Tatbestand

 
Streitig ist, ob Lieferungen von Fahrzeugen als innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei sind.
1. Die Klägerin wurde als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Anfang 2000 gegründet. Gesellschafter-Geschäftsführer waren die 1965 und 1966 geborenen Geschwister X.. (X. und Y.. (Y. Z... Letzterer hat sein zuvor bestehendes Einzelunternehmen zum 01.01.2000 in die Klägerin eingebracht. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin wurde zwischenzeitlich eingestellt.
Laut der Gewerbeanmeldung vom 11. Februar 2000 (Bl. 1 der Allgemeinen Akte) war Gegenstand des Unternehmens der Klägerin “Mietwagen, Kfz-Handel, Import-Export, Handel mit Kfz-Ersatzteilen“. Tatsächlich lieferte die GbR im Inland beschaffte neue oder neuwertige PKW, vornehmlich der Marken Audi, BMW, Mercedes-Benz und Porsche, fast ausschließlich nach Italien, wo die Gesellschafter der Klägerin einige Jahre ihrer Jugend verbracht hatten und zur Schule gegangen waren.
Einige wenige Fahrzeuge wurden unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des § 4 Nr.1 Buchst. a i.V.m. § 6 UStG in die Vereinigten Staaten von Amerika oder in die Schweiz geliefert. Die diesbezüglichen Lieferungen sind jedoch nicht mehr streitbefangen.
Die Lieferungen der PKW nach Italien behandelte die Klägerin laut ihren beim beklagten Finanzamt eingereichten Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldungen und USt-Jahreserklärungen sowie den mit diesen in Zusammenhang stehenden sog. „Zusammenfassende(n) Meldungen“ (vgl. § 18a UStG) als nach § 4 Nr.1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs.1 UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Bei ca. 240 im Streitzeitraum gelieferten Fahrzeugen ergab sich nach den USt-Erklärungen der Klägerin ein Lieferwert von über xx Mio. DM (bzw. xx,xx Mio. EUR).
Da die Gesellschafter für die Klägerin die bei den Ankäufen der Fahrzeuge von den inländischen Lieferanten gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten, ergaben sich im Streitzeitraum Vorsteuerüberschüsse zu Gunsten der Klägerin in Höhe von rund x,xx Mio EUR.
2. Eine im August 2003 begonnene Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin führte demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die vorgenannten Lieferungen nach Italien die Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nicht erfüllten, da die von der Klägerin bezeichneten Abnehmer nicht ihre tatsächlichen Kunden gewesen seien (vgl. den Bericht über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“ sowie den geänderten Steuerfahndungsbericht vom 16. März 2004, Akte „Steufa-Bericht“).
Bei den wahren Kunden habe es sich um norditalienische Autohändler (Auto-O.., A.. (Inh. bzw. Vertreter: T.C.), Firma Auto-N.., I.. (Inh. bzw. Vertreter: B.Q.), Firma -M., Firma Autos.., Firma ...car, L.. (Inh. bzw. Vertreter: Ü.S.) sowie Firma R.. u.a.) gehandelt. Auf deren ausdrücklichen Wunsch habe die Klägerin ihre Ausgangsrechnungen jedoch nicht auf diese, sondern auf andere von den Kunden genannte Personen bzw. Firmen in Italien ausgestellt. Von Januar 2000 bis September 2001 habe es sich dabei um W.E. bzw. dessen Firma “ V...“ in G.. bzw. Ä.. sowie in geringerem Umfang im Jahr 2000 auch um die Firma BN.., M.., vertreten durch H.B. gehandelt; von September bis Dezember 2001 nahezu ausschließlich um T.Ö. bzw. dessen Firma “ UJ..“, ebenfalls G.. und von Januar 2002 bis Juli 2003 nahezu ausschließlich um S.S. bzw. dessen Firma “ MO..“ in UFG... Der Grund hierfür sei gewesen, dass die tatsächlichen italienischen Abnehmer auf diese Weise die italienische Erwerbsumsatzsteuer hätten vermeiden und gleichzeitig aus den von den Scheinabnehmern, insbesondere dem genannten W.E., oder anderen Personen ihnen erteilten inneritalienischen Rechnungen Vorsteuer hätten abziehen wollen.
Zu dieser Erkenntnis kam die Steuerfahndung aufgrund von bei Durchsuchungen der Geschäftsräume der Klägerin und der Privaträume ihrer Gesellschafter vorgefundenen Urkunden und auf Datenträgern gespeicherten elektronischen Daten.
10 
Nach den Feststellungen der Steuerfahndung haben die Gesellschafter der Klägerin (wobei X. hauptsächlich den kaufmännischen Bereich versah, während Y. sich um die gegenständlich-technische Abwicklung der Geschäfte kümmerte) sämtliche deren wahre Kunden betreffenden Geschäftspapiere, z.B. per Fax erteilte Angebote und erklärte Annahmen, nicht aufbewahrt und diesbezügliche EDV-Dateien auf der Festplatte ihres PC umgehend nach Abwicklung der Geschäfte wieder gelöscht bzw. überschrieben. Allerdings seien einzelne aus Versehen nicht beseitigte Dokumente gefunden worden. Außerdem sei es gelungen, einen beträchtlichen Teil der gelöschten Daten wieder lesbar zu machen. Von den mehreren hundert wieder lesbar gemachten Angeboten sei kein einziges an die vier angeblichen Abnehmer gerichtet gewesen (vgl. Bericht der Steuerfahndungsstelle KP.. über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Seite 20, Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“).
11 
Nach den weiteren Feststellungen der Steuerfahndung haben die Gesellschafter der Klägerin sich auf den auf die Scheinabnehmer lautenden Ausgangsrechnungen wahrheitswidrig die Abholung der Fahrzeuge im Inland bescheinigen lassen, verbunden mit der Erklärung, dass der angebliche Abholer sich verpflichte, das jeweilige Fahrzeug „in sein Land zu verbringen“. Tatsächlich seien die Fahrzeuge bis auf wenige Ausnahmen von dem (damaligen) Gesellschafter-Geschäftsführer Y. nach Italien verbracht und dort den Käufern oder deren Beauftragten übergeben worden. Die Kosten für die Überführung habe die Klägerin getragen (Bericht der Steuerfahndungsstelle KP.. über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Seite 8, Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“).
12 
Bei den Durchsuchungen wurden u.a. auch Blanko-Ausfertigungen einer Erklärung in italienischer Sprache (Dichiarazione) sichergestellt, wonach der - nach Auffassung der Steuerfahndung: angebliche - Abnehmer „MO..“ jeweils bestätigt, „das Fahrzeug“ erhalten und seine umsatzsteuerlichen Verpflichtungen aus dem innergemeinschaftlichen Kauf des Fahrzeugs erfüllt zu haben. Diese Erklärungen seien in Italien (gemäß Artikel 38/4 der italienischen Gesetzesverordnung Nr. 331 vom 30. August 1993) bei der Zulassung von Fahrzeugen, die von einem Importeur gekauft wurden, erforderlich (vgl. Bericht der Steuerfahndungsstelle KP.. über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Seite 19, Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“).
13 
Ferner fand die Steuerfahndung bei den Durchsuchungen eine sog. Schwarzgeldliste für den Zeitraum Januar bis Mai 2003. Nach Auffassung der Steuerfahndung würden sich aus dieser nicht nur die wahren Abnehmer der Klägerin und die Entgelte, die W.E. für seine Dienstleistungen erhielt bzw. einbehalten durfte, ergeben. Vielmehr ergebe sich aus dieser auch noch, dass die Klägerin tatsächlich höhere Verkaufserlöse erzielt habe, als ihre Gesellschafter in den Rechnungen an die Scheinabnehmer fakturiert und im Kassenbuch aufgezeichnet hätten. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung seien auch schon vor 2003 Schwarzgelder vereinnahmt worden (vgl. Bericht der Steuerfahndungsstelle KP.. über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Seite 25 f., Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“).
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Wegen weiterer Einzelheiten der Fahndungsfeststellungen wird auf den Bericht der Steuerfahndung über ihre steuerlichen Feststellungen vom 16. Dezember 2003/16. März 2004 (Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“) sowie auf den bereits erwähnten Bericht über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004 (Akte „Steufa-Bericht“), einschließlich der dort dargestellten 15 Fallbeispiele, sowie die hierzu vom FA vorgelegten Aktenbände „Fallbeispiele 1 - 15 ....“ und „Fahrzeug-Unterlagen“ verwiesen.
15 
Aufgrund ihrer tatsächlichen Feststellungen kam die Steuerfahndung zu dem Ergebnis dass im Streitzeitraum nicht nur die Buchführung der Klägerin nicht ordnungsgemäß gewesen sei, sondern dass sie auch zu Unrecht sowohl die Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr.1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs.1 UStG (innergemeinschaftliche Lieferungen) als auch nach § 4 Nr.1 Buchst. a i.V.m. § 6 UStG (Ausfuhrlieferungen) in Anspruch genommen habe (vgl. insoweit wegen der Einzelheiten den Bericht über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsergebnis vom 17. März 2004, Seite 31 ff., Bl. 1 ff. der Betriebsprüfungsakte „Bericht vom 17.03.2004“ sowie den Bericht über die steuerlichen Feststellungen vom 16. Dezember 2003/16. März 2004, Seite 32 ff., Akte „Steufa-Bericht“).
16 
Das Finanzamt folgte den Fahndungsfeststellungen und erließ demgemäß nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2002 jeweils vom 22. März 2004 (Bl. 1 ff. der Umsatzsteuerakte „Geänderte USt-Bescheide 2000 - 2001 - 2002“) sowie ebenso geänderte Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Juni 2003, jeweils vom 31. März 2004 (Akte „Geänderte USt-Vz-Festsetzungen“), als auch einen erstmaligen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Juli 2003 ebenfalls vom 31. März 2004 (Akte „Geänderte USt-Vz-Festsetzungen“). Mit dem Letzteren wurde eine Umsatzsteuervergütung in Höhe von 6.168,31 EUR festgesetzt.
17 
Für den Streitzeitraum ergaben sich danach die folgenden Umsatzsteuer-Nachzahlungsbeträge (alle Beträge in EUR; ohne Zinsen):
18 
2000
2001
2002
1/2003
2/2003
3/2003
4/2003
5/2003
6/2003
xxx.xxx
xxx.xxx
xxx.xxx
x.xxx
xx.xxx
xx.xxx
xx.xxx
xx.xxx
xx.xxx
19 
Die hiergegen für die Klägerin rechtzeitig eingelegten Einsprüche waren erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
20 
Wie sich aus dem Steuerfahndungs-Bericht vom 16. März 2004 ergebe, liege hinsichtlich nahezu sämtlicher Fahrzeuglieferungen kein ordnungsgemäßer Verbringungsnachweis vor. Dies führe bereits für sich zur Versagung der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen. Daneben scheitere die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen auch daran, dass die wirklichen Abnehmer der Fahrzeuglieferungen von der Klägerin nicht benannt worden seien. Materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen sei der buchmäßige Nachweis der richtigen Umsatzsteuer-ldentifikationsnummer des wirklichen Abnehmers (§ 17c Abs.1 Satz 1 UStDV). Dass diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, ergebe sich aus den in den Steuerfahndungsberichten dargestellten Fallbeispielen sowie aus den von der Steuerfahndung sichergestellten Unterlagen.
21 
Ob es sich bei den von der Klägerin vorgeschobenen Abnehmern um „Scheinfirmen“ gehandelt habe oder nicht, sei steuerlich nicht entscheidend. Entscheidend sei lediglich, dass diese Abnehmer nicht die tatsächlichen Abnehmer, sondern “Scheinabnehmer“ gewesen seien. Deshalb könne sich die Klägerin auch nicht auf die Gutglaubensvorschrift des § 6a Abs.4 UStG stützen. Wenn sie meine, es genüge, dass der angebliche innergemeinschaftliche Abnehmer über eine wirksame Umsatzsteuer-ldentifikationsnummer verfüge, unterliege sie einem Irrtum.
22 
Hiergegen richtet sich die vorliegende, am 9. August 2004 erhobene Klage.
23 
3. Das Landgericht (LG) KP.. verurteilte die Gesellschafter der Klägerin am 30. September 2004 wegen gemeinschaftlicher Umsatzsteuerhinterziehung jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (, Bl. 40 ff. des Anlagenbands zum Verfahren 12 V 85/04). Im Rahmen der Hauptverhandlung hatten die Gesellschafter der Klägerin nach den Ausführungen des LG zuvor ein umfassendes Geständnis abgelegt (vgl. insoweit auch das Protokoll zur Hauptverhandlung vor dem LG KP.. vom 27. September 2004, Bl. 244 ff. der Akte „Unterlagen zum AdV-Antrag“). Insoweit führt das Urteil zum Sachverhalt u.a. aus:
24 
„Den Angeklagten war bei dieser Vorgehensweise bewusst, dass die italienischen Autohäuser - also ihre wirklichen Kunden und Abnehmer - auf diese Weise die Bezahlung der in Italien anfallenden Erwerbsumsatzsteuer umgingen, indem sie sich von im Einzelfall nicht feststellbaren Personen oder Firmen, in erster Linie von dem gesondert verfolgten W.E., inneritalienische Rechnungen, in denen der an die Angeklagten bezahlte Kaufpreis als Bruttokaufpreis aufgeführt und die italienische Umsatzteuer ausgewiesen wurde, für ihre Buchhaltung ausstellen ließen.“
25 
Weiter wird unter „Beweiswürdigung“ ausgeführt:
26 
„Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der beiden Angeklagten und zum Sachverhalt beruhen auf deren Angaben. Die beiden Angeklagten haben in der Hauptverhandlung ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis abgelegt.
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Sie haben anhand von zahlreichen ihnen aus den Ermittlungsakten vorgehaltenen Urkunden und Schriftstücken ausführlich, detailliert und glaubhaft dargelegt, wie sie gegen Ende des Jahres 1999 in Kontakt zum Inhaber des italienischen Autohauses „R..“ kamen, wie dieser sie in die in Italien offensichtlich weitverbreiteten illegalen Geschäftspraktiken einführte, ihnen W.E. als Scheinabnehmer vorstellte und wie sie im weiteren Verlauf - vor allem mit W.E. als Kontaktmann und Scheinabnehmer - zu weiteren Autohäusern in Kontakt kamen und auch bei Verkäufen an diese jeweils W.E. bzw. andere ihnen von ihren Geschäftspartnern vorgegebene Personen oder Firmen als Scheinabnehmer in ihre Ausgangsrechnungen aufnahmen. Ihnen sei immer klar gewesen, so die Angeklagten weiter, dass es vor allem um eine Steuerhinterziehung in Italien ging und dass die Autohäuser auf einem den Angeklagten nicht im einzelnen bekannten Wege fingierte inneritalienische Rechnungen erhielten. Tatsächlich wurden einzelne solcher fingierter Rechnungen […] bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Angeklagten auch aufgefunden.“
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Das landgerichtliche Urteil wurde in der Revisionsinstanz vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. Mai 2005 (Umsatzsteuerakte „Urteil des BGH vom 12.05.05“) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf „das in der Hauptverhandlung abgelegte umfassende Geständnis“ bestätigt.
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Auf beide Urteile wird ergänzend Bezug genommen.
30 
4. Gleichwohl erhielt die Klägerin ihre Klage aufrecht. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen vor, bei ihr seien „sämtliche kaufmännischen Unterlagen geordnet vorhanden“ gewesen und „auf Anforderung uneingeschränkt ausgehändigt worden“.
31 
Für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen sei allein der Umstand entscheidend, dass Ware in ein „Drittland“ geliefert werde. Auf die Erfüllung der von dem Beklagten geforderten Nachweise komme es demnach in materiellrechtlicher Hinsicht nicht an. Bei den von der Steuerfahndung fälschlicherweise als Scheinabnehmer bezeichneten Firmen handele es sich zudem in Wahrheit um ihre vier „Gebietsimporteure“, wohingegen die laut Steuerfahndung als tatsächliche Abnehmer bezeichneten Firmen die italienischen Kunden der „Gebietsimporteure“ gewesen seien. Den Letzteren sei von ihr, der Klägerin, Kunden- bzw. Gebietsschutz eingeräumt worden. Eine schriftliche Vereinbarung hierüber liege jedoch nicht vor. Die Geschäftsidee der Klägerin habe von Anfang an nachgerade darin bestanden, „sich auf ausgesuchte Stützpunkthändler zu konzentrieren“.
32 
Dem stehe nicht entgegen, dass die ausgelieferten Fahrzeuge im verkürzten Leistungsweg an den Endbesteller ausgeliefert worden seien. Die Kosten hierfür habe nach den vertraglichen Vereinbarungen die Klägerin zu tragen gehabt, weshalb diese Kosten auch entsprechend aufwandswirksam geltend gemacht worden seien.
33 
Die Lieferungen seien nach den Grundsätzen des Streckengeschäfts (bzw. Reihengeschäfts) im verkürzten Leistungsweg an Personen in der Lieferkette abgewickelt worden. Die Schlussfolgerungen, welche die Steuerfahndung aus den in ihrem Bericht vom 17. März 2004 dargestellten fünfzehn Fallbeispielen ableite, seien unzutreffend. Für die Meinung der Steuerfahndung sprächen auch nicht angebliche Vorteile, die mit der von ihr vermuteten Handhabung verbunden gewesen seien. Die „umsatzsteuerliche Empfängersteuer des italienischen Gebietsimporteurs“ sei für diesen „gleichermaßen zum Vorsteuerabzug zugelassen“. Bei „Durchrechnung der Allphasenumsatzsteuer“ ergebe sich „bei der gemutmaßten Handhabung kein steuerlicher bzw. wirtschaftlicher Vorteil“.
34 
Die Klägerin habe zwar „mit Offerten unterschiedlicher Art“ einen unbestimmten Abnehmerkreis in Italien beworben; die konkreten Einzelgeschäfte hätten aber „gleichwohl vor dem Hintergrund einer kundenschutzähnlichen Abrede“ über die italienischen Importeure abgewickelt werden müssen, die diese dann im Rahmen der Lieferkette an die Endabnehmer ausgeliefert hätten. Dem trügen die „vertraglichen Konstellationen (nachgeschaltete Kaufverträge) Rechnung“. Hieran ändere sich rechtlich auch dadurch nichts, dass in Einzelfällen die Dritten die „Kontraktanbahnungen“ mit der Klägerin bewirkt hätten und dass die Klägerin mit den Dritten über „Konditionen des Endkaufpreises verhandelt und diese Verhandlungen auch in ihren Unterlagen dokumentiert hat“. Die Klägerin habe nicht zuletzt aufgrund der exzellenten Beherrschung der italienischen Sprache durch ihre Gesellschafter in Italien Kunden akquiriert, jedoch bei Vertragsreife die Abwicklung ihren vier italienischen Abnehmern überlassen. Es sei durchweg zum Abschluss von zwei Liefergeschäften gekommen, wobei der Einkaufspreis des Importeurs, den dieser an die Klägerin zu zahlen hatte und der in deren Ausgangsrechnung erfasst gewesen sei, „insoweit durchweg unter dem mit dem Dritten verhandelten Preis“ gelegen habe. Dabei spiele die Bezeichnung dieser „Handelsmarge keine Rolle“.
35 
Eine derartige Verkaufspolitik sei keineswegs ungewöhnlich. Beispielsweise würden auf diese Weise in Deutschland der „ganz überwiegende Marktanteil in Sanitärprodukten“ vertrieben. In dieser Branche verkaufe der Großhandel, welcher werbe und Ausstellungen bereithalte, an Handwerker, welche ihrerseits an die Endkunden lieferten und die Gegenstände bei diesen einbauten. Die Personen bzw. Firmen, „denen die Fahrzeuge tatsächlich ausgehändigt“ worden seien, hätten „ausdrücklich nicht in rechtsgeschäftliche Beziehungen zur Klägerin treten“ wollen. Vielmehr hätten sie darauf bestanden, „daß die Lieferverhältnisse, die sie betrafen, mit einem italienischen Vertragspartner, mithin dem Gebietsimporteur, zustande gekommen waren“.
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Vielleicht würde die Klägerin „von Fall zu Fall“ auch die Möglichkeit gehabt haben, mit einzelnen „Endabnehmern“ direkt Kontrakte abzuschließen. Sie würde dann allerdings Gefahr gelaufen sein, ihre wichtigen Kunden, die „Gebietsimporteure“, zu verlieren.
37 
In diesem Zusammenhang komme auch dem Umstand Bedeutung zu, dass die Klägerin bzw. der für sie handelnde Gesellschafter Y. „durchweg die Kaufpreiszahlung von den Rechnungsadressaten, mithin ihren Vertragspartnern (Gebietsimporteuren) in bar erhalten“ habe, und „nicht etwa von denjenigen Personen, die das Fahrzeug (wiederum als Kunden der Gebietsimporteure) vor Ort (im Zuge der jeweiligen Direktlieferungen) übernommen hatten“. Bei vergleichbaren Konstellationen im KfZ-Handel entsprächen die Kaufpreis-Barzahlungen im unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den jeweiligen KfZ-Auslieferungen den „(sicherlich auch gerichtsnotorischen) Usancen“. Mit dieser Vorgehensweise sei die „für die KfZ-Beschaffung auf Einkaufsseite erforderliche laufende Liquidität der Klägerin gestützt bzw. aufrechterhalten“ worden.
38 
Der zwischen der Klägerin und dem Dritten „ausgehandelte“ Preis sei nicht derjenige gewesen, auf welchem der Kontraktschluss der Klägerin mit einem der vier Importeure basiert habe. Dieser Preis sei vielmehr der Lieferbeziehung des italienischen Importeurs mit seinem Kunden (eben dem Dritten) zugrunde gelegt worden. Der Einkaufspreis des Importeurs, den dieser an die Klägerin zu zahlen gehabt habe und der in deren Ausgangsrechnung erfasst worden sei, habe insoweit durchweg unter dem mit dem Dritten - teils vom Importeur, teils von der Klägerin - verhandelten Preis gelegen.
39 
Die Tatsache, dass die Klägerin ihren Abnehmer W.E. aufgefordert habe, offen stehende Kaufpreisrechnungen zu bezahlen bzw. den ihm zustehenden Kaufpreisanteil beim Endkunden (z.B. „J..“) beizutreiben (vgl. Seite 26 des Steuerfahndungs-Berichts), unterstreiche zusätzlich die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin und der gebotenen (hermeneutischen) Auslegung der Vertragsbeziehungen.
40 
Aus dem Umstand, dass auf den Ausgangsrechnungen der Klägerin die Abholung der gehandelten Fahrzeuge durch die italienischen Abnehmer bescheinigt worden sei, obwohl der Gesellschafter Y. die Fahrzeuge selbst nach Italien überführt habe, könnten keine Nachteile zu Lasten der Klägerin abgeleitet werden. Zum einen sei der Gesellschafter Y. insoweit als Beauftragter der Abnehmer tätig gewesen. Deshalb sei die Überführung der Fahrzeuge nach Italien, ohne dass es im Ergebnis darauf ankäme, „sehr wohl als Abholvorgang in materieller umsatzsteuerlicher Sicht zu werten. Dass die Überführungskosten vereinbarungsgemäß von der Klägerin zu tragen gewesen seien, da für die Lieferungen „frei Empfangsort“ vereinbart gewesen sei, ändere daran nichts. Zum anderen komme diesem Umstand auch im Hinblick auf die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 4 Nr.1 Buchst. b, § 6a Abs.1 UStG keine Bedeutung zu, da entscheidend sei, dass die Fahrzeuge tatsächlich nach Italien geliefert worden seien und die Sachherrschaft an ihnen übertragen worden sei, was unstreitig sei.
41 
Auch § 17a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) verlange lediglich den Belegnachweis, dass die Lieferantin oder deren Abnehmer “den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert...“ hätten. Die erforderlichen Aufzeichnungen im Sinne des § 6a UStG i.V.m. §§ 17a, 17c UStDV, aus denen der Bestimmungsort der Fahrzeuge, der Tag der Lieferung und die mit dem Transportvorgang befassten Personen ersichtlich seien, ferner das in Rechnung gestellte Entgelt sowie die Bezeichnung der durch Selbstantrieb verbrachten Fahrzeuge, lägen in allen Fällen vor.
42 
Die Gesellschafter der Klägerin hätten auch keine wie auch immer gearteten - für ihren Geschäftsverkehr oder für steuerliche Zwecke relevanten - Unterlagen verheimlicht oder unterdrückt bzw. Handelsbriefe aus der Buchhaltung entnommen.
43 
Bei den von der Steuerfahndung als “Angebote“ angesehenen Schriftstücken (vgl. Steuerfahndungs-Bericht vom 17. März 2004, Seite 20 vorletzter Absatz) habe es sich entgegen der Ansicht des FA nicht um Handels- bzw. Geschäftsbriefe, sondern ausnahmslos um Werbeaktionen bzw. Akquisitionsmaßnahmen der Klägerin bzw. um die „Übermittlung von Daten“ an die Kunden der „Gebietsimporteure“ bzw. um „Hinweis(e) auf eine Erwerbsmöglichkeit über den italienischen Gebietsimporteur gehandelt. Denn nur die Klägerin sei in der Lage gewesen, „durch geeignete werbliche Maßnahmen bei den in Betracht kommenden Interessenten (von der Ebene ihrer italienischen Vertragspartner aus gesehen) entsprechende Nachfrage zu kreieren“ - oder wie es in werbewirtschaftlicher Terminologie heiße: „Bedarf zu wecken und zu lenken“. Denn sie - und nur sie - habe im Verhältnis zu ihren Geschäftspartnern über entsprechende Einkaufsmöglichkeiten für durchweg höher- oder auch hochwertige Fahrzeuge verfügt. So habe es Sinn gemacht, dass sich die Klägerin eben direkt an die gewerblichen Abnehmer ihrer Geschäftspartner, die in Zwischenhändlerfunktion tätig gewesen seien, gewandt habe, mitunter auch an sonstige Adressen, die ihr als potentielle Nachfrager (auf zweiter Stufe in der Lieferantenkette) bekannt waren.
44 
Da die Klägerin mit den beworbenen Adressaten keine Geschäftsverbindungen unterhalten bzw. Geschäftsabschlüsse getätigt habe, habe es insoweit auch „nichts aufzubewahren“ gegeben.
45 
Die „Kaufbestätigungen der betreffenden beworbenen italienischen Adressaten“ hätten in keinem Fall „die Qualität irgendwelcher rechtsgeschäftlicher konstitutiver Akte im Verhältnis zur Klägerin als Vertragspartnerin“ gehabt. Sie seien für diese nur insoweit von Belang gewesen, „als sie nach Kenntniserlangung davon ausgehen konnte, das Liefergeschäft mit ihrem Vertragspartner auf erster Stufe, also dem italienischen Importeur, abzuwickeln“.
46 
Bezüglich der Letzteren habe „ein Mindestmaß an Dokumentationsumfang und gleichwertigen Kommunikationsmitteln“ genügt, zumal den Gesellschaftern der Klägerin (namentlich dem (damaligen) Gesellschafter-Geschäftsführer Y. die italienischen Geschäftspartner bzw. deren Organe persönlich bekannt gewesen seien und mit diesen ein persönliches Vertrauensverhältnis bestanden habe.
47 
Auch die Tatsache, dass die Klägerin über verschiedene Blankoausfertigungen italienischer Erklärungen (dichiarazioni) verfügt habe, könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Insbesondere habe kein wie auch immer gearteter “guter Eindruck gegenüber einem deutschen Finanzamt erweckt“ werden sollen. Die geschäftsführende Gesellschafterin X. habe im Juli 2003 Herrn S.S. um die Übermittlung einer Bestätigung in Bezug auf ein übernommenes Fahrzeug ersucht, worauf dieser (während der Urlaubabwesenheit der X. mehrere Blankoausfertigungen übersandt habe.
48 
Der Klägerin sei geraten worden, sich durch entsprechende Formularbestätigungen weitere Gewissheit zu verschaffen, dass ihre Kunden, die „Gebietsimporteure“, ihren umsatzsteuerlichen Verpflichtungen in Italien nachkämen. Allerdings habe die Klägerin keinesfalls nachzuweisen gehabt, dass die „Gebietsimporteure“ die Erwerbsbesteuerung tatsächlich durchführen bzw. für den Erwerb die Umsatzsteuer entrichtet haben (vgl. hierzu auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 29. März 1996, BStBI I 1996, 458). Die Klägerin habe also mehr getan, als ihr oblegen habe. Die Verwendung derartiger Formulare spreche nicht gegen, sondern für das steuerlich einwandfreie Verhalten der Klägerin und ihrer Gesellschafter.
49 
Die sog. Schwarzgeldlisten seien für die umsatzsteuerliche Behandlung ohne Belang. Einzelne „Unterpreisstellungen“ des Veranlagungszeitraumes 2003 indizierten keineswegs, dass die Klägerin in Wirklichkeit keine Kontrakte mit ihren Gebietsimporteuren abgeschlossen habe. Richtig sei vielmehr, „daß auch derartige Unterpreisstellungen nur vor dem Hintergrund sachlogisch denkbar seien, daß hier in einigen Fällen eben mit den Importeuren besondere Abreden getroffen wurden, die damit auch in ihrer Rolle als Kontraktpartner fungierten“.
50 
Die „Gebietsimporteure“ - nicht etwa die „Endverbraucher“ - hätten die Klägerin in den „betreffenden Einzelfällen dazu gedrängt, in den Rechnungen niedrigere Preise zu fakturieren“. Im Übrigen werde die Klägerin die Rechnungen berichtigen und daraus im Rahmen ihrer Steuererklärung für 2003 die gebotenen Konsequenzen ziehen.
51 
Bei den als “Provisionen“ vom FA in Bezug genommenen Beträgen (insgesamt 160.000,- EUR im Geschäftsjahr 2003) habe es sich nicht um solche im Rechtssinn gehandelt, „sondern um die Zwischenerlöse auf der zweiten Händlerstufe (Gebietsimporteur/dessen Kunde), mithin betriebswirtschaftlich gesehen, um den Deckungsbeitrag I des Gebietsimporteurs“. Die Klägerin habe demzufolge auch keine Provisionen an ihre italienischen Kunden entrichtet, „sondern zwangsläufig und sachgerecht (betriebswirtschaftlich logisch) niedrigere Rechnungen im Vergleich zu denjenigen gestellt, mit denen die Importeure ihrerseits die jeweiligen Kunden belastet haben“. Der Klägerin seien die Preise und Kalkulationen ihrer italienischen Importeure sehr wohl bekannt gewesen.
52 
Was die „Vorlagen“ der Gesellschafter der Klägerin bei Liquiditätsengpässen anbelange, so seien diese insoweit “in die Bresche gesprungen“, als sie die Verkaufsrechnungen an die italienischen Abnehmer von Fall zu Fall als bezahlt quittiert und das Geld “aus privater Tasche“ an die Klägerin abgeführt hätten.
53 
Die zeitversetzt gezahlten Entgelte der italienischen Abnehmer hätten sie sodann für sich behalten. Dies habe „Umwegbuchungen über Einlage- und Entnahmekonten“ erübrigt. Die Erträgnisse wie freilich auch die Ausgangsrechnungen seien korrekt erfasst und belegt. Es bleibe dabei, dass das Kassenbuch “perfekt“ geführt worden sei.
54 
Selbst wenn die von der Klägerin in ihren Rechnungen ausgewiesenen Abnehmer nicht die wirklichen Abnehmer gewesen sein würden, könne sich die Klägerin auf den Vertrauensschutztatbestand des § 6a Abs. 4 UStG berufen, da den Rechnungsadressaten in allen Fällen für die jeweils in Betracht kommenden Zeiträume eine wirksame Umsatzsteuer-ldentifikationsnummer zugeteilt gewesen sei. Die Klägerin habe ihren Sorgfaltspflichten genügt.
55 
Sofern in der Lieferkette, insbesondere auch auf Seiten der Importeure, aus Sicht des italienischen Fiskus Unregelmäßigkeiten begangen worden sein sollten, sei dies nicht Sache der Klägerin, aber auch nicht Sache des deutschen Fiskus. Die Klägerin könne nicht für ein etwaiges steuerunehrliches Verhalten ihrer Vertragspartner haftbar gemacht werden.
56 
Im Übrigen habe das FA 2001 eine zeitnahe Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum 01/2000 bis 04/2001 bei der Klägerin durchgeführt, wobei sich keine Beanstandungen ergeben hätten. Nach Ansicht der Klägerin sei das FA an seine damaligen Feststellungen für den genannten Zeitraum gebunden. Dieses habe sehr wohl „einen qualifizierten Vertrauenstatbestand geschaffen“.
57 
Die Auffassung der Klägerin werde auch durch die Verurteilung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer durch das LG KP.. (Urteil der 14. Wirtschaftsstrafkammer vom 30.9.2004,) nicht relativiert. Dieses Urteil sei für das finanzgerichtliche Verfahren nicht vorgreiflich.
58 
Die Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin hätten im Strafverfahren die tatsächlichen Verläufe wahrheitsgemäß geschildert, „ohne daß hieraus in Wirklichkeit umsatzsteuerrechtliche Sanktionen oder gar eine strafrechtliche Verurteilung hätten folgen dürfen.“ Die „sogenannten Geständnisse (seien) ... unter außergewöhnlichen Bedingungen vor dem Hintergrund der totalen Einbuße der persönlichen Freiheitssphäre - damit unter enormem faktischem psychischem und körperlichem Zwang ... auf Grund der U-Haft - zustande gekommen“.
59 
Im weiteren Verlauf des Verfahrens führte der Klägerin-Vertreter im Vorfeld der mündlichen Verhandlung sodann aus, „in Wirklichkeit“ hätten die Organe der Klägerin im Strafverfahren kein Geständnis abgelegt, aus dem sich ergeben hätte, dass ihnen bekannt gewesen sei, dass „es um die Beteiligung an steuerlich sanktionsfähigen Warenumsätzen gehen könnte oder würde“. Auch sei ihnen nicht bekannt gewesen, dass es „um Handlungen gehen könnte, die geeignet waren, die Person des Warenerwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen“. Die Organe der Klägerin hätten vielmehr „über keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme angeblich steuerlich unehrlichen Verhaltens ihrer Abnehmer“ verfügt. Die Organe der Klägerin hätten „in dem Strafverfahren keine Erklärungen (mit „Geständnisqualität“) abgegeben, die auf eine derartige, ihnen zugemessene Bewusstseinslage schließen lassen“. Er teilte weiter mit, zwischenzeitlich sei die Einstellung des Strafverfahrens gegen die im Streitfall eingebundenen Unternehmer S.S., T.Ö. und W.E. beantragt worden. Auch hierdurch werde die den Organen der Klägerin unterstellte Bösgläubigkeit widerlegt. Bei dem vermeintlichen „Geständnis“ handle es sich in Wirklichkeit um eine rechtsfehlerhafte „Wertung“ von Einlassungen, die niemals das Handeln bzw. Auftreten von „Scheinabnehmern“ auf der Erwerberseite zum Aussageinhalt gehabt hätten. Bei den streitbefangenen Lieferungen handle es sich zudem ausnahmslos um solche im „umsatzsteuerneutralen B-to-B-Bereich (business to business)“. Für ein bewusstes Zusammenarbeiten der Gesellschafter mit ihren Geschäftspartnern, um diesen in Italien die Möglichkeit zu verschaffen, Umsatzsteuer zu hinterziehen ergebe sich „kein auch nur entfernter Anhaltspunkt“.
60 
Die „negativen Umsatzsteuerschulden“ der Klägerin müssten „entsprechend dem Begehren der Klägerin erhöht und insoweit zu deren Gunsten neu festgesetzt werden“. Da unstreitig sämtliche liefergegenständlichen Fahrzeuge nach Italien verbracht worden seien, seien in allen Fällen innergemeinschaftliche Lieferungen bewirkt worden. Insoweit sei es unerheblich, ob die für diese erstellten Verbringungsnachweise sachlich zutreffend seien oder nicht. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass die Fahrzeuge tatsächlich anlässlich des jeweiligen Transportvorgangs in den EU-Mitgliedstaat gelangt seien. „Wenn dem - wie hier insoweit unstreitig und zweifelsfrei - so ist“, seien die Lieferungen als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln. Die Klägerin bezog sich hierbei auf die einschlägige Rechtsprechung des EuGH und nahm weiter Bezug auf ein vom 9. Senat des erkennenden Gerichts unter dem Aktenzeichen 9 K 408/04 am 9. Juni 2008 ergangenes Urteil, aufgrund dessen „fest“ stehe, „dass die Organe der Strafrechtspflege grundsätzlich unter Verkennung der maßgeblichen steuerrechtlichen Dimensionen gegen die (vermeintlich) Verantwortlichen - im Ergebnis (ebenso) niemals wiedergutzumachende - Freiheitsstrafen verhängt haben“. Gleiches gelte hinsichtlich der Gesellschafter der Klägerin im hier anhängigen Verfahren. Da die Abwicklung von innergemeinschaftlichen Lieferungen feststehe, „durfte eine Heranziehung zur Umsatzsteuer (der Klägerin) nicht in Betracht kommen“. Damit habe sich „bei sachgerechter Behandlung der Vorgänge eo ipso wegen des Grundsatzes der Akzessorietät auch nicht die Frage nach der Haftung ihrer Gesellschafter stellen“ können, die „wegen Steuerfreiheit der einschlägigen Liefervorgänge sachlogisch keine Steuerhinterziehung begehen konnten“.
61 
Sämtliche Abnehmer der Klägerin seien gewerblich tätige, nach italienischem Recht registrierte Unternehmen mit USt-ID-Nummer gewesen, wobei die Firmen CC, UJ.. und MO.. ihren Fahrzeugbedarf in erheblichem Umfang auch bei  einer Fa. KK GmbH (KP..-) gedeckt hätten. Die Rechnungsadressaten der Klägerin seien die echten, wirklichen Abnehmer; insoweit seien die zivilrechtlichen Vereinbarungen maßgebend. Die Rechnungsadressaten hätten den Empfang der Fahrzeuge quittiert und ausnahmslos den Kaufpreis bezahlt. Auch seien einige Fahrzeuglieferungen unbar abgewickelt worden.
62 
Die „Kontraktpartner (Abnehmer der Klägerin)“ hätten die Fahrzeuge zudem nicht etwa an italienische Endabnehmer weitergeliefert. Auch diese seien nach dem Kenntnisstand der Klägerin durchweg Zwischenhändler gewesen und hätten, soweit dies der Klägerin bekannt sei, die meisten Fahrzeuge in der weiteren Verkaufsabwicklung in Italien über Leasing-Finanzierung weiterveräußert.
63 
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte schließlich mit, dass Y., der vormalige Gesellschafter-Geschäftsführer, mit Beschluss vom 26. August 2009 „als solcher“ bei der Klägerin ausgeschieden und damit nicht mehr vertretungsberechtigter Geschäftsführer derselben sei.
64 
Auf den umfangreichen schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin sowohl im hier vorliegenden Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren auf gerichtliche Vollziehungsaussetzung (12 V 85/04) wird ergänzend vollumfänglich Bezug genommen.
65 
5. Gleichzeitig mit ihren Einsprüchen gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide sowie Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide bzw. gegen den erstmaligen Vorauszahlungsbescheid für Juli 2003 hatte die Klägerin beim FA am 25. März 2004 bzw. am 22. April 2004 auch die Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide beantragt. Dies wurde vom Finanzamt mit Verwaltungsakt vom 06. April 2004 und - nach einem rechtzeitigen Einspruch auch hiergegen - mit Einspruchsentscheidung vom 29. April 2004 bzw. mit Verwaltungsakt vom 04. Mai 2004 jeweils abgelehnt, da keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen würden. Die hierauf beantragte gerichtliche Vollziehungsaussetzung (Az.: 12 V 85/04) wurde mit Beschluss vom 13. Februar 2006 (Bl. 150 ff. der Gerichtsakte 12 V 85/04) abgelehnt.
66 
6. Am 25. Juli 2008 übersandte der Beklagte den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2003 vom 24. Juli 2008 (Bl. 195 ff. der Gerichtsakte); dieser wurde gem. § 68 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
67 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf die Schriftsätze ihres Prozessbevollmächtigten in dem vorliegenden Verfahren ergänzend vollumfänglich verwiesen.
68 
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 2. April 2004 die Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001, 2002 vom 22. März 2004 sowie den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 24. Juli 2008 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer für 2000 mit ./. xxx.xxx,xx EUR, für 2001 mit ./. xxx.xxx,xx EUR, für 2002 mit ./. xxx.xxx,xx EUR sowie für 2003 mit ./. xxx.xxx,xx EUR festgesetzt wird sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.
69 
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
70 
Zur Begründung beruft er sich auf die Feststellungen der Steuerfahndung vom 16. Dezember 2003/16. März 2004 (steuerliche Feststellungen) bzw. vom 17. März 2004 (steuerstrafrechtliches Ermittlungsergebnis) und trägt im Wesentlichen noch das Folgende vor:
71 
Die Feststellungen der Steuerfahndung seien durch den Verlauf der Hauptverhandlung vor dem Landgericht KP.. bestätigt worden. Dort hätten die Gesellschafter der Klägerin Angaben zur Sache gemacht und glaubhafte Geständnisse abgelegt.
72 
Indem die Klägerin im Rahmen des Antrags auf gerichtliche Vollziehungsaussetzung selbst vortragen lasse, dass ihre Gesellschafter vor dem LG die tatsächlichen Verläufe wahrheitsgemäß geschildert hätten, gleichzeitig jedoch gegenteilige Behauptungen aufstelle, sei dies widersprüchlich. Außerdem setze sich die Klägerin zu ihrem Vorbringen in dem Verfahren 12 V 39/03 wegen Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung vom 14. August 2003 in Widerspruch.
73 
Wenn die Klägerin weiter vortragen lasse, dass die Strafkammer die Feststellungen des Finanzamts bzw. der Steuerfahndung ungeprüft zugrunde gelegt habe, ohne sich mit den umsatzsteuerrechtlichen Spezifika und den zivilrechtlichen Vorfragen in der erforderlichen Weise auseinanderzusetzen, so sei diese Behauptung falsch. Während der Verhandlung vor dem LG seien mehrere Lieferfälle im Einzelnen angesprochen worden. Dabei habe sich zweifelsfrei ergeben, dass die vorgetäuschten Abnehmer nicht die tatsächlichen Abnehmer gewesen seien, was letztendlich zum Geständnis der Gesellschafter der Klägerin geführt habe. Dieses liege dem gegen die Gesellschafter der Klägerin ergangenen Strafurteil des LG vom 30. April 2004 zugrunde. Der damaligen Verhandlung hätten auch Vertreter des Beklagten beigewohnt. Hierbei sei ein Geständnis u.a. des Inhalts abgelegt worden, dass es dem Gesellschafter Y. bekannt gewesen sei, dass W.E. nicht der tatsächliche Abnehmer gewesen sei. Die Zwischenschaltung habe ausschließlich dem Zweck gedient, inneritalienische Rechnungen zu schaffen.
74 
Wegen Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten, insbesondere vom 11. Dezember 2004, 20. Juni 2005 und 10. November 2009, verwiesen.
75 
7. Am 16. Juli 2009 fand ein Erörterungstermin statt. Hierbei haben die Beteiligten klargestellt, dass im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich die nach Italien verbrachten Fahrzeuge, die sich aus der vom Vertreter der Klägerin zur Vorbereitung des Termins als Anlage zum Schriftsatz vom 6. Mai 2009 vorgelegten Aufstellung (Bl. 234 ff. der Gerichtsakte) ergeben, streitgegenständlich seien. Auf das diesbezügliche Protokoll (Bl. 274 ff. der Gerichtsakte) wird vollumfänglich Bezug genommen.
76 
8. Der Sach- und Streitstand beruht auf der Gerichtsakte, den vom Beklagten vorgelegten Steuerakten (§ 71 Abs. 2 FGO), den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und den Angaben der Beteiligten im Erörterungstermin und der mündlichen Verhandlung. Die Beteiligten haben zudem ihr jeweiliges Vorbringen im gerichtlichen Vollziehungsaussetzungsverfahren 12 V 85/04 vollumfänglich zum Inhalt des hier zu entscheidenden Hauptsacheverfahrens gemacht. Der erkennende Senat hat zu dem vorliegenden Verfahren auch die Akten des unter dem Aktenzeichen 12 V 85/04 geführten gerichtlichen Aussetzungsverfahrens mit Anlagenband sowie die Akten des zwischen den Beteiligten anhängig gewesenen Verfahrens 12 V 39/03 wegen Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung vom 14. August 2003 beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
78 
Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO ändert das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die angefochtenen Bescheide sind jedoch rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
79 
Die streitgegenständlichen Fahrzeugverkäufe sind nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 4 Nr. 1 UStG i.V.m. § 6a UStG steuerfrei.
80 
1. Nach § 4 Nr. 1 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden (steuerbaren) Umsätzen u.a. die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG) steuerfrei.
81 
a) Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn
82 
- der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG),
- der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG) und
- der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).
83 
Der Nachweis des Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzungen obliegt gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG dem Unternehmer. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist das BMF ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie der Nachweis zu führen ist. Dies ist in Gestalt der §§ 17a bis 17c der UStDV geschehen.
84 
Bei der Lieferung eines hochwertigen PKW sind nach der Rechtsprechung des BFH an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung - wie vorliegend in der überwiegenden Zahl der Fälle - ein Barverkauf zu Grunde liegt. In solchen Fällen muss der Unternehmer sich über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht des angeblichen Vertreters des Abnehmers vergewissern und entsprechende Belege vorlegen können (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81).
85 
Im Streitfall hat die Klägerin zum Nachweis der Identität ihrer italienischen Abnehmer und der Verbringung der Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet quittierte Kopien ihrer Ausgangsrechnungen bereitgehalten, in welchen der jeweilige angebliche Abholer schriftlich erklärte, das betreffende Fahrzeug erhalten zu haben und dieses „in sein Land“ verbringen zu wollen. Allerdings waren die Erklärungen regelmäßig schon insoweit unzutreffend, als die Unterzeichner der Erklärungen die Fahrzeuge nicht bei der Klägerin abgeholt und nach Italien befördert haben. Vielmehr hat der Gesellschafter Y. nahezu alle Überführungen persönlich durchgeführt, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt.
86 
b) Die Klägerin weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Nachweispflichten des Unternehmers keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung sind (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BStBl II 2009, 297 ff.). Demnach ist es für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG letztlich nicht entscheidend, ob in den zum Nachweis dienenden Belegen oder Aufzeichnungen der Beförderungsvorgang durch den Unternehmer oder aber durch den Abnehmer unzutreffend dargestellt ist. Kommt der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nicht nach, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BStBl II 2009, 297 ff.).
87 
Danach setzt die innergemeinschaftliche Lieferung neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (BFH-Urteil vom 8. November 2007, V R 26/05, BStBl II 2009, 49, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (BFH-Urteil vom 8. November 2007, V R 26/05, BStBl II 2009, 49, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
88 
Der Senat geht im Streitfall davon aus, dass die gelieferten Fahrzeuge tatsächlich nach Italien verbracht worden sind. Er entnimmt dies den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob Abnehmer der Fahrzeuge die von der Klägerin (dazu nachfolgend zu e)) oder die von dem Beklagten (dazu nachfolgend zu c) und d)) benannten Erwerber waren. In beiden Fällen hätten die Erwerber ganz offenkundig als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG den gewerblichen Handel mit den erworbenen Fahrzeugen betrieben.
89 
Dennoch hat die Klägerin im Streitfall keinen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte, von dem Beklagten aber bestrittene Steuerbefreiung.
90 
c) Einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist die Befreiung von der Mehrwertsteuer nämlich auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen (hierzu ausführlich BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009, 1 StR 41/09, EuGH-Vorlage, juris, m. w. Nachw.). Dies gilt auch, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer aus der Sicht eines objektiven Betrachters, namentlich eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet (vgl. hierzu auch § 6a Abs. 4 Satz 1, § 25d Abs. 1 Satz 1 UStG), dies jedenfalls hätte wissen müssen. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt danach etwa dann keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um den tatsächlichen Abnehmer zu verdecken, und so an der Vermeidung der Besteuerung des Abnehmers mitwirkt (siehe auch BGH-Beschluss vom 20. November 2008 1 StR 354/08, DStR 2009, 577 ff). Hierbei kommt es nach Überzeugung des Senats nicht darauf an, ob der Abnehmer nachweisbar tatsächlich eine Steuerhinterziehung begeht oder ob dieser hierfür im Verbringungsstaat tatsächlich belangt wird. Der Unternehmer muss sich ferner - entsprechend dem Grundgedanken der §§ 166, 278 BGB - die Kenntnis seiner Gesellschafter zurechnen lassen (Senats-Urteil vom 1. Oktober 2007, 12 K 160/04, Deutsches Steuerrecht - Entscheidungsdienst 2008, 449, m. Anm. Füllsack, Revision eingelegt, Az. des BFH: XI R 78/07; vgl. ferner BFH-Urteil vom 29. Juli 2003, VII R 3/01, BFH/NV 2003, 1521, unter II. 3.; BGH-Urteil vom 27. März 2001, VI ZR 12/00, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 2535, unter II 2 a bb, je m. w. Nachw.).
91 
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Steuerbefreiung als rechtsmissbräuchlich zu versagen. Die Klägerin konnte - aus der Sicht eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwendet - erkennen, dass die innergemeinschaftlichen Erwerber sich vorbehalten hatten, die Umsatzsteuer - jedenfalls - nicht zu entrichten, die auf den Erwerb der Fahrzeuge entsteht, die sie, die Klägerin, liefern sollte. So hat die Klägerin gemeinschaftlich mit den Italienischen „Gebietsimporteuren“ und den tatsächlichen Abnehmern in der „Lieferkette“ einen „Zwischenerwerb“ der „Gebietsimporteure“ fingiert, indem durch die Rechnungsstellung vorgetäuscht wurde, die Fahrzeuge an die „Gebietsimporteure“ zu liefern. Darüber hinaus war es der Klägerin auf diese Weise möglich, zusätzliche Einnahmen zu erzielen, deren tatsächliche Höhe durch angebliche Zwischengewinne oder „Differenzbeträge auf der zweiten Händlerstufe“ verschleiert werden sollten. Insoweit widerspricht der Vortrag der Klägerin logischen Denkgrundsätzen, wenn sie vorträgt, bei den Provisionen habe es sich um „Zwischenerlöse auf der zweiten Händlerstufe“ und somit um den „Deckungsbeitrag I des Gebietsimporteurs“ gehandelt.
92 
Der mit der Vorgehensweise einher gehende Effekt von zusätzlichen Fahrzeugverkäufen vermag dagegen dieses kollusive Zusammenwirken nicht mit der Folge der Gewährung einer Umsatzsteuerbefreiung zu überlagern, da dieser Effekt gerade und ausschließlich durch das steuerunehrliche Verhalten der Beteiligten und damit durch den Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften ermöglicht werden konnte (ausdrücklich offen gelassen in FG Baden-Württemberg - Beschluss vom 11. März 2009, 1 V 4305/08, „juris“). Ein solches kollusives Zusammenwirken lag auch offenbar weder der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 27. November 2008 (6 K 1463/08, „juris“) noch der des 9. Senats des erkennenden Gerichts (Urteil vom 9. Juni 2008, 9 K 408/04, „juris“) zugrunde.
93 
Seine Überzeugung, dass
- die Gesellschafter der Klägerin die entsprechende Kenntnis hatten oder jedenfalls hätten haben müssen und
- die tatsächlichen Abnehmer verschleiert wurden, indem die Klägerin in ihren Rechnungen nicht die wirklichen Abnehmer, sondern Dritte als solche benannt hatte, indem sie unzutreffende Angaben dazu machte, wer die Fahrzeuge nach Italien verbrachte,
- die Klägerin (inhaltlich) falsche Rechnungen ausstellte und
- sie sich in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle auf Bargeldzahlungen einließ, ohne hierfür triftige Gründe geltend zu machen,
94 
entnimmt der Senat im Einzelnen dem gegen die Gesellschafter der Klägerin ergangenen Urteil des LG KP... Dessen Inhalt macht sich der Senat zu eigen. Das Finanzgericht kann sich den Inhalt eines Strafurteils grundsätzlich zu eigen machen, ohne die Akten des Strafverfahrens beizuziehen und weitere Ermittlungen anzustellen (BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2008 VII B 179/08, „juris“ m. w. Nachw.). Das FG darf sich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts jedenfalls dann zu eigen machen, wenn und soweit es - wie im Streitfall der Senat - zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
95 
Das LG hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
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- die Geschäftsführer der Klägerin ihre Rechnungen in keinem Fall auf die tatsächlichen Kunden und Abnehmer, sondern auf andere von ihren Kunden genannte Personen bzw. Firmen in Italien ausgestellt hatten,
- sie sich, obwohl die Autos weit überwiegend von Y. nach Italien verbracht und geliefert wurden, auf den Rechnungen jeweils wahrheitswidrig bestätigen ließen, dass ein Vertreter der in den Rechnungen als Abnehmer fingierten Firmen das Fahrzeug in Deutschland übernommen habe und „in sein Land“ bringen werde, und
- es den Geschäftsführern der Klägerin bewusst war, dass die italienischen Autohäuser, also ihre wirklichen Kunden und Abnehmer, auf diese Weise die Bezahlung der in Italien anfallenden Erwerbsumsatzsteuer umgingen, indem sie sich inneritalienische Rechnungen, in denen der an die Klägerin gezahlten Kaufpreis als Bruttokaufpreis aufgeführt und die italienische Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, ausstellen ließen.
97 
Das LG berief sich zu den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen auf die Angaben der Geschäftsführer der Klägerin und verwies darauf, dass diese in der Hauptverhandlung ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis abgelegt hätten. Das LG führte hierzu aus, die Geschäftsführer der Klägerin hätten „anhand von zahlreichen ihnen aus den Ermittlungsakten vorgehaltenen Urkunden und Schriftstücken ausführlich, detailliert und glaubhaft dargelegt, wie sie gegen Ende des Jahres 1999 in Kontakt zum Inhaber des italienischen Autohauses „R..“ kamen, wie dieser sie in die in Italien offensichtlich weitverbreiteten illegalen Geschäftspraktiken einführte, ihnen W.E. als Scheinabnehmer vorstellte und wie sie im weiteren Verlauf - vor allem mit W.E. als Kontaktmann und Scheinabnehmer - zu weiteren Autohäusern in Kontakt kamen und auch bei Verkäufen an diese jeweils W.E. bzw. andere ihnen von ihren Geschäftspartnern vorgegebene Personen oder Firmen als Scheinabnehmer in ihre Ausgangsrechnungen aufnahmen. Ihnen sei immer klar gewesen, dass es vor allem um eine Steuerhinterziehung in Italien ging und dass die Autohäuser, auf einem den Angeklagten nicht im einzelnen bekannten Wege fingierte inneritalienische Rechnungen erhielten.“ Die Geschäftsführer der Klägerin hätten überdies die Abläufe ihrer Verhandlungen mit den Autohäusern geschildert, die ihre tatsächlichen Abnehmer gewesen seien.
98 
Diese Geständnisse und Feststellungen hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Deren Ausführungen hierzu sind vielmehr widersprüchlich und großteils unschlüssig.
99 
Wenn die Klägerin im vorliegenden Verfahren (zunächst) vortragen lässt, dass die „sogenannten“ Geständnisse „unter außergewöhnlichen Bedingungen vor dem Hintergrund der totalen Einbuße der persönlichen Freiheitssphäre - damit unter enormem faktischem psychischem und körperlichem Zwang ... auf Grund der U-Haft -„ zustande gekommen seien, handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts um eine bloße Schutzbehauptung. Zum anderen ist für das finanzrechtliche Verfahren maßgebend, dass die Geständnisse die wahren tatsächlichen Umstände zutreffend wiedergeben. Hieran bestehen für den erkennenden Senat ebenso wenig Zweifel, wie sie für das LG KP.. bestanden. Die Geständnisse stimmen mit den von der Steuerfahndung aufgefundenen Dokumenten und rekonstruierten EDV-Daten überein und enthalten darüber hinaus Einlassungen, etwa über die Art und Weise der Geschäftsanbahnung sowie Geschäftsabwicklung mit den wahren italienischen Abnehmern, die authentisch klingen und nicht erfunden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des LG vom 30. September 2004, Seite 11 ff. Bezug genommen.
100 
Letztlich sind die Geständnisse auf die im Laufe des Strafverfahrens bei den Gesellschaftern gewachsene Erkenntnis zurückzuführen, dass die vorliegenden Beweismittel allzu erdrückend sind und Geständnisse zu einer günstigen Strafzumessung beizutragen geeignet sind.
101 
Der insoweit lediglich erfolgte pauschale Hinweis auf den mit der Untersuchungshaft einhergehenden Druck auf die Gesellschafter der Klägerin genügt diesen Grundsätzen ersichtlich nicht. Ausweislich des Protokolls zur Hauptverhandlung vor dem LG vom 30. September 2004, wurden die Geständnisse anhand von Unterlagen, einer detaillierten Darstellung des tatsächlichen Geschehensablaufs unter Nennung der Namen der Beteiligten in sich schlüssig abgelegt. Die jetzige Darstellung der Gesellschafter der Klägerin vermag hierfür aber keine schlüssige, in sich logische Erklärung zu geben, so dass die grundsätzliche Verwertbarkeit der strafprozessualen Geständnisse auch für den erkennenden Senat bestehen blieb.
102 
Die von den Gesellschaftern der Klägerin angegebenen Gründe für den Widerruf der Geständnisse sind zudem auch deshalb unglaubhaft, als diese Geständnisse erst im Rahmen der Hauptverhandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Untersuchungshaft bereits ca. 6 Monate angedauert hatte und das Verfahrensende und damit der aus Sicht der Gesellschafter, die ja nicht von einem strafrechtlich relevanten Verhalten ausgegangen sein wollen, zu erwartende Freispruch unmittelbar bevorstand und somit weder objektiv noch subjektiv die von den Gesellschaftern der Klägerin angegebene Drucksituation tatsächlich noch bestand. Der Senat ist vor diesem Hintergrund vielmehr davon überzeugt, dass die Geständnisse vor dem Eindruck der Hauptverhandlung abgelegt wurden, als die Gesellschafter der Klägerin erkannten, dass ein Freispruch aufgrund des festgestellten Sachverhalts immer unwahrscheinlicher wurde. Das Gericht war daher vorliegend auch nicht verpflichtet, seinerseits zusätzlich Zeugen zu vernehmen, da der streitgegenständliche Sachverhalt aufgrund der eigenen Geständnisse der Gesellschafter der Klägerin bereits festgestellt war.
103 
Dem steht auch das vom Klägervertreter in Bezug genommene Urteil des BFH vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BStBl II 1985, 305 nicht entgegen. In diesem ging es um die Verwertung eines in einem anderen Verfahren erstellten Sachverständigengutachtens, welches von dem Kläger mit einem Gegengutachten angegriffen worden war und an dem der Kläger offenbar nicht aktiv beteiligt war. Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich jedoch um die Verwertung eigener Aussagen der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen eines Geständnisses, so dass ein Verwertungsverbot aus dem hinter diesem Sachverhalt weit zurück bleibenden Bezugsurteil nach Überzeugung des Senats nicht abgeleitet werden kann.
104 
Der Klägerin-Vertreter trägt nunmehr mit Schriftsatz vom 9. September 2009 erstmals vor, derartige Geständnisse seien inhaltlich nie abgelegt worden, obwohl er bisher lediglich vorgetragen hatte, die Geständnisse seien aufgrund der angeführten angeblichen Zwangssituation nicht verwertbar, ohne indes deren Inhalt zu bestreiten. Hinzu kommt weiter, dass die diesbezüglichen Feststellungen des LG - wie der Klägerin-Vertreter selbst einräumt - im Rahmen der Revision „nicht in der gehörigen Form angegriffen“ wurden. Der diesbezügliche klägerische Vortrag ist daher widersprüchlich und entspricht offensichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den von dieser angegriffenen Feststellungen nämlich nicht lediglich um eine bloße Beweiswürdigung des LG, sondern um die Wiedergabe des Inhalts des Geständnisses der Geschäftsführer der Klägerin in indirekter Rede. Diese haben demnach sowohl die Einschaltung fingierter Zwischenhändler als auch deren Kenntnis über die Hintergründe hierüber positiv bestätigt. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der Klägerin weder schlüssig noch nachvollziehbar, zumal es auch auf eine positive Kenntnis der Geschäftsführer oder eine tatsächliche Verurteilung der Beteiligten auf italienischer Seite letztlich nicht ankommt.
105 
Das Gericht konnte - auch insoweit - die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren verwerten, ohne selbst nochmals eine weitergehende Beweiserhebung zu betreiben. Zum einen ist das FG nicht verpflichtet, Auslandszeugen im Ausland zu laden. Diese müssen vom Kläger ggf. in den Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt werden (BFH-Beschluss vom 11. November 2005 II B 101/04, BFH/NV 2006, 577 f.). Da es im vorliegenden Falle zudem erheblich auf die Glaubwürdigkeit der betroffenen Zeugen angekommen wäre, kam auch eine konsularische Vernehmung nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 20. November 2008 XI B 222/07, BFH/NV 2009, 404 f.). Zum anderen hat die Klägerin die von deren Gesellschaftern im Rahmen des Strafverfahrens abgelegten Geständnisse - wie ausgeführt - nicht hinreichend substantiiert und glaubhaft bestritten. Von einem strafprozessual abgelegten Geständnis geht für das finanzgerichtliche Verfahren eine Indizwirkung aus, die nur dadurch ausgeräumt werden kann, dass der Kläger substantiiert darlegt und unter Beweis stellt, weshalb sein Geständnis zu Unrecht abgelegt worden ist (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1999 VII B 37/99, BFH/NV 1999, 1496). Dies ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt (vgl. auch BFH - Beschluss vom 24. April 2006 VII B 78/05, BFH/NV 2006, 1668 ff., m. w. Nachw.).
106 
Der Senat ist von der tatsächlichen Bewusstseinslage der Geschäftsführer der Klägerin im Tatzeitpunkt wie oben angegeben überzeugt. Die Möglichkeit einer entsprechenden Sicht eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anwendet (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Juli 2006 „Kittel und Ricolta Recycling“ C-493/04, DStR 2006, 1274), die tatsächlichen Umstände zu erkennen, steht im Streitfall außer Frage.
107 
d) Selbst unabhängig von den tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des LG ist der Senat im Streitfall davon überzeugt, dass die gesetzlichen Vertreter der Klägerin wussten oder hätten wissen müssen, dass sie sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligten, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen oder jedenfalls nicht zu entrichten.
108 
Dies ergibt die Zusammenschau der von der Klägerin vorgelegten, zweifelsfrei falschen Übernahme- und Beförderungserklärungen der angeblichen Abholer, den wieder lesbar gemachten (Kauf-)Angeboten der Klägerin sowie Annahmeerklärungen der objektiv wahren Abnehmer (u.a. zu den 15 Fallbeispielen), der Tatsache, dass in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle Bargeldgeschäfte erfolgt sind, die Kunden auf der zweiten Händlerstufe aquiriert wurden, um dann angeblich Verträge mit Kunden auf der ersten Händlerstufe abzuschließen, sowie den bei den Durchsuchungen vorgefundenen weiteren Unterlagen, einschließlich der von der Gesellschafterin X. geführten sog. Schwarzgeldliste. Die Einlassung der Klägerin, bei den Angeboten an die - nach ihrer Lesart - „Kunden ihrer Gebietsimporteure“ und deren Annahmeerklärungen habe es sich lediglich um Werbeaktionen bzw. Akquisitionsmaßnahmen der Klägerin bzw. um die „Übermittlung von Daten“ an die Kunden der „Gebietsimporteure“ bzw. um „Hinweis(e) auf eine Erwerbsmöglichkeit über den italienischen Gebietsimporteur“ gehandelt, wird bereits durch den objektiven Erklärungsinhalt der fraglichen Schriftstücke widerlegt.
109 
Wenn die Klägerin die fraglichen Fahrzeuge an ihre angeblichen Kunden (die sog. Gebietsimporteure) verkauft haben will, hierüber aber keinerlei Geschäftspapiere vorlegen kann, da diese Verkäufe ausschließlich mündlich oder telefonisch erfolgt seien, ist dies auch deshalb völlig unglaubwürdig, weil unerfindlich ist, wie diese Verkäufe angesichts der umfangreichen Beschreibungen der gehandelten Kfz nach Motorisierung, Farben und Ausstattungen sowie 17-stelligen Fahrgestellnummern ohne jegliche Dokumentation praktikabel gehandhabt worden sein sollten. Selbstverständlich haben die Klägerin und ihre Lieferanten auch beim Einkauf der von der Klägerin weiterverkauften Fahrzeuge den Kaufgegenstand und die Vertragsmodalitäten jeweils auf kaufmännische, branchenübliche Weise - regelmäßig per Fax oder E-Mail - dokumentiert.
110 
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin in dem Verfahren wegen Arrestanordnung mit den jetzt als „Endabnehmern“ bezeichneten italienischen Autohändlern nichts zu tun gehabt haben und diese auch nur teilweise gekannt haben will (vgl. S. 18 der Einspruchsbegründung vom 4. September 2003, Bl. 3 ff. der Arrestakte), während sie später angesichts der ihren Gesellschaftern vorgehaltenen Beweismittel einräumt, mit diesen sogar sog. Endverkaufspreise vereinbart zu haben. Dass die Geschäftsführer der Klägerin sogar sehr intensive Kontakte zu den „Drittabnehmern“ pflegten, belegt zudem die Tatsache, dass sie diese persönlich mit Vornamen ansprachen - wie z.B. aus dem Schreiben vom 26. März 2003 an „T.“ (offenbar T.C., Auto-O.., A..), dem zudem im eigenen Namen ein Fahrzeug ausdrücklich mit einer Lieferfrist von 20 Tagen angeboten wurde, ersichtlich wird (Übersetzung, Bl. 155 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“). Seitens der Firma „Auto N..“ wurde mit Telefax vom 6. Februar 2001 (Fallbeispiel 3, Akte Fallbeispiele: 1-15; ebenso Bl. 65 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“) unter Bezugnahme auf ein Telefax der Klägerin vom gleichen Tag die Kaufbestätigung über einen Porsche übersandt. Auch hieraus wird deutlich, dass die Klägerin offenbar im eigenen Namen ein entsprechendes Angebot unterbreitet hat. Gleiches ergibt sich aus dem Fallbeispiel 1. Mit diesem teilt die Klägerin mit Telefax vom 30. Juni 2003 im eigenen Namen gegenüber der Firma Auto N.. die Verkaufsdaten für den Kauf eines BMW zum Gesamtpreis von 83.410,- EUR mit, welcher mit Rückfax vom 3. Juli 2003 gegenüber der Klägerin zu einem Preis von 68.500,- EUR bestätigt wird (Bl. 120 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“). Auch hieraus und aus den handschriftlich vermerkten Zahlen „69“ und „68,5“ wird deutlich, dass sowohl das Verkaufsangebot und die Aushandlung des konkreten Preises als auch die Annahme des Kaufangebotes gegenüber der Klägerin als Vertragspartnerin erfolgt sind. Gleiches gilt für das Telefaxschreiben vom 14. Juli 2003 (Bl. 26 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“), mit dem die Klägerin ausdrücklich ein Angebot über einen BMW über 42.500,- EUR abgibt.
111 
Nach dem Vortrag der Klägerin sollen allerdings die „Kaufbestätigungen der betreffenden beworbenen italienischen Adressaten“ in keinem Fall „die Qualität irgendwelcher rechtsgeschäftlicher konstitutiver Akte im Verhältnis zur Klägerin als Vertragspartnerin“ gehabt haben, weshalb keine Aufbewahrungspflicht bestanden habe. Die Kaufbestätigungen seien nur insoweit von Belang gewesen, als sie (die Klägerin) nach Kenntniserlangung habe davon ausgehen können, „das Liefergeschäft mit ihrem Vertragspartner auf erster Stufe, also dem italienischen Importeur, abzuwickeln“. Wäre dem so gewesen, wären diese Kaufbestätigungen dennoch nach § 147 AO aufzubewahren gewesen, da sie den Warenausgang der Klägerin dokumentierten. Hierzu steht auch in Widerspruch, dass die Klägerin z.B. mit Email vom 24. Oktober 2002 (Fallbeispiel 8, Akte „Fallbeispiele: 1 - 15“; außerdem: Bl. 154 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“) W.E. aufgefordert hat, an „Ü.“ (wohl Ü.S., Inhaber bzw. Vertreter der Firma ...car, L..) - „die übliche Rechnung für folgenden Neuwagen zu schreiben“. Die Tatsache, dass die Klägerin ihren angeblichen „Gebietsimporteur“ und „Vertragspartner“ auffordert, eine „übliche“ Rechnung an einen der angeblichen „Drittabnehmer“ zu schreiben, obwohl nach deren Vortrag im Klageverfahren die Klägerin zu diesem angeblich keinerlei Vertragsbeziehungen unterhalten haben will, belegt, dass diese sehr wohl unmittelbaren und entscheidenden Einfluss auf die angeblich selbständige Vertragsbeziehung zwischen „Gebietsimporteur“ und „Drittabnehmer“ gehabt hatte und die Leistungsbeziehung zum „Drittabnehmer“ - ausweislich der Formulierung üblicherweise - unmittelbar gesteuert und - durch den Angewiesenen - mit eigener Verfügungsmacht ausgefüllt hat. Dass die eigentlichen Verkaufsgeschäfte zu dem tatsächlich zwischen der Klägerin und den „Drittabnehmern“ erfolgt sind, belegen zudem die im eigenen Namen abgegebenen, nur als solche aufzufassenden Kaufangebote der Klägerin, wie z.B. das bereits in Bezug genommene Email vom 26. März 2003 an T.C..
112 
Auch die Ausführungen, die Abwicklung der streitgegenständlichen Liefergeschäfte im Rahmen von Bargeschäften sei zum Liquiditätserhalt der Klägerin erforderlich gewesen, überzeugt nicht, nachdem die Klägerin selbst eingeräumt hat, teilweise Kaufpreise vorverauslagt zu haben. Hinzu kommt noch, dass offenbar - wenn auch nur vereinzelt - tatsächlich Scheck- und Überweisungszahlungen erfolgt sind. Wenn die Klägerin nunmehr weiter ausführen lässt, sie habe sich „anlässlich der Auslieferung der Fahrzeuge der Kaufpreiszahlungen sicher sein“ müssen, ist auch dieser Vortrag widersprüchlich, nachdem diese bislang stets ausgeführt hatte, die italienischen Geschäftspartner bzw. deren Organe seien ihr persönlich bekannt gewesen und mit diesen habe ein persönliches Vertrauensverhältnis bestanden. Gänzlich unglaubhaft werden die nunmehrigen Ausführungen der Klägerin schließlich vor dem Hintergrund, dass deren Gesellschafter bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Dokumentation und schriftliche Verträge Verkaufsrechnungen an die italienischen Abnehmer von Fall zu Fall als bezahlt quittiert und das Geld “aus privater Tasche“ an die Klägerin abgeführt und somit vorverauslagt haben. Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten des vorliegenden Falles kommt es auf eine Zulässigkeit oder gar Branchenüblichkeit solcher Barzahlungen nicht an.
113 
Ebensowenig überzeugend ist auch die Behauptung der Klägerin, wonach ihr Gesellschafter Y. die verkauften Fahrzeuge nicht in seiner Eigenschaft als ihr Geschäftsführer nach Italien überführt habe, sondern als Beauftragter der italienischen Abnehmer, weshalb sehr wohl Beförderungen durch die Abnehmer (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV) - und nicht durch die Klägerin, wie der Beklagte meine - vorgelegen hätten. Wäre dem nämlich so gewesen, wären die diesbezüglichen Quittungen über die Übergabe der Fahrzeuge im Inland und die Verpflichtungserklärungen, die Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen, gleichwohl falsch gewesen. In diesem Fall hätte nämlich der Gesellschafter Y. als Beauftragter des jeweiligen Abnehmers die jeweilige Erklärung abgeben, d.h. auch unterschreiben müssen, was er jedoch nicht getan hat.
114 
Der Umstand, dass die Klägerin nicht nur ungenügende, sondern inhaltlich unzutreffende Schriftstücke als angebliche Nachweise i. S. der § 17a und 17c UStDV konstruiert hat, kann nur damit erklärt werden, dass ihre Gesellschafter von vornherein beabsichtigten, die wahren tatsächlichen Umstände in steuerunehrlicher Weise zu verschleiern und statt ihrer möglichst unverfängliche Sachverhalte darzustellen.
115 
e) Ein anderes Ergebnis ergibt sich selbst dann nicht, wenn die Klägerin in ihren Rechnungen die wirklichen Abnehmer benannt haben sollte. Dann hätte sie allem Anschein nach nicht alle Maßnahmen unternommen gehabt, die sie vernünftigerweise hätte treffen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2007, V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035, unter C. 3. a, m. w. Nachw.). Bei Bargeldgeschäften besteht nämlich regelmäßig die Gefahr, dass die erzielten Einnahmen verschwiegen werden. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfall -  ganz offensichtlich nicht nur geringfügige Beträge bezahlt werden. Deshalb hätte die Klägerin allen Anlass gehabt, darauf zu bestehen, lediglich mit Buchgeld, also etwa im Wege von Überweisungen oder Verrechnungsschecks, zu bezahlen. Danach hätte sie auch Anlass gehabt, gegenüber dem Beklagten oder dem Gericht darzulegen,
116 
- weshalb sie dennoch meinte,  davon ausgehen zu können, dass ihre Abnehmer die von ihnen gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer entrichten würden, und
- weshalb sie nicht darauf bestanden hatte, lediglich mit Buchgeld zu bezahlen.
117 
Vor diesem Hintergrund scheidet auch eine Berufung auf die Gutglaubensvorschrift des § 6a Abs. 4 UStG aus.
118 
Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung zwar nach § 6a Abs. 4 UStG gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. Ob die Grundsätze des Vertrauensschutzes die Gewährung der Steuerbefreiung gebieten, obwohl die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind, kann ohnehin nur im Billigkeitsverfahren entschieden werden (BFH-Beschluss vom 26. März 2009, V B 179/07, juris, unter II. 1. b, bb, m. w. Nachw.).
119 
2. Der Beklagte war auch nicht gehindert, die angefochtenen geänderten Bescheide zu erlassen.
120 
Hierzu bedurfte es nicht einmal eines Rückgriffs auf die Änderungsnorm des § 173 Abs.1 AO (neue Tatsachen), da die Umsatzsteuererklärungen und Voranmeldungen der Klägerin für den Streitzeitraum Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden (vgl. § 164 Abs.1, 2 i. V. m. § 168 AO). Soweit es die durchgeführte Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum 01/2000 bis 04/2001 anbelangt, hinderte diese den Erlass der streitigen Bescheide schon deshalb nicht, weil diese nicht aufgrund der Prüfung ergangen sind. Nach Aktenlage hat das Finanzamt der Klägerin auch keine Zusage bezüglich ihrer zukünftigen Umsatzbesteuerung gemacht oder einen vergleichbaren Vertrauenstatbestand geschaffen.
121 
3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zugelassen.
122 
Zu klären ist, ob einer Lieferung die Befreiung von der Umsatzsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber wie im vorliegenden  Fall aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
123 
- wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt, der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
- Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen
(vgl. hierzu Art. 28 c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie und insbesondere BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009 1 StR 41/09, DStR 2009, 1688-1693, EuGH-Vorlage C-285/09).
- zu klären ist auch, ob der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, dass der inländische Unternehmer wie im Streitfall bewusst und gewollt an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers mitwirkt (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 XI B 24/09, BFH/NV 2009, 1567).
124 
Zu klären  ist ggf. des weiteren, ob der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, wenn der inländische Unternehmer, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwendet, wie im Streitfall mindestens erkennen konnte, dass die innergemeinschaftlichen Erwerber sich vorbehalten hatten, die Umsatzsteuer - jedenfalls - nicht zu entrichten, die auf den Erwerb der Fahrzeuge entsteht, die der inländische Unternehmer liefern sollte.
125 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.

Gründe

 
77 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
78 
Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO ändert das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die angefochtenen Bescheide sind jedoch rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
79 
Die streitgegenständlichen Fahrzeugverkäufe sind nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 4 Nr. 1 UStG i.V.m. § 6a UStG steuerfrei.
80 
1. Nach § 4 Nr. 1 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden (steuerbaren) Umsätzen u.a. die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG) steuerfrei.
81 
a) Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn
82 
- der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG),
- der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG) und
- der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).
83 
Der Nachweis des Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzungen obliegt gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG dem Unternehmer. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist das BMF ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wie der Nachweis zu führen ist. Dies ist in Gestalt der §§ 17a bis 17c der UStDV geschehen.
84 
Bei der Lieferung eines hochwertigen PKW sind nach der Rechtsprechung des BFH an die Nachweispflichten besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn der angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung - wie vorliegend in der überwiegenden Zahl der Fälle - ein Barverkauf zu Grunde liegt. In solchen Fällen muss der Unternehmer sich über den Namen, die Anschrift und die Vertretungsmacht des angeblichen Vertreters des Abnehmers vergewissern und entsprechende Belege vorlegen können (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81).
85 
Im Streitfall hat die Klägerin zum Nachweis der Identität ihrer italienischen Abnehmer und der Verbringung der Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet quittierte Kopien ihrer Ausgangsrechnungen bereitgehalten, in welchen der jeweilige angebliche Abholer schriftlich erklärte, das betreffende Fahrzeug erhalten zu haben und dieses „in sein Land“ verbringen zu wollen. Allerdings waren die Erklärungen regelmäßig schon insoweit unzutreffend, als die Unterzeichner der Erklärungen die Fahrzeuge nicht bei der Klägerin abgeholt und nach Italien befördert haben. Vielmehr hat der Gesellschafter Y. nahezu alle Überführungen persönlich durchgeführt, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt.
86 
b) Die Klägerin weist allerdings zu Recht darauf hin, dass die Nachweispflichten des Unternehmers keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung sind (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BStBl II 2009, 297 ff.). Demnach ist es für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG letztlich nicht entscheidend, ob in den zum Nachweis dienenden Belegen oder Aufzeichnungen der Beförderungsvorgang durch den Unternehmer oder aber durch den Abnehmer unzutreffend dargestellt ist. Kommt der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nicht nach, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BStBl II 2009, 297 ff.).
87 
Danach setzt die innergemeinschaftliche Lieferung neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (BFH-Urteil vom 8. November 2007, V R 26/05, BStBl II 2009, 49, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (BFH-Urteil vom 8. November 2007, V R 26/05, BStBl II 2009, 49, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
88 
Der Senat geht im Streitfall davon aus, dass die gelieferten Fahrzeuge tatsächlich nach Italien verbracht worden sind. Er entnimmt dies den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob Abnehmer der Fahrzeuge die von der Klägerin (dazu nachfolgend zu e)) oder die von dem Beklagten (dazu nachfolgend zu c) und d)) benannten Erwerber waren. In beiden Fällen hätten die Erwerber ganz offenkundig als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG den gewerblichen Handel mit den erworbenen Fahrzeugen betrieben.
89 
Dennoch hat die Klägerin im Streitfall keinen Anspruch auf die von ihr geltend gemachte, von dem Beklagten aber bestrittene Steuerbefreiung.
90 
c) Einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist die Befreiung von der Mehrwertsteuer nämlich auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen (hierzu ausführlich BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009, 1 StR 41/09, EuGH-Vorlage, juris, m. w. Nachw.). Dies gilt auch, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer aus der Sicht eines objektiven Betrachters, namentlich eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet (vgl. hierzu auch § 6a Abs. 4 Satz 1, § 25d Abs. 1 Satz 1 UStG), dies jedenfalls hätte wissen müssen. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt danach etwa dann keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um den tatsächlichen Abnehmer zu verdecken, und so an der Vermeidung der Besteuerung des Abnehmers mitwirkt (siehe auch BGH-Beschluss vom 20. November 2008 1 StR 354/08, DStR 2009, 577 ff). Hierbei kommt es nach Überzeugung des Senats nicht darauf an, ob der Abnehmer nachweisbar tatsächlich eine Steuerhinterziehung begeht oder ob dieser hierfür im Verbringungsstaat tatsächlich belangt wird. Der Unternehmer muss sich ferner - entsprechend dem Grundgedanken der §§ 166, 278 BGB - die Kenntnis seiner Gesellschafter zurechnen lassen (Senats-Urteil vom 1. Oktober 2007, 12 K 160/04, Deutsches Steuerrecht - Entscheidungsdienst 2008, 449, m. Anm. Füllsack, Revision eingelegt, Az. des BFH: XI R 78/07; vgl. ferner BFH-Urteil vom 29. Juli 2003, VII R 3/01, BFH/NV 2003, 1521, unter II. 3.; BGH-Urteil vom 27. März 2001, VI ZR 12/00, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 2535, unter II 2 a bb, je m. w. Nachw.).
91 
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Steuerbefreiung als rechtsmissbräuchlich zu versagen. Die Klägerin konnte - aus der Sicht eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwendet - erkennen, dass die innergemeinschaftlichen Erwerber sich vorbehalten hatten, die Umsatzsteuer - jedenfalls - nicht zu entrichten, die auf den Erwerb der Fahrzeuge entsteht, die sie, die Klägerin, liefern sollte. So hat die Klägerin gemeinschaftlich mit den Italienischen „Gebietsimporteuren“ und den tatsächlichen Abnehmern in der „Lieferkette“ einen „Zwischenerwerb“ der „Gebietsimporteure“ fingiert, indem durch die Rechnungsstellung vorgetäuscht wurde, die Fahrzeuge an die „Gebietsimporteure“ zu liefern. Darüber hinaus war es der Klägerin auf diese Weise möglich, zusätzliche Einnahmen zu erzielen, deren tatsächliche Höhe durch angebliche Zwischengewinne oder „Differenzbeträge auf der zweiten Händlerstufe“ verschleiert werden sollten. Insoweit widerspricht der Vortrag der Klägerin logischen Denkgrundsätzen, wenn sie vorträgt, bei den Provisionen habe es sich um „Zwischenerlöse auf der zweiten Händlerstufe“ und somit um den „Deckungsbeitrag I des Gebietsimporteurs“ gehandelt.
92 
Der mit der Vorgehensweise einher gehende Effekt von zusätzlichen Fahrzeugverkäufen vermag dagegen dieses kollusive Zusammenwirken nicht mit der Folge der Gewährung einer Umsatzsteuerbefreiung zu überlagern, da dieser Effekt gerade und ausschließlich durch das steuerunehrliche Verhalten der Beteiligten und damit durch den Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften ermöglicht werden konnte (ausdrücklich offen gelassen in FG Baden-Württemberg - Beschluss vom 11. März 2009, 1 V 4305/08, „juris“). Ein solches kollusives Zusammenwirken lag auch offenbar weder der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 27. November 2008 (6 K 1463/08, „juris“) noch der des 9. Senats des erkennenden Gerichts (Urteil vom 9. Juni 2008, 9 K 408/04, „juris“) zugrunde.
93 
Seine Überzeugung, dass
- die Gesellschafter der Klägerin die entsprechende Kenntnis hatten oder jedenfalls hätten haben müssen und
- die tatsächlichen Abnehmer verschleiert wurden, indem die Klägerin in ihren Rechnungen nicht die wirklichen Abnehmer, sondern Dritte als solche benannt hatte, indem sie unzutreffende Angaben dazu machte, wer die Fahrzeuge nach Italien verbrachte,
- die Klägerin (inhaltlich) falsche Rechnungen ausstellte und
- sie sich in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle auf Bargeldzahlungen einließ, ohne hierfür triftige Gründe geltend zu machen,
94 
entnimmt der Senat im Einzelnen dem gegen die Gesellschafter der Klägerin ergangenen Urteil des LG KP... Dessen Inhalt macht sich der Senat zu eigen. Das Finanzgericht kann sich den Inhalt eines Strafurteils grundsätzlich zu eigen machen, ohne die Akten des Strafverfahrens beizuziehen und weitere Ermittlungen anzustellen (BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2008 VII B 179/08, „juris“ m. w. Nachw.). Das FG darf sich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts jedenfalls dann zu eigen machen, wenn und soweit es - wie im Streitfall der Senat - zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
95 
Das LG hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
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- die Geschäftsführer der Klägerin ihre Rechnungen in keinem Fall auf die tatsächlichen Kunden und Abnehmer, sondern auf andere von ihren Kunden genannte Personen bzw. Firmen in Italien ausgestellt hatten,
- sie sich, obwohl die Autos weit überwiegend von Y. nach Italien verbracht und geliefert wurden, auf den Rechnungen jeweils wahrheitswidrig bestätigen ließen, dass ein Vertreter der in den Rechnungen als Abnehmer fingierten Firmen das Fahrzeug in Deutschland übernommen habe und „in sein Land“ bringen werde, und
- es den Geschäftsführern der Klägerin bewusst war, dass die italienischen Autohäuser, also ihre wirklichen Kunden und Abnehmer, auf diese Weise die Bezahlung der in Italien anfallenden Erwerbsumsatzsteuer umgingen, indem sie sich inneritalienische Rechnungen, in denen der an die Klägerin gezahlten Kaufpreis als Bruttokaufpreis aufgeführt und die italienische Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, ausstellen ließen.
97 
Das LG berief sich zu den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen auf die Angaben der Geschäftsführer der Klägerin und verwies darauf, dass diese in der Hauptverhandlung ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis abgelegt hätten. Das LG führte hierzu aus, die Geschäftsführer der Klägerin hätten „anhand von zahlreichen ihnen aus den Ermittlungsakten vorgehaltenen Urkunden und Schriftstücken ausführlich, detailliert und glaubhaft dargelegt, wie sie gegen Ende des Jahres 1999 in Kontakt zum Inhaber des italienischen Autohauses „R..“ kamen, wie dieser sie in die in Italien offensichtlich weitverbreiteten illegalen Geschäftspraktiken einführte, ihnen W.E. als Scheinabnehmer vorstellte und wie sie im weiteren Verlauf - vor allem mit W.E. als Kontaktmann und Scheinabnehmer - zu weiteren Autohäusern in Kontakt kamen und auch bei Verkäufen an diese jeweils W.E. bzw. andere ihnen von ihren Geschäftspartnern vorgegebene Personen oder Firmen als Scheinabnehmer in ihre Ausgangsrechnungen aufnahmen. Ihnen sei immer klar gewesen, dass es vor allem um eine Steuerhinterziehung in Italien ging und dass die Autohäuser, auf einem den Angeklagten nicht im einzelnen bekannten Wege fingierte inneritalienische Rechnungen erhielten.“ Die Geschäftsführer der Klägerin hätten überdies die Abläufe ihrer Verhandlungen mit den Autohäusern geschildert, die ihre tatsächlichen Abnehmer gewesen seien.
98 
Diese Geständnisse und Feststellungen hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Deren Ausführungen hierzu sind vielmehr widersprüchlich und großteils unschlüssig.
99 
Wenn die Klägerin im vorliegenden Verfahren (zunächst) vortragen lässt, dass die „sogenannten“ Geständnisse „unter außergewöhnlichen Bedingungen vor dem Hintergrund der totalen Einbuße der persönlichen Freiheitssphäre - damit unter enormem faktischem psychischem und körperlichem Zwang ... auf Grund der U-Haft -„ zustande gekommen seien, handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts um eine bloße Schutzbehauptung. Zum anderen ist für das finanzrechtliche Verfahren maßgebend, dass die Geständnisse die wahren tatsächlichen Umstände zutreffend wiedergeben. Hieran bestehen für den erkennenden Senat ebenso wenig Zweifel, wie sie für das LG KP.. bestanden. Die Geständnisse stimmen mit den von der Steuerfahndung aufgefundenen Dokumenten und rekonstruierten EDV-Daten überein und enthalten darüber hinaus Einlassungen, etwa über die Art und Weise der Geschäftsanbahnung sowie Geschäftsabwicklung mit den wahren italienischen Abnehmern, die authentisch klingen und nicht erfunden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des LG vom 30. September 2004, Seite 11 ff. Bezug genommen.
100 
Letztlich sind die Geständnisse auf die im Laufe des Strafverfahrens bei den Gesellschaftern gewachsene Erkenntnis zurückzuführen, dass die vorliegenden Beweismittel allzu erdrückend sind und Geständnisse zu einer günstigen Strafzumessung beizutragen geeignet sind.
101 
Der insoweit lediglich erfolgte pauschale Hinweis auf den mit der Untersuchungshaft einhergehenden Druck auf die Gesellschafter der Klägerin genügt diesen Grundsätzen ersichtlich nicht. Ausweislich des Protokolls zur Hauptverhandlung vor dem LG vom 30. September 2004, wurden die Geständnisse anhand von Unterlagen, einer detaillierten Darstellung des tatsächlichen Geschehensablaufs unter Nennung der Namen der Beteiligten in sich schlüssig abgelegt. Die jetzige Darstellung der Gesellschafter der Klägerin vermag hierfür aber keine schlüssige, in sich logische Erklärung zu geben, so dass die grundsätzliche Verwertbarkeit der strafprozessualen Geständnisse auch für den erkennenden Senat bestehen blieb.
102 
Die von den Gesellschaftern der Klägerin angegebenen Gründe für den Widerruf der Geständnisse sind zudem auch deshalb unglaubhaft, als diese Geständnisse erst im Rahmen der Hauptverhandlung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Untersuchungshaft bereits ca. 6 Monate angedauert hatte und das Verfahrensende und damit der aus Sicht der Gesellschafter, die ja nicht von einem strafrechtlich relevanten Verhalten ausgegangen sein wollen, zu erwartende Freispruch unmittelbar bevorstand und somit weder objektiv noch subjektiv die von den Gesellschaftern der Klägerin angegebene Drucksituation tatsächlich noch bestand. Der Senat ist vor diesem Hintergrund vielmehr davon überzeugt, dass die Geständnisse vor dem Eindruck der Hauptverhandlung abgelegt wurden, als die Gesellschafter der Klägerin erkannten, dass ein Freispruch aufgrund des festgestellten Sachverhalts immer unwahrscheinlicher wurde. Das Gericht war daher vorliegend auch nicht verpflichtet, seinerseits zusätzlich Zeugen zu vernehmen, da der streitgegenständliche Sachverhalt aufgrund der eigenen Geständnisse der Gesellschafter der Klägerin bereits festgestellt war.
103 
Dem steht auch das vom Klägervertreter in Bezug genommene Urteil des BFH vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BStBl II 1985, 305 nicht entgegen. In diesem ging es um die Verwertung eines in einem anderen Verfahren erstellten Sachverständigengutachtens, welches von dem Kläger mit einem Gegengutachten angegriffen worden war und an dem der Kläger offenbar nicht aktiv beteiligt war. Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich jedoch um die Verwertung eigener Aussagen der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen eines Geständnisses, so dass ein Verwertungsverbot aus dem hinter diesem Sachverhalt weit zurück bleibenden Bezugsurteil nach Überzeugung des Senats nicht abgeleitet werden kann.
104 
Der Klägerin-Vertreter trägt nunmehr mit Schriftsatz vom 9. September 2009 erstmals vor, derartige Geständnisse seien inhaltlich nie abgelegt worden, obwohl er bisher lediglich vorgetragen hatte, die Geständnisse seien aufgrund der angeführten angeblichen Zwangssituation nicht verwertbar, ohne indes deren Inhalt zu bestreiten. Hinzu kommt weiter, dass die diesbezüglichen Feststellungen des LG - wie der Klägerin-Vertreter selbst einräumt - im Rahmen der Revision „nicht in der gehörigen Form angegriffen“ wurden. Der diesbezügliche klägerische Vortrag ist daher widersprüchlich und entspricht offensichtlich nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den von dieser angegriffenen Feststellungen nämlich nicht lediglich um eine bloße Beweiswürdigung des LG, sondern um die Wiedergabe des Inhalts des Geständnisses der Geschäftsführer der Klägerin in indirekter Rede. Diese haben demnach sowohl die Einschaltung fingierter Zwischenhändler als auch deren Kenntnis über die Hintergründe hierüber positiv bestätigt. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der Klägerin weder schlüssig noch nachvollziehbar, zumal es auch auf eine positive Kenntnis der Geschäftsführer oder eine tatsächliche Verurteilung der Beteiligten auf italienischer Seite letztlich nicht ankommt.
105 
Das Gericht konnte - auch insoweit - die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren verwerten, ohne selbst nochmals eine weitergehende Beweiserhebung zu betreiben. Zum einen ist das FG nicht verpflichtet, Auslandszeugen im Ausland zu laden. Diese müssen vom Kläger ggf. in den Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt werden (BFH-Beschluss vom 11. November 2005 II B 101/04, BFH/NV 2006, 577 f.). Da es im vorliegenden Falle zudem erheblich auf die Glaubwürdigkeit der betroffenen Zeugen angekommen wäre, kam auch eine konsularische Vernehmung nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 20. November 2008 XI B 222/07, BFH/NV 2009, 404 f.). Zum anderen hat die Klägerin die von deren Gesellschaftern im Rahmen des Strafverfahrens abgelegten Geständnisse - wie ausgeführt - nicht hinreichend substantiiert und glaubhaft bestritten. Von einem strafprozessual abgelegten Geständnis geht für das finanzgerichtliche Verfahren eine Indizwirkung aus, die nur dadurch ausgeräumt werden kann, dass der Kläger substantiiert darlegt und unter Beweis stellt, weshalb sein Geständnis zu Unrecht abgelegt worden ist (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1999 VII B 37/99, BFH/NV 1999, 1496). Dies ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt (vgl. auch BFH - Beschluss vom 24. April 2006 VII B 78/05, BFH/NV 2006, 1668 ff., m. w. Nachw.).
106 
Der Senat ist von der tatsächlichen Bewusstseinslage der Geschäftsführer der Klägerin im Tatzeitpunkt wie oben angegeben überzeugt. Die Möglichkeit einer entsprechenden Sicht eines Unternehmers, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anwendet (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Juli 2006 „Kittel und Ricolta Recycling“ C-493/04, DStR 2006, 1274), die tatsächlichen Umstände zu erkennen, steht im Streitfall außer Frage.
107 
d) Selbst unabhängig von den tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des LG ist der Senat im Streitfall davon überzeugt, dass die gesetzlichen Vertreter der Klägerin wussten oder hätten wissen müssen, dass sie sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligten, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen oder jedenfalls nicht zu entrichten.
108 
Dies ergibt die Zusammenschau der von der Klägerin vorgelegten, zweifelsfrei falschen Übernahme- und Beförderungserklärungen der angeblichen Abholer, den wieder lesbar gemachten (Kauf-)Angeboten der Klägerin sowie Annahmeerklärungen der objektiv wahren Abnehmer (u.a. zu den 15 Fallbeispielen), der Tatsache, dass in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle Bargeldgeschäfte erfolgt sind, die Kunden auf der zweiten Händlerstufe aquiriert wurden, um dann angeblich Verträge mit Kunden auf der ersten Händlerstufe abzuschließen, sowie den bei den Durchsuchungen vorgefundenen weiteren Unterlagen, einschließlich der von der Gesellschafterin X. geführten sog. Schwarzgeldliste. Die Einlassung der Klägerin, bei den Angeboten an die - nach ihrer Lesart - „Kunden ihrer Gebietsimporteure“ und deren Annahmeerklärungen habe es sich lediglich um Werbeaktionen bzw. Akquisitionsmaßnahmen der Klägerin bzw. um die „Übermittlung von Daten“ an die Kunden der „Gebietsimporteure“ bzw. um „Hinweis(e) auf eine Erwerbsmöglichkeit über den italienischen Gebietsimporteur“ gehandelt, wird bereits durch den objektiven Erklärungsinhalt der fraglichen Schriftstücke widerlegt.
109 
Wenn die Klägerin die fraglichen Fahrzeuge an ihre angeblichen Kunden (die sog. Gebietsimporteure) verkauft haben will, hierüber aber keinerlei Geschäftspapiere vorlegen kann, da diese Verkäufe ausschließlich mündlich oder telefonisch erfolgt seien, ist dies auch deshalb völlig unglaubwürdig, weil unerfindlich ist, wie diese Verkäufe angesichts der umfangreichen Beschreibungen der gehandelten Kfz nach Motorisierung, Farben und Ausstattungen sowie 17-stelligen Fahrgestellnummern ohne jegliche Dokumentation praktikabel gehandhabt worden sein sollten. Selbstverständlich haben die Klägerin und ihre Lieferanten auch beim Einkauf der von der Klägerin weiterverkauften Fahrzeuge den Kaufgegenstand und die Vertragsmodalitäten jeweils auf kaufmännische, branchenübliche Weise - regelmäßig per Fax oder E-Mail - dokumentiert.
110 
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin in dem Verfahren wegen Arrestanordnung mit den jetzt als „Endabnehmern“ bezeichneten italienischen Autohändlern nichts zu tun gehabt haben und diese auch nur teilweise gekannt haben will (vgl. S. 18 der Einspruchsbegründung vom 4. September 2003, Bl. 3 ff. der Arrestakte), während sie später angesichts der ihren Gesellschaftern vorgehaltenen Beweismittel einräumt, mit diesen sogar sog. Endverkaufspreise vereinbart zu haben. Dass die Geschäftsführer der Klägerin sogar sehr intensive Kontakte zu den „Drittabnehmern“ pflegten, belegt zudem die Tatsache, dass sie diese persönlich mit Vornamen ansprachen - wie z.B. aus dem Schreiben vom 26. März 2003 an „T.“ (offenbar T.C., Auto-O.., A..), dem zudem im eigenen Namen ein Fahrzeug ausdrücklich mit einer Lieferfrist von 20 Tagen angeboten wurde, ersichtlich wird (Übersetzung, Bl. 155 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“). Seitens der Firma „Auto N..“ wurde mit Telefax vom 6. Februar 2001 (Fallbeispiel 3, Akte Fallbeispiele: 1-15; ebenso Bl. 65 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“) unter Bezugnahme auf ein Telefax der Klägerin vom gleichen Tag die Kaufbestätigung über einen Porsche übersandt. Auch hieraus wird deutlich, dass die Klägerin offenbar im eigenen Namen ein entsprechendes Angebot unterbreitet hat. Gleiches ergibt sich aus dem Fallbeispiel 1. Mit diesem teilt die Klägerin mit Telefax vom 30. Juni 2003 im eigenen Namen gegenüber der Firma Auto N.. die Verkaufsdaten für den Kauf eines BMW zum Gesamtpreis von 83.410,- EUR mit, welcher mit Rückfax vom 3. Juli 2003 gegenüber der Klägerin zu einem Preis von 68.500,- EUR bestätigt wird (Bl. 120 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“). Auch hieraus und aus den handschriftlich vermerkten Zahlen „69“ und „68,5“ wird deutlich, dass sowohl das Verkaufsangebot und die Aushandlung des konkreten Preises als auch die Annahme des Kaufangebotes gegenüber der Klägerin als Vertragspartnerin erfolgt sind. Gleiches gilt für das Telefaxschreiben vom 14. Juli 2003 (Bl. 26 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“), mit dem die Klägerin ausdrücklich ein Angebot über einen BMW über 42.500,- EUR abgibt.
111 
Nach dem Vortrag der Klägerin sollen allerdings die „Kaufbestätigungen der betreffenden beworbenen italienischen Adressaten“ in keinem Fall „die Qualität irgendwelcher rechtsgeschäftlicher konstitutiver Akte im Verhältnis zur Klägerin als Vertragspartnerin“ gehabt haben, weshalb keine Aufbewahrungspflicht bestanden habe. Die Kaufbestätigungen seien nur insoweit von Belang gewesen, als sie (die Klägerin) nach Kenntniserlangung habe davon ausgehen können, „das Liefergeschäft mit ihrem Vertragspartner auf erster Stufe, also dem italienischen Importeur, abzuwickeln“. Wäre dem so gewesen, wären diese Kaufbestätigungen dennoch nach § 147 AO aufzubewahren gewesen, da sie den Warenausgang der Klägerin dokumentierten. Hierzu steht auch in Widerspruch, dass die Klägerin z.B. mit Email vom 24. Oktober 2002 (Fallbeispiel 8, Akte „Fallbeispiele: 1 - 15“; außerdem: Bl. 154 der Akte „Fahrzeug-Unterlagen“) W.E. aufgefordert hat, an „Ü.“ (wohl Ü.S., Inhaber bzw. Vertreter der Firma ...car, L..) - „die übliche Rechnung für folgenden Neuwagen zu schreiben“. Die Tatsache, dass die Klägerin ihren angeblichen „Gebietsimporteur“ und „Vertragspartner“ auffordert, eine „übliche“ Rechnung an einen der angeblichen „Drittabnehmer“ zu schreiben, obwohl nach deren Vortrag im Klageverfahren die Klägerin zu diesem angeblich keinerlei Vertragsbeziehungen unterhalten haben will, belegt, dass diese sehr wohl unmittelbaren und entscheidenden Einfluss auf die angeblich selbständige Vertragsbeziehung zwischen „Gebietsimporteur“ und „Drittabnehmer“ gehabt hatte und die Leistungsbeziehung zum „Drittabnehmer“ - ausweislich der Formulierung üblicherweise - unmittelbar gesteuert und - durch den Angewiesenen - mit eigener Verfügungsmacht ausgefüllt hat. Dass die eigentlichen Verkaufsgeschäfte zu dem tatsächlich zwischen der Klägerin und den „Drittabnehmern“ erfolgt sind, belegen zudem die im eigenen Namen abgegebenen, nur als solche aufzufassenden Kaufangebote der Klägerin, wie z.B. das bereits in Bezug genommene Email vom 26. März 2003 an T.C..
112 
Auch die Ausführungen, die Abwicklung der streitgegenständlichen Liefergeschäfte im Rahmen von Bargeschäften sei zum Liquiditätserhalt der Klägerin erforderlich gewesen, überzeugt nicht, nachdem die Klägerin selbst eingeräumt hat, teilweise Kaufpreise vorverauslagt zu haben. Hinzu kommt noch, dass offenbar - wenn auch nur vereinzelt - tatsächlich Scheck- und Überweisungszahlungen erfolgt sind. Wenn die Klägerin nunmehr weiter ausführen lässt, sie habe sich „anlässlich der Auslieferung der Fahrzeuge der Kaufpreiszahlungen sicher sein“ müssen, ist auch dieser Vortrag widersprüchlich, nachdem diese bislang stets ausgeführt hatte, die italienischen Geschäftspartner bzw. deren Organe seien ihr persönlich bekannt gewesen und mit diesen habe ein persönliches Vertrauensverhältnis bestanden. Gänzlich unglaubhaft werden die nunmehrigen Ausführungen der Klägerin schließlich vor dem Hintergrund, dass deren Gesellschafter bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Dokumentation und schriftliche Verträge Verkaufsrechnungen an die italienischen Abnehmer von Fall zu Fall als bezahlt quittiert und das Geld “aus privater Tasche“ an die Klägerin abgeführt und somit vorverauslagt haben. Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten des vorliegenden Falles kommt es auf eine Zulässigkeit oder gar Branchenüblichkeit solcher Barzahlungen nicht an.
113 
Ebensowenig überzeugend ist auch die Behauptung der Klägerin, wonach ihr Gesellschafter Y. die verkauften Fahrzeuge nicht in seiner Eigenschaft als ihr Geschäftsführer nach Italien überführt habe, sondern als Beauftragter der italienischen Abnehmer, weshalb sehr wohl Beförderungen durch die Abnehmer (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV) - und nicht durch die Klägerin, wie der Beklagte meine - vorgelegen hätten. Wäre dem nämlich so gewesen, wären die diesbezüglichen Quittungen über die Übergabe der Fahrzeuge im Inland und die Verpflichtungserklärungen, die Fahrzeuge in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen, gleichwohl falsch gewesen. In diesem Fall hätte nämlich der Gesellschafter Y. als Beauftragter des jeweiligen Abnehmers die jeweilige Erklärung abgeben, d.h. auch unterschreiben müssen, was er jedoch nicht getan hat.
114 
Der Umstand, dass die Klägerin nicht nur ungenügende, sondern inhaltlich unzutreffende Schriftstücke als angebliche Nachweise i. S. der § 17a und 17c UStDV konstruiert hat, kann nur damit erklärt werden, dass ihre Gesellschafter von vornherein beabsichtigten, die wahren tatsächlichen Umstände in steuerunehrlicher Weise zu verschleiern und statt ihrer möglichst unverfängliche Sachverhalte darzustellen.
115 
e) Ein anderes Ergebnis ergibt sich selbst dann nicht, wenn die Klägerin in ihren Rechnungen die wirklichen Abnehmer benannt haben sollte. Dann hätte sie allem Anschein nach nicht alle Maßnahmen unternommen gehabt, die sie vernünftigerweise hätte treffen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2007, V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035, unter C. 3. a, m. w. Nachw.). Bei Bargeldgeschäften besteht nämlich regelmäßig die Gefahr, dass die erzielten Einnahmen verschwiegen werden. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Streitfall -  ganz offensichtlich nicht nur geringfügige Beträge bezahlt werden. Deshalb hätte die Klägerin allen Anlass gehabt, darauf zu bestehen, lediglich mit Buchgeld, also etwa im Wege von Überweisungen oder Verrechnungsschecks, zu bezahlen. Danach hätte sie auch Anlass gehabt, gegenüber dem Beklagten oder dem Gericht darzulegen,
116 
- weshalb sie dennoch meinte,  davon ausgehen zu können, dass ihre Abnehmer die von ihnen gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer entrichten würden, und
- weshalb sie nicht darauf bestanden hatte, lediglich mit Buchgeld zu bezahlen.
117 
Vor diesem Hintergrund scheidet auch eine Berufung auf die Gutglaubensvorschrift des § 6a Abs. 4 UStG aus.
118 
Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung zwar nach § 6a Abs. 4 UStG gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. Ob die Grundsätze des Vertrauensschutzes die Gewährung der Steuerbefreiung gebieten, obwohl die Voraussetzungen einer Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind, kann ohnehin nur im Billigkeitsverfahren entschieden werden (BFH-Beschluss vom 26. März 2009, V B 179/07, juris, unter II. 1. b, bb, m. w. Nachw.).
119 
2. Der Beklagte war auch nicht gehindert, die angefochtenen geänderten Bescheide zu erlassen.
120 
Hierzu bedurfte es nicht einmal eines Rückgriffs auf die Änderungsnorm des § 173 Abs.1 AO (neue Tatsachen), da die Umsatzsteuererklärungen und Voranmeldungen der Klägerin für den Streitzeitraum Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden (vgl. § 164 Abs.1, 2 i. V. m. § 168 AO). Soweit es die durchgeführte Umsatzsteuerprüfung für den Zeitraum 01/2000 bis 04/2001 anbelangt, hinderte diese den Erlass der streitigen Bescheide schon deshalb nicht, weil diese nicht aufgrund der Prüfung ergangen sind. Nach Aktenlage hat das Finanzamt der Klägerin auch keine Zusage bezüglich ihrer zukünftigen Umsatzbesteuerung gemacht oder einen vergleichbaren Vertrauenstatbestand geschaffen.
121 
3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zugelassen.
122 
Zu klären ist, ob einer Lieferung die Befreiung von der Umsatzsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber wie im vorliegenden  Fall aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
123 
- wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt, der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
- Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen
(vgl. hierzu Art. 28 c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie und insbesondere BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009 1 StR 41/09, DStR 2009, 1688-1693, EuGH-Vorlage C-285/09).
- zu klären ist auch, ob der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, dass der inländische Unternehmer wie im Streitfall bewusst und gewollt an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers mitwirkt (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 XI B 24/09, BFH/NV 2009, 1567).
124 
Zu klären  ist ggf. des weiteren, ob der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, wenn der inländische Unternehmer, der die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwendet, wie im Streitfall mindestens erkennen konnte, dass die innergemeinschaftlichen Erwerber sich vorbehalten hatten, die Umsatzsteuer - jedenfalls - nicht zu entrichten, die auf den Erwerb der Fahrzeuge entsteht, die der inländische Unternehmer liefern sollte.
125 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Nov. 2009 - 12 K 273/04 zitiert 24 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen


Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:1.a)die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),b)die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sein

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 68


Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbeh

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 6a Innergemeinschaftliche Lieferung


(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: 1. der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebi

Abgabenordnung - AO 1977 | § 168 Wirkung einer Steueranmeldung


Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde z

Abgabenordnung - AO 1977 | § 147 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen


(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:1.Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlag

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 17a Gelangensvermutung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen


(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 71


(1) Die Klageschrift ist dem Beklagten von Amts wegen zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung der Klage ist der Beklagte aufzufordern, sich schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu äußern. Hierfür kann eine Frist geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 6 Ausfuhrlieferung


(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung 1. der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder2. der Abnehmer den G

Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV 1980 | § 17c Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Bearbeitungs- oder Verarbeitungsfällen


Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig un

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 18a Zusammenfassende Meldung


(1) Der Unternehmer im Sinne des § 2 hat bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats (Meldezeitraum), in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen oder Lieferungen im Sinne des § 25b Absatz 2 ausgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern

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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Nov. 2009 - 12 K 273/04 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

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Tatbestand   1 I. Streitig ist, ob die Antragstellerin steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen 2 erbracht hat. 3 Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand in den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre mi

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Tatbestand   1 Bei der Klägerin handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde im Jahr 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital betrug DM 50.000,-. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführ
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Finanzgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2015 - 3 K 45/14

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Gründe 1 Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 2 Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (oben A II 8, 10, 15) sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§

Finanzgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2015 - 3 K 46/14

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tatbestand 1 (Anmerkung: Nur die Entscheidungsgründe des Urteils sind zur Veröffentlichung bestimmt.) Entscheidungsgründe 2 B. Die zulässige Klage ist unbegründet mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf die vom FA angenommene zweite Rechnung

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Okt. 2010 - 6 K 1820/09

bei uns veröffentlicht am 14.10.2010

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Tatbestand 1 Streitig ist das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (PKW VW Touareg). 2 Die Klägerin ist ein Unternehmen in d

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(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

(1) Der Unternehmer im Sinne des § 2 hat bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats (Meldezeitraum), in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen oder Lieferungen im Sinne des § 25b Absatz 2 ausgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung (Zusammenfassende Meldung) nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Angaben nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 1, 2, 2a und 4 zu machen hat. Soweit die Summe der Bemessungsgrundlagen für innergemeinschaftliche Warenlieferungen und für Lieferungen im Sinne des § 25b Absatz 2 weder für das laufende Kalendervierteljahr noch für eines der vier vorangegangenen Kalendervierteljahre jeweils mehr als 50 000 Euro beträgt, kann die Zusammenfassende Meldung bis zum 25. Tag nach Ablauf des Kalendervierteljahres übermittelt werden. Übersteigt die Summe der Bemessungsgrundlage für innergemeinschaftliche Warenlieferungen und für Lieferungen im Sinne des § 25b Absatz 2 im Laufe eines Kalendervierteljahres 50 000 Euro, hat der Unternehmer bis zum 25. Tag nach Ablauf des Kalendermonats, in dem dieser Betrag überschritten wird, eine Zusammenfassende Meldung für diesen Kalendermonat und die bereits abgelaufenen Kalendermonate dieses Kalendervierteljahres zu übermitteln. Nimmt der Unternehmer die in Satz 2 enthaltene Regelung nicht in Anspruch, hat er dies gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen. Vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2011 gelten die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Betrages von 50 000 Euro der Betrag von 100 000 Euro tritt.

(2) Der Unternehmer im Sinne des § 2 hat bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendervierteljahres (Meldezeitraum), in dem er im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Absatz 2, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, ausgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Zusammenfassende Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Angaben nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 3 zu machen hat. Soweit der Unternehmer bereits nach Absatz 1 zur monatlichen Übermittlung einer Zusammenfassenden Meldung verpflichtet ist, hat er die Angaben im Sinne von Satz 1 in der Zusammenfassenden Meldung für den letzten Monat des Kalendervierteljahres zu machen.

(3) Soweit der Unternehmer im Sinne des § 2 die Zusammenfassende Meldung entsprechend Absatz 1 bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats übermittelt, kann er die nach Absatz 2 vorgesehenen Angaben in die Meldung für den jeweiligen Meldezeitraum aufnehmen. Nimmt der Unternehmer die in Satz 1 enthaltene Regelung in Anspruch, hat er dies gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Unternehmer, die § 19 Absatz 1 anwenden.

(5) Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 150 Absatz 8 der Abgabenordnung gilt entsprechend. Soweit das Finanzamt nach § 18 Absatz 1 Satz 2 auf eine elektronische Übermittlung der Voranmeldung verzichtet hat, gilt dies auch für die Zusammenfassende Meldung. Für die Anwendung dieser Vorschrift gelten auch nichtselbständige juristische Personen im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 2 als Unternehmer. § 18 Absatz 4f ist entsprechend anzuwenden. Die Landesfinanzbehörden übermitteln dem Bundeszentralamt für Steuern die erforderlichen Angaben zur Bestimmung der Unternehmer, die nach den Absätzen 1 und 2 zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung verpflichtet sind. Diese Angaben dürfen nur zur Sicherstellung der Abgabe der Zusammenfassenden Meldung verarbeitet werden. Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt den Landesfinanzbehörden die Angaben aus den Zusammenfassenden Meldungen, soweit diese für steuerliche Kontrollen benötigt werden.

(6) Eine innergemeinschaftliche Warenlieferung im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a Absatz 1 mit Ausnahme der Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;
2.
eine innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a Absatz 2;
3.
eine Beförderung oder Versendung im Sinne des § 6b Absatz 1 oder 4 oder ein Erwerberwechsel nach § 6b Absatz 5.

(7) Die Zusammenfassende Meldung muss folgende Angaben enthalten:

1.
für innergemeinschaftliche Warenlieferungen im Sinne des Absatzes 6 Nummer 1:
a)
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer jedes Erwerbers, die ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die innergemeinschaftlichen Warenlieferungen an ihn ausgeführt worden sind, und
b)
für jeden Erwerber die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten innergemeinschaftlichen Warenlieferungen;
2.
für innergemeinschaftliche Warenlieferungen im Sinne des Absatzes 6 Nummer 2:
a)
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers in den Mitgliedstaaten, in die er Gegenstände verbracht hat, und
b)
die darauf entfallende Summe der Bemessungsgrundlagen;
2a.
für Beförderungen oder Versendungen oder einen Erwerberwechsel im Sinne des Absatzes 6 Nummer 3:
a)
in den Fällen des § 6b Absatz 1 die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 und 3,
b)
in den Fällen des § 6b Absatz 4 die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ursprünglich vorgesehenen Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 und 3 oder
c)
in den Fällen des § 6b Absatz 5 die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ursprünglich vorgesehenen Erwerbers im Sinne des § 6b Absatz 1 Nummer 1 und 3 sowie die des neuen Erwerbers;
3.
für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Absatz 2, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet:
a)
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer jedes Leistungsempfängers, die ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die steuerpflichtigen sonstigen Leistungen an ihn erbracht wurden,
b)
für jeden Leistungsempfänger die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn erbrachten steuerpflichtigen sonstigen Leistungen und
c)
einen Hinweis auf das Vorliegen einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführten steuerpflichtigen sonstigen Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet;
4.
für Lieferungen im Sinne des § 25b Absatz 2:
a)
die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines jeden letzten Abnehmers, die diesem in dem Mitgliedstaat erteilt worden ist, in dem die Versendung oder Beförderung beendet worden ist,
b)
für jeden letzten Abnehmer die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten Lieferungen und
c)
einen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts.
§ 16 Absatz 6 und § 17 sind sinngemäß anzuwenden.

(8) Die Angaben nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 und 2 sind für den Meldezeitraum zu machen, in dem die Rechnung für die innergemeinschaftliche Warenlieferung ausgestellt wird, spätestens jedoch für den Meldezeitraum, in dem der auf die Ausführung der innergemeinschaftlichen Warenlieferung folgende Monat endet. Die Angaben nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 3 und 4 sind für den Meldezeitraum zu machen, in dem die im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, und die Lieferungen nach § 25b Absatz 2 ausgeführt worden sind.

(9) Hat das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreit (§ 18 Absatz 2 Satz 3), kann er die Zusammenfassende Meldung abweichend von den Absätzen 1 und 2 bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalenderjahres abgeben, in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen ausgeführt hat oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Absatz 2 ausgeführt hat, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, wenn

1.
die Summe seiner Lieferungen und sonstigen Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr 200 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird,
2.
die Summe seiner innergemeinschaftlichen Warenlieferungen oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführten steuerpflichtigen Leistungen im Sinne des § 3a Absatz 2, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, im vorangegangenen Kalenderjahr 15 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird und
3.
es sich bei den in Nummer 2 bezeichneten Warenlieferungen nicht um Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handelt.
Absatz 8 gilt entsprechend.

(10) Erkennt der Unternehmer nachträglich, dass eine von ihm abgegebene Zusammenfassende Meldung unrichtig oder unvollständig ist, so ist er verpflichtet, die ursprüngliche Zusammenfassende Meldung innerhalb eines Monats zu berichtigen.

(11) Auf die Zusammenfassende Meldung sind mit Ausnahme von § 152 der Abgabenordnung ergänzend die für Steuererklärungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden.

(12) Zur Erleichterung und Vereinfachung der Abgabe und Verarbeitung der Zusammenfassenden Meldung kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die Zusammenfassende Meldung auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfernübertragung übermittelt werden kann. Dabei können insbesondere geregelt werden:

1.
die Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens;
2.
das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten;
3.
die Art und Weise der Übermittlung der Daten;
4.
die Zuständigkeit für die Entgegennahme der zu übermittelnden Daten;
5.
die Mitwirkungspflichten Dritter bei der Verarbeitung der Daten;
6.
der Umfang und die Form der für dieses Verfahren erforderlichen besonderen Erklärungspflichten des Unternehmers.
Zur Regelung der Datenübermittlung kann in der Rechtsverordnung auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei sind das Datum der Veröffentlichung, die Bezugsquelle und eine Stelle zu bezeichnen, bei der die Veröffentlichung archivmäßig gesichert niedergelegt ist.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Die Klageschrift ist dem Beklagten von Amts wegen zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung der Klage ist der Beklagte aufzufordern, sich schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu äußern. Hierfür kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Die beteiligte Finanzbehörde hat die den Streitfall betreffenden Akten nach Empfang der Klageschrift an das Gericht zu übermitteln.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 41/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
weitere Verfahrensbeteiligte:
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung betreffend Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/ EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden : Sechste Richtlinie) vorgelegt: Ist Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
a) wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt , der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
b) Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?

Gründe:

I.


1
1. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu entscheiden. Der Angeklagte, ein portugiesischer Staatsangehöriger, befand sich in dem gegen ihn geführten Strafverfahren seit 30. Januar 2008 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 17. September 2008 hat das Landgericht den Haftbefehl wegen fortbestehender Fluchtgefahr aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Trotz der Außervollzugsetzung gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ebenso wie Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes) auch in dieser prozessualen Situation eine beschleunigte Behandlung der Sache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668). Im Einzelnen wurde dem Angeklagten auferlegt, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro zu erbringen und seine Ausweispapiere zur Akte zu reichen. Daneben hat das Landgericht ihn angewiesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht ohne vorherige Genehmigung des Landgerichts zu verlassen und jeden Wechsel seines Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts dem Landgericht anzuzeigen. Zuletzt wurde ihm die Auflage erteilt, sich zweimal wöchentlich bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier persönlich zu melden. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt, den der Senat seiner Vorlage zugrunde legt:
2
Der Angeklagte war Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in W. (Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland). Das Unternehmen handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Seit 2001 verkaufte es weit über 500 Fahrzeuge pro Jahr. Käufer der Fahrzeuge waren zum größten Teil gewerblich tätige Fahrzeughändler, die in Portugal geschäftsansässig waren.
3
Ab dem Jahr 2002 nahm der Angeklagte die nachfolgend geschilderten Manipulationen vor, um gewerblichen Fahrzeughändlern in Portugal die Hinterziehung portugiesischer Umsatzsteuer zu ermöglichen. Das war zum einen für ihn selbst wirtschaftlich vorteilhaft: Er konnte die Fahrzeuge zu einem Preis verkaufen , der bei rechtmäßiger Vorgehensweise am Markt nicht erzielbar gewesen wäre. Infolge dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber steuerehrlichen deutschen Fahrzeughändlern erzielte er beträchtliche Gewinne. Zum anderen waren die Geschäfte auch für die Fahrzeughändler in Portugal wirtschaftlich vorteilhaft. Weil deren Eigenschaft als tatsächliche Käufer verschleiert wurde, konnten sie die Erwerbsbesteuerung in Portugal umgehen. So war es ihnen möglich, die Fahrzeuge ohne Anmeldung und Abführung portugiesischer Umsatzsteuer an Endverbraucher in Portugal weiterzuverkaufen. Ziel der Manipulationen war somit, weder in Deutschland noch in Portugal Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkäufer und Käufer bereicherten sich also auf Kosten des Steuerfiskus.
4
Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte ein aufwändiges Täuschungssystem , um die tatsächlichen Käufer der Fahrzeuge zu verschleiern:
5
Er manipulierte sein Rechnungswesen durch Scheinrechnungen. Diese verschleierten die tatsächlichen Vertrags- und Lieferbeziehungen. Die Verkaufsrechnungen stellte er auf Scheinkäufer aus. Dabei enthielten die - in die Buchhaltung der P. GmbH aufgenommenen Rechnungen - jeweils die Firma des Scheinkäufers als Rechnungsadressat, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer , die Bezeichnung des - tatsächlich an einen anderen Erwerber gelieferten - Fahrzeugs, den Kaufpreis sowie den Zusatz „steuerfreie innerge- meinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG“. Dadurch sollte der Eindruck er- weckt werden, dass der Scheinkäufer den Umsatz in Portugal der Erwerbsbesteuerung unterwerfen würde. Bei den Scheinkäufern handelte es sich um tatsächlich existierende Unternehmen in Portugal. Teilweise waren die Scheinkäufer mit der Verwendung ihrer Firma für die Zwecke des Angeklagten einverstanden , teilweise hatten sie davon keine Kenntnis.
6
Die tatsächlichen Käufer - also nicht die Scheinkäufer - verkauften die Fahrzeuge an private Endabnehmer in Portugal. Plangemäß verschwiegen sie den portugiesischen Finanzbehörden den wahren Sachverhalt: den innergemeinschaftlichen Erwerb vom Unternehmen des Angeklagten. So vermieden sie die bei Erwerb angefallene Umsatzsteuer. Die tatsächlichen Geschäftsbeziehungen wurden durch weitere Maßnahmen zusätzlich verschleiert. Der Angeklagte ließ - soweit die privaten Endabnehmer in Portugal zur Zeit der Lieferung bereits bekannt waren - bereits die CMR-Frachtbriefe auf diese Personen ausstellen. In diesen Fällen erstellte der Angeklagte eine weitere Scheinrechnung mit den Endabnehmern als Adressaten und dem unzutreffenden Zusatz „Differenz -Besteuerung nach § 25a UStG“.
7
Auf diese Weise verkaufte und lieferte die P. GmbH im Jahr 2002 407 Fahrzeuge für 7.720.391,-- Euro. Im Jahr 2003 wurden 720 Fahrzeuge für 11.169.460,-- Euro verkauft und geliefert. Diese Umsätze erklärte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2002 und 2003 der P. GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den neben den Steuererklärungen abzugebenden Meldungen an das deutsche Bundeszentral- amt für Steuern benannte der Angeklagte die in den Rechnungen aufgeführten Scheinkäufer als Vertragspartner, um eine Ermittlung der tatsächlichen Käufer in Portugal über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem zu verhindern.
8
2. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den verschleierten Lieferungen nach Portugal nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Durch die Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise sei eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung in Portugal herbeigeführt worden. Das sei ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, der die Versagung der Steuerbefreiung in Deutschland rechtfertige. Die Deklaration der betroffenen Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sei daher falsch gewesen. Vielmehr hätte die P. GmbH die deutsche Umsatzsteuer auf diese Lieferungen erheben , an die Finanzverwaltung abführen und in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen angeben müssen. Wegen des Verstoßes gegen diese Pflichten habe sich der Angeklagte als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft der Steuerhinterziehung strafbar gemacht; er habe im Jahr 2002 Umsatzsteuer von mehr als 1 Mio. Euro und im Jahr 2003 von mehr als 1,5 Mio. Euro verkürzt.
9
3. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht umsatzsteuerpflichtige Lieferungen angenommen habe. Da die Fahrzeuge tatsächlich an gewerblich tätige Erwerber in Portugal geliefert worden seien, habe es sich um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt. Dass der Angeklagte durch Verschleierungsmaßnahmen die Erwerbsbesteuerung in Portugal verhindern wollte und verhinderte, stünde dem nicht entgegen. Eine Ge- fährdung des deutschen Umsatzsteueraufkommens liege nicht vor, da die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland Portugal zustehe.

II.


10
Der Senat hält die Beantwortung der Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Er legt diese deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
11
1. Die Frage, ob im Ausgangsfall die Lieferungen von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Portugal) von der Umsatzsteuer befreit sind, betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145, S. 1).
12
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Von diesem Grundsatz sieht Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine Ausnahme vor. Dort ist die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer vorgesehen.
13
2. Der Gerichtshof hat nach Kenntnis des Senats bisher keine ausdrückliche Entscheidung zur Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie für Fall- http://www.juris.de/jportal/portal/t/kgq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - konstellationen der vorliegenden Art getroffen. Er hat aber in den Rechtssachen C-409/04 (Urteil vom 27. September 2007 - Teleos u.a.) und C-146/05 (Urteil vom 27. September 2007 - Collée) zu Fragen Stellung genommen, die die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer betreffen (nachfolgend a); bei missbräuchlicher Praxis hat er das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen (nachfolgend b). Der Senat versteht die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie folgt:
14
a) Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Befreiung von der Mehrwertsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
15
Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anhand objektiver Kriterien zu erfolgen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 1, Rdn. 40, 42). Art. 28c Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist zudem dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Lieferung begonnen wurde, nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf die gelieferten Gegenstände zu entrichten, wenn der Lieferant Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen und sich später diese Beweise als falsch herausstellen , jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 2, Rdn. 44 bis 68). Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée versteht der Senat dahin, dass Art. 28c http://www.juris.de/jportal/portal/t/liw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in dem Sinn auszulegen ist, dass er der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, die Befreiung einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung zu versagen, der Nachweis einer solchen Lieferung sei nicht rechtzeitig erbracht worden (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée - Tenor 1, Rdn. 29 bis 33). Er entnimmt derselben Entscheidung des Gerichtshofs aber auch, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen kann, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée , Rdn. 38).
16
b) Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf Vorsteuerabzug
17
Hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 1 und 2 der Sechsten Richtlinie versteht der Senat die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin, dass derjenige Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug verliert, der mit dem Umsatz selbst eine Steuerhinterziehung begeht (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 84). Er entnimmt der Entscheidung in der Rechtssache Halifax weiter, dass die Sechste Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen , eine missbräuchliche Praxis darstellen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert dabei zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts ei- nen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt werde (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a. - Tenor 2 und Rdn. 85 f.).
18
Eine weitere Entscheidung des Gerichtshofs, die Umsätze zum Gegenstand hatte, die in ein auf Steuerhinterziehung angelegtes Betrugssystem einbezogen waren, versteht der Senat dahin, dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Im Übrigen wirkt eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwere (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.). Der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug ist daher dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt , auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 59).

19
Demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Rechtsvorschrift dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der von ihm entrichteten Vorsteuer dann nicht absprechen, wenn eine Lieferung an ihn vorgenommen wird, von der er weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 1, Rdn. 60; vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Januar 2006, Rechtssache C-354/03 - Optigen Ltd. u.a., Rdn. 52).
20
3. Auf der Grundlage der so verstandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der anfragende Senat des Bundesgerichtshofs bereits in zwei ähnlichen Fallgestaltungen einer behaupteten „innergemeinschaftlichen Lieferung“ die Steuerbefreiung versagt, weil der deutsche Unternehmer kollusiv mit dem ausländischen Abnehmer zusammenwirkte, um diesem die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
21
a) Im Beschluss vom 20. November 2008 (Aktenzeichen: 1 StR 354/08) ging es um die Täuschung über den Lieferanten: Das deutsche Unternehmen lieferte tatsächlich Fahrzeuge, und zwar direkt an den wirklichen Abnehmer in Italien. Allerdings wurden Scheinrechnungen an italienische Zwischenhändler (missing trader) als angebliche Käufer ausgestellt. Die Zwischenhändler ermöglichten dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern, indem sie an ihn Scheinrechnungen für den angeblichen Weiterverkauf ausstellten.
22
b) Im Beschluss vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 633/08) ging es um fingierte Lieferungen: Das italienische Unternehmen verkaufte Mobiltelefone tatsächlich an ein anderes italienisches Unternehmen. Um dem Ver- käufer einen unberechtigten Vorsteuerabzug zu ermöglichen und die Mobiltelefone dann zu einem günstigeren Preis verkaufen zu können, wurden diese zum Schein an ein deutsches Unternehmen - als innergemeinschaftliche Lieferung - verkauft. Das deutsche Unternehmen „verkaufte“ die Mobiltelefone sodann über italienische Zwischenhändler an den ursprünglichen "Verkäufer" zurück.
23
c) Die Strafbarkeit des Lieferanten wegen Steuerhinterziehung hing in beiden Fällen davon ab, ob die in Art. 28c der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgeschlossen war.
24
4. Zur vorliegenden Fallgestaltung vertritt der Senat die folgende Rechtsansicht : Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile zu versagen sind, wenn der jeweilige Steuerpflichtige die missbräuchliche oder betrügerische Praktik kennt und sich daran beteiligt.
25
Dies folgt nach Auffassung des Senats einerseits aus dem im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbot missbräuchlicher Praktiken, das auch für die Mehrwertsteuer gilt. Darüber hinaus gebieten nach Auffassung des Senats auch Sinn und Zweck des Artikel 28c der Sechsten Richtlinie und die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, eine entsprechende Auslegung dieser Vorschrift.
26
Denn Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt, wie seine systematische Stellung in Abschnitt XVI a der Sechsten Richtlinie belegt, eine Übergangsrege- lung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten dar. Mit der Vorschrift soll - zusammen mit der Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der Sechsten Richtlinie - folgendem Umstand Rechnung getragen werden: Die Bedingungen sind noch nicht erfüllt, die die Durchführung des Prinzips der Besteuerung der gelieferten Gegenstände im Ursprungsmitgliedstaat erlauben, ohne dass der Grundsatz, dass die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen , in dem der Endverbrauch erfolgt, angetastet wird. Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt daher eine Ausnahmevorschrift dar. Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Markts, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist.
27
Fälle der vorliegenden Art zielen aber darauf ab, die ordnungsgemäße Besteuerung sowohl im Bestimmungsland als auch im Ursprungsland zu verhindern. Die Absicht der Beteiligten ist darauf gerichtet, sich durch Ausnutzung des Mehrwertsteuersystems - und entgegen seiner Zielsetzung - Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch die systemwidrige Ausnutzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, die Zwischenschaltung von Scheinunternehmen und die Verschleierung der tatsächlichen Erwerber kann der Lieferant die Waren zu einem höheren Preis als seine steuerehrlichen Mitbewerber verkaufen. Er verdrängt damit redliche Mitbewerber aus dem Markt. Für den Erwerber wird entweder die Möglichkeit geschaffen, den Gegenstand ohne Ausweis von Mehrwertsteuer zu verkaufen, da seine Einbindung in die Kette der Lieferanten - wie im vorliegenden Fall - verschleiert wurde. Oder er kann einen Teil des tatsächlich gezahlten Kaufpreises durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuer aus einem Scheingeschäft mit einem missing trader zu Lasten des Staates, in den die Lieferung erfolgte, erstattet erhalten.
Auch er erlangt dann - zum Nachteil seiner steuerehrlichen Mitbewerber im Bestimmungsland - Wettbewerbsvorteile.
28
Nach Auffassung des Senats ist daher einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Befreiung von der Mehrwertsteuer auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände bewiesen ist, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Eine solche Auslegung von Art. 28c hält der Senat für geboten, um die Ziele der Sechsten Richtlinie effektiv durchzusetzen.
29
Der Senat sieht nicht nur das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 der Sechsten Richtlinie, sondern auch die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie als Steuervorteil an (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a.). Er stützt diese Auffassung auch auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée, die allein den Vorteil der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung erachtete der Gerichtshof in Bezug auf die Steuerbefreiung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht für unzulässig (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38).
30
5. Wendet man diese Rechtsauffassung auf den Ausgangsfall an, ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Unternehmen des Ange- klagten für die Lieferungen nach Portugal die Steuerbefreiung zu versagen war. Er hätte sich danach wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist daher für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
a) Nach der Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung (nachfolgend: AO, siehe auch Anlage 1) macht sich strafbar, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. § 370 AO ist ein Blankettstraftatbestand , der nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst enthält. Er wird durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts ausgefüllt. Diese bestimmen , welche Tatsachen steuerlich erheblich sind und unter welchen Voraussetzungen eine Steuer entsteht. Damit ist die Steuerentstehung Tatbestandsvoraussetzung einer strafbaren Steuerhinterziehung.
32
b) Für die Steuerentstehung bestimmt das deutsche Steuerrecht: Nach den Vorgaben des Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG, siehe auch Anlage 2) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, im Grundsatz der deutschen Umsatzsteuer. Davon sieht § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (siehe Anlage 3) eine Ausnahme vor: Die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze sind bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. Damit setzt § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in nationales Recht um.
33
§ 6a Abs. 1 UStG (siehe Anlage 4) definiert, wann eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Diese setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Zudem ist gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erforderlich , dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Die Nachweispflichten sind in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (nachfolgend: UStDV; siehe auch Anlage 5) und § 17c UStDV (Anlage 6) konkretisiert. Nach § 17a UStDV muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (sogenannter Belegnachweis). § 17c UStDV konkretisiert die Pflichten des Unternehmers betreffend die Buchführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Nach dieser Vorschrift müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die sich aus § 6a UStG ergeben, insbesondere Name und Anschrift des Abnehmers sowie dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, buchmäßig nachgewiesen sein (sogenannter Buchnachweis).
34
Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG (Anlage 7) muss der inländische Unternehmer , der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung erstatten, in der u.a. die Umsatzsteuer -Identifikationsnummer des Erwerbers mitzuteilen ist. § 18a UStG setzt daher Art. 22 Abs. 6 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie um. Die Meldung stellt die Grundlage für die Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, da die Daten erfasst und dann anfragenden Steuerbehörden im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (vgl. Verordnung der EWG Nr. 218/92 vom 27. Januar 1992 und Verordnung 1798/2003/EG vom 7. Oktober 2003) übermittelt werden.
35
Nach § 18b Satz 1 UStG (Anlage 8) hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt zu erklären. Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung ist dabei regelmäßig nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anlage 9) das Nettoentgelt, das der Leistungsempfänger an den Unternehmer zahlt. Mit der Erklärung nach § 18b Satz 1 UStG bringt der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden zum Ausdruck, dass die vorgenommenen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG umsatzsteuerfrei sind, der Unternehmer mithin keine Umsatzsteuer für diese Lieferungen schuldet.
36
c) Da die Steuerbefreiung nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen des Rechts- bzw. Systemmissbrauchs zu versagen ist, war im vorliegenden Fall von einer steuerpflichtigen Lieferung auszugehen. Die Steuerhinterziehung sieht der Senat darin, dass der Angeklagte die Umsätze in den Steuererklärungen nach § 18b UStG, die er gegenüber der nationalen Finanzverwaltung abzugeben hatte, bewusst falsch als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung deklarierte. Tatsächlich waren sie aber steuerpflichtig, weil der Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (bzw. des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie) nicht eingriff. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz der Steuerpflicht.
37
d) Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Wären die Lieferungen als steuerbefreit anzusehen, käme eine in Deutschland strafbare Steuerhinterziehung des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einen wären dann die von dem Angeklagten nach § 18b UStG abgegebenen Erklärungen inhaltlich richtig; zum anderen würde die Lieferung keine deutsche Umsatzsteuer auslösen, die verkürzt werden könnte. Die Betei- ligung des deutschen Unternehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Portugal ist nach deutschem Steuerstrafrecht nicht strafbar, da es insoweit an der Verbürgung der gegenseitigen Strafverfolgung fehlt (vgl. § 370 Abs. 6 Satz 3 AO). Die unrichtigen Angaben über den Erwerber gegenüber dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern in den Meldungen nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG sind keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG, die mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können (§ 26a Abs. 2 UStG, vgl. auch Anlage 10).
38
6. Da in den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen angesichts der geschilderten Rechtsprechung des Gerichtshofs die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft war, bestand bislang keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EG an den Gerichtshof zu richten (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258). Allerdings hat nun das Finanzgericht Baden-Württemberg im Besteuerungsverfahren zum selben Sachverhalt ausdrücklich Zweifel geäußert, ob der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Versagung der Steuerbefreiung zu folgen sei (Beschluss vom 11. März 2009 - 1 V 4305/08). Es ist der Auffassung, das gemeinschaftsrechtliche Missbrauchsverbot greife nicht ein, da die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung hätten als nur die Erlangung von Steuervorteilen. Zudem stünden der Auffassung des Bundesgerichtshofs die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Territorialität entgegen.
39
Der Senat hält die Bedenken des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht für überzeugend:
40
a) Selbst wenn die getätigten Umsätze - was der Senat im vorliegenden Fall aufgrund der durch objektive Beweise bestätigten Feststellungen des Landgerichts freilich ausschließt - in Einzelfällen auch eine andere (zusätzliche) Erklärung haben können als primär die Erlangung von Steuervorteilen, schließt dies nach Ansicht des vorlegenden Senats die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots nicht aus. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache Halifax entschieden, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert, es müsse anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Tenor 2, Rdn. 75). Der Rechtssache Halifax lag indes ein Sachverhalt zu Grunde , bei dem die für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes bedeutsamen zivilrechtlichen Verträge allesamt wirksam waren. Zudem waren die beteiligten Unternehmen ihren Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ordnungsgemäß nachgekommen. Dort handelte es sich - anders als hier - somit nicht um ein betrügerisches System, das durch Verschleierung und unrichtige bzw. unterlassene Erklärungen auf Steuerhinterziehung ausgerichtet war. Vielmehr war in dieser Rechtssache lediglich zu klären, welche Schranken den Gestaltungsrechten der Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte zu setzen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Unternehmer das Recht auf eine ihm steuerlich günstige Gestaltung der Geschäftsbeziehungen hat (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 73 f.), stellt der Gerichtshof unmittelbar daran anschließend die qualifizierten Anforderungen an die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis fest.
41
Folgt der Missbrauch des Mehrwertsteuersystems indes - wie in den Fällen der vorliegenden Art - bereits aus dem Umstand, dass die Lieferbeziehungen bewusst verschleiert werden, um mit unrichtigen oder unterlassenen Erklä- rungen gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich Steuern zu verkürzen, sind nach Ansicht des Senats die grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses zu versagen, auch wenn ein tatsächlich gewolltes - freilich in betrügerischer Absicht verschleiertes - innergemeinschaftliches Handelsgeschäft zu Grunde liegt. Denn dann liegt nicht lediglich ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs, sondern vielmehr ein Fall des systematischen Steuerbetrugs mit speziell für diesen Zweck hergestellten Scheinrechnungen vor. Für diesen Fall lässt sich aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen , dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist. Der Steuerpflichtige geht in einer solchen Situation den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Der Gerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegenwirkt, indem sie ihre Durchführung erschwert (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.).
42
b) Auch der Umstand, dass es bei Versagung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Umsatzsteuer zu einer Doppelbesteuerung des Umsatzes im Ursprungs- und Bestimmungsland kommen kann, wenn trotz der Verschleierungsmaßnahmen der wahre Sachverhalt im Empfängerstaat aufgedeckt und der innergemeinschaftliche Erwerb noch nachträglich besteuert wird, rechtfertigt nach Auffassung des Senats kein anderes Ergebnis. Denn darin ist keine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu sehen.
43
aa) Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 59). Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht aber zwischen steuerehrlichen und steuerunehrlichen Unternehmen, die durch systematische Verschleierungsmaßnahmen Steuern hinterziehen, gerade nicht. Würde das Prinzip der steuerlichen Neutralität in Fällen der vorliegenden Art zur Begründung der Steuerfreiheit herangezogen , würde vielmehr - wie dargelegt - das gemeinschaftsrechtliche Mehrwertsteuersystem zu Gunsten einzelner, steuerunehrlicher Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht.
44
bb) Die nach Auffassung des Senats gebotene Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Umsätzen und zu Formalitäten, die den Grenzübertritt erschweren (vgl. insoweit auch Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie). Vielmehr wird der fragliche innergemeinschaftliche Umsatz dem inländischen Umsatz gleichgestellt. Er wird dem Ursprungslandgrundsatz, wie er in Art. 2 der Sechsten Richtlinie festgeschrieben ist, unterworfen, um so dem Wettbewerbsungleichgewicht entgegen zu wirken.
45
cc) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zudem anerkannt, dass es der Grundsatz der Neutralität einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachzufordern, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Bedeutung, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschluss vom 3. März 2004, Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04, Teleos u.a., Rdn. 66).
46
dd) Schließlich käme grundsätzlich auch in Betracht, eine tatsächlich eingetretene Doppelbesteuerung, wenn die Erwerbsbesteuerung im Ursprungsland doch noch durchgeführt wurde, durch eine nachträgliche Erstattung der zunächst vom inländischen Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zu beseitigen. § 227 AO (siehe Anlage 11) sieht eine entsprechende Erstattungsmöglichkeit vor. Er könnte dann zur Anwendung kommen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2000, Rechtssache C-454/98, Schmeink & Cofreth u.a., Tenor 1, Rdn. 60 ff.)
47
c) Der Grundsatz der Territorialität steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen der vorliegenden Art der Versagung der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Territorialität ist Ausfluss des Prinzips der steuerlichen Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 22 f.). Die Neutralität der Mehrwertsteuer ist aber nicht durch die Versagung der Steuerbefreiung gefährdet, sondern vielmehr - wie dargelegt - durch die von den Beteiligten vorgenommenen Verschleierungsmaßnahmen, mit denen die Erwerbsbesteuerung im Empfängerstaat vermieden werden soll. Gerade diese Gefährdung rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats die Versagung der Befreiung von der Umsatzsteuer bei der vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferung.
48
In der Rechtssache Collée führte der Gerichtshof zudem aus, dass dem nationalen Gericht die Prüfung obliegt, „ob die Verschleierung des Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die daraus folgende Verzögerung bei der Korrektur der jeweiligen Buchungen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. …… Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteile zu kommen“ (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38). Diese Aussage des Gerichtshofs impliziert aus Sicht des Senats, dass das Besteuerungsrecht des anderen Mitgliedstaats nicht ausschließt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen auch für das Steueraufkommen im Lieferstaat eine rechtlich relevante Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Denn ohne die Gefährdung des Steueraufkommens ist eine Mehrwertsteuerhinterziehung nicht denkbar. Tatsächlich soll es nach dem Tatplan der Beteiligten von Umsatzgeschäften der vorliegenden Art auch gerade nicht zu einer ordnungsgemäßen Besteuerung im Bestimmungsland kommen.
49
d) Schließlich gebieten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine abweichende Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn eine Regelung betroffen ist, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen , die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 52). Auf beide Grundsätze kann sich indes nur der gutgläubige Unternehmer berufen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries u.a., Rdn. 33), und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte, noch haben konnte (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelt es sich bei Lieferanten, die die wahren Empfänger verschleiern, um ihnen die Hinterziehung der Erwerbssteuer zu ermöglichen, jedoch gerade nicht.
50
e) Auch wenn der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Baden -Württemberg nicht für zutreffend erachtet, legt er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Angesichts der vom Finanzgericht Baden-Württemberg geäußerten Rechtsbedenken kann nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass für die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 28c der Sechsten Richtlinie in Fällen der Verschleierung des Empfängers innergemeinschaftlicher Lieferungen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 - Cilfit, Rdn. 16). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 354/08
vom
20. November 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja - nur 1. -
Veröffentlichung: ja
______________________________
1. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen
Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer
in kollusivem Zusammenwirken mit dem tatsächlichen Abnehmer
die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem
Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
2. Wird eine solche Lieferung durch den inländischen Unternehmer
gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt,
macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige
Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf
die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1
Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
BGH, Beschl. vom 20. November 2008 - 1 StR 354/08 - LG München II
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2008 beschlossen
:
1. Den Angeklagten wird auf ihre Anträge gegen die Versäumung
der Frist zur Anbringung der in der Revisionsbegründungsschrift
vom 4. April 2008 unter B. 2. Teil III (RB S. 73) und B. 3. Teil I
(RB S. 94) erhobenen Verfahrensrügen Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzungen tragen die Angeklagten.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 28. November 2007 werden als unbegründet
verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten bzw. drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen, sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. September 2008, die auch durch die Erwiderungen der Beschwerdeführer (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die beiden Angeklagten seit Ende des Jahres 1983 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Unternehmen, das unter anderem auch den Handel mit Kraftfahrzeugen zum Gegenstand hatte. In diesem Geschäftsbereich erwarben die Angeklagten im Inland gegen Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer hochwertige Personenkraftwagen, die sie sodann - seit 1996 in stetig steigendem Umfang - an ihre in Italien gewerblich tätigen Kunden verkauften. Ihre Ausgangsrechnungen stellten sie in Absprache mit ihren Abnehmern auf italienische Scheinkäufer aus, die ihrerseits die Fahrzeuge zum Schein an Zwischenhändler verkauften. In einem weiteren Scheingeschäft verkauften diese Zwischenhändler die Personenkraftwagen dann an die tatsächlichen Abnehmer der Angeklagten und wiesen in den diesbezüglichen Ausgangsrechnungen die italienische Umsatzsteuer offen aus. Den Angeklagten war bewusst, dass die Scheingeschäfte, die ihre Abnehmer veranlassten, vorgetäuscht wurden, um den tatsächlichen Erwerbern der Fahrzeuge in Italien den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, während die Aussteller der Scheinrechnungen zu keiner Zeit die bei ihnen anfallende Umsatzsteuer abführten.
3
In ihren eigenen Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2003 und 2004 sowie in den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen von Januar 2005 bis Februar 2006 erklärten die Angeklagten die Umsätze aus den Geschäften mit ihren italienischen Scheinkäufern als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG. Darüber hinaus machten sie die ihnen bei Ankauf der Pkw in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend, obwohl teilweise die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegeben waren. Insgesamt hat das Landgericht eine Hinterziehungssumme in Höhe von mehr als 3.640.000,-- EUR errechnet, die aus den vollendeten Taten resultierte. Hierbei beläuft sich die im Zusammenhang mit den Fahrzeuglieferungen nach Italien hinterzogene Umsatzsteuer auf 1.770.386,-- EUR. Daneben versuchten die Angeklagten nach den Berechnungen des Landgerichts, weitere Steuern in Höhe von 240.855,-- EUR zu hinterziehen.

II.


4
Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht zu Recht bei den Lieferungen nach Italien das Vorliegen von innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG verneint, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei gewesen wären. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Werden diese Lieferungen durch die inländischen Unternehmer gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
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1) Die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen fand zur Tatzeit ihre Grundlage in Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl. EG Nr. L 145 S. 1; im Folgenden: Sechste Richtlinie). Damit wird der Mehrwertsteuerübergangsregelung Rechnung getragen, nach der im Rahmen der Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen sollen, in dem der Endverbrauch erfolgt (Grundsatz der steuerlichen Territorialität). Gleichzeitig wird bei einer im Ursprungsland steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung die Doppelbesteuerung und damit eine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität vermieden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 21 f.).
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2) Die Mitgliedstaaten dürfen nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie Maßnahmen erlassen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu verhindern. Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG daher erforderlich, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 1 und 2 UStG durch den inländischen Unternehmer nachgewiesen sind. Dabei muss die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG) durch entsprechende Belege eindeutig und leicht nachzuprüfen sein (§ 17a Abs. 1 UStDV, sog. Belegnachweis). Darüber hinaus hat der inländische Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung buchmäßig nachzuweisen (§ 17c Abs. 1 UStDV; sog. Buchnachweis). Diese Nachweispflichten sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie sind indes grundsätzlich keine materielle Voraussetzungen für die Befreiung von der Umsatzsteuer (BFH DStR 2008, 297, 299 im Anschluss an die Vorabentscheidung des EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé). Steht aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat (BFH aaO). Soweit in der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH/NV 1997, 629 ff.) auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde (BGH NJW 2005, 2241), gibt der Senat diese angesichts der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH auf.
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3) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht gleichwohl zu Recht das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung verneint.
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a) Die erklärten und als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichneten Lieferungen an die vorgeblichen Zwischenhändler haben nicht stattgefunden. Hierbei handelte es sich um bloße Scheingeschäfte. Bei diesen fehlt es daher bereits an einer Lieferung i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UStG. Lieferungen sind dabei Leistungen eines Unternehmers, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht , § 3 Abs. 1 UStG). Eine solche tatsächliche Verfügungsmacht wurde den Scheinabnehmern indes weder verschafft noch sollte sie - wie die Angeklagten wussten - zu irgendeiner Zeit verschafft werden.
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b) Stattdessen liegen Lieferungen an die tatsächlichen Erwerber der Fahrzeuge vor. Hierbei handelt es sich um Lieferungen i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG und somit um steuerbare Umsätze. Deren - allein in Betracht zu ziehende - Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG scheidet aus, da die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht gegeben sind.
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aa) Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG neben den weiteren Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erforderlich, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Dabei ist allerdings grundsätzlich nicht Voraussetzung, dass der Gegenstand des Erwerbs tatsächlich besteuert wird (Weymüller in Sölch/Ringleb UStG § 6a Rdn. 35). Den inländischen Unternehmer treffen insoweit auch keine Nachweispflichten i.S.v. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG (Weymüller aaO Rdn. 51).
11
bb) § 6a Abs. 1 UStG setzt aber die diesbezüglichen Vorgaben der Sechsten Richtlinie in das nationale Recht um. Bei der Auslegung der Vorschrift sind daher die Vorgaben des einschlägigen Gemeinschaftsrechts zu beachten.
12
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, dem insoweit das Auslegungsmonopol zukommt (Art. 234 EGV), ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht indes nicht erlaubt. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann nicht so weit gehen, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden. Denjenigen Umsätzen, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen, sind diese Vorteile zu versagen (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 69). Das demnach im Gemeinschaftsrecht verankerte grundsätzliche Verbot missbräuchlicher Praktiken gilt dabei auch auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen , Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ist ein Ziel, das von der Sechsten Richtlinie anerkannt und gefördert wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 70 f.). Eine missbräuchliche Praxis ist dabei dann gegeben, wenn die Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe und wenn anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 74 f.).
13
(2) Danach ist § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gemeinschaftsrechtlich dahingehend auszulegen, dass der Erwerb des Gegenstands einer Lieferung beim Abnehmer dann nicht den Vorschriften der Umsatzbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne der Vorschrift unterliegt, wenn die im Bestimmungsland vorgesehene Erwerbsbesteuerung der konkreten Lieferung nach dem übereinstimmenden Willen von Unternehmer und Abnehmer durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden soll, um dem Unternehmer oder dem Abnehmer einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Anderes gilt, wenn die Verschleierungsmaßnahme anderen Zwecken dient.
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cc) Eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 Abs. 3 EGV besteht in diesem Zusammenhang nicht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt nicht vor. Die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen waren bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH, so dass eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gegeben ist, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache Rs 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258).
15
(1) Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Sechsten Richtlinie erlassen haben, dürfen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht so weit gehen, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 26 m.w.N.). Danach ist zu gewährleisten, dass lediglich der Erwerb des Endverbrauchers mit Umsatzsteuer belastet ist, während die Unternehmer einer Lieferkette einer solchen Belastung nicht ausgesetzt werden sollen.
16
(2) Vor diesem Hintergrund hat es der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits als nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen , dass die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung allein von der Einhaltung bestimmter formeller Anforderungen abhängig gemacht wird, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 29).
17
(3) Gleichzeitig hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften schon festgestellt, dass das Recht auf Befreiung einer Lieferung von der Mehrwertsteuer entfällt, wenn feststeht, dass der betreffende Umsatz zur Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils getätigt wurde und dadurch eine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und diese nicht vollständig vom Steuerpflichtigen beseitigt worden ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 38 ff., Rdn. 42). Unter diesen Voraussetzungen hindert das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten auch nicht daran, die Verschleierung oder das Vortäuschen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach nationalem Recht steuerstrafrechtlich zu ahnden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 40 m.w.N.).
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(4) Zudem ist in der Rechtsprechung des EuGH bereits anerkannt, dass der Grundsatz der Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems es nicht verhindert, dass ein Mitgliedstaat Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachfordern kann, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschl. vom 3. März 2004 - Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 66).
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(5) Zuletzt gebieten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine anderweitige Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen, die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 52). Beide Grundsätze kann indes nur der gutgläubige Unternehmer für sich in Anspruch nehmen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries, Rdn. 33) und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte noch haben konnte (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelte es sich bei den hier in Rede stehenden Konstellationen indes gerade nicht.
20
dd) Das danach auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemeinschaftsrechtlich gebotene Verständnis des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, das in Fällen der vorliegenden Art zur Versagung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG führt, genügt auch den Anforderungen, die nach Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit der die Blankettstrafnorm ausfüllenden Vorschriften zu stellen sind. Tragweite und Anwendungsbereich des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und somit auch Tragweite und Anwendungsbereich des Straftatbestandes des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sind für den Normadressaten bereits aus dem Gesetz selbst zu erkennen und können durch Auslegung ermittelt und konkretisiert werden (vgl. insoweit BVerfGE 105, 135, 153 m.w.N.).
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ee) Da in den vorliegenden Fällen nach dem einvernehmlichen Willen der Angeklagten und ihrer Geschäftspartner durch Vorspiegelung der Scheinkäufer die Erwerbsbesteuerung bei den tatsächlichen Erwerbern in Italien gerade ver- mieden werden sollte, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen, sind auch die Voraussetzungen erfüllt, die zum Wegfall der Steuerbefreiung führen.
22
(1) Auf der Grundlage formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts hätte die Lieferung einen Steuervorteil, nämlich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, zur Folge.
23
(2) Dessen Gewährung würde dem Ziel, das mit diesen Bestimmungen verfolgt wird, zuwiderlaufen; das gemeinschaftsrechtliche Umsatzsteuersystem würde zu Gunsten einzelner Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht. Ziel der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung und der Neutralität des gemeinsamen Umsatzsteuersystems ist aber die Herstellung eines „gesunden Wettbewerbs“ im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr (vgl. den dritten Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie). Demgegenüber verschaffen sich die Beteiligten eines Kettengeschäfts wie des vorliegenden unter Ausnutzung der formalen Vorgaben der einschlägigen Bestimmungen Wettbewerbsvorteile, die von dem gemeinsamen Umsatzsteuersystem nicht bezweckt werden. Der Unternehmer kann in der Regel den Gegenstand bereits zu einem höheren Preis verkaufen, als der Markt erbringen würde. Jedenfalls der tatsächliche Abnehmer verschafft sich aber den Gegenstand zu einem günstigeren Preis, als er tatsächlich auf dem Markt zahlen müsste, da er die Vorsteuer, die er für den formellen Erwerb geltend macht, dem tatsächlich gezahlten Preis gegenrechnen kann.
24
(3) Auch die erforderlichen objektiven Anhaltspunkte, die ergeben, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird, liegen vor. Die festgestellte konkrete Abwicklung der fraglichen Fahrzeugge- schäfte diente - wie die Angeklagten wussten - allein der Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile bei den Abnehmern der Angeklagten. Zu diesem Zweck sollte die vom Mehrwertsteuersystem bezweckte Besteuerung im Bestimmungsland gezielt umgangen werden.
25
4) Indem die Angeklagten kollusiv mit den Abnehmern in Italien zusammenwirkten , entfiel demnach die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG für die fraglichen Lieferungen. Durch die daher wahrheitswidrigen Erklärungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in den Umsatzsteuerjahreserklärungen und -voranmeldungen wurde somit die nach deutschem Recht von den Angeklagten auszuweisende und abzuführende Umsatzsteuer hinterzogen. Den Angeklagten wird demgemäß auch nicht die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Italien vorgeworfen.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tatbestand

 
Bei der Klägerin handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde im Jahr 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital betrug DM 50.000,-. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr A.B., der daneben die Firma A.B., ........... betrieb. Gegenstand des Unternehmens war laut Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten - Herrn C.C. und Frau F.F. - betrieben. Herr A.B. war dabei für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich; der laufende Geschäftsbetrieb wurde durch Herrn C.C. und Frau F.F. abgewickelt. Frau F.F. hatte im Gegensatz zu Herrn C.C., der dies nicht wollte, umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren. Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Herr C.C. und Frau F.F. bei der Firma -Y- beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer der Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Herr C.C. bereits im Vertrieb der Computerfirmen -Z- und -W- gearbeitet.
Aufgrund einer Prüfung der Steuerfahndungsstelle (Steufa) beim Finanzamt K (Ermittlungsverfahren „........“) und den daraus resultierenden Feststellungen (vgl. Strafrechtlicher und steuerlicher Ermittlungsbericht vom 05. Dezember 2002, Bl 6 ff der Steuerfahndungsakte) erließ das beklagte Finanzamt mit Datum vom 04. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie mit Datum vom 07. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für die Monate Januar und Februar 2001 (zwischenzeitlich Jahressteuerbescheid vom 11. Oktober 2006). Die Ermittlungen der Steufa hatten nichtabzugsfähige Vorsteuern ergeben (keine Lieferungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes mangels Verschaffung der Verfügungsmacht) in Höhe von DM 20.071.462,08 (ger. EUR 10.262.376,-) im Jahr 1999, DM 20.777.535,11 (ger. EUR 10.623.385,-) im Jahr 2000 und DM 2.095.858,12 (ger. EUR 1.071.595,-) bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001. Die in den Ausgangsrechnungen ausgewiesene und entrichtete Umsatzsteuer blieb unverändert, da die Umsatzsteuer aus den Ausgangsrechnungen nach § 14 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 4 UStG geschuldet werde. Hieraus resultierten Nachzahlungsansprüche zu Lasten der Klägerin in Höhe von EUR 10.262.375,46 zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 1.385.417,00 für das Jahr 1999, EUR 10.616.077,56 zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 560.602,00 für das Jahr 2000 sowie EUR 1.071.594,82 für die Monate Januar und Februar 2001.
Nach den Ermittlungen der Steufa hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Die Klägerin nahm innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. Buffers II ein. Sie bezog dabei ihre Waren (Central Processing units - CPUs) nahezu ausschließlich von einem anderen Buffer (Firma -V- GmbH) und verkaufte sie an weitere, an dem Karussell beteiligte Firmen, insbesondere an die Firma D.L. AG als sog. Distributor. Hierbei ist es nach Berechnungen der Steufa auch zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen (über den gesamten Prüfungszeitraum berechnete sie, dass 10 Prozent der gehandelten Waren nicht nur einmal, sondern mehrfach bezogen und weiterverkauft wurden). Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts K gegen Verantwortliche der Firma -V- GmbH (Az: 3 KLs 59 Js 6992/01) war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen Herrn A.B. eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde allerdings nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt (Einstellungsverfügung vom 21. März 2003); das Verfahren gegen Frau F.F. wurde nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von EUR 2.500,- eingestellt; das Verfahren gegen Herrn C.C. wurde nach dessen Tod eingestellt.
Gegen die geänderten Bescheide hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, mit Schriftsatz vom 06. Mai 2006 Untätigkeitsklage erhoben. Während des laufenden Klageverfahrens hat das beklagte Finanzamt sodann den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin Bezug nehmend auf die Einspruchsentscheidung und den Beklagtenvortrag zum Sachverhalt vor, dass Ein- und Verkauf ausschließlich ihre Entscheidungen gewesen seien. Es habe weder Vorgaben noch Abnahme- bzw. Lieferzwänge gegeben. Sie habe frei disponieren können. Vom Vorliegen eines Karussells sowie dessen Hintergrund und Funktionsweise habe keine Kenntnis bestanden. Dies ergebe sich insbesondere aus der Aussage des Herrn A.B. vom 03. April 2001. Auch der Name -U- sei unbekannt gewesen. Die auf Seite 6 der Einspruchsentscheidung genannten Firmen seien ihr nicht bekannt gewesen. Die Prozessoren seien bei Großkunden in nicht unerheblichem Umfang selbst verarbeitet worden. Die Mehrfachdurchläufe der Boxen seien von der Steufa lediglich finanzmathematisch hochgerechnet worden, obwohl die Boxennummern lückenlos vorhanden seien und damit eine Einzelermittlung möglich sei, die zu einem deutlich nach unten abweichenden Ergebnis führe. Die genannten Firmen S.H. sowie -Q- seien ihr nicht bekannt. Geldausschüttungen seien keine erfolgt. Von Mehrfachdurchläufen hätten weder der Geschäftsführer A.B. noch vermutlich seine Angestellten Kenntnis gehabt, die diese selbst bei Kenntnis nicht mit einem Umsatzsteuerkarussell in Verbindung gebracht hätten. Alle Boxennummern seien kopiert worden, Mehrfachdurchläufe seien nicht feststellbar gewesen. Die angesprochenen Markierungen seien jedenfalls dem Geschäftsführer A.B. bis zur Befragung durch die Steufa unbekannt gewesen. Der genannte Herr F sei im Zusammenhang mit anderen Kunden offenbar irrtümlich festgenommen worden, aber wieder frei gekommen. Die Geschäftsbeziehung habe dann noch ca. ½ Jahr bestanden. Der Gefängnisaufenthalt des Herrn N. sei für Herrn A.B. unbedeutend gewesen, da die Geschäfte der Klägerin sauber durchgeführt worden seien. Auch sei Herrn A.B. lediglich ein von Herrn C.C. unterschriebener Fahrauftrag zum Rotterdamer Flughafen bekannt gewesen. Die Firma selbst sei ihm unbekannt gewesen. Um einen Lieferschein habe es sich dabei nicht gehandelt.
Die Firmen G.A. GmbH und E.T. seien der Klägerin nicht bekannt. Die Firma Ä. habe den Z-Versand mit Computern und Einzelteilen beliefert. Die Firma O.E. habe für einen englischen Konzern eingekauft. Die bei der D.L. AG in der Tradingabteilung beschäftigte Frau Ö. sei vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden (vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz vom 05. Oktober 2006). Der Vertrieb der Klägerin habe teils aus Waren vom freien teils vom grauen Markt bestanden. Die Ware sei stets originalverpackt gewesen. Die Originalverpackungen hätten auch nicht geöffnet werden dürfen. Die Firma Ü. verbessere ihre Prozessoren jährlich drei- bis viermal und die Kunden wollten immer nur den neuesten Prozessor. Alte Ware sei damit unverkäuflich gewesen. Die Lieferzeiten der Original Equipment Manufacturer (OEM) seien deshalb erheblich. Die Klägerin habe nicht jeden Tag Geschäfte getätigt. Phasenweise seien keine Ware auf dem Markt und keine Abnehmer vorhanden gewesen. Computerhersteller, d.h. Händler und „Schrauber“ hätten überschüssige Prozessoren am selben Tag weiterverkaufen können. Die OEMs hätten vom Verkauf gelebt und hätten die Lager teils unter dem Einkaufspreis geleert bis neue Ware da gewesen sei. Für die OEMs habe mit Ausnahme bei der Auslaufware eine Preisbindung des Herstellers bestanden. Größere Stückzahlen an Prozessoren seien von Lieferanten für Aktionen bei .......... u.a. gekauft worden. Die Firmen Ä., Z-Versand, D.L. u.a. hätten die Prozessoren nicht nur (weiter)gehandelt, sondern auch verbaut. Woher und wohin die Kunden der Klägerin geliefert hätten und welche sonstigen Lieferanten vorhanden gewesen seien, sei ihr nicht bekannt gewesen. Der Kundenstamm der Klägerin habe zum Teil aus reinen Händlern, daneben aber auch aus Händlern und Selbstbauern bestanden. Defekte Teile seien dann durch diese auch zurückgegeben worden.
Ein Abwerben von Kunden unter Ausschaltung des nachfolgenden Abnehmers sei nicht möglich gewesen und hätte gegen die Grundsätze des Fairplay verstoßen, wobei die Firmen D.L. und J. auch bei der -V- GmbH eingekauft hätten.
Die Redlichkeit der Klägerin ergebe sich zudem aus der einwandfreien Buchführung, den Bankauskünften der A-Bank über Kunden und Lieferanten, den erteilten Abbuchungsermächtigungen für das Finanzamt, den vom beklagten Finanzamt durchgeführten beanstandungslosen Prüfungen sowie den Kopien und der Archivierung sämtlicher Boxennummern.
Hinsichtlich der Preisgestaltung sei anzuführen, dass wegen der Schnelllebigkeit des Marktes und der täglich neu auszuhandelnden Preise sowie durch illegale Graumarktwaren, Preise deutlich unter dem Herstellerlistenpreis möglich gewesen seien.
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In rechtlicher Hinsicht trägt die Klägerin vor, dass die Vorsteuerabzugsfähigkeit auch bei Umsatzsteuerkarussellen gegeben sei. Die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) getroffene Einschränkung bei Bösgläubigkeit dürfe nicht restriktiv ausgelegt werden. Eine weite Auslegung würde faktisch einer Sanktionierung Unschuldiger über das Mittel des Steuerrechts gleichkommen. Es spreche viel dafür, die erst später eingeführte Haftungsvorschrift des § 25d Umsatzsteuergesetz (UStG) aus Gerechtigkeitsgründen nicht rückwirkend für den hier in Rede stehenden Sachverhalt zu Lasten des Steuerpflichtigen anzuwenden. Auch sei zu berücksichtigen, dass in den Jahren 1997 bis Anfang 2000 der Begriff des Umsatzsteuerkarussells allenfalls in Fachkreisen und den Ermittlungsbehörden geläufig gewesen sei. Die genaue Funktionsweise und die Hintergründe seien erst im neuen Jahrtausend aufgearbeitet worden. Für den normalen Steuerpflichtigen seien die Gesamtabläufe nicht durchschaubar gewesen. Schließlich sei bei der neuen Haftungsvorschrift des § 25d UStG auf die Bösgläubigkeit des Unternehmers abzustellen. Diese sei nur dann anzunehmen, wenn ein Mitwissen des Unternehmers oder ein gemeinsames Handeln mit den (bösgläubigen) Angestellten vorliege. Dies sei bei Herrn A.B. jedenfalls nicht der Fall, selbst wenn von einer Bösgläubigkeit von Frau F.F. und Herrn C.C. ausgegangen werde, was aber bestritten werde. Überdies sei ein etwaiges Verschulden bzw. kennen müssen/können der Angestellten der Klägerin und deren Geschäftsführer nicht zuzurechnen, da hierdurch systemwidrig der Vorsteuerabzug zu einem Haftungstatbestand gemacht würde und jedenfalls vorliegend der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt würde.
11 
Auch müsse der Beklagte zunächst das Feststehen objektiver Kriterien bezüglich des Wissens bzw. Wissenmüssens dartun und beweisen. Dies sei dem Beklagten jedoch nicht gelungen. Seitens der Klägerin sei ein ganzes Maßnahmebündel sowohl bei dem Einstieg in das branchenfremde Geschäft als auch während der Geschäftstätigkeit getroffen worden. So seien neben weiteren Einzelmaßnahmen die Hausbank und zwei Steuerberater eingebunden gewesen; daneben sei eine Vielzahl von Umsatzsteuerprüfungen ohne Beanstandung abgeschlossen worden. Darüber hinaus seien als weitere Vorsichtsmaßnahme zur Abwendung von Reklamationen seit August 1997 die Boxlabels kopiert worden, was den Ermittlungsbehörden erst die Feststellung von Doppel- bzw. Mehrfachdurchläufen ermöglicht habe. Bei unterstellter Bösgläubigkeit wäre dieser Aufwand sicher nicht betrieben worden, da die Klägerin an der Schaffung belastenden Beweismaterials dann kein Interesse gehabt hätte, so dass dieser Umstand wiederum für die Klägerin spreche. Darüber hinaus seien Geschäftsbeziehungen wie die zur Firma O. bei Kenntnis von Unregelmäßigkeiten sofort abgebrochen worden. Schließlich könnten aus den (noch verbliebenen) Doppel- bzw. Mehrfachdurchläufen keine negativen Schlüsse zu Lasten der Klägerin gezogen werden, da diese von den Firmenverantwortlichen der Klägerin auch hätten erkannt werden müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Insbesondere sei bei den meisten vom Beklagten festgestellten Mehrfachdurchläufen keine Zusatzmarkierung auf den Boxenlabels erkennbar, wobei zudem unklar sei, in welchen Fällen von einer Markierung im Sinne des Beklagten auszugehen sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass es sich bei den Boxnummern entgegen der Annahme des Beklagten wohl um kein Alleinstellungsmerkmal handele; dies dürfte branchen- und damit auch Herrn C.C. bekannt gewesen sein, weshalb Mehrfachdurchläufe und deren Nachprüfbarkeit für ihn keine Rolle gespielt haben dürften. Bei den von Frau F.F. vermerkten Mehrfachdurchläufen habe es sich um Retouren bzw. von D.L. vermerkte Informationen gehandelt haben können.
12 
Schließlich würde die Streichung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verletzen, da die in den Ausgangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sowohl vom Vorlieferanten als auch von der Klägerin abgeführt worden sei. Die Streichung wäre nur bei einem nachgewiesenen rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Klägerin gerechtfertigt, was vorliegend aber gerade nicht der Fall sei.
13 
Die Klägerin beantragt, für das Jahr 1999 DM 18.314.273,-, für das Jahr 2000 DM 20.032.663,- und für das Jahr 2001 DM 1.833.552,- an Vorsteuern zum Abzug zuzulassen, hilfsweise die Revision zuzulassen, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
14 
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
15 
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung wird vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen sei, wenn aufgrund objektiver Umstände feststehe, dass die Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen worden sei, der gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteilige, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei. Die Klägerin als GmbH müsse sich grundsätzlich das Wissen ihres gesetzlichen Vertreters, also von Herrn A.B., zurechnen lassen. Daneben gelte der Grundsatz, dass sich derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, das in diesem Zusammenhang erlangte Wissen des Anderen zurechnen lassen müsse. Deshalb sei vorliegend hinsichtlich des Wissens auch auf die Person von Herrn C.C. abzustellen. Dieser habe das operative Geschäft der Klägerin initiiert und geleitet, habe den Kontakt zu den Lieferanten und Abnehmern hergestellt und habe die Warenannahme und -ausgabe selbständig abgewickelt. Demgegenüber sei Herr A.B. nur anfänglich bei der Warenübergabe zugegen gewesen und habe sich später fast ausschließlich um seinen Druckereibetrieb gekümmert.
16 
Bei der Frage des „Wissenmüssens“ sei zu beachten, dass hierdurch lediglich der redliche Buffer geschützt werden solle, also derjenige, der neben vielen Nicht-Karussellumsätzen vereinzelte Umsätze innerhalb eines Karussells ausweise. Im Streitfall seien jedoch nahezu alle Umsätze dem Umsatzsteuerkarussell und ein und demselben Lieferanten zuzuordnen. Auch sprächen zahlreiche Indizien für ein „Wissen müssen“ der Klägerin:
17 
- Über die -V- GmbH und deren Geschäftsführer, mit der die Klägerin über 90 % ihrer Umsätze getätigt habe, seien in der Computerbranche Gerüchte im Zusammenhang mit Umsatzsteuerkarussellen kursiert.
- Es sei immer wieder vorgekommen, dass dieselbe Kiste mit CPUs innerhalb kurzer Zeit mehrfach (bis zu fünfmal) von der -V- GmbH gekauft und an die Firma D.L. weiterveräußert worden sei, was zumindest Herrn C.C. bekannt gewesen sei. Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass der Anteil an Mehrfachlieferungen von 8 % im Jahr 1999 auf 15 % im Jahr 2000 angestiegen und im Jahr 2001 dann auf 5,13 % gefallen sei. Grund hierfür sei gewesen, dass in der Branche vermehrt Steufa-Einsätze stattgefunden hätten, weshalb die Klägerin verstärkt die Lieferungen kontrolliert und Mehrfachdurchläufe zurückgewiesen habe. Zur Feststellung von Mehrfachlieferungen seien die Kartons individuell markiert gewesen, was Herrn C.C. bekannt gewesen sei.
- Den Herren A.B. und C.C. sei bekannt gewesen, dass in den CPU-Handel involvierte Personen wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden seien und dass die Firma D.L. vornehmlich in die Niederlande exportiert habe. Auch sei die persönliche Verflechtung bei N./ -Y- besonders auffallend, bei dem Herr C.C. beschäftigt gewesen sei und der zunächst im Bürokomplex des Herrn A.B. ein Büro angemietet gehabt habe. Später sei er wegen einer Steuerstraftat verhaftet und verurteilt worden, was auch Herr A.B. aus Gesprächen mit Herrn C.C. gewusst habe.
- Lieferbeziehungen mit einer Firma RR GmbH seien nach einer Steuerfahndungsprüfung abgebrochen worden. Als die Geschäftsführerin aber mit der neuen Firma SS wieder auf dem Markt aufgetreten sei, habe die Klägerin mit dieser Firma Lieferbeziehungen unterhalten.
- Der Kundenstamm der Klägerin sei nicht ausgebaut worden, obwohl es hierzu Gelegenheit gegeben hätte, da man Sanktionen vom Karussell befürchtet habe.
- Es sei großer Wert auf intakte Verpackungen gelegt, der Inhalt aber nicht überprüft worden.
- Innerhalb kürzester Zeit seien hohe Umsätze und damit hohe Gewinne erzielt worden.
- Branchenunüblich seien keine Zahlungsziele vereinbart worden; selbst Großkunden hätten per Blitzgiro zahlen müssen.
18 
Mit Beweisbeschluss des erkennenden Senats vom 22. Januar 2007 wurde die Vernehmung der Personen UU, WW, EE, F.F., CC, KK, Ö., II und NN als Zeugen angeordnet. Die Ladung des Zeugen NN konnte nicht zugestellt werden, da er von der Stadt M am 17. September 2003 von Amts wegen mit unbekanntem Aufenthalt abgemeldet wurde. Mit weiterem Beweisbeschluss vom 15. März 2007 wurde die (eingeschränkte) Verlesung der Vernehmungsprotokolle des verstorbenen Herrn C.C. sowie der Herren DD und ÄÄ, deren Anschriften nicht ermittelt werden konnten, angeordnet. Durch weiteren Beweisbeschluss vom 22. März 2007 wurde die Vernehmung von Herrn N., Herrn Rechtsanwalt HH, Frau C.C., Herrn LL, Herrn -U- sowie Herrn Steuerfahnder EE als Zeugen angeordnet. Mit weiterem Beweisbeschluss vom 05. April 2007 wurde die Zeugenvernehmung der Steuerfahnderin BB und des Steuerfahnders ÜV sowie von Herrn KL angeordnet (alle Beweisbeschlüsse: s. Ordner Beweisbeschlüsse). Die Aussagen der Zeugen sowie die verlesenen Vernehmungsprotokolle sind in den Niederschriften über die mündliche Verhandlung protokolliert.
19 
Schließlich wurde der Beklagte mit Auflagenbeschluss vom 08. Mai 2007 aufgefordert, „den jeweiligen Warenweg der den Vorsteuerkürzungen laut strafrechtlichem und steuerlichem Ermittlungsbericht vom 05. Dezember 2002 (dort aufgelistet in der Anlage 2) zugrundeliegenden Wareneinkäufe im einzelnen in geeigneter und nachvollziehbarer Weise darzustellen“ sowie mitzuteilen, „inwieweit ein an der Lieferkette vorhergehend oder nachfolgend Beteiligter eine Umsatzsteuerhinterziehung oder einen Umsatzsteuerbetrug im Sinne der EuGH-Rechtsprechung begangen hat“. Dem ist der Beklagte mit Schriftsätzen nebst Anlagen vom 29. Mai 2007 und vom 25. Juni 2007 nachgekommen.
20 
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte, den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Umsatzsteuer-, Rechtsbehelfs-, Steuerfahndungs-, Bilanz- und Allgemeine Akten, 1 Steuerfahndungsbericht D.L., 1 Steuerfahndungsakte Vorermittlungen, 1 Steuerfahndungsakte Kopie, 1 Ordner Ermittlungsvermerke, 12 Ordner Doppeldurchläufe/Warenbewegungen 99-01, 1 Ordner Beschuldigtenvernehmung, 1 Ordner PP NB/OPf. Vernehmungen Fahrer 1, 1 Ordner PP NB/OPf. Vernehmungen Fahrer 2, 5 Ordner PP NB/OPf. CPU-Kette 1999 - 2001, 1 Ordner PP NB/OPf. Auszüge aus TKÜ, 4 Ordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-, 1 Ordner D.L. 1999, 1 Ordner -X- Strafurteile gg. (Vor)Lieferanten) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
21 
Die Akten aus dem Verfahren 12 V 10/04 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Vorsteuerbeträge, soweit sie noch in Höhe von DM 18.314.273,00 (1999), DM 20.032.663,00 (2000) und DM 1.833.552,00 (2001) streitig geblieben sind, zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
23 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der entsprechende Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer unter anderem die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert worden sind, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
24 
Eine Lieferung liegt nach § 3 UStG vor, wenn der Unternehmer einem Anderen Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Nach dem entsprechenden Artikel 5 der 6. EG-Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
25 
Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer trägt die Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug.
26 
Die Klägerin verfügt über Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferung von CPUs, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Die rechnungsmäßigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen danach vor.
27 
Die Lieferanten sind auch Unternehmer. Unternehmer ist, wer Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt erbringt. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der 6. EG-Richtlinie. Nach dem maßgeblichen Art. 4 der 6. EG-Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger und damit dem Grunde nach als vorsteuerabzugsberechtigt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit, unter die nach Abs. 2 u.a. alle Tätigkeiten eines Händlers fallen, selbständig und unabhängig vom Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die Lieferanten der Klägerin - im Wesentlichen die -V- GmbH - haben in erheblichem Umfang CPUs eingekauft und sowohl an die Klägerin als auch an andere Unternehmer (J., PP) weiter verkauft. Ebenso ist die Klägerin Unternehmerin. Sie ist hinsichtlich der von ihr erworbenen CPUs als Händlerin am Markt aufgetreten und hat durch deren Weiterverkauf tatsächlich Lieferungen erbracht. Dies hat sie selbständig getan, da sich eine Fremdbestimmung auch aus den Ermittlungsakten nicht entnehmen lässt. Auch aus der Einspruchsentscheidung ergibt sich folgender Ablauf der Lieferungen: „Herr C.C., der die Kontakte zu den entsprechenden Unternehmen hatte, informierte sich bei den Lieferanten über Größenordnung und Preis der zur Verfügung stehenden CPU-Lieferung und bot die Ware daraufhin potentiellen Abnehmern an. War man sich einig, bestätigte zuerst der Kunde unwiderruflich per Fax die Abnahme der CPU-Lieferung, bevor Herr C.C. ebenfalls per Fax unwiderruflich dem Lieferanten den Auftrag bestätigte.“ Dieser Ablauf ist unstreitig. Die Klägerin konnte mithin wie ein typischer Unternehmer handeln und die Verträge kamen durch Angebot und Annahme zustande. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin als sog. Buffer II in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden war und sich damit außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs betätigt haben soll. Real existierende Firmen und tatsächlich erfolgte Lieferungen schließen ein Tätigwerden außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs per se aus, es sei denn es handelt sich um Produkte, für die kein legaler Markt besteht, wovon bei CPUs nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin auch Umsatzsteuerklärungen abgegeben und die jeweilige Umsatzsteuerschuld bezahlt.
28 
Die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs sind an die Klägerin auch tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.
29 
Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichem Sinn besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht zu Gunsten des Leistungsempfängers (§ 3 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, dass dem Leistungsempfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden müssen. Die Klägerin hat über ihre Angestellten C.C. und F.F. Verträge mit ihren Lieferanten über den Erwerb von Ü.-CPUs abgeschlossen, was auch vom Beklagten nicht bestritten wird. Die Geschäfte sind auch wie vereinbart durchgeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Scheingeschäfte handelte, bei denen sich beide Parteien einig waren, das Geschäft nicht wie erklärt durchführen zu wollen, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind an die Klägerin tatsächlich Kunststoffpaletten mit darauf befestigten Kartons, in denen sich verpackt die CPUs als sog. trayware befunden haben, geliefert worden. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin Verfügungsmacht an den CPUs erhalten und diese dann an ihre Kunden weitergeliefert. Der Besitz- und Eigentumserwerb der Klägerin vollzog sich bei Lieferungen an den Firmensitz durch Einigung und Übergabe. Durch die Anlieferung und Weiterveräußerung der Ware ist es zu einem Eigentums- und Besitzwechsel an der Ware gekommen, so dass von Lieferungen im umsatzsteuerlichen Sinne auszugehen ist. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin in im Wesentlichen feste Lieferbeziehungen eingebunden war, denn dies entspricht einer üblichen wirtschaftlichen Praxis und ist zur Vermeidung von Lieferantenausfällen nicht unüblich. Dass bei Auftragslieferungen oder Auftragsfertigungen im Zulieferbereich, der oftmals mit nur einem Großkunden in Lieferbeziehung steht, wie z.B. in der Automobilindustrie, das Vorliegen einer Lieferung zu verneinen sei, wird selbst von Finanzbehörden nicht vertreten. Dass die Klägerin gezwungen gewesen wäre, ihre Ware im Wesentlichen von der -V- GmbH zu beziehen und an die D.L. AG zu veräußern, ist dem vorliegenden umfangreichen Aktenmaterial jedenfalls nicht zu entnehmen. Hier wird lediglich ohne weitere Nachweise von den Ermittlungsbehörden behauptet, dass ein Verlassen der festgelegten Lieferwege Sanktionen des Karussells zur Folge gehabt hätte.
30 
Gegenüber der Klägerin sind damit von anderen Unternehmern Lieferungen erbracht worden, für die in Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden ist. Insofern liegen die (objektiven) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugunsten der Klägerin vor.
31 
Der der Klägerin danach zustehende Vorsteuerabzug kann nicht allein mit dem Hinweis darauf verweigert werden, sie habe innerhalb eines Umsatzsteuerkarussells gehandelt.
32 
Das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug wird nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette, zu der der Umsatz des Steuerpflichtigen gehört, ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. Dies ergibt sich daraus, dass das in Art. 17 ff der 6. EG-Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und deshalb grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Umsätze geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus abgeführt wurde, ist für das Recht auf den Vorsteuerabzug damit unmaßgeblich. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer verbietet eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Die Einstufung eines Verhaltens als strafbar führt nicht ohne weiteres dazu, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist. Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug – sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug – einbezogen sind, müssen auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Steht dagegen aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einen „Mehrwertsteuerbetrug“ einbezogen war, so verliert er sein Recht auf den Vorsteuerabzug (vgl Urteile des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 06. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, Umsatzsteuerrundschau - UR – 2006, 594 sowie vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355-03 und C-484/03, UR 2006, 157; im Anschluss daran Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. April 2007 V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035).
33 
Hinweise hierauf können die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den Akteuren liefern. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Position des Steuerpflichtigen bei der Manipulation. Je näher die Verbindung zum Missing-Trader ist, desto wahrscheinlicher ist eine Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.
34 
Nach Ansicht des Senats ist dabei die Beteiligung an einer „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einem „Mehrwertsteuerbetrug“ nicht dahingehend zu verstehen, dass eine nach dem nationalen Recht strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO bzw. ein strafbarer Betrug gem. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen muss. Ziel der 6. EG-Richtlinie ist nämlich die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch. Insoweit ist es jedoch erforderlich, bereits bei bewussten Pflichtwidrigkeiten den Vorsteuerabzug zu versagen. Es ist also auch in den Fällen, in denen zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben worden sind, diese jedoch entsprechend dem vorgefassten Tatplan nicht beglichen worden sind, bei entsprechender Kenntnislage von einer vorsteuerschädlichen Beteiligung auszugehen, da es auch hierdurch zu einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens kommt.
35 
Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (4 Leitzordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-) sowie dem landgerichtlichen Urteil in Sachen -V- ergibt sich, dass bei den letztendlich nicht anerkannten Vorsteuerbeträgen entweder einer der Vorlieferanten keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben oder zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben, diese aber gemäß gefasstem Tatplan nicht abgeführt hat. In sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, waren Lieferanten involviert, bei denen bereits vom Landgericht K die „Missing-Trader-Eigenschaft“ festgestellt worden ist. Zweifel an diesen Feststellungen haben sich im vorliegenden Verfahren für den Senat nicht ergeben; vielmehr haben sich diese Feststellungen im vorliegenden Verfahren bestätigt. Sie konnten anhand der eingereichten und bereits benannten Unterlagen verifiziert werden. Unbeachtlich ist insoweit, dass nicht in allen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt ist, da es hierauf nicht entscheidend ankommt. Wie bereits ausgeführt ist bei entsprechender Kenntnislage ein pflichtwidriges Verhalten eines Lieferanten der Lieferkette für die Aberkennung des Vorsteuerabzugs ausreichend.
36 
Hinsichtlich dieser Umsätze ist zur Überzeugung des Senats auch zumindest von einem Kennen müssen der Klägerin auszugehen. Dabei ist der Klägerin nicht nur das Wissen ihres Geschäftsführers, sondern auch das der Angestellten C.C. und F.F. zuzurechnen (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 153, 463 sowie BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFH/NV, 2003, 1521). Entgegen den Ausführungen der Klägerseite bedingt die Zurechnung keinen Systemverstoß im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer und stellt auch keinen Wertungswiderspruch zur Haftung nach § 69 Abgabenordnung (AO) dar. Insoweit gilt auch in der Umsatzsteuer der allgemeine Rechtsgedanke, dass jemand seine Stellung im Rechtsverkehr nicht dadurch verbessern darf, dass er Dritten die Erfüllung seiner Verpflichtungen überlässt und damit seinen Risikobereich ausweitet. Dies wäre aber der Fall, wenn durch die Beschäftigung eines bösgläubigen Arbeitnehmers Vorsteuern aus betrügerischen Umsatzsteuerkarussellen zum Abzug zugelassen würden. Demgegenüber liegt der Haftung eine ganz andere Situation zugrunde. Im Haftungsrecht geht es um das subsidiäre Einstehen müssen für eine fremde Schuld. Der als Vertreter Haftende wird zusätzlich zum Steuerpflichtigen herangezogen, weil er den Schaden durch Verletzung ihm persönlich obliegender Pflichten verursacht hat.
37 
Jedenfalls hinsichtlich der Angestellten C.C. und F.F. ergibt sich ein Kennen müssen bereits aus den folgenden objektiven Umständen, wobei hinsichtlich des Kennenmüssens vor dem Hintergrund der Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs und der Wahrung der Wettbewerbsneutralität nicht auf die konkreten Verhältnisse, sondern auf den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns abzustellen ist:
38 
- Sowohl Herr C.C. als auch Frau F.F. hatten Kenntnis von Mehrfach- bzw. Doppeldurchläufen. So ist von Frau F.F. auf verschiedenen Lieferscheinen bereits im Jahr 1999 vermerkt worden „schon mal gehabt“. Dass Frau F.F. Doppeldurchläufe als Problem bekannt waren, wird des Weiteren bestätigt durch die Zeugenaussage der Frau F.F. in der Vernehmung vom 07. März 2007 (vgl. Seite 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 07. März 2007). Insoweit ist der Klägervortrag, dass es sich um unverfängliche Retouren gehandelt haben könne, nicht nachvollziehbar, zumal im Zusammenhang mit Retouren der Vermerk keinen Sinn macht. Herr C.C. hatte in seiner Vernehmung vom 03. April 2001 (Seiten 9, 10) von Doppeldurchläufen und entsprechenden Kennzeichnungen berichtet und in seiner Vernehmung vom 21. November 2001 eingeräumt, von Kennzeichnungen der Pakete durch die Firma Ä. zum Zwecke der Vermeidung von Mehrfachdurchläufen Kenntnis gehabt zu haben (Seite 1 letzter Absatz und Seite 2 erster Absatz des Vernehmungsprotokolls). Insoweit hatte er auch ein „Problembewusstsein“. Deshalb reagierte er derart ungehalten auf entsprechende Lieferungen, was ebenfalls keinen Sinn machen würde, wenn Mehrfachdurchläufe mit gleichen Boxennummern ohne Aussagekraft und unverfänglich gewesen wären. Trotzdem wurde an der Firma -V- als Lieferanten festgehalten.
39 
- Diese Kenntnis und das damit verbundene Problembewusstsein werden bestätigt durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen II (S. 21 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08. März 2007), der ebenfalls von einer Kenntnis des Herrn C.C. als Brancheninsider ausgegangen ist. Auch aus der Aussage der Frau Ö. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 07. März 2007 geht hervor, dass es bei der Klägerin Doppeldurchläufe gegeben hatte und dass dies Herrn C.C. bekannt gewesen war (Niederschrift S. 9 und 10). Der Aussage des Zeugen KL in der mündlichen Verhandlung vom 02. Mai 2007 ist zu entnehmen, dass Herr C.C. von Doppeldurchläufen und entsprechend markierter Ware wusste und die gelieferte Ware auch dann angenommen hat, wenn diese „besonders auffällig markiert“ angeliefert wurde (Niederschrift S. 3 und 4).Die Zeugin BB hat bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 02. Mai 2007 ausgesagt, Herrn C.C. seien die gesamten Geschäftspraktiken, wie es bei der Klägerin gelaufen sei, bekannt gewesen (Niederschrift S. 11 - 13).Dieses Wissen um die Mehrfachdurchläufe im Zusammenhang mit dem (teilweisen) äußeren Zustand der Kartons (Kennzeichnungen, Beschädigungen) und den Branchenkenntnissen (Steuerfahndungsprüfungen) lässt zumindest auf ein (zurechenbares) Kennen müssen von Herrn C.C. bzw. Frau F.F. schließen. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass Kennzeichnungen der Kartons nicht erkannt worden seien, so ist dies bei einer Gesamtschau des Sachverhalts nicht glaubhaft. Insbesondere aus der Auflistung des Beklagtenschriftsatzes vom 19. September 2007, Anlage 4, drängt sich dies förmlich auf. So passierte die Box mit der Nummer ABCDEFG11 am 24. September, 11. Oktober und 14. Oktober die Klägerin. Beim ersten Durchlauf war das Label mit keiner Kennzeichnung versehen, beim zweiten mit einem deutlich erkennbaren Schrägstrich und beim dritten mit zwei Schrägstrichen. Ein ordentlicher Kaufmann hätte sich in dieser Situation davon überzeugt, dass in den Lieferbeziehungen keine steuerlichen Unregelmäßigkeiten vorkommen oder sie beendet und nicht darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe. Insoweit bedarf es auch keines Rückgriffs auf die Telefonüberwachungsprotokolle, deren unmittelbare sowie mittelbare Verwertung mangels Ermächtigungsgrundlage und der damit sonst verbundenen Verletzung eines verfassungsrechtlich geschützten Bereichs des Steuerpflichtigen (Art. 10 Grundgesetz, GG) einem qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbot unterliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464 und BFH-Urteil vom 04. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Zwar ist mittlerweile - nach dem Ergehen der zitierten BFH-Rechtsprechung - § 477 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten. Diese Bestimmung beschränkt die Übermittlung personenbezogener Informationen, die u.a. durch Maßnahmen gemäß § 100 a StPO ermittelt wurden, auf Zwecke u.a. zur Abwehr von erheblichen Gefahren. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Verwertung der Telefonprotokolle stellt § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, da es aufgrund der abgeschlossenen Strafverfahren und der bereits erfolgten geänderten Steuerfestsetzungen mit anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen an der Abwehr einer erheblichen Gefahr fehlt.
40 
Es wurden sehr schnell hohe Umsätze (bereits im Jahr 1999 DM 127.057.270,49 und im Jahr 2000 DM 131.592.676,90) und Gewinne (bereits für 1999 Jahresüberschuss DM 588.868,67 mit Ausschüttung in Höhe von DM 100.000,- und für 2000 DM 459.003,68 und Ausschüttung in Höhe von DM 200.000,-) bei praktisch keinem Risiko erzielt, was einen ordentlichen Kaufmann ebenfalls hätte misstrauisch werden lassen müssen, da dies der unternehmerischen Realität widerspricht. Dies umso mehr, als die Klägerin über kein besonderes Know how verfügte, sondern lediglich auf der gleichen Handelsstufe Lieferbeziehungen unterhielt und bei Betrachtung der getätigten Geschäfte eine Auslastung von 2 Vollzeitkräften ausgeschlossen erscheint, die zudem in Anbetracht der verrichteten Tätigkeiten und Vorbildungen auch noch eine attraktive Entlohnung erhielten. Genau dies widerspricht auch dem von der Klägerseite als Begründung für die Mehrfachdurchläufe ins Feld geführten börsenmäßigen Handel der CPU`s (vgl. insoweit auch Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881), da die Klägerin mit festen Gewinnaufschlagsätzen bei festen Lieferbeziehungen kalkulierte, die sie dann auch jeweils realisieren konnte, so dass ihr aus den einzelnen Geschäften keine Verluste entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem wesentlichen Element für den börsenmäßigen Handel, nämlich dem Verlustrisiko, das die Klägerin offensichtlich nicht trug.
41 
- Des Weiteren wäre einem ordentlichem Kaufmann aufgefallen, dass aufgrund der niedrigen Einkaufspreise nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung LÖ (vgl. insoweit die Ausführungen des Zeugen ÜV, S. 5 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02. Mai 2007) hatte die an die Klägerin gelieferte Ware regelmäßig einen Preis, der unter dem Preis der OEM-Lieferanten lag, die ja bereits über besondere Preisvorteile verfügten. Einem ordentlichen Kaufmann, der sich in dieser Branche betätigt, wäre dies aufgefallen und er hätte von diesen Geschäften Abstand genommen, was wiederum durch die Aussage des Zeugen -U- bestätigt wird (vgl. S. 4 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007).
42 
- Schließlich können die zahlreichen Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 1998 die Klägerin insoweit nicht entlasten. Zwar wurden bei diesen Prüfungen keine Unregelmäßigkeiten entdeckt; hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich nur um punktuelle Überprüfungen durch eine Behörde gehandelt hat, die zu diesem Zeitpunkt - im Gegensatz zur Klägerin - noch keine tieferen Branchenkenntnisse hatte, weshalb die Klägerin aus den beanstandungslosen Überprüfungen nicht auf die Seriosität ihrer Lieferbeziehungen schließen konnte. Im Gegenteil hätten diese gehäuften Prüfungen im Zusammenhang mit den bereits benannten Kriterien Anlass für die Klägerin sein müssen, sich kritisch mit ihren Lieferbeziehungen auseinanderzusetzen und diese genauer zu hinterfragen. Die Einholung von Bankauskünften und Handelsregistereintragungen ist bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht ausreichend (vgl. insoweit auch Ausführungen des Bundesrechnungshofs in seinem Bericht vom 03. September 2003, S. 25, veröffentlicht unter www.bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte). Im Ergebnis dürften diese Kriterien in Verbindung mit einer nicht ausreichenden Überwachung der Angestellten auch für ein Kennen müssen des Geschäftsführers der Klägerin ausreichend sein (vgl. insoweit auch die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung vom 21. März 2003), worauf es aber im Ergebnis aufgrund des der Klägerin zurechenbaren Verhaltens von Herrn C.C. und Frau F.F. nicht ankommt.
43 
Des Weiteren stellt die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin trotz abgeführter Umsatzsteuern aus den nachfolgenden Geschäften keinen Verstoß gegen das umsatzsteuerliche Neutralitätsprinzip dar. Durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer auf der Ebene der Missing trader ist es dort zu einer Störung gekommen, die durch die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin zu beseitigen ist.
44 
Schließlich stellt die Versagung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar. Das von der Sechsten Richtlinie anerkannte und geförderte Ziel, eine ordnungsgemäße Erhebung der Mehrwertsteuer zu sichern und Steuerhinterziehungen zu bekämpfen, stellt hohe Anforderungen an die Überprüfung von Geschäftsbeziehungen. Anhand der überdeutlichen Anzeichen für das Vorliegen inkriminierter Geschäfte, konnte die Klägerin sich nicht auf Formalprüfungen beschränken, sondern hätte die Geschäftsbeziehung zu ihren Vorlieferanten abbrechen müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, ist es zu einem erheblichen Umsatzsteuerausfall gekommen, wofür die Klägerin als mit verursachendes Glied in der Kette einzustehen hat. Dies ist auch im Verhältnis zu den seriösen Händlern geboten, die von solchen Geschäften gerade Abstand genommen haben (vgl. insbesondere Zeugenaussage -U-, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2007, Seite 4).
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO bzw. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
46 
Der Klägerin waren im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Kosten ganz aufzuerlegen. Denn der Beklagte ist, soweit er dem Klageantrag im Verlaufe des Verfahrens entsprochen hat, nur zu einem geringen Teil unterlegen.
47 
Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen V B 54/07 anhängige Verfahren (Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da der BFH soweit ersichtlich bislang nicht die Möglichkeit hatte, die vom EuGH aufgestellten Grundsätze weiter zu konkretisieren.

Gründe

 
22 
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Vorsteuerbeträge, soweit sie noch in Höhe von DM 18.314.273,00 (1999), DM 20.032.663,00 (2000) und DM 1.833.552,00 (2001) streitig geblieben sind, zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
23 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der entsprechende Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer unter anderem die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert worden sind, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
24 
Eine Lieferung liegt nach § 3 UStG vor, wenn der Unternehmer einem Anderen Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Nach dem entsprechenden Artikel 5 der 6. EG-Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
25 
Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer trägt die Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug.
26 
Die Klägerin verfügt über Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferung von CPUs, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Die rechnungsmäßigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen danach vor.
27 
Die Lieferanten sind auch Unternehmer. Unternehmer ist, wer Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt erbringt. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der 6. EG-Richtlinie. Nach dem maßgeblichen Art. 4 der 6. EG-Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger und damit dem Grunde nach als vorsteuerabzugsberechtigt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit, unter die nach Abs. 2 u.a. alle Tätigkeiten eines Händlers fallen, selbständig und unabhängig vom Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die Lieferanten der Klägerin - im Wesentlichen die -V- GmbH - haben in erheblichem Umfang CPUs eingekauft und sowohl an die Klägerin als auch an andere Unternehmer (J., PP) weiter verkauft. Ebenso ist die Klägerin Unternehmerin. Sie ist hinsichtlich der von ihr erworbenen CPUs als Händlerin am Markt aufgetreten und hat durch deren Weiterverkauf tatsächlich Lieferungen erbracht. Dies hat sie selbständig getan, da sich eine Fremdbestimmung auch aus den Ermittlungsakten nicht entnehmen lässt. Auch aus der Einspruchsentscheidung ergibt sich folgender Ablauf der Lieferungen: „Herr C.C., der die Kontakte zu den entsprechenden Unternehmen hatte, informierte sich bei den Lieferanten über Größenordnung und Preis der zur Verfügung stehenden CPU-Lieferung und bot die Ware daraufhin potentiellen Abnehmern an. War man sich einig, bestätigte zuerst der Kunde unwiderruflich per Fax die Abnahme der CPU-Lieferung, bevor Herr C.C. ebenfalls per Fax unwiderruflich dem Lieferanten den Auftrag bestätigte.“ Dieser Ablauf ist unstreitig. Die Klägerin konnte mithin wie ein typischer Unternehmer handeln und die Verträge kamen durch Angebot und Annahme zustande. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin als sog. Buffer II in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden war und sich damit außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs betätigt haben soll. Real existierende Firmen und tatsächlich erfolgte Lieferungen schließen ein Tätigwerden außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs per se aus, es sei denn es handelt sich um Produkte, für die kein legaler Markt besteht, wovon bei CPUs nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin auch Umsatzsteuerklärungen abgegeben und die jeweilige Umsatzsteuerschuld bezahlt.
28 
Die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs sind an die Klägerin auch tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.
29 
Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichem Sinn besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht zu Gunsten des Leistungsempfängers (§ 3 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, dass dem Leistungsempfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden müssen. Die Klägerin hat über ihre Angestellten C.C. und F.F. Verträge mit ihren Lieferanten über den Erwerb von Ü.-CPUs abgeschlossen, was auch vom Beklagten nicht bestritten wird. Die Geschäfte sind auch wie vereinbart durchgeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Scheingeschäfte handelte, bei denen sich beide Parteien einig waren, das Geschäft nicht wie erklärt durchführen zu wollen, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind an die Klägerin tatsächlich Kunststoffpaletten mit darauf befestigten Kartons, in denen sich verpackt die CPUs als sog. trayware befunden haben, geliefert worden. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin Verfügungsmacht an den CPUs erhalten und diese dann an ihre Kunden weitergeliefert. Der Besitz- und Eigentumserwerb der Klägerin vollzog sich bei Lieferungen an den Firmensitz durch Einigung und Übergabe. Durch die Anlieferung und Weiterveräußerung der Ware ist es zu einem Eigentums- und Besitzwechsel an der Ware gekommen, so dass von Lieferungen im umsatzsteuerlichen Sinne auszugehen ist. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin in im Wesentlichen feste Lieferbeziehungen eingebunden war, denn dies entspricht einer üblichen wirtschaftlichen Praxis und ist zur Vermeidung von Lieferantenausfällen nicht unüblich. Dass bei Auftragslieferungen oder Auftragsfertigungen im Zulieferbereich, der oftmals mit nur einem Großkunden in Lieferbeziehung steht, wie z.B. in der Automobilindustrie, das Vorliegen einer Lieferung zu verneinen sei, wird selbst von Finanzbehörden nicht vertreten. Dass die Klägerin gezwungen gewesen wäre, ihre Ware im Wesentlichen von der -V- GmbH zu beziehen und an die D.L. AG zu veräußern, ist dem vorliegenden umfangreichen Aktenmaterial jedenfalls nicht zu entnehmen. Hier wird lediglich ohne weitere Nachweise von den Ermittlungsbehörden behauptet, dass ein Verlassen der festgelegten Lieferwege Sanktionen des Karussells zur Folge gehabt hätte.
30 
Gegenüber der Klägerin sind damit von anderen Unternehmern Lieferungen erbracht worden, für die in Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden ist. Insofern liegen die (objektiven) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugunsten der Klägerin vor.
31 
Der der Klägerin danach zustehende Vorsteuerabzug kann nicht allein mit dem Hinweis darauf verweigert werden, sie habe innerhalb eines Umsatzsteuerkarussells gehandelt.
32 
Das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug wird nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette, zu der der Umsatz des Steuerpflichtigen gehört, ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. Dies ergibt sich daraus, dass das in Art. 17 ff der 6. EG-Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und deshalb grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Umsätze geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus abgeführt wurde, ist für das Recht auf den Vorsteuerabzug damit unmaßgeblich. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer verbietet eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Die Einstufung eines Verhaltens als strafbar führt nicht ohne weiteres dazu, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist. Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug – sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug – einbezogen sind, müssen auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Steht dagegen aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einen „Mehrwertsteuerbetrug“ einbezogen war, so verliert er sein Recht auf den Vorsteuerabzug (vgl Urteile des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 06. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, Umsatzsteuerrundschau - UR – 2006, 594 sowie vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355-03 und C-484/03, UR 2006, 157; im Anschluss daran Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. April 2007 V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035).
33 
Hinweise hierauf können die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den Akteuren liefern. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Position des Steuerpflichtigen bei der Manipulation. Je näher die Verbindung zum Missing-Trader ist, desto wahrscheinlicher ist eine Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.
34 
Nach Ansicht des Senats ist dabei die Beteiligung an einer „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einem „Mehrwertsteuerbetrug“ nicht dahingehend zu verstehen, dass eine nach dem nationalen Recht strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO bzw. ein strafbarer Betrug gem. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen muss. Ziel der 6. EG-Richtlinie ist nämlich die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch. Insoweit ist es jedoch erforderlich, bereits bei bewussten Pflichtwidrigkeiten den Vorsteuerabzug zu versagen. Es ist also auch in den Fällen, in denen zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben worden sind, diese jedoch entsprechend dem vorgefassten Tatplan nicht beglichen worden sind, bei entsprechender Kenntnislage von einer vorsteuerschädlichen Beteiligung auszugehen, da es auch hierdurch zu einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens kommt.
35 
Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (4 Leitzordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-) sowie dem landgerichtlichen Urteil in Sachen -V- ergibt sich, dass bei den letztendlich nicht anerkannten Vorsteuerbeträgen entweder einer der Vorlieferanten keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben oder zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben, diese aber gemäß gefasstem Tatplan nicht abgeführt hat. In sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, waren Lieferanten involviert, bei denen bereits vom Landgericht K die „Missing-Trader-Eigenschaft“ festgestellt worden ist. Zweifel an diesen Feststellungen haben sich im vorliegenden Verfahren für den Senat nicht ergeben; vielmehr haben sich diese Feststellungen im vorliegenden Verfahren bestätigt. Sie konnten anhand der eingereichten und bereits benannten Unterlagen verifiziert werden. Unbeachtlich ist insoweit, dass nicht in allen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt ist, da es hierauf nicht entscheidend ankommt. Wie bereits ausgeführt ist bei entsprechender Kenntnislage ein pflichtwidriges Verhalten eines Lieferanten der Lieferkette für die Aberkennung des Vorsteuerabzugs ausreichend.
36 
Hinsichtlich dieser Umsätze ist zur Überzeugung des Senats auch zumindest von einem Kennen müssen der Klägerin auszugehen. Dabei ist der Klägerin nicht nur das Wissen ihres Geschäftsführers, sondern auch das der Angestellten C.C. und F.F. zuzurechnen (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 153, 463 sowie BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFH/NV, 2003, 1521). Entgegen den Ausführungen der Klägerseite bedingt die Zurechnung keinen Systemverstoß im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer und stellt auch keinen Wertungswiderspruch zur Haftung nach § 69 Abgabenordnung (AO) dar. Insoweit gilt auch in der Umsatzsteuer der allgemeine Rechtsgedanke, dass jemand seine Stellung im Rechtsverkehr nicht dadurch verbessern darf, dass er Dritten die Erfüllung seiner Verpflichtungen überlässt und damit seinen Risikobereich ausweitet. Dies wäre aber der Fall, wenn durch die Beschäftigung eines bösgläubigen Arbeitnehmers Vorsteuern aus betrügerischen Umsatzsteuerkarussellen zum Abzug zugelassen würden. Demgegenüber liegt der Haftung eine ganz andere Situation zugrunde. Im Haftungsrecht geht es um das subsidiäre Einstehen müssen für eine fremde Schuld. Der als Vertreter Haftende wird zusätzlich zum Steuerpflichtigen herangezogen, weil er den Schaden durch Verletzung ihm persönlich obliegender Pflichten verursacht hat.
37 
Jedenfalls hinsichtlich der Angestellten C.C. und F.F. ergibt sich ein Kennen müssen bereits aus den folgenden objektiven Umständen, wobei hinsichtlich des Kennenmüssens vor dem Hintergrund der Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs und der Wahrung der Wettbewerbsneutralität nicht auf die konkreten Verhältnisse, sondern auf den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns abzustellen ist:
38 
- Sowohl Herr C.C. als auch Frau F.F. hatten Kenntnis von Mehrfach- bzw. Doppeldurchläufen. So ist von Frau F.F. auf verschiedenen Lieferscheinen bereits im Jahr 1999 vermerkt worden „schon mal gehabt“. Dass Frau F.F. Doppeldurchläufe als Problem bekannt waren, wird des Weiteren bestätigt durch die Zeugenaussage der Frau F.F. in der Vernehmung vom 07. März 2007 (vgl. Seite 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 07. März 2007). Insoweit ist der Klägervortrag, dass es sich um unverfängliche Retouren gehandelt haben könne, nicht nachvollziehbar, zumal im Zusammenhang mit Retouren der Vermerk keinen Sinn macht. Herr C.C. hatte in seiner Vernehmung vom 03. April 2001 (Seiten 9, 10) von Doppeldurchläufen und entsprechenden Kennzeichnungen berichtet und in seiner Vernehmung vom 21. November 2001 eingeräumt, von Kennzeichnungen der Pakete durch die Firma Ä. zum Zwecke der Vermeidung von Mehrfachdurchläufen Kenntnis gehabt zu haben (Seite 1 letzter Absatz und Seite 2 erster Absatz des Vernehmungsprotokolls). Insoweit hatte er auch ein „Problembewusstsein“. Deshalb reagierte er derart ungehalten auf entsprechende Lieferungen, was ebenfalls keinen Sinn machen würde, wenn Mehrfachdurchläufe mit gleichen Boxennummern ohne Aussagekraft und unverfänglich gewesen wären. Trotzdem wurde an der Firma -V- als Lieferanten festgehalten.
39 
- Diese Kenntnis und das damit verbundene Problembewusstsein werden bestätigt durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen II (S. 21 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08. März 2007), der ebenfalls von einer Kenntnis des Herrn C.C. als Brancheninsider ausgegangen ist. Auch aus der Aussage der Frau Ö. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 07. März 2007 geht hervor, dass es bei der Klägerin Doppeldurchläufe gegeben hatte und dass dies Herrn C.C. bekannt gewesen war (Niederschrift S. 9 und 10). Der Aussage des Zeugen KL in der mündlichen Verhandlung vom 02. Mai 2007 ist zu entnehmen, dass Herr C.C. von Doppeldurchläufen und entsprechend markierter Ware wusste und die gelieferte Ware auch dann angenommen hat, wenn diese „besonders auffällig markiert“ angeliefert wurde (Niederschrift S. 3 und 4).Die Zeugin BB hat bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 02. Mai 2007 ausgesagt, Herrn C.C. seien die gesamten Geschäftspraktiken, wie es bei der Klägerin gelaufen sei, bekannt gewesen (Niederschrift S. 11 - 13).Dieses Wissen um die Mehrfachdurchläufe im Zusammenhang mit dem (teilweisen) äußeren Zustand der Kartons (Kennzeichnungen, Beschädigungen) und den Branchenkenntnissen (Steuerfahndungsprüfungen) lässt zumindest auf ein (zurechenbares) Kennen müssen von Herrn C.C. bzw. Frau F.F. schließen. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass Kennzeichnungen der Kartons nicht erkannt worden seien, so ist dies bei einer Gesamtschau des Sachverhalts nicht glaubhaft. Insbesondere aus der Auflistung des Beklagtenschriftsatzes vom 19. September 2007, Anlage 4, drängt sich dies förmlich auf. So passierte die Box mit der Nummer ABCDEFG11 am 24. September, 11. Oktober und 14. Oktober die Klägerin. Beim ersten Durchlauf war das Label mit keiner Kennzeichnung versehen, beim zweiten mit einem deutlich erkennbaren Schrägstrich und beim dritten mit zwei Schrägstrichen. Ein ordentlicher Kaufmann hätte sich in dieser Situation davon überzeugt, dass in den Lieferbeziehungen keine steuerlichen Unregelmäßigkeiten vorkommen oder sie beendet und nicht darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe. Insoweit bedarf es auch keines Rückgriffs auf die Telefonüberwachungsprotokolle, deren unmittelbare sowie mittelbare Verwertung mangels Ermächtigungsgrundlage und der damit sonst verbundenen Verletzung eines verfassungsrechtlich geschützten Bereichs des Steuerpflichtigen (Art. 10 Grundgesetz, GG) einem qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbot unterliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464 und BFH-Urteil vom 04. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Zwar ist mittlerweile - nach dem Ergehen der zitierten BFH-Rechtsprechung - § 477 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten. Diese Bestimmung beschränkt die Übermittlung personenbezogener Informationen, die u.a. durch Maßnahmen gemäß § 100 a StPO ermittelt wurden, auf Zwecke u.a. zur Abwehr von erheblichen Gefahren. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Verwertung der Telefonprotokolle stellt § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, da es aufgrund der abgeschlossenen Strafverfahren und der bereits erfolgten geänderten Steuerfestsetzungen mit anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen an der Abwehr einer erheblichen Gefahr fehlt.
40 
Es wurden sehr schnell hohe Umsätze (bereits im Jahr 1999 DM 127.057.270,49 und im Jahr 2000 DM 131.592.676,90) und Gewinne (bereits für 1999 Jahresüberschuss DM 588.868,67 mit Ausschüttung in Höhe von DM 100.000,- und für 2000 DM 459.003,68 und Ausschüttung in Höhe von DM 200.000,-) bei praktisch keinem Risiko erzielt, was einen ordentlichen Kaufmann ebenfalls hätte misstrauisch werden lassen müssen, da dies der unternehmerischen Realität widerspricht. Dies umso mehr, als die Klägerin über kein besonderes Know how verfügte, sondern lediglich auf der gleichen Handelsstufe Lieferbeziehungen unterhielt und bei Betrachtung der getätigten Geschäfte eine Auslastung von 2 Vollzeitkräften ausgeschlossen erscheint, die zudem in Anbetracht der verrichteten Tätigkeiten und Vorbildungen auch noch eine attraktive Entlohnung erhielten. Genau dies widerspricht auch dem von der Klägerseite als Begründung für die Mehrfachdurchläufe ins Feld geführten börsenmäßigen Handel der CPU`s (vgl. insoweit auch Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881), da die Klägerin mit festen Gewinnaufschlagsätzen bei festen Lieferbeziehungen kalkulierte, die sie dann auch jeweils realisieren konnte, so dass ihr aus den einzelnen Geschäften keine Verluste entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem wesentlichen Element für den börsenmäßigen Handel, nämlich dem Verlustrisiko, das die Klägerin offensichtlich nicht trug.
41 
- Des Weiteren wäre einem ordentlichem Kaufmann aufgefallen, dass aufgrund der niedrigen Einkaufspreise nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung LÖ (vgl. insoweit die Ausführungen des Zeugen ÜV, S. 5 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02. Mai 2007) hatte die an die Klägerin gelieferte Ware regelmäßig einen Preis, der unter dem Preis der OEM-Lieferanten lag, die ja bereits über besondere Preisvorteile verfügten. Einem ordentlichen Kaufmann, der sich in dieser Branche betätigt, wäre dies aufgefallen und er hätte von diesen Geschäften Abstand genommen, was wiederum durch die Aussage des Zeugen -U- bestätigt wird (vgl. S. 4 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007).
42 
- Schließlich können die zahlreichen Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 1998 die Klägerin insoweit nicht entlasten. Zwar wurden bei diesen Prüfungen keine Unregelmäßigkeiten entdeckt; hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich nur um punktuelle Überprüfungen durch eine Behörde gehandelt hat, die zu diesem Zeitpunkt - im Gegensatz zur Klägerin - noch keine tieferen Branchenkenntnisse hatte, weshalb die Klägerin aus den beanstandungslosen Überprüfungen nicht auf die Seriosität ihrer Lieferbeziehungen schließen konnte. Im Gegenteil hätten diese gehäuften Prüfungen im Zusammenhang mit den bereits benannten Kriterien Anlass für die Klägerin sein müssen, sich kritisch mit ihren Lieferbeziehungen auseinanderzusetzen und diese genauer zu hinterfragen. Die Einholung von Bankauskünften und Handelsregistereintragungen ist bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht ausreichend (vgl. insoweit auch Ausführungen des Bundesrechnungshofs in seinem Bericht vom 03. September 2003, S. 25, veröffentlicht unter www.bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte). Im Ergebnis dürften diese Kriterien in Verbindung mit einer nicht ausreichenden Überwachung der Angestellten auch für ein Kennen müssen des Geschäftsführers der Klägerin ausreichend sein (vgl. insoweit auch die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung vom 21. März 2003), worauf es aber im Ergebnis aufgrund des der Klägerin zurechenbaren Verhaltens von Herrn C.C. und Frau F.F. nicht ankommt.
43 
Des Weiteren stellt die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin trotz abgeführter Umsatzsteuern aus den nachfolgenden Geschäften keinen Verstoß gegen das umsatzsteuerliche Neutralitätsprinzip dar. Durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer auf der Ebene der Missing trader ist es dort zu einer Störung gekommen, die durch die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin zu beseitigen ist.
44 
Schließlich stellt die Versagung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar. Das von der Sechsten Richtlinie anerkannte und geförderte Ziel, eine ordnungsgemäße Erhebung der Mehrwertsteuer zu sichern und Steuerhinterziehungen zu bekämpfen, stellt hohe Anforderungen an die Überprüfung von Geschäftsbeziehungen. Anhand der überdeutlichen Anzeichen für das Vorliegen inkriminierter Geschäfte, konnte die Klägerin sich nicht auf Formalprüfungen beschränken, sondern hätte die Geschäftsbeziehung zu ihren Vorlieferanten abbrechen müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, ist es zu einem erheblichen Umsatzsteuerausfall gekommen, wofür die Klägerin als mit verursachendes Glied in der Kette einzustehen hat. Dies ist auch im Verhältnis zu den seriösen Händlern geboten, die von solchen Geschäften gerade Abstand genommen haben (vgl. insbesondere Zeugenaussage -U-, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2007, Seite 4).
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO bzw. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
46 
Der Klägerin waren im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Kosten ganz aufzuerlegen. Denn der Beklagte ist, soweit er dem Klageantrag im Verlaufe des Verfahrens entsprochen hat, nur zu einem geringen Teil unterlegen.
47 
Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen V B 54/07 anhängige Verfahren (Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da der BFH soweit ersichtlich bislang nicht die Möglichkeit hatte, die vom EuGH aufgestellten Grundsätze weiter zu konkretisieren.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war X, der daneben die Firma X, Beschriftungen/Siebdruck betrieb. Gegenstand des Unternehmens war lt. Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten --Y und Z-- geführt. Während X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war, waren Y und Z für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Z hatte im Gegensatz zu Y, der dies nicht wollte, eine umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren (CPU).

2

Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Y und Z bei der Firma A beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer dieser Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Y bereits bei Computerfirmen im Vertrieb gearbeitet.

3

Im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndungsstelle erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 4. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie am 7. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 2001, welche zwischenzeitlich durch den Jahressteuerbescheid 2001 vom 11. Oktober 2006 ersetzt wurden. Hintergrund waren Feststellungen der Steuerfahndung, wonach die Klägerin in den Streitjahren erhebliche nichtabzugsfähige Vorsteuern geltend gemacht hatte. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge: 20.071.462,08 DM im Jahr 1999, 20.777.535,11 DM im Jahr 2000 und 2.095.858,12 DM bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001.

4

Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Dabei werden Waren aus einem anderen Mitgliedstaat an einen Erwerber im Inland steuerfrei geliefert. Der Erwerber (sog. "Missing Trader") veräußert die Ware mit einem geringen Aufschlag an einen Abnehmer (sog. "Buffer I"), der den in der Rechnung des "Missing Trader" ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abzieht. Der "Missing Trader" zahlt --wie von vornherein beabsichtigt-- keine Umsatzsteuer und ist nicht zu belangen, weil er nicht auffindbar ist. Der "Buffer I" veräußert die Ware an einen sog. "Buffer II" Die Waren werden schließlich nach dem Vorsteuerabzug durch den "Buffer II" von diesem an einen Exporteur (sog. Distributor) veräußert, der sie wieder steuerfrei in den Ausgangsmitgliedstaat liefert und die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abzieht.

5

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung nahm die Klägerin  innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. "Buffer II" ein. Sie bezog dabei ihre Waren nahezu ausschließlich von einem anderen "Buffer", der Firma B, und verkaufte die erworbenen Computerteile an weitere, an dem Karussell als sog. Distributoren beteiligte Firmen, insbesondere auch an die Firma C. Hierbei war es nach Ermittlungen der Steuerfahndung zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen. Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts L gegen Verantwortliche der Firma B war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen X eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 21. März 2003 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt; das Verfahren gegen Z wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.500 € nach § 153a StPO eingestellt. Das Verfahren gegen Y wurde nach dessen Tod gleichfalls eingestellt.

6

Gegen die geänderten Bescheide erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage. Während des Klageverfahrens wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem am 1. Oktober 2007 verkündeten Urteil als unbegründet ab und ließ die Revision zu. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 574 veröffentlicht.

8

Infolge der mündlichen Verhandlungen beim FG ergingen im Wege einer teilweisen Abhilfe des FA am 22. Oktober 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 1999, 2000 und 2001.

9

Zur Begründung der Revision beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass das FA die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum rechtsmissbräuchlich erschlichenen Vorsteuerabzug bei Beteiligung an Karussellgeschäften für die hier erstmals zu entscheidende Fallgestaltung überinterpretiert habe. Sie habe als sog. "Buffer II" keinen Kontakt zur "Missing Trader"-Ebene gehabt und sei ihren steuerlichen Verpflichtungen mit im Prüfungszeitraum angemeldeter und abgeführter Umsatzsteuer von ca. 43,5 Mio. DM und vollständiger Gewinnversteuerung sorgfältig nachgekommen. Die Firma B als Hauptlieferant habe die aus den Ausgangsrechnungen an sie resultierende Umsatzsteuer gleichfalls angemeldet und abgeführt, auch wenn die Vorsteuer aus den Rechnungen der "missing trader" zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung sei es nicht gekommen. In dieser Konstellation den Vorsteuerabzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Steuerpflichtigen zu versagen, sei insbesondere mit dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unvereinbar. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei insoweit neben der in Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verankerten Eigentumsgarantie auch das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und das Verbot unzulässiger Rückwirkung durch Rückverlagerung des neuen § 25d des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der ab 2002 geltenden Fassung (UStG) auf einen Altsachverhalt betroffen. Ferner stelle sich die Frage, ob mit der Streichung des Vorsteuerabzugs in dieser Dimension nicht eine erdrosselnde wirtschaftliche (Straf-)Sanktion trotz fehlender Strafbarkeit verhängt werde, welche zwar dem Wortlaut nach nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege" nach Art. 103 Abs. 2 GG verstoße, allerdings möglicherweise den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletze.

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Der EuGH habe bereits in seinem Urteil vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/93 --Optigen-- (Slg. 2006, I-483) geklärt, dass das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette, zu der diese Umsätze gehörten, ein anderer Umsatz vorausgehe oder nachfolge, welcher mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei, ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis habe oder haben könne. Das Urteil des EuGH vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 --Kittel und Recolta Recycling-- (Slg. 2006, I-6161) zeige, dass nichts anderes gelte, wenn solche Umsätze im Rahmen eines vom Verkäufer begangenen Betrugs ausgeführt würden. Dabei sei insbesondere das Neutralitätsprinzip zu beachten. Dies verbiete nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Deshalb müssten Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen getroffen hätten, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

11

Im Streitfall müsse sie, die Klägerin, mangels "Kennenmüssens" ihres Geschäftsführers, dessen strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, als gutgläubig gelten. Denn es sei der Rechtsgedanke des § 69 der Abgabenordnung heranzuziehen, wonach es wegen der damit verbundenen Haftung lediglich auf die Kenntnis oder das "Kennenmüssen" des Geschäftsführers ankommen könne.

12

Das FG habe bei seiner Beweiswürdigung auch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.

13

Mit Schriftsätzen vom 7. Januar 2010 und vom 12. Mai 2010 trägt die Klägerin ergänzend vor, dass das Vorhandensein von Doppel- und Mehrfachdurchläufen in diesem Verfahren --wie auch bei anderen Verfahren zu Umsatzsteuerkarussellgeschäften-- eine entscheidende Rolle gespielt habe. So hätten Fehlein-schätzungen des FA (nicht vorhandene Mehrfachdurchläufe, nicht kriminelle Vortaten in der Kette) schon während des finanzgerichtlichen Verfahrens zu einer Teilabhilfe der ursprünglich zurückgeforderten Vorsteuerbeträge von 10 % (insgesamt ca. 5 % des Gesamtvolumens) geführt. Sie habe zwischenzeitlich Erkenntnisse gewonnen, die den Beweiswert der diese Mehrfachdurchläufe dokumentierenden Kopien der Boxetiketten der an- und verkauften Warenpakete in Frage stellten. Diese Kopien seien aus Beweiszwecken für etwaige Kundenreklamationen zwar ursprünglich in ihrem Büro gefertigt und auch dort von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Die Steuerfahndung habe die Ermittlungsakten betreffend die nicht streitbefangenen Vorjahre 1997 und 1998 aber erst nach der mündlichen Verhandlung des FG vollständig zurückgegeben. Daraus ergebe sich nun folgendes Bild: Die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 sähen anders aus als diejenigen der Streitjahre, die als Beweismittel den Berichten der Steuerfahndung und dem FG-Urteil zugrunde gelegt worden seien. Während die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 ab Mitte 1997 weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxlabeln aufwiesen, seien die sonstigen Kopien aus den Streitjahren 1999 und 2000 mit schwarzen Zwischenräumen versehen. Dies sei auffällig. Denn ihr Geschäftsführer habe ab Mitte 1997 auf dem Kopiergerät mit Krepppapier eine "Maske" gefertigt, um Toner zu sparen. Ab diesem Zeitpunkt seien auf den Kopien daher nur noch weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxetiketten sichtbar gewesen, nicht jedoch schwarze Zwischenräume, wie dies bei den in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien der Fall sei. Es komme hinzu, dass die in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien abweichend von der bei ihr üblichen Praxis teilweise doppelseitig seien und mehr als 3 Boxetiketten auf einer Seite enthielten, was bei den ursprünglichen Kopien nicht der Fall gewesen sei. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass die ursprünglichen Kopien von den Ermittlungsbehörden nochmals vervielfältigt worden seien. Die genannten Umstände stellten den Beweiswert der für die Streitjahre vorhandenen Kopien in Frage. Da sie diese Erkenntnisse erst nach vollständiger Akteneinsicht nach dem Ende der mündlichen Verhandlung beim FG habe gewinnen können, sei insoweit eine neue Beweisaufnahme beim FG durchzuführen. Die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Erkenntnisse sei auch nach dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens beim FG ausnahmsweise "im Sinne des Rechtsgedankens des § 580 Nr. 2 und 7b" der Zivilprozessordnung (ZPO) möglich (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2008 XI B 211/07). Das FG-Urteil sei insoweit aus formellen Gründen aufzuheben.

14

Ferner rechtfertigten die Feststellungen des FG keine vollständige Versagung des Vorsteuerabzugsrechts. Denn das FG habe entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung nur einen Umfang an Doppel- und Mehrfachdurchläufen von ca. 8 % in 1999, von 15 % in 2000 und von 5,13 % in 2001 angenommen. Da die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt seien, dürfe die Klage allenfalls nur teilweise abgewiesen werden.

15

Schließlich sei ggf. eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geboten. Denn der EuGH habe --soweit ersichtlich-- über die Anwendung der Rechtsgrundsätze seiner bisherigen Urteile zum Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts (EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg 2006, I-6161) beim Umsatzsteuerkarussell auf den sog. "Buffer II" noch nicht entschieden. Eine Abrundung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH wäre gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer wünschenswert. Außerdem sei in diesem Zusammenhang der Begriff "means of knowledge" in der Rechtsprechung des EuGH insofern noch nicht abschließend geklärt, als Zweifel bestünden, ob die vom Dienst der Europäischen Union (EU) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei. Auch dies sei klärungsbedürftig (vgl. Weber, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 834 ff.).

16

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,

hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 22. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge jeweils in Höhe von 18.314.273 DM (9.363.939,09 €) in 1999, 20.032.663 DM (10.242.537,95 €) in 2000 und 1.833.552 DM (937.480,25 €) in 2001 zum Abzug zugelassen werden.

17

Höchst hilfsweise regt sie an, das Verfahren auszusetzen und im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH anzurufen und folgende Rechtsfrage vorzulegen:

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"Wie sind die Rechtsprechungsgrundsätze zur Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn der Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an betrugsbehafteten Umsätzen beteiligt, auszulegen oder zu konkretisieren?"

19

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

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1. Das FG hat über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide vom 4. Juli 2003 betreffend die Streitjahre 1999 und 2000 und vom 11. Oktober 2006 zum Streitjahr 2001 entschieden. An die Stelle dieser Bescheide traten nach Verkündung des FG-Urteils gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO die Änderungsbescheide vom 22. Oktober 2007. Damit liegen dem FG-Urteil nicht mehr existierende Bescheide zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, m.w.N.).

22

Einer Zurückverweisung an das FG lediglich aus formalen Gründen nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch die Änderungsbescheide der bisherige Streitstoff nicht verändert hat. Der erkennende Senat entscheidet deshalb in der Sache selbst (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 FGO).

23

2. Das FG hat zu Recht die (objektiven) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bejaht und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Vorsteuerabzug wegen "Bösgläubigkeit" versagt.

24

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

25

Der dieser nationalen Vorschrift zu Grunde liegende Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u.a. die (im Inland) geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG).

26

Im Streitfall verfügt die Klägerin nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG über den formalen Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferungen von CPUs. Die Lieferanten waren auch Unternehmer. Ferner sind die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs an die Klägerin tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.

27

Der Annahme von Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG an die Klägerin steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer ihrer Hauptlieferantin wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Lieferung bei einem mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz nicht erfüllt (vgl. Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-255/02 --Halifax--, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 59). Es ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Umsatz in einer Lieferkette für sich zu betrachten ist; Umsätze, die nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sind, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen und stellen Lieferungen dar (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483, Randnrn. 47, 49 und 51). Die Lieferanten der Klägerin haben nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ihre Lieferungen in ihren Steuererklärungen angemeldet und die Umsatzsteuer abgeführt, sodass diese Umsätze nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet und Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG sind.

28

b) Die Entscheidung des FG, der Vorsteuerabzug sei gleichwohl zu versagen, hält ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

29

aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen in Slg. 2006, I-483 und in Slg. 2006, I-6161 ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.

30

bb) Im Streitfall ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin hinsichtlich der Kenntnis oder des "Kennenmüssens" der objektiven Umstände, wonach sie an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war, nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern auch das ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt. Daher ist für die entsprechende Anwendung von § 166 BGB das Bestehen eines Vertretungsverhältnisses nicht maßgeblich (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFHE 203, 222, und vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463). Eine Wissenszurechnung kommt jedoch nach wertender Beurteilung nur für die Kenntnisse in Betracht, welche die Mitarbeiter infolge der vorgesehenen Arbeitsteilung und Organisation des Betriebs im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit erlangt haben (MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rz 20, 24, 25, und Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 31. Januar 2006  4 U 423/04, OLG-Report Saarbrücken 2006, 944, Rz 48, m.w.N.) oder hätten erlangen müssen.

31

Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war; für den laufenden Geschäftsbetrieb seien hingegen Y und Z zuständig gewesen. Z hatte darüber hinaus umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit CPUs. Y war zwar nicht vertretungsberechtigt, hat aber nach eigenem Vortrag des X den Betrieb tatsächlich geführt, d.h. X hat sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedient.

32

Diese Umstände rechtfertigen die Annahme des FG, der Klägerin sei auch ein "Wissenmüssen" des Y und der Z zuzurechnen.

33

cc) Die Würdigung des FG, Y und Z hätten zumindest wissen müssen, dass die Klägerin sich mit ihrem jeweiligen Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, unter II.3.a). Die Beweiswürdigung des FG kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorgekommen sind; die Würdigung des FG muss denkgesetzlich möglich, jedoch nicht die einzig in Betracht kommende sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. November 1995 IV R 75/94, BFHE 179, 307, BStBl II 1996, 194).

34

Im Streitfall hat das FG seine Überzeugung, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, nach Durchführung umfangreicher Beweisaufnahmen aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnen. Es hat im Wege einer Gesamtbetrachtung darauf abgestellt, dass Y und Z von Doppel- und Mehrfachdurchläufen der CPUs Kenntnis gehabt hätten, Y insoweit auch ein "Problembewusstsein" gehabt habe und dass bei den unter den "Original-Equipment-Manufacturer"-Preisen liegenden Einkaufspreisen schnell --und wegen der festen Gewinnaufschlagssätze und der festen Lieferbeziehungen-- praktisch ohne Risiko hohe Umsätze und Gewinne erzielt worden seien. Die Würdigung des FG, diese Umstände hätten einen ordentlichen Kaufmann misstrauisch machen müssen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung am oben dargestellten Maßstab stand:

35

(1) Einen Verfahrensfehler des FG hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Soweit sie die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO wegen des Unterlassens der Einvernahme der Umsatzsteuer-Sonderprüfer als Zeugen rügt, hat sie die Rüge nicht in zulässiger Weise erhoben, weil sie nicht hinreichend dargetan hat, weshalb sich dem FG die Einvernahme dieser Zeugen hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

36

(2) Die Annahme des FG, angesichts der festgestellten Tatsachen habe die Einholung von Bankauskünften und Handelsregisterauszügen zu Beginn der Geschäftsbeziehung nicht ausgereicht, um die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung auszuschließen, steht nicht im Widerspruch zu Erfahrungssätzen oder Denkgesetzen, sondern ist denkgesetzlich möglich und nachvollziehbar.

37

(3) Ein Verstoß der angefochtenen Entscheidung gegen einen Erfahrungssatz lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das FG München in seinem zu einem Umsatzsteuerkarussell ergangenen Urteil vom 8. Februar 2007  14 K 1898/04 (EFG 2007, 881) Mehrfachdurchläufen von 2 % keine ausreichende Indizwirkung für ein "Wissenmüssen" beigemessen hat. Denn anders als dort hat das FG im Streitfall nicht allein auf das Vorhandensein und die Kenntnis der Angestellten von Mehrfachdurchläufen, sondern zusätzlich darauf abgestellt, dass Y aufgrund seiner Branchenkenntnisse die Mehrfachdurchläufe als Problem erkannt und deshalb auf diese ungehalten reagiert, aber gleichwohl an der Lieferfirma festgehalten habe.

38

(4) Auch der Hinweis der Klägerin, dass mehrere Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei ihr zu keinen Beanstandungen geführt hätten, rechtfertigt es nicht, die Würdigung des FG, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, zu beanstanden. Denn diese Sonderprüfungen haben sich auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG und die korrekte Versteuerung der eigenen Umsätze der Klägerin und nicht auf eine eventuelle "Bösgläubigkeit" ihres Geschäftsführers und ihrer Angestellten bezogen.

39

(5) Auch das Vorbringen der Klägerin in ihren nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.

40

Aus § 118 Abs. 2 FGO wird der Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass neues tatsächliches Vorbringen zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Rechts im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u.a. zwar im Hinblick auf Tatsachen, deren Beachtung sonst im Wege der Restitutionsklage gegen das Urteil des FG durchgesetzt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93, m.w.N.). Dieser Ausnahmetatbestand liegt im Streitfall aber nicht vor.

41

- Nach § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 2 ZPO findet eine Restitutionsklage statt, wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war. Dafür ist nach § 581 Abs. 1 ZPO aber Voraussetzung, dass wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder dass die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Die Klägerin hat zwar ausgeführt, dass sie eine Fälschung der von ihr angefertigten Kopien für möglich hält, sie hat aber nicht dargelegt, dass deswegen eine Verurteilung erfolgt ist oder die weiteren Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

42

Darüber hinaus ist nach § 582 ZPO die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen. Im Streitfall hätte die Klägerin schon im Klageverfahren auf die unterschiedliche Art der Kopien und die daraus von ihr gezogene Schlussfolgerung einer Fälschung aufmerksam machen können. Denn nicht nur in den Aktenordnern für die Jahre 1997 und 1998, sondern auch in den vom FG zum Verfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 haben sich Kopien mit weißen Zwischenräumen befunden (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Januar 2010).

43

- Auch der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche Art der Kopien in den Aktenordnern der Jahre 1997 und 1998 gegenüber den Kopien in den Aktenordnern für die Streitjahre zu einer günstigeren Entscheidung für die Klägerin geführt hätte. Denn das FG hat seine Entscheidung über die Kenntnis der Angestellten der Klägerin von Mehrfachdurchläufen nicht aus einem bestimmten Prozentsatz von Mehrfachdurchläufen abgeleitet, der sich aus den Kopien der Boxetiketten ergab. Es hat seine Überzeugung vielmehr auf die Aussagen mehrerer Zeugen über die Mehrfachdurchläufe und die Reaktion des Y darauf sowie auf die eigenen Aussagen des Y und der Z gestützt (vgl. Seite 16 des Urteils).

44

Außerdem war die Klägerin auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, bereits im Klageverfahren auf die Unterschiede bei den Kopien hinzuweisen, da sich --wie oben ausgeführt-- Kopien mit weißen Zwischenräumen auch in den im Klageverfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 befunden haben.

45

3. Das Begehren der Klägerin, zumindest teilweise weitere Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen, ist nicht gerechtfertigt. Soweit die Klägerin zur Begründung auf die Prozentsätze der Doppel- und Mehrfachdurchläufe verweist, ist dies für die Höhe der abziehbaren Vorsteuern nicht entscheidungserheblich. Denn der Vorsteuerabzug ist nicht nur bei Doppel- und Mehrfachdurchläufen zu versagen, sondern bei allen Geschäften, bei denen der Steuerpflichtige wusste, wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist (vgl. oben unter II.2.b aa). Dazu hat das FG festgestellt, dass bei sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, Lieferanten involviert waren, bei denen die "Missing-Trader-Eigenschaft" feststeht (Seite 15 des Urteils). An diese Feststellung ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

46

4. Soweit die Klägerin ausführt, wegen ihrer relativ entfernten Stellung zum sog. "Missing Trader" als sog. "Buffer II" sei die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts im Streitfall unverhältnismäßig und verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, kann ihr Vortrag schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Rechtsfolge als Ausnahme von dem Neutralitätsprinzip im Einklang mit der zitierten einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Beteiligung des Unternehmens an einem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell steht (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg. 2006, I-6161).

47

5. Es besteht auch keine Veranlassung, den EuGH erneut nach Art. 267 AEUV im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin hat der EuGH bereits ausdrücklich geklärt, dass ein Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts auch gegeben sein kann, wenn "ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist" und "dieser Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann" (EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483). Diese Formulierung umfasst auch Eingangsbezüge des sog. "Buffer II", der nicht in einer unmittelbaren Lieferbeziehung zum sog. "Missing Trader" steht.

48

Zweifel an der Auslegung des für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Gemeinschaftsrechts ergeben sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09 (Deutsches Steuerrecht 2009, 1688) zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei kollusivem Zusammenwirken der Beteiligten zur Hinterziehung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat des Erwerbers. Die Rechtsfragen in dem vom BGH vorgelegten Fall sind mit denen des Streitfalls nicht vergleichbar. Denn dort ist nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung streitig, wenn feststeht, dass die Lieferung tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, so dass der steuerliche Schaden --anders als im Streitfall-- allein im Ausland eingetreten ist.

49

Soweit die Klägerin ausführt, es sei zweifelhaft, ob die vom Übersetzungsdienst der EU vorgenommene Übersetzung von "means of knowledge" in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei (vgl. hierzu Weber, UR 2009, 834 ff.), ist nicht dargetan oder ersichtlich, inwiefern diese begriffliche Unterscheidung im Streitfall erheblich sein könnte.

Tatbestand

 
I. Streitig ist, ob die Antragstellerin steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen
erbracht hat.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand in den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre mit „Vermietung von Video-Filmen, Im- und Export von Fahrzeugen“ angegeben wird. Geschäftsführer der GmbH sowie der von dieser beherrschten B GmbH ist der portugiesische Staatsangehörige F S-A.
In den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2002 und 2003 erklärte die Antragstellerin in der Anlage UR umfangreiche steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen (12.661.246 EUR 2002 und in der berichtigten Erklärung 2003 12.965.649 EUR).
Aufgrund eines Rechtshilfeersuchens portugiesischer Behörden wurde 2005 ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin eingeleitet. Die Steuerfahndung (vgl. den strafrechtlichen und steuerlichen Teilbericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts X vom 17. Juni 2008 und dort insbesondere S. 16f.) kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in erheblichem Umfang erklärt habe, bei denen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a Nr. 1 UStG für die Steuerfreiheit nicht vorgelegen hätten. Es seien Rechnungen für die Lieferung gebrauchter Kraftfahrzeuge nach Portugal erstellt worden, die dem ersten Anschein nach die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt hätten, aber lediglich dazu dienten, als angebliche Doppel der Originalrechnung eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu dokumentieren und die tatsächlichen Abnehmer in Portugal, an die die Antragstellerin die Fahrzeuge geliefert habe, zu verschleiern. Als „Originale“ seien hiervon abweichende Rechnungen oder private Kaufverträge erstellt worden, die den tatsächlichen Erwerber oder von diesem benannte Privatpersonen, eine andere Kilometerleistung oder einen anderen steuerlichen Hinweis (§ 25a UStG statt § 6a UStG) enthalten hätten. Alle diese „Original“ Rechnungen oder -kaufverträge hätten dazu gedient, den portugiesischen Behörden den Kauf eines nach § 25a UStG (Differenzbesteuerung) zu besteuernden Fahrzeugs oder einen nicht steuerbaren privaten Kauf vorzutäuschen, um die Erwerbsbesteuerung in Portugal zu verhindern. Die Antragstellerin habe dadurch den Abnehmern - überwiegend Firmen in Portugal - die Möglichkeit verschafft, die Fahrzeuge wegen der nicht oder nur zu einem geringen Teil entrichteten Umsatzsteuer zu einem geringeren Preis an ihre Endkunden zu veräußern. Die Antragstellerin habe durch dieses Vorgehen ihren eigenen Fahrzeugabsatz innerhalb weniger Jahre immens erhöhen können. In 2002 seien so 1.376.774,72 EUR und in 2003 1.801.001,60 EUR hinterzogen worden.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheiden vom 16. Juli 2008 erhöhte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzungen 2002 und 2003 entsprechend dem vorgenannten Bericht der Steuerfahndung.
Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 21. Juli 2007 hiergegen Einspruch und beantragte zugleich beim Beklagten die Aussetzung der Vollziehung der vorgenannten Umsatzsatzsteuerbescheide. Diese wurde mit Schreiben des Finanzamts vom 15. August 2008 abgelehnt. Man schließe sich dem im Rahmen der Prüfung der Untersuchungshaft des Geschäftsführers ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts X vom 30. Juli 2008 (Az. xxx und xxx) an, wonach eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ohne Erfüllung der sich aus § 6a Abs. 3 UStG ergebenden Nachweispflichten auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung jedenfalls dann nicht in Betracht komme, wenn der handelnde Unternehmer durch Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise planmäßig die Erwerbsbesteuerung im Mitgliedsstaat der Beendigung der innergemeinschaftlichen Lieferung vereiteln wollte. Hier sei von einer solchen Fallgestaltung auszugehen.
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 vom 16. Juli 2008 ab Fälligkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache in Höhe von 1.386.774,72 EUR für 2002 und 1.801.001,60 EUR für 2003 auszusetzen und hilfsweise, die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung stehe fest, dass sämtliche Fahrzeuge physisch nach Portugal exportiert worden seien. Die tatsächlichen Erwerber seien überwiegend Autohändler gewesen. Für die nicht kommerziellen Abnehmer folge die Steuerfreiheit aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG, wovon auch die Steuerverwaltung ausgehe. Hinsichtlich der kommerziellen Lieferungen bestehe Einigkeit, dass die formellen Vorschriften der §§ 17a und 17c UStDV nicht erfüllt seien, während den materiellen Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1b und 6a Abs. 1 und Abs. 3 UStG umfassend Genüge getan sei. Nach der neueren Rechtsprechung (etwa das BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03) seien die Nachweispflichten des Unternehmers keine materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung mehr. Zwar sei bei Nichterfüllung der Nachweispflichten danach grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt seien. Etwas anderes gelte aber nach der vorgenannten Rechtsprechung dann, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorlägen. Ausweislich der Feststellungen der Steuerfahndung seien die materiellen Anforderungen innergemeinschaftlicher Lieferungen erfüllt. Zu einer Gefährdung des deutschen Steueraufkommens - und nur hierauf komme es an - könne es nicht kommen, weil das Gebot der Neutralität der Umsatzsteuer erfordere, dass die streitigen Umsätze allein im Bestimmungsland Portugal und nicht zusätzlich in Deutschland besteuert würden. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, weil die Antragstellerin aufgrund des Vorgehens der Steuerbehörden zwischenzeitlich insolvent sei und damit keine Gefährdung des Steueranspruchs mehr bestehe. Auch der Schutz des EU-Landes Portugals könne nicht dazu führen, dass dem Ursprungsland ein Steueranspruch allein deshalb zuwachse, weil Portugal die Steuer bislang nicht erhoben habe. Zu beachten sei außerdem, dass die Verjährungsfrist  bei Verbrauchssteuern nur ein Jahr betrage. Die Umsatzsteuer sei entgegen der im Urteil des BFH vom 16. Oktober 1986 (V B 64/86) vertretenen Auffassung wegen des im Jahre 1968 erfolgten Systemwechsels eine Verbrauchssteuer.
10 
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
11 
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass sie Fahrzeuge nach Portugal geliefert, aber in ihrer Buchhaltung nicht die richtigen Abnehmer festgehalten habe, entspreche dies den Feststellungen der Steuerfahndung. Die Antragstellerin habe ihre wirklichen Lieferungen nach Portugal weder durch ordnungsgemäße Belege noch in ihren Büchern dokumentiert. Die Lieferungen seien deshalb umsatzsteuerpflichtig. Auch nach der neueren Rechtsprechung (BFH-Urt. v. 8. November 2007, V R 72/05 und v. 6. Dezember 2007, V R 59/03) könne nur ausnahmsweise trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten Steuerfreiheit gewährt werden, wenn aufgrund objektiver Umstände keine Zweifel bestünden, dass die Voraussetzungen des § 6 a Abs. 1 USG vorlägen. In diesen Urteilen sei streitig gewesen, ob für einen einzelnen Umsatz die Nachweise formell ordnungsgemäß seien. Dies sei auch für die betroffenen Unternehmer ein Ausnahmesachverhalt gewesen. Diese Ausnahmeregelung entbinde den Unternehmer nicht allgemein von einem ordnungsgemäßen Beleg- und Buchnachweis. Hier seien nachhaltig und absichtlich keine ordnungsgemäßen Nachweise geführt worden. Die Antragstellerin habe die Behörden sogar mit falschen Belegen getäuscht. Der von der Steuerfahndung ermittelte Sachverhalt ersetze nicht die von der Antragstellerin vorsätzlich nicht geführten Beleg- und Buchnachweise. Der hier zu beurteilende Fall sei deshalb anders als der vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Urteil vom 27. September 2007 dem Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2007 entschiedene Fall von Anfang an auf eine missbräuchliche Ausnutzung des umsatzsteuerlichen Gemeinschaftsrechts und die Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils angelegt gewesen. Hier liege ein wesentlicher Unterschied. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 14 Abs. 3 a.F. bzw. 14 c UStG könnten vorsätzlich unrichtig ausgestellte Belege durchaus zu einer Steuerbelastung führen. Die Umsatzsteuer sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Verbrauchssteuer. Im Übrigen sei die Unterscheidung zwischen Verbrauchssteuer und anderer Steuer hier ohne Bedeutung, weil hier eine Steuerhinterziehung vorliege, so dass die Festsetzungsfrist zehn Jahre betrage. Der Geschäftsführer der Antragstellerin sei mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Umsatzsteuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Soweit die Antragstellerin vortrage, dass die Lieferung von gebrauchten Fahrzeugen an nicht kommerzielle Abnehmer nicht steuerbar sei, treffe dies zu, wenn sich der Ort der Lieferung nach § 3 c UStG nach Portugal verlagere. Die Antragstellerin möge mitteilen, für welche konkreten Lieferungen sie diese Regelung anwenden wolle.
12 
Durch Beschluss des Amtsgerichts X vom 1. August 2008 (xxx) ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter über dass Vermögen der Antragstellerin bestellt worden, deren Vermögensverfügungen danach der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedurften, der nicht allgemeiner Vertreter der Antragstellerin war („schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter). Am 18. Dezember 2008 hat das Amtsgericht X den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin mangels Masse abgelehnt und die angeordneten Sicherungsmaßnahmen aufgehoben.
13 
Das Landgericht Y hat den Antragsteller mit Urteil vom 17. September 2008 (Geschäftsnummer: xxx) wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat in den Gründen (vgl. S. 22 d. Urteils) unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995 (NJW 1995, 2241f.) die Auffassung vertreten, dass ein Ausnahmefall, in dem eine Steuerbefreiung trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten in Frage komme, nicht vorliege, wenn durch Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise planmäßig eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung im Mitgliedsstaat des Abnehmers herbeigeführt werden solle und damit das dortige Steueraufkommen gravierend gefährdet werde. Hierin liege ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, welcher die Versagung der Steuerbefreiung auch nach der neueren Rechtsprechung des EuGH rechtfertige.

Entscheidungsgründe

 
14 
II. Die Insolvenz der Antragstellerin steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts X vom 18. Dezember 2008 mangels Masse abgelehnt worden ist.
15 
Der Antrag ist begründet.
16 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der FGO kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch
17 
überwiegende öffentliche Interessen gebotene unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte; dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (st. Rspr., vgl. BFH-Beschl. v. 11. Oktober 2002, VIII B 172/01, BFH/NV 2003, 306; v. 14. Februar 2006, VIII B 107/04, BStBl II 2006, 523).
18 
In Anwendung dieses Maßstabs hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, weil offen ist, ob die streitigen Lieferungen der Antragstellerin an ihre tatsächlichen Abnehmer in Portugal als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind.
19 
Eine - gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
20 
 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
 2. der Abnehmer ist
 a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
 b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
 c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
 und
 3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
21 
Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der in den Streitjahren geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Eine innergemeinschaftliche Lieferung erfordert neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109, Rn. 24, 70; v. 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh , UR 2007, 782, BFH/NV Beil. 2008, 39 Rn. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a ., a. a. O., Rn. 69 ff.).
22 
Danach spricht hier Einiges dafür, dass die streitigen Umsätze größtenteils innergemeinschaftliche Lieferungen sind. Die Fahrzeuge sind nach Aktenlage tatsächlich als Lieferungen der Antragstellerin nach Portugal gelangt, wobei Abnehmer überwiegend portugiesische Unternehmen waren. Dies wird vom Antragsgegner eingeräumt und entspricht den bisherigen Feststellungen der Steuerfahndung, soweit diese dem Senat derzeit zugänglich sind (vgl. die Antragserwiderung vom 1.Oktober 2008 Bl. 24f. GA und den Teilbericht der Steuerfahndung vom 17. Juni 2008 S. 24f.; die vollständigen Ermittlungsakten sind auf die Aktenanforderung des Senats nicht vorgelegt worden). Dass diese Lieferungen durch die Steuerfahndung festgestellt und nicht durch die Antragstellerin nachgewiesen wurden, ist unerheblich, weil die Frage, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 27. 9. 2007, C-184/05, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109) grundsätzlich anhand objektiver Kriterien zu erfolgen hat  (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008, 6 K 1463/08 -  JURIS - und FG Köln, Urt. v. 20. Februar 2008, 7 K 5969/03, EFG 2008, 889). Dass der Senat nach Aktenlage derzeit nicht anhand von Listen oder anderen Beweismitteln einzelne Wagenlieferungen bestimmten Abnehmern konkret zuordnen kann, führt im Hinblick auf die o.g. Feststellungen der Steuerfahndung zu keiner anderen Beurteilung. Die konkrete Lieferung jedes einzelnen Wagens ist aber im Hauptsacheverfahren abzuklären, was im Hinblick auf die die Antragstellerin treffende Feststellungslast für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung dazu führen kann, dass die Klage zumindest teilweise abzuweisen ist. Ebenfalls im Hauptsacheverfahren ist der Frage nachzugehen, ob einzelne nach Portugal gelieferte Wagen an Nichtunternehmer geliefert wurden und ob es dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG an einer im Inland steuerbaren Lieferung fehlt.
23 
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03, BFHE 219, 469 = DStR 2008, 297) fehlt es auch nicht deshalb an den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, weil die Antragstellerin die nach § 6a Abs. 3 UStG bei einer innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Nachweise hier nicht erbracht hat. Denn diese Nachweispflichten sind keine materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Zwar ist in einem solchen Fall danach weiterhin grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs in der o.g. Entscheidung, der sich der Senat anschließt, aber zu gewähren. Soweit hier nach den Feststellungen der Steuerfahndung von der Antragstellerin gebrauchte Kraftfahrzeuge an portugiesische Unternehmer geliefert worden sind, dürften die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG hier vorliegen.
24 
Offen ist, ob die Qualifizierung der streitigen Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen und die damit verbundenen Steuerbefreiung entsprechend der Auffassung des Antragsgegners und der Rechtsprechung der Strafgerichte (vgl. das BGH-Beschl. v. 20. November 2008, 1 StR 354/08 - JURIS - sowie das gegenüber dem Geschäftsführer der Antragstellerin ergangene Urteil des LG Y v. 17. September 2008) deshalb ausgeschlossen ist, weil die Antragstellerin sich nach Aktenlage dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft hat, dass sie durch Ausstellung unzutreffender Rechnungen ihre wahren Abnehmer verschleiert und den tatsächlichen portugiesischen Abnehmern ermöglicht hat, portugiesische Umsatzsteuern zu hinterziehen. Zwar darf die Nichterfüllung der vom Mitgliedstaat aufgestellten formellen Nachweisanforderungen nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. d. Urt. v. 27. September 2007, a.a.O. Rn. 37 sowie Englisch, UR 2008, 481 <484>) nicht zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen. Der EuGH hat aber in dem vorgenannten Urteil zugleich erkennen lassen, dass sich diese Einschränkung wegen des Grundsatzes der steuerlichen Territorialität allein auf den Mitgliedstaat bezieht, in dem der Endverbrauch erfolgt, so dass die Nichterhebung von Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung durch den Herkunftsstaat der Lieferung nicht als Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden kann (so auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008 a.a.O. Rz. 34). Die vom Landgericht im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin zur Begründung seiner Auffassung angeführte Entscheidung des BGH (NJW 1995, 2241f.) beruht auf einer von der Rechtsprechung des EuGH abweichenden Auffassung, der der Senat nicht folgt.
25 
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urt. v. 27. September 2007, C-146/05, DStR 2007, 1811 - Collee - Rz. 38) die Prüfung, ob das Vorgehen des Steuerpflichtigen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist danach nicht erlaubt (vgl. EuGH-Urt. v. 6. Juli 2006, C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274, Kittel und Ricolta Recycling, Rn. 54). Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006, C-155-02, Halifax, Rn. 68f.).
26 
Hier mag das Verhalten der Antragstellerin insofern Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung haben, als nach Aktenlage vorsätzlich falsche Belege ausgestellt wurden, um die Hinterziehung von Umsatzsteuern durch die portugiesischen Abnehmer zu ermöglichen. Der Senat hält es aber für zweifelhaft, ob dies der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen gehalten werden kann. Denn insoweit   beruft sich die Antragstellerin wohl schon deshalb nicht missbräuchlich auf das Gemeinschaftsrecht, weil die materiellen Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung - soweit bei summarischer Prüfung ersichtlich - objektiv vorlagen. Anderes ergibt sich entgegen der vom Bundesgerichtshof bei einer ähnlichen Fallgestaltung vertretenen Ansicht (BGH-Beschl. v. 20. November 2008, a.a.O. Rn. 12f.) auch nicht ohne weiteres aus dem grundsätzlichen Verbot missbräuchlicher Praktiken auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Feststellung einer solchen Praxis erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe. Zum anderen muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Denn das Missbrauchsverbot ist nicht relevant, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben als nur die Erlangung von Steuervorteilen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006 - Halifax - a.a.O. Rn. 74 f.). Hier ist zweifelhaft, ob diese beiden Voraussetzungen missbräuchlicher Praktiken vorliegen. Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen entspricht dem System der Mehrwertsteuer, wonach lediglich der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland der Besteuerung unterworfen wird. Zudem erklären sich die von der Antragstellerin getätigten Umsätze keineswegs allein durch die Erlangung von Steuervorteilen. Vielmehr ging es der Antragstellerin offensichtlich gerade nicht um die Erlangung umsatzsteuerlicher Vorteile für sich, sondern darum, mehr Autos nach Portugal zu verkaufen, in dem sie ihren Abnehmern ermöglichte, dort Umsatzsteuern zu hinterziehen. Ob dies aber ausreicht, um wegen Missbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu versagen, bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren.
27 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann deshalb auch nicht der  „Rechtsgedanke des § 14 Abs. 3 UStG a.F. bzw. § 14c UStG“ zu einer Steuerbelastung wegen vorsätzlich unrichtig ausgestellter Belege führen. Gerade die Existenz dieser Vorschriften spricht dafür, dass eine solche Regelung einer gesetzlichen Grundlage bedürfte, an der es hier fehlt.
28 
Dem Antrag ist deshalb unabhängig von der Frage der Festsetzungsverjährung mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben.
29 
Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, dass die Antragstellerin die Umsatzsteuernachforderung in nennenswertem Umfang beglichen hat oder bereits Vollstreckungsmaßnahmen in deren Vermögen erfolgt sind und der Antragsgegner sich zur Frage einer Sicherheit nicht geäußert hat, sieht der Senat auch keinen Anlass, eine Sicherheitsleistung anzuordnen.
30 
Die Beschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick darauf vorliegen, dass in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bisher nicht geklärt ist, ob die vorsätzliche Ausstellung unzutreffender Rechnungen durch den Lieferanten der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen entgegensteht.

Gründe

 
14 
II. Die Insolvenz der Antragstellerin steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts X vom 18. Dezember 2008 mangels Masse abgelehnt worden ist.
15 
Der Antrag ist begründet.
16 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der FGO kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch
17 
überwiegende öffentliche Interessen gebotene unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte; dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (st. Rspr., vgl. BFH-Beschl. v. 11. Oktober 2002, VIII B 172/01, BFH/NV 2003, 306; v. 14. Februar 2006, VIII B 107/04, BStBl II 2006, 523).
18 
In Anwendung dieses Maßstabs hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, weil offen ist, ob die streitigen Lieferungen der Antragstellerin an ihre tatsächlichen Abnehmer in Portugal als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind.
19 
Eine - gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
20 
 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
 2. der Abnehmer ist
 a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
 b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
 c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
 und
 3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
21 
Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der in den Streitjahren geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Eine innergemeinschaftliche Lieferung erfordert neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109, Rn. 24, 70; v. 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh , UR 2007, 782, BFH/NV Beil. 2008, 39 Rn. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a ., a. a. O., Rn. 69 ff.).
22 
Danach spricht hier Einiges dafür, dass die streitigen Umsätze größtenteils innergemeinschaftliche Lieferungen sind. Die Fahrzeuge sind nach Aktenlage tatsächlich als Lieferungen der Antragstellerin nach Portugal gelangt, wobei Abnehmer überwiegend portugiesische Unternehmen waren. Dies wird vom Antragsgegner eingeräumt und entspricht den bisherigen Feststellungen der Steuerfahndung, soweit diese dem Senat derzeit zugänglich sind (vgl. die Antragserwiderung vom 1.Oktober 2008 Bl. 24f. GA und den Teilbericht der Steuerfahndung vom 17. Juni 2008 S. 24f.; die vollständigen Ermittlungsakten sind auf die Aktenanforderung des Senats nicht vorgelegt worden). Dass diese Lieferungen durch die Steuerfahndung festgestellt und nicht durch die Antragstellerin nachgewiesen wurden, ist unerheblich, weil die Frage, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 27. 9. 2007, C-184/05, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109) grundsätzlich anhand objektiver Kriterien zu erfolgen hat  (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008, 6 K 1463/08 -  JURIS - und FG Köln, Urt. v. 20. Februar 2008, 7 K 5969/03, EFG 2008, 889). Dass der Senat nach Aktenlage derzeit nicht anhand von Listen oder anderen Beweismitteln einzelne Wagenlieferungen bestimmten Abnehmern konkret zuordnen kann, führt im Hinblick auf die o.g. Feststellungen der Steuerfahndung zu keiner anderen Beurteilung. Die konkrete Lieferung jedes einzelnen Wagens ist aber im Hauptsacheverfahren abzuklären, was im Hinblick auf die die Antragstellerin treffende Feststellungslast für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung dazu führen kann, dass die Klage zumindest teilweise abzuweisen ist. Ebenfalls im Hauptsacheverfahren ist der Frage nachzugehen, ob einzelne nach Portugal gelieferte Wagen an Nichtunternehmer geliefert wurden und ob es dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG an einer im Inland steuerbaren Lieferung fehlt.
23 
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03, BFHE 219, 469 = DStR 2008, 297) fehlt es auch nicht deshalb an den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, weil die Antragstellerin die nach § 6a Abs. 3 UStG bei einer innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Nachweise hier nicht erbracht hat. Denn diese Nachweispflichten sind keine materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Zwar ist in einem solchen Fall danach weiterhin grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs in der o.g. Entscheidung, der sich der Senat anschließt, aber zu gewähren. Soweit hier nach den Feststellungen der Steuerfahndung von der Antragstellerin gebrauchte Kraftfahrzeuge an portugiesische Unternehmer geliefert worden sind, dürften die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG hier vorliegen.
24 
Offen ist, ob die Qualifizierung der streitigen Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen und die damit verbundenen Steuerbefreiung entsprechend der Auffassung des Antragsgegners und der Rechtsprechung der Strafgerichte (vgl. das BGH-Beschl. v. 20. November 2008, 1 StR 354/08 - JURIS - sowie das gegenüber dem Geschäftsführer der Antragstellerin ergangene Urteil des LG Y v. 17. September 2008) deshalb ausgeschlossen ist, weil die Antragstellerin sich nach Aktenlage dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft hat, dass sie durch Ausstellung unzutreffender Rechnungen ihre wahren Abnehmer verschleiert und den tatsächlichen portugiesischen Abnehmern ermöglicht hat, portugiesische Umsatzsteuern zu hinterziehen. Zwar darf die Nichterfüllung der vom Mitgliedstaat aufgestellten formellen Nachweisanforderungen nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. d. Urt. v. 27. September 2007, a.a.O. Rn. 37 sowie Englisch, UR 2008, 481 <484>) nicht zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen. Der EuGH hat aber in dem vorgenannten Urteil zugleich erkennen lassen, dass sich diese Einschränkung wegen des Grundsatzes der steuerlichen Territorialität allein auf den Mitgliedstaat bezieht, in dem der Endverbrauch erfolgt, so dass die Nichterhebung von Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung durch den Herkunftsstaat der Lieferung nicht als Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden kann (so auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008 a.a.O. Rz. 34). Die vom Landgericht im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin zur Begründung seiner Auffassung angeführte Entscheidung des BGH (NJW 1995, 2241f.) beruht auf einer von der Rechtsprechung des EuGH abweichenden Auffassung, der der Senat nicht folgt.
25 
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urt. v. 27. September 2007, C-146/05, DStR 2007, 1811 - Collee - Rz. 38) die Prüfung, ob das Vorgehen des Steuerpflichtigen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist danach nicht erlaubt (vgl. EuGH-Urt. v. 6. Juli 2006, C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274, Kittel und Ricolta Recycling, Rn. 54). Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006, C-155-02, Halifax, Rn. 68f.).
26 
Hier mag das Verhalten der Antragstellerin insofern Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung haben, als nach Aktenlage vorsätzlich falsche Belege ausgestellt wurden, um die Hinterziehung von Umsatzsteuern durch die portugiesischen Abnehmer zu ermöglichen. Der Senat hält es aber für zweifelhaft, ob dies der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen gehalten werden kann. Denn insoweit   beruft sich die Antragstellerin wohl schon deshalb nicht missbräuchlich auf das Gemeinschaftsrecht, weil die materiellen Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung - soweit bei summarischer Prüfung ersichtlich - objektiv vorlagen. Anderes ergibt sich entgegen der vom Bundesgerichtshof bei einer ähnlichen Fallgestaltung vertretenen Ansicht (BGH-Beschl. v. 20. November 2008, a.a.O. Rn. 12f.) auch nicht ohne weiteres aus dem grundsätzlichen Verbot missbräuchlicher Praktiken auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Feststellung einer solchen Praxis erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe. Zum anderen muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Denn das Missbrauchsverbot ist nicht relevant, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben als nur die Erlangung von Steuervorteilen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006 - Halifax - a.a.O. Rn. 74 f.). Hier ist zweifelhaft, ob diese beiden Voraussetzungen missbräuchlicher Praktiken vorliegen. Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen entspricht dem System der Mehrwertsteuer, wonach lediglich der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland der Besteuerung unterworfen wird. Zudem erklären sich die von der Antragstellerin getätigten Umsätze keineswegs allein durch die Erlangung von Steuervorteilen. Vielmehr ging es der Antragstellerin offensichtlich gerade nicht um die Erlangung umsatzsteuerlicher Vorteile für sich, sondern darum, mehr Autos nach Portugal zu verkaufen, in dem sie ihren Abnehmern ermöglichte, dort Umsatzsteuern zu hinterziehen. Ob dies aber ausreicht, um wegen Missbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu versagen, bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren.
27 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann deshalb auch nicht der  „Rechtsgedanke des § 14 Abs. 3 UStG a.F. bzw. § 14c UStG“ zu einer Steuerbelastung wegen vorsätzlich unrichtig ausgestellter Belege führen. Gerade die Existenz dieser Vorschriften spricht dafür, dass eine solche Regelung einer gesetzlichen Grundlage bedürfte, an der es hier fehlt.
28 
Dem Antrag ist deshalb unabhängig von der Frage der Festsetzungsverjährung mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben.
29 
Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, dass die Antragstellerin die Umsatzsteuernachforderung in nennenswertem Umfang beglichen hat oder bereits Vollstreckungsmaßnahmen in deren Vermögen erfolgt sind und der Antragsgegner sich zur Frage einer Sicherheit nicht geäußert hat, sieht der Senat auch keinen Anlass, eine Sicherheitsleistung anzuordnen.
30 
Die Beschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick darauf vorliegen, dass in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bisher nicht geklärt ist, ob die vorsätzliche Ausstellung unzutreffender Rechnungen durch den Lieferanten der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen entgegensteht.

(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:

1.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
4.
Buchungsbelege,
4a.
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
5.
sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(2) Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 4a, sofern es sich bei letztgenannten Unterlagen um amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise handelt, können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.

(4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

(5) Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,

1.
hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen,
2.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder
3.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte
1.
der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder
2.
diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
3.
ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
Die Kosten trägt der Steuerpflichtige. In Fällen des Satzes 3 hat der mit der Außenprüfung betraute Amtsträger den in § 3 und § 4 Nummer 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten Personen sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen. Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.

(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 41/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
weitere Verfahrensbeteiligte:
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung betreffend Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/ EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden : Sechste Richtlinie) vorgelegt: Ist Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
a) wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt , der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
b) Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?

Gründe:

I.


1
1. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu entscheiden. Der Angeklagte, ein portugiesischer Staatsangehöriger, befand sich in dem gegen ihn geführten Strafverfahren seit 30. Januar 2008 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 17. September 2008 hat das Landgericht den Haftbefehl wegen fortbestehender Fluchtgefahr aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Trotz der Außervollzugsetzung gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ebenso wie Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes) auch in dieser prozessualen Situation eine beschleunigte Behandlung der Sache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668). Im Einzelnen wurde dem Angeklagten auferlegt, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro zu erbringen und seine Ausweispapiere zur Akte zu reichen. Daneben hat das Landgericht ihn angewiesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht ohne vorherige Genehmigung des Landgerichts zu verlassen und jeden Wechsel seines Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts dem Landgericht anzuzeigen. Zuletzt wurde ihm die Auflage erteilt, sich zweimal wöchentlich bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier persönlich zu melden. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt, den der Senat seiner Vorlage zugrunde legt:
2
Der Angeklagte war Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in W. (Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland). Das Unternehmen handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Seit 2001 verkaufte es weit über 500 Fahrzeuge pro Jahr. Käufer der Fahrzeuge waren zum größten Teil gewerblich tätige Fahrzeughändler, die in Portugal geschäftsansässig waren.
3
Ab dem Jahr 2002 nahm der Angeklagte die nachfolgend geschilderten Manipulationen vor, um gewerblichen Fahrzeughändlern in Portugal die Hinterziehung portugiesischer Umsatzsteuer zu ermöglichen. Das war zum einen für ihn selbst wirtschaftlich vorteilhaft: Er konnte die Fahrzeuge zu einem Preis verkaufen , der bei rechtmäßiger Vorgehensweise am Markt nicht erzielbar gewesen wäre. Infolge dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber steuerehrlichen deutschen Fahrzeughändlern erzielte er beträchtliche Gewinne. Zum anderen waren die Geschäfte auch für die Fahrzeughändler in Portugal wirtschaftlich vorteilhaft. Weil deren Eigenschaft als tatsächliche Käufer verschleiert wurde, konnten sie die Erwerbsbesteuerung in Portugal umgehen. So war es ihnen möglich, die Fahrzeuge ohne Anmeldung und Abführung portugiesischer Umsatzsteuer an Endverbraucher in Portugal weiterzuverkaufen. Ziel der Manipulationen war somit, weder in Deutschland noch in Portugal Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkäufer und Käufer bereicherten sich also auf Kosten des Steuerfiskus.
4
Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte ein aufwändiges Täuschungssystem , um die tatsächlichen Käufer der Fahrzeuge zu verschleiern:
5
Er manipulierte sein Rechnungswesen durch Scheinrechnungen. Diese verschleierten die tatsächlichen Vertrags- und Lieferbeziehungen. Die Verkaufsrechnungen stellte er auf Scheinkäufer aus. Dabei enthielten die - in die Buchhaltung der P. GmbH aufgenommenen Rechnungen - jeweils die Firma des Scheinkäufers als Rechnungsadressat, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer , die Bezeichnung des - tatsächlich an einen anderen Erwerber gelieferten - Fahrzeugs, den Kaufpreis sowie den Zusatz „steuerfreie innerge- meinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG“. Dadurch sollte der Eindruck er- weckt werden, dass der Scheinkäufer den Umsatz in Portugal der Erwerbsbesteuerung unterwerfen würde. Bei den Scheinkäufern handelte es sich um tatsächlich existierende Unternehmen in Portugal. Teilweise waren die Scheinkäufer mit der Verwendung ihrer Firma für die Zwecke des Angeklagten einverstanden , teilweise hatten sie davon keine Kenntnis.
6
Die tatsächlichen Käufer - also nicht die Scheinkäufer - verkauften die Fahrzeuge an private Endabnehmer in Portugal. Plangemäß verschwiegen sie den portugiesischen Finanzbehörden den wahren Sachverhalt: den innergemeinschaftlichen Erwerb vom Unternehmen des Angeklagten. So vermieden sie die bei Erwerb angefallene Umsatzsteuer. Die tatsächlichen Geschäftsbeziehungen wurden durch weitere Maßnahmen zusätzlich verschleiert. Der Angeklagte ließ - soweit die privaten Endabnehmer in Portugal zur Zeit der Lieferung bereits bekannt waren - bereits die CMR-Frachtbriefe auf diese Personen ausstellen. In diesen Fällen erstellte der Angeklagte eine weitere Scheinrechnung mit den Endabnehmern als Adressaten und dem unzutreffenden Zusatz „Differenz -Besteuerung nach § 25a UStG“.
7
Auf diese Weise verkaufte und lieferte die P. GmbH im Jahr 2002 407 Fahrzeuge für 7.720.391,-- Euro. Im Jahr 2003 wurden 720 Fahrzeuge für 11.169.460,-- Euro verkauft und geliefert. Diese Umsätze erklärte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2002 und 2003 der P. GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den neben den Steuererklärungen abzugebenden Meldungen an das deutsche Bundeszentral- amt für Steuern benannte der Angeklagte die in den Rechnungen aufgeführten Scheinkäufer als Vertragspartner, um eine Ermittlung der tatsächlichen Käufer in Portugal über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem zu verhindern.
8
2. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den verschleierten Lieferungen nach Portugal nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Durch die Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise sei eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung in Portugal herbeigeführt worden. Das sei ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, der die Versagung der Steuerbefreiung in Deutschland rechtfertige. Die Deklaration der betroffenen Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sei daher falsch gewesen. Vielmehr hätte die P. GmbH die deutsche Umsatzsteuer auf diese Lieferungen erheben , an die Finanzverwaltung abführen und in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen angeben müssen. Wegen des Verstoßes gegen diese Pflichten habe sich der Angeklagte als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft der Steuerhinterziehung strafbar gemacht; er habe im Jahr 2002 Umsatzsteuer von mehr als 1 Mio. Euro und im Jahr 2003 von mehr als 1,5 Mio. Euro verkürzt.
9
3. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht umsatzsteuerpflichtige Lieferungen angenommen habe. Da die Fahrzeuge tatsächlich an gewerblich tätige Erwerber in Portugal geliefert worden seien, habe es sich um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt. Dass der Angeklagte durch Verschleierungsmaßnahmen die Erwerbsbesteuerung in Portugal verhindern wollte und verhinderte, stünde dem nicht entgegen. Eine Ge- fährdung des deutschen Umsatzsteueraufkommens liege nicht vor, da die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland Portugal zustehe.

II.


10
Der Senat hält die Beantwortung der Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Er legt diese deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
11
1. Die Frage, ob im Ausgangsfall die Lieferungen von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Portugal) von der Umsatzsteuer befreit sind, betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145, S. 1).
12
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Von diesem Grundsatz sieht Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine Ausnahme vor. Dort ist die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer vorgesehen.
13
2. Der Gerichtshof hat nach Kenntnis des Senats bisher keine ausdrückliche Entscheidung zur Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie für Fall- http://www.juris.de/jportal/portal/t/kgq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - konstellationen der vorliegenden Art getroffen. Er hat aber in den Rechtssachen C-409/04 (Urteil vom 27. September 2007 - Teleos u.a.) und C-146/05 (Urteil vom 27. September 2007 - Collée) zu Fragen Stellung genommen, die die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer betreffen (nachfolgend a); bei missbräuchlicher Praxis hat er das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen (nachfolgend b). Der Senat versteht die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie folgt:
14
a) Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Befreiung von der Mehrwertsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
15
Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anhand objektiver Kriterien zu erfolgen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 1, Rdn. 40, 42). Art. 28c Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist zudem dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Lieferung begonnen wurde, nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf die gelieferten Gegenstände zu entrichten, wenn der Lieferant Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen und sich später diese Beweise als falsch herausstellen , jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 2, Rdn. 44 bis 68). Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée versteht der Senat dahin, dass Art. 28c http://www.juris.de/jportal/portal/t/liw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in dem Sinn auszulegen ist, dass er der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, die Befreiung einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung zu versagen, der Nachweis einer solchen Lieferung sei nicht rechtzeitig erbracht worden (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée - Tenor 1, Rdn. 29 bis 33). Er entnimmt derselben Entscheidung des Gerichtshofs aber auch, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen kann, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée , Rdn. 38).
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b) Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf Vorsteuerabzug
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Hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 1 und 2 der Sechsten Richtlinie versteht der Senat die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin, dass derjenige Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug verliert, der mit dem Umsatz selbst eine Steuerhinterziehung begeht (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 84). Er entnimmt der Entscheidung in der Rechtssache Halifax weiter, dass die Sechste Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen , eine missbräuchliche Praxis darstellen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert dabei zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts ei- nen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt werde (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a. - Tenor 2 und Rdn. 85 f.).
18
Eine weitere Entscheidung des Gerichtshofs, die Umsätze zum Gegenstand hatte, die in ein auf Steuerhinterziehung angelegtes Betrugssystem einbezogen waren, versteht der Senat dahin, dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Im Übrigen wirkt eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwere (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.). Der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug ist daher dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt , auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 59).

19
Demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Rechtsvorschrift dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der von ihm entrichteten Vorsteuer dann nicht absprechen, wenn eine Lieferung an ihn vorgenommen wird, von der er weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 1, Rdn. 60; vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Januar 2006, Rechtssache C-354/03 - Optigen Ltd. u.a., Rdn. 52).
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3. Auf der Grundlage der so verstandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der anfragende Senat des Bundesgerichtshofs bereits in zwei ähnlichen Fallgestaltungen einer behaupteten „innergemeinschaftlichen Lieferung“ die Steuerbefreiung versagt, weil der deutsche Unternehmer kollusiv mit dem ausländischen Abnehmer zusammenwirkte, um diesem die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
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a) Im Beschluss vom 20. November 2008 (Aktenzeichen: 1 StR 354/08) ging es um die Täuschung über den Lieferanten: Das deutsche Unternehmen lieferte tatsächlich Fahrzeuge, und zwar direkt an den wirklichen Abnehmer in Italien. Allerdings wurden Scheinrechnungen an italienische Zwischenhändler (missing trader) als angebliche Käufer ausgestellt. Die Zwischenhändler ermöglichten dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern, indem sie an ihn Scheinrechnungen für den angeblichen Weiterverkauf ausstellten.
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b) Im Beschluss vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 633/08) ging es um fingierte Lieferungen: Das italienische Unternehmen verkaufte Mobiltelefone tatsächlich an ein anderes italienisches Unternehmen. Um dem Ver- käufer einen unberechtigten Vorsteuerabzug zu ermöglichen und die Mobiltelefone dann zu einem günstigeren Preis verkaufen zu können, wurden diese zum Schein an ein deutsches Unternehmen - als innergemeinschaftliche Lieferung - verkauft. Das deutsche Unternehmen „verkaufte“ die Mobiltelefone sodann über italienische Zwischenhändler an den ursprünglichen "Verkäufer" zurück.
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c) Die Strafbarkeit des Lieferanten wegen Steuerhinterziehung hing in beiden Fällen davon ab, ob die in Art. 28c der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgeschlossen war.
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4. Zur vorliegenden Fallgestaltung vertritt der Senat die folgende Rechtsansicht : Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile zu versagen sind, wenn der jeweilige Steuerpflichtige die missbräuchliche oder betrügerische Praktik kennt und sich daran beteiligt.
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Dies folgt nach Auffassung des Senats einerseits aus dem im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbot missbräuchlicher Praktiken, das auch für die Mehrwertsteuer gilt. Darüber hinaus gebieten nach Auffassung des Senats auch Sinn und Zweck des Artikel 28c der Sechsten Richtlinie und die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, eine entsprechende Auslegung dieser Vorschrift.
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Denn Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt, wie seine systematische Stellung in Abschnitt XVI a der Sechsten Richtlinie belegt, eine Übergangsrege- lung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten dar. Mit der Vorschrift soll - zusammen mit der Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der Sechsten Richtlinie - folgendem Umstand Rechnung getragen werden: Die Bedingungen sind noch nicht erfüllt, die die Durchführung des Prinzips der Besteuerung der gelieferten Gegenstände im Ursprungsmitgliedstaat erlauben, ohne dass der Grundsatz, dass die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen , in dem der Endverbrauch erfolgt, angetastet wird. Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt daher eine Ausnahmevorschrift dar. Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Markts, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist.
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Fälle der vorliegenden Art zielen aber darauf ab, die ordnungsgemäße Besteuerung sowohl im Bestimmungsland als auch im Ursprungsland zu verhindern. Die Absicht der Beteiligten ist darauf gerichtet, sich durch Ausnutzung des Mehrwertsteuersystems - und entgegen seiner Zielsetzung - Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch die systemwidrige Ausnutzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, die Zwischenschaltung von Scheinunternehmen und die Verschleierung der tatsächlichen Erwerber kann der Lieferant die Waren zu einem höheren Preis als seine steuerehrlichen Mitbewerber verkaufen. Er verdrängt damit redliche Mitbewerber aus dem Markt. Für den Erwerber wird entweder die Möglichkeit geschaffen, den Gegenstand ohne Ausweis von Mehrwertsteuer zu verkaufen, da seine Einbindung in die Kette der Lieferanten - wie im vorliegenden Fall - verschleiert wurde. Oder er kann einen Teil des tatsächlich gezahlten Kaufpreises durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuer aus einem Scheingeschäft mit einem missing trader zu Lasten des Staates, in den die Lieferung erfolgte, erstattet erhalten.
Auch er erlangt dann - zum Nachteil seiner steuerehrlichen Mitbewerber im Bestimmungsland - Wettbewerbsvorteile.
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Nach Auffassung des Senats ist daher einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Befreiung von der Mehrwertsteuer auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände bewiesen ist, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Eine solche Auslegung von Art. 28c hält der Senat für geboten, um die Ziele der Sechsten Richtlinie effektiv durchzusetzen.
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Der Senat sieht nicht nur das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 der Sechsten Richtlinie, sondern auch die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie als Steuervorteil an (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a.). Er stützt diese Auffassung auch auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée, die allein den Vorteil der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung erachtete der Gerichtshof in Bezug auf die Steuerbefreiung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht für unzulässig (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38).
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5. Wendet man diese Rechtsauffassung auf den Ausgangsfall an, ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Unternehmen des Ange- klagten für die Lieferungen nach Portugal die Steuerbefreiung zu versagen war. Er hätte sich danach wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist daher für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
a) Nach der Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung (nachfolgend: AO, siehe auch Anlage 1) macht sich strafbar, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. § 370 AO ist ein Blankettstraftatbestand , der nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst enthält. Er wird durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts ausgefüllt. Diese bestimmen , welche Tatsachen steuerlich erheblich sind und unter welchen Voraussetzungen eine Steuer entsteht. Damit ist die Steuerentstehung Tatbestandsvoraussetzung einer strafbaren Steuerhinterziehung.
32
b) Für die Steuerentstehung bestimmt das deutsche Steuerrecht: Nach den Vorgaben des Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG, siehe auch Anlage 2) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, im Grundsatz der deutschen Umsatzsteuer. Davon sieht § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (siehe Anlage 3) eine Ausnahme vor: Die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze sind bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. Damit setzt § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in nationales Recht um.
33
§ 6a Abs. 1 UStG (siehe Anlage 4) definiert, wann eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Diese setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Zudem ist gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erforderlich , dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Die Nachweispflichten sind in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (nachfolgend: UStDV; siehe auch Anlage 5) und § 17c UStDV (Anlage 6) konkretisiert. Nach § 17a UStDV muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (sogenannter Belegnachweis). § 17c UStDV konkretisiert die Pflichten des Unternehmers betreffend die Buchführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Nach dieser Vorschrift müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die sich aus § 6a UStG ergeben, insbesondere Name und Anschrift des Abnehmers sowie dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, buchmäßig nachgewiesen sein (sogenannter Buchnachweis).
34
Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG (Anlage 7) muss der inländische Unternehmer , der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung erstatten, in der u.a. die Umsatzsteuer -Identifikationsnummer des Erwerbers mitzuteilen ist. § 18a UStG setzt daher Art. 22 Abs. 6 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie um. Die Meldung stellt die Grundlage für die Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, da die Daten erfasst und dann anfragenden Steuerbehörden im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (vgl. Verordnung der EWG Nr. 218/92 vom 27. Januar 1992 und Verordnung 1798/2003/EG vom 7. Oktober 2003) übermittelt werden.
35
Nach § 18b Satz 1 UStG (Anlage 8) hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt zu erklären. Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung ist dabei regelmäßig nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anlage 9) das Nettoentgelt, das der Leistungsempfänger an den Unternehmer zahlt. Mit der Erklärung nach § 18b Satz 1 UStG bringt der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden zum Ausdruck, dass die vorgenommenen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG umsatzsteuerfrei sind, der Unternehmer mithin keine Umsatzsteuer für diese Lieferungen schuldet.
36
c) Da die Steuerbefreiung nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen des Rechts- bzw. Systemmissbrauchs zu versagen ist, war im vorliegenden Fall von einer steuerpflichtigen Lieferung auszugehen. Die Steuerhinterziehung sieht der Senat darin, dass der Angeklagte die Umsätze in den Steuererklärungen nach § 18b UStG, die er gegenüber der nationalen Finanzverwaltung abzugeben hatte, bewusst falsch als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung deklarierte. Tatsächlich waren sie aber steuerpflichtig, weil der Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (bzw. des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie) nicht eingriff. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz der Steuerpflicht.
37
d) Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Wären die Lieferungen als steuerbefreit anzusehen, käme eine in Deutschland strafbare Steuerhinterziehung des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einen wären dann die von dem Angeklagten nach § 18b UStG abgegebenen Erklärungen inhaltlich richtig; zum anderen würde die Lieferung keine deutsche Umsatzsteuer auslösen, die verkürzt werden könnte. Die Betei- ligung des deutschen Unternehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Portugal ist nach deutschem Steuerstrafrecht nicht strafbar, da es insoweit an der Verbürgung der gegenseitigen Strafverfolgung fehlt (vgl. § 370 Abs. 6 Satz 3 AO). Die unrichtigen Angaben über den Erwerber gegenüber dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern in den Meldungen nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG sind keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG, die mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können (§ 26a Abs. 2 UStG, vgl. auch Anlage 10).
38
6. Da in den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen angesichts der geschilderten Rechtsprechung des Gerichtshofs die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft war, bestand bislang keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EG an den Gerichtshof zu richten (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258). Allerdings hat nun das Finanzgericht Baden-Württemberg im Besteuerungsverfahren zum selben Sachverhalt ausdrücklich Zweifel geäußert, ob der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Versagung der Steuerbefreiung zu folgen sei (Beschluss vom 11. März 2009 - 1 V 4305/08). Es ist der Auffassung, das gemeinschaftsrechtliche Missbrauchsverbot greife nicht ein, da die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung hätten als nur die Erlangung von Steuervorteilen. Zudem stünden der Auffassung des Bundesgerichtshofs die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Territorialität entgegen.
39
Der Senat hält die Bedenken des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht für überzeugend:
40
a) Selbst wenn die getätigten Umsätze - was der Senat im vorliegenden Fall aufgrund der durch objektive Beweise bestätigten Feststellungen des Landgerichts freilich ausschließt - in Einzelfällen auch eine andere (zusätzliche) Erklärung haben können als primär die Erlangung von Steuervorteilen, schließt dies nach Ansicht des vorlegenden Senats die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots nicht aus. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache Halifax entschieden, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert, es müsse anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Tenor 2, Rdn. 75). Der Rechtssache Halifax lag indes ein Sachverhalt zu Grunde , bei dem die für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes bedeutsamen zivilrechtlichen Verträge allesamt wirksam waren. Zudem waren die beteiligten Unternehmen ihren Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ordnungsgemäß nachgekommen. Dort handelte es sich - anders als hier - somit nicht um ein betrügerisches System, das durch Verschleierung und unrichtige bzw. unterlassene Erklärungen auf Steuerhinterziehung ausgerichtet war. Vielmehr war in dieser Rechtssache lediglich zu klären, welche Schranken den Gestaltungsrechten der Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte zu setzen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Unternehmer das Recht auf eine ihm steuerlich günstige Gestaltung der Geschäftsbeziehungen hat (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 73 f.), stellt der Gerichtshof unmittelbar daran anschließend die qualifizierten Anforderungen an die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis fest.
41
Folgt der Missbrauch des Mehrwertsteuersystems indes - wie in den Fällen der vorliegenden Art - bereits aus dem Umstand, dass die Lieferbeziehungen bewusst verschleiert werden, um mit unrichtigen oder unterlassenen Erklä- rungen gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich Steuern zu verkürzen, sind nach Ansicht des Senats die grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses zu versagen, auch wenn ein tatsächlich gewolltes - freilich in betrügerischer Absicht verschleiertes - innergemeinschaftliches Handelsgeschäft zu Grunde liegt. Denn dann liegt nicht lediglich ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs, sondern vielmehr ein Fall des systematischen Steuerbetrugs mit speziell für diesen Zweck hergestellten Scheinrechnungen vor. Für diesen Fall lässt sich aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen , dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist. Der Steuerpflichtige geht in einer solchen Situation den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Der Gerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegenwirkt, indem sie ihre Durchführung erschwert (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.).
42
b) Auch der Umstand, dass es bei Versagung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Umsatzsteuer zu einer Doppelbesteuerung des Umsatzes im Ursprungs- und Bestimmungsland kommen kann, wenn trotz der Verschleierungsmaßnahmen der wahre Sachverhalt im Empfängerstaat aufgedeckt und der innergemeinschaftliche Erwerb noch nachträglich besteuert wird, rechtfertigt nach Auffassung des Senats kein anderes Ergebnis. Denn darin ist keine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu sehen.
43
aa) Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 59). Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht aber zwischen steuerehrlichen und steuerunehrlichen Unternehmen, die durch systematische Verschleierungsmaßnahmen Steuern hinterziehen, gerade nicht. Würde das Prinzip der steuerlichen Neutralität in Fällen der vorliegenden Art zur Begründung der Steuerfreiheit herangezogen , würde vielmehr - wie dargelegt - das gemeinschaftsrechtliche Mehrwertsteuersystem zu Gunsten einzelner, steuerunehrlicher Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht.
44
bb) Die nach Auffassung des Senats gebotene Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Umsätzen und zu Formalitäten, die den Grenzübertritt erschweren (vgl. insoweit auch Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie). Vielmehr wird der fragliche innergemeinschaftliche Umsatz dem inländischen Umsatz gleichgestellt. Er wird dem Ursprungslandgrundsatz, wie er in Art. 2 der Sechsten Richtlinie festgeschrieben ist, unterworfen, um so dem Wettbewerbsungleichgewicht entgegen zu wirken.
45
cc) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zudem anerkannt, dass es der Grundsatz der Neutralität einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachzufordern, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Bedeutung, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschluss vom 3. März 2004, Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04, Teleos u.a., Rdn. 66).
46
dd) Schließlich käme grundsätzlich auch in Betracht, eine tatsächlich eingetretene Doppelbesteuerung, wenn die Erwerbsbesteuerung im Ursprungsland doch noch durchgeführt wurde, durch eine nachträgliche Erstattung der zunächst vom inländischen Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zu beseitigen. § 227 AO (siehe Anlage 11) sieht eine entsprechende Erstattungsmöglichkeit vor. Er könnte dann zur Anwendung kommen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2000, Rechtssache C-454/98, Schmeink & Cofreth u.a., Tenor 1, Rdn. 60 ff.)
47
c) Der Grundsatz der Territorialität steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen der vorliegenden Art der Versagung der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Territorialität ist Ausfluss des Prinzips der steuerlichen Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 22 f.). Die Neutralität der Mehrwertsteuer ist aber nicht durch die Versagung der Steuerbefreiung gefährdet, sondern vielmehr - wie dargelegt - durch die von den Beteiligten vorgenommenen Verschleierungsmaßnahmen, mit denen die Erwerbsbesteuerung im Empfängerstaat vermieden werden soll. Gerade diese Gefährdung rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats die Versagung der Befreiung von der Umsatzsteuer bei der vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferung.
48
In der Rechtssache Collée führte der Gerichtshof zudem aus, dass dem nationalen Gericht die Prüfung obliegt, „ob die Verschleierung des Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die daraus folgende Verzögerung bei der Korrektur der jeweiligen Buchungen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. …… Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteile zu kommen“ (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38). Diese Aussage des Gerichtshofs impliziert aus Sicht des Senats, dass das Besteuerungsrecht des anderen Mitgliedstaats nicht ausschließt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen auch für das Steueraufkommen im Lieferstaat eine rechtlich relevante Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Denn ohne die Gefährdung des Steueraufkommens ist eine Mehrwertsteuerhinterziehung nicht denkbar. Tatsächlich soll es nach dem Tatplan der Beteiligten von Umsatzgeschäften der vorliegenden Art auch gerade nicht zu einer ordnungsgemäßen Besteuerung im Bestimmungsland kommen.
49
d) Schließlich gebieten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine abweichende Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn eine Regelung betroffen ist, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen , die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 52). Auf beide Grundsätze kann sich indes nur der gutgläubige Unternehmer berufen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries u.a., Rdn. 33), und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte, noch haben konnte (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelt es sich bei Lieferanten, die die wahren Empfänger verschleiern, um ihnen die Hinterziehung der Erwerbssteuer zu ermöglichen, jedoch gerade nicht.
50
e) Auch wenn der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Baden -Württemberg nicht für zutreffend erachtet, legt er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Angesichts der vom Finanzgericht Baden-Württemberg geäußerten Rechtsbedenken kann nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass für die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 28c der Sechsten Richtlinie in Fällen der Verschleierung des Empfängers innergemeinschaftlicher Lieferungen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 - Cilfit, Rdn. 16). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 41/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
weitere Verfahrensbeteiligte:
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung betreffend Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/ EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden : Sechste Richtlinie) vorgelegt: Ist Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
a) wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt , der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
b) Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?

Gründe:

I.


1
1. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu entscheiden. Der Angeklagte, ein portugiesischer Staatsangehöriger, befand sich in dem gegen ihn geführten Strafverfahren seit 30. Januar 2008 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 17. September 2008 hat das Landgericht den Haftbefehl wegen fortbestehender Fluchtgefahr aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Trotz der Außervollzugsetzung gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ebenso wie Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes) auch in dieser prozessualen Situation eine beschleunigte Behandlung der Sache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668). Im Einzelnen wurde dem Angeklagten auferlegt, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro zu erbringen und seine Ausweispapiere zur Akte zu reichen. Daneben hat das Landgericht ihn angewiesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht ohne vorherige Genehmigung des Landgerichts zu verlassen und jeden Wechsel seines Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts dem Landgericht anzuzeigen. Zuletzt wurde ihm die Auflage erteilt, sich zweimal wöchentlich bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier persönlich zu melden. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt, den der Senat seiner Vorlage zugrunde legt:
2
Der Angeklagte war Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in W. (Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland). Das Unternehmen handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Seit 2001 verkaufte es weit über 500 Fahrzeuge pro Jahr. Käufer der Fahrzeuge waren zum größten Teil gewerblich tätige Fahrzeughändler, die in Portugal geschäftsansässig waren.
3
Ab dem Jahr 2002 nahm der Angeklagte die nachfolgend geschilderten Manipulationen vor, um gewerblichen Fahrzeughändlern in Portugal die Hinterziehung portugiesischer Umsatzsteuer zu ermöglichen. Das war zum einen für ihn selbst wirtschaftlich vorteilhaft: Er konnte die Fahrzeuge zu einem Preis verkaufen , der bei rechtmäßiger Vorgehensweise am Markt nicht erzielbar gewesen wäre. Infolge dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber steuerehrlichen deutschen Fahrzeughändlern erzielte er beträchtliche Gewinne. Zum anderen waren die Geschäfte auch für die Fahrzeughändler in Portugal wirtschaftlich vorteilhaft. Weil deren Eigenschaft als tatsächliche Käufer verschleiert wurde, konnten sie die Erwerbsbesteuerung in Portugal umgehen. So war es ihnen möglich, die Fahrzeuge ohne Anmeldung und Abführung portugiesischer Umsatzsteuer an Endverbraucher in Portugal weiterzuverkaufen. Ziel der Manipulationen war somit, weder in Deutschland noch in Portugal Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkäufer und Käufer bereicherten sich also auf Kosten des Steuerfiskus.
4
Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte ein aufwändiges Täuschungssystem , um die tatsächlichen Käufer der Fahrzeuge zu verschleiern:
5
Er manipulierte sein Rechnungswesen durch Scheinrechnungen. Diese verschleierten die tatsächlichen Vertrags- und Lieferbeziehungen. Die Verkaufsrechnungen stellte er auf Scheinkäufer aus. Dabei enthielten die - in die Buchhaltung der P. GmbH aufgenommenen Rechnungen - jeweils die Firma des Scheinkäufers als Rechnungsadressat, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer , die Bezeichnung des - tatsächlich an einen anderen Erwerber gelieferten - Fahrzeugs, den Kaufpreis sowie den Zusatz „steuerfreie innerge- meinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG“. Dadurch sollte der Eindruck er- weckt werden, dass der Scheinkäufer den Umsatz in Portugal der Erwerbsbesteuerung unterwerfen würde. Bei den Scheinkäufern handelte es sich um tatsächlich existierende Unternehmen in Portugal. Teilweise waren die Scheinkäufer mit der Verwendung ihrer Firma für die Zwecke des Angeklagten einverstanden , teilweise hatten sie davon keine Kenntnis.
6
Die tatsächlichen Käufer - also nicht die Scheinkäufer - verkauften die Fahrzeuge an private Endabnehmer in Portugal. Plangemäß verschwiegen sie den portugiesischen Finanzbehörden den wahren Sachverhalt: den innergemeinschaftlichen Erwerb vom Unternehmen des Angeklagten. So vermieden sie die bei Erwerb angefallene Umsatzsteuer. Die tatsächlichen Geschäftsbeziehungen wurden durch weitere Maßnahmen zusätzlich verschleiert. Der Angeklagte ließ - soweit die privaten Endabnehmer in Portugal zur Zeit der Lieferung bereits bekannt waren - bereits die CMR-Frachtbriefe auf diese Personen ausstellen. In diesen Fällen erstellte der Angeklagte eine weitere Scheinrechnung mit den Endabnehmern als Adressaten und dem unzutreffenden Zusatz „Differenz -Besteuerung nach § 25a UStG“.
7
Auf diese Weise verkaufte und lieferte die P. GmbH im Jahr 2002 407 Fahrzeuge für 7.720.391,-- Euro. Im Jahr 2003 wurden 720 Fahrzeuge für 11.169.460,-- Euro verkauft und geliefert. Diese Umsätze erklärte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2002 und 2003 der P. GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den neben den Steuererklärungen abzugebenden Meldungen an das deutsche Bundeszentral- amt für Steuern benannte der Angeklagte die in den Rechnungen aufgeführten Scheinkäufer als Vertragspartner, um eine Ermittlung der tatsächlichen Käufer in Portugal über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem zu verhindern.
8
2. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den verschleierten Lieferungen nach Portugal nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Durch die Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise sei eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung in Portugal herbeigeführt worden. Das sei ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, der die Versagung der Steuerbefreiung in Deutschland rechtfertige. Die Deklaration der betroffenen Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sei daher falsch gewesen. Vielmehr hätte die P. GmbH die deutsche Umsatzsteuer auf diese Lieferungen erheben , an die Finanzverwaltung abführen und in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen angeben müssen. Wegen des Verstoßes gegen diese Pflichten habe sich der Angeklagte als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft der Steuerhinterziehung strafbar gemacht; er habe im Jahr 2002 Umsatzsteuer von mehr als 1 Mio. Euro und im Jahr 2003 von mehr als 1,5 Mio. Euro verkürzt.
9
3. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht umsatzsteuerpflichtige Lieferungen angenommen habe. Da die Fahrzeuge tatsächlich an gewerblich tätige Erwerber in Portugal geliefert worden seien, habe es sich um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt. Dass der Angeklagte durch Verschleierungsmaßnahmen die Erwerbsbesteuerung in Portugal verhindern wollte und verhinderte, stünde dem nicht entgegen. Eine Ge- fährdung des deutschen Umsatzsteueraufkommens liege nicht vor, da die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland Portugal zustehe.

II.


10
Der Senat hält die Beantwortung der Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Er legt diese deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
11
1. Die Frage, ob im Ausgangsfall die Lieferungen von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Portugal) von der Umsatzsteuer befreit sind, betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145, S. 1).
12
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Von diesem Grundsatz sieht Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine Ausnahme vor. Dort ist die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer vorgesehen.
13
2. Der Gerichtshof hat nach Kenntnis des Senats bisher keine ausdrückliche Entscheidung zur Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie für Fall- http://www.juris.de/jportal/portal/t/kgq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - konstellationen der vorliegenden Art getroffen. Er hat aber in den Rechtssachen C-409/04 (Urteil vom 27. September 2007 - Teleos u.a.) und C-146/05 (Urteil vom 27. September 2007 - Collée) zu Fragen Stellung genommen, die die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer betreffen (nachfolgend a); bei missbräuchlicher Praxis hat er das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen (nachfolgend b). Der Senat versteht die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie folgt:
14
a) Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Befreiung von der Mehrwertsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
15
Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anhand objektiver Kriterien zu erfolgen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 1, Rdn. 40, 42). Art. 28c Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist zudem dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Lieferung begonnen wurde, nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf die gelieferten Gegenstände zu entrichten, wenn der Lieferant Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen und sich später diese Beweise als falsch herausstellen , jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 2, Rdn. 44 bis 68). Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée versteht der Senat dahin, dass Art. 28c http://www.juris.de/jportal/portal/t/liw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in dem Sinn auszulegen ist, dass er der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, die Befreiung einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung zu versagen, der Nachweis einer solchen Lieferung sei nicht rechtzeitig erbracht worden (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée - Tenor 1, Rdn. 29 bis 33). Er entnimmt derselben Entscheidung des Gerichtshofs aber auch, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen kann, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée , Rdn. 38).
16
b) Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf Vorsteuerabzug
17
Hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 1 und 2 der Sechsten Richtlinie versteht der Senat die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin, dass derjenige Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug verliert, der mit dem Umsatz selbst eine Steuerhinterziehung begeht (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 84). Er entnimmt der Entscheidung in der Rechtssache Halifax weiter, dass die Sechste Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen , eine missbräuchliche Praxis darstellen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert dabei zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts ei- nen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt werde (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a. - Tenor 2 und Rdn. 85 f.).
18
Eine weitere Entscheidung des Gerichtshofs, die Umsätze zum Gegenstand hatte, die in ein auf Steuerhinterziehung angelegtes Betrugssystem einbezogen waren, versteht der Senat dahin, dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Im Übrigen wirkt eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwere (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.). Der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug ist daher dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt , auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 59).

19
Demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Rechtsvorschrift dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der von ihm entrichteten Vorsteuer dann nicht absprechen, wenn eine Lieferung an ihn vorgenommen wird, von der er weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 1, Rdn. 60; vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Januar 2006, Rechtssache C-354/03 - Optigen Ltd. u.a., Rdn. 52).
20
3. Auf der Grundlage der so verstandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der anfragende Senat des Bundesgerichtshofs bereits in zwei ähnlichen Fallgestaltungen einer behaupteten „innergemeinschaftlichen Lieferung“ die Steuerbefreiung versagt, weil der deutsche Unternehmer kollusiv mit dem ausländischen Abnehmer zusammenwirkte, um diesem die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
21
a) Im Beschluss vom 20. November 2008 (Aktenzeichen: 1 StR 354/08) ging es um die Täuschung über den Lieferanten: Das deutsche Unternehmen lieferte tatsächlich Fahrzeuge, und zwar direkt an den wirklichen Abnehmer in Italien. Allerdings wurden Scheinrechnungen an italienische Zwischenhändler (missing trader) als angebliche Käufer ausgestellt. Die Zwischenhändler ermöglichten dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern, indem sie an ihn Scheinrechnungen für den angeblichen Weiterverkauf ausstellten.
22
b) Im Beschluss vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 633/08) ging es um fingierte Lieferungen: Das italienische Unternehmen verkaufte Mobiltelefone tatsächlich an ein anderes italienisches Unternehmen. Um dem Ver- käufer einen unberechtigten Vorsteuerabzug zu ermöglichen und die Mobiltelefone dann zu einem günstigeren Preis verkaufen zu können, wurden diese zum Schein an ein deutsches Unternehmen - als innergemeinschaftliche Lieferung - verkauft. Das deutsche Unternehmen „verkaufte“ die Mobiltelefone sodann über italienische Zwischenhändler an den ursprünglichen "Verkäufer" zurück.
23
c) Die Strafbarkeit des Lieferanten wegen Steuerhinterziehung hing in beiden Fällen davon ab, ob die in Art. 28c der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgeschlossen war.
24
4. Zur vorliegenden Fallgestaltung vertritt der Senat die folgende Rechtsansicht : Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile zu versagen sind, wenn der jeweilige Steuerpflichtige die missbräuchliche oder betrügerische Praktik kennt und sich daran beteiligt.
25
Dies folgt nach Auffassung des Senats einerseits aus dem im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbot missbräuchlicher Praktiken, das auch für die Mehrwertsteuer gilt. Darüber hinaus gebieten nach Auffassung des Senats auch Sinn und Zweck des Artikel 28c der Sechsten Richtlinie und die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, eine entsprechende Auslegung dieser Vorschrift.
26
Denn Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt, wie seine systematische Stellung in Abschnitt XVI a der Sechsten Richtlinie belegt, eine Übergangsrege- lung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten dar. Mit der Vorschrift soll - zusammen mit der Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der Sechsten Richtlinie - folgendem Umstand Rechnung getragen werden: Die Bedingungen sind noch nicht erfüllt, die die Durchführung des Prinzips der Besteuerung der gelieferten Gegenstände im Ursprungsmitgliedstaat erlauben, ohne dass der Grundsatz, dass die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen , in dem der Endverbrauch erfolgt, angetastet wird. Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt daher eine Ausnahmevorschrift dar. Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Markts, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist.
27
Fälle der vorliegenden Art zielen aber darauf ab, die ordnungsgemäße Besteuerung sowohl im Bestimmungsland als auch im Ursprungsland zu verhindern. Die Absicht der Beteiligten ist darauf gerichtet, sich durch Ausnutzung des Mehrwertsteuersystems - und entgegen seiner Zielsetzung - Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch die systemwidrige Ausnutzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, die Zwischenschaltung von Scheinunternehmen und die Verschleierung der tatsächlichen Erwerber kann der Lieferant die Waren zu einem höheren Preis als seine steuerehrlichen Mitbewerber verkaufen. Er verdrängt damit redliche Mitbewerber aus dem Markt. Für den Erwerber wird entweder die Möglichkeit geschaffen, den Gegenstand ohne Ausweis von Mehrwertsteuer zu verkaufen, da seine Einbindung in die Kette der Lieferanten - wie im vorliegenden Fall - verschleiert wurde. Oder er kann einen Teil des tatsächlich gezahlten Kaufpreises durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuer aus einem Scheingeschäft mit einem missing trader zu Lasten des Staates, in den die Lieferung erfolgte, erstattet erhalten.
Auch er erlangt dann - zum Nachteil seiner steuerehrlichen Mitbewerber im Bestimmungsland - Wettbewerbsvorteile.
28
Nach Auffassung des Senats ist daher einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Befreiung von der Mehrwertsteuer auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände bewiesen ist, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Eine solche Auslegung von Art. 28c hält der Senat für geboten, um die Ziele der Sechsten Richtlinie effektiv durchzusetzen.
29
Der Senat sieht nicht nur das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 der Sechsten Richtlinie, sondern auch die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie als Steuervorteil an (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a.). Er stützt diese Auffassung auch auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée, die allein den Vorteil der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung erachtete der Gerichtshof in Bezug auf die Steuerbefreiung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht für unzulässig (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38).
30
5. Wendet man diese Rechtsauffassung auf den Ausgangsfall an, ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Unternehmen des Ange- klagten für die Lieferungen nach Portugal die Steuerbefreiung zu versagen war. Er hätte sich danach wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist daher für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
a) Nach der Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung (nachfolgend: AO, siehe auch Anlage 1) macht sich strafbar, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. § 370 AO ist ein Blankettstraftatbestand , der nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst enthält. Er wird durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts ausgefüllt. Diese bestimmen , welche Tatsachen steuerlich erheblich sind und unter welchen Voraussetzungen eine Steuer entsteht. Damit ist die Steuerentstehung Tatbestandsvoraussetzung einer strafbaren Steuerhinterziehung.
32
b) Für die Steuerentstehung bestimmt das deutsche Steuerrecht: Nach den Vorgaben des Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG, siehe auch Anlage 2) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, im Grundsatz der deutschen Umsatzsteuer. Davon sieht § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (siehe Anlage 3) eine Ausnahme vor: Die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze sind bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. Damit setzt § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in nationales Recht um.
33
§ 6a Abs. 1 UStG (siehe Anlage 4) definiert, wann eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Diese setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Zudem ist gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erforderlich , dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Die Nachweispflichten sind in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (nachfolgend: UStDV; siehe auch Anlage 5) und § 17c UStDV (Anlage 6) konkretisiert. Nach § 17a UStDV muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (sogenannter Belegnachweis). § 17c UStDV konkretisiert die Pflichten des Unternehmers betreffend die Buchführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Nach dieser Vorschrift müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die sich aus § 6a UStG ergeben, insbesondere Name und Anschrift des Abnehmers sowie dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, buchmäßig nachgewiesen sein (sogenannter Buchnachweis).
34
Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG (Anlage 7) muss der inländische Unternehmer , der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung erstatten, in der u.a. die Umsatzsteuer -Identifikationsnummer des Erwerbers mitzuteilen ist. § 18a UStG setzt daher Art. 22 Abs. 6 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie um. Die Meldung stellt die Grundlage für die Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, da die Daten erfasst und dann anfragenden Steuerbehörden im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (vgl. Verordnung der EWG Nr. 218/92 vom 27. Januar 1992 und Verordnung 1798/2003/EG vom 7. Oktober 2003) übermittelt werden.
35
Nach § 18b Satz 1 UStG (Anlage 8) hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt zu erklären. Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung ist dabei regelmäßig nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anlage 9) das Nettoentgelt, das der Leistungsempfänger an den Unternehmer zahlt. Mit der Erklärung nach § 18b Satz 1 UStG bringt der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden zum Ausdruck, dass die vorgenommenen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG umsatzsteuerfrei sind, der Unternehmer mithin keine Umsatzsteuer für diese Lieferungen schuldet.
36
c) Da die Steuerbefreiung nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen des Rechts- bzw. Systemmissbrauchs zu versagen ist, war im vorliegenden Fall von einer steuerpflichtigen Lieferung auszugehen. Die Steuerhinterziehung sieht der Senat darin, dass der Angeklagte die Umsätze in den Steuererklärungen nach § 18b UStG, die er gegenüber der nationalen Finanzverwaltung abzugeben hatte, bewusst falsch als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung deklarierte. Tatsächlich waren sie aber steuerpflichtig, weil der Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (bzw. des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie) nicht eingriff. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz der Steuerpflicht.
37
d) Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Wären die Lieferungen als steuerbefreit anzusehen, käme eine in Deutschland strafbare Steuerhinterziehung des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einen wären dann die von dem Angeklagten nach § 18b UStG abgegebenen Erklärungen inhaltlich richtig; zum anderen würde die Lieferung keine deutsche Umsatzsteuer auslösen, die verkürzt werden könnte. Die Betei- ligung des deutschen Unternehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Portugal ist nach deutschem Steuerstrafrecht nicht strafbar, da es insoweit an der Verbürgung der gegenseitigen Strafverfolgung fehlt (vgl. § 370 Abs. 6 Satz 3 AO). Die unrichtigen Angaben über den Erwerber gegenüber dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern in den Meldungen nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG sind keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG, die mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können (§ 26a Abs. 2 UStG, vgl. auch Anlage 10).
38
6. Da in den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen angesichts der geschilderten Rechtsprechung des Gerichtshofs die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft war, bestand bislang keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EG an den Gerichtshof zu richten (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258). Allerdings hat nun das Finanzgericht Baden-Württemberg im Besteuerungsverfahren zum selben Sachverhalt ausdrücklich Zweifel geäußert, ob der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Versagung der Steuerbefreiung zu folgen sei (Beschluss vom 11. März 2009 - 1 V 4305/08). Es ist der Auffassung, das gemeinschaftsrechtliche Missbrauchsverbot greife nicht ein, da die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung hätten als nur die Erlangung von Steuervorteilen. Zudem stünden der Auffassung des Bundesgerichtshofs die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Territorialität entgegen.
39
Der Senat hält die Bedenken des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht für überzeugend:
40
a) Selbst wenn die getätigten Umsätze - was der Senat im vorliegenden Fall aufgrund der durch objektive Beweise bestätigten Feststellungen des Landgerichts freilich ausschließt - in Einzelfällen auch eine andere (zusätzliche) Erklärung haben können als primär die Erlangung von Steuervorteilen, schließt dies nach Ansicht des vorlegenden Senats die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots nicht aus. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache Halifax entschieden, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert, es müsse anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Tenor 2, Rdn. 75). Der Rechtssache Halifax lag indes ein Sachverhalt zu Grunde , bei dem die für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes bedeutsamen zivilrechtlichen Verträge allesamt wirksam waren. Zudem waren die beteiligten Unternehmen ihren Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ordnungsgemäß nachgekommen. Dort handelte es sich - anders als hier - somit nicht um ein betrügerisches System, das durch Verschleierung und unrichtige bzw. unterlassene Erklärungen auf Steuerhinterziehung ausgerichtet war. Vielmehr war in dieser Rechtssache lediglich zu klären, welche Schranken den Gestaltungsrechten der Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte zu setzen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Unternehmer das Recht auf eine ihm steuerlich günstige Gestaltung der Geschäftsbeziehungen hat (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 73 f.), stellt der Gerichtshof unmittelbar daran anschließend die qualifizierten Anforderungen an die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis fest.
41
Folgt der Missbrauch des Mehrwertsteuersystems indes - wie in den Fällen der vorliegenden Art - bereits aus dem Umstand, dass die Lieferbeziehungen bewusst verschleiert werden, um mit unrichtigen oder unterlassenen Erklä- rungen gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich Steuern zu verkürzen, sind nach Ansicht des Senats die grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses zu versagen, auch wenn ein tatsächlich gewolltes - freilich in betrügerischer Absicht verschleiertes - innergemeinschaftliches Handelsgeschäft zu Grunde liegt. Denn dann liegt nicht lediglich ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs, sondern vielmehr ein Fall des systematischen Steuerbetrugs mit speziell für diesen Zweck hergestellten Scheinrechnungen vor. Für diesen Fall lässt sich aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen , dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist. Der Steuerpflichtige geht in einer solchen Situation den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Der Gerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegenwirkt, indem sie ihre Durchführung erschwert (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.).
42
b) Auch der Umstand, dass es bei Versagung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Umsatzsteuer zu einer Doppelbesteuerung des Umsatzes im Ursprungs- und Bestimmungsland kommen kann, wenn trotz der Verschleierungsmaßnahmen der wahre Sachverhalt im Empfängerstaat aufgedeckt und der innergemeinschaftliche Erwerb noch nachträglich besteuert wird, rechtfertigt nach Auffassung des Senats kein anderes Ergebnis. Denn darin ist keine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu sehen.
43
aa) Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 59). Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht aber zwischen steuerehrlichen und steuerunehrlichen Unternehmen, die durch systematische Verschleierungsmaßnahmen Steuern hinterziehen, gerade nicht. Würde das Prinzip der steuerlichen Neutralität in Fällen der vorliegenden Art zur Begründung der Steuerfreiheit herangezogen , würde vielmehr - wie dargelegt - das gemeinschaftsrechtliche Mehrwertsteuersystem zu Gunsten einzelner, steuerunehrlicher Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht.
44
bb) Die nach Auffassung des Senats gebotene Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Umsätzen und zu Formalitäten, die den Grenzübertritt erschweren (vgl. insoweit auch Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie). Vielmehr wird der fragliche innergemeinschaftliche Umsatz dem inländischen Umsatz gleichgestellt. Er wird dem Ursprungslandgrundsatz, wie er in Art. 2 der Sechsten Richtlinie festgeschrieben ist, unterworfen, um so dem Wettbewerbsungleichgewicht entgegen zu wirken.
45
cc) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zudem anerkannt, dass es der Grundsatz der Neutralität einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachzufordern, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Bedeutung, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschluss vom 3. März 2004, Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04, Teleos u.a., Rdn. 66).
46
dd) Schließlich käme grundsätzlich auch in Betracht, eine tatsächlich eingetretene Doppelbesteuerung, wenn die Erwerbsbesteuerung im Ursprungsland doch noch durchgeführt wurde, durch eine nachträgliche Erstattung der zunächst vom inländischen Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zu beseitigen. § 227 AO (siehe Anlage 11) sieht eine entsprechende Erstattungsmöglichkeit vor. Er könnte dann zur Anwendung kommen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2000, Rechtssache C-454/98, Schmeink & Cofreth u.a., Tenor 1, Rdn. 60 ff.)
47
c) Der Grundsatz der Territorialität steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen der vorliegenden Art der Versagung der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Territorialität ist Ausfluss des Prinzips der steuerlichen Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 22 f.). Die Neutralität der Mehrwertsteuer ist aber nicht durch die Versagung der Steuerbefreiung gefährdet, sondern vielmehr - wie dargelegt - durch die von den Beteiligten vorgenommenen Verschleierungsmaßnahmen, mit denen die Erwerbsbesteuerung im Empfängerstaat vermieden werden soll. Gerade diese Gefährdung rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats die Versagung der Befreiung von der Umsatzsteuer bei der vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferung.
48
In der Rechtssache Collée führte der Gerichtshof zudem aus, dass dem nationalen Gericht die Prüfung obliegt, „ob die Verschleierung des Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die daraus folgende Verzögerung bei der Korrektur der jeweiligen Buchungen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. …… Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteile zu kommen“ (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38). Diese Aussage des Gerichtshofs impliziert aus Sicht des Senats, dass das Besteuerungsrecht des anderen Mitgliedstaats nicht ausschließt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen auch für das Steueraufkommen im Lieferstaat eine rechtlich relevante Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Denn ohne die Gefährdung des Steueraufkommens ist eine Mehrwertsteuerhinterziehung nicht denkbar. Tatsächlich soll es nach dem Tatplan der Beteiligten von Umsatzgeschäften der vorliegenden Art auch gerade nicht zu einer ordnungsgemäßen Besteuerung im Bestimmungsland kommen.
49
d) Schließlich gebieten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine abweichende Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn eine Regelung betroffen ist, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen , die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 52). Auf beide Grundsätze kann sich indes nur der gutgläubige Unternehmer berufen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries u.a., Rdn. 33), und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte, noch haben konnte (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelt es sich bei Lieferanten, die die wahren Empfänger verschleiern, um ihnen die Hinterziehung der Erwerbssteuer zu ermöglichen, jedoch gerade nicht.
50
e) Auch wenn der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Baden -Württemberg nicht für zutreffend erachtet, legt er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Angesichts der vom Finanzgericht Baden-Württemberg geäußerten Rechtsbedenken kann nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass für die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 28c der Sechsten Richtlinie in Fällen der Verschleierung des Empfängers innergemeinschaftlicher Lieferungen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 - Cilfit, Rdn. 16). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 354/08
vom
20. November 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja - nur 1. -
Veröffentlichung: ja
______________________________
1. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen
Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer
in kollusivem Zusammenwirken mit dem tatsächlichen Abnehmer
die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem
Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
2. Wird eine solche Lieferung durch den inländischen Unternehmer
gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt,
macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige
Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf
die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1
Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
BGH, Beschl. vom 20. November 2008 - 1 StR 354/08 - LG München II
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2008 beschlossen
:
1. Den Angeklagten wird auf ihre Anträge gegen die Versäumung
der Frist zur Anbringung der in der Revisionsbegründungsschrift
vom 4. April 2008 unter B. 2. Teil III (RB S. 73) und B. 3. Teil I
(RB S. 94) erhobenen Verfahrensrügen Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzungen tragen die Angeklagten.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München II vom 28. November 2007 werden als unbegründet
verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten bzw. drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen, sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. September 2008, die auch durch die Erwiderungen der Beschwerdeführer (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die beiden Angeklagten seit Ende des Jahres 1983 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Unternehmen, das unter anderem auch den Handel mit Kraftfahrzeugen zum Gegenstand hatte. In diesem Geschäftsbereich erwarben die Angeklagten im Inland gegen Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer hochwertige Personenkraftwagen, die sie sodann - seit 1996 in stetig steigendem Umfang - an ihre in Italien gewerblich tätigen Kunden verkauften. Ihre Ausgangsrechnungen stellten sie in Absprache mit ihren Abnehmern auf italienische Scheinkäufer aus, die ihrerseits die Fahrzeuge zum Schein an Zwischenhändler verkauften. In einem weiteren Scheingeschäft verkauften diese Zwischenhändler die Personenkraftwagen dann an die tatsächlichen Abnehmer der Angeklagten und wiesen in den diesbezüglichen Ausgangsrechnungen die italienische Umsatzsteuer offen aus. Den Angeklagten war bewusst, dass die Scheingeschäfte, die ihre Abnehmer veranlassten, vorgetäuscht wurden, um den tatsächlichen Erwerbern der Fahrzeuge in Italien den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, während die Aussteller der Scheinrechnungen zu keiner Zeit die bei ihnen anfallende Umsatzsteuer abführten.
3
In ihren eigenen Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2003 und 2004 sowie in den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen von Januar 2005 bis Februar 2006 erklärten die Angeklagten die Umsätze aus den Geschäften mit ihren italienischen Scheinkäufern als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG. Darüber hinaus machten sie die ihnen bei Ankauf der Pkw in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend, obwohl teilweise die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegeben waren. Insgesamt hat das Landgericht eine Hinterziehungssumme in Höhe von mehr als 3.640.000,-- EUR errechnet, die aus den vollendeten Taten resultierte. Hierbei beläuft sich die im Zusammenhang mit den Fahrzeuglieferungen nach Italien hinterzogene Umsatzsteuer auf 1.770.386,-- EUR. Daneben versuchten die Angeklagten nach den Berechnungen des Landgerichts, weitere Steuern in Höhe von 240.855,-- EUR zu hinterziehen.

II.


4
Auf der Grundlage dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht zu Recht bei den Lieferungen nach Italien das Vorliegen von innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG verneint, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfrei gewesen wären. Die Lieferung von Gegenständen an einen Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet stellt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6a UStG dar, wenn der inländische Unternehmer in kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer die Lieferung an einen Zwischenhändler vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Werden diese Lieferungen durch die inländischen Unternehmer gleichwohl als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erklärt, macht der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und verkürzt dadurch die auf die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG anfallende und von ihm geschuldete Umsatzsteuer.
5
1) Die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen fand zur Tatzeit ihre Grundlage in Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl. EG Nr. L 145 S. 1; im Folgenden: Sechste Richtlinie). Damit wird der Mehrwertsteuerübergangsregelung Rechnung getragen, nach der im Rahmen der Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen sollen, in dem der Endverbrauch erfolgt (Grundsatz der steuerlichen Territorialität). Gleichzeitig wird bei einer im Ursprungsland steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung die Doppelbesteuerung und damit eine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität vermieden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 21 f.).
6
2) Die Mitgliedstaaten dürfen nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie Maßnahmen erlassen, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu verhindern. Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG daher erforderlich, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a Abs. 1 und 2 UStG durch den inländischen Unternehmer nachgewiesen sind. Dabei muss die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG) durch entsprechende Belege eindeutig und leicht nachzuprüfen sein (§ 17a Abs. 1 UStDV, sog. Belegnachweis). Darüber hinaus hat der inländische Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung buchmäßig nachzuweisen (§ 17c Abs. 1 UStDV; sog. Buchnachweis). Diese Nachweispflichten sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie sind indes grundsätzlich keine materielle Voraussetzungen für die Befreiung von der Umsatzsteuer (BFH DStR 2008, 297, 299 im Anschluss an die Vorabentscheidung des EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé). Steht aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat (BFH aaO). Soweit in der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH/NV 1997, 629 ff.) auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde (BGH NJW 2005, 2241), gibt der Senat diese angesichts der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH auf.
7
3) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht gleichwohl zu Recht das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung verneint.
8
a) Die erklärten und als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichneten Lieferungen an die vorgeblichen Zwischenhändler haben nicht stattgefunden. Hierbei handelte es sich um bloße Scheingeschäfte. Bei diesen fehlt es daher bereits an einer Lieferung i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UStG. Lieferungen sind dabei Leistungen eines Unternehmers, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, in eigenem Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht , § 3 Abs. 1 UStG). Eine solche tatsächliche Verfügungsmacht wurde den Scheinabnehmern indes weder verschafft noch sollte sie - wie die Angeklagten wussten - zu irgendeiner Zeit verschafft werden.
9
b) Stattdessen liegen Lieferungen an die tatsächlichen Erwerber der Fahrzeuge vor. Hierbei handelt es sich um Lieferungen i.S.v. § 1 Abs. 1 UStG und somit um steuerbare Umsätze. Deren - allein in Betracht zu ziehende - Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG scheidet aus, da die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nicht gegeben sind.
10
aa) Für die Steuerbefreiung der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG neben den weiteren Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG erforderlich, dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Dabei ist allerdings grundsätzlich nicht Voraussetzung, dass der Gegenstand des Erwerbs tatsächlich besteuert wird (Weymüller in Sölch/Ringleb UStG § 6a Rdn. 35). Den inländischen Unternehmer treffen insoweit auch keine Nachweispflichten i.S.v. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG (Weymüller aaO Rdn. 51).
11
bb) § 6a Abs. 1 UStG setzt aber die diesbezüglichen Vorgaben der Sechsten Richtlinie in das nationale Recht um. Bei der Auslegung der Vorschrift sind daher die Vorgaben des einschlägigen Gemeinschaftsrechts zu beachten.
12
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, dem insoweit das Auslegungsmonopol zukommt (Art. 234 EGV), ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht indes nicht erlaubt. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts kann nicht so weit gehen, dass missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden. Denjenigen Umsätzen, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen, sind diese Vorteile zu versagen (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 69). Das demnach im Gemeinschaftsrecht verankerte grundsätzliche Verbot missbräuchlicher Praktiken gilt dabei auch auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen , Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ist ein Ziel, das von der Sechsten Richtlinie anerkannt und gefördert wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 70 f.). Eine missbräuchliche Praxis ist dabei dann gegeben, wenn die Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe und wenn anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006 - Rechtssache C-255/02 - Halifax, Rdn. 74 f.).
13
(2) Danach ist § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gemeinschaftsrechtlich dahingehend auszulegen, dass der Erwerb des Gegenstands einer Lieferung beim Abnehmer dann nicht den Vorschriften der Umsatzbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne der Vorschrift unterliegt, wenn die im Bestimmungsland vorgesehene Erwerbsbesteuerung der konkreten Lieferung nach dem übereinstimmenden Willen von Unternehmer und Abnehmer durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden soll, um dem Unternehmer oder dem Abnehmer einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Anderes gilt, wenn die Verschleierungsmaßnahme anderen Zwecken dient.
14
cc) Eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 Abs. 3 EGV besteht in diesem Zusammenhang nicht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegt nicht vor. Die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen waren bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH, so dass eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gegeben ist, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache Rs 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258).
15
(1) Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Sechsten Richtlinie erlassen haben, dürfen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht so weit gehen, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 26 m.w.N.). Danach ist zu gewährleisten, dass lediglich der Erwerb des Endverbrauchers mit Umsatzsteuer belastet ist, während die Unternehmer einer Lieferkette einer solchen Belastung nicht ausgesetzt werden sollen.
16
(2) Vor diesem Hintergrund hat es der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits als nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen , dass die Gewährung einer Mehrwertsteuerbefreiung allein von der Einhaltung bestimmter formeller Anforderungen abhängig gemacht wird, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 29).
17
(3) Gleichzeitig hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften schon festgestellt, dass das Recht auf Befreiung einer Lieferung von der Mehrwertsteuer entfällt, wenn feststeht, dass der betreffende Umsatz zur Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils getätigt wurde und dadurch eine Gefährdung des Steueraufkommens besteht und diese nicht vollständig vom Steuerpflichtigen beseitigt worden ist (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 38 ff., Rdn. 42). Unter diesen Voraussetzungen hindert das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten auch nicht daran, die Verschleierung oder das Vortäuschen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach nationalem Recht steuerstrafrechtlich zu ahnden (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collé, Rdn. 40 m.w.N.).
18
(4) Zudem ist in der Rechtsprechung des EuGH bereits anerkannt, dass der Grundsatz der Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems es nicht verhindert, dass ein Mitgliedstaat Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachfordern kann, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschl. vom 3. März 2004 - Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 66).
19
(5) Zuletzt gebieten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine anderweitige Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen, die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 52). Beide Grundsätze kann indes nur der gutgläubige Unternehmer für sich in Anspruch nehmen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urt. vom 11. Mai 2006 - Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries, Rdn. 33) und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte noch haben konnte (EuGH, Urt. vom 27. September 2007 - Rechtssache C-409/04 - Teleos, Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelte es sich bei den hier in Rede stehenden Konstellationen indes gerade nicht.
20
dd) Das danach auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemeinschaftsrechtlich gebotene Verständnis des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, das in Fällen der vorliegenden Art zur Versagung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG führt, genügt auch den Anforderungen, die nach Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit der die Blankettstrafnorm ausfüllenden Vorschriften zu stellen sind. Tragweite und Anwendungsbereich des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und somit auch Tragweite und Anwendungsbereich des Straftatbestandes des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sind für den Normadressaten bereits aus dem Gesetz selbst zu erkennen und können durch Auslegung ermittelt und konkretisiert werden (vgl. insoweit BVerfGE 105, 135, 153 m.w.N.).
21
ee) Da in den vorliegenden Fällen nach dem einvernehmlichen Willen der Angeklagten und ihrer Geschäftspartner durch Vorspiegelung der Scheinkäufer die Erwerbsbesteuerung bei den tatsächlichen Erwerbern in Italien gerade ver- mieden werden sollte, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen, sind auch die Voraussetzungen erfüllt, die zum Wegfall der Steuerbefreiung führen.
22
(1) Auf der Grundlage formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts hätte die Lieferung einen Steuervorteil, nämlich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, zur Folge.
23
(2) Dessen Gewährung würde dem Ziel, das mit diesen Bestimmungen verfolgt wird, zuwiderlaufen; das gemeinschaftsrechtliche Umsatzsteuersystem würde zu Gunsten einzelner Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht. Ziel der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung und der Neutralität des gemeinsamen Umsatzsteuersystems ist aber die Herstellung eines „gesunden Wettbewerbs“ im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr (vgl. den dritten Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie). Demgegenüber verschaffen sich die Beteiligten eines Kettengeschäfts wie des vorliegenden unter Ausnutzung der formalen Vorgaben der einschlägigen Bestimmungen Wettbewerbsvorteile, die von dem gemeinsamen Umsatzsteuersystem nicht bezweckt werden. Der Unternehmer kann in der Regel den Gegenstand bereits zu einem höheren Preis verkaufen, als der Markt erbringen würde. Jedenfalls der tatsächliche Abnehmer verschafft sich aber den Gegenstand zu einem günstigeren Preis, als er tatsächlich auf dem Markt zahlen müsste, da er die Vorsteuer, die er für den formellen Erwerb geltend macht, dem tatsächlich gezahlten Preis gegenrechnen kann.
24
(3) Auch die erforderlichen objektiven Anhaltspunkte, die ergeben, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird, liegen vor. Die festgestellte konkrete Abwicklung der fraglichen Fahrzeugge- schäfte diente - wie die Angeklagten wussten - allein der Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile bei den Abnehmern der Angeklagten. Zu diesem Zweck sollte die vom Mehrwertsteuersystem bezweckte Besteuerung im Bestimmungsland gezielt umgangen werden.
25
4) Indem die Angeklagten kollusiv mit den Abnehmern in Italien zusammenwirkten , entfiel demnach die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG für die fraglichen Lieferungen. Durch die daher wahrheitswidrigen Erklärungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in den Umsatzsteuerjahreserklärungen und -voranmeldungen wurde somit die nach deutschem Recht von den Angeklagten auszuweisende und abzuführende Umsatzsteuer hinterzogen. Den Angeklagten wird demgemäß auch nicht die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Italien vorgeworfen.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Tatbestand

 
Bei der Klägerin handelte es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde im Jahr 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen. Das Stammkapital betrug DM 50.000,-. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr A.B., der daneben die Firma A.B., ........... betrieb. Gegenstand des Unternehmens war laut Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten - Herrn C.C. und Frau F.F. - betrieben. Herr A.B. war dabei für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich; der laufende Geschäftsbetrieb wurde durch Herrn C.C. und Frau F.F. abgewickelt. Frau F.F. hatte im Gegensatz zu Herrn C.C., der dies nicht wollte, umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren. Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Herr C.C. und Frau F.F. bei der Firma -Y- beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer der Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Herr C.C. bereits im Vertrieb der Computerfirmen -Z- und -W- gearbeitet.
Aufgrund einer Prüfung der Steuerfahndungsstelle (Steufa) beim Finanzamt K (Ermittlungsverfahren „........“) und den daraus resultierenden Feststellungen (vgl. Strafrechtlicher und steuerlicher Ermittlungsbericht vom 05. Dezember 2002, Bl 6 ff der Steuerfahndungsakte) erließ das beklagte Finanzamt mit Datum vom 04. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie mit Datum vom 07. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für die Monate Januar und Februar 2001 (zwischenzeitlich Jahressteuerbescheid vom 11. Oktober 2006). Die Ermittlungen der Steufa hatten nichtabzugsfähige Vorsteuern ergeben (keine Lieferungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes mangels Verschaffung der Verfügungsmacht) in Höhe von DM 20.071.462,08 (ger. EUR 10.262.376,-) im Jahr 1999, DM 20.777.535,11 (ger. EUR 10.623.385,-) im Jahr 2000 und DM 2.095.858,12 (ger. EUR 1.071.595,-) bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001. Die in den Ausgangsrechnungen ausgewiesene und entrichtete Umsatzsteuer blieb unverändert, da die Umsatzsteuer aus den Ausgangsrechnungen nach § 14 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr. 4 UStG geschuldet werde. Hieraus resultierten Nachzahlungsansprüche zu Lasten der Klägerin in Höhe von EUR 10.262.375,46 zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 1.385.417,00 für das Jahr 1999, EUR 10.616.077,56 zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 560.602,00 für das Jahr 2000 sowie EUR 1.071.594,82 für die Monate Januar und Februar 2001.
Nach den Ermittlungen der Steufa hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Die Klägerin nahm innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. Buffers II ein. Sie bezog dabei ihre Waren (Central Processing units - CPUs) nahezu ausschließlich von einem anderen Buffer (Firma -V- GmbH) und verkaufte sie an weitere, an dem Karussell beteiligte Firmen, insbesondere an die Firma D.L. AG als sog. Distributor. Hierbei ist es nach Berechnungen der Steufa auch zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen (über den gesamten Prüfungszeitraum berechnete sie, dass 10 Prozent der gehandelten Waren nicht nur einmal, sondern mehrfach bezogen und weiterverkauft wurden). Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts K gegen Verantwortliche der Firma -V- GmbH (Az: 3 KLs 59 Js 6992/01) war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen Herrn A.B. eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde allerdings nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt (Einstellungsverfügung vom 21. März 2003); das Verfahren gegen Frau F.F. wurde nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von EUR 2.500,- eingestellt; das Verfahren gegen Herrn C.C. wurde nach dessen Tod eingestellt.
Gegen die geänderten Bescheide hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, mit Schriftsatz vom 06. Mai 2006 Untätigkeitsklage erhoben. Während des laufenden Klageverfahrens hat das beklagte Finanzamt sodann den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin Bezug nehmend auf die Einspruchsentscheidung und den Beklagtenvortrag zum Sachverhalt vor, dass Ein- und Verkauf ausschließlich ihre Entscheidungen gewesen seien. Es habe weder Vorgaben noch Abnahme- bzw. Lieferzwänge gegeben. Sie habe frei disponieren können. Vom Vorliegen eines Karussells sowie dessen Hintergrund und Funktionsweise habe keine Kenntnis bestanden. Dies ergebe sich insbesondere aus der Aussage des Herrn A.B. vom 03. April 2001. Auch der Name -U- sei unbekannt gewesen. Die auf Seite 6 der Einspruchsentscheidung genannten Firmen seien ihr nicht bekannt gewesen. Die Prozessoren seien bei Großkunden in nicht unerheblichem Umfang selbst verarbeitet worden. Die Mehrfachdurchläufe der Boxen seien von der Steufa lediglich finanzmathematisch hochgerechnet worden, obwohl die Boxennummern lückenlos vorhanden seien und damit eine Einzelermittlung möglich sei, die zu einem deutlich nach unten abweichenden Ergebnis führe. Die genannten Firmen S.H. sowie -Q- seien ihr nicht bekannt. Geldausschüttungen seien keine erfolgt. Von Mehrfachdurchläufen hätten weder der Geschäftsführer A.B. noch vermutlich seine Angestellten Kenntnis gehabt, die diese selbst bei Kenntnis nicht mit einem Umsatzsteuerkarussell in Verbindung gebracht hätten. Alle Boxennummern seien kopiert worden, Mehrfachdurchläufe seien nicht feststellbar gewesen. Die angesprochenen Markierungen seien jedenfalls dem Geschäftsführer A.B. bis zur Befragung durch die Steufa unbekannt gewesen. Der genannte Herr F sei im Zusammenhang mit anderen Kunden offenbar irrtümlich festgenommen worden, aber wieder frei gekommen. Die Geschäftsbeziehung habe dann noch ca. ½ Jahr bestanden. Der Gefängnisaufenthalt des Herrn N. sei für Herrn A.B. unbedeutend gewesen, da die Geschäfte der Klägerin sauber durchgeführt worden seien. Auch sei Herrn A.B. lediglich ein von Herrn C.C. unterschriebener Fahrauftrag zum Rotterdamer Flughafen bekannt gewesen. Die Firma selbst sei ihm unbekannt gewesen. Um einen Lieferschein habe es sich dabei nicht gehandelt.
Die Firmen G.A. GmbH und E.T. seien der Klägerin nicht bekannt. Die Firma Ä. habe den Z-Versand mit Computern und Einzelteilen beliefert. Die Firma O.E. habe für einen englischen Konzern eingekauft. Die bei der D.L. AG in der Tradingabteilung beschäftigte Frau Ö. sei vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden (vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz vom 05. Oktober 2006). Der Vertrieb der Klägerin habe teils aus Waren vom freien teils vom grauen Markt bestanden. Die Ware sei stets originalverpackt gewesen. Die Originalverpackungen hätten auch nicht geöffnet werden dürfen. Die Firma Ü. verbessere ihre Prozessoren jährlich drei- bis viermal und die Kunden wollten immer nur den neuesten Prozessor. Alte Ware sei damit unverkäuflich gewesen. Die Lieferzeiten der Original Equipment Manufacturer (OEM) seien deshalb erheblich. Die Klägerin habe nicht jeden Tag Geschäfte getätigt. Phasenweise seien keine Ware auf dem Markt und keine Abnehmer vorhanden gewesen. Computerhersteller, d.h. Händler und „Schrauber“ hätten überschüssige Prozessoren am selben Tag weiterverkaufen können. Die OEMs hätten vom Verkauf gelebt und hätten die Lager teils unter dem Einkaufspreis geleert bis neue Ware da gewesen sei. Für die OEMs habe mit Ausnahme bei der Auslaufware eine Preisbindung des Herstellers bestanden. Größere Stückzahlen an Prozessoren seien von Lieferanten für Aktionen bei .......... u.a. gekauft worden. Die Firmen Ä., Z-Versand, D.L. u.a. hätten die Prozessoren nicht nur (weiter)gehandelt, sondern auch verbaut. Woher und wohin die Kunden der Klägerin geliefert hätten und welche sonstigen Lieferanten vorhanden gewesen seien, sei ihr nicht bekannt gewesen. Der Kundenstamm der Klägerin habe zum Teil aus reinen Händlern, daneben aber auch aus Händlern und Selbstbauern bestanden. Defekte Teile seien dann durch diese auch zurückgegeben worden.
Ein Abwerben von Kunden unter Ausschaltung des nachfolgenden Abnehmers sei nicht möglich gewesen und hätte gegen die Grundsätze des Fairplay verstoßen, wobei die Firmen D.L. und J. auch bei der -V- GmbH eingekauft hätten.
Die Redlichkeit der Klägerin ergebe sich zudem aus der einwandfreien Buchführung, den Bankauskünften der A-Bank über Kunden und Lieferanten, den erteilten Abbuchungsermächtigungen für das Finanzamt, den vom beklagten Finanzamt durchgeführten beanstandungslosen Prüfungen sowie den Kopien und der Archivierung sämtlicher Boxennummern.
Hinsichtlich der Preisgestaltung sei anzuführen, dass wegen der Schnelllebigkeit des Marktes und der täglich neu auszuhandelnden Preise sowie durch illegale Graumarktwaren, Preise deutlich unter dem Herstellerlistenpreis möglich gewesen seien.
10 
In rechtlicher Hinsicht trägt die Klägerin vor, dass die Vorsteuerabzugsfähigkeit auch bei Umsatzsteuerkarussellen gegeben sei. Die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) getroffene Einschränkung bei Bösgläubigkeit dürfe nicht restriktiv ausgelegt werden. Eine weite Auslegung würde faktisch einer Sanktionierung Unschuldiger über das Mittel des Steuerrechts gleichkommen. Es spreche viel dafür, die erst später eingeführte Haftungsvorschrift des § 25d Umsatzsteuergesetz (UStG) aus Gerechtigkeitsgründen nicht rückwirkend für den hier in Rede stehenden Sachverhalt zu Lasten des Steuerpflichtigen anzuwenden. Auch sei zu berücksichtigen, dass in den Jahren 1997 bis Anfang 2000 der Begriff des Umsatzsteuerkarussells allenfalls in Fachkreisen und den Ermittlungsbehörden geläufig gewesen sei. Die genaue Funktionsweise und die Hintergründe seien erst im neuen Jahrtausend aufgearbeitet worden. Für den normalen Steuerpflichtigen seien die Gesamtabläufe nicht durchschaubar gewesen. Schließlich sei bei der neuen Haftungsvorschrift des § 25d UStG auf die Bösgläubigkeit des Unternehmers abzustellen. Diese sei nur dann anzunehmen, wenn ein Mitwissen des Unternehmers oder ein gemeinsames Handeln mit den (bösgläubigen) Angestellten vorliege. Dies sei bei Herrn A.B. jedenfalls nicht der Fall, selbst wenn von einer Bösgläubigkeit von Frau F.F. und Herrn C.C. ausgegangen werde, was aber bestritten werde. Überdies sei ein etwaiges Verschulden bzw. kennen müssen/können der Angestellten der Klägerin und deren Geschäftsführer nicht zuzurechnen, da hierdurch systemwidrig der Vorsteuerabzug zu einem Haftungstatbestand gemacht würde und jedenfalls vorliegend der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt würde.
11 
Auch müsse der Beklagte zunächst das Feststehen objektiver Kriterien bezüglich des Wissens bzw. Wissenmüssens dartun und beweisen. Dies sei dem Beklagten jedoch nicht gelungen. Seitens der Klägerin sei ein ganzes Maßnahmebündel sowohl bei dem Einstieg in das branchenfremde Geschäft als auch während der Geschäftstätigkeit getroffen worden. So seien neben weiteren Einzelmaßnahmen die Hausbank und zwei Steuerberater eingebunden gewesen; daneben sei eine Vielzahl von Umsatzsteuerprüfungen ohne Beanstandung abgeschlossen worden. Darüber hinaus seien als weitere Vorsichtsmaßnahme zur Abwendung von Reklamationen seit August 1997 die Boxlabels kopiert worden, was den Ermittlungsbehörden erst die Feststellung von Doppel- bzw. Mehrfachdurchläufen ermöglicht habe. Bei unterstellter Bösgläubigkeit wäre dieser Aufwand sicher nicht betrieben worden, da die Klägerin an der Schaffung belastenden Beweismaterials dann kein Interesse gehabt hätte, so dass dieser Umstand wiederum für die Klägerin spreche. Darüber hinaus seien Geschäftsbeziehungen wie die zur Firma O. bei Kenntnis von Unregelmäßigkeiten sofort abgebrochen worden. Schließlich könnten aus den (noch verbliebenen) Doppel- bzw. Mehrfachdurchläufen keine negativen Schlüsse zu Lasten der Klägerin gezogen werden, da diese von den Firmenverantwortlichen der Klägerin auch hätten erkannt werden müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Insbesondere sei bei den meisten vom Beklagten festgestellten Mehrfachdurchläufen keine Zusatzmarkierung auf den Boxenlabels erkennbar, wobei zudem unklar sei, in welchen Fällen von einer Markierung im Sinne des Beklagten auszugehen sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass es sich bei den Boxnummern entgegen der Annahme des Beklagten wohl um kein Alleinstellungsmerkmal handele; dies dürfte branchen- und damit auch Herrn C.C. bekannt gewesen sein, weshalb Mehrfachdurchläufe und deren Nachprüfbarkeit für ihn keine Rolle gespielt haben dürften. Bei den von Frau F.F. vermerkten Mehrfachdurchläufen habe es sich um Retouren bzw. von D.L. vermerkte Informationen gehandelt haben können.
12 
Schließlich würde die Streichung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verletzen, da die in den Ausgangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer sowohl vom Vorlieferanten als auch von der Klägerin abgeführt worden sei. Die Streichung wäre nur bei einem nachgewiesenen rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Klägerin gerechtfertigt, was vorliegend aber gerade nicht der Fall sei.
13 
Die Klägerin beantragt, für das Jahr 1999 DM 18.314.273,-, für das Jahr 2000 DM 20.032.663,- und für das Jahr 2001 DM 1.833.552,- an Vorsteuern zum Abzug zuzulassen, hilfsweise die Revision zuzulassen, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
14 
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
15 
Ergänzend zur Einspruchsentscheidung wird vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Vorsteuerabzug zu versagen sei, wenn aufgrund objektiver Umstände feststehe, dass die Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen worden sei, der gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteilige, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei. Die Klägerin als GmbH müsse sich grundsätzlich das Wissen ihres gesetzlichen Vertreters, also von Herrn A.B., zurechnen lassen. Daneben gelte der Grundsatz, dass sich derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, das in diesem Zusammenhang erlangte Wissen des Anderen zurechnen lassen müsse. Deshalb sei vorliegend hinsichtlich des Wissens auch auf die Person von Herrn C.C. abzustellen. Dieser habe das operative Geschäft der Klägerin initiiert und geleitet, habe den Kontakt zu den Lieferanten und Abnehmern hergestellt und habe die Warenannahme und -ausgabe selbständig abgewickelt. Demgegenüber sei Herr A.B. nur anfänglich bei der Warenübergabe zugegen gewesen und habe sich später fast ausschließlich um seinen Druckereibetrieb gekümmert.
16 
Bei der Frage des „Wissenmüssens“ sei zu beachten, dass hierdurch lediglich der redliche Buffer geschützt werden solle, also derjenige, der neben vielen Nicht-Karussellumsätzen vereinzelte Umsätze innerhalb eines Karussells ausweise. Im Streitfall seien jedoch nahezu alle Umsätze dem Umsatzsteuerkarussell und ein und demselben Lieferanten zuzuordnen. Auch sprächen zahlreiche Indizien für ein „Wissen müssen“ der Klägerin:
17 
- Über die -V- GmbH und deren Geschäftsführer, mit der die Klägerin über 90 % ihrer Umsätze getätigt habe, seien in der Computerbranche Gerüchte im Zusammenhang mit Umsatzsteuerkarussellen kursiert.
- Es sei immer wieder vorgekommen, dass dieselbe Kiste mit CPUs innerhalb kurzer Zeit mehrfach (bis zu fünfmal) von der -V- GmbH gekauft und an die Firma D.L. weiterveräußert worden sei, was zumindest Herrn C.C. bekannt gewesen sei. Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass der Anteil an Mehrfachlieferungen von 8 % im Jahr 1999 auf 15 % im Jahr 2000 angestiegen und im Jahr 2001 dann auf 5,13 % gefallen sei. Grund hierfür sei gewesen, dass in der Branche vermehrt Steufa-Einsätze stattgefunden hätten, weshalb die Klägerin verstärkt die Lieferungen kontrolliert und Mehrfachdurchläufe zurückgewiesen habe. Zur Feststellung von Mehrfachlieferungen seien die Kartons individuell markiert gewesen, was Herrn C.C. bekannt gewesen sei.
- Den Herren A.B. und C.C. sei bekannt gewesen, dass in den CPU-Handel involvierte Personen wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden seien und dass die Firma D.L. vornehmlich in die Niederlande exportiert habe. Auch sei die persönliche Verflechtung bei N./ -Y- besonders auffallend, bei dem Herr C.C. beschäftigt gewesen sei und der zunächst im Bürokomplex des Herrn A.B. ein Büro angemietet gehabt habe. Später sei er wegen einer Steuerstraftat verhaftet und verurteilt worden, was auch Herr A.B. aus Gesprächen mit Herrn C.C. gewusst habe.
- Lieferbeziehungen mit einer Firma RR GmbH seien nach einer Steuerfahndungsprüfung abgebrochen worden. Als die Geschäftsführerin aber mit der neuen Firma SS wieder auf dem Markt aufgetreten sei, habe die Klägerin mit dieser Firma Lieferbeziehungen unterhalten.
- Der Kundenstamm der Klägerin sei nicht ausgebaut worden, obwohl es hierzu Gelegenheit gegeben hätte, da man Sanktionen vom Karussell befürchtet habe.
- Es sei großer Wert auf intakte Verpackungen gelegt, der Inhalt aber nicht überprüft worden.
- Innerhalb kürzester Zeit seien hohe Umsätze und damit hohe Gewinne erzielt worden.
- Branchenunüblich seien keine Zahlungsziele vereinbart worden; selbst Großkunden hätten per Blitzgiro zahlen müssen.
18 
Mit Beweisbeschluss des erkennenden Senats vom 22. Januar 2007 wurde die Vernehmung der Personen UU, WW, EE, F.F., CC, KK, Ö., II und NN als Zeugen angeordnet. Die Ladung des Zeugen NN konnte nicht zugestellt werden, da er von der Stadt M am 17. September 2003 von Amts wegen mit unbekanntem Aufenthalt abgemeldet wurde. Mit weiterem Beweisbeschluss vom 15. März 2007 wurde die (eingeschränkte) Verlesung der Vernehmungsprotokolle des verstorbenen Herrn C.C. sowie der Herren DD und ÄÄ, deren Anschriften nicht ermittelt werden konnten, angeordnet. Durch weiteren Beweisbeschluss vom 22. März 2007 wurde die Vernehmung von Herrn N., Herrn Rechtsanwalt HH, Frau C.C., Herrn LL, Herrn -U- sowie Herrn Steuerfahnder EE als Zeugen angeordnet. Mit weiterem Beweisbeschluss vom 05. April 2007 wurde die Zeugenvernehmung der Steuerfahnderin BB und des Steuerfahnders ÜV sowie von Herrn KL angeordnet (alle Beweisbeschlüsse: s. Ordner Beweisbeschlüsse). Die Aussagen der Zeugen sowie die verlesenen Vernehmungsprotokolle sind in den Niederschriften über die mündliche Verhandlung protokolliert.
19 
Schließlich wurde der Beklagte mit Auflagenbeschluss vom 08. Mai 2007 aufgefordert, „den jeweiligen Warenweg der den Vorsteuerkürzungen laut strafrechtlichem und steuerlichem Ermittlungsbericht vom 05. Dezember 2002 (dort aufgelistet in der Anlage 2) zugrundeliegenden Wareneinkäufe im einzelnen in geeigneter und nachvollziehbarer Weise darzustellen“ sowie mitzuteilen, „inwieweit ein an der Lieferkette vorhergehend oder nachfolgend Beteiligter eine Umsatzsteuerhinterziehung oder einen Umsatzsteuerbetrug im Sinne der EuGH-Rechtsprechung begangen hat“. Dem ist der Beklagte mit Schriftsätzen nebst Anlagen vom 29. Mai 2007 und vom 25. Juni 2007 nachgekommen.
20 
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte, den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Umsatzsteuer-, Rechtsbehelfs-, Steuerfahndungs-, Bilanz- und Allgemeine Akten, 1 Steuerfahndungsbericht D.L., 1 Steuerfahndungsakte Vorermittlungen, 1 Steuerfahndungsakte Kopie, 1 Ordner Ermittlungsvermerke, 12 Ordner Doppeldurchläufe/Warenbewegungen 99-01, 1 Ordner Beschuldigtenvernehmung, 1 Ordner PP NB/OPf. Vernehmungen Fahrer 1, 1 Ordner PP NB/OPf. Vernehmungen Fahrer 2, 5 Ordner PP NB/OPf. CPU-Kette 1999 - 2001, 1 Ordner PP NB/OPf. Auszüge aus TKÜ, 4 Ordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-, 1 Ordner D.L. 1999, 1 Ordner -X- Strafurteile gg. (Vor)Lieferanten) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
21 
Die Akten aus dem Verfahren 12 V 10/04 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Vorsteuerbeträge, soweit sie noch in Höhe von DM 18.314.273,00 (1999), DM 20.032.663,00 (2000) und DM 1.833.552,00 (2001) streitig geblieben sind, zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
23 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der entsprechende Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer unter anderem die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert worden sind, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
24 
Eine Lieferung liegt nach § 3 UStG vor, wenn der Unternehmer einem Anderen Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Nach dem entsprechenden Artikel 5 der 6. EG-Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
25 
Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer trägt die Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug.
26 
Die Klägerin verfügt über Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferung von CPUs, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Die rechnungsmäßigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen danach vor.
27 
Die Lieferanten sind auch Unternehmer. Unternehmer ist, wer Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt erbringt. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der 6. EG-Richtlinie. Nach dem maßgeblichen Art. 4 der 6. EG-Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger und damit dem Grunde nach als vorsteuerabzugsberechtigt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit, unter die nach Abs. 2 u.a. alle Tätigkeiten eines Händlers fallen, selbständig und unabhängig vom Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die Lieferanten der Klägerin - im Wesentlichen die -V- GmbH - haben in erheblichem Umfang CPUs eingekauft und sowohl an die Klägerin als auch an andere Unternehmer (J., PP) weiter verkauft. Ebenso ist die Klägerin Unternehmerin. Sie ist hinsichtlich der von ihr erworbenen CPUs als Händlerin am Markt aufgetreten und hat durch deren Weiterverkauf tatsächlich Lieferungen erbracht. Dies hat sie selbständig getan, da sich eine Fremdbestimmung auch aus den Ermittlungsakten nicht entnehmen lässt. Auch aus der Einspruchsentscheidung ergibt sich folgender Ablauf der Lieferungen: „Herr C.C., der die Kontakte zu den entsprechenden Unternehmen hatte, informierte sich bei den Lieferanten über Größenordnung und Preis der zur Verfügung stehenden CPU-Lieferung und bot die Ware daraufhin potentiellen Abnehmern an. War man sich einig, bestätigte zuerst der Kunde unwiderruflich per Fax die Abnahme der CPU-Lieferung, bevor Herr C.C. ebenfalls per Fax unwiderruflich dem Lieferanten den Auftrag bestätigte.“ Dieser Ablauf ist unstreitig. Die Klägerin konnte mithin wie ein typischer Unternehmer handeln und die Verträge kamen durch Angebot und Annahme zustande. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin als sog. Buffer II in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden war und sich damit außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs betätigt haben soll. Real existierende Firmen und tatsächlich erfolgte Lieferungen schließen ein Tätigwerden außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs per se aus, es sei denn es handelt sich um Produkte, für die kein legaler Markt besteht, wovon bei CPUs nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin auch Umsatzsteuerklärungen abgegeben und die jeweilige Umsatzsteuerschuld bezahlt.
28 
Die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs sind an die Klägerin auch tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.
29 
Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichem Sinn besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht zu Gunsten des Leistungsempfängers (§ 3 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, dass dem Leistungsempfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden müssen. Die Klägerin hat über ihre Angestellten C.C. und F.F. Verträge mit ihren Lieferanten über den Erwerb von Ü.-CPUs abgeschlossen, was auch vom Beklagten nicht bestritten wird. Die Geschäfte sind auch wie vereinbart durchgeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Scheingeschäfte handelte, bei denen sich beide Parteien einig waren, das Geschäft nicht wie erklärt durchführen zu wollen, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind an die Klägerin tatsächlich Kunststoffpaletten mit darauf befestigten Kartons, in denen sich verpackt die CPUs als sog. trayware befunden haben, geliefert worden. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin Verfügungsmacht an den CPUs erhalten und diese dann an ihre Kunden weitergeliefert. Der Besitz- und Eigentumserwerb der Klägerin vollzog sich bei Lieferungen an den Firmensitz durch Einigung und Übergabe. Durch die Anlieferung und Weiterveräußerung der Ware ist es zu einem Eigentums- und Besitzwechsel an der Ware gekommen, so dass von Lieferungen im umsatzsteuerlichen Sinne auszugehen ist. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin in im Wesentlichen feste Lieferbeziehungen eingebunden war, denn dies entspricht einer üblichen wirtschaftlichen Praxis und ist zur Vermeidung von Lieferantenausfällen nicht unüblich. Dass bei Auftragslieferungen oder Auftragsfertigungen im Zulieferbereich, der oftmals mit nur einem Großkunden in Lieferbeziehung steht, wie z.B. in der Automobilindustrie, das Vorliegen einer Lieferung zu verneinen sei, wird selbst von Finanzbehörden nicht vertreten. Dass die Klägerin gezwungen gewesen wäre, ihre Ware im Wesentlichen von der -V- GmbH zu beziehen und an die D.L. AG zu veräußern, ist dem vorliegenden umfangreichen Aktenmaterial jedenfalls nicht zu entnehmen. Hier wird lediglich ohne weitere Nachweise von den Ermittlungsbehörden behauptet, dass ein Verlassen der festgelegten Lieferwege Sanktionen des Karussells zur Folge gehabt hätte.
30 
Gegenüber der Klägerin sind damit von anderen Unternehmern Lieferungen erbracht worden, für die in Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden ist. Insofern liegen die (objektiven) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugunsten der Klägerin vor.
31 
Der der Klägerin danach zustehende Vorsteuerabzug kann nicht allein mit dem Hinweis darauf verweigert werden, sie habe innerhalb eines Umsatzsteuerkarussells gehandelt.
32 
Das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug wird nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette, zu der der Umsatz des Steuerpflichtigen gehört, ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. Dies ergibt sich daraus, dass das in Art. 17 ff der 6. EG-Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und deshalb grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Umsätze geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus abgeführt wurde, ist für das Recht auf den Vorsteuerabzug damit unmaßgeblich. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer verbietet eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Die Einstufung eines Verhaltens als strafbar führt nicht ohne weiteres dazu, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist. Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug – sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug – einbezogen sind, müssen auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Steht dagegen aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einen „Mehrwertsteuerbetrug“ einbezogen war, so verliert er sein Recht auf den Vorsteuerabzug (vgl Urteile des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 06. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, Umsatzsteuerrundschau - UR – 2006, 594 sowie vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355-03 und C-484/03, UR 2006, 157; im Anschluss daran Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. April 2007 V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035).
33 
Hinweise hierauf können die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den Akteuren liefern. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Position des Steuerpflichtigen bei der Manipulation. Je näher die Verbindung zum Missing-Trader ist, desto wahrscheinlicher ist eine Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.
34 
Nach Ansicht des Senats ist dabei die Beteiligung an einer „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einem „Mehrwertsteuerbetrug“ nicht dahingehend zu verstehen, dass eine nach dem nationalen Recht strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO bzw. ein strafbarer Betrug gem. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen muss. Ziel der 6. EG-Richtlinie ist nämlich die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch. Insoweit ist es jedoch erforderlich, bereits bei bewussten Pflichtwidrigkeiten den Vorsteuerabzug zu versagen. Es ist also auch in den Fällen, in denen zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben worden sind, diese jedoch entsprechend dem vorgefassten Tatplan nicht beglichen worden sind, bei entsprechender Kenntnislage von einer vorsteuerschädlichen Beteiligung auszugehen, da es auch hierdurch zu einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens kommt.
35 
Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (4 Leitzordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-) sowie dem landgerichtlichen Urteil in Sachen -V- ergibt sich, dass bei den letztendlich nicht anerkannten Vorsteuerbeträgen entweder einer der Vorlieferanten keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben oder zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben, diese aber gemäß gefasstem Tatplan nicht abgeführt hat. In sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, waren Lieferanten involviert, bei denen bereits vom Landgericht K die „Missing-Trader-Eigenschaft“ festgestellt worden ist. Zweifel an diesen Feststellungen haben sich im vorliegenden Verfahren für den Senat nicht ergeben; vielmehr haben sich diese Feststellungen im vorliegenden Verfahren bestätigt. Sie konnten anhand der eingereichten und bereits benannten Unterlagen verifiziert werden. Unbeachtlich ist insoweit, dass nicht in allen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt ist, da es hierauf nicht entscheidend ankommt. Wie bereits ausgeführt ist bei entsprechender Kenntnislage ein pflichtwidriges Verhalten eines Lieferanten der Lieferkette für die Aberkennung des Vorsteuerabzugs ausreichend.
36 
Hinsichtlich dieser Umsätze ist zur Überzeugung des Senats auch zumindest von einem Kennen müssen der Klägerin auszugehen. Dabei ist der Klägerin nicht nur das Wissen ihres Geschäftsführers, sondern auch das der Angestellten C.C. und F.F. zuzurechnen (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 153, 463 sowie BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFH/NV, 2003, 1521). Entgegen den Ausführungen der Klägerseite bedingt die Zurechnung keinen Systemverstoß im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer und stellt auch keinen Wertungswiderspruch zur Haftung nach § 69 Abgabenordnung (AO) dar. Insoweit gilt auch in der Umsatzsteuer der allgemeine Rechtsgedanke, dass jemand seine Stellung im Rechtsverkehr nicht dadurch verbessern darf, dass er Dritten die Erfüllung seiner Verpflichtungen überlässt und damit seinen Risikobereich ausweitet. Dies wäre aber der Fall, wenn durch die Beschäftigung eines bösgläubigen Arbeitnehmers Vorsteuern aus betrügerischen Umsatzsteuerkarussellen zum Abzug zugelassen würden. Demgegenüber liegt der Haftung eine ganz andere Situation zugrunde. Im Haftungsrecht geht es um das subsidiäre Einstehen müssen für eine fremde Schuld. Der als Vertreter Haftende wird zusätzlich zum Steuerpflichtigen herangezogen, weil er den Schaden durch Verletzung ihm persönlich obliegender Pflichten verursacht hat.
37 
Jedenfalls hinsichtlich der Angestellten C.C. und F.F. ergibt sich ein Kennen müssen bereits aus den folgenden objektiven Umständen, wobei hinsichtlich des Kennenmüssens vor dem Hintergrund der Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs und der Wahrung der Wettbewerbsneutralität nicht auf die konkreten Verhältnisse, sondern auf den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns abzustellen ist:
38 
- Sowohl Herr C.C. als auch Frau F.F. hatten Kenntnis von Mehrfach- bzw. Doppeldurchläufen. So ist von Frau F.F. auf verschiedenen Lieferscheinen bereits im Jahr 1999 vermerkt worden „schon mal gehabt“. Dass Frau F.F. Doppeldurchläufe als Problem bekannt waren, wird des Weiteren bestätigt durch die Zeugenaussage der Frau F.F. in der Vernehmung vom 07. März 2007 (vgl. Seite 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 07. März 2007). Insoweit ist der Klägervortrag, dass es sich um unverfängliche Retouren gehandelt haben könne, nicht nachvollziehbar, zumal im Zusammenhang mit Retouren der Vermerk keinen Sinn macht. Herr C.C. hatte in seiner Vernehmung vom 03. April 2001 (Seiten 9, 10) von Doppeldurchläufen und entsprechenden Kennzeichnungen berichtet und in seiner Vernehmung vom 21. November 2001 eingeräumt, von Kennzeichnungen der Pakete durch die Firma Ä. zum Zwecke der Vermeidung von Mehrfachdurchläufen Kenntnis gehabt zu haben (Seite 1 letzter Absatz und Seite 2 erster Absatz des Vernehmungsprotokolls). Insoweit hatte er auch ein „Problembewusstsein“. Deshalb reagierte er derart ungehalten auf entsprechende Lieferungen, was ebenfalls keinen Sinn machen würde, wenn Mehrfachdurchläufe mit gleichen Boxennummern ohne Aussagekraft und unverfänglich gewesen wären. Trotzdem wurde an der Firma -V- als Lieferanten festgehalten.
39 
- Diese Kenntnis und das damit verbundene Problembewusstsein werden bestätigt durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen II (S. 21 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08. März 2007), der ebenfalls von einer Kenntnis des Herrn C.C. als Brancheninsider ausgegangen ist. Auch aus der Aussage der Frau Ö. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 07. März 2007 geht hervor, dass es bei der Klägerin Doppeldurchläufe gegeben hatte und dass dies Herrn C.C. bekannt gewesen war (Niederschrift S. 9 und 10). Der Aussage des Zeugen KL in der mündlichen Verhandlung vom 02. Mai 2007 ist zu entnehmen, dass Herr C.C. von Doppeldurchläufen und entsprechend markierter Ware wusste und die gelieferte Ware auch dann angenommen hat, wenn diese „besonders auffällig markiert“ angeliefert wurde (Niederschrift S. 3 und 4).Die Zeugin BB hat bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 02. Mai 2007 ausgesagt, Herrn C.C. seien die gesamten Geschäftspraktiken, wie es bei der Klägerin gelaufen sei, bekannt gewesen (Niederschrift S. 11 - 13).Dieses Wissen um die Mehrfachdurchläufe im Zusammenhang mit dem (teilweisen) äußeren Zustand der Kartons (Kennzeichnungen, Beschädigungen) und den Branchenkenntnissen (Steuerfahndungsprüfungen) lässt zumindest auf ein (zurechenbares) Kennen müssen von Herrn C.C. bzw. Frau F.F. schließen. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass Kennzeichnungen der Kartons nicht erkannt worden seien, so ist dies bei einer Gesamtschau des Sachverhalts nicht glaubhaft. Insbesondere aus der Auflistung des Beklagtenschriftsatzes vom 19. September 2007, Anlage 4, drängt sich dies förmlich auf. So passierte die Box mit der Nummer ABCDEFG11 am 24. September, 11. Oktober und 14. Oktober die Klägerin. Beim ersten Durchlauf war das Label mit keiner Kennzeichnung versehen, beim zweiten mit einem deutlich erkennbaren Schrägstrich und beim dritten mit zwei Schrägstrichen. Ein ordentlicher Kaufmann hätte sich in dieser Situation davon überzeugt, dass in den Lieferbeziehungen keine steuerlichen Unregelmäßigkeiten vorkommen oder sie beendet und nicht darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe. Insoweit bedarf es auch keines Rückgriffs auf die Telefonüberwachungsprotokolle, deren unmittelbare sowie mittelbare Verwertung mangels Ermächtigungsgrundlage und der damit sonst verbundenen Verletzung eines verfassungsrechtlich geschützten Bereichs des Steuerpflichtigen (Art. 10 Grundgesetz, GG) einem qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbot unterliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464 und BFH-Urteil vom 04. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Zwar ist mittlerweile - nach dem Ergehen der zitierten BFH-Rechtsprechung - § 477 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten. Diese Bestimmung beschränkt die Übermittlung personenbezogener Informationen, die u.a. durch Maßnahmen gemäß § 100 a StPO ermittelt wurden, auf Zwecke u.a. zur Abwehr von erheblichen Gefahren. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Verwertung der Telefonprotokolle stellt § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, da es aufgrund der abgeschlossenen Strafverfahren und der bereits erfolgten geänderten Steuerfestsetzungen mit anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen an der Abwehr einer erheblichen Gefahr fehlt.
40 
Es wurden sehr schnell hohe Umsätze (bereits im Jahr 1999 DM 127.057.270,49 und im Jahr 2000 DM 131.592.676,90) und Gewinne (bereits für 1999 Jahresüberschuss DM 588.868,67 mit Ausschüttung in Höhe von DM 100.000,- und für 2000 DM 459.003,68 und Ausschüttung in Höhe von DM 200.000,-) bei praktisch keinem Risiko erzielt, was einen ordentlichen Kaufmann ebenfalls hätte misstrauisch werden lassen müssen, da dies der unternehmerischen Realität widerspricht. Dies umso mehr, als die Klägerin über kein besonderes Know how verfügte, sondern lediglich auf der gleichen Handelsstufe Lieferbeziehungen unterhielt und bei Betrachtung der getätigten Geschäfte eine Auslastung von 2 Vollzeitkräften ausgeschlossen erscheint, die zudem in Anbetracht der verrichteten Tätigkeiten und Vorbildungen auch noch eine attraktive Entlohnung erhielten. Genau dies widerspricht auch dem von der Klägerseite als Begründung für die Mehrfachdurchläufe ins Feld geführten börsenmäßigen Handel der CPU`s (vgl. insoweit auch Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881), da die Klägerin mit festen Gewinnaufschlagsätzen bei festen Lieferbeziehungen kalkulierte, die sie dann auch jeweils realisieren konnte, so dass ihr aus den einzelnen Geschäften keine Verluste entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem wesentlichen Element für den börsenmäßigen Handel, nämlich dem Verlustrisiko, das die Klägerin offensichtlich nicht trug.
41 
- Des Weiteren wäre einem ordentlichem Kaufmann aufgefallen, dass aufgrund der niedrigen Einkaufspreise nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung LÖ (vgl. insoweit die Ausführungen des Zeugen ÜV, S. 5 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02. Mai 2007) hatte die an die Klägerin gelieferte Ware regelmäßig einen Preis, der unter dem Preis der OEM-Lieferanten lag, die ja bereits über besondere Preisvorteile verfügten. Einem ordentlichen Kaufmann, der sich in dieser Branche betätigt, wäre dies aufgefallen und er hätte von diesen Geschäften Abstand genommen, was wiederum durch die Aussage des Zeugen -U- bestätigt wird (vgl. S. 4 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007).
42 
- Schließlich können die zahlreichen Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 1998 die Klägerin insoweit nicht entlasten. Zwar wurden bei diesen Prüfungen keine Unregelmäßigkeiten entdeckt; hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich nur um punktuelle Überprüfungen durch eine Behörde gehandelt hat, die zu diesem Zeitpunkt - im Gegensatz zur Klägerin - noch keine tieferen Branchenkenntnisse hatte, weshalb die Klägerin aus den beanstandungslosen Überprüfungen nicht auf die Seriosität ihrer Lieferbeziehungen schließen konnte. Im Gegenteil hätten diese gehäuften Prüfungen im Zusammenhang mit den bereits benannten Kriterien Anlass für die Klägerin sein müssen, sich kritisch mit ihren Lieferbeziehungen auseinanderzusetzen und diese genauer zu hinterfragen. Die Einholung von Bankauskünften und Handelsregistereintragungen ist bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht ausreichend (vgl. insoweit auch Ausführungen des Bundesrechnungshofs in seinem Bericht vom 03. September 2003, S. 25, veröffentlicht unter www.bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte). Im Ergebnis dürften diese Kriterien in Verbindung mit einer nicht ausreichenden Überwachung der Angestellten auch für ein Kennen müssen des Geschäftsführers der Klägerin ausreichend sein (vgl. insoweit auch die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung vom 21. März 2003), worauf es aber im Ergebnis aufgrund des der Klägerin zurechenbaren Verhaltens von Herrn C.C. und Frau F.F. nicht ankommt.
43 
Des Weiteren stellt die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin trotz abgeführter Umsatzsteuern aus den nachfolgenden Geschäften keinen Verstoß gegen das umsatzsteuerliche Neutralitätsprinzip dar. Durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer auf der Ebene der Missing trader ist es dort zu einer Störung gekommen, die durch die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin zu beseitigen ist.
44 
Schließlich stellt die Versagung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar. Das von der Sechsten Richtlinie anerkannte und geförderte Ziel, eine ordnungsgemäße Erhebung der Mehrwertsteuer zu sichern und Steuerhinterziehungen zu bekämpfen, stellt hohe Anforderungen an die Überprüfung von Geschäftsbeziehungen. Anhand der überdeutlichen Anzeichen für das Vorliegen inkriminierter Geschäfte, konnte die Klägerin sich nicht auf Formalprüfungen beschränken, sondern hätte die Geschäftsbeziehung zu ihren Vorlieferanten abbrechen müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, ist es zu einem erheblichen Umsatzsteuerausfall gekommen, wofür die Klägerin als mit verursachendes Glied in der Kette einzustehen hat. Dies ist auch im Verhältnis zu den seriösen Händlern geboten, die von solchen Geschäften gerade Abstand genommen haben (vgl. insbesondere Zeugenaussage -U-, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2007, Seite 4).
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO bzw. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
46 
Der Klägerin waren im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Kosten ganz aufzuerlegen. Denn der Beklagte ist, soweit er dem Klageantrag im Verlaufe des Verfahrens entsprochen hat, nur zu einem geringen Teil unterlegen.
47 
Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen V B 54/07 anhängige Verfahren (Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da der BFH soweit ersichtlich bislang nicht die Möglichkeit hatte, die vom EuGH aufgestellten Grundsätze weiter zu konkretisieren.

Gründe

 
22 
Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Vorsteuerbeträge, soweit sie noch in Höhe von DM 18.314.273,00 (1999), DM 20.032.663,00 (2000) und DM 1.833.552,00 (2001) streitig geblieben sind, zu Recht nicht zum Abzug zugelassen.
23 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der entsprechende Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer unter anderem die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert worden sind, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
24 
Eine Lieferung liegt nach § 3 UStG vor, wenn der Unternehmer einem Anderen Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Nach dem entsprechenden Artikel 5 der 6. EG-Richtlinie gilt als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
25 
Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer trägt die Feststellungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug.
26 
Die Klägerin verfügt über Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferung von CPUs, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist. Die rechnungsmäßigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug liegen danach vor.
27 
Die Lieferanten sind auch Unternehmer. Unternehmer ist, wer Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt erbringt. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der 6. EG-Richtlinie. Nach dem maßgeblichen Art. 4 der 6. EG-Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger und damit dem Grunde nach als vorsteuerabzugsberechtigt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit, unter die nach Abs. 2 u.a. alle Tätigkeiten eines Händlers fallen, selbständig und unabhängig vom Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Die Lieferanten der Klägerin - im Wesentlichen die -V- GmbH - haben in erheblichem Umfang CPUs eingekauft und sowohl an die Klägerin als auch an andere Unternehmer (J., PP) weiter verkauft. Ebenso ist die Klägerin Unternehmerin. Sie ist hinsichtlich der von ihr erworbenen CPUs als Händlerin am Markt aufgetreten und hat durch deren Weiterverkauf tatsächlich Lieferungen erbracht. Dies hat sie selbständig getan, da sich eine Fremdbestimmung auch aus den Ermittlungsakten nicht entnehmen lässt. Auch aus der Einspruchsentscheidung ergibt sich folgender Ablauf der Lieferungen: „Herr C.C., der die Kontakte zu den entsprechenden Unternehmen hatte, informierte sich bei den Lieferanten über Größenordnung und Preis der zur Verfügung stehenden CPU-Lieferung und bot die Ware daraufhin potentiellen Abnehmern an. War man sich einig, bestätigte zuerst der Kunde unwiderruflich per Fax die Abnahme der CPU-Lieferung, bevor Herr C.C. ebenfalls per Fax unwiderruflich dem Lieferanten den Auftrag bestätigte.“ Dieser Ablauf ist unstreitig. Die Klägerin konnte mithin wie ein typischer Unternehmer handeln und die Verträge kamen durch Angebot und Annahme zustande. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin als sog. Buffer II in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden war und sich damit außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs betätigt haben soll. Real existierende Firmen und tatsächlich erfolgte Lieferungen schließen ein Tätigwerden außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Verkehrs per se aus, es sei denn es handelt sich um Produkte, für die kein legaler Markt besteht, wovon bei CPUs nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin auch Umsatzsteuerklärungen abgegeben und die jeweilige Umsatzsteuerschuld bezahlt.
28 
Die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs sind an die Klägerin auch tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.
29 
Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichem Sinn besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht zu Gunsten des Leistungsempfängers (§ 3 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, dass dem Leistungsempfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden müssen. Die Klägerin hat über ihre Angestellten C.C. und F.F. Verträge mit ihren Lieferanten über den Erwerb von Ü.-CPUs abgeschlossen, was auch vom Beklagten nicht bestritten wird. Die Geschäfte sind auch wie vereinbart durchgeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Scheingeschäfte handelte, bei denen sich beide Parteien einig waren, das Geschäft nicht wie erklärt durchführen zu wollen, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil sind an die Klägerin tatsächlich Kunststoffpaletten mit darauf befestigten Kartons, in denen sich verpackt die CPUs als sog. trayware befunden haben, geliefert worden. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin Verfügungsmacht an den CPUs erhalten und diese dann an ihre Kunden weitergeliefert. Der Besitz- und Eigentumserwerb der Klägerin vollzog sich bei Lieferungen an den Firmensitz durch Einigung und Übergabe. Durch die Anlieferung und Weiterveräußerung der Ware ist es zu einem Eigentums- und Besitzwechsel an der Ware gekommen, so dass von Lieferungen im umsatzsteuerlichen Sinne auszugehen ist. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin in im Wesentlichen feste Lieferbeziehungen eingebunden war, denn dies entspricht einer üblichen wirtschaftlichen Praxis und ist zur Vermeidung von Lieferantenausfällen nicht unüblich. Dass bei Auftragslieferungen oder Auftragsfertigungen im Zulieferbereich, der oftmals mit nur einem Großkunden in Lieferbeziehung steht, wie z.B. in der Automobilindustrie, das Vorliegen einer Lieferung zu verneinen sei, wird selbst von Finanzbehörden nicht vertreten. Dass die Klägerin gezwungen gewesen wäre, ihre Ware im Wesentlichen von der -V- GmbH zu beziehen und an die D.L. AG zu veräußern, ist dem vorliegenden umfangreichen Aktenmaterial jedenfalls nicht zu entnehmen. Hier wird lediglich ohne weitere Nachweise von den Ermittlungsbehörden behauptet, dass ein Verlassen der festgelegten Lieferwege Sanktionen des Karussells zur Folge gehabt hätte.
30 
Gegenüber der Klägerin sind damit von anderen Unternehmern Lieferungen erbracht worden, für die in Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden ist. Insofern liegen die (objektiven) Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugunsten der Klägerin vor.
31 
Der der Klägerin danach zustehende Vorsteuerabzug kann nicht allein mit dem Hinweis darauf verweigert werden, sie habe innerhalb eines Umsatzsteuerkarussells gehandelt.
32 
Das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug wird nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette, zu der der Umsatz des Steuerpflichtigen gehört, ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. Dies ergibt sich daraus, dass das in Art. 17 ff der 6. EG-Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und deshalb grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Umsätze geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus abgeführt wurde, ist für das Recht auf den Vorsteuerabzug damit unmaßgeblich. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer verbietet eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Die Einstufung eines Verhaltens als strafbar führt nicht ohne weiteres dazu, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist. Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug – sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug – einbezogen sind, müssen auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Steht dagegen aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einen „Mehrwertsteuerbetrug“ einbezogen war, so verliert er sein Recht auf den Vorsteuerabzug (vgl Urteile des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 06. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, Umsatzsteuerrundschau - UR – 2006, 594 sowie vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355-03 und C-484/03, UR 2006, 157; im Anschluss daran Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. April 2007 V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035).
33 
Hinweise hierauf können die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den Akteuren liefern. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Position des Steuerpflichtigen bei der Manipulation. Je näher die Verbindung zum Missing-Trader ist, desto wahrscheinlicher ist eine Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.
34 
Nach Ansicht des Senats ist dabei die Beteiligung an einer „Mehrwertsteuerhinterziehung“ bzw. einem „Mehrwertsteuerbetrug“ nicht dahingehend zu verstehen, dass eine nach dem nationalen Recht strafbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO bzw. ein strafbarer Betrug gem. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen muss. Ziel der 6. EG-Richtlinie ist nämlich die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch. Insoweit ist es jedoch erforderlich, bereits bei bewussten Pflichtwidrigkeiten den Vorsteuerabzug zu versagen. Es ist also auch in den Fällen, in denen zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben worden sind, diese jedoch entsprechend dem vorgefassten Tatplan nicht beglichen worden sind, bei entsprechender Kenntnislage von einer vorsteuerschädlichen Beteiligung auszugehen, da es auch hierdurch zu einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens kommt.
35 
Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (4 Leitzordner Finanzamt K - Steuerfahndungsstelle - FG-Verfahren -X-) sowie dem landgerichtlichen Urteil in Sachen -V- ergibt sich, dass bei den letztendlich nicht anerkannten Vorsteuerbeträgen entweder einer der Vorlieferanten keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben oder zwar Umsatzsteuererklärungen mit Zahllasten abgegeben, diese aber gemäß gefasstem Tatplan nicht abgeführt hat. In sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, waren Lieferanten involviert, bei denen bereits vom Landgericht K die „Missing-Trader-Eigenschaft“ festgestellt worden ist. Zweifel an diesen Feststellungen haben sich im vorliegenden Verfahren für den Senat nicht ergeben; vielmehr haben sich diese Feststellungen im vorliegenden Verfahren bestätigt. Sie konnten anhand der eingereichten und bereits benannten Unterlagen verifiziert werden. Unbeachtlich ist insoweit, dass nicht in allen Fällen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt ist, da es hierauf nicht entscheidend ankommt. Wie bereits ausgeführt ist bei entsprechender Kenntnislage ein pflichtwidriges Verhalten eines Lieferanten der Lieferkette für die Aberkennung des Vorsteuerabzugs ausreichend.
36 
Hinsichtlich dieser Umsätze ist zur Überzeugung des Senats auch zumindest von einem Kennen müssen der Klägerin auszugehen. Dabei ist der Klägerin nicht nur das Wissen ihres Geschäftsführers, sondern auch das der Angestellten C.C. und F.F. zuzurechnen (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 153, 463 sowie BFH-Urteil vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFH/NV, 2003, 1521). Entgegen den Ausführungen der Klägerseite bedingt die Zurechnung keinen Systemverstoß im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer und stellt auch keinen Wertungswiderspruch zur Haftung nach § 69 Abgabenordnung (AO) dar. Insoweit gilt auch in der Umsatzsteuer der allgemeine Rechtsgedanke, dass jemand seine Stellung im Rechtsverkehr nicht dadurch verbessern darf, dass er Dritten die Erfüllung seiner Verpflichtungen überlässt und damit seinen Risikobereich ausweitet. Dies wäre aber der Fall, wenn durch die Beschäftigung eines bösgläubigen Arbeitnehmers Vorsteuern aus betrügerischen Umsatzsteuerkarussellen zum Abzug zugelassen würden. Demgegenüber liegt der Haftung eine ganz andere Situation zugrunde. Im Haftungsrecht geht es um das subsidiäre Einstehen müssen für eine fremde Schuld. Der als Vertreter Haftende wird zusätzlich zum Steuerpflichtigen herangezogen, weil er den Schaden durch Verletzung ihm persönlich obliegender Pflichten verursacht hat.
37 
Jedenfalls hinsichtlich der Angestellten C.C. und F.F. ergibt sich ein Kennen müssen bereits aus den folgenden objektiven Umständen, wobei hinsichtlich des Kennenmüssens vor dem Hintergrund der Bekämpfung des Umsatzsteuermissbrauchs und der Wahrung der Wettbewerbsneutralität nicht auf die konkreten Verhältnisse, sondern auf den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns abzustellen ist:
38 
- Sowohl Herr C.C. als auch Frau F.F. hatten Kenntnis von Mehrfach- bzw. Doppeldurchläufen. So ist von Frau F.F. auf verschiedenen Lieferscheinen bereits im Jahr 1999 vermerkt worden „schon mal gehabt“. Dass Frau F.F. Doppeldurchläufe als Problem bekannt waren, wird des Weiteren bestätigt durch die Zeugenaussage der Frau F.F. in der Vernehmung vom 07. März 2007 (vgl. Seite 3 und 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 07. März 2007). Insoweit ist der Klägervortrag, dass es sich um unverfängliche Retouren gehandelt haben könne, nicht nachvollziehbar, zumal im Zusammenhang mit Retouren der Vermerk keinen Sinn macht. Herr C.C. hatte in seiner Vernehmung vom 03. April 2001 (Seiten 9, 10) von Doppeldurchläufen und entsprechenden Kennzeichnungen berichtet und in seiner Vernehmung vom 21. November 2001 eingeräumt, von Kennzeichnungen der Pakete durch die Firma Ä. zum Zwecke der Vermeidung von Mehrfachdurchläufen Kenntnis gehabt zu haben (Seite 1 letzter Absatz und Seite 2 erster Absatz des Vernehmungsprotokolls). Insoweit hatte er auch ein „Problembewusstsein“. Deshalb reagierte er derart ungehalten auf entsprechende Lieferungen, was ebenfalls keinen Sinn machen würde, wenn Mehrfachdurchläufe mit gleichen Boxennummern ohne Aussagekraft und unverfänglich gewesen wären. Trotzdem wurde an der Firma -V- als Lieferanten festgehalten.
39 
- Diese Kenntnis und das damit verbundene Problembewusstsein werden bestätigt durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen II (S. 21 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08. März 2007), der ebenfalls von einer Kenntnis des Herrn C.C. als Brancheninsider ausgegangen ist. Auch aus der Aussage der Frau Ö. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung am 07. März 2007 geht hervor, dass es bei der Klägerin Doppeldurchläufe gegeben hatte und dass dies Herrn C.C. bekannt gewesen war (Niederschrift S. 9 und 10). Der Aussage des Zeugen KL in der mündlichen Verhandlung vom 02. Mai 2007 ist zu entnehmen, dass Herr C.C. von Doppeldurchläufen und entsprechend markierter Ware wusste und die gelieferte Ware auch dann angenommen hat, wenn diese „besonders auffällig markiert“ angeliefert wurde (Niederschrift S. 3 und 4).Die Zeugin BB hat bei ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 02. Mai 2007 ausgesagt, Herrn C.C. seien die gesamten Geschäftspraktiken, wie es bei der Klägerin gelaufen sei, bekannt gewesen (Niederschrift S. 11 - 13).Dieses Wissen um die Mehrfachdurchläufe im Zusammenhang mit dem (teilweisen) äußeren Zustand der Kartons (Kennzeichnungen, Beschädigungen) und den Branchenkenntnissen (Steuerfahndungsprüfungen) lässt zumindest auf ein (zurechenbares) Kennen müssen von Herrn C.C. bzw. Frau F.F. schließen. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass Kennzeichnungen der Kartons nicht erkannt worden seien, so ist dies bei einer Gesamtschau des Sachverhalts nicht glaubhaft. Insbesondere aus der Auflistung des Beklagtenschriftsatzes vom 19. September 2007, Anlage 4, drängt sich dies förmlich auf. So passierte die Box mit der Nummer ABCDEFG11 am 24. September, 11. Oktober und 14. Oktober die Klägerin. Beim ersten Durchlauf war das Label mit keiner Kennzeichnung versehen, beim zweiten mit einem deutlich erkennbaren Schrägstrich und beim dritten mit zwei Schrägstrichen. Ein ordentlicher Kaufmann hätte sich in dieser Situation davon überzeugt, dass in den Lieferbeziehungen keine steuerlichen Unregelmäßigkeiten vorkommen oder sie beendet und nicht darauf vertraut, dass alles seine Richtigkeit habe. Insoweit bedarf es auch keines Rückgriffs auf die Telefonüberwachungsprotokolle, deren unmittelbare sowie mittelbare Verwertung mangels Ermächtigungsgrundlage und der damit sonst verbundenen Verletzung eines verfassungsrechtlich geschützten Bereichs des Steuerpflichtigen (Art. 10 Grundgesetz, GG) einem qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbot unterliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464 und BFH-Urteil vom 04. Oktober 2006 VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227). Zwar ist mittlerweile - nach dem Ergehen der zitierten BFH-Rechtsprechung - § 477 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten. Diese Bestimmung beschränkt die Übermittlung personenbezogener Informationen, die u.a. durch Maßnahmen gemäß § 100 a StPO ermittelt wurden, auf Zwecke u.a. zur Abwehr von erheblichen Gefahren. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Verwertung der Telefonprotokolle stellt § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, da es aufgrund der abgeschlossenen Strafverfahren und der bereits erfolgten geänderten Steuerfestsetzungen mit anschließenden Vollstreckungsmaßnahmen an der Abwehr einer erheblichen Gefahr fehlt.
40 
Es wurden sehr schnell hohe Umsätze (bereits im Jahr 1999 DM 127.057.270,49 und im Jahr 2000 DM 131.592.676,90) und Gewinne (bereits für 1999 Jahresüberschuss DM 588.868,67 mit Ausschüttung in Höhe von DM 100.000,- und für 2000 DM 459.003,68 und Ausschüttung in Höhe von DM 200.000,-) bei praktisch keinem Risiko erzielt, was einen ordentlichen Kaufmann ebenfalls hätte misstrauisch werden lassen müssen, da dies der unternehmerischen Realität widerspricht. Dies umso mehr, als die Klägerin über kein besonderes Know how verfügte, sondern lediglich auf der gleichen Handelsstufe Lieferbeziehungen unterhielt und bei Betrachtung der getätigten Geschäfte eine Auslastung von 2 Vollzeitkräften ausgeschlossen erscheint, die zudem in Anbetracht der verrichteten Tätigkeiten und Vorbildungen auch noch eine attraktive Entlohnung erhielten. Genau dies widerspricht auch dem von der Klägerseite als Begründung für die Mehrfachdurchläufe ins Feld geführten börsenmäßigen Handel der CPU`s (vgl. insoweit auch Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881), da die Klägerin mit festen Gewinnaufschlagsätzen bei festen Lieferbeziehungen kalkulierte, die sie dann auch jeweils realisieren konnte, so dass ihr aus den einzelnen Geschäften keine Verluste entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem wesentlichen Element für den börsenmäßigen Handel, nämlich dem Verlustrisiko, das die Klägerin offensichtlich nicht trug.
41 
- Des Weiteren wäre einem ordentlichem Kaufmann aufgefallen, dass aufgrund der niedrigen Einkaufspreise nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung LÖ (vgl. insoweit die Ausführungen des Zeugen ÜV, S. 5 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02. Mai 2007) hatte die an die Klägerin gelieferte Ware regelmäßig einen Preis, der unter dem Preis der OEM-Lieferanten lag, die ja bereits über besondere Preisvorteile verfügten. Einem ordentlichen Kaufmann, der sich in dieser Branche betätigt, wäre dies aufgefallen und er hätte von diesen Geschäften Abstand genommen, was wiederum durch die Aussage des Zeugen -U- bestätigt wird (vgl. S. 4 ff der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007).
42 
- Schließlich können die zahlreichen Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 1998 die Klägerin insoweit nicht entlasten. Zwar wurden bei diesen Prüfungen keine Unregelmäßigkeiten entdeckt; hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich nur um punktuelle Überprüfungen durch eine Behörde gehandelt hat, die zu diesem Zeitpunkt - im Gegensatz zur Klägerin - noch keine tieferen Branchenkenntnisse hatte, weshalb die Klägerin aus den beanstandungslosen Überprüfungen nicht auf die Seriosität ihrer Lieferbeziehungen schließen konnte. Im Gegenteil hätten diese gehäuften Prüfungen im Zusammenhang mit den bereits benannten Kriterien Anlass für die Klägerin sein müssen, sich kritisch mit ihren Lieferbeziehungen auseinanderzusetzen und diese genauer zu hinterfragen. Die Einholung von Bankauskünften und Handelsregistereintragungen ist bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht ausreichend (vgl. insoweit auch Ausführungen des Bundesrechnungshofs in seinem Bericht vom 03. September 2003, S. 25, veröffentlicht unter www.bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte). Im Ergebnis dürften diese Kriterien in Verbindung mit einer nicht ausreichenden Überwachung der Angestellten auch für ein Kennen müssen des Geschäftsführers der Klägerin ausreichend sein (vgl. insoweit auch die staatsanwaltschaftliche Einstellungsverfügung vom 21. März 2003), worauf es aber im Ergebnis aufgrund des der Klägerin zurechenbaren Verhaltens von Herrn C.C. und Frau F.F. nicht ankommt.
43 
Des Weiteren stellt die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin trotz abgeführter Umsatzsteuern aus den nachfolgenden Geschäften keinen Verstoß gegen das umsatzsteuerliche Neutralitätsprinzip dar. Durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer auf der Ebene der Missing trader ist es dort zu einer Störung gekommen, die durch die Kürzung der Vorsteuer bei der Klägerin zu beseitigen ist.
44 
Schließlich stellt die Versagung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar. Das von der Sechsten Richtlinie anerkannte und geförderte Ziel, eine ordnungsgemäße Erhebung der Mehrwertsteuer zu sichern und Steuerhinterziehungen zu bekämpfen, stellt hohe Anforderungen an die Überprüfung von Geschäftsbeziehungen. Anhand der überdeutlichen Anzeichen für das Vorliegen inkriminierter Geschäfte, konnte die Klägerin sich nicht auf Formalprüfungen beschränken, sondern hätte die Geschäftsbeziehung zu ihren Vorlieferanten abbrechen müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, ist es zu einem erheblichen Umsatzsteuerausfall gekommen, wofür die Klägerin als mit verursachendes Glied in der Kette einzustehen hat. Dies ist auch im Verhältnis zu den seriösen Händlern geboten, die von solchen Geschäften gerade Abstand genommen haben (vgl. insbesondere Zeugenaussage -U-, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2007, Seite 4).
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO bzw. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
46 
Der Klägerin waren im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Kosten ganz aufzuerlegen. Denn der Beklagte ist, soweit er dem Klageantrag im Verlaufe des Verfahrens entsprochen hat, nur zu einem geringen Teil unterlegen.
47 
Die Revision war im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen V B 54/07 anhängige Verfahren (Urteil des Finanzgerichts München vom 08. Februar 2007 14 K 1898/04, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 881) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da der BFH soweit ersichtlich bislang nicht die Möglichkeit hatte, die vom EuGH aufgestellten Grundsätze weiter zu konkretisieren.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war X, der daneben die Firma X, Beschriftungen/Siebdruck betrieb. Gegenstand des Unternehmens war lt. Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten --Y und Z-- geführt. Während X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war, waren Y und Z für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Z hatte im Gegensatz zu Y, der dies nicht wollte, eine umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren (CPU).

2

Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Y und Z bei der Firma A beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer dieser Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Y bereits bei Computerfirmen im Vertrieb gearbeitet.

3

Im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndungsstelle erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 4. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie am 7. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 2001, welche zwischenzeitlich durch den Jahressteuerbescheid 2001 vom 11. Oktober 2006 ersetzt wurden. Hintergrund waren Feststellungen der Steuerfahndung, wonach die Klägerin in den Streitjahren erhebliche nichtabzugsfähige Vorsteuern geltend gemacht hatte. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge: 20.071.462,08 DM im Jahr 1999, 20.777.535,11 DM im Jahr 2000 und 2.095.858,12 DM bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001.

4

Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Dabei werden Waren aus einem anderen Mitgliedstaat an einen Erwerber im Inland steuerfrei geliefert. Der Erwerber (sog. "Missing Trader") veräußert die Ware mit einem geringen Aufschlag an einen Abnehmer (sog. "Buffer I"), der den in der Rechnung des "Missing Trader" ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abzieht. Der "Missing Trader" zahlt --wie von vornherein beabsichtigt-- keine Umsatzsteuer und ist nicht zu belangen, weil er nicht auffindbar ist. Der "Buffer I" veräußert die Ware an einen sog. "Buffer II" Die Waren werden schließlich nach dem Vorsteuerabzug durch den "Buffer II" von diesem an einen Exporteur (sog. Distributor) veräußert, der sie wieder steuerfrei in den Ausgangsmitgliedstaat liefert und die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abzieht.

5

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung nahm die Klägerin  innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. "Buffer II" ein. Sie bezog dabei ihre Waren nahezu ausschließlich von einem anderen "Buffer", der Firma B, und verkaufte die erworbenen Computerteile an weitere, an dem Karussell als sog. Distributoren beteiligte Firmen, insbesondere auch an die Firma C. Hierbei war es nach Ermittlungen der Steuerfahndung zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen. Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts L gegen Verantwortliche der Firma B war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen X eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 21. März 2003 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt; das Verfahren gegen Z wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.500 € nach § 153a StPO eingestellt. Das Verfahren gegen Y wurde nach dessen Tod gleichfalls eingestellt.

6

Gegen die geänderten Bescheide erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage. Während des Klageverfahrens wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem am 1. Oktober 2007 verkündeten Urteil als unbegründet ab und ließ die Revision zu. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 574 veröffentlicht.

8

Infolge der mündlichen Verhandlungen beim FG ergingen im Wege einer teilweisen Abhilfe des FA am 22. Oktober 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 1999, 2000 und 2001.

9

Zur Begründung der Revision beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass das FA die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum rechtsmissbräuchlich erschlichenen Vorsteuerabzug bei Beteiligung an Karussellgeschäften für die hier erstmals zu entscheidende Fallgestaltung überinterpretiert habe. Sie habe als sog. "Buffer II" keinen Kontakt zur "Missing Trader"-Ebene gehabt und sei ihren steuerlichen Verpflichtungen mit im Prüfungszeitraum angemeldeter und abgeführter Umsatzsteuer von ca. 43,5 Mio. DM und vollständiger Gewinnversteuerung sorgfältig nachgekommen. Die Firma B als Hauptlieferant habe die aus den Ausgangsrechnungen an sie resultierende Umsatzsteuer gleichfalls angemeldet und abgeführt, auch wenn die Vorsteuer aus den Rechnungen der "missing trader" zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung sei es nicht gekommen. In dieser Konstellation den Vorsteuerabzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Steuerpflichtigen zu versagen, sei insbesondere mit dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unvereinbar. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei insoweit neben der in Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verankerten Eigentumsgarantie auch das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und das Verbot unzulässiger Rückwirkung durch Rückverlagerung des neuen § 25d des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der ab 2002 geltenden Fassung (UStG) auf einen Altsachverhalt betroffen. Ferner stelle sich die Frage, ob mit der Streichung des Vorsteuerabzugs in dieser Dimension nicht eine erdrosselnde wirtschaftliche (Straf-)Sanktion trotz fehlender Strafbarkeit verhängt werde, welche zwar dem Wortlaut nach nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege" nach Art. 103 Abs. 2 GG verstoße, allerdings möglicherweise den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletze.

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Der EuGH habe bereits in seinem Urteil vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/93 --Optigen-- (Slg. 2006, I-483) geklärt, dass das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette, zu der diese Umsätze gehörten, ein anderer Umsatz vorausgehe oder nachfolge, welcher mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei, ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis habe oder haben könne. Das Urteil des EuGH vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 --Kittel und Recolta Recycling-- (Slg. 2006, I-6161) zeige, dass nichts anderes gelte, wenn solche Umsätze im Rahmen eines vom Verkäufer begangenen Betrugs ausgeführt würden. Dabei sei insbesondere das Neutralitätsprinzip zu beachten. Dies verbiete nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Deshalb müssten Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen getroffen hätten, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

11

Im Streitfall müsse sie, die Klägerin, mangels "Kennenmüssens" ihres Geschäftsführers, dessen strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, als gutgläubig gelten. Denn es sei der Rechtsgedanke des § 69 der Abgabenordnung heranzuziehen, wonach es wegen der damit verbundenen Haftung lediglich auf die Kenntnis oder das "Kennenmüssen" des Geschäftsführers ankommen könne.

12

Das FG habe bei seiner Beweiswürdigung auch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.

13

Mit Schriftsätzen vom 7. Januar 2010 und vom 12. Mai 2010 trägt die Klägerin ergänzend vor, dass das Vorhandensein von Doppel- und Mehrfachdurchläufen in diesem Verfahren --wie auch bei anderen Verfahren zu Umsatzsteuerkarussellgeschäften-- eine entscheidende Rolle gespielt habe. So hätten Fehlein-schätzungen des FA (nicht vorhandene Mehrfachdurchläufe, nicht kriminelle Vortaten in der Kette) schon während des finanzgerichtlichen Verfahrens zu einer Teilabhilfe der ursprünglich zurückgeforderten Vorsteuerbeträge von 10 % (insgesamt ca. 5 % des Gesamtvolumens) geführt. Sie habe zwischenzeitlich Erkenntnisse gewonnen, die den Beweiswert der diese Mehrfachdurchläufe dokumentierenden Kopien der Boxetiketten der an- und verkauften Warenpakete in Frage stellten. Diese Kopien seien aus Beweiszwecken für etwaige Kundenreklamationen zwar ursprünglich in ihrem Büro gefertigt und auch dort von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Die Steuerfahndung habe die Ermittlungsakten betreffend die nicht streitbefangenen Vorjahre 1997 und 1998 aber erst nach der mündlichen Verhandlung des FG vollständig zurückgegeben. Daraus ergebe sich nun folgendes Bild: Die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 sähen anders aus als diejenigen der Streitjahre, die als Beweismittel den Berichten der Steuerfahndung und dem FG-Urteil zugrunde gelegt worden seien. Während die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 ab Mitte 1997 weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxlabeln aufwiesen, seien die sonstigen Kopien aus den Streitjahren 1999 und 2000 mit schwarzen Zwischenräumen versehen. Dies sei auffällig. Denn ihr Geschäftsführer habe ab Mitte 1997 auf dem Kopiergerät mit Krepppapier eine "Maske" gefertigt, um Toner zu sparen. Ab diesem Zeitpunkt seien auf den Kopien daher nur noch weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxetiketten sichtbar gewesen, nicht jedoch schwarze Zwischenräume, wie dies bei den in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien der Fall sei. Es komme hinzu, dass die in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien abweichend von der bei ihr üblichen Praxis teilweise doppelseitig seien und mehr als 3 Boxetiketten auf einer Seite enthielten, was bei den ursprünglichen Kopien nicht der Fall gewesen sei. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass die ursprünglichen Kopien von den Ermittlungsbehörden nochmals vervielfältigt worden seien. Die genannten Umstände stellten den Beweiswert der für die Streitjahre vorhandenen Kopien in Frage. Da sie diese Erkenntnisse erst nach vollständiger Akteneinsicht nach dem Ende der mündlichen Verhandlung beim FG habe gewinnen können, sei insoweit eine neue Beweisaufnahme beim FG durchzuführen. Die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Erkenntnisse sei auch nach dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens beim FG ausnahmsweise "im Sinne des Rechtsgedankens des § 580 Nr. 2 und 7b" der Zivilprozessordnung (ZPO) möglich (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2008 XI B 211/07). Das FG-Urteil sei insoweit aus formellen Gründen aufzuheben.

14

Ferner rechtfertigten die Feststellungen des FG keine vollständige Versagung des Vorsteuerabzugsrechts. Denn das FG habe entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung nur einen Umfang an Doppel- und Mehrfachdurchläufen von ca. 8 % in 1999, von 15 % in 2000 und von 5,13 % in 2001 angenommen. Da die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt seien, dürfe die Klage allenfalls nur teilweise abgewiesen werden.

15

Schließlich sei ggf. eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geboten. Denn der EuGH habe --soweit ersichtlich-- über die Anwendung der Rechtsgrundsätze seiner bisherigen Urteile zum Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts (EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg 2006, I-6161) beim Umsatzsteuerkarussell auf den sog. "Buffer II" noch nicht entschieden. Eine Abrundung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH wäre gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer wünschenswert. Außerdem sei in diesem Zusammenhang der Begriff "means of knowledge" in der Rechtsprechung des EuGH insofern noch nicht abschließend geklärt, als Zweifel bestünden, ob die vom Dienst der Europäischen Union (EU) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei. Auch dies sei klärungsbedürftig (vgl. Weber, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 834 ff.).

16

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,

hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 22. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge jeweils in Höhe von 18.314.273 DM (9.363.939,09 €) in 1999, 20.032.663 DM (10.242.537,95 €) in 2000 und 1.833.552 DM (937.480,25 €) in 2001 zum Abzug zugelassen werden.

17

Höchst hilfsweise regt sie an, das Verfahren auszusetzen und im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH anzurufen und folgende Rechtsfrage vorzulegen:

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"Wie sind die Rechtsprechungsgrundsätze zur Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn der Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an betrugsbehafteten Umsätzen beteiligt, auszulegen oder zu konkretisieren?"

19

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

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1. Das FG hat über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide vom 4. Juli 2003 betreffend die Streitjahre 1999 und 2000 und vom 11. Oktober 2006 zum Streitjahr 2001 entschieden. An die Stelle dieser Bescheide traten nach Verkündung des FG-Urteils gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO die Änderungsbescheide vom 22. Oktober 2007. Damit liegen dem FG-Urteil nicht mehr existierende Bescheide zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, m.w.N.).

22

Einer Zurückverweisung an das FG lediglich aus formalen Gründen nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch die Änderungsbescheide der bisherige Streitstoff nicht verändert hat. Der erkennende Senat entscheidet deshalb in der Sache selbst (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 FGO).

23

2. Das FG hat zu Recht die (objektiven) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bejaht und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Vorsteuerabzug wegen "Bösgläubigkeit" versagt.

24

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

25

Der dieser nationalen Vorschrift zu Grunde liegende Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u.a. die (im Inland) geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG).

26

Im Streitfall verfügt die Klägerin nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG über den formalen Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferungen von CPUs. Die Lieferanten waren auch Unternehmer. Ferner sind die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs an die Klägerin tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.

27

Der Annahme von Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG an die Klägerin steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer ihrer Hauptlieferantin wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Lieferung bei einem mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz nicht erfüllt (vgl. Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-255/02 --Halifax--, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 59). Es ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Umsatz in einer Lieferkette für sich zu betrachten ist; Umsätze, die nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sind, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen und stellen Lieferungen dar (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483, Randnrn. 47, 49 und 51). Die Lieferanten der Klägerin haben nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ihre Lieferungen in ihren Steuererklärungen angemeldet und die Umsatzsteuer abgeführt, sodass diese Umsätze nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet und Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG sind.

28

b) Die Entscheidung des FG, der Vorsteuerabzug sei gleichwohl zu versagen, hält ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

29

aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen in Slg. 2006, I-483 und in Slg. 2006, I-6161 ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.

30

bb) Im Streitfall ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin hinsichtlich der Kenntnis oder des "Kennenmüssens" der objektiven Umstände, wonach sie an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war, nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern auch das ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt. Daher ist für die entsprechende Anwendung von § 166 BGB das Bestehen eines Vertretungsverhältnisses nicht maßgeblich (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFHE 203, 222, und vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463). Eine Wissenszurechnung kommt jedoch nach wertender Beurteilung nur für die Kenntnisse in Betracht, welche die Mitarbeiter infolge der vorgesehenen Arbeitsteilung und Organisation des Betriebs im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit erlangt haben (MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rz 20, 24, 25, und Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 31. Januar 2006  4 U 423/04, OLG-Report Saarbrücken 2006, 944, Rz 48, m.w.N.) oder hätten erlangen müssen.

31

Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war; für den laufenden Geschäftsbetrieb seien hingegen Y und Z zuständig gewesen. Z hatte darüber hinaus umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit CPUs. Y war zwar nicht vertretungsberechtigt, hat aber nach eigenem Vortrag des X den Betrieb tatsächlich geführt, d.h. X hat sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedient.

32

Diese Umstände rechtfertigen die Annahme des FG, der Klägerin sei auch ein "Wissenmüssen" des Y und der Z zuzurechnen.

33

cc) Die Würdigung des FG, Y und Z hätten zumindest wissen müssen, dass die Klägerin sich mit ihrem jeweiligen Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, unter II.3.a). Die Beweiswürdigung des FG kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorgekommen sind; die Würdigung des FG muss denkgesetzlich möglich, jedoch nicht die einzig in Betracht kommende sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. November 1995 IV R 75/94, BFHE 179, 307, BStBl II 1996, 194).

34

Im Streitfall hat das FG seine Überzeugung, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, nach Durchführung umfangreicher Beweisaufnahmen aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnen. Es hat im Wege einer Gesamtbetrachtung darauf abgestellt, dass Y und Z von Doppel- und Mehrfachdurchläufen der CPUs Kenntnis gehabt hätten, Y insoweit auch ein "Problembewusstsein" gehabt habe und dass bei den unter den "Original-Equipment-Manufacturer"-Preisen liegenden Einkaufspreisen schnell --und wegen der festen Gewinnaufschlagssätze und der festen Lieferbeziehungen-- praktisch ohne Risiko hohe Umsätze und Gewinne erzielt worden seien. Die Würdigung des FG, diese Umstände hätten einen ordentlichen Kaufmann misstrauisch machen müssen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung am oben dargestellten Maßstab stand:

35

(1) Einen Verfahrensfehler des FG hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Soweit sie die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO wegen des Unterlassens der Einvernahme der Umsatzsteuer-Sonderprüfer als Zeugen rügt, hat sie die Rüge nicht in zulässiger Weise erhoben, weil sie nicht hinreichend dargetan hat, weshalb sich dem FG die Einvernahme dieser Zeugen hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

36

(2) Die Annahme des FG, angesichts der festgestellten Tatsachen habe die Einholung von Bankauskünften und Handelsregisterauszügen zu Beginn der Geschäftsbeziehung nicht ausgereicht, um die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung auszuschließen, steht nicht im Widerspruch zu Erfahrungssätzen oder Denkgesetzen, sondern ist denkgesetzlich möglich und nachvollziehbar.

37

(3) Ein Verstoß der angefochtenen Entscheidung gegen einen Erfahrungssatz lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das FG München in seinem zu einem Umsatzsteuerkarussell ergangenen Urteil vom 8. Februar 2007  14 K 1898/04 (EFG 2007, 881) Mehrfachdurchläufen von 2 % keine ausreichende Indizwirkung für ein "Wissenmüssen" beigemessen hat. Denn anders als dort hat das FG im Streitfall nicht allein auf das Vorhandensein und die Kenntnis der Angestellten von Mehrfachdurchläufen, sondern zusätzlich darauf abgestellt, dass Y aufgrund seiner Branchenkenntnisse die Mehrfachdurchläufe als Problem erkannt und deshalb auf diese ungehalten reagiert, aber gleichwohl an der Lieferfirma festgehalten habe.

38

(4) Auch der Hinweis der Klägerin, dass mehrere Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei ihr zu keinen Beanstandungen geführt hätten, rechtfertigt es nicht, die Würdigung des FG, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, zu beanstanden. Denn diese Sonderprüfungen haben sich auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG und die korrekte Versteuerung der eigenen Umsätze der Klägerin und nicht auf eine eventuelle "Bösgläubigkeit" ihres Geschäftsführers und ihrer Angestellten bezogen.

39

(5) Auch das Vorbringen der Klägerin in ihren nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.

40

Aus § 118 Abs. 2 FGO wird der Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass neues tatsächliches Vorbringen zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Rechts im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u.a. zwar im Hinblick auf Tatsachen, deren Beachtung sonst im Wege der Restitutionsklage gegen das Urteil des FG durchgesetzt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93, m.w.N.). Dieser Ausnahmetatbestand liegt im Streitfall aber nicht vor.

41

- Nach § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 2 ZPO findet eine Restitutionsklage statt, wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war. Dafür ist nach § 581 Abs. 1 ZPO aber Voraussetzung, dass wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder dass die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Die Klägerin hat zwar ausgeführt, dass sie eine Fälschung der von ihr angefertigten Kopien für möglich hält, sie hat aber nicht dargelegt, dass deswegen eine Verurteilung erfolgt ist oder die weiteren Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

42

Darüber hinaus ist nach § 582 ZPO die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen. Im Streitfall hätte die Klägerin schon im Klageverfahren auf die unterschiedliche Art der Kopien und die daraus von ihr gezogene Schlussfolgerung einer Fälschung aufmerksam machen können. Denn nicht nur in den Aktenordnern für die Jahre 1997 und 1998, sondern auch in den vom FG zum Verfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 haben sich Kopien mit weißen Zwischenräumen befunden (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Januar 2010).

43

- Auch der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche Art der Kopien in den Aktenordnern der Jahre 1997 und 1998 gegenüber den Kopien in den Aktenordnern für die Streitjahre zu einer günstigeren Entscheidung für die Klägerin geführt hätte. Denn das FG hat seine Entscheidung über die Kenntnis der Angestellten der Klägerin von Mehrfachdurchläufen nicht aus einem bestimmten Prozentsatz von Mehrfachdurchläufen abgeleitet, der sich aus den Kopien der Boxetiketten ergab. Es hat seine Überzeugung vielmehr auf die Aussagen mehrerer Zeugen über die Mehrfachdurchläufe und die Reaktion des Y darauf sowie auf die eigenen Aussagen des Y und der Z gestützt (vgl. Seite 16 des Urteils).

44

Außerdem war die Klägerin auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, bereits im Klageverfahren auf die Unterschiede bei den Kopien hinzuweisen, da sich --wie oben ausgeführt-- Kopien mit weißen Zwischenräumen auch in den im Klageverfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 befunden haben.

45

3. Das Begehren der Klägerin, zumindest teilweise weitere Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen, ist nicht gerechtfertigt. Soweit die Klägerin zur Begründung auf die Prozentsätze der Doppel- und Mehrfachdurchläufe verweist, ist dies für die Höhe der abziehbaren Vorsteuern nicht entscheidungserheblich. Denn der Vorsteuerabzug ist nicht nur bei Doppel- und Mehrfachdurchläufen zu versagen, sondern bei allen Geschäften, bei denen der Steuerpflichtige wusste, wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist (vgl. oben unter II.2.b aa). Dazu hat das FG festgestellt, dass bei sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, Lieferanten involviert waren, bei denen die "Missing-Trader-Eigenschaft" feststeht (Seite 15 des Urteils). An diese Feststellung ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

46

4. Soweit die Klägerin ausführt, wegen ihrer relativ entfernten Stellung zum sog. "Missing Trader" als sog. "Buffer II" sei die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts im Streitfall unverhältnismäßig und verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, kann ihr Vortrag schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Rechtsfolge als Ausnahme von dem Neutralitätsprinzip im Einklang mit der zitierten einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Beteiligung des Unternehmens an einem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell steht (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg. 2006, I-6161).

47

5. Es besteht auch keine Veranlassung, den EuGH erneut nach Art. 267 AEUV im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin hat der EuGH bereits ausdrücklich geklärt, dass ein Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts auch gegeben sein kann, wenn "ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist" und "dieser Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann" (EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483). Diese Formulierung umfasst auch Eingangsbezüge des sog. "Buffer II", der nicht in einer unmittelbaren Lieferbeziehung zum sog. "Missing Trader" steht.

48

Zweifel an der Auslegung des für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Gemeinschaftsrechts ergeben sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09 (Deutsches Steuerrecht 2009, 1688) zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei kollusivem Zusammenwirken der Beteiligten zur Hinterziehung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat des Erwerbers. Die Rechtsfragen in dem vom BGH vorgelegten Fall sind mit denen des Streitfalls nicht vergleichbar. Denn dort ist nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung streitig, wenn feststeht, dass die Lieferung tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, so dass der steuerliche Schaden --anders als im Streitfall-- allein im Ausland eingetreten ist.

49

Soweit die Klägerin ausführt, es sei zweifelhaft, ob die vom Übersetzungsdienst der EU vorgenommene Übersetzung von "means of knowledge" in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei (vgl. hierzu Weber, UR 2009, 834 ff.), ist nicht dargetan oder ersichtlich, inwiefern diese begriffliche Unterscheidung im Streitfall erheblich sein könnte.

Tatbestand

 
I. Streitig ist, ob die Antragstellerin steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen
erbracht hat.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand in den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre mit „Vermietung von Video-Filmen, Im- und Export von Fahrzeugen“ angegeben wird. Geschäftsführer der GmbH sowie der von dieser beherrschten B GmbH ist der portugiesische Staatsangehörige F S-A.
In den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2002 und 2003 erklärte die Antragstellerin in der Anlage UR umfangreiche steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen (12.661.246 EUR 2002 und in der berichtigten Erklärung 2003 12.965.649 EUR).
Aufgrund eines Rechtshilfeersuchens portugiesischer Behörden wurde 2005 ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin eingeleitet. Die Steuerfahndung (vgl. den strafrechtlichen und steuerlichen Teilbericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts X vom 17. Juni 2008 und dort insbesondere S. 16f.) kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in erheblichem Umfang erklärt habe, bei denen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a Nr. 1 UStG für die Steuerfreiheit nicht vorgelegen hätten. Es seien Rechnungen für die Lieferung gebrauchter Kraftfahrzeuge nach Portugal erstellt worden, die dem ersten Anschein nach die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung erfüllt hätten, aber lediglich dazu dienten, als angebliche Doppel der Originalrechnung eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu dokumentieren und die tatsächlichen Abnehmer in Portugal, an die die Antragstellerin die Fahrzeuge geliefert habe, zu verschleiern. Als „Originale“ seien hiervon abweichende Rechnungen oder private Kaufverträge erstellt worden, die den tatsächlichen Erwerber oder von diesem benannte Privatpersonen, eine andere Kilometerleistung oder einen anderen steuerlichen Hinweis (§ 25a UStG statt § 6a UStG) enthalten hätten. Alle diese „Original“ Rechnungen oder -kaufverträge hätten dazu gedient, den portugiesischen Behörden den Kauf eines nach § 25a UStG (Differenzbesteuerung) zu besteuernden Fahrzeugs oder einen nicht steuerbaren privaten Kauf vorzutäuschen, um die Erwerbsbesteuerung in Portugal zu verhindern. Die Antragstellerin habe dadurch den Abnehmern - überwiegend Firmen in Portugal - die Möglichkeit verschafft, die Fahrzeuge wegen der nicht oder nur zu einem geringen Teil entrichteten Umsatzsteuer zu einem geringeren Preis an ihre Endkunden zu veräußern. Die Antragstellerin habe durch dieses Vorgehen ihren eigenen Fahrzeugabsatz innerhalb weniger Jahre immens erhöhen können. In 2002 seien so 1.376.774,72 EUR und in 2003 1.801.001,60 EUR hinterzogen worden.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheiden vom 16. Juli 2008 erhöhte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzungen 2002 und 2003 entsprechend dem vorgenannten Bericht der Steuerfahndung.
Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 21. Juli 2007 hiergegen Einspruch und beantragte zugleich beim Beklagten die Aussetzung der Vollziehung der vorgenannten Umsatzsatzsteuerbescheide. Diese wurde mit Schreiben des Finanzamts vom 15. August 2008 abgelehnt. Man schließe sich dem im Rahmen der Prüfung der Untersuchungshaft des Geschäftsführers ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts X vom 30. Juli 2008 (Az. xxx und xxx) an, wonach eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ohne Erfüllung der sich aus § 6a Abs. 3 UStG ergebenden Nachweispflichten auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung jedenfalls dann nicht in Betracht komme, wenn der handelnde Unternehmer durch Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise planmäßig die Erwerbsbesteuerung im Mitgliedsstaat der Beendigung der innergemeinschaftlichen Lieferung vereiteln wollte. Hier sei von einer solchen Fallgestaltung auszugehen.
Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 vom 16. Juli 2008 ab Fälligkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache in Höhe von 1.386.774,72 EUR für 2002 und 1.801.001,60 EUR für 2003 auszusetzen und hilfsweise, die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung stehe fest, dass sämtliche Fahrzeuge physisch nach Portugal exportiert worden seien. Die tatsächlichen Erwerber seien überwiegend Autohändler gewesen. Für die nicht kommerziellen Abnehmer folge die Steuerfreiheit aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG, wovon auch die Steuerverwaltung ausgehe. Hinsichtlich der kommerziellen Lieferungen bestehe Einigkeit, dass die formellen Vorschriften der §§ 17a und 17c UStDV nicht erfüllt seien, während den materiellen Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1b und 6a Abs. 1 und Abs. 3 UStG umfassend Genüge getan sei. Nach der neueren Rechtsprechung (etwa das BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03) seien die Nachweispflichten des Unternehmers keine materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung mehr. Zwar sei bei Nichterfüllung der Nachweispflichten danach grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt seien. Etwas anderes gelte aber nach der vorgenannten Rechtsprechung dann, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorlägen. Ausweislich der Feststellungen der Steuerfahndung seien die materiellen Anforderungen innergemeinschaftlicher Lieferungen erfüllt. Zu einer Gefährdung des deutschen Steueraufkommens - und nur hierauf komme es an - könne es nicht kommen, weil das Gebot der Neutralität der Umsatzsteuer erfordere, dass die streitigen Umsätze allein im Bestimmungsland Portugal und nicht zusätzlich in Deutschland besteuert würden. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, weil die Antragstellerin aufgrund des Vorgehens der Steuerbehörden zwischenzeitlich insolvent sei und damit keine Gefährdung des Steueranspruchs mehr bestehe. Auch der Schutz des EU-Landes Portugals könne nicht dazu führen, dass dem Ursprungsland ein Steueranspruch allein deshalb zuwachse, weil Portugal die Steuer bislang nicht erhoben habe. Zu beachten sei außerdem, dass die Verjährungsfrist  bei Verbrauchssteuern nur ein Jahr betrage. Die Umsatzsteuer sei entgegen der im Urteil des BFH vom 16. Oktober 1986 (V B 64/86) vertretenen Auffassung wegen des im Jahre 1968 erfolgten Systemwechsels eine Verbrauchssteuer.
10 
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
11 
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass sie Fahrzeuge nach Portugal geliefert, aber in ihrer Buchhaltung nicht die richtigen Abnehmer festgehalten habe, entspreche dies den Feststellungen der Steuerfahndung. Die Antragstellerin habe ihre wirklichen Lieferungen nach Portugal weder durch ordnungsgemäße Belege noch in ihren Büchern dokumentiert. Die Lieferungen seien deshalb umsatzsteuerpflichtig. Auch nach der neueren Rechtsprechung (BFH-Urt. v. 8. November 2007, V R 72/05 und v. 6. Dezember 2007, V R 59/03) könne nur ausnahmsweise trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten Steuerfreiheit gewährt werden, wenn aufgrund objektiver Umstände keine Zweifel bestünden, dass die Voraussetzungen des § 6 a Abs. 1 USG vorlägen. In diesen Urteilen sei streitig gewesen, ob für einen einzelnen Umsatz die Nachweise formell ordnungsgemäß seien. Dies sei auch für die betroffenen Unternehmer ein Ausnahmesachverhalt gewesen. Diese Ausnahmeregelung entbinde den Unternehmer nicht allgemein von einem ordnungsgemäßen Beleg- und Buchnachweis. Hier seien nachhaltig und absichtlich keine ordnungsgemäßen Nachweise geführt worden. Die Antragstellerin habe die Behörden sogar mit falschen Belegen getäuscht. Der von der Steuerfahndung ermittelte Sachverhalt ersetze nicht die von der Antragstellerin vorsätzlich nicht geführten Beleg- und Buchnachweise. Der hier zu beurteilende Fall sei deshalb anders als der vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Urteil vom 27. September 2007 dem Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2007 entschiedene Fall von Anfang an auf eine missbräuchliche Ausnutzung des umsatzsteuerlichen Gemeinschaftsrechts und die Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils angelegt gewesen. Hier liege ein wesentlicher Unterschied. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 14 Abs. 3 a.F. bzw. 14 c UStG könnten vorsätzlich unrichtig ausgestellte Belege durchaus zu einer Steuerbelastung führen. Die Umsatzsteuer sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Verbrauchssteuer. Im Übrigen sei die Unterscheidung zwischen Verbrauchssteuer und anderer Steuer hier ohne Bedeutung, weil hier eine Steuerhinterziehung vorliege, so dass die Festsetzungsfrist zehn Jahre betrage. Der Geschäftsführer der Antragstellerin sei mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Umsatzsteuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Soweit die Antragstellerin vortrage, dass die Lieferung von gebrauchten Fahrzeugen an nicht kommerzielle Abnehmer nicht steuerbar sei, treffe dies zu, wenn sich der Ort der Lieferung nach § 3 c UStG nach Portugal verlagere. Die Antragstellerin möge mitteilen, für welche konkreten Lieferungen sie diese Regelung anwenden wolle.
12 
Durch Beschluss des Amtsgerichts X vom 1. August 2008 (xxx) ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter über dass Vermögen der Antragstellerin bestellt worden, deren Vermögensverfügungen danach der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedurften, der nicht allgemeiner Vertreter der Antragstellerin war („schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter). Am 18. Dezember 2008 hat das Amtsgericht X den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin mangels Masse abgelehnt und die angeordneten Sicherungsmaßnahmen aufgehoben.
13 
Das Landgericht Y hat den Antragsteller mit Urteil vom 17. September 2008 (Geschäftsnummer: xxx) wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat in den Gründen (vgl. S. 22 d. Urteils) unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995 (NJW 1995, 2241f.) die Auffassung vertreten, dass ein Ausnahmefall, in dem eine Steuerbefreiung trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten in Frage komme, nicht vorliege, wenn durch Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise planmäßig eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung im Mitgliedsstaat des Abnehmers herbeigeführt werden solle und damit das dortige Steueraufkommen gravierend gefährdet werde. Hierin liege ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, welcher die Versagung der Steuerbefreiung auch nach der neueren Rechtsprechung des EuGH rechtfertige.

Entscheidungsgründe

 
14 
II. Die Insolvenz der Antragstellerin steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts X vom 18. Dezember 2008 mangels Masse abgelehnt worden ist.
15 
Der Antrag ist begründet.
16 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der FGO kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch
17 
überwiegende öffentliche Interessen gebotene unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte; dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (st. Rspr., vgl. BFH-Beschl. v. 11. Oktober 2002, VIII B 172/01, BFH/NV 2003, 306; v. 14. Februar 2006, VIII B 107/04, BStBl II 2006, 523).
18 
In Anwendung dieses Maßstabs hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, weil offen ist, ob die streitigen Lieferungen der Antragstellerin an ihre tatsächlichen Abnehmer in Portugal als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind.
19 
Eine - gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
20 
 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
 2. der Abnehmer ist
 a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
 b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
 c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
 und
 3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
21 
Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der in den Streitjahren geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Eine innergemeinschaftliche Lieferung erfordert neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109, Rn. 24, 70; v. 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh , UR 2007, 782, BFH/NV Beil. 2008, 39 Rn. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a ., a. a. O., Rn. 69 ff.).
22 
Danach spricht hier Einiges dafür, dass die streitigen Umsätze größtenteils innergemeinschaftliche Lieferungen sind. Die Fahrzeuge sind nach Aktenlage tatsächlich als Lieferungen der Antragstellerin nach Portugal gelangt, wobei Abnehmer überwiegend portugiesische Unternehmen waren. Dies wird vom Antragsgegner eingeräumt und entspricht den bisherigen Feststellungen der Steuerfahndung, soweit diese dem Senat derzeit zugänglich sind (vgl. die Antragserwiderung vom 1.Oktober 2008 Bl. 24f. GA und den Teilbericht der Steuerfahndung vom 17. Juni 2008 S. 24f.; die vollständigen Ermittlungsakten sind auf die Aktenanforderung des Senats nicht vorgelegt worden). Dass diese Lieferungen durch die Steuerfahndung festgestellt und nicht durch die Antragstellerin nachgewiesen wurden, ist unerheblich, weil die Frage, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 27. 9. 2007, C-184/05, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109) grundsätzlich anhand objektiver Kriterien zu erfolgen hat  (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008, 6 K 1463/08 -  JURIS - und FG Köln, Urt. v. 20. Februar 2008, 7 K 5969/03, EFG 2008, 889). Dass der Senat nach Aktenlage derzeit nicht anhand von Listen oder anderen Beweismitteln einzelne Wagenlieferungen bestimmten Abnehmern konkret zuordnen kann, führt im Hinblick auf die o.g. Feststellungen der Steuerfahndung zu keiner anderen Beurteilung. Die konkrete Lieferung jedes einzelnen Wagens ist aber im Hauptsacheverfahren abzuklären, was im Hinblick auf die die Antragstellerin treffende Feststellungslast für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung dazu führen kann, dass die Klage zumindest teilweise abzuweisen ist. Ebenfalls im Hauptsacheverfahren ist der Frage nachzugehen, ob einzelne nach Portugal gelieferte Wagen an Nichtunternehmer geliefert wurden und ob es dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG an einer im Inland steuerbaren Lieferung fehlt.
23 
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03, BFHE 219, 469 = DStR 2008, 297) fehlt es auch nicht deshalb an den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, weil die Antragstellerin die nach § 6a Abs. 3 UStG bei einer innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Nachweise hier nicht erbracht hat. Denn diese Nachweispflichten sind keine materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Zwar ist in einem solchen Fall danach weiterhin grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs in der o.g. Entscheidung, der sich der Senat anschließt, aber zu gewähren. Soweit hier nach den Feststellungen der Steuerfahndung von der Antragstellerin gebrauchte Kraftfahrzeuge an portugiesische Unternehmer geliefert worden sind, dürften die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG hier vorliegen.
24 
Offen ist, ob die Qualifizierung der streitigen Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen und die damit verbundenen Steuerbefreiung entsprechend der Auffassung des Antragsgegners und der Rechtsprechung der Strafgerichte (vgl. das BGH-Beschl. v. 20. November 2008, 1 StR 354/08 - JURIS - sowie das gegenüber dem Geschäftsführer der Antragstellerin ergangene Urteil des LG Y v. 17. September 2008) deshalb ausgeschlossen ist, weil die Antragstellerin sich nach Aktenlage dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft hat, dass sie durch Ausstellung unzutreffender Rechnungen ihre wahren Abnehmer verschleiert und den tatsächlichen portugiesischen Abnehmern ermöglicht hat, portugiesische Umsatzsteuern zu hinterziehen. Zwar darf die Nichterfüllung der vom Mitgliedstaat aufgestellten formellen Nachweisanforderungen nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. d. Urt. v. 27. September 2007, a.a.O. Rn. 37 sowie Englisch, UR 2008, 481 <484>) nicht zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen. Der EuGH hat aber in dem vorgenannten Urteil zugleich erkennen lassen, dass sich diese Einschränkung wegen des Grundsatzes der steuerlichen Territorialität allein auf den Mitgliedstaat bezieht, in dem der Endverbrauch erfolgt, so dass die Nichterhebung von Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung durch den Herkunftsstaat der Lieferung nicht als Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden kann (so auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008 a.a.O. Rz. 34). Die vom Landgericht im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin zur Begründung seiner Auffassung angeführte Entscheidung des BGH (NJW 1995, 2241f.) beruht auf einer von der Rechtsprechung des EuGH abweichenden Auffassung, der der Senat nicht folgt.
25 
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urt. v. 27. September 2007, C-146/05, DStR 2007, 1811 - Collee - Rz. 38) die Prüfung, ob das Vorgehen des Steuerpflichtigen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist danach nicht erlaubt (vgl. EuGH-Urt. v. 6. Juli 2006, C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274, Kittel und Ricolta Recycling, Rn. 54). Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006, C-155-02, Halifax, Rn. 68f.).
26 
Hier mag das Verhalten der Antragstellerin insofern Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung haben, als nach Aktenlage vorsätzlich falsche Belege ausgestellt wurden, um die Hinterziehung von Umsatzsteuern durch die portugiesischen Abnehmer zu ermöglichen. Der Senat hält es aber für zweifelhaft, ob dies der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen gehalten werden kann. Denn insoweit   beruft sich die Antragstellerin wohl schon deshalb nicht missbräuchlich auf das Gemeinschaftsrecht, weil die materiellen Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung - soweit bei summarischer Prüfung ersichtlich - objektiv vorlagen. Anderes ergibt sich entgegen der vom Bundesgerichtshof bei einer ähnlichen Fallgestaltung vertretenen Ansicht (BGH-Beschl. v. 20. November 2008, a.a.O. Rn. 12f.) auch nicht ohne weiteres aus dem grundsätzlichen Verbot missbräuchlicher Praktiken auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Feststellung einer solchen Praxis erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe. Zum anderen muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Denn das Missbrauchsverbot ist nicht relevant, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben als nur die Erlangung von Steuervorteilen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006 - Halifax - a.a.O. Rn. 74 f.). Hier ist zweifelhaft, ob diese beiden Voraussetzungen missbräuchlicher Praktiken vorliegen. Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen entspricht dem System der Mehrwertsteuer, wonach lediglich der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland der Besteuerung unterworfen wird. Zudem erklären sich die von der Antragstellerin getätigten Umsätze keineswegs allein durch die Erlangung von Steuervorteilen. Vielmehr ging es der Antragstellerin offensichtlich gerade nicht um die Erlangung umsatzsteuerlicher Vorteile für sich, sondern darum, mehr Autos nach Portugal zu verkaufen, in dem sie ihren Abnehmern ermöglichte, dort Umsatzsteuern zu hinterziehen. Ob dies aber ausreicht, um wegen Missbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu versagen, bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren.
27 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann deshalb auch nicht der  „Rechtsgedanke des § 14 Abs. 3 UStG a.F. bzw. § 14c UStG“ zu einer Steuerbelastung wegen vorsätzlich unrichtig ausgestellter Belege führen. Gerade die Existenz dieser Vorschriften spricht dafür, dass eine solche Regelung einer gesetzlichen Grundlage bedürfte, an der es hier fehlt.
28 
Dem Antrag ist deshalb unabhängig von der Frage der Festsetzungsverjährung mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben.
29 
Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, dass die Antragstellerin die Umsatzsteuernachforderung in nennenswertem Umfang beglichen hat oder bereits Vollstreckungsmaßnahmen in deren Vermögen erfolgt sind und der Antragsgegner sich zur Frage einer Sicherheit nicht geäußert hat, sieht der Senat auch keinen Anlass, eine Sicherheitsleistung anzuordnen.
30 
Die Beschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick darauf vorliegen, dass in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bisher nicht geklärt ist, ob die vorsätzliche Ausstellung unzutreffender Rechnungen durch den Lieferanten der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen entgegensteht.

Gründe

 
14 
II. Die Insolvenz der Antragstellerin steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts X vom 18. Dezember 2008 mangels Masse abgelehnt worden ist.
15 
Der Antrag ist begründet.
16 
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der FGO kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch
17 
überwiegende öffentliche Interessen gebotene unbillige Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte; dabei ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (st. Rspr., vgl. BFH-Beschl. v. 11. Oktober 2002, VIII B 172/01, BFH/NV 2003, 306; v. 14. Februar 2006, VIII B 107/04, BStBl II 2006, 523).
18 
In Anwendung dieses Maßstabs hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, weil offen ist, ob die streitigen Lieferungen der Antragstellerin an ihre tatsächlichen Abnehmer in Portugal als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerbefreit sind.
19 
Eine - gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie - innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
20 
 1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
 2. der Abnehmer ist
 a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
 b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
 c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
 und
 3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
21 
Diese Vorschrift steht im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der in den Streitjahren geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten u. a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Eine innergemeinschaftliche Lieferung erfordert neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109, Rn. 24, 70; v. 27. 9. 2007, C-184/05, Twoh , UR 2007, 782, BFH/NV Beil. 2008, 39 Rn. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH v. 27. 9. 2007, C-409/04, Teleos u. a ., a. a. O., Rn. 69 ff.).
22 
Danach spricht hier Einiges dafür, dass die streitigen Umsätze größtenteils innergemeinschaftliche Lieferungen sind. Die Fahrzeuge sind nach Aktenlage tatsächlich als Lieferungen der Antragstellerin nach Portugal gelangt, wobei Abnehmer überwiegend portugiesische Unternehmen waren. Dies wird vom Antragsgegner eingeräumt und entspricht den bisherigen Feststellungen der Steuerfahndung, soweit diese dem Senat derzeit zugänglich sind (vgl. die Antragserwiderung vom 1.Oktober 2008 Bl. 24f. GA und den Teilbericht der Steuerfahndung vom 17. Juni 2008 S. 24f.; die vollständigen Ermittlungsakten sind auf die Aktenanforderung des Senats nicht vorgelegt worden). Dass diese Lieferungen durch die Steuerfahndung festgestellt und nicht durch die Antragstellerin nachgewiesen wurden, ist unerheblich, weil die Frage, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 27. 9. 2007, C-184/05, Teleos u. a. , DStRE 2008, 109) grundsätzlich anhand objektiver Kriterien zu erfolgen hat  (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008, 6 K 1463/08 -  JURIS - und FG Köln, Urt. v. 20. Februar 2008, 7 K 5969/03, EFG 2008, 889). Dass der Senat nach Aktenlage derzeit nicht anhand von Listen oder anderen Beweismitteln einzelne Wagenlieferungen bestimmten Abnehmern konkret zuordnen kann, führt im Hinblick auf die o.g. Feststellungen der Steuerfahndung zu keiner anderen Beurteilung. Die konkrete Lieferung jedes einzelnen Wagens ist aber im Hauptsacheverfahren abzuklären, was im Hinblick auf die die Antragstellerin treffende Feststellungslast für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung dazu führen kann, dass die Klage zumindest teilweise abzuweisen ist. Ebenfalls im Hauptsacheverfahren ist der Frage nachzugehen, ob einzelne nach Portugal gelieferte Wagen an Nichtunternehmer geliefert wurden und ob es dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3c Abs. 1 UStG an einer im Inland steuerbaren Lieferung fehlt.
23 
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urt. v. 6. Dezember 2007, V R 59/03, BFHE 219, 469 = DStR 2008, 297) fehlt es auch nicht deshalb an den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, weil die Antragstellerin die nach § 6a Abs. 3 UStG bei einer innergemeinschaftliche Lieferung erforderlichen Nachweise hier nicht erbracht hat. Denn diese Nachweispflichten sind keine materiellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Zwar ist in einem solchen Fall danach weiterhin grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerbefreiung nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs in der o.g. Entscheidung, der sich der Senat anschließt, aber zu gewähren. Soweit hier nach den Feststellungen der Steuerfahndung von der Antragstellerin gebrauchte Kraftfahrzeuge an portugiesische Unternehmer geliefert worden sind, dürften die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG hier vorliegen.
24 
Offen ist, ob die Qualifizierung der streitigen Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferungen und die damit verbundenen Steuerbefreiung entsprechend der Auffassung des Antragsgegners und der Rechtsprechung der Strafgerichte (vgl. das BGH-Beschl. v. 20. November 2008, 1 StR 354/08 - JURIS - sowie das gegenüber dem Geschäftsführer der Antragstellerin ergangene Urteil des LG Y v. 17. September 2008) deshalb ausgeschlossen ist, weil die Antragstellerin sich nach Aktenlage dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft hat, dass sie durch Ausstellung unzutreffender Rechnungen ihre wahren Abnehmer verschleiert und den tatsächlichen portugiesischen Abnehmern ermöglicht hat, portugiesische Umsatzsteuern zu hinterziehen. Zwar darf die Nichterfüllung der vom Mitgliedstaat aufgestellten formellen Nachweisanforderungen nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. d. Urt. v. 27. September 2007, a.a.O. Rn. 37 sowie Englisch, UR 2008, 481 <484>) nicht zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen. Der EuGH hat aber in dem vorgenannten Urteil zugleich erkennen lassen, dass sich diese Einschränkung wegen des Grundsatzes der steuerlichen Territorialität allein auf den Mitgliedstaat bezieht, in dem der Endverbrauch erfolgt, so dass die Nichterhebung von Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung durch den Herkunftsstaat der Lieferung nicht als Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden kann (so auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27. November 2008 a.a.O. Rz. 34). Die vom Landgericht im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin zur Begründung seiner Auffassung angeführte Entscheidung des BGH (NJW 1995, 2241f.) beruht auf einer von der Rechtsprechung des EuGH abweichenden Auffassung, der der Senat nicht folgt.
25 
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urt. v. 27. September 2007, C-146/05, DStR 2007, 1811 - Collee - Rz. 38) die Prüfung, ob das Vorgehen des Steuerpflichtigen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht ist danach nicht erlaubt (vgl. EuGH-Urt. v. 6. Juli 2006, C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274, Kittel und Ricolta Recycling, Rn. 54). Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006, C-155-02, Halifax, Rn. 68f.).
26 
Hier mag das Verhalten der Antragstellerin insofern Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung haben, als nach Aktenlage vorsätzlich falsche Belege ausgestellt wurden, um die Hinterziehung von Umsatzsteuern durch die portugiesischen Abnehmer zu ermöglichen. Der Senat hält es aber für zweifelhaft, ob dies der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen entgegen gehalten werden kann. Denn insoweit   beruft sich die Antragstellerin wohl schon deshalb nicht missbräuchlich auf das Gemeinschaftsrecht, weil die materiellen Voraussetzungen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung - soweit bei summarischer Prüfung ersichtlich - objektiv vorlagen. Anderes ergibt sich entgegen der vom Bundesgerichtshof bei einer ähnlichen Fallgestaltung vertretenen Ansicht (BGH-Beschl. v. 20. November 2008, a.a.O. Rn. 12f.) auch nicht ohne weiteres aus dem grundsätzlichen Verbot missbräuchlicher Praktiken auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer. Die Feststellung einer solchen Praxis erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe. Zum anderen muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Denn das Missbrauchsverbot ist nicht relevant, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben als nur die Erlangung von Steuervorteilen (vgl. EuGH-Urt. v. 21. Februar 2006 - Halifax - a.a.O. Rn. 74 f.). Hier ist zweifelhaft, ob diese beiden Voraussetzungen missbräuchlicher Praktiken vorliegen. Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen entspricht dem System der Mehrwertsteuer, wonach lediglich der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland der Besteuerung unterworfen wird. Zudem erklären sich die von der Antragstellerin getätigten Umsätze keineswegs allein durch die Erlangung von Steuervorteilen. Vielmehr ging es der Antragstellerin offensichtlich gerade nicht um die Erlangung umsatzsteuerlicher Vorteile für sich, sondern darum, mehr Autos nach Portugal zu verkaufen, in dem sie ihren Abnehmern ermöglichte, dort Umsatzsteuern zu hinterziehen. Ob dies aber ausreicht, um wegen Missbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu versagen, bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren.
27 
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann deshalb auch nicht der  „Rechtsgedanke des § 14 Abs. 3 UStG a.F. bzw. § 14c UStG“ zu einer Steuerbelastung wegen vorsätzlich unrichtig ausgestellter Belege führen. Gerade die Existenz dieser Vorschriften spricht dafür, dass eine solche Regelung einer gesetzlichen Grundlage bedürfte, an der es hier fehlt.
28 
Dem Antrag ist deshalb unabhängig von der Frage der Festsetzungsverjährung mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben.
29 
Im Hinblick darauf, dass nicht erkennbar ist, dass die Antragstellerin die Umsatzsteuernachforderung in nennenswertem Umfang beglichen hat oder bereits Vollstreckungsmaßnahmen in deren Vermögen erfolgt sind und der Antragsgegner sich zur Frage einer Sicherheit nicht geäußert hat, sieht der Senat auch keinen Anlass, eine Sicherheitsleistung anzuordnen.
30 
Die Beschwerde ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick darauf vorliegen, dass in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bisher nicht geklärt ist, ob die vorsätzliche Ausstellung unzutreffender Rechnungen durch den Lieferanten der Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen entgegensteht.

(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:

1.
Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
2.
die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
3.
Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
4.
Buchungsbelege,
4a.
Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
5.
sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(2) Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nummer 4a, sofern es sich bei letztgenannten Unterlagen um amtliche Urkunden oder handschriftlich zu unterschreibende nicht förmliche Präferenznachweise handelt, können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

1.
mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
2.
während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

(3) Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.

(4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

(5) Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.

(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,

1.
hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen,
2.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder
3.
kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte
1.
der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder
2.
diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
3.
ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
Die Kosten trägt der Steuerpflichtige. In Fällen des Satzes 3 hat der mit der Außenprüfung betraute Amtsträger den in § 3 und § 4 Nummer 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten Personen sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen. Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.

(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes) wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.
Der liefernde Unternehmer gibt an, dass der Gegenstand der Lieferung von ihm oder von einem von ihm beauftragten Dritten in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde und ist im Besitz folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
a)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
b)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.
2.
Der liefernde Unternehmer ist im Besitz folgender Belege:
a)
einer Gelangensbestätigung (§ 17b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2), die der Abnehmer dem liefernden Unternehmer spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorlegt und
b)
folgender einander nicht widersprechenden Belege, welche jeweils von unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden, die voneinander, vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer unabhängig sind:
aa)
mindestens zwei Belege nach Absatz 2 Nummer 1 oder
bb)
einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 1 und einem Beleg nach Absatz 2 Nummer 2, mit dem die Beförderung oder die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigt wird.

(2) Belege im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 sind:

1.
Beförderungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 bis 5) oder Versendungsbelege (§ 17b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2);
2.
folgende sonstige Belege:
a)
eine Versicherungspolice für die Beförderung oder die Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet oder Bankunterlagen, die die Bezahlung der Beförderung oder der Versendung des Gegenstands der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegen;
b)
ein von einer öffentlicher Stelle (z. B. Notar) ausgestelltes offizielles Dokument, das die Ankunft des Gegenstands der Lieferung im übrigen Gemeinschaftsgebiet bestätigt;
c)
eine Bestätigung eines Lagerinhabers im übrigen Gemeinschaftsgebiet, dass die Lagerung des Gegenstands der Lieferung dort erfolgt.

(3) Das Finanzamt kann eine nach Absatz 1 bestehende Vermutung widerlegen.

Ist der Gegenstand der Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Beauftragten bearbeitet oder verarbeitet worden (§ 6a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes), hat der Unternehmer dies durch Belege eindeutig und leicht nachprüfbar nachzuweisen. Der Nachweis ist durch Belege nach § 17b zu führen, die zusätzlich die in § 11 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 bezeichneten Angaben enthalten. Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, ist § 11 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

(1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe a) liegt vor, wenn bei einer Lieferung

1.
der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat oder
2.
der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist oder
3.
der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Abnehmer
a)
ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll, oder
b)
ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Ausländischer Abnehmer im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 ist

1.
ein Abnehmer, der seinen Wohnort oder Sitz im Ausland, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete, hat, oder
2.
eine Zweigniederlassung eines im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässigen Unternehmers, die ihren Sitz im Ausland, ausgenommen die bezeichneten Gebiete, hat, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat.
Eine Zweigniederlassung im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ist kein ausländischer Abnehmer.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt, so liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer ist und
2.
das Beförderungsmittel den Zwecken des Unternehmens des Abnehmers dient.

(3a) Wird in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

1.
der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, hat,
2.
der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und
3.
der Gesamtwert der Lieferung einschließlich Umsatzsteuer 50 Euro übersteigt.
Nummer 3 tritt zum Ende des Jahres außer Kraft, in dem die Ausfuhr- und Abnehmernachweise in Deutschland erstmals elektronisch erteilt werden.

(4) Die Voraussetzungen der Absätze 1, 3 und 3a sowie die Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 41/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
weitere Verfahrensbeteiligte:
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung betreffend Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/ EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden : Sechste Richtlinie) vorgelegt: Ist Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
a) wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt , der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
b) Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?

Gründe:

I.


1
1. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu entscheiden. Der Angeklagte, ein portugiesischer Staatsangehöriger, befand sich in dem gegen ihn geführten Strafverfahren seit 30. Januar 2008 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 17. September 2008 hat das Landgericht den Haftbefehl wegen fortbestehender Fluchtgefahr aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Trotz der Außervollzugsetzung gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ebenso wie Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes) auch in dieser prozessualen Situation eine beschleunigte Behandlung der Sache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668). Im Einzelnen wurde dem Angeklagten auferlegt, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro zu erbringen und seine Ausweispapiere zur Akte zu reichen. Daneben hat das Landgericht ihn angewiesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht ohne vorherige Genehmigung des Landgerichts zu verlassen und jeden Wechsel seines Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts dem Landgericht anzuzeigen. Zuletzt wurde ihm die Auflage erteilt, sich zweimal wöchentlich bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier persönlich zu melden. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt, den der Senat seiner Vorlage zugrunde legt:
2
Der Angeklagte war Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in W. (Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland). Das Unternehmen handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Seit 2001 verkaufte es weit über 500 Fahrzeuge pro Jahr. Käufer der Fahrzeuge waren zum größten Teil gewerblich tätige Fahrzeughändler, die in Portugal geschäftsansässig waren.
3
Ab dem Jahr 2002 nahm der Angeklagte die nachfolgend geschilderten Manipulationen vor, um gewerblichen Fahrzeughändlern in Portugal die Hinterziehung portugiesischer Umsatzsteuer zu ermöglichen. Das war zum einen für ihn selbst wirtschaftlich vorteilhaft: Er konnte die Fahrzeuge zu einem Preis verkaufen , der bei rechtmäßiger Vorgehensweise am Markt nicht erzielbar gewesen wäre. Infolge dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber steuerehrlichen deutschen Fahrzeughändlern erzielte er beträchtliche Gewinne. Zum anderen waren die Geschäfte auch für die Fahrzeughändler in Portugal wirtschaftlich vorteilhaft. Weil deren Eigenschaft als tatsächliche Käufer verschleiert wurde, konnten sie die Erwerbsbesteuerung in Portugal umgehen. So war es ihnen möglich, die Fahrzeuge ohne Anmeldung und Abführung portugiesischer Umsatzsteuer an Endverbraucher in Portugal weiterzuverkaufen. Ziel der Manipulationen war somit, weder in Deutschland noch in Portugal Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkäufer und Käufer bereicherten sich also auf Kosten des Steuerfiskus.
4
Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte ein aufwändiges Täuschungssystem , um die tatsächlichen Käufer der Fahrzeuge zu verschleiern:
5
Er manipulierte sein Rechnungswesen durch Scheinrechnungen. Diese verschleierten die tatsächlichen Vertrags- und Lieferbeziehungen. Die Verkaufsrechnungen stellte er auf Scheinkäufer aus. Dabei enthielten die - in die Buchhaltung der P. GmbH aufgenommenen Rechnungen - jeweils die Firma des Scheinkäufers als Rechnungsadressat, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer , die Bezeichnung des - tatsächlich an einen anderen Erwerber gelieferten - Fahrzeugs, den Kaufpreis sowie den Zusatz „steuerfreie innerge- meinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG“. Dadurch sollte der Eindruck er- weckt werden, dass der Scheinkäufer den Umsatz in Portugal der Erwerbsbesteuerung unterwerfen würde. Bei den Scheinkäufern handelte es sich um tatsächlich existierende Unternehmen in Portugal. Teilweise waren die Scheinkäufer mit der Verwendung ihrer Firma für die Zwecke des Angeklagten einverstanden , teilweise hatten sie davon keine Kenntnis.
6
Die tatsächlichen Käufer - also nicht die Scheinkäufer - verkauften die Fahrzeuge an private Endabnehmer in Portugal. Plangemäß verschwiegen sie den portugiesischen Finanzbehörden den wahren Sachverhalt: den innergemeinschaftlichen Erwerb vom Unternehmen des Angeklagten. So vermieden sie die bei Erwerb angefallene Umsatzsteuer. Die tatsächlichen Geschäftsbeziehungen wurden durch weitere Maßnahmen zusätzlich verschleiert. Der Angeklagte ließ - soweit die privaten Endabnehmer in Portugal zur Zeit der Lieferung bereits bekannt waren - bereits die CMR-Frachtbriefe auf diese Personen ausstellen. In diesen Fällen erstellte der Angeklagte eine weitere Scheinrechnung mit den Endabnehmern als Adressaten und dem unzutreffenden Zusatz „Differenz -Besteuerung nach § 25a UStG“.
7
Auf diese Weise verkaufte und lieferte die P. GmbH im Jahr 2002 407 Fahrzeuge für 7.720.391,-- Euro. Im Jahr 2003 wurden 720 Fahrzeuge für 11.169.460,-- Euro verkauft und geliefert. Diese Umsätze erklärte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2002 und 2003 der P. GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den neben den Steuererklärungen abzugebenden Meldungen an das deutsche Bundeszentral- amt für Steuern benannte der Angeklagte die in den Rechnungen aufgeführten Scheinkäufer als Vertragspartner, um eine Ermittlung der tatsächlichen Käufer in Portugal über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem zu verhindern.
8
2. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den verschleierten Lieferungen nach Portugal nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Durch die Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise sei eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung in Portugal herbeigeführt worden. Das sei ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, der die Versagung der Steuerbefreiung in Deutschland rechtfertige. Die Deklaration der betroffenen Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sei daher falsch gewesen. Vielmehr hätte die P. GmbH die deutsche Umsatzsteuer auf diese Lieferungen erheben , an die Finanzverwaltung abführen und in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen angeben müssen. Wegen des Verstoßes gegen diese Pflichten habe sich der Angeklagte als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft der Steuerhinterziehung strafbar gemacht; er habe im Jahr 2002 Umsatzsteuer von mehr als 1 Mio. Euro und im Jahr 2003 von mehr als 1,5 Mio. Euro verkürzt.
9
3. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht umsatzsteuerpflichtige Lieferungen angenommen habe. Da die Fahrzeuge tatsächlich an gewerblich tätige Erwerber in Portugal geliefert worden seien, habe es sich um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt. Dass der Angeklagte durch Verschleierungsmaßnahmen die Erwerbsbesteuerung in Portugal verhindern wollte und verhinderte, stünde dem nicht entgegen. Eine Ge- fährdung des deutschen Umsatzsteueraufkommens liege nicht vor, da die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland Portugal zustehe.

II.


10
Der Senat hält die Beantwortung der Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Er legt diese deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
11
1. Die Frage, ob im Ausgangsfall die Lieferungen von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Portugal) von der Umsatzsteuer befreit sind, betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145, S. 1).
12
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Von diesem Grundsatz sieht Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine Ausnahme vor. Dort ist die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer vorgesehen.
13
2. Der Gerichtshof hat nach Kenntnis des Senats bisher keine ausdrückliche Entscheidung zur Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie für Fall- http://www.juris.de/jportal/portal/t/kgq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - konstellationen der vorliegenden Art getroffen. Er hat aber in den Rechtssachen C-409/04 (Urteil vom 27. September 2007 - Teleos u.a.) und C-146/05 (Urteil vom 27. September 2007 - Collée) zu Fragen Stellung genommen, die die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer betreffen (nachfolgend a); bei missbräuchlicher Praxis hat er das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen (nachfolgend b). Der Senat versteht die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie folgt:
14
a) Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Befreiung von der Mehrwertsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
15
Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anhand objektiver Kriterien zu erfolgen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 1, Rdn. 40, 42). Art. 28c Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist zudem dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Lieferung begonnen wurde, nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf die gelieferten Gegenstände zu entrichten, wenn der Lieferant Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen und sich später diese Beweise als falsch herausstellen , jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 2, Rdn. 44 bis 68). Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée versteht der Senat dahin, dass Art. 28c http://www.juris.de/jportal/portal/t/liw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in dem Sinn auszulegen ist, dass er der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, die Befreiung einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung zu versagen, der Nachweis einer solchen Lieferung sei nicht rechtzeitig erbracht worden (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée - Tenor 1, Rdn. 29 bis 33). Er entnimmt derselben Entscheidung des Gerichtshofs aber auch, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen kann, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée , Rdn. 38).
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b) Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf Vorsteuerabzug
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Hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 1 und 2 der Sechsten Richtlinie versteht der Senat die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin, dass derjenige Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug verliert, der mit dem Umsatz selbst eine Steuerhinterziehung begeht (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 84). Er entnimmt der Entscheidung in der Rechtssache Halifax weiter, dass die Sechste Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen , eine missbräuchliche Praxis darstellen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert dabei zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts ei- nen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt werde (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a. - Tenor 2 und Rdn. 85 f.).
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Eine weitere Entscheidung des Gerichtshofs, die Umsätze zum Gegenstand hatte, die in ein auf Steuerhinterziehung angelegtes Betrugssystem einbezogen waren, versteht der Senat dahin, dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Im Übrigen wirkt eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwere (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.). Der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug ist daher dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt , auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 59).

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Demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Rechtsvorschrift dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der von ihm entrichteten Vorsteuer dann nicht absprechen, wenn eine Lieferung an ihn vorgenommen wird, von der er weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 1, Rdn. 60; vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Januar 2006, Rechtssache C-354/03 - Optigen Ltd. u.a., Rdn. 52).
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3. Auf der Grundlage der so verstandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der anfragende Senat des Bundesgerichtshofs bereits in zwei ähnlichen Fallgestaltungen einer behaupteten „innergemeinschaftlichen Lieferung“ die Steuerbefreiung versagt, weil der deutsche Unternehmer kollusiv mit dem ausländischen Abnehmer zusammenwirkte, um diesem die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
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a) Im Beschluss vom 20. November 2008 (Aktenzeichen: 1 StR 354/08) ging es um die Täuschung über den Lieferanten: Das deutsche Unternehmen lieferte tatsächlich Fahrzeuge, und zwar direkt an den wirklichen Abnehmer in Italien. Allerdings wurden Scheinrechnungen an italienische Zwischenhändler (missing trader) als angebliche Käufer ausgestellt. Die Zwischenhändler ermöglichten dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern, indem sie an ihn Scheinrechnungen für den angeblichen Weiterverkauf ausstellten.
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b) Im Beschluss vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 633/08) ging es um fingierte Lieferungen: Das italienische Unternehmen verkaufte Mobiltelefone tatsächlich an ein anderes italienisches Unternehmen. Um dem Ver- käufer einen unberechtigten Vorsteuerabzug zu ermöglichen und die Mobiltelefone dann zu einem günstigeren Preis verkaufen zu können, wurden diese zum Schein an ein deutsches Unternehmen - als innergemeinschaftliche Lieferung - verkauft. Das deutsche Unternehmen „verkaufte“ die Mobiltelefone sodann über italienische Zwischenhändler an den ursprünglichen "Verkäufer" zurück.
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c) Die Strafbarkeit des Lieferanten wegen Steuerhinterziehung hing in beiden Fällen davon ab, ob die in Art. 28c der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgeschlossen war.
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4. Zur vorliegenden Fallgestaltung vertritt der Senat die folgende Rechtsansicht : Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile zu versagen sind, wenn der jeweilige Steuerpflichtige die missbräuchliche oder betrügerische Praktik kennt und sich daran beteiligt.
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Dies folgt nach Auffassung des Senats einerseits aus dem im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbot missbräuchlicher Praktiken, das auch für die Mehrwertsteuer gilt. Darüber hinaus gebieten nach Auffassung des Senats auch Sinn und Zweck des Artikel 28c der Sechsten Richtlinie und die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, eine entsprechende Auslegung dieser Vorschrift.
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Denn Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt, wie seine systematische Stellung in Abschnitt XVI a der Sechsten Richtlinie belegt, eine Übergangsrege- lung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten dar. Mit der Vorschrift soll - zusammen mit der Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der Sechsten Richtlinie - folgendem Umstand Rechnung getragen werden: Die Bedingungen sind noch nicht erfüllt, die die Durchführung des Prinzips der Besteuerung der gelieferten Gegenstände im Ursprungsmitgliedstaat erlauben, ohne dass der Grundsatz, dass die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen , in dem der Endverbrauch erfolgt, angetastet wird. Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt daher eine Ausnahmevorschrift dar. Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Markts, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist.
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Fälle der vorliegenden Art zielen aber darauf ab, die ordnungsgemäße Besteuerung sowohl im Bestimmungsland als auch im Ursprungsland zu verhindern. Die Absicht der Beteiligten ist darauf gerichtet, sich durch Ausnutzung des Mehrwertsteuersystems - und entgegen seiner Zielsetzung - Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch die systemwidrige Ausnutzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, die Zwischenschaltung von Scheinunternehmen und die Verschleierung der tatsächlichen Erwerber kann der Lieferant die Waren zu einem höheren Preis als seine steuerehrlichen Mitbewerber verkaufen. Er verdrängt damit redliche Mitbewerber aus dem Markt. Für den Erwerber wird entweder die Möglichkeit geschaffen, den Gegenstand ohne Ausweis von Mehrwertsteuer zu verkaufen, da seine Einbindung in die Kette der Lieferanten - wie im vorliegenden Fall - verschleiert wurde. Oder er kann einen Teil des tatsächlich gezahlten Kaufpreises durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuer aus einem Scheingeschäft mit einem missing trader zu Lasten des Staates, in den die Lieferung erfolgte, erstattet erhalten.
Auch er erlangt dann - zum Nachteil seiner steuerehrlichen Mitbewerber im Bestimmungsland - Wettbewerbsvorteile.
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Nach Auffassung des Senats ist daher einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Befreiung von der Mehrwertsteuer auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände bewiesen ist, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Eine solche Auslegung von Art. 28c hält der Senat für geboten, um die Ziele der Sechsten Richtlinie effektiv durchzusetzen.
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Der Senat sieht nicht nur das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 der Sechsten Richtlinie, sondern auch die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie als Steuervorteil an (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a.). Er stützt diese Auffassung auch auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée, die allein den Vorteil der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung erachtete der Gerichtshof in Bezug auf die Steuerbefreiung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht für unzulässig (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38).
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5. Wendet man diese Rechtsauffassung auf den Ausgangsfall an, ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Unternehmen des Ange- klagten für die Lieferungen nach Portugal die Steuerbefreiung zu versagen war. Er hätte sich danach wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist daher für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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a) Nach der Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung (nachfolgend: AO, siehe auch Anlage 1) macht sich strafbar, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. § 370 AO ist ein Blankettstraftatbestand , der nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst enthält. Er wird durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts ausgefüllt. Diese bestimmen , welche Tatsachen steuerlich erheblich sind und unter welchen Voraussetzungen eine Steuer entsteht. Damit ist die Steuerentstehung Tatbestandsvoraussetzung einer strafbaren Steuerhinterziehung.
32
b) Für die Steuerentstehung bestimmt das deutsche Steuerrecht: Nach den Vorgaben des Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG, siehe auch Anlage 2) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, im Grundsatz der deutschen Umsatzsteuer. Davon sieht § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (siehe Anlage 3) eine Ausnahme vor: Die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze sind bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. Damit setzt § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in nationales Recht um.
33
§ 6a Abs. 1 UStG (siehe Anlage 4) definiert, wann eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Diese setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Zudem ist gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erforderlich , dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Die Nachweispflichten sind in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (nachfolgend: UStDV; siehe auch Anlage 5) und § 17c UStDV (Anlage 6) konkretisiert. Nach § 17a UStDV muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (sogenannter Belegnachweis). § 17c UStDV konkretisiert die Pflichten des Unternehmers betreffend die Buchführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Nach dieser Vorschrift müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die sich aus § 6a UStG ergeben, insbesondere Name und Anschrift des Abnehmers sowie dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, buchmäßig nachgewiesen sein (sogenannter Buchnachweis).
34
Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG (Anlage 7) muss der inländische Unternehmer , der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung erstatten, in der u.a. die Umsatzsteuer -Identifikationsnummer des Erwerbers mitzuteilen ist. § 18a UStG setzt daher Art. 22 Abs. 6 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie um. Die Meldung stellt die Grundlage für die Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, da die Daten erfasst und dann anfragenden Steuerbehörden im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (vgl. Verordnung der EWG Nr. 218/92 vom 27. Januar 1992 und Verordnung 1798/2003/EG vom 7. Oktober 2003) übermittelt werden.
35
Nach § 18b Satz 1 UStG (Anlage 8) hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt zu erklären. Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung ist dabei regelmäßig nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anlage 9) das Nettoentgelt, das der Leistungsempfänger an den Unternehmer zahlt. Mit der Erklärung nach § 18b Satz 1 UStG bringt der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden zum Ausdruck, dass die vorgenommenen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG umsatzsteuerfrei sind, der Unternehmer mithin keine Umsatzsteuer für diese Lieferungen schuldet.
36
c) Da die Steuerbefreiung nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen des Rechts- bzw. Systemmissbrauchs zu versagen ist, war im vorliegenden Fall von einer steuerpflichtigen Lieferung auszugehen. Die Steuerhinterziehung sieht der Senat darin, dass der Angeklagte die Umsätze in den Steuererklärungen nach § 18b UStG, die er gegenüber der nationalen Finanzverwaltung abzugeben hatte, bewusst falsch als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung deklarierte. Tatsächlich waren sie aber steuerpflichtig, weil der Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (bzw. des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie) nicht eingriff. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz der Steuerpflicht.
37
d) Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Wären die Lieferungen als steuerbefreit anzusehen, käme eine in Deutschland strafbare Steuerhinterziehung des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einen wären dann die von dem Angeklagten nach § 18b UStG abgegebenen Erklärungen inhaltlich richtig; zum anderen würde die Lieferung keine deutsche Umsatzsteuer auslösen, die verkürzt werden könnte. Die Betei- ligung des deutschen Unternehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Portugal ist nach deutschem Steuerstrafrecht nicht strafbar, da es insoweit an der Verbürgung der gegenseitigen Strafverfolgung fehlt (vgl. § 370 Abs. 6 Satz 3 AO). Die unrichtigen Angaben über den Erwerber gegenüber dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern in den Meldungen nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG sind keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG, die mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können (§ 26a Abs. 2 UStG, vgl. auch Anlage 10).
38
6. Da in den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen angesichts der geschilderten Rechtsprechung des Gerichtshofs die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft war, bestand bislang keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EG an den Gerichtshof zu richten (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258). Allerdings hat nun das Finanzgericht Baden-Württemberg im Besteuerungsverfahren zum selben Sachverhalt ausdrücklich Zweifel geäußert, ob der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Versagung der Steuerbefreiung zu folgen sei (Beschluss vom 11. März 2009 - 1 V 4305/08). Es ist der Auffassung, das gemeinschaftsrechtliche Missbrauchsverbot greife nicht ein, da die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung hätten als nur die Erlangung von Steuervorteilen. Zudem stünden der Auffassung des Bundesgerichtshofs die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Territorialität entgegen.
39
Der Senat hält die Bedenken des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht für überzeugend:
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a) Selbst wenn die getätigten Umsätze - was der Senat im vorliegenden Fall aufgrund der durch objektive Beweise bestätigten Feststellungen des Landgerichts freilich ausschließt - in Einzelfällen auch eine andere (zusätzliche) Erklärung haben können als primär die Erlangung von Steuervorteilen, schließt dies nach Ansicht des vorlegenden Senats die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots nicht aus. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache Halifax entschieden, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert, es müsse anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Tenor 2, Rdn. 75). Der Rechtssache Halifax lag indes ein Sachverhalt zu Grunde , bei dem die für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes bedeutsamen zivilrechtlichen Verträge allesamt wirksam waren. Zudem waren die beteiligten Unternehmen ihren Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ordnungsgemäß nachgekommen. Dort handelte es sich - anders als hier - somit nicht um ein betrügerisches System, das durch Verschleierung und unrichtige bzw. unterlassene Erklärungen auf Steuerhinterziehung ausgerichtet war. Vielmehr war in dieser Rechtssache lediglich zu klären, welche Schranken den Gestaltungsrechten der Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte zu setzen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Unternehmer das Recht auf eine ihm steuerlich günstige Gestaltung der Geschäftsbeziehungen hat (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 73 f.), stellt der Gerichtshof unmittelbar daran anschließend die qualifizierten Anforderungen an die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis fest.
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Folgt der Missbrauch des Mehrwertsteuersystems indes - wie in den Fällen der vorliegenden Art - bereits aus dem Umstand, dass die Lieferbeziehungen bewusst verschleiert werden, um mit unrichtigen oder unterlassenen Erklä- rungen gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich Steuern zu verkürzen, sind nach Ansicht des Senats die grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses zu versagen, auch wenn ein tatsächlich gewolltes - freilich in betrügerischer Absicht verschleiertes - innergemeinschaftliches Handelsgeschäft zu Grunde liegt. Denn dann liegt nicht lediglich ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs, sondern vielmehr ein Fall des systematischen Steuerbetrugs mit speziell für diesen Zweck hergestellten Scheinrechnungen vor. Für diesen Fall lässt sich aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen , dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist. Der Steuerpflichtige geht in einer solchen Situation den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Der Gerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegenwirkt, indem sie ihre Durchführung erschwert (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.).
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b) Auch der Umstand, dass es bei Versagung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Umsatzsteuer zu einer Doppelbesteuerung des Umsatzes im Ursprungs- und Bestimmungsland kommen kann, wenn trotz der Verschleierungsmaßnahmen der wahre Sachverhalt im Empfängerstaat aufgedeckt und der innergemeinschaftliche Erwerb noch nachträglich besteuert wird, rechtfertigt nach Auffassung des Senats kein anderes Ergebnis. Denn darin ist keine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu sehen.
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aa) Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 59). Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht aber zwischen steuerehrlichen und steuerunehrlichen Unternehmen, die durch systematische Verschleierungsmaßnahmen Steuern hinterziehen, gerade nicht. Würde das Prinzip der steuerlichen Neutralität in Fällen der vorliegenden Art zur Begründung der Steuerfreiheit herangezogen , würde vielmehr - wie dargelegt - das gemeinschaftsrechtliche Mehrwertsteuersystem zu Gunsten einzelner, steuerunehrlicher Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht.
44
bb) Die nach Auffassung des Senats gebotene Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Umsätzen und zu Formalitäten, die den Grenzübertritt erschweren (vgl. insoweit auch Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie). Vielmehr wird der fragliche innergemeinschaftliche Umsatz dem inländischen Umsatz gleichgestellt. Er wird dem Ursprungslandgrundsatz, wie er in Art. 2 der Sechsten Richtlinie festgeschrieben ist, unterworfen, um so dem Wettbewerbsungleichgewicht entgegen zu wirken.
45
cc) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zudem anerkannt, dass es der Grundsatz der Neutralität einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachzufordern, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Bedeutung, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschluss vom 3. März 2004, Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04, Teleos u.a., Rdn. 66).
46
dd) Schließlich käme grundsätzlich auch in Betracht, eine tatsächlich eingetretene Doppelbesteuerung, wenn die Erwerbsbesteuerung im Ursprungsland doch noch durchgeführt wurde, durch eine nachträgliche Erstattung der zunächst vom inländischen Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zu beseitigen. § 227 AO (siehe Anlage 11) sieht eine entsprechende Erstattungsmöglichkeit vor. Er könnte dann zur Anwendung kommen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2000, Rechtssache C-454/98, Schmeink & Cofreth u.a., Tenor 1, Rdn. 60 ff.)
47
c) Der Grundsatz der Territorialität steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen der vorliegenden Art der Versagung der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Territorialität ist Ausfluss des Prinzips der steuerlichen Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 22 f.). Die Neutralität der Mehrwertsteuer ist aber nicht durch die Versagung der Steuerbefreiung gefährdet, sondern vielmehr - wie dargelegt - durch die von den Beteiligten vorgenommenen Verschleierungsmaßnahmen, mit denen die Erwerbsbesteuerung im Empfängerstaat vermieden werden soll. Gerade diese Gefährdung rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats die Versagung der Befreiung von der Umsatzsteuer bei der vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferung.
48
In der Rechtssache Collée führte der Gerichtshof zudem aus, dass dem nationalen Gericht die Prüfung obliegt, „ob die Verschleierung des Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die daraus folgende Verzögerung bei der Korrektur der jeweiligen Buchungen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. …… Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteile zu kommen“ (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38). Diese Aussage des Gerichtshofs impliziert aus Sicht des Senats, dass das Besteuerungsrecht des anderen Mitgliedstaats nicht ausschließt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen auch für das Steueraufkommen im Lieferstaat eine rechtlich relevante Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Denn ohne die Gefährdung des Steueraufkommens ist eine Mehrwertsteuerhinterziehung nicht denkbar. Tatsächlich soll es nach dem Tatplan der Beteiligten von Umsatzgeschäften der vorliegenden Art auch gerade nicht zu einer ordnungsgemäßen Besteuerung im Bestimmungsland kommen.
49
d) Schließlich gebieten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine abweichende Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn eine Regelung betroffen ist, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen , die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 52). Auf beide Grundsätze kann sich indes nur der gutgläubige Unternehmer berufen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries u.a., Rdn. 33), und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte, noch haben konnte (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelt es sich bei Lieferanten, die die wahren Empfänger verschleiern, um ihnen die Hinterziehung der Erwerbssteuer zu ermöglichen, jedoch gerade nicht.
50
e) Auch wenn der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Baden -Württemberg nicht für zutreffend erachtet, legt er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Angesichts der vom Finanzgericht Baden-Württemberg geäußerten Rechtsbedenken kann nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass für die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 28c der Sechsten Richtlinie in Fällen der Verschleierung des Empfängers innergemeinschaftlicher Lieferungen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 - Cilfit, Rdn. 16). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.