entgelt für Rufbereitschaft, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen;

        

(3)     

Die Entscheidung darüber, welche Zeiten auf dem Arbeitszeitkonto gebucht werden, ist von den Beschäftigten schriftlich ein Monat im Voraus jeweils für einen Zeitraum von einem Jahr zu treffen.

        

(4)     

Die höchstmögliche Arbeitszeitschuld beträgt 40 Stunden, das höchstzulässige Arbeitszeitguthaben 100 Stunden. … Ein Arbeitszeitsaldo von mehr als 30 Minusstunden oder mehr als 80 Plusstunden darf nur vorübergehend nach vorheriger Vereinbarung mit dem Vorgesetzten erreicht werden. In diesen Fällen kann der Vorgesetzte Arbeitszeit oder Freizeit anordnen. Hierbei sind die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen.

        

(5)     

Freizeitausgleich kann nach Absprache mit dem Vorgesetzten nur nach Ablauf folgender Fristen ab Antragstellung genommen werden: Einzelne Tage mit einem Vorlauf von einer Woche. Mehrere Tage mit einem Vorlauf von 2 Wochen. Der Vorgesetzte kann die Genehmigung des Freizeitausgleichs nur aus dringenden betrieblichen Gründen versagen. Ein Freizeitausgleich in den Wochen, die Feiertage bzw. Schulferien beinhalten bzw. in denen Nachholtage anfallen, ist nur in Ausnahmefällen möglich.

                 

Widerruft der Arbeitgeber einen bereits genehmigten Freizeitausgleich innerhalb einer kürzeren Frist als 24 Stunden, entsteht ein Anspruch auf einen Zeitzuschlag von 15 %, bezogen auf die Stunden des widerrufenen Freizeitausgleichs. Dieser Zeitzuschlag ist auf das Arbeitszeitkonto zu buchen; ein Anspruch auf Auszahlung besteht nicht.“

4

Der vom Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnete Spruch ist dem Gemeinsamen Betriebsrat am 21. November 2007 zugeleitet worden.

5

Mit seinem am 3. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Gemeinsame Betriebsrat die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle habe mit der Präambel und § 9 BV Arbeitszeit ihre Regelungskompetenz überschritten. Die in § 2 Abs. 3 BV Arbeitszeit getroffene Festlegung über die Zeitgutschrift bei entschuldigter Arbeitsversäumnis verstoße gegen zwingende gesetzliche und tarifliche Bestimmungen. Bei den Regelungen der Rahmenarbeitszeit (§ 4 Abs. 1 BV Arbeitszeit) und über das Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 5 Abs. 2 bis 4 BV Arbeitszeit) habe die Einigungsstelle nur eine unvollständige Teilregelung getroffen, die überdies sein Mitbestimmungsrecht unzulässig verkürze und ermessensfehlerhaft sei. Die Vorschrift über die Gewährung von Freizeitausgleich (§ 8 Abs. 3 Satz 2 BV Arbeitszeit) sei mit den tariflichen Vorgaben ebenso unvereinbar wie die Vorschriften über das Arbeitszeitkonto (§ 10 BV Arbeitszeit), bei dessen Ausgestaltung überdies die Interessen der Arbeitnehmer unberücksichtigt geblieben seien.

6

Der Gemeinsame Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 16. November 2007 zu „Arbeitszeit und Überstunden bei der E GmbH (E), RES und STS sowie der k GmbH“ unwirksam ist.

7

Die Arbeitgeberin und die k GmbH haben beantragt, den Antrag abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsantrag abgewiesen. Das Landearbeitsgericht hat die Unwirksamkeit von § 9 BV Arbeitszeit festgestellt und die weitergehende Beschwerde des Gemeinsamen Betriebsrats zurückgewiesen. Hiergegen haben dieser und die durch den ZuordnungsTV verbundenen Arbeitgeberinnen Rechtsbeschwerde eingelegt. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist der ZuordnungsTV zum 31. Dezember 2009 gekündigt worden. Für die Betriebe der Arbeitgeberin und der k GmbH sind bei den regulären Betriebsratswahlen im Frühjahr 2010 jeweils Einzelbetriebsräte gewählt worden. In der Anhörung vor dem Senat ist das Rechtsbeschwerdeverfahren nach entsprechenden Verfahrenserklärungen hinsichtlich der k GmbH und des bei ihr gebildeten Betriebsrats eingestellt worden. Der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat verfolgt den ursprünglich vom Gemeinsamen Betriebsrat erhobenen Feststellungsantrag weiter, während die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde dessen vollständige Abweisung begehrt.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist im Wesentlichen unbegründet, während die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin begründet ist. Der Feststellungsantrag unterliegt bis auf einen geringen Teil der Abweisung, weil der Einigungsstellenspruch vom 16. November 2007 mit Ausnahme der Präambel wirksam ist.

10

I. Die ursprünglich vom Gemeinsamen Betriebsrat eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass während des Rechtsbeschwerdeverfahrens das Amt des als Antragsteller beteiligten Gemeinsamen Betriebsrats geendet hat. Der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat ist dessen Funktionsnachfolger und hat das Anfechtungsverfahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz fortgeführt.

11

II. Der Antrag ist zulässig.

12

1. Mit seinem zutreffend im Wege eines Feststellungsantrags (BAG 14. September 2010 - 1 ABR 30/09 - Rn. 10) verfolgten Begehren macht der Betriebsrat die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 16. November 2007 geltend. Dies umfasst die Prüfung, ob der Einigungsstellenspruch aus den vom Betriebsrat angeführten Gründen ganz oder teilweise unwirksam ist.

13

2. An dem Verfahren sind nur noch die Arbeitgeberin und deren Betriebsrat beteiligt. Weitere Personen oder Stellen sind nicht nach § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhören. Die bis zum 31. Dezember 2009 mit der Arbeitgeberin durch den ZuordnungsTV verbundene k GmbH ist ebenso wie der dort errichtete Betriebsrat nicht mehr am Verfahren beteiligt, da diese durch die Entscheidung über die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs nicht in ihrer jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen werden können. Der durch den ZuordnungsTV errichtete Gemeinschaftsbetrieb besteht nicht mehr. Bei den regulären Betriebsratswahlen im Jahr 2010 sind in den Betriebsstätten der zuvor verbundenen Arbeitgeberinnen jeweils getrennte Betriebsräte gewählt worden. Die Wirksamkeit der BV Arbeitszeit ist für die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsrat der k GmbH repräsentierten Arbeitnehmer ohne Bedeutung. Ihr persönlicher Geltungsbereich ist auf die im Bereich STS der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Aus diesem Grund wird auch die betriebliche Leitungsmacht der k GmbH nicht beeinträchtigt.

14

III. Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist weitgehend unbegründet.

15

1. Der Betriebsrat hat bei der Regelung der betrieblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG mitzubestimmen.

16

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist der Betriebsrat zu beteiligen bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das nach dieser Bestimmung dem Betriebsrat zustehende Mitbestimmungsrecht besteht auch bei der Einführung und Ausgestaltung variabler Arbeitszeitmodelle (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 52/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 6). Wird durch eine solche Regelung die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzt oder verlängert, ist der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu beteiligen.

17

b) Nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG hat der Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen, soweit die betreffende Angelegenheit tariflich geregelt ist. Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben. Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln. In einer solchen Regelung können sie den Betriebsparteien auch die Möglichkeit eröffnen, von der tariflichen Regelung durch eine freiwillige, nicht durch Spruch der Einigungsstelle erzwingbare Regelung abzuweichen (BAG 30. Mai 2006 - 1 ABR 21/05 - Rn. 23, EzA § 4 TVG Chemische Industrie Nr. 9).

18

c) Haben die Tarifvertragsparteien Arbeitszeitfragen geregelt, die dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG unterliegen, und dabei den Betriebsparteien einen Gestaltungsraum vorgegeben, ist daran auch die Einigungsstelle nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG gebunden. Hält sich deren Entscheidung innerhalb des ihr eröffneten Entscheidungsrahmens, liegt ein Ermessensfehler iSd. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG regelmäßig nicht vor. Bei einem durch Tarifvertrag beschränkten Gestaltungsraum der Betriebsparteien ist ohne Hinzutreten von besonderen Umständen davon auszugehen, dass bereits durch die Begrenzung der betrieblichen Regelungsmacht die Interessen der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite ausreichend berücksichtigt worden sind. Im Übrigen ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung des von der Einigungsstelle ausgeübten Ermessens iSd. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG, ob die Regelung im Verhältnis zwischen den Betriebsparteien untereinander einen billigen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat als Sachwalter der Belegschaft darstellt. Die gerichtliche Beurteilung bezieht sich allein auf die getroffene Regelung. Ein rechtlich erheblicher Fehler iSv. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn sich die von der Einigungsstelle getroffene Regelung nicht als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer erweist(BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 11/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 106, 95). Die Frage, ob die der Einigungsstelle gezogenen Grenzen des Ermessens eingehalten sind, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (BAG 30. Mai 2006 - 1 ABR 21/05 - Rn. 37, EzA § 4 TVG Chemische Industrie Nr. 9).

19

2. Der Einigungsstellenspruch vom 16. November 2007 ist lediglich hinsichtlich der Präambel unwirksam, während sich die ansonsten vom Betriebsrat beanstandeten Regelungen als wirksam erweisen. Die Unwirksamkeit der Präambel lässt die Wirksamkeit der übrigen Regelungen der BV Arbeitszeit unberührt.

20

a) Die Einigungsstelle war für eine Beschlussfassung über Arbeitszeitfragen der bei der Arbeitgeberin im Bereich STS beschäftigten Arbeitnehmer zuständig.

21

Die Einigungsstelle ist nach der zwischen dem Gemeinsamen Betriebsrat und den durch den ZuordnungsTV verbundenen Arbeitgeberinnen getroffenen Vereinbarung nur für eine Überstundenregelung gebildet worden. Es kann dahinstehen, ob von diesem Verfahrensgegenstand auch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos und dessen Ausgestaltung umfasst war, denn die Betriebsparteien haben während des Einigungsstellenverfahrens den Regelungsauftrag der Einigungsstelle einvernehmlich erweitert und auf alle aus ihrer Sicht regelungsbedürftigen Arbeitszeitfragen erstreckt. Hierzu bedurfte es keines ausdrücklichen Betriebsratsbeschlusses. Es war ausreichend, dass sich der Gemeinsame Betriebsrat auf die von den Arbeitgeberinnen vorgelegten Regelungsvorschläge eingelassen und seinerseits Gegenvorschläge eingebracht hat.

22

b) Die vom Betriebsrat beanstandeten Arbeitszeitregelungen im Einigungsstellenspruch vom 16. November 2007 sind wirksam.

23

aa) Allerdings war die Einigungsstelle nicht befugt, eine Erklärung über die Beweggründe für die von ihr beschlossene Regelung in eine Präambel aufzunehmen. Das ist vom Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG nicht gedeckt. Dieses beschränkt sich auf die Herbeiführung von Regelungen. Keine der Betriebsparteien kann mit Hilfe der Einigungsstelle zu unzutreffenden Äußerungen über ihre Motive für die Aufstellung einer betrieblichen Regelung gezwungen werden (BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 37/01 - zu B II 2 c bb [2] der Gründe, BAGE 101, 203).

24

bb) Die Bestimmung des Umfangs der Zeitgutschrift bei entschuldigter Arbeitsversäumnis (§ 2 Abs. 3 BV Arbeitszeit) ist rechtsfehlerfrei erfolgt.

25

(1) Die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung wird vom Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst. Für die Festlegung des Umfangs der Zeitgutschrift bei Abwesenheit wegen Krankheit, Urlaub oder Arbeitsbefreiung besteht eine Regelungskompetenz der Betriebspartner kraft Sachzusammenhang.

26

(2) Die Höhe der in § 2 Abs. 3 BV Arbeitszeit vorgesehenen Zeitgutschrift verstößt nicht gegen § 21 TVöD oder Bestimmungen des EFZG sowie des BUrlG.

27

(a) Nach § 21 Satz 1 TVöD werden ua. in den Fällen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, beim Urlaubsentgelt und bei Arbeitsbefreiung (§ 29 TVöD) das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG und dem BUrlG. Nur hinsichtlich der nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile ersetzt § 21 Satz 2 TVöD das gesetzliche Entgeltausfallprinzip durch ein auf drei volle Kalendermonate abstellendes Referenzprinzip. Die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile werden als Tagesdurchschnitt auf der Basis der letzten drei Kalendermonate gezahlt (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 557/09 - Rn. 11, NZA 2010, 1360).

28

(b) § 2 Abs. 3 BV Arbeitszeit weicht nicht von den tariflichen Vorgaben ab. Die Norm betrifft nicht die Vergütung, sondern regelt den Anspruch des Arbeitnehmers auf die Gutschrift von Arbeitszeit für solche Zeiten der Nichtarbeit, bei denen aufgrund von normativen oder einzelvertraglichen Regelungen zwar keine Verpflichtung zur Nachleistung besteht, die aber dennoch zu vergüten sind, weil die Arbeitspflicht als erfüllt gilt (BAG 11. Februar 2009 - 5 AZR 341/08 - Rn. 11, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 44 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 17). Diese Zeiträume sind nach § 2 Abs. 3 BV Arbeitszeit mit der täglichen Sollarbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BV Arbeitszeit zu erfassen. Der Umfang der Zeitgutschrift entspricht damit der dienstplanmäßig ausgefallenen Arbeitszeit und führt für diese Zeiten zu einem ausgeglichenen Arbeitszeitkonto.

29

cc) Die Regelungen zur Rahmenarbeitszeit (§ 4 Abs. 1 BV Arbeitszeit) und zum Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 5 Abs. 2 bis 4 BV Arbeitszeit) sind wirksam.

30

(1) Nach § 6 Abs. 7 TVöD kann durch Betriebsvereinbarung in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr eine tägliche Rahmenzeit von bis zu zwölf Stunden eingeführt werden. Die innerhalb der täglichen Rahmenzeit geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden werden in dem nach § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD festgelegten Zeitraum ausgeglichen. Mit dieser Bestimmung haben die Tarifvertragsparteien die Betriebspartner unter Wahrung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats zur Einführung und näheren Ausgestaltung einer Rahmenzeit ermächtigt. Mit den in der BV Arbeitszeit getroffenen Regelungen über die Kernarbeitszeit und die Servicezeit werden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die einzelnen Wochentage bestimmt. Damit ist insgesamt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG betroffen.

31

(2) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats hat die Einigungsstelle keine unvollständige Teilregelung über das Ende der täglichen Arbeitszeit getroffen. Diese endet grundsätzlich um 14.00 Uhr. Nur wenn die von der Arbeitgeberin vorgegebenen Tagesaufgaben bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erledigt sind, endet sie mit deren Beendigung (§ 5 Abs. 4 Satz 1 BV Arbeitszeit), spätestens jedoch mit dem Ende der Rahmenzeit um 16.00 Uhr. Damit wird das Arbeitszeitende durch die BV Arbeitszeit hinreichend bestimmt.

32

(3) Durch die Vorschriften über die Rahmenarbeitszeit und die Servicezeit werden die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht in unzulässiger Form verkürzt. Die von der Einigungsstelle beschlossene generelle Regelung der Arbeitszeiten unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Sie räumt der Arbeitgeberin kein beliebiges Bestimmungsrecht über das Ende der täglichen Arbeitszeit ein. Diese kann vielmehr eine Arbeitsleistung außerhalb der Rahmenarbeitszeit nur mit Zustimmung des Betriebsrats anordnen (§ 8 Abs. 2 BV Arbeitszeit). Im Zeitraum zwischen 14.00 Uhr und 16.00 Uhr ist die Arbeitspflicht an das Vorliegen der in § 5 Abs. 3 BV Arbeitszeit bestimmten betrieblichen Gründe gebunden. Die Heranziehung zur Arbeitsleistung ist danach von dem Entsorgungsvolumen sowie den Verkehrsverhältnissen auf den festgelegten Müllabfuhrtouren abhängig. Dies sind Umstände, die weder von der Arbeitgeberin noch den Arbeitnehmern unmittelbar beeinflusst werden können. Durch eine solche Regelung wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht in seiner Substanz verletzt (BAG 3. Juni 2003 - 1 AZR 349/02 - zu II 2 der Gründe, BAGE 106, 204).

33

(4) Die im Einigungsstellenspruch getroffenen Festlegungen über die Rahmenarbeitszeit und das Arbeitszeitende sind nicht ermessensfehlerhaft.

34

(a) Die Lage und die Dauer der Rahmenarbeitszeit halten sich im Rahmen der in § 6 Abs. 7 TVöD bestimmten Vorgaben und sind deshalb ermessensfehlerfrei erfolgt.

35

(b) Die Festlegung des flexiblen Arbeitszeitendes zwischen 14.00 Uhr und 16.00 Uhr berücksichtigt zwar die Interessen der Arbeitgeberin, die das Ende der durchgeführten Müllabfuhrtouren im Voraus nicht genau bestimmen kann. Die im Einigungsstellenspruch getroffene Regelung ermöglicht es den Arbeitnehmern auch nicht, sich generell auf ein Ende der Arbeitszeit vor 16.00 Uhr einzustellen. Dies vermag einen Ermessensfehler jedoch nicht zu begründen. Mit der Einführung der Rahmenzeit (§ 6 Abs. 7 TVöD) wollten die Tarifvertragsparteien dem Interesse des Arbeitgebers an der Festlegung von flexiblen Arbeitszeiten Rechnung tragen. Von dieser Gestaltungsmöglichkeit konnte die Einigungsstelle wegen der im Voraus nicht genau bestimmbaren zeitlichen Beendigung der Arbeitsaufgaben im Entsorgungsbereich Gebrauch machen. Die Interessen der Arbeitnehmer an der Vorhersehbarkeit ihres Arbeitszeitendes hat sie bei der Lage und Dauer der Rahmenarbeitszeit noch ausreichend berücksichtigt.

36

dd) Die Regelung über die Gewährung von Freizeitausgleich (§ 8 Abs. 3 Satz 2 BV Arbeitszeit) verstößt nicht gegen § 8 Abs. 1 TVöD. In § 8 Abs. 3 Satz 2 BV Arbeitszeit wird nicht die Vergütung von angefallenen Überstunden geregelt, sondern deren Abgeltung durch Freizeitausgleich. Dies wird vom Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG umfasst. § 8 Abs. 3 Satz 2 BV Arbeitszeit betrifft nicht die Vergütung, sondern nur den Zeitausgleich der außerhalb der Rahmenarbeitszeit geleisteten Arbeitsstunden(§ 7 Abs. 8 Buchst. b TVöD iVm. § 4 Abs. 1 BV Arbeitszeit) sowie der darauf entfallenden Zeitzuschläge (§ 8 Abs. 1 Satz 2 TVöD), die nicht nach § 10 Abs. 2 BV Arbeitszeit als Zeitgutschrift auf einem Arbeitszeitkonto gebucht werden können. Nach § 8 Abs. 1 Satz 4 und 5 TVöD können auf Wunsch des Arbeitnehmers die Überstunden und die sich daraus ergebenden Zeitzuschläge in Zeitguthaben umgewandelt und ausgeglichen werden. Die dazu erforderlichen Vorgaben sind in § 8 Abs. 3 Satz 3 bis 5 BV Arbeitszeit enthalten.

37

ee) Die von der Einigungsstelle über die Erfassung der Arbeitszeit getroffene Regelung (§ 9 BV Arbeitszeit) ist wirksam.

38

(1) Die Einigungsstelle war für die Festlegung, ob und auf welche Weise die täglichen Arbeitszeiten der Arbeitnehmer erfasst werden, zuständig. Die dafür erforderliche Regelungskompetenz folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Wird die tägliche Arbeitszeit durch eine technische Kontrolleinrichtung aufgezeichnet, ist das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einschlägig, wenn die maschinelle Arbeitszeiterfassung dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen(BAG 21. August 1990 - 1 AZR 567/89 - zu II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 17 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 16; 28. November 1989 - 1 ABR 97/88 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 63, 283).

39

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die in § 9 BV Arbeitszeit getroffene Regelung über die Zeiterfassung unvollständig ist. Die Vorschrift bestimmt das Verfahren für die Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit der im Bereich STS beschäftigten Arbeitnehmer. § 9 Satz 1 BV Arbeitszeit legt abschließend fest, auf welche Weise deren Arbeitszeit zu erfassen ist. Die Einigungsstelle musste darüber hinaus keine Regelung über die arbeitszeitrechtliche Bewertung der aufgezeichneten Zeiten treffen. Der mit § 9 Satz 1 BV Arbeitszeit verfolgte Dokumentationszweck wird durch die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung erreicht. Es kann daher dahinstehen, ob für die Zuordnung der unterschiedlichen Arbeitsleistungen zu den Arbeitszeitkategorien des ArbZG überhaupt eine Regelungskompetenz der Einigungsstelle bestanden hätte (dazu BAG 22. Juli 2003 - 1 ABR 28/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 107, 78).

40

ff) Der Einigungsstellenspruch hat bei der Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos (§ 10 Abs. 4 und 5 BV Arbeitszeit) weder die tariflichen Vorgaben missachtet noch die Grenzen des der Einigungsstelle zustehenden Ermessens überschritten.

41

(1) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 TVöD kann durch Betriebsvereinbarung ein Arbeitszeitkonto eingerichtet werden. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats kann die Einführung eines Arbeitszeitkontos nicht nur durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung erfolgen. Eine solche Beschränkung ist in § 10 Abs. 1 Satz 1 TVöD nicht enthalten. Vielmehr sind die Tarifvertragsparteien im TVöD ersichtlich von den gesetzlichen Begrifflichkeiten ausgegangen und haben zwischen erzwingbaren sowie freiwilligen Betriebsvereinbarungen unterschieden. Dies folgt schon aus § 5 Abs. 2 TVöD, in dem die Möglichkeit zum Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung über die Qualifizierung der Beschäftigten angeführt wird. Die Sichtweise des Betriebsrats verbietet sich auch deshalb, weil die Tarifvertragsparteien ansonsten Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG ausgeschlossen hätten, ohne die mit einem Arbeitszeitkonto zusammenhängenden beteiligungsrechtlichen Fragen selbst auszugestalten.

42

(2) Die Ausgestaltung des Arbeitszeitkontos in § 10 Abs. 2 und 3 BV Arbeitszeit ist nicht unvollständig. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats musste die Einigungsstelle die Berechtigung für das Abbuchen von Zeitguthaben (§ 10 Abs. 5 Buchst. c TVöD) nicht regeln. Eine solche Bestimmung wäre nur erforderlich gewesen, wenn der Arbeitgeberin die Befugnis eingeräumt worden wäre, einseitige Abbuchungen vom Arbeitszeitkonto vorzunehmen. Das schließt § 10 Abs. 3 Satz 3 TVöD aus, wonach die Berechtigung über die Verfügung über das Arbeitszeitkonto grundsätzlich dem Arbeitnehmer zusteht. § 10 Abs. 5 Buchst. c TVöD verpflichtet die Betriebsparteien nicht, den Arbeitgeber zu einer einseitigen Verfügungsmöglichkeit über die Arbeitszeitkonten der Arbeitnehmer zu ermächtigen. Nur wenn eine solche Befugnis in der Betriebsvereinbarung begründet wird, ist diese wegen § 10 Abs. 5 Buchst. c TVöD zugleich inhaltlich auszugestalten.

43

(3) Die Regelungen über den Auf- und Abbau der Salden auf dem Arbeitszeitkonto (§ 10 Abs. 4 BV Arbeitszeit) sowie zur Gewährung von Freizeitausgleich (§ 10 Abs. 5 BV Arbeitszeit) sind wirksam.

44

(a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Festlegung von Inhalt und zulässiger Schwankungsbreite des Arbeitszeitkontos folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (BAG 30. Mai 2006 - 1 ABR 21/05 - Rn. 21, EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 9). Von diesem Beteiligungsrecht ist auch die Ausgestaltung eines zu gewährenden Freizeitausgleichs erfasst. Es geht dabei um die regelungsfähige und regelungsbedürftige Verteilung und Lage der Arbeitszeit (BAG 26. April 2005 - 1 ABR 1/04 - zu B II 2 a bb [1] [b] der Gründe, BAGE 114, 272).

45

(b) Die Einigungsstelle hat den ihr durch Tarifvertrag eröffneten Entscheidungsrahmen nicht überschritten. Die in § 10 Abs. 4 Satz 1 BV Arbeitszeit festgelegten Zeitsalden halten sich im Rahmen der durch § 10 Abs. 5 Buchst. a TVöD bestimmten Kontingente. Ermessensfehlerfrei ist auch die nach § 10 Abs. 4 Satz 3 BV Arbeitszeit notwendige Vereinbarung mit dem Vorgesetzten über den Aufbau eines Arbeitszeitguthabens und einer Arbeitszeitschuld sowie dessen Befugnis, den Abbau von Plus- und Minusstunden durch Freizeit oder Arbeitszeit anzuordnen(§ 10 Abs. 4 Satz 4 BV Arbeitszeit). Hierdurch kann eine dauerhafte und erhebliche Abweichung von der regelmäßigen Arbeitszeit verhindert werden.

46

(c) Die Regelung über die Gewährung und den Widerruf des Freizeitausgleichs (§ 10 Abs. 5 BV Arbeitszeit) ist weder unvollständig noch ermessensfehlerhaft.

47

(aa) Die in § 10 Abs. 5 Satz 1 und 2 BV Arbeitszeit bestimmte Vorlauffrist für die Gewährung von Freizeitausgleich berücksichtigt, dass sich der Arbeitsablauf im Entsorgungsbereich nach einem festgelegten Dienstplan richtet. Die Regelung steht überdies einer Absprache über die Freistellung des Arbeitnehmers nicht entgegen.

48

(bb) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats enthält § 10 Abs. 5 BV Arbeitszeit keine unvollständige Teilregelung. Die Einigungsstelle musste die Voraussetzungen, unter denen die Arbeitgeberin einen bereits bewilligten Freizeitausgleich widerrufen darf, nicht selbst ausgestalten, sondern konnte die dafür geltenden rechtlichen Voraussetzungen unverändert lassen. Danach ist der Arbeitgeber grundsätzlich aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt, den Arbeitnehmer auch dann zur Arbeitsleistung heranzuziehen, wenn er ihn zuvor zum Ausgleich eines Zeitguthabens auf einem Arbeitszeitkonto von der Arbeitsleistung freigestellt hat (BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 28, AP BUrlG § 7 Nr. 41 = EzA BUrlG § 7 Nr. 121). Die Gewährung von Freizeitausgleich steht regelmäßig unter einem Widerrufsvorbehalt, bei dessen Ausübung der Arbeitgeber allerdings die Grenzen billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO beachten muss. Zu den dabei zu berücksichtigenden Umständen gehört auch das Interesse des Arbeitnehmers an der Planbarkeit seiner Freizeit.

49

(cc) Die Regelung über den Widerruf ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Freizeitguthaben wegen der Widerrufsmöglichkeit nicht zu einer langfristigen Urlaubsplanung verwendet werden können. Der Aufbau von Zeitguthaben auf einem Arbeitszeitkonto soll den Arbeitnehmern keine zusätzlichen Urlaubsansprüche verschaffen.

50

c) Die BV Arbeitszeit ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie keine besonderen Vorschriften für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer enthält, was vom Betriebsrat erstmals in der Rechtsbeschwerde gerügt wird. Es ist weder ersichtlich noch von den Beteiligten in den Vorinstanzen vorgetragen, dass von der Arbeitgeberin im Bereich STS überhaupt Teilzeitkräfte beschäftigt werden.

51

d) Die Unwirksamkeit der Präambel führt nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Einigungsstellenspruchs. Nach der Senatsrechtsprechung bleibt bei Teilnichtigkeit einer Betriebsvereinbarung der übrige Teil grundsätzlich wirksam, sofern er noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 57, BAGE 127, 276). Dies ist vorliegend schon wegen des fehlenden Regelungscharakters der Präambel der Fall.

52

3. Da sich § 9 BV Arbeitszeit als wirksam erweist, war auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin die dem Feststellungsantrag stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit aufzuheben.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Platow    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 - 8 TaBV 146/09 - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2009 - 4 BV 28/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Arbeitsgerichts wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht AT-Angestellte oder Leiharbeitnehmer sind, unabhängig von deren Tarifgebundenheit eine Eingruppierung in den Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vorzunehmen und dazu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung.

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Antragsteller ist der für den Betrieb „D“ auf der Grundlage eines Tarifvertrags iSd. § 3 BetrVG errichtete Betriebsrat.

3

Die Arbeitgeberin ist nach einem mit ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossenen Anerkennungstarifvertrag aus dem Jahr 2000 an die jeweils gültigen Tarifverträge für den Einzelhandel im Land Nordrhein-Westfalen gebunden. Zu diesen gehört der Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2009 (GTV NRW), dessen § 3 die Anforderungen für die Eingruppierung der kaufmännischen und technischen Angestellten bestimmt.

4

Seit November 2008 vereinbart die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsentgelte, bei deren Höhe individuelle Kriterien wie etwa die zuvor erworbene Berufserfahrung berücksichtigt werden. Diese Arbeitnehmer gruppierte die Arbeitgeberin nicht mehr in die Vergütungsordnung des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrags ein.

5

Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die neu einzustellenden Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bisher in die Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW einzugruppieren.

6

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, bei allen Neueinstellungen, soweit die Mitarbeiter nicht leitende Angestellte bzw. Leiharbeitnehmer sind, eine Eingruppierung in den Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Einzelhandels für Nordrhein-Westfalen vorzunehmen, solange nicht eine Ablösung durch Betriebsvereinbarung zustande gekommen ist oder einen Spruch der Einigungsstelle.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen zuletzt gestellten Antrag weiter.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Feststellungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Es geht dem Betriebsrat nicht nur um die Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, neu eingestellte Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung in die Entgeltgruppen des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen einzugruppieren. Der Betriebsrat möchte auch erreichen, dass die Arbeitgeberin gegenüber dieser Eingruppierungsentscheidung das in § 99 BetrVG geregelte Beteiligungsverfahren einhält. Ihm geht es darum, dass die Arbeitgeberin verpflichtet wird, neu eingestellte Arbeitnehmer in eine bestimmte Vergütungsordnung einzugruppieren, zu dieser Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen und für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Dass hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Bestehen einer solchen Verpflichtung kann auch Gegenstand eines Feststellungsantrags sein.

11

II. Der so verstandene Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern eine Entscheidung über die Eingruppierung der von ihnen ausgeübten Tätigkeiten nach Maßgabe der Gehaltsgruppen des § 3 GTV NRW trifft und das in § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BetrVG vorgesehene Verfahren durchführt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts besteht die Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung unabhängig von der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer bei ver.di. Die Arbeitgeberin ist im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, die Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer den in § 3 GTV NRW geregelten Gehaltsgruppen zuzuordnen. Die dort bestimmte Vergütungsordnung ist der im Betrieb geltende Entlohnungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Diesen können weder die Arbeitgeberin noch die Betriebsparteien auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer beschränken.

12

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

13

2. Der Betriebsrat kann zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zuzuordnen ist. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitgebers überhaupt zuständig ist und das Arbeitsverhältnis von der im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung erfasst wird (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, BAGE 132, 314).

14

3. Eine Vergütungsordnung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, NZA 2011, 1239).

15

4. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dienen der einheitlichen Anwendung der zutreffenden Vergütungsordnung und sorgen auf diese Weise für Transparenz und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, und diese Beurteilung gemeinsam mit dem Betriebsrat vornehmen. Dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats unterliegt daher auch die Frage, ob ein Arbeitnehmer einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zugeordnet werden kann (vgl. BAG 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 131).

16

5. Im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers stellt die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung zugleich das im Betrieb geltende System für die Bemessung des Entgelts der Arbeitnehmer dar. Zwar handelt es sich bei tariflichen Vergütungsregelungen nicht um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen, die nur unmittelbar und zwingend im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den tarifgebundenen Arbeitnehmern(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) Anwendung finden (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 22, NZA 2011, 1239; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Dennoch ist der tarifgebundene Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, die tarifliche Vergütungsordnung ungeachtet der Tarifbindung der Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, soweit deren Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Dieses Verständnis geben die Funktion des Tarifvorbehalts in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG sowie der Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor.

17

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll (BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale (BAG 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - zu II 2 der Gründe, BAGE 45, 91). Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 619/00 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 98, 323).

18

b) Das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Änderung eines betrieblichen Vergütungssystems kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein.

19

aa) Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten dient dem Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe an den sie betreffenden Angelegenheiten (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a der Gründe, BAGE 69, 134). § 87 Abs. 1 BetrVG beschränkt wegen der sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers und im Hinblick auf den Teilhabegedanken die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei der Vertragsgestaltung und der Ausübung seines Direktionsrechts( Wiese GK-BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 56 ). Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung soll die Mitbestimmung des Betriebsrats die Angemessenheit des innerbetrieblichen Lohngefüges und seine Transparenz gewährleisten (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, BAGE 133, 373; 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 21, BAGE 131, 1). Allerdings unterliegt das Beteiligungsrecht seinerseits der durch den Gesetzes- und Tarifvorbehalt gezogenen Binnengrenze. Der Eingangshalbsatz in § 87 Abs. 1 BetrVG beruht dabei auf der Erwägung, dass für die Erreichung des Mitbestimmungszwecks kein Raum mehr besteht, wenn eine den Arbeitgeber bindende Regelung durch Gesetz oder Tarifvertrag bereits vorliegt. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass mit dieser Regelung den berechtigten Interessen und Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer hinreichend Rechnung getragen worden ist. Für einen weiteren Schutz durch Mitbestimmungsrechte besteht dann kein Raum mehr (BAG 9. Dezember 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 109, 61).

20

bb) Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts durch den Tarifvorbehalt erfordert weiter, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C II 1 a, b der Gründe, BAGE 69, 134). Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17, EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 15).

21

c) Nach der Senatsrechtsprechung ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG und dem damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts bereits die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das entspricht dem Zweck des Eingangshalbsatzes. Denn dieser geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und daher Mitbestimmungsrechte entbehrlich macht (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191).

22

d) Ein solches Normverständnis des Tarifvorbehalts bewirkt unmittelbar aber nur den Schutz tarifgebundener Arbeitnehmer. Sie können sich gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 4 Abs. 1 TVG auf zwingende tarifliche Regelungen bereits individualrechtlich berufen. Bei einer abschließenden tariflichen Regelung einer ansonsten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit bedürfen sie daher nicht des Schutzes der Mitbestimmung. Allerdings führt das alleinige Abstellen auf die Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer Schutzlücke zu Lasten nicht tarifgebundener Arbeitnehmer, wenn der Tarifvorbehalt nicht durch Betriebs-, sondern durch Inhaltsnormen bewirkt wird (Kreft FS Kreutz S. 263, 270). Dies widerspricht der gesetzgeberischen Intention, die einseitige Gestaltungsmacht des Arbeitgebers im Bereich der sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG entweder durch eine bestehende tarifliche Regelung oder durch die Mitbestimmung des Betriebsrats zu begrenzen. Soweit der Senat in der Entscheidung vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191) die Auffassung vertreten hat, diese Schutzlücke sei hinnehmbar, weil die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die tariflichen, das jeweilige Mitbestimmungsrecht ausschließenden Rechte durch den Beitritt zur vertragsschließenden Gewerkschaft erlangen können, hält er hieran nicht fest.

23

aa) Gegen ein solches Verständnis des Tarifvorbehalts, wonach der Schutz der Arbeitnehmer vor den sie betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers von der Mitgliedschaft in der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft abhängt, spricht bereits der Zweck des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG. Der notwendigen Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bedarf es nur dann nicht mehr, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bereits durch Gesetz oder Tarifvertrag beschränkt werden und damit die Arbeitnehmer angemessen geschützt sind. Zwar mag dem Gesetzgeber bei der Gleichstellung von gesetzlichen und tariflichen Regelungen im Eingangshalbsatz bewusst gewesen sein, dass letztere nur denjenigen umfassend normativ vor einer einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen bewahren, der sich mit seinem Gewerkschaftsbeitritt dieses Schutzes bedienen will (BAG 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu B II 6 c der Gründe, BAGE 54, 191). Der Gesetzgeber konnte jedoch auch davon ausgehen, dass bei den erst aufgrund eines kollektiven Bezugs mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine abschließende tarifvertragliche Regelung faktisch zugleich die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schützt. Die Katalogtatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG betreffen nicht vorrangig individuelle Rechtspositionen, sondern die Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Belegschaft oder jedenfalls Teilen von ihr. Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers einen kollektiven Tatbestand erfüllt. Es muss sich daher grundsätzlich eine Regelungsfrage stellen, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt und keine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung zum Gegenstand hat (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 19, BAGE 122, 127). Solche Angelegenheiten müssen zwar nicht notwendig für alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer einheitlich geregelt werden. Eine allein an der Verbandszugehörigkeit orientierte Sachgruppenbildung ist jedoch sowohl den Betriebsparteien wie auch dem Arbeitgeber selbst typischerweise verwehrt, was der Gesetzgeber auch in § 75 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck bringt.

24

bb) Eine Auslegung, die den Schutz vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers im Bereich der Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von einem Beitritt zu einer bestimmten Gewerkschaft abhängig macht, greift zudem in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit des Einzelnen ein und beschränkt diese unverhältnismäßig.

25

Die individuelle Koalitionsfreiheit schließt auch das Recht ein, einer Koalition fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 2/06 - Rn. 13, BAGE 119, 275). Zwar ist nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, bereits ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit (vgl. BAG 10. Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - zu B I 3 b bb der Gründe, BAGE 104, 155; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 31 ff., BAGE 130, 43). Ein Verständnis des § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG, wonach der Schutz des Arbeitnehmers von der Zugehörigkeit zu einer vom Arbeitgeber oder seinem Verband als tarifvertragsschließende Partei akzeptierten Gewerkschaft abhängt, verstößt aber gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Es verlangt vom Arbeitnehmer - will er wie andere tarifgebundene Betriebsangehörige vor einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden - darauf zu verzichten, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und darüber hinaus, sich seiner grundrechtlich geschützten Freiheit zu begeben, einer seinen Vorstellungen entsprechenden Arbeitnehmerkoalition beizutreten, in ihr zu verbleiben oder in eine andere Arbeitnehmerkoalition zu wechseln. Denn nur eine dauerhafte Mitgliedschaft in der vom Arbeitgeber ausgewählten tarifschließenden Gewerkschaft würde ihn vor dessen einseitiger Gestaltungsmacht im Bereich der sozialen Mitbestimmung bewahren.

26

e) Die aus der spezifischen normativen Wirkung tariflicher Inhaltsnormen folgende mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke widerspricht aber der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, alle betriebszugehörigen Arbeitnehmer in den sozialen Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG vor der einseitigen Gestaltungsmacht des Arbeitgebers zu schützen. Sie ist dementsprechend nach dem Zweck des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands zu schließen. Im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung führt dies zur Verpflichtung des Arbeitgebers, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen(Kreft FS Kreutz S. 263, 272 f.). Die Transparenz der betrieblichen Lohngestaltung und die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit erfordern eine vergleichende Bewertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges. Der mit dem Beteiligungsrecht beabsichtigte Schutz wird verfehlt, wenn die Zuordnung der Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Entlohnungssystemen allein nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Eine daraus resultierende Aufteilung der Belegschaft ist nicht - wie § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verlangt - tätigkeitsbezogen (BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - zu I 3 c dd [1] der Gründe, BAGE 108, 299). Ihr fehlt es an einem Sachgrund; eine den gesamten Betrieb in Blick nehmende, vergleichende Bewertung des Lohngefüges lässt sie nicht zu.

27

6. Danach ist der Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung zur Anwendung einer tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG selbst dann verpflichtet, wenn es sich hierbei um eine Inhaltsnorm handelt.

28

a) An einer Gestaltung eines für alle Arbeitnehmer geltenden betrieblichen Vergütungssystems sind die Betriebsparteien wegen des Tarifvorbehalts gehindert. Mit dem damit verbundenen Ausschluss des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG korrespondiert für den tarifgebundenen Arbeitgeber deshalb die Verpflichtung, die tarifliche Vergütungsordnung, soweit sie ohne den Tarifvorbehalt dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats unterliegen würde, im Betrieb anzuwenden. Dies schließt die sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Verpflichtung ein, die vom Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Tätigkeiten der Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung den ausgebrachten Vergütungsgruppen zuzuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.

29

b) Die Bindung des Arbeitgebers an die tarifliche Entgeltstruktur begründet indes keinen Anspruch der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer auf den Tariflohn. Dies würde zu einer unzulässigen Erstreckung von tariflich geregelten Arbeitsbedingungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer führen, die nicht mit der Schutzlücke gerechtfertigt werden kann, die auf der Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aufgrund des Tarifvorbehalts beruht. Wird die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG durch tarifliche Inhaltsnormen ausgeschlossen, ist der Arbeitgeber nur insoweit zur Beachtung der Tarifregelung verpflichtet, wie diese das erzwingbare Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beschränkt. Dies führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflich bestimmte Vergütung erhält. Zwar ist der Arbeitgeber nach der Senatsrechtsprechung aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (zuletzt BAG 17. Mai 2011 - 1 AZR 797/09 - Rn. 30, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich aber nicht auf die Entgelthöhe, sondern umfasst nur die Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der tarifgebundene Arbeitgeber kann daher für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer die Höhe des Entgelts unter Beachtung der in der tariflichen Vergütungsordnung enthaltenen Verteilungsgrundsätze festlegen.

30

7. Danach erweist sich der Feststellungsantrag des Betriebsrats als begründet. Es kann offenbleiben, ob die Arbeitgeberin in der Vergangenheit sämtliche im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach der durch § 3 GTV NRW vorgegebenen Entgeltstruktur vergütet hat, was zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist. Die aufgrund des Anerkennungstarifvertrags an die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen gebundene Arbeitgeberin war jedoch im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat verpflichtet, auch die Tätigkeit der ab November 2008 eingestellten Arbeitnehmer den Vergütungsgruppen des § 3 GTV NRW zuzuordnen und an dieser Entscheidung den Betriebsrat zu beteiligen. Da der Betriebsrat mit seinem Feststellungsantrag bereits aus diesem Grund durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Arbeitgeberin getroffene Maßnahme, die überwiegend in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigten Arbeitnehmerinnen nach einer von ihr festgelegten Entgeltstruktur zu vergüten, gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Brocker    

        

    N. Schuster    

                 

Tenor

1. Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2010 - 11 Ca 3640/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Sprungrevision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzahlung für 2008.

2

Die Klägerin ist seit 1984 für die Beklagte tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Dieser regelt den Anspruch auf eine Jahressonderzuwendung wie folgt:

        

㤠20 Jahressonderzahlung

        

(1) Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

        

(2) Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten, für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden,

        

in den Entgeltgruppen 1 bis 8

90 v.H.,

        

in den Entgeltgruppen 9 bis 12

80 v.H. und

        

in den Entgeltgruppen 13 bis 15

60 v.H.

        

des der/dem Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts; unberücksichtigt bleiben hierbei das zusätzlich für Überstunden und Mehrarbeit gezahlte Entgelt (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Überstunden und Mehrarbeit), Leistungszulagen, Leistungs- und Erfolgsprämien. Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30. September begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses. In den Fällen, in denen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes während des Bemessungszeitraums eine elterngeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, bemisst sich die Jahressonderzahlung nach dem Beschäftigungsumfang am Tag vor dem Beginn der Elternzeit.

                 
        

Protokollerklärung zu Absatz 2:

        

Bei der Berechnung des durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert und durch drei geteilt; dies gilt auch bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs. Ist im Bemessungszeitraum nicht für alle Kalendertage Entgelt gezahlt worden, werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert, durch die Zahl der Kalendertage mit Entgelt geteilt und sodann mit 30,67 multipliziert. Zeiträume, für die Krankengeldzuschuss gezahlt worden ist, bleiben hierbei unberücksichtigt. Besteht während des Bemessungszeitraums an weniger als 30 Kalendertagen Anspruch auf Entgelt, ist der letzte Kalendermonat, in dem für alle Kalendertage Anspruch auf Entgelt bestand, maßgeblich.

        

…“    

3

Die Klägerin war seit dem 22. April 2002 in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a Teil I der Anlage 1a zum BAT eingruppiert und erhielt nach Überleitung in den TVöD gem. Anlage 2 zum TVÜ-Bund ein Vergleichsentgelt aus der Entgeltgruppe 9. Mit Änderungstarifvertrag vom 31. März 2008 wurde der Bewährungsaufstieg nach § 8 TVÜ-Bund neu geregelt. Am 23. Februar 2009 erließ das Bundesministerium des Inneren Hinweise für die Umsetzung dieses Tarifvertrags, die am 2. März 2009 durch Erlass des Bundesministeriums für Verteidigung für den Geschäftsbereich der Klägerin umgesetzt wurden. Mit Schreiben vom 20. Mai 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie erfülle mit Wirkung ab 22. April 2008 die tariflichen Voraussetzungen für den Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 2 Teil I der Anlage 1a zum BAT, und setzte das sich gem. § 8 Abs. 2 und 3 TVÜ-Bund ergebende Vergleichsentgelt ab diesem Tag neu fest. Die Beklagte zahlte die monatlichen Differenzbeträge nach, eine Neuberechnung der Jahressonderzahlung 2008 erfolgte nicht.

4

Mit der Klage begehrt die Klägerin Zahlung des Differenzbetrags zwischen der gezahlten und der sich auf Grundlage des höheren Vergleichsentgelts ergebenden Jahressonderzahlung. Die Sonderzahlung sei nach der tariflich zustehenden und nicht der unmittelbar in den Referenzmonaten gezahlten Vergütung zu berechnen.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 220,49 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2008 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Maßgeblich für die Bemessung der Jahressonderzahlung sei das tatsächlich in den Referenzmonaten Juli, August und September 2008 gezahlte Entgelt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Arbeitsgericht zugelassenen Sprungrevision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

I. Die nach § 76 Abs. 1 ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat aus § 20 Abs. 2 Satz 1 TVöD Anspruch auf den geltend gemachten Differenzbetrag zur geleisteten Jahressonderzahlung für das Jahr 2008. Grundlage der Berechnung der Jahressonderzuwendung ist das „für“ die Referenzmonate durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt und nicht das unmittelbar „in“ den Referenzmonaten gezahlte Entgelt. „Für“ die Referenzmonate geleistete Nachzahlungen sind bei der Bemessung der Jahressonderzahlung zu berücksichtigen. Dies ergibt die Auslegung der Norm.

9

1. Der Wortlaut, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 10 AZR 299/10 - Rn. 14, ZTR 2011, 491) führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis. § 20 Abs. 2 TVöD stellt ab auf das „in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt“. Dies deutet darauf hin, dass Bemessungsgrundlage der Jahressonderzahlung tatsächlich geleistete Zahlungen sein sollen. Bei einem engen Verständnis des Wortlauts kann darin auch eine Beschränkung auf den bloßen Zahlvorgang „in“ den Referenzmonaten gesehen werden. Näherliegend ist aber, dass es auf das „für“ die Referenzmonate tatsächlich gezahlte Entgelt ankommen soll. Bei einem solchen Tarifverständnis fließen für die Referenzmonate geleistete Nachzahlungen in die Berechnung mit ein.

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2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang ist weitgehend unergiebig, im Zweifel gebührt aber derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 757/09 - Rn. 21). Es ist nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien die Bemessung der Jahressonderzahlung trotz denkbarer Irrtümer bei der Zahlung oder möglicher Verzögerungen bei der Abwicklung der Zahlung ausschließlich an das tatsächlich in den Referenzmonaten zugeflossene Entgelt anknüpfen. Es ist auch nicht sachgerecht, die Höhe der Jahressonderzahlung von der Dauer der Umsetzung einer Tarifänderung abhängig zu machen. Bei einer zeitnahen Umsetzung des Änderungstarifvertrags vom 31. März 2008 wäre in den Referenzmonaten bereits das höhere Vergleichsentgelt gezahlt und auf dieser Grundlage die Jahressonderzahlung berechnet worden. Ein Tarifverständnis, nach dem die Berechnung der Jahressonderzahlung trotz identischer Eingruppierung und identischem Anspruch auf Vergleichsentgelt je nach dem Zeitpunkt einer tatsächlichen Zahlung zu einer Ungleichbehandlung führen kann, begegnet im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG auch verfassungsrechtlichen Bedenken(zur verfassungskonformen Auslegung von Tarifverträgen vgl. BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 757/09 - aaO). Wird ein Arbeitnehmer rückwirkend höhergruppiert und wird für die Referenzmonate nachträglich weiteres Entgelt gezahlt, so fließt dieses Entgelt in die Berechnung der Jahressonderzahlung mit ein.

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3. Der Anspruch der Klägerin ist der Höhe nach unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Großmann    

        

    Auerbach    

                 

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. § 72a Abs. 2 bis 7 ist entsprechend anzuwenden.