Bundesverwaltungsgericht Urteil, 02. März 2017 - 3 C 19/15

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:020317U3C19.15.0
bei uns veröffentlicht am02.03.2017

Tatbestand

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Der Kläger begehrt im Wege der Restitutionsklage die Feststellung, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) verpflichtet war, seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung zu erlauben.

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Die Ehefrau des Klägers (im Folgenden: Frau K.) litt seit April 2002 infolge eines Unfalls an einer hochgradigen, fast kompletten sensomotorischen Querschnittslähmung. Sie war vom Hals abwärts gelähmt, musste künstlich beatmet werden und war auf ständige medizinische Betreuung und Pflege angewiesen. Häufige Krampfanfälle verursachten starke Schmerzen. Nach ärztlicher Einschätzung bestand keine Aussicht auf Besserung ihres Zustandes. Wegen dieser von ihr als unerträglich und entwürdigend empfundenen Leidenssituation hatte Frau K. den Wunsch, ihr Leben zu beenden. Mit Schreiben vom 12. November 2004 beantragte sie beim BfArM, ihr zum Zweck der Durchführung eines begleiteten Suizids den Erwerb von 15 g Natrium-Pentobarbital zu erlauben. Zur Begründung führte sie aus, sie habe ihren Sterbewunsch mit dem Kläger, der gemeinsamen Tochter, den behandelnden Ärzten, einem Psychologen, dem Pflegepersonal und einem Geistlichen besprochen; diese respektierten ihre Entscheidung. Eine risikolose und schmerzfreie Selbsttötung sei für sie nur mit dem beantragten Mittel möglich. Pentobarbital gehöre nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zu den verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln. Jedoch dürften Ärzte nach dem geltenden Arzt- und Standesrecht keine letale Dosis verschreiben. Zudem sei unsicher, wie die Unterstützung einer frei verantwortlichen Selbsttötung strafrechtlich bewertet würde. In der Schweiz sei die von ihr angestrebte Selbsttötung mit Natrium-Pentobarbital möglich. Allerdings stelle die Reise wegen der damit verbundenen Belastungen keine zumutbare Alternative dar.

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Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 lehnte das BfArM den Antrag ab. Die begehrte Erlaubnis sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zu versagen, weil der Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, nicht zu vereinbaren sei. Mit medizinischer Versorgung im Sinne dieser Vorschrift seien ausschließlich lebenserhaltende oder -fördernde Verwendungszwecke gemeint. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 wies das BfArM den Widerspruch von Frau K. als unbegründet und den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Wenige Tage vor Erlass des Widerspruchsbescheides war Frau K. in Begleitung des Klägers und ihrer Tochter in die Schweiz gereist und hatte sich mit Unterstützung eines Vereins für Sterbehilfe selbst getötet.

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Die Klage auf Feststellung, dass der Bescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig und die Beklagte zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Februar 2006 - 7 K 2040/05 - (FamRZ 2006, 1673) als unzulässig abgewiesen. Der Kläger sei nicht klagebefugt. Er könne weder geltend machen, in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt zu sein, noch erscheine eine Verletzung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) möglich. Durch die Erlaubnisversagung könnten allein Rechte der Ehefrau betroffen gewesen sein. Den gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2007 - 13 A 1504/06 - (NJW 2007, 3016) zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe eine Klagebefugnis zutreffend verneint. Die Verfassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 4. November 2008 - 1 BvR 1832/07 - (NJW 2009, 979) nicht zur Entscheidung angenommen.

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Der daraufhin vom Kläger angerufene Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09, Koch/Deutschland - (NJW 2013, 2953) entschieden, dass der Kläger durch die Weigerung der nationalen Gerichte, die Begründetheit seiner Klage zu prüfen, in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK verletzt worden ist. Das Urteil ist seit 17. Dezember 2012 rechtskräftig.

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Am 15. Januar 2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht die Wiederaufnahme des Klageverfahrens beantragt und sein Feststellungsbegehren weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Mai 2014 sein Urteil vom 21. Februar 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Restitutionsklage sei gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 8 ZPO zulässig. Die erneute Prüfung des Klagebegehrens ergebe, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, aber unbegründet sei. Das BfArM habe den Antrag von Frau K. auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu Recht abgelehnt. Die Erlaubnis sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zu versagen gewesen. Unter notwendiger medizinischer Versorgung im Sinne dieser Vorschrift seien nur solche Betäubungsmittelanwendungen zu verstehen, die therapeutischen Zwecken dienten. Dazu gehöre zwar auch die Versorgung mit schmerzstillenden Medikamenten am Ende des Lebens. Dieser Versorgungszweck sei aber mit der Einnahme einer letalen Dosis zum Zweck der Selbsttötung nicht zu vergleichen und medizinisch und ethisch streng abzugrenzen. Bei der palliativen Versorgung sterbender Menschen stehe die Linderung von Schmerzen und Atemnot im Vordergrund, während eine mit der Anwendung des Betäubungsmittels verbundene lebensverkürzende Wirkung nicht beabsichtigt, sondern lediglich als unvermeidliche Nebenfolge der notwendigen Behandlung in Kauf genommen werde. Diese Bewertung stimme auch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung zwischen erlaubter, durch Einwilligung des Patienten gerechtfertigter Sterbehilfe und einer strafbaren Tötung nach §§ 212, 216 StGB überein. Danach könne als Sterbehilfe zulässig sein, eine lebenserhaltende oder -verlängernde medizinische Behandlung zu unterlassen oder abzubrechen, nicht hingegen eine lebensbeendende Handlung außerhalb des Zusammenhangs einer medizinischen Behandlung. Eine Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG, die den Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln ausnahmsweise ermöglichen würde, wenn ein selbstbestimmter Entschluss zur Beendigung eines leidvollen Lebens vorliege, komme nicht in Betracht, weil sie dem Willen des Gesetzgebers widerspreche. Ein ausnahmsloses Verbot der Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung verstoße auch weder gegen das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende nach Art. 8 EMRK noch gegen das Recht auf eine freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG.

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Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 2015 zurückgewiesen. Der Erwerb der beantragten Dosis Natrium-Pentobarbital habe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG einer Erlaubnis bedurft. Zwar sei das Betäubungsmittel grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 1 i.V.m. Anlage III und § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG ohne gesonderte Erlaubnis auf ärztliche Verschreibung erhältlich. Diese Zugangsmöglichkeit sei Frau K. aber faktisch verschlossen gewesen. Denn die Berufsordnungen würden es den Ärzten überwiegend verbieten, Natrium-Pentobarbital oder andere Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu verschreiben. Dementsprechend habe sich die Ärzteschaft bisher mehrheitlich darauf geeinigt, dass die Verschreibung oder Verabreichung einer tödlichen Dosis den Regeln der Heilkunde widerspreche. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Erlaubniserteilung der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG entgegengestanden habe. Eine Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung sei mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar. Dafür sprächen neben dem Wortlaut der Regelung insbesondere systematische und teleologische Argumente. Es fehle zwar eine eindeutige Aussage im Gesetz, ob die Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung möglich sein solle. Allerdings sei den Materialien zu entnehmen, dass es dem Gesetzgeber bei der Novellierung des Betäubungsmittelrechts um den Gesundheitsschutz gegangen sei. Auch die mit Änderungsgesetz vom 19. Oktober 2012 eingefügten Regelungen zur Vereinfachung der palliativ-medizinischen Versorgung mit Betäubungsmitteln sprächen für dieses Normverständnis. Hätte der Gesetzgeber die Abgabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung ermöglichen wollen, hätte es nahegelegen, dies im Zuge des Änderungsgesetzes mit zu regeln. Die Grundrechte des Grundgesetzes sowie die Rechte und Freiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangten keine abweichende Auslegung. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umfasse Art. 8 Abs. 1 EMRK auch das Recht eines Menschen zu entscheiden, wann und in welcher Weise sein Leben enden solle, vorausgesetzt, er könne seinen Willen frei bilden und dementsprechend handeln. Unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EMRK könne dieses Recht beschränkt werden. Hierbei verfüge der nationale Gesetzgeber über einen weiten Gestaltungsspielraum. Bei der Abwägung sei die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit jedes Menschen nach Art. 2 EMRK zu berücksichtigen. Daraus könne auch die staatliche Pflicht folgen, eine Person an der Selbsttötung zu hindern, wenn sie die Entscheidung nicht frei und in Kenntnis aller Umstände getroffen habe. Danach sei ein ausnahmsloses Verbot des Zugangs zu Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung nicht zu beanstanden. Es sei geeignet und erforderlich, um Menschen in vulnerabler Position und Verfassung gegenüber Entscheidungen zu schützen, die sie möglicherweise voreilig, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich träfen, und um sie gegenüber Missbrauch durch Dritte zu schützen. Durch das Verbot würden Menschen in der Situation wie Frau K. auch nicht in ihrer Menschenwürde verletzt. Ihnen verblieben Handlungsalternativen, die dem Schutzgehalt der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG gerecht würden. Sie ergäben sich vor allem durch Möglichkeiten im Bereich der Palliativmedizin und, soweit die Betroffenen auf lebenserhaltende medizinische Maßnahmen angewiesen seien, durch die Möglichkeit der so genannten Therapiezieländerung oder des Behandlungsabbruchs.

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Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Das Oberverwaltungsgericht habe § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG falsch ausgelegt. Aus dem Gesetz ergebe sich nicht, dass Betäubungsmittel der Anlage III nicht auch zum Zweck der Lebensbeendigung erworben werden dürften. Ein Regelungsverständnis, das dazu führe, dass ein Suizidwilliger in einer Situation wie derjenigen seiner Frau zusätzlich leiden müsse, verstoße gegen die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Recht, selbstbestimmt über den Zeitpunkt und die Umstände des eigenen Todes zu entscheiden, laufe leer, wenn dem Betroffenen verwehrt werde, auf eine möglichst risikolose und schmerzfreie Weise aus dem Leben zu scheiden. Werde der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ausgeschlossen, würden Betroffene wie seine Frau vor die Alternative gestellt, weiter leiden zu müssen, eine andere Suizidmethode wählen zu müssen, die erheblich risikoreicher und mit der Gefahr zusätzlicher Schmerzen verbunden sei, oder eine beschwerliche Reise in die Schweiz unternehmen zu müssen, um den Sterbewunsch dort in der gewünschten Weise umsetzen zu können. Das sei mit dem Schutzgehalt der Menschenwürdegarantie nicht vereinbar. Die streitige Erlaubnis sei nicht als Gewährung einer staatlichen Hilfe zur Selbsttötung zu qualifizieren, sondern im Sinne des grundrechtlichen Abwehranspruchs als Befreiung von einem rechtfertigungsbedürftigen Zugangsverbot. Ein ausnahmsloses Verbot verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot sowie gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK. Die im Berufungsurteil angesprochenen Handlungsalternativen hätten seiner Frau nicht zur Verfügung gestanden.

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Die Beklagte verteidigt die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung, dass der Bescheid des BfArM vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig gewesen ist. Insoweit beruht das angefochtene Urteil auf einer Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die weitergehende Revision bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das BfArM zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist.

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1. Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens vorliegen. Die Restitutionsklage ist nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 580 Nr. 8 ZPO zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2006 - 7 K 2040/05 - war deshalb aufzuheben (vgl. § 590 Abs. 1 ZPO; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 153 Rn. 17).

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2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog) und auch im Übrigen als zulässig anzusehen. Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) sowie das notwendige Feststellungsinteresse (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) sind aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. Juli 2012 zu bejahen. Danach kann der Kläger geltend machen, durch die Weigerung des BfArM, seiner verstorbenen Frau die beantragte Erlaubnis zu erteilen, in eigenen Rechten (Art. 8 Abs. 1 EMRK) verletzt worden zu sein. Er hat auch ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Versagungsentscheidung (vgl. EGMR, Urteil vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09, Koch/Deutschland - NJW 2013, 2953 Rn. 45 ff.).

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3. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, der ein Verpflichtungsbegehren zugrunde liegt, der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 B 55.96 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 286 S. 21 f.; Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - Buchholz 406.253 § 20 ZuG 2007 Nr. 1 Rn. 53). Danach ist hier auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Todes von Frau K. am 12. Februar 2005 abzustellen. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die ablehnenden Bescheide des BfArM rechtswidrig gewesen sind, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzuheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 C 33.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:041214U4C33.13.0] - BVerwGE 151, 36 Rn. 18, 21). Maßgeblich ist daher das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358) und der Achtzehnten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2003 (BGBl. 2004 I S. 28). Das hindert allerdings nicht, nachfolgende Rechtsänderungen und -entwicklungen mit in den Blick zu nehmen, wenn und soweit sie Rückschlüsse auf die Rechtslage im maßgeblichen Betrachtungszeitpunkt zulassen.

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4. Danach sind die ablehnenden Bescheide des BfArM vom 16. Dezember 2004 und 3. März 2005 rechtswidrig gewesen. Die ihnen zugrunde liegende Annahme, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG habe der Erlaubniserteilung ausnahmslos entgegengestanden, ist rechtsfehlerhaft.

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a) Frau K. benötigte für den Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG.

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Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 letzte Alt. BtMG bedarf einer Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, wer Betäubungsmittel erwerben will. Betäubungsmittel im Sinne dieser Bestimmung sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen (§ 1 Abs. 1 BtMG). Pentobarbital zählt zur Gruppe der verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel der Anlage III. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital ist daher erlaubnispflichtig, wenn nicht einer der in § 4 BtMG geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt. Letzteres ist hier nicht der Fall. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG bedarf keiner Erlaubnis nach § 3 BtMG, wer ein in Anlage III bezeichnetes Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher Verschreibung erwirbt. Im Wege der ärztlichen Verschreibung war für Frau K. die beantragte Dosis Natrium-Pentobarbital jedoch nicht erhältlich. Zwar kann Pentobarbital gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV) vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80) in der hier maßgeblichen Fassung der Fünfzehnten Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1180) durch einen Arzt verschrieben werden. Voraussetzung ist aber nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG, dass die Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist. Das ist der Fall, wenn nach anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft eine Indikation für die Anwendung des Betäubungsmittels besteht, also das Mittel im Rahmen einer medizinischen Behandlung zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden soll (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 1979 - 1 StR 118/79 - BGHSt 29, 6 <10> [zur Vorgängerregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 9a BetMG 1972] und vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13 - BGHSt 59, 150 Rn. 39; Beschluss vom 17. Mai 1991 - 3 StR 8/91 - BGHSt 37, 383; OLG Hamburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 Ws 13/16 - NStZ 2016, 530 <535 f.>; Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, § 13 Rn. 1, Rn. 2 a.E., Rn. 20 ff.; Weber, BtMG, 4. Aufl. 2013, § 13 Rn. 21 f.). Ob eine Verschreibung zum Zweck der Selbsttötung damit ausgeschlossen ist oder ob unter den noch darzulegenden Voraussetzungen für die Erlaubnisfähigkeit des Erwerbs auch die Verschreibung des Mittels durch einen Arzt nach § 13 Abs. 1 BtMG zulässig sein kann (vgl. Jäger, JZ 2015, 875 <877> m.w.N. zum Diskussionsstand; Miebach, NStZ 2016, 536 <538>; Deutscher Ethikrat, Ad-hoc-Empfehlung zur Regelung der Suizidbeihilfe vom 18. Dezember 2014), bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, Frau K. habe tatsächlich keine Möglichkeit gehabt, das begehrte Betäubungsmittel über eine ärztliche Verschreibung zu erhalten, weil sich die Ärzteschaft mehrheitlich darauf geeinigt habe, dass sich die Verschreibung einer tödlichen Dosis nicht mit den Regeln der Heilkunde und dem hippokratischen Eid vereinbaren lasse. Dementsprechend hat das BfArM die Erlaubnispflicht nach § 3 BtMG auch ohne weiteres bejaht.

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b) Das Oberverwaltungsgericht hat wie das BfArM angenommen, dass eine Erlaubnis nach § 3 BtMG, die für den Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung beantragt werde, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ausnahmslos zu versagen sei. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes schließen eine Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung zwar grundsätzlich aus (aa). Das Verbot greift aber in das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwer und unheilbar kranker Menschen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein, selbstbestimmt zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben enden soll (bb). Im Lichte dessen muss § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundrechtskonform dahin ausgelegt werden, dass er der Erlaubniserteilung ausnahmsweise nicht entgegensteht, wenn sich der Suizidwillige wegen seiner Erkrankung in einer extremen Notlage befindet (cc).

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aa) Nach den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ist der Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich nicht erlaubnisfähig. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Betäubungsmittelgesetzes und der Regelungssystematik der §§ 5 Abs. 1 Nr. 6 und 13 Abs. 1 BtMG.

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(1) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG ist die Erlaubnis nach § 3 BtMG zu versagen, wenn die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes vereinbar ist, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen. Inmitten steht hier allein eine Unvereinbarkeit mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Das Ziel der Verhinderung einer Betäubungsmittelabhängigkeit wird bei einer Erwerbserlaubnis, die zum Zweck der Selbsttötung beantragt wird, offensichtlich nicht tangiert. Eine solche Erlaubnis widerspricht auch nicht dem Gesetzeszweck, den Betäubungsmittelmissbrauch auszuschließen. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Heranziehung der Materialien zutreffend ausgeführt, dass in diesem Begriff die gesetzgeberische Zielsetzung zum Ausdruck kommt, den gesundheitsgefährdenden und -schädlichen Konsum von Betäubungsmitteln zu Genuss- oder Rauschzwecken zu verhindern und insbesondere die Rauschgift- und Drogensucht zu bekämpfen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Betäubungsmittelgesetz 1981, BT-Drs. 8/3551 S. 23 ff., 29).

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(2) Dem Begriff der Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung liegt zugrunde, dass Betäubungsmittel nicht nur schädliche Wirkungen haben, sondern in bestimmten Fällen für die menschliche Gesundheit auch von Nutzen sein können. Das Gesetz sieht daher von einem Verbot des Betäubungsmittelverkehrs ab, soweit Betäubungsmittel zu medizinischen Zwecken benötigt werden. Dem trägt die Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz Rechnung, die die verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel aufführt. Die Voraussetzungen der Verschreibungsfähigkeit regelt, wie gezeigt, § 13 Abs. 1 BtMG. Die danach erforderliche therapeutische Zielrichtung der Anwendung des Betäubungsmittels liegt vor, wenn sie dazu dient, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Für den Begriff der medizinischen Versorgung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG kann aus systematischen Gründen nichts anderes gelten. Die notwendige medizinische Versorgung mit Betäubungsmitteln wird vorrangig dadurch sichergestellt, dass Patienten ein zu Therapiezwecken benötigtes Betäubungsmittel der Anlage III aufgrund einer ärztlichen Verschreibung in der Apotheke erwerben können oder der Arzt es ihnen im Rahmen einer Behandlung verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt (§ 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BtMG). Dabei ersetzt die ärztliche Verschreibung, wie § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG zeigt, die Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG, Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, § 4 Rn. 21). Geht es um den medizinischen Versorgungsbedarf für ein sonstiges Betäubungsmittel, verbleibt es gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BtMG bei der Erlaubnisbedürftigkeit nach § 3 BtMG. Die Bindung der Erlaubniserteilung an das Erfordernis der notwendigen medizinischen Versorgung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG stellt sicher, dass die Anwendung des Betäubungsmittels ebenso wie im Fall des § 13 Abs. 1 BtMG medizinisch begründet sein muss. Entsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung zu § 3 Abs. 2 BtMG auf eine auf Heilung oder Linderung von pathologischen Zuständen gerichtete Anwendung des Betäubungsmittels abgestellt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 2005 - 3 C 17.04 - BVerwGE 123, 352 <354 f., 356 f.> und vom 6. April 2016 - 3 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2016:060416U3C10.14.0] - BVerwGE 154, 352 Rn. 13).

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Danach schließt § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG die Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich aus. Sie ist mit dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen (vgl. BT-Drs. 8/3551 S. 23), nicht vereinbar. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht mit Blick auf die palliativ-medizinische Versorgung sterbender Menschen mit Betäubungsmitteln. Die Verabreichung eines Betäubungsmittels im Bereich der Palliativmedizin dient der Linderung von Schmerzen und anderen Missempfindungen wie Atemnot, Übelkeit, Angst u.a. und damit therapeutischen Zwecken. Steht keine Therapiealternative zur Verfügung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG), ist die Anwendung im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG begründet. Das gilt auch dann, wenn die Medikation als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2001 - 5 StR 474/00 - BGHSt 46, 279 <284 f.>). Die Anwendung eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung lässt sich damit nicht gleichsetzen. Die palliativ-medizinische Behandlung Todkranker lässt sich beschreiben als "Hilfe beim Sterben" (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung <§ 217 StGB>, BT-Drs. 18/5373 S. 11, 17 f.; Otto, NJW 2006, 2217 <2218, 2221>). Das bringt zum Ausdruck, dass die palliativ-medizinische Maßnahme einen schon begonnenen Sterbeprozess begleitet. Im Unterschied dazu wird das Betäubungsmittel bei der Selbsttötung gezielt dazu eingesetzt, den Tod unmittelbar herbeizuführen. Allerdings kann auch die palliativ-medizinisch begründete Gabe eines Betäubungsmittels für die Umsetzung eines Sterbewunsches von erheblicher Bedeutung sein. Den Abbruch lebenserhaltender oder -verlängernder Maßnahmen wird ein Sterbewilliger in vielen Fällen nur verlangen, wenn ihm nach dem Behandlungsabbruch eine palliativ-medizinische Versorgung sicher ist.

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bb) Ein ausnahmsloses Verbot, Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, greift in das grundrechtlich geschützte Recht schwer und unheilbar kranker Menschen ein, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt ihr Leben enden soll.

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(1) Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde sichern gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann (BVerfG, Urteil vom 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - BVerfGE 117, 202 <225 f.>). Dazu gehört, dass der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 - 1 BvR 16/72 - BVerfGE 49, 286 <298>). Ausdruck der persönlichen Autonomie ist auch der Umgang mit Krankheit. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt deshalb das Recht ein, auf Heilung zielende medizinische Behandlungen oder sonstige therapeutische Maßnahmen abzulehnen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - NJW 2017, 53 Rn. 74 f.). Das gilt auch für die Ablehnung lebensverlängernder Maßnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 Rn. 23). Einfach-gesetzlich findet dies eine Bestätigung in den Regelungen über die Patientenverfügung (§§ 1901a ff. BGB). Ohne Einwilligung des einwilligungsfähigen Patienten oder gegen den tatsächlich geäußerten oder mutmaßlichen Willen des einwilligungsunfähigen Patienten dürfen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 a.a.O. Rn. 14 ff.; Beschlüsse vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 - NJW 2016, 3297 Rn. 34 ff. und vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 14 f.).

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(2) Ausgehend davon umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Menschen, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben enden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln (vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 1 Abs. 1 Rn. 154 und Art. 2 Abs. 1 Rn. 29; Dreier, JZ 2007, 317 <319>; Hufen, NJW 2001, 849 <851>; Roxin, NStZ 2016, 185 <186>; Lindner, NJW 2013, 136, jeweils m.w.N.; ebenso die Begründung des Gesetzentwurfs zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung <§ 217 StGB>, BT-Drs. 18/5373 S. 10, 13, Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 61 f.; a.A. Lorenz, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1a, Art. 2 Abs. 1, Rn. 54 und Rn. 303; Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Rn. 420; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 2 Abs. 2 Rn. 192). Dabei beschränkt sich der Grundrechtsschutz nicht auf Fälle, in denen infolge des Endstadiums einer tödlichen Krankheit der Sterbeprozess bereits begonnen hat oder unmittelbar bevorsteht. Die verfassungsrechtlich gebotene Achtung vor dem persönlichen Umgang des Einzelnen mit Krankheit und dem eigenen Sterben schließt auch die freiverantwortlich getroffene Entscheidung schwer kranker Menschen ein, ihr Leben vor Erreichen der Sterbephase oder losgelöst von einem tödlichen Krankheitsverlauf beenden zu wollen.

25

(3) Die Anerkennung eines grundrechtlichen Schutzes des selbstbestimmten Sterbens schwer und unheilbar kranker Menschen im Wege der Selbsttötung entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Danach beinhaltet das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK das Recht auf Selbstbestimmung (EGMR, Urteil vom 29. April 2002 - Nr. 2346/02 Pretty/Vereinigtes Königreich - NJW 2002, 2851 Rn. 61). Daraus hat der Gerichtshof abgeleitet, dass die Entscheidung einer Person, zu vermeiden, was sie als unwürdiges und qualvolles Ende ihres Lebens ansieht, in den Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK fällt (EGMR, Urteil vom 29. April 2002 a.a.O. Rn. 67). Ausgehend davon hat er entschieden, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK das Recht des Einzelnen umfasst, darüber zu bestimmen, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er ist zu einer freien Willensbildung in der Lage und fähig, dementsprechend zu handeln (EGMR, Urteile vom 20. Januar 2011 - Nr. 31322/07 Haas/Schweiz - NJW 2011, 3773 Rn. 50 f., vom 19. Juli 2012 - Nr. 497/09 Koch/Deutschland - NJW 2013, 2953 Rn. 51 f. und vom 14. Mai 2013 - Nr. 67810/10 Gross/Schweiz - Rn. 58 f.).

26

(4) Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG setzt dem Verkehr mit Betäubungsmitteln Schranken, indem sie unter den dort genannten Voraussetzungen die Erlaubniserteilung verbietet. Durch die hierauf gestützte Ablehnung der beantragten Erwerbserlaubnis wurde Frau K. daran gehindert, die angestrebte Selbsttötung in der von ihr beabsichtigten Weise umzusetzen. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG bewirkte so eine Beschränkung ihres Rechts, selbstbestimmt zu entscheiden, wann und wie ihr Leben enden soll. Es kann dahinstehen, ob darin ein Eingriff im klassischen Sinne zu sehen ist. Das würde voraussetzen, dass es sich um eine unmittelbare und gezielte Verkürzung der grundrechtlichen Freiheit handelt. Das ist zweifelhaft, weil das Betäubungsmittelgesetz nicht unmittelbar darauf ausgerichtet ist, das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Recht zu beschränken, selbst über das Ende des eigenen Lebens zu entscheiden. Jedoch kann der Abwehrgehalt der Grundrechte auch bei einer mittelbaren Beeinträchtigung betroffen sein, wenn diese in ihrer Zielsetzung und in ihren Wirkungen einem Eingriff gleichkommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 BvR 1266/00 - BVerfGE 110, 177 <191> und Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <222>). So liegt es hier. Die ausnahmslose Beschränkung des Zugangs zu einem Betäubungsmittel der Anlage III auf die Anwendung zu therapeutischen Zwecken im engeren Sinne verhindert, dass ein Mittel wie Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung zur Verfügung steht. Von diesem Zugangsverbot werden auch schwer und unheilbar kranke Menschen betroffen, die wegen der von ihnen als unerträglich empfundenen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben zu beenden, und dazu ein Betäubungsmittel verwenden möchten, dessen Wirkungen ihnen eine schmerzlose und sichere Selbsttötung ermöglicht. Der fehlende Zugang zu einem solchen Betäubungsmittel kann zur Folge haben, dass sie ihren Sterbewunsch nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen realisieren können. Darin liegt eine mittelbare Beeinträchtigung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.

27

Auch wenn man das Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, nicht als Eingriff in das genannte Grundrecht schwer und unheilbar kranker Menschen werten wollte, so wäre bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG jedenfalls die aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG folgende Schutzpflicht für ihre Autonomie im Umgang mit der Krankheit zu beachten (vgl. Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 57). Dass das dargelegte Selbstbestimmungsrecht neben der Abwehr- auch eine Schutzdimension hat, ergibt sich bereits aus seiner Fundierung auch in Art. 1 Abs. 1 GG. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG ist es Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Wegen des Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers beim Ausgleich dieser Schutzpflicht mit der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für das Leben kann der Einzelne zwar grundsätzlich nicht verlangen, dass der Staat Rahmenbedingungen und Strukturen schafft, die die Selbsttötung ermöglichen oder erleichtern (vgl. Jurgeleit, NJW 2015, 2708 <2714>; Hilgendorf, JZ 2014, 545 <550>; Lindner, NJW 2013, 136 <137>). Eine Verdichtung zu einer konkreten Schutzpflicht für die Selbstbestimmung kommt aber in Betracht, wenn sich ein schwer und unheilbar Kranker wegen seiner Erkrankung in einer extremen Notlage befindet, aus der es für ihn selbst keinen Ausweg gibt. Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst überlassen (BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - FamRZ 2016, 1738 Rn. 73 - dort zur Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das gilt nicht nur, wenn sein Leben, sondern auch wenn sein Selbstbestimmungsrecht gefährdet ist. Der Einzelne ist insbesondere am Lebensende und bei schwerer Krankheit auf die Achtung und den Schutz seiner Autonomie angewiesen.

28

cc) Im Hinblick auf den dargelegten grundrechtlichen Schutz des Selbstbestimmungsrechts ist § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG dahin auszulegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels für eine Selbsttötung mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, ausnahmsweise vereinbar ist, wenn sich der suizidwillige Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet.

29

(1) Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist nicht schrankenlos gewährleistet. Es findet seine Begrenzung unter anderem in der verfassungsmäßigen Ordnung. Hierzu gehört die bereits erwähnte staatliche Schutzpflicht für das Leben. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Bei der Aufstellung und normativen Umsetzung entsprechender Schutzkonzepte kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15 - FamRZ 2016, 1738 Rn. 70 m.w.N.). Danach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn er die so genannte aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen eines Sterbewilligen durch einen Dritten, unter Strafe stellt (§ 216 StGB; BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - 5 StR 66/03 - NJW 2003, 2326 <2327>; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 2 Rn. 85; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 2 Rn. 100).

30

(2) Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG grundsätzlich nicht erlaubnisfähig ist. Das Verbot dient, wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, dem Schutz von Menschen in vulnerabler Position und Verfassung vor Entscheidungen, die sie möglicherweise voreilig, in einem Zustand mangelnder Einsichtsfähigkeit oder nicht freiverantwortlich treffen, sowie der Verhinderung von Missbrauch. Mit der Abwehr solcher Gefahren verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele, die es rechtfertigen, den Zugang zu einem Betäubungsmittel zu verbieten (vgl. zu diesen Schutzzielen auch Murswiek, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 2 Rn. 210; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 2 Rn. 64; EGMR, Urteil vom 20. Januar 2011 - Nr. 31322/07, Haas/Schweiz - NJW 2011, 3773 Rn. 56 ff.; im Kontext von § 217 StGB: Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, BT-Drs. 18/5373 S. 11, 13; BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 BvR 2347/15 - NJW 2016, 558 Rn. 18 ff.).

31

(3) Diese Ziele können das Verbot, Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung zu erwerben, im Lichte von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG aber nicht mehr rechtfertigen, wenn sich der Erwerber wegen einer schweren und unheilbaren Erkrankung in einer extremen Notlage befindet. Das ist der Fall, wenn - erstens - die schwere und unheilbare Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei dem Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können (vgl. Lindner, NJW 2013, 136 <138>; Roxin, NStZ 2016, 185 <187>), - zweitens - der Betroffene entscheidungsfähig ist und sich frei und ernsthaft entschieden hat, sein Leben beenden zu wollen und ihm - drittens - eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung steht.

32

Ist der Betroffene in einer solchen Weise seiner Krankheit ausgeliefert, kommt seinem Selbstbestimmungsrecht ein besonderes Gewicht zu, hinter dem die staatliche Schutzpflicht für das Leben aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zurücktritt. Die staatliche Gemeinschaft muss die selbstbestimmt getroffene Entscheidung des Betroffenen, sein Leben beenden zu wollen, achten; sie darf ihm die Umsetzung seiner Entscheidung auch nicht unmöglich machen. Ist die Einnahme einer letalen Dosis eines Betäubungsmittels die einzige zumutbare Möglichkeit, den Sterbewunsch umzusetzen, wäre der Betroffene ohne den Zugang zu dem Betäubungsmittel darauf verwiesen, die von ihm als unerträglich empfundene Leidenssituation ohne Aussicht auf Besserung oder jedenfalls einen nahen Tod weiter zu erdulden. Mangels einer Möglichkeit, sein Leben zu beenden, müsste er entgegen seiner freien Willensentscheidung weiter leben. Eine Pflicht zum Weiterleben gegen den eigenen Willen berührt den Kern eigenverantwortlicher Selbstbestimmung (Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 89; Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende, 2006, S. 58). Eine solche Pflicht darf der Staat schwer und unheilbar kranken, aber zur Selbstbestimmung fähigen Menschen nicht - auch nicht mittelbar - auferlegen. Wegen der Bedeutung der in Rede stehenden Rechtsgüter für die Würde des Betroffenen und seiner Hilflosigkeit verdichtet sich unter den dargelegten Voraussetzungen auch die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dahin, ihm den Erwerb des Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben.

33

Dass die Schutzpflicht des Staates für das Leben hinter dem grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen zurückzutreten hat, ist für die Situation des Behandlungsabbruchs im Übrigen inzwischen sogar für Fälle anerkannt, in denen sich der Betroffene nicht in einer extremen Notlage befindet. Der Betroffene kann den Abbruch lebenserhaltender und -verlängernder Maßnahmen selbst dann verlangen, wenn der Behandlungsabbruch darauf zielt, das Leben trotz vorhandener Lebensperspektive zu beenden (BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 22).

34

(4) Näherer Betrachtung bedarf die anderweitige Möglichkeit, den Sterbewunsch in zumutbarer Weise zu verwirklichen. Von einer solchen Möglichkeit kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Betroffene sein Leben durch einen palliativ-medizinisch begleiteten Abbruch lebenserhaltender oder -verlängernder Behandlungsmaßnahmen beenden kann, zum Beispiel durch Abschalten des Beatmungsgeräts oder Einstellen der künstlichen Ernährung. Wie bereits dargelegt, dürfen medizinische Maßnahmen gegen den Willen des Patienten nicht fortgesetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226 Rn. 22). Eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches ist der Behandlungsabbruch aber nur, wenn er voraussichtlich in absehbarer Zeit zum Eintritt des Todes führen wird, also nicht lediglich zu einer weiteren Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes auf unbestimmte Dauer, möglicherweise verbunden mit einem Verlust der Entscheidungsfähigkeit. Zudem muss gesichert sein, dass der Betroffene nach Abbruch der Behandlung palliativ-medizinisch ausreichend betreut wird. Dazu gehört insbesondere, dass Schmerzen, Atemnot und Übelkeit gelindert werden (vgl. Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung, Deutsches Ärzteblatt 2011, A 346).

35

Die ärztliche Suizidbeihilfe war weder im maßgebenden Beurteilungszeitpunkt eine Alternative noch ist dies gegenwärtig der Fall. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Überlassung eines Betäubungsmittels durch den Arzt an seinen Patienten zum Zweck der Selbsttötung zulässig ist, ist bislang nicht abschließend geklärt. Das gilt sowohl im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit (dazu OLG Hamburg, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 Ws 13/16 - NStZ 2016, 530 m.w.N.; Jäger, JZ 2015, 875 <877 f.>) als auch unter dem Gesichtspunkt des ärztlichen Berufsrechts (vgl. VG Berlin, Urteil vom 30. März 2012 - 9 K 63.09 - MedR 2013, 58; Hilgendorf, JZ 2014, 545 <550 f.>; Lindner, NJW 2013, 136 <137 f.>; Roxin, NStZ 2016, 185 <190>; Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung, BT-Drs. 18/5374 S. 8). Für den Arzt ist eine Suizidbeihilfe mithin mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. In einer solchen Situation darf die Rechtsordnung den Betroffenen nicht darauf verweisen, einen Arzt zu suchen, der bereit ist, diese Risiken einzugehen.

36

Auf die Möglichkeit, die angestrebte Selbsttötung mit dem gewünschten Betäubungsmittel im Ausland vorzunehmen, darf die staatliche Gemeinschaft den Betroffenen ebenfalls nicht verweisen. Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet den Staat, den erforderlichen Grundrechtsschutz innerhalb der eigenen Rechtsordnung zu gewährleisten.

37

(5) § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG lässt sich in diesem Sinne grundrechtskonform auslegen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht erforderlich. Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Beschlüsse vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - BVerfGE 99, 341 <358> und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274>). Das ist hier nicht der Fall. Der Begriff der notwendigen medizinischen Versorgung in § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG meint einen Betäubungsmitteleinsatz zu Therapiezwecken. In einer extremen Notlage der dargelegten Art kann die Anwendung eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung ausnahmsweise als therapeutischen Zwecken dienend angesehen werden; sie ist die einzige Möglichkeit, eine krankheitsbedingte, für den Betroffenen unerträgliche Leidenssituation zu beenden. Da die Annahme einer extremen Notlage verlangt, dass eine Linderung auf andere Weise nicht erreicht werden kann und eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht besteht, stellt sich die Versorgung mit dem Betäubungsmittel auch als notwendig dar. Entsprechend ist die Wortlautgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG nicht überschritten.

38

Es ist auch nicht erkennbar, dass die verfassungskonforme Interpretation dem Willen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Die Gesetzesmaterialien zum Betäubungsmittelgesetz lassen zwar darauf schließen, dass eine Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Sie bieten aber keine Anhaltspunkte dafür, dass selbst unter den genannten engen Voraussetzungen eine Ausnahme von dem Verbot ausgeschlossen sein soll (vgl. BT-Drs. 8/3551 S. 23 ff.). Auch § 13 Abs. 1a BtMG, der durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) eingefügt wurde, ist für die Frage, ob das Verbot einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung ohne jede Ausnahme gelten soll, unergiebig. Das Gleiche gilt für die zugehörigen Gesetzesmaterialien (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/9341 -, BT-Drs. 17/10156 S. 83, 91 f.). Schließlich lässt auch die am 10. Dezember 2015 in Kraft getretene Strafvorschrift des § 217 StGB nicht darauf schließen, dass die grundrechtskonforme Auslegung des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers treten würde. Gemäß § 217 Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2177) macht sich derjenige strafbar, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt. Mit diesem Straftatbestand soll der potenzielle Suizident vor einer abstrakt das Leben und die Autonomie des Einzelnen gefährdenden Handlung in Form einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung geschützt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2015 - 2 BvR 2347/15 - NJW 2016, 558 Rn. 14; BT-Drs. 18/5373 S. 11 f., 14). Dazu heißt es in den Materialien, es sei als problematisch anzusehen, dass in Deutschland verstärkt Organisationen und Personen auftreten würden, die einen so genannten assistierten Suizid nachhaltig öffentlich als Alternative zum natürlichen, medizinisch und menschlich begleiteten Sterben propagierten und geschäftsmäßig Hilfe bei der Selbsttötung anböten (BT-Drs. 18/5373 S. 9). Dieser Entwicklung sei aus Gründen des Integrität- und des Autonomieschutzes potenzieller Suizidenten entgegenzuwirken. Das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe solle der Gefahr von Interessenkollisionen begegnen, die entstünden, wenn ein Eigeninteresse der Suizidhelfer an der Durchführung der Selbsttötung bestehe (BT-Drs. 18/5373 S. 11). Zudem solle der Gefahr entgegengetreten werden, dass durch "derartige Normalität suggerierende Angebote" Menschen zur Selbsttötung verleitet werden könnten, die dies sonst nicht täten (BT-Drs. 18/5373 S. 13). Hiernach bietet die Schaffung des § 217 StGB keinen Anhalt dafür, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht, eine betäubungsmittelrechtliche Erwerbserlaubnis zur Selbsttötung ohne Rücksicht auf die genannte extreme Notlage schwer und unheilbar kranker Menschen ausnahmslos zu verbieten. Die behördliche Erteilung einer solchen Erlaubnis, die nur im besonderen Einzelfall und nur unter sehr eng gefassten Voraussetzungen zulässig ist, ist nicht vergleichbar mit einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch einen privaten Suizidhelfer im Sinne des § 217 StGB. Das BfArM verfolgt keine Eigeninteressen, sondern seine Entscheidung beruht darauf, dass dem Betroffenen die Erlaubnis unter den dargestellten Voraussetzungen aus Rechtsgründen nicht verweigert werden darf. Ebenso wenig kann angesichts der engen Grenzen für eine solche Erlaubnis davon gesprochen werden, dass der "Anschein einer Normalität" entsteht. Mit der verfassungskonformen Auslegung von § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG wird auch kein staatliches "Angebot des assistierten Suizids" geschaffen, sondern dem grundgesetzlich geforderten Schutz des Selbstbestimmungsrechts schwer und unheilbar kranker Menschen Rechnung getragen. Dieses Recht hat der Gesetzgeber bei Beschluss des § 217 StGB ausdrücklich anerkannt (BT-Drs. 18/5373 S. 10, 13). Dementsprechend sieht er jenseits des zulässigen Behandlungsabbruchs und der so genannten indirekten Sterbehilfe oder Therapiezieländerung eine Strafbarkeit nach § 217 StGB auch dann als nicht gegeben an, wenn "im Einzelfall nach sorgfältiger Untersuchung und unter strikter Orientierung an der freiverantwortlich getroffenen Entscheidung einer zur Selbsttötung entschlossenen Person Suizidhilfe gewährt wird" (BT-Drs. 18/5373 S. 18).

39

(6) Der Einwand der Beklagten, dem BfArM fehlten die Voraussetzungen, um das Vorliegen einer Ausnahmesituation verlässlich beurteilen und feststellen zu können, greift nicht durch.

40

Das Fehlen spezieller verfahrensrechtlicher Regelungen zur Feststellung der Ausnahmesituation steht der Verpflichtung des BfArM, grundrechtsgemäß zu verfahren, nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 - 1 BvR 16/72 - BVerfGE 49, 286 <301>). Allerdings bedarf die Entscheidung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter, die durch sie betroffen sind, und zur Verhinderung von Missbrauch einer besonders sorgfältigen Überprüfung des Sachverhalts. Das gilt sowohl in Bezug auf die Feststellung des freien und ernstlichen Willens zur Selbsttötung als auch für das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einer extremen Notlage. Hierfür bietet das allgemeine Verfahrensrecht aber eine ausreichende Grundlage. Gemäß § 24 Abs. 1 VwVfG kann und muss das BfArM die erforderlichen Maßnahmen treffen, um auf gesicherter Erkenntnisbasis beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen einer Ausnahmesituation erfüllt sind. Dabei kann es sich gemäß § 26 Abs. 1 VwVfG der Beweismittel bedienen, die es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für geboten hält. Wenn und soweit die Behörde nicht über das zur Feststellung und Beurteilung der maßgeblichen Tatsachen erforderliche Fachwissen verfügt, kann sie sachkundige Dritte und erforderlichenfalls Sachverständige hinzuziehen (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 24 Rn. 27 m.w.N.).

41

Der Senat verkennt nicht, dass dem BfArM schwierige Bewertungen abverlangt werden und seine Entscheidung einen in hohem Maße sensiblen Bereich betrifft. Vergleichbares gilt aber auch für die Feststellung der Einwilligungsfähigkeit eines Patienten, der den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen verlangt, und für die Feststellung des mutmaßlichen Willens eines einwilligungsunfähigen Patienten im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Durchführung von lebensverlängernden Maßnahmen nach §§ 1901a ff. BGB. Im Fall des Nichtvorliegens einer bindenden Patientenverfügung obliegt es dem Betreuer und dem behandelnden Arzt sowie gegebenenfalls dem Betreuungsgericht, den Patientenwillen zu ermitteln. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine nicht leicht zu treffende Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2014 - XII ZB 202/13 - BGHZ 202, 226; Begründung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts, BT-Drs. 16/8442 S. 12).

42

c) Danach ist der ablehnende Bescheid des BfArM vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 rechtswidrig gewesen. Es hätte prüfen müssen, ob sich Frau K. in einer extremen Notlage befand, die die Erteilung der beantragten Erlaubnis geboten hätte. Das lag hier im Bereich des Möglichen. Frau K. litt aufgrund ihrer hochgradigen, fast kompletten Querschnittslähmung an schwersten körperlichen Beeinträchtigungen, die irreversibel waren, eine ständige medizinische Betreuung und Pflege erforderlich machten sowie mit starken Schmerzen einhergingen. Sie hatte in ihrem Antrag ausführlich dargelegt, dass und warum sie ihren Zustand als unerträgliche Leidenssituation empfand. Nach ihren Ausführungen ist auch nicht ernstlich zweifelhaft gewesen, dass sie selbstbestimmt und ernsthaft entschieden hatte, ihr Leben beenden zu wollen. Bei dieser Sachlage hätte das BfArM die beantragte Erlaubnis nicht ablehnen dürfen, ohne zu prüfen, ob Frau K. eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung ihres Sterbewunsches hatte. Hiervon konnte das BfArM nicht bereits deshalb ausgehen, weil Frau K. künstlich beatmet wurde. Damit stand zwar die Möglichkeit eines palliativ-medizinisch begleiteten Behandlungsabbruchs im Raum. Es war aber nicht geklärt, ob das Abstellen der Beatmung in ihrem Fall in absehbarer Zeit zum Tode geführt hätte. Vor allem herrschte im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt noch Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Behandlungsabbruch, der durch aktives Tun verwirklicht wird, als straffrei anzusehen sei. Die Rechtslage ist erst 2010 höchstrichterlich geklärt worden (BGH, Urteil vom 25. Juni 2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191). Es war daher nicht auszuschließen, dass Frau K. eine "Sterbehilfe" durch Behandlungsabbruch tatsächlich nicht erlangen konnte, weil das medizinische Personal angesichts der rechtlichen Unsicherheiten hierzu nicht bereit war.

43

5. Die weitergehende Klage bleibt ohne Erfolg. Die Feststellung, dass das BfArM zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen ist, lässt sich ohne die erforderliche Sachverhaltsprüfung und -aufklärung nicht treffen. Das kann nach dem Tod von Frau K. nicht mehr nachgeholt werden. Insbesondere die Frage, ob zumutbare Alternativen zur Verfügung gestanden hätten, ist ohne ihre Beteiligung nicht mehr zu klären. Dementsprechend kam auch eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung nicht in Betracht.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 137


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung1.von Bundesrecht oder2.einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 100


(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 24 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Ver

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 1 Betäubungsmittel


(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrat

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 153


(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden. (2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öff

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 3 Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln


(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer 1. Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 26 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art einholen,2. Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehm

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 13 Verschreibung und Abgabe auf Verschreibung


(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 217 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung


(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als Teilnehmer blei

Strafgesetzbuch - StGB | § 216 Tötung auf Verlangen


(1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. (2) Der Versuch ist strafbar.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 5 Versagung der Erlaubnis


(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn 1. nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verant

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 4 Ausnahmen von der Erlaubnispflicht


(1) Einer Erlaubnis nach § 3 bedarf nicht, wer 1. im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke (Apotheke) a) in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel oder dort ausgenommene Zubereitungen herstellt,b) in

Zivilprozessordnung - ZPO | § 590 Neue Verhandlung


(1) Die Hauptsache wird, insoweit sie von dem Anfechtungsgrunde betroffen ist, von neuem verhandelt. (2) Das Gericht kann anordnen, dass die Verhandlung und Entscheidung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens vor der Verhan

Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007 | § 20 Ausschluss der Überführung von Berechtigungen


Abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163) geändert worden ist, werden die Berechtigungen der Zuteilung

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 02. März 2017 - 3 C 19/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 02. März 2017 - 3 C 19/15 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2014 - 1 StR 494/13

bei uns veröffentlicht am 28.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 494/13 vom 28. Januar 2014 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja __________________________ StGB § 222 BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1 BtMVV § 5 1

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2001 - 5 StR 474/00

bei uns veröffentlicht am 07.02.2001

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB §§ 34, 35, 59 BtMG 1981 § 30 Abs. 1 Nr. 3 1. Die Einfuhr und die Überlassung eines Betäubungsmittels sind nicht dadurch gerechtfertigt oder entschuldigt, daß der Täter einem unheilbar sc

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - 5 StR 66/03

bei uns veröffentlicht am 20.05.2003

Nachschlagewerk: nein BGHSt : nein Veröffentlichung: ja StGB § 222 Wer infolge einer Täuschung durch das Opfer vorsatzlos aktive Sterbehilfe leistet, nimmt nicht an einer tatbestandslosen Selbstgefährdung teil. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15

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Tenor 1. Es ist mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar, dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen d

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2014 - XII ZB 202/13

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Tenor Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 11. März 2013 aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesverwaltungsgericht Urteil, 02. März 2017 - 3 C 19/15.

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 10. Okt. 2017 - B 5 K 15.701

bei uns veröffentlicht am 10.10.2017

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 wird aufgehoben. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 v.H. des zu vollstreckenden Betr

Referenzen

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden.

(2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug auch dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden.

(2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug auch dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Hauptsache wird, insoweit sie von dem Anfechtungsgrunde betroffen ist, von neuem verhandelt.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Verhandlung und Entscheidung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens vor der Verhandlung über die Hauptsache erfolge. In diesem Fall ist die Verhandlung über die Hauptsache als Fortsetzung der Verhandlung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens anzusehen.

(3) Das für die Klagen zuständige Revisionsgericht hat die Verhandlung über Grund und Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens zu erledigen, auch wenn diese Erledigung von der Feststellung und Würdigung bestrittener Tatsachen abhängig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Abweichend von § 6 Abs. 4 Satz 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163) geändert worden ist, werden die Berechtigungen der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 nicht in die folgende Zuteilungsperiode überführt. Berechtigungen nach Satz 1 werden mit Ablauf des 30. April 2008 gelöscht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

(1) Einer Erlaubnis nach § 3 bedarf nicht, wer

1.
im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke (Apotheke)
a)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel oder dort ausgenommene Zubereitungen herstellt,
b)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel erwirbt,
c)
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung abgibt,
d)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel an Inhaber einer Erlaubnis zum Erwerb dieser Betäubungsmittel zurückgibt oder an den Nachfolger im Betrieb der Apotheke abgibt,
e)
in Anlage I, II oder III bezeichnete Betäubungsmittel zur Untersuchung, zur Weiterleitung an eine zur Untersuchung von Betäubungsmitteln berechtigte Stelle oder zur Vernichtung entgegennimmt oder
f)
in Anlage III bezeichnete Opioide in Form von Fertigarzneimitteln in transdermaler oder in transmucosaler Darreichungsform an eine Apotheke zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten abgibt, wenn die empfangende Apotheke die Betäubungsmittel nicht vorrätig hat,
2.
im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel in Form von Tierarzneimitteln
a)
für ein von ihm behandeltes Tier miteinander, mit anderen Tierarzneimitteln oder arzneilich nicht wirksamen Bestandteilen zum Zwecke der Anwendung durch ihn oder für die Immobilisation eines von ihm behandelten Zoo-, Wild- und Gehegetieres mischt,
b)
erwirbt,
c)
für ein von ihm behandeltes Tier oder Mischungen nach Buchstabe a für die Immobilisation eines von ihm behandelten Zoo-, Wild- und Gehegetieres abgibt oder
d)
an Inhaber der Erlaubnis zum Erwerb dieser Betäubungsmittel zurückgibt oder an den Nachfolger im Betrieb der tierärztlichen Hausapotheke abgibt,
3.
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel
a)
auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung,
b)
zur Anwendung an einem Tier von einer Person, die dieses Tier behandelt und eine tierärztliche Hausapotheke betreibt, oder
c)
von einem Arzt nach § 13 Absatz 1a Satz 1
erwirbt,
4.
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel
a)
als Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt im Rahmen des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder
b)
auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung erworben hat und sie als Reisebedarf
ausführt oder einführt,
5.
gewerbsmäßig
a)
an der Beförderung von Betäubungsmitteln zwischen befugten Teilnehmern am Betäubungsmittelverkehr beteiligt ist oder die Lagerung und Aufbewahrung von Betäubungsmitteln im Zusammenhang mit einer solchen Beförderung oder für einen befugten Teilnehmer am Betäubungsmittelverkehr übernimmt oder
b)
die Versendung von Betäubungsmitteln zwischen befugten Teilnehmern am Betäubungsmittelverkehr durch andere besorgt oder vermittelt oder
6.
in Anlage I, II oder III bezeichnete Betäubungsmittel als Proband oder Patient im Rahmen einer klinischen Prüfung oder in Härtefällen nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 des Arzneimittelgesetzes in Verbindung mit Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, erwirbt.

(2) Einer Erlaubnis nach § 3 bedürfen nicht Bundes- und Landesbehörden für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit sowie die von ihnen mit der Untersuchung von Betäubungsmitteln beauftragten Behörden.

(3) Wer nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 keiner Erlaubnis bedarf und am Betäubungsmittelverkehr teilnehmen will, hat dies dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zuvor anzuzeigen. Die Anzeige muß enthalten:

1.
den Namen und die Anschriften des Anzeigenden sowie der Apotheke oder der tierärztlichen Hausapotheke,
2.
das Ausstellungsdatum und die ausstellende Behörde der apothekenrechtlichen Erlaubnis oder der Approbation als Tierarzt und
3.
das Datum des Beginns der Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unterrichtet die zuständige oberste Landesbehörde unverzüglich über den Inhalt der Anzeigen, soweit sie tierärztliche Hausapotheken betreffen.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

39
Dem genügen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV. Mit den gesetzlichen Regelungen selbst wird hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass (u.a.) Ärzten die Verschreibung von in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes erfassten Betäubungsmitteln lediglich dann ge- stattet ist, wenn die Anwendung der entsprechenden Stoffe am oder im menschlichen Körper medizinisch begründet ist, also eine Indikation für eine solche Anwendung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft besteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Der Bundesgerichtshof hat in der Sache damit weitgehend übereinstimmend auch bereits die frühere Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a BtMG 1972 dahingehend ausgelegt, dass eine begründete Verschreibung von Betäubungsmitteln durch einen Arzt vorliegt, wenn das Mittel nach den allgemeinen oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft als Heilmittel für das Leiden des Patienten geeignet ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 9 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384). Ob an der vorgenannten Auslegung auch für das geltende Recht in jeder Hinsicht festgehalten werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (siehe bereits BGH aaO, BGHSt 37, 383, 384). Für die geltende Strafvorschrift lässt sich jedenfalls aus § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG, der im Sinne einer ultima ratio (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338; näher Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 13 Rn. 20-23) eine Anwendung von Betäubungsmitteln bei Vorhandensein anderer Möglichkeiten der Zweckerreichung ausschließt, erkennen , dass die in § 13 Abs. 1 BtMG enthaltene Verhaltensnorm auf die medizinische Notwendigkeit einer (Substitutions-)Behandlung mit an sich verbotenen Betäubungsmitteln, also eine ärztliche Bewertung der Voraussetzungen einer solchen Behandlung, abstellt (Nestler aaO). Das legt das erlaubte Verhalten von Ärzten und anderen in § 13 BtMG genannten Berufsgruppen im Umgang mit Betäubungsmitteln bei der Substitutionsbehandlung im Gesetz selbst ausreichend bestimmt fest. Da die Strafvorschrift § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG an eine gegen § 13 Abs. 1 BtMG verstoßende Verschreibung anknüpft, entspricht sie ihrerseits dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die inhaltlich klaren und sehr detaillierten Vorgaben in § 5 BtMVV stehen mit Art. 103 Abs. 2 GG ebenfalls in Einklang. In ihrem Zusammenspiel normieren § 13 BtMG und § 5 BtMVV die materiellen Voraussetzungen einer erlaubten ärztlichen Substitutionsbehandlung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 – 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273 Rn. 11) bei Anwendung ansonsten unerlaubter Stoffe in einer für den solche Behandlungen durchführenden Arzt eindeutig erkennbaren Weise.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
1. Die Einfuhr und die Überlassung eines Betäubungsmittels sind nicht dadurch
gerechtfertigt oder entschuldigt, daß der Täter einem unheilbar
schwerstkranken Betäubungsmittelempfänger, dem er nicht persönlich
nahesteht, zu einem freien Suizid verhelfen will.
2. Das Überlassen eines Betäubungsmittels zum freien Suizid an einen
unheilbar Schwerstkranken, der kein Betäubungsmittelkonsument ist,
erfüllt nicht den Tatbestand der Betäubungsmittelüberlassung mit leichtfertiger
Todesverursachung gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG.
3. Im besonderen Einzelfall kann sich das Ermessen des Tatrichters derart
verengen, daß allein eine Verwarnung mit Strafvorbehalt in Betracht
kommt, so daß das Revisionsgericht auf diese Sanktion erkennen kann.
Eine rechtskräftig verhängte Geldstrafe kann gemäß § 55 StGB in eine
Verwarnung mit Strafvorbehalt einbezogen werden.
BGH, Urt. v. 7. Februar 2001 - 5 StR 474/00
LG Berlin -
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 474/00
URTEIL
vom 7. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 6. und 7. Februar 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 7. Februar 2001 für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Dezember 1999 im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, daß der Angeklagte unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 15. Oktober 1998, dessen Gesamtstrafenausspruch entfällt, und unter Einbeziehung der Verwarnung mit Strafvorbehalt aus dem Urteil des Amtsgerichts Freudenstadt vom 27. Oktober 1998 verwarnt wird und die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 120,- DM vorbehalten bleibt.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt. Die Staatskasse trägt die dem Angeklagten durch sein Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen und die hierdurch entstandenen gerichtlichen Auslagen je zur Hälfte.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch unter Einbeziehung der Sanktionen aus zwei früheren Verurteilungen, nämlich zweier Einzelgeldstrafen und einer Verwarnung mit Strafvorbehalt, zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 120,- DM verurteilt. Die früheren Verurteilungen betrafen Taten, die der vorliegenden Tat ähnlich waren. Jeweils allein auf die Sachrüge gestützt, begehrt der Angeklagte mit seiner Revision einen Freispruch, während die Staatsanwaltschaft mit ihrem vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel einen Schuldspruch auch wegen Überlassens von Betäubungsmitteln mit leichtfertiger Todesverursachung nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG erstrebt. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Sie führt zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) wie dessen eigene Revision zu einer Ä nderung des Rechtsfolgenausspruchs, nämlich zum Ausspruch einer Verwarnung mit Strafvorbehalt. Im übrigen bleibt auch die Revision des Angeklagten ohne Erfolg.
Der jetzt 83jährige Angeklagte, Schweizer Staatsbürger, ist Theologe und Psychologe. Er war bis zum Jahre 1986 als evangelischer Gemeindepfarrer sowie zwischenzeitlich zwölf Jahre lang als Leiter einer „Entgiftungsstelle“ in Basel tätig. Seit langem beschäftigt sich der Angeklagte aktiv mit dem Problembereich „Sterbehilfe und Sterbebegleitung“. Auslösend hierfür war der Krebstod seines besten Freundes, dessen unmittelbar miterlebter, über mehrere Monate andauernder qualvoller Sterbeprozeß den Angeklagten zu der Überzeugung führte, daß man – nach seinen eigenen Worten – „solchen Menschen einfach helfen muß, wenn sie sterben wollen“. Von diesem Wunsch geleitet, gründete der Angeklagte im Jahr 1982 die Vereinigung „E “ als deren Generalsekretär er seitdem ehrenamtlich fungiert. In den Statuten dieser Vereinigung heißt es u. a.: „1. Die Vereinigung setzt sich in Wort und Schrift für das Selbstbestim- mungsrecht aller Menschen über ihre Gesundheit und ihr Leben, also für die ‚Therapie-Hoheit des Patienten h. für die staatliche Anerkennung der Freiheit selbstbestimmten menschenwürdigen Sterbens. 2. Darüber hinaus besteht der Vereinszweck darin, seinen Mitgliedern, die unter hoffnungsloser Krankheit oder unzumutbarer Behinderung leiden, im selbstbestimmten Sterben beizustehen. 3. Unter der Voraussetzung, daß sich alle Möglichkeiten erschöpft haben, welche aus Sicht des Betroffenen ein lebenswertes Leben erlauben würden, leisten Beauftragte der Vereinigung Freitodbegleitung, wobei ein ärztliches Zeugnis die hoffnungslose Krankheit oder die unzumutbare Behinderung bezeugen muß und Angehörige resp. Bezugspersonen dem Vorhaben des Betroffenen zustimmen. 4. Um jede Form des Mißbrauchs zu verhindern, gibt die Vereinigung keinerlei Freitod-Anleitungen oder -Medikamente ohne Assistenz ab.“ Über die Funktion des Generalsekretärs der Vereinigung hinaus übernahm der Angeklagte auch die Aufgaben eines „Freitodbegleiters“. Nach eigenen Angaben ist er inzwischen in über 300 Fällen entsprechend tätig geworden. Für s ein Tätigwerden verlangt er kein Entgelt, sondern lediglich die Vorauserstattung seiner Reisekosten. Bei seiner Tätigkeit als „Freitodbegleiter“ verwendete der Angeklagte regelmäßig (Natrium-)Pentobarbital. Dieses Mittel ist seit dem Jahr 1981 – mit im Detail unterschiedlichen Einzelregelungen – v erkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel nach Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Es handelt sich um ein hochwirksames und sehr schnell anflutendes Barbiturat, das normalerweise bei einer Dosierung von bis zu 100 mg als Schlafmittel, im übrigen zur Behandlung von Angst- oder Erregungszuständen zum Einsatz kommt. In hoher Dosierung führt dieses Mittel jedoch zu einem sicheren, vom Einnehmenden allerdings schon nicht mehr wahrgenommen Tod. Namentlich tritt im Falle einer Überdosierung zunächst – vergleichbar einer Narkose – eine Ausschaltung des Bewußtseins und erst danach eine tödliche Atemlähmung ein, wobei im Regelfall 3 g des Mittels die für einen Erwachsenen tödliche Dosis darstellen. Die minimale letale Dosis beträgt etwa 1 g. Danach stuft der Angeklagte das Mittel als „geradezu ideal geeignet“ zur Herbeiführung eines „sanften“ Todes ein, insbesondere im Vergleich zum Zyankali, welches beim Einnehmenden zwar ebenfalls schnell zum Tode führt, aber zuvor noch bei Bewußtsein des Sterbenden schwere krampfartige Schmerzen auslöst.
Die verstorbene Frau Dr. T , die lange Zeit als Ä rztin tätig gewesen war, litt an Multipler Sklerose. Nach progredientem Verlauf der Krankheit von 1982 bis 1998 war Frau Dr. T sc hließlich weitestgehend bewegungsunfähig. Sie verbrachte die Tage in ihrem Haus in Berlin größtenteils in Rückenlage. Sie war wegen einer Sehschwäche auf eine Leselupe angewiesen, die sie infolge ihrer nachlassenden Kräfte nur über einen sehr kurzen Zeitraum halten konnte, so daß ihr die Lektüre längerer Texte nicht mehr möglich war. Ein im Jahr 1997 unternommener Selbsttötungsversuch scheiterte am Einschreiten ihres Ehemannes. In monatelangen Diskussionen überzeugte Frau Dr. T ihren Ehemann, daß er sie „gehen lassen“ müsse. Sie wandte sich an die Vereinigung „E “ mit dem Wunsch nach einer „Sterbebegleitung“ und übersandte dem Angeklagten ein ärztliches Gutachten, in dem der Verlauf ihrer Krankheit beschrieben und deren Unheilbarkeit bestätigt war. Bei einem Besuch verschaffte sich der Angeklagte im persönlichen Gespräch mit der Verstorbenen und ihrem Ehemann die Überzeugung, daß diese im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war und ihr Todeswunsch ernsthaft und nicht Folge eines auch nur entfernt erkennbaren äußeren Drängens war. Nach alledem faßte der Angeklagte den Entschluß, die gewünschte „Sterbebegleitung“ zu gewähren, nämlich in der Schweiz 10 g Natrium-Pentobarbital zu beschaffen, diese in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und hier der Verstorbenen zur entsprechenden Verfügung zu stellen. Dabei ging er davon aus, daß aufgrund der hohen Dosis und der schnellen Anflutung des Mittels schon ab dem Eintritt einer Bewußtlosigkeit für die Verstorbene keine Rettungsmöglichkeit mehr bestehen werde. Er nahm an, daß sein Verhalten nach deutschem Recht nicht strafbar sei. Dabei ging er von der Straflosigkeit der Teilnahme an einer Selbsttötung aus. Er wußte nicht, daß Pentobarbital dem deutschen Betäubungsmittelrecht unterliegt. Entsprechende Erkundigungen unternahm er nicht. In die Schweiz zurückgekehrt, übergab der Angeklagte einem „Vertrauensarzt“ der „E “ das von der Verstorbenen überlassene Gutachten zur Prüfung, ob eine im Sinn der Statuten der Vereinigung hoffnungslose Krankheit vorliege. Darauf stellte dieser das erforderliche Rezept aus, mit dem der Angeklagte in einer Schweizer Apotheke 10 g NatriumPentobarbital in Pulverform erwarb. Am 20. April 1998 reiste der Angeklagte mit dem genannten Betäubungsmittel aus der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland ein. Im Haus der Familie T v ersicherte der Angeklagte sich im Beisein ihres Ehemannes davon, daß Frau Dr. T in vollem Besitz ihrer geistigen Kräfte war und ihr Todeswunsch nach wie vor bestand. Sie füllte eine formularmäßig vorbereitete „Freitoderklärung“ aus. In Abwesenheit des Ehemannes löste der Angeklagte die 10 g Natrium-Pentobarbital in einem Glas Wasser auf und reichte dies der Frau Dr. T zur sofort erfolgten Einnahme. Infolge der schnell eintretenden Wirkung des Mittels wurde Frau Dr. T nach drei Minuten bewußtlos. Bereits zu diesem Zeitpunkt wären alsdann eingeleitete Rettungsversuche, namentlich ein Auspumpen des Magens, erfolglos verlaufen, da wegen der schnellen Anflutung bereits ein tödliche Konzentration des Mittels im Blut der Verstorbenen erreicht war, wovon auch der Angeklagte ausging. Der Tod trat binnen der nächsten halben Stunde ein.

I.


Die sachlichrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils deckt betreffend den Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
1. Der Angeklagte hat Betäubungsmittel (gemäß Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG) nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG eingeführt und nach Nr. 6 lit. b aaO zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Ein Fall der ärztlichen Verabreichung oder Überlassung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG liegt nicht vor.

2. Demgegenüber ergibt sich – entgegen der Ansicht der Revision des Angeklagten – weder aus dem Prinzip der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) noch aus dem Gesichtspunkt der Straflosigkeit der Hilfe zur Selbsttötung oder aus der jüngsten Rechtsentwicklung des Problemkreises „Sterbehilfe und Sterbebegleitung“ eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Betäubungsmittelgesetzes; auch eine Rechtfertigung oder Entschuldigung allgemeiner Art kann so hier nicht begründet werden.

a) Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der einhelligen Lehre die – theoretisch gegebene – Teilnahme an der Selbsttötung eines vollverantwortlich Handelnden mangels einer Haupttat straflos (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. vor § 211 Rdn. 10 m.N. der Rspr. und des Schrifttums). Ein solcher Fall liegt hier vor. Frau Dr. T nahm sich, wie die vom Landgericht umfassend festgestellten Einzelheiten ergeben, in voller Selbstverantwortlichkeit das Leben. Der Angeklagte half ihr hierbei. Die Straflosigkeit seines Verhaltens unter dem vorstehend genannten Aspekt beschränkt sich jedoch auf eben diesen und erstreckt sich nicht etwa auf das vom Angeklagten begangene Betäubungsmitteldelikt, mit dem andere Rechtsgüter gefährdet wurden. Der Verordnungsgeber hat mit der Entscheidung, Pentobarbital in die Liste der Betäubungsmittel gemäß § 1 Abs. 1 BtMG aufzunehmen, dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, daß ein Umgang mit diesem Betäubungsmittel für die Volksgesundheit grundsätzlich gefährlich ist.

b) Zudem ist in der rechtswissenschaftlichen und rechtspolitischen Diskussion des Problemkreises „Sterbehilfe und Sterbebegleitung“ in jüngster Zeit eine Entwicklung in zweierlei Richtungen zu verzeichnen. Zum einen wird dem Gesichtspunkt der Patientenautonomie ständig zunehmende Bedeutung beigemessen (vgl. Taupitz, Gutachten für den 63. Deutschen Juristentag 2000; Otto, Gutachten für den 56. Deutschen Juristentag 1986; jeweils m.N., und die Sitzungsberichte der jeweiligen Tagungen des Deutschen
Juristentages). Zum anderen ist die sog. „indirekte Sterbehilfe“ nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 42, 301, 305; vgl. auch BGHSt 37, 376; 40, 257) und einem nahezu einhelligen Grundkonsens im Schrifttum zulässig (Kutzer NStZ 1994, 110, 114 f. m.N.). Dabei wird unter indirekter Sterbehilfe verstanden, daß die ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation beim tödlich Kranken nicht dadurch unzulässig wird, daß sie als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigen kann. Soweit eine solche Medikation den Tatbestand eines Tötungsdeliktes durch bedingt vorsätzliche Verursachung eines früheren Todes verwirklicht, ist das Handeln des Arztes nach § 34 StGB gerechtfertigt, sofern es nicht – ausnahmsweise – dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Patienten widerspricht (Kutzer aaO; vgl. auch die demnächst veröffentlichte Podiumsdiskussion „Sterbehilfe – Sterbebegleitung“ anläßlich der 50. Wiederkehr der Errichtung des Bundesgerichtshofs am 4. Mai 2000).

c) Weder aus diesen Rechtsgesichtspunkten noch aus sonstigen allgemeinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen kann die Straflosigkeit des Umgangs des Angeklagten mit dem Betäubungsmittel hergeleitet werden. Der Angeklagte handelte weder als Arzt noch als Angehöriger der Verstorbenen oder als sonst persönlich Betroffener, auf dessen Gewissensentscheidung es ankommen könnte. Er agierte vielmehr als persönlich Unbeteiligter im Rahmen einer moralpolitisch getragenen Bewegung, deren Ziele anerkennenswert sein mögen. Sein Handeln war nicht primär vom Zweck der Schmerzlinderung (unter Inkaufnahme eines früheren Todeseintritts ) getragen. Vielmehr zielte seine Aktivität direkt auf den Tod.
Zur Beantwortung der Frage, ob solches Verhalten unter den Gesichtspunkten des § 34 StGB gerechtfertigt oder unter den Aspekten des § 35 StGB entschuldigt sein kann, ist von den Grundentscheidungen der Rechtsordnung auszugehen. Das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes – ohne eine zulässige Relativierung – an oberster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter. Die Rechtsordnung wertet eine
Selbsttötung deshalb – von äußersten Ausnahmefällen abgesehen – als rechtswidrig (BGHSt 6, 147, 153), stellt die Selbsttötung und die Teilnahme hieran lediglich straflos.
Dieser grundsätzliche Vorrang des Lebensschutzes ist zu beachten, wenn wie hier in eine Abwägung ein auch in Art. 1 Abs. 1 GG angelegtes Recht des Einzelnen auf ein Sterben unter „menschenwürdigen“ Bedingungen einzustellen ist. Dabei muß auch die Grundentscheidung berücksichtigt werden, die aus der Vorschrift des § 216 StGB spricht, wonach die Tötung auf Verlangen des Getöteten lediglich eine Strafmilderung gegenüber dem Totschlag auslöst. Dies zeigt an, daß die Rechtsordnung die Mitwirkung eines anderen am Freitod eines Menschen grundsätzlich mißbilligt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob Besonderheiten namentlich etwa für das Handeln naher Angehöriger eines Sterbewilligen gelten können. Für Außenstehende wie hier den Angeklagten, der im Rahmen einer Organisation ohne persönliches Näheverhältnis handelte, kann eine Abwägung der genannten Art grundsätzlich nicht zur Straflosigkeit des Umgangs mit Betäubungsmitteln führen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem moralpolitischen Engagement des Angeklagten.
3. Das Landgericht hat angenommen, daß dem Angeklagten die Verbotenheit seines Tuns unter dem Gesichtspunkt des deutschen Betäubungsmittelrechts nicht bekannt war, daß der Angeklagte diesen Verbotsirrtum jedoch hätte vermeiden können; es hat demzufolge die Vorschrift des § 17 Satz 1 StGB für nicht anwendbar erachtet. Auch dies birgt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.

a) Das Pentobarbital ist seit dem Jahr 1981 in der Bundesrepublik Deutschland als Betäubungsmittel in Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG erfaßt. Die Einzelheiten unterlagen mehreren Ä nderungen: Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 28. Juli 1981 (BGBl I 681, 700)
wurde das Pentobarbital in die Anlage III B aufgenommen. Ausgenommen blieben Zubereitungen, die ohne ein anderes Betäubungsmittel (außer Codein) „je abgeteilte Form bis 110 mg Pentobarbital enthalten“; damit waren namentlich Tabletten mit geringer Dosierung gemeint; von dieser Ausnahme waren jedoch die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr (und andere Handlungsformen) wiederum ausgenommen. Durch die Vierte Betäubungsmittelrechts-Ä nderungsverordnung vom 23. Dezember 1992 (BGBl I 2483, 2485) erhielt die Position Pentobarbital in der Anlage III B folgende Fassung: „ausgenommen in Zubereitungen, die ohne“ ein weiteres Betäubungsmittel „je abgeteilte Form bis zu 100 mg Pentobarbital, berechnet als Säure, enthalten“; die Ausnahme von der Ausnahme betreffend die Einfuhr entfiel also. Aufgrund der Zehnten BetäubungsmittelrechtsÄ nderungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl I 74, 79), in Kraft seit dem 1. Februar 1998, ist das Pentobarbital ohne jede Einschränkung in der nunmehr nicht mehr untergliederten Anlage III enthalten. Damit ist insbesondere die Ausnahme für Zubereitungen mit bis zu 100 mg Pentobarbital je abgeteilter Form entfallen.

b) Auch in der Schweiz unterfällt das Pentobarbital dem Betäubungsmittelrecht. Das Mittel ist im „Verzeichnis aller Betäubungsmittel“ (Anhang a zu Art. 1 Abs. 1 bis 3 Betäubungsmittelgesetz), allerdings auch im „Verzeichnis der von der Kontrolle teilweise ausgenommenen Betäubungsmittel“ (Anhang b aaO) enthalten (Verordnung des Bundesamtes für Gesundheit über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe vom 12. Dezember 1996).

c) Die Einfuhr und die Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch von Pentobarbital in der hier vorliegenden Dosis von 10 g sind mithin seit dem Jahr 1981 in der Bundesrepublik Deutschland strafbar. Die oben genannten differenzierten Regelungen betreffend abgeteilte Formen mit geringer Dosierung des Mittels kannte der Angeklagte nicht. Jedes Argument seiner Revision aus dieser Rechtsentwicklung muß daher im Rahmen der Prüfung der Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums versagen. Das verwendete Mittel unter-
fällt auch dem Betäubungsmittelrecht der Schweiz. Es kommt folgendes hinzu : Wie der Angeklagte wußte, kam es aufgrund der etwas „liberaleren“ Regelung des Umgangs mit Pentobarbital in der Schweiz, scil. wegen „strengerer“ Rechtslage außerhalb der Schweiz, zu einem „Sterbetourismus“ von Ausländern in die Schweiz. In Deutschland wurde der Angeklagte in etwa 50 Fällen in gleicher Weise „geradezu routiniert“ tätig (UA S. 9 f., 22). Er ging dabei mit einem in der jeweiligen Dosierung tödlichen Stoff um. Nach alledem hat das Landgericht rechtsfehlerfrei eine Rechtserkundigungspflicht des Angeklagten angenommen und den Verbotsirrtum des Angeklagten als vermeidbar erachtet.

II.


Das angefochtene Urteil ist nicht mit einem sachlichrechtlichen Fehler zugunsten des Angeklagten behaftet.
1. Insbesondere bleibt die einzige ausdrückliche Beanstandung der Staatsanwaltschaft, der Angeklagte sei zu Unrecht nicht auch wegen Überlassung von Betäubungsmitteln mit leichtfertiger Todesverursachung nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG verurteilt worden, ohne Erfolg. Das Landgericht hat aus dem „Prinzip der Eigenverantwortlichkeit“ eine „teleologische Reduktion des Tatbestandes“ hergeleitet und deshalb die genannte Vorschrift für nicht anwendbar erachtet. Diese Beurteilung ist zutreffend.

a) Allerdings hat der Angeklagte der Frau Dr. T das Betäubungsmittel zum unmittelbaren Verbrauch überlassen und dadurch eine Ursache für deren Tod gesetzt. Der Kausalzusammenhang wurde nicht dadurch unterbrochen, daß die Empfängerin des Betäubungsmittels sich dieses Mittel selbst verabreichte (BGH NStZ 1983, 72; BGH, Urteil vom 3. Juni 1980 – 1 StR 20/80 –, bei Holtz MDR 1980, 985). Ihr Tod war auch vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt. Jedenfalls in anderen Regelungszusammenhängen findet der Gedanke Verwendung, daß Vorsatz die Fahrlässigkeit und die
Leichtfertigkeit als mindere Verschuldensformen einschließt (vgl. BGHSt 39, 100; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 18 Rdn. 5).

b) Indes gelten für den hier vorliegenden Fall des Freitodes des Betäubungsmittelempfängers besondere Regeln.
aa) Es greift der Grundsatz der Selbstverantwortung des sich selbst eigenverantwortlich gefährdenden Tatopfers ein. Danach ist von folgendem auszugehen:
(1) Die eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbstgefährdung unterfällt grundsätzlich nicht den Tatbeständen eines Körperverletzungs - oder Tötungsdelikts, wenn das mit der Gefährdung vom Opfer bewußt eingegangene Risiko sich realisiert. Wer lediglich eine solche Gefährdung veranlaßt, ermöglicht oder fördert, macht sich danach nicht wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts strafbar (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs seit BGHSt 32, 262; siehe auch BGHSt 37, 179; 39, 322, 324; BGH NStZ 1985, 319 – insowiet in BGHSt 33, 66 nicht abgedruckt – m. Anm. Roxin; BGH NStZ; 1987, 406; 1992, 489; BGH NJW 2000, 2286). Dabei hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, daß derjenige, der sich an einem Akt der eigenverantwortlich gewollten und bewirkten Selbstgefährdung beteiligt , an einem Geschehen teilnimmt, welches – soweit es um die Strafbarkeit wegen Tötung oder Körperverletzung geht – kein tatbestandsmäßiger und damit kein strafbarer Vorgang ist (BGHSt 32, 262, 265). Das Gesetz bedroht nur die Tötung oder Verletzung eines anderen mit Strafe. Die Strafbarkeit des sich Beteiligenden wegen Körperverletzung oder Tötung beginnt erst dort, wo dieser kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfaßt als der sich selbst Gefährdende.
(2) Allerdings kann dieser Grundsatz nicht ohne weiteres auf das Betäubungsmittelrecht übertragen werden (BGHSt 37, 179). Das durch die betäubungsmittelrechtlichen Strafvorschriften geschützte Rechtsgut ist nicht nur
die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch die Volksgesundheit. Dieses universale Rechtsgut steht dem Einzelnen nicht zur Disposition (Franke /Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30 Rdn. 35; Weber, BtMG § 30 Rdn. 125 f.).
bb) Das Merkmal der Leichtfertigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG wird durch den Bundesgerichtshof dahin interpretiert, daß leichtfertig handelt, wer die Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs des Geschehens „aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit“ außer acht läßt (BGHSt 33, 66, 67). Solches ist bei der hiesigen besonderen Fallgestaltung , in der die Empfängerin des Betäubungsmittels in jeder Hinsicht selbstverantwortlich handelte, nicht gegeben (vgl. BGH NJW 2000, 2286). Insoweit erfaßt der Vorwurf der Leichtfertigkeit – ausnahmsweise – nicht „erst recht“ auch vorsätzliches Handeln.
cc) Auch die Entstehungsgeschichte der vorgenannten Vorschrift spricht für eine restriktive Interpretation der Art, daß das Überlassen eines Betäubungsmittels zum Zweck des in jeder Hinsicht freien Suizids des Empfängers den Qualifikationstatbestand nicht erfüllt. Hintergrund und auslösender Umstand für die Schaffung der Verbrechensvorschrift war „die rasch ansteigende Zahl von Todesfällen als Folge von Rauschgiftmißbrauch“ (BT-Drucks. 8/3551 S. 37). Damit waren die Todesfälle von Betäubungsmittelabhängigen und gelegentlichen Betäubungsmittelkonsumenten gemeint. Als besonders strafwürdig wurde die Tatsache gewertet, daß die Todesverursachung auf ein Handeln zurückgeht, das in Kenntnis der großen Gefährlichkeit des Tuns „unter Hintanstellung aller Bedenken“ erfolgt (Endriß/Malek, Betäubungsmittelstrafrecht 2. Aufl. Rdn. 464; Hügel/Junge, Deutsches Betäubungsmittelrecht 7. Aufl. § 30 Rdn. 4.1). An einen demgegenüber ganz und gar untypischen Fall wie den vorliegenden hat der Gesetzgeber ebenso wenig gedacht, wie dies danach die Kommentatoren getan haben.
dd) Zudem spiegelt der Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG von zwei bis 15 Jahren Freiheitsstrafe – selbst eingedenk des Ausnahmestrafrahmens
von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe für minder schwere Fälle (§ 30 Abs. 2 BtMG) – eine vom Gesetzgeber ins Auge gefaßte Unrechtsdimension , hinter der Fälle der vorliegenden Art von vornherein weit zurückbleiben. Auch dies indiziert eine restriktive Auslegung der Vorschrift im vorstehenden Sinn.
2. Schließlich birgt das Urteil auch sonst keinen sachlichrechtlichen Fehler zugunsten des Angeklagten.
Insbesondere folgt im Ergebnis keine strafrechtliche Haftung des Angeklagten aus Tötungsdelikten – begangen durch Unterlassen – daraus, daß er als Lieferant des tödlichen Betäubungsmittels unter dem Gesichtspunkt seines vorausgegangenen rechtswidrigen gefährdenden Tuns grundsätzlich Lebensgarant sein konnte (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. § 222 Rdn. 11 sub Betäubungsmittel und Rdn. 21 sub Selbstgefährdung m.N.; Hügel/Junge, aaO § 30 Rdn. 4.4). Eine Verantwortlichkeit des Angeklagten unter diesem Gesichtspunkt würde jedenfalls voraussetzen, daß in dem Zeitpunkt, als Frau Dr. T durch den Eintritt ihrer Bewußtlosigkeit die Kontrolle über das Geschehen verlor, noch eine Möglichkeit zur Rettung ihres Lebens bestand (vgl. BGH NStZ 1984, 452 m. Anm. Fünfsinn StV 1985, 57; BGH NStZ 1985, 319, 320; BGH NStZ 1987, 406). Hierzu hat das Landgericht festgestellt, daß in dem Zeitpunkt, als Frau Dr. T bewußtlos wurde, etwaige Rettungsversuche – wegen der bereits eingetretenen gravierenden Wirkung des Mittels – gescheitert wären. Davon ging nach den Feststellungen auch der Angeklagte aus, so daß selbst ein versuchtes (Unterlassungs-) Tötungsdelikt ausscheidet. Schließlich kommt danach auch eine unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 1983, 117, 118).

III.


Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Es ist allein eine Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB auszusprechen.
Allerdings hat die genannte Vorschrift Ausnahmecharakter (Gribbohm in LK 11. Aufl. § 59 Rdn. 1; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 59 Rdn. 1; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 59 Rdn. 1). Zudem ist durch die Verwendung des Wortes „kann“ auf der Rechtsfolgenseite der Ermessenscharakter der Regelung in besonderer Weise hervorgehoben (vgl. Gribbohm aaO Rdn. 17 f.). Indes kann sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles das Ermessen des Tatgerichts derart verengen, daß allein eine Verwarnung mit Strafvorbehalt in Betracht kommen kann. In einem solchen Fall kann auch das Revisionsgericht auf die besondere Sanktion nach § 59 StGB erkennen (OLG Celle StV 1988, 109; Horn in SK – StGB 27. Lfg. § 59 Rdn. 14; ähnlich Lackner/Kühl aaO Rdn. 10; Stree aaO Rdn. 16; a.A. Gribbohm aaO Rdn. 18; zweifelnd Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 59 Rdn. 2). So liegt es hier. Der Angeklagte ging mit dem Betäubungsmittel in altruistischer Weise unter relativ geringer Gefährdung Unbeteiligter in der Absicht um, der in schwerster Weise unheilbar kranken Empfängerin zu einem in jeder Hinsicht freien Suizid zu verhelfen, was seinem humanen Engagement entsprang.
Der Senat verwarnt deshalb wegen der hier abzuurteilenden Tat den Angeklagten und behält die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 120,- DM (nämlich der vom Landgericht verhängten Einzelgeldstrafe ) vor. Ferner erkennt der Senat unter Einbeziehung der im hiesigen Urteilstenor genannten Sanktionen auf eine Verwarnung als Gesamtsanktion, wobei die Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 120,- DM (also in gleicher Höhe wie vom Tatrichter unbedingt verhängt) vorbehalten bleibt.

Im Gesetz (namentlich in § 59c StGB) ist die Frage nicht eindeutig geregelt , ob eine bei einer Verwarnung vorbehaltene Geldstrafe mit einer zuvor unbedingt verhängten Geldstrafe im Wege der Verwarnung als Gesamtsanktion zusammengeführt werden kann (so Horn aaO § 59c Rdn. 4) oder ob solches etwa ausgeschlossen ist (so Gribbohm aaO § 59c Rdn. 5; Tröndle /Fischer aaO § 59c Rdn. 1). Der Senat behandelt die Frage wegen der Parallelität zur entsprechenden Regelung bei der Freiheitsstrafe in § 58 Abs. 1 StGB trotz des besonderen Charakters der Verwarnung mit Strafvorbehalt im erstgenannten Sinn.
Die nach § 268a StPO zu treffende Entscheidung über die Dauer der Bewährungszeit bleibt dem Landgericht vorbehalten.
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(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Es ist mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar, dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich ist, sofern sie zwar stationär behandelt werden, aber nicht geschlossen untergebracht werden können, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, unverzüglich eine Regelung für diese Fallgruppe zu treffen.

3. Bis zu einer solchen Regelung ist § 1906 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung von Artikel 1 Nummer 3 des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 266) auch auf stationär behandelte Betreute anzuwenden, die sich einer ärztlichen Zwangsbehandlung räumlich nicht entziehen können.

Gründe

A.

1

Der Bundesgerichtshof begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit er für eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt, welche nach gefestigter Rechtsprechung in diesen Fällen nicht angeordnet werden darf.

I.

2

1. a) Durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz), das zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist (BGBl I 1990, S. 2002), wird das Ziel verfolgt, die Rechtsstellung psychisch kranker und behinderter Volljähriger unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu verbessern.

3

Wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (vgl. § 1896 Abs. 1 BGB). Das Gesetz regelt die Bestellung des Betreuers (§§ 1896 ff. BGB), den Umfang der Betreuung (§§ 1901 ff. BGB) und macht bestimmte Maßnahmen von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängig (§§ 1904 ff. BGB).

4

Soweit eine Betreuung nach § 1896 BGB für den Aufgabenkreis der Gesundheitssorge angeordnet ist, hat der Betreuer die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen und gegebenenfalls auch Einwilligungen in notwendige Heilbehandlungen zu geben (§ 1901 BGB). Die Angelegenheiten des Betreuten sind dabei so zu besorgen, wie es seinem Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will (§ 1901 Abs. 3 BGB). Sofern für das Ob und Wie bestimmter Heilmaßnahmen ein freier Wille des Betreuten - etwa durch Patientenverfügung nach § 1901a BGB - feststellbar ist, ist dieser auch für den Betreuer maßgeblich.

5

Die Einwilligung des Betreuers in besonders risikoreiche ärztliche Maßnahmen (vgl. § 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB) bedarf der Genehmigung durch das Betreuungsgericht; ebenso die Versagung der Einwilligung durch den Betreuer in dringend notwendige Maßnahmen (vgl. § 1904 Abs. 2 BGB). § 1904 BGB erfasst in beiden Fällen aber nur Konstellationen, in denen ein entgegenstehender Wille des Betreuten nicht feststellbar ist oder der mit der Einwilligung des Betreuers in Einklang stehende Wille des Betreuten feststeht (vgl. § 1904 Abs. 3 BGB).

6

Ärztliche Behandlungen gegen den natürlichen Willen von Betreuten, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung deren Notwendigkeit nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, sind ausschließlich auf der Grundlage des § 1906 BGB und damit nur bei nach § 1906 Abs. 1 BGB freiheitsentziehend untergebrachten Betreuten möglich. Die früher strittige Frage, ob auf der Grundlage von §§ 1896, 1901 BGB ärztliche Zwangsmaßnahmen auch für Betreute, die nicht freiheitsentziehend untergebracht sind, durch eine Einwilligung des Betreuers ermöglicht werden könnten (sog. ambulante Zwangsbehandlungen), ist durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11. Oktober 2000 (XII ZB 69/00 - BGHZ 145, 297 <306 ff.>) verneinend entschieden worden. Dies ist die seither gefestigte Rechtsprechung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - juris, Rn. 21, 25). Der Bundesgerichtshof hat die Ablehnung der Zulässigkeit einer ambulanten Zwangsbehandlung nach geltendem Recht damit begründet, dass es an der verfassungsrechtlich unverzichtbaren förmlichen Gesetzesgrundlage hierfür fehle. Der Versuch, eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die ambulante Zwangsbehandlung einzuführen, sei im Gesetzgebungsverfahren gescheitert (Hinweis auf BTDrucks 15/4874, S. 8 <25 f.>).

7

Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung für eine Zwangsbehandlung findet sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Bereich der zivilrechtlichen Betreuung ausschließlich in § 1906 BGB (vgl. BGHZ 145, 297 <310>; 193, 337; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 f.>; Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - Vorlagebeschluss, juris, Rn. 27).

8

b) Der durch das Betreuungsgesetz - BtG - im Jahr 1992 eingeführte § 1906 BGB hatte folgenden Wortlaut:

§ 1906 - in der Fassung von 1992 -

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

(3) Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

9

Spätere Änderungen bis zu der bis zum 25. Februar 2013 geltenden Fassung hatten keine inhaltlichen Änderungen der Absätze 1 - 4 zum Gegenstand.

10

2. Der Bundesgerichtshof ging zunächst in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine ärztliche Behandlung gegen den natürlichen Willen im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung biete (vgl. bspw. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2006 - XII ZB 236/05 -, juris). Zur Begründung stellte er unter Berufung auf die Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung des Betreuungsrechts (BTDrucks 11/4528, S. 72, 141) darauf ab, dass mit dem neuen Betreuungsgesetz (vom 12. September 1990 BGBl I S. 2002), die grundsätzliche Befugnis des Betreuers zur Einwilligung in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff des Einwilligungsunfähigen nicht habe in Frage gestellt werden sollen. Nicht einwilligungsfähige Betreute dürften nicht von solchen Maßnahmen ausgeschlossen werden, weil ansonsten ihre gesundheitliche Versorgung und damit ihr Wohl an ihrer mangelnden Einsichts- oder Urteilsfähigkeit scheitern würde. Aus dem gleichen Grunde seien durch die Neuregelung auch Zwangsbehandlungen nicht generell verboten worden.

11

In der vom Bundesgerichtshof in Bezug genommenen Begründung zum Regierungsentwurf des Betreuungsgesetzes (BTDrucks 11/4528, S. 72) heißt es in diesem Zusammenhang:

Wer auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung seine Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen kann und eine Behandlung deshalb ablehnt, dem soll nicht schon deshalb die Behandlung versagt werden. So soll eine lebensnotwendige Operation eines Betreuten nicht daran scheitern, dass dieser sich krankheitsbedingt hiergegen wehrt, weil er der Auffassung ist, man wolle ihn durch die Operation ermorden. Der Entwurf sieht deshalb ein Verbot von Zwangsbehandlungen, zwangsweisen Untersuchungen oder zwangsweisen ärztlichen Eingriffen grundsätzlich nicht vor.

12

Allerdings wurde ganz bewusst von einer ausdrücklichen Regelung der Zwangsbehandlung abgesehen. So findet sich in der Einzelbegründung zu § 1904 BGB-E folgender Passus (BTDrucks 11/4528, S. 141):

Der Entwurf enthält keine allgemeinen Regelungen über Zwangsbehandlungen. Zwangsbehandlungen Einwilligungsunfähiger werden vom Entwurf nicht grundsätzlich verboten. Wer auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung seine Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen kann und eine Behandlung deshalb ablehnt, dem soll nicht schon deshalb die Behandlung versagt werden. So wäre es nicht zu verantworten, eine Blinddarmoperation am Betreuten deshalb zu verweigern, weil dieser auf Grund einer wahnhaften Vorstellung der Überzeugung ist, keinen Blinddarm mehr zu besitzen, und daher den lebensnotwendigen Eingriff ablehnt. Zwangssterilisationen sind allerdings generell untersagt; […].

13

3. Außerhalb einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB hielt der Bundesgerichtshof ärztliche Zwangsmaßnahmen (ambulante Zwangsmaßnahmen) hingegen mangels Rechtsgrundlage nicht für zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 - BGHZ 145, 297; vgl. ausführlich hierzu Kirsch, Rechtsgrundlagen der stationären und ambulanten psychiatrischen Zwangsbehandlung im Betreuungsrecht, 2010, S. 130 ff., 180 ff.). In Reaktion auf diese Rechtsprechung schlug der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts (BTDrucks 15/2494, S. 7, 30) mit am 12. Februar 2002 vorgelegten Gesetzentwurf (BRDrucks 865/03, S. 54 f.) vor, eine Rechtsgrundlage für die zwangsweise Zuführung des Betreuten zu ambulanten ärztlichen Heilbehandlungen zu schaffen.

14

Dieser Vorschlag wurde nicht Gesetz. Der Rechtsausschuss des Bundestags strich die hierzu vorgesehene Regelung nach der Stellungnahme der Bundesregierung und dem Ergebnis der Sachverständigenanhörung (vgl. BTDrucks 15/4874, S. 27). Er war im Gesetzgebungsverfahren zu der Überzeugung gelangt, die ambulante Zwangsbehandlung sei nicht als weniger einschneidender Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen anzusehen, sondern als ein anders gelagerter Eingriff (Protokoll der 49. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 15. Wahlperiode, 26. Mai 2004, S. 76; so bereits auch BGH, FamRZ 2001, S. 149). Die ambulante Zwangsbehandlung wurde insbesondere unter dem Blickwinkel der Anlasserkrankung, also der psychischen Erkrankung, wegen der die Betreuung eingerichtet wurde, betrachtet und kritisch gesehen, da die im Gesetzgebungsverfahren angehörten psychiatrischen Sachverständigen Bedenken gegen ambulante Zwangsbehandlungen in diesem Bereich hatten. Hauptsächlich argumentierten sie damit, dass die Behandlung der psychischen Erkrankung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Patienten und Therapeuten erfordere. Eine immer wieder erfolgende zwangsweise Vorführung des Betroffenen zur Behandlung laufe diesem konsensualen Ansatz zuwider (Protokoll der 49. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 15. Wahlperiode, 26. Mai 2004, S. 72, 76; so auch bereits BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 -, FamRZ, 2001 S. 149).

15

4. Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 23. März 2011 zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entschieden hatte, dass die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung klarer und bestimmter gesetzlicher Vorgaben bedürfen (vgl. BVerfGE 128, 282), gab der Bundesgerichtshof seine bislang zur Zulässigkeit medizinischer Zwangsbehandlungen im Betreuungsrecht auf der Grundlage von § 1906 Abs. 1 BGB in der Fassung von 1992 vertretene Rechtsprechung auf und vertrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun die Auffassung, es fehle hierfür an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage, weshalb ein Betreuer auch im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung keine Zwangsbehandlungen veranlassen dürfe (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 -, BGHZ 193, 337 <353>).

16

5. Der Gesetzgeber reagierte auf diese Rechtsprechungsänderung durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266), durch welches neben anderen Änderungen die Absätze 3 und 3a in § 1906 BGB eingefügt wurden. § 1906 BGB lautet seit dem 25. Februar 2013 in der bis heute geltenden Fassung:

§ 1906 - in der Fassung von 2013 -

Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn

1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,

2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,

4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und

5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

17

Mit der Einfügung der Absätze 3 und 3a verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, eine den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechende Regelung zu schaffen, mit der die bis zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20. Juni 2012 bestehende Rechtspraxis möglichst nah abgebildet werden sollte. So wird in der Begründung zum Gesetzesentwurf ausgeführt: "Der Entwurf einer Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme bildet damit unter Achtung der verfassungsgerichtlichen Anforderungen die bis zu den jüngsten Beschlüssen des Bundesgerichtshofs bestehende Rechtslage möglichst nah ab. Dazu zählt, dass eine Zwangsbehandlung nur im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB erfolgen kann. Wie die Unterbringung selbst bedarf auch die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme der gerichtlichen Genehmigung und unterliegt denselben strengen verfahrensrechtlichen Anforderungen. Die strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen werden damit auch die Selbstbestimmung der Betreuten stärken." (BTDrucks 17/11513, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme, S. 1 f.; in der Sache ebenso Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf, BTDrucks 17/12086, S. 1).

II.

18

1. Die 63-jährige Betroffene des Ausgangsverfahrens litt unter einer schizoaffektiven Psychose. Sie stand deswegen seit Ende April 2014 unter Betreuung unter anderem auch für den Aufgabenkreis der Sorge für die Pflege und Gesundheit einschließlich der Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen und Behandlungen sowie der Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen.

19

Anfang September 2014 wurde die Betroffene kurzzeitig in eine Pflegeeinrichtung aufgenommen. Dort lehnte sie es ab, die zur Behandlung einer Autoimmunerkrankung verordneten Medikamente einzunehmen, verweigerte die Essensaufnahme und äußerte Suizidabsichten. Ab Mitte September 2014 befand sich die Betroffene mit richterlicher Genehmigung auf einer geschlossenen Demenzstation in einem Klinikum. Auf der Grundlage mehrerer betreuungsgerichtlicher Beschlüsse wurde sie im Wege ärztlicher Zwangsmaßnahmen wegen der Autoimmunerkrankung, wegen einer Schilddrüsenunterfunktion und wegen ihrer psychischen Erkrankung medikamentös behandelt. Die Medikamente wurden - wie auch die Nahrung - mittels einer ebenfalls als ärztliche Zwangsmaßnahme gelegten Magensonde verabreicht. Es wurden dort auch weitere Untersuchungen (Stanzbiopsie) hinsichtlich einer vermuteten Krebserkrankung durchgeführt. Diese bestätigten den Verdacht eines - noch nicht durchgebrochenen - Mammakarzinoms.

20

Die Betroffene war zu diesem Zeitpunkt körperlich stark geschwächt, konnte nicht mehr gehen und sich auch nicht selbst mittels eines Rollstuhls fortbewegen. Geistig war sie in der Lage, ihren natürlichen Willen auszudrücken. Auf richterliche Befragung äußerte sie wiederholt, sie wolle sich nicht wegen der Krebserkrankung behandeln lassen. Weder wolle sie eine Operation noch eine Chemotherapie.

21

2. Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 beantragte die Berufsbetreuerin, die Unterbringungsgenehmigung für die Betroffene zu verlängern und ärztliche Zwangsmaßnahmen, insbesondere zur Behandlung des Brustkrebses (Brustektomie, Brustbestrahlung, Knochenmarkspunktion zur weiteren Diagnostik), aber auch zur Fortsetzung der medikamentösen Therapie der weiteren Erkrankungen zu genehmigen.

22

3. Das Amtsgericht wies den Antrag auf Unterbringung und Zwangsbehandlung zurück. Bei der Betroffenen liege zwar eine psychische Krankheit vor, die sie daran hindere, in die erforderlichen ärztlichen Heilbehandlungen einzuwilligen. Eine Unterbringung sei aber nicht erforderlich, da die beantragten Heilbehandlungen und ärztlichen Eingriffe auch im Rahmen einer offenen Einrichtung erfolgen könnten.

23

4. Das Landgericht wies die Beschwerde der Betreuerin zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

24

In tatsächlicher Hinsicht unterstellte es zunächst, dass die von der Betreuerin am 20. Januar 2015 zur Genehmigung beantragten ärztlichen Eingriffe zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens notwendig seien und die Betroffene auf Grund ihrer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln könne.

25

Weiter führte das Landgericht aus, das Amtsgericht habe zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung verneint, weil alle zur Genehmigung beantragten ärztlichen Maßnahmen auch ohne eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung durchgeführt werden könnten. Eine Freiheitsentziehung im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB sei vorliegend aus tatsächlichen Gründen nicht notwendig und damit nicht erforderlich.

26

§ 1906 Abs. 1 BGB gehe von einem engen Begriff der mit der Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung aus. Eine Freiheitsentziehung sei im Sinne dieser Vorschrift nur dann erforderlich und dürfe deshalb auch nur dann angeordnet werden, wenn sich der Betroffene ohne die die Freiheit einschränkenden Vorkehrungen der Örtlichkeit räumlich entziehen könne, wenn also überhaupt die Möglichkeit zur Fortbewegung bestehe. Vorliegend sei die Unterbringung der Betroffenen nicht notwendig und damit auch nicht erforderlich im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB. Die Betroffene sei bettlägerig und nicht in der Lage, sich selbständig aus dem Bett zu bewegen oder zu gehen. Im Liegerollstuhl könne sie sich nicht selbständig fortbewegen. Sie zeige auch keine Weglauftendenzen, indem sie beispielsweise andere Leute beauftrage, sie an einen anderen Ort zu verbringen.

27

Die Zwangsbehandlung sei vom Gesetzgeber nur im Rahmen der geschlossenen Unterbringung im Sinne von § 1906 Abs. 1 BGB zugelassen worden. Ohne eine genehmigte freiheitsentziehende Unterbringung sei eine Zwangsbehandlung nach § 1906 Abs. 3, 3a BGB nicht zulässig.

28

5. Die Betreuerin erhob namens der Betroffenen Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.

III.

29

1. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung vom 18. Februar 2013 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit er für die Einwilligung des Betreuers in eine stationär durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder körperlich hierzu nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt.

30

a) Der Vorlagebeschluss sei zulässig, obwohl die Vorinstanzen den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt hätten. Es sei zu unterstellen, dass die ärztlichen Eingriffe und Untersuchungen, für die die Betreuerin um eine gerichtliche Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a BGB nachgesucht hatte, erforderlich seien, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB) und die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen beziehungsweise nach dieser Einsicht handeln könne (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB).

31

b) Die Kopplung der Zulässigkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme an eine freiheitsentziehende Unterbringung auch für Fallgestaltungen, in denen sich Betroffene einer solchen Maßnahme räumlich nicht entziehen wollten oder könnten, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

32

Die Unterbringung zur Durchführung einer Untersuchung des Gesundheitszustands, einer Heilbehandlung oder eines ärztlichen Eingriffs gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlange nicht nur, dass die medizinische Maßnahme als solche notwendig sei. Vielmehr müsse die freiheitsentziehende Unterbringung ihrerseits erforderlich sein, damit die medizinische Maßnahme durchgeführt werden könne. Sie sei in diesem Sinne erforderlich, wenn zu erwarten sei, dass der Betroffene sich ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der medizinischen Maßnahme räumlich - also etwa durch Fernbleiben oder "Weglaufen" - entziehen würde.

33

Der Bundesgerichtshof habe in seiner früheren Rechtsprechung (Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>) der Vorschrift des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Rechtsgrundlage für die Durchführung notwendiger medizinischer Maßnahmen auch gegen den natürlichen Willen des Betroffenen entnommen. Er habe dabei den engen Unterbringungsbegriff zugrunde gelegt und daher die erzwungene Einnahme von Medikamenten nicht losgelöst von der Frage, wo sich diese Zwangsbehandlung vollziehe, rechtlich als eine freiheitsentziehende Unterbringung angesehen. Dies habe er mit dem Wortlaut des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB und mit dem Zweck der Vorschrift begründet. Dabei habe er auch wiederholt darauf hingewiesen, dass diese enge Auslegung des Begriffs der mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung zu einer Begrenzung der Möglichkeit führe, Betroffene gegen ihren Willen einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (vgl. BGHZ 145, 297 <310>; 193, 337; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>).

34

Nachdem der Bundesgerichtshof mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug seine Auffassung, wonach Zwangsbehandlungen im Rahmen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich genehmigungsfähig seien, aufgegeben und auf das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage hingewiesen habe, habe der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 in die Vorschrift des § 1906 BGB die neuen Absätze 3 und 3a eingefügt. Dabei habe der Gesetzgeber ausdrücklich lediglich die bis zur Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs bestehende Rechtslage möglichst nahe abbilden und eine Rechtsgrundlage für die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB schaffen wollen. Dies lasse alleine den Schluss zu, dass die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen nicht zu Änderungen an dem § 1906 Abs. 1 BGB zu Grunde liegenden engen Unterbringungsbegriff führen sollte, sondern dieser nach wie vor für die Anwendung der Vorschrift maßgeblich sein solle.

35

Die neu geschaffene Regelung in § 1906 Abs. 3 BGB sei nicht nur als Eingriffsnorm zu verstehen, da sie als Bestandteil des staatlichen Erwachsenenschutzes ebenso eine Begünstigung darstelle. Die Betroffenen auszunehmen, bei denen es einer stationär durchzuführenden ärztlichen Maßnahme bedürfe, die sich aber räumlich nicht entziehen wollen und/oder können, erfordere eine hinreichende Rechtfertigung. An einer hinreichenden Rechtfertigung fehle es, so dass das Gesetz gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

36

Diese Schutzlücke für immobile Betroffene werde auch nicht durch andere vom Gesetz eröffnete Möglichkeiten geschlossen. Das auf den Fall des Vorlageverfahrens anzuwendende baden-württembergische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKHG) greife schon deshalb nicht zugunsten von Betroffenen ein, die sich räumlich nicht aus einem stationären Rahmen entfernen wollen oder können, weil § 20 Abs. 3 PsychKHG eine Zwangsbehandlung ebenfalls nur bei einer geschlossenen Unterbringung vorsehe. Auch der rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB, der einer ohne die Einwilligung des Patienten oder gar gegen dessen Willen erfolgenden ärztlichen Behandlung gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit nehmen könne, lasse die Notwendigkeit der Aufnahme von Betroffenen, die sich räumlich nicht aus dem stationären Raum bewegen wollten oder könnten, in den Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 3 BGB nicht entfallen. Die im Rahmen des § 34 StGB in jedem Einzelfall vorzunehmende schwierige Interessenabwägung könne die vom Gesetzgeber zu treffende Festlegung der Voraussetzungen, unter denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme zulässig sei, nicht ersetzen. Außerdem biete § 34 StGB nicht die angesichts der betroffenen grundrechtlichen Belange gebotene Rechtssicherheit.

37

Der Bundesgerichtshof ließ in seiner Vorlage ausdrücklich offen, ob der Gesetzgeber eine Verpflichtung aus grundrechtlichen Schutzpflichten hat, die gesetzlichen Voraussetzungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen zu schaffen.

38

2. Die Betroffene ist während des anhängigen Vorlageverfahrens verstorben.

IV.

39

Zu der Vorlage haben die Bundesnotarkammer, der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V., der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V., der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V., der Deutsche Notarverein e.V., die Aktion psychisch Kranke Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker e.V., die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V., der AWO Bundesverband e.V., die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Caritasverband e.V., die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. und der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. Stellung genommen.

40

1. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, § 1906 Abs. 3 BGB verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Norm jedenfalls auch begünstigend sei und für den Ausschluss der von der Begünstigung nicht erfassten immobilen Betreuten keine Rechtfertigung ersichtlich sei. Teilweise wird zudem von der Verletzung weiterer Grundrechte ausgegangen.

41

a) Die Bundesnotarkammer hält es für wenig überzeugend, sollte man bei der Entscheidung über ärztliche Zwangsmaßnahmen nach dem individuellen Grad der Mobilität differenzieren müssen. Für die begrenzte Zulassung auch ambulanter Zwangsbehandlungen spreche, dass zur Erreichung des Ziels, die schon im stationären Umfeld befindliche Person zu schützen, dem in der Zwangsbehandlung liegenden Grundrechtseingriff nicht noch die Unterbringung als weiteren Eingriff vorangestellt werden müsste.

42

b) Der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. sieht in der derzeitigen Rechtslage, bei Menschen, die sich nicht selbständig fortbewegen können, stationäre ärztliche Zwangsmaßnahmen nicht anordnen zu können, eine unzulässige Ungleichbehandlung.

43

c) Auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V. sieht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit § 1906 Abs. 3 BGB eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur erlaube, wenn eine Unterbringung des Betroffenen erforderlich sei.

44

d) Nach der Auffassung des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen e.V. stellt es einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 und Art 3 Abs. 1 GG dar, die Gruppe von Menschen, die sich einem Klinikaufenthalt aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht entziehen können, nicht gegen deren Willen behandeln zu können.

45

e) Der Deutsche Notarverein e.V. gelangt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, § 1906 Abs. 3 BGB verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 und gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Verknüpfung der Zwangsbehandlung mit der Unterbringung laufe im Gesetzesvollzug allzu leicht auf eine Freiheitsentziehung hinaus, die unverhältnismäßig sei und auch gegen Art. 2 GG verstoße, da sie nur angeordnet werde, um eine Zwangsbehandlung durchführen zu können. Es gelte der Grundsatz, dass der Staat einen Menschen, der nicht selbstbestimmte und eigenverantwortliche Entscheidungen treffen könne, vor sich selbst schützen müsse. Diese Schutzpflicht werde durch die geltende Regelung des § 1906 BGB nur gegenüber einem Teil der Betroffenen, nämlich den "Fluchtfähigen" wahrgenommen. Hierin liege eine den Gleichheitssatz verletzende Unterlassung, denn zwischen der begünstigten Gruppe und den Fluchtunfähigen bestünden keine erheblichen Unterschiede, die die ungleiche Behandlung rechtfertigten.

46

f) Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. sieht durch § 1906 Abs. 3 BGB sowohl Art. 3 Abs. 1 als auch Art. 3 Abs. 3 GG verletzt.

47

g) Auch der AWO Bundesverband e.V. vertritt die Auffassung, es gebe keinen rechtfertigenden Grund für eine Ungleichbehandlung der beiden Personengruppen.

48

h) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Vorlage des Bundesgerichtshofs für zulässig und begründet. § 1906 Abs. 3 BGB sei nicht nur eine belastende sondern auch eine begünstigende Norm. Es sei kein Grund erkennbar, denjenigen Menschen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder körperlich nicht dazu in der Lage seien, die Behandlung vorzuenthalten, die untergebrachte Betreute erhielten. Die Verfassungswidrigkeit der Norm könne auch nicht durch eine erweiternde, verfassungskonforme Auslegung von § 1906 Abs. 3 BGB überwunden werden. Dem sei bereits durch den eindeutigen Wortlaut eine Grenze gesetzt. Dies folge aber auch aus dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht habe, die Regelung solle ausschließlich für untergebrachte betreute Personen gelten.

49

2. Die Aktion psychisch Kranke Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker e.V. geht zwar auch davon aus, dass Menschen, die den Behandlungsort nicht aus eigener Kraft verlassen könnten oder wollten, denselben Schutzanspruch hätten wie solche, die sich noch fortbewegen könnten. Das Recht auf Schutz und Behandlung dürfe nicht vorenthalten werden, weil mangels eines formalen Unterbringungsgrundes nicht untergebracht werden könne. Anders als der Bundesgerichtshof meine, habe der Gesetzgeber aber nicht den engen Unterbringungsbegriff verwenden wollen. Es fehle an einer Legaldefinition des Begriffs der Unterbringung. Nach Auffassung des Verbands beginne die Unterbringung schon dann, wenn jemand gegen seinen Willen an einem Ort festgehalten werde. Die enge Auslegung des Unterbringungsbegriffs, der die Unterbringung an einen Freiheitsentzug knüpfe, sei ungeeignet, da sie zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung führe und das Leben und die Gesundheit hilfsbedürftiger Menschen aufs Spiel setze. § 1906 Abs. 3 BGB wäre mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn ein weiter Unterbringungsbegriff zugrunde gelegt würde.

50

3. Auch der Deutsche Caritasverband e.V. ist der Auffassung, mobile und immobile Betroffene seien in ihrem Schutzbedürfnis wesentlich gleich. Das Unterscheidungskriterium sei die Möglichkeit, sich der Behandlung entziehen zu können. Es sei aber fraglich, ob die immobile Personengruppe benachteiligt sei, da gerade ihrem Selbstbestimmungsrecht Rechnung getragen werde. Zwar werde durch den Hinweis des Bundesgerichtshofs auf die Schutzfunktion des § 1906 Abs. 3 BGB auf die begünstigende Wirkung abgestellt. Es müssten aber eben die eingreifende und die schützende Dimension beachtet werden. Wenn man gleichwohl in der Möglichkeit zur Zwangsbehandlung eine Begünstigung sehen wolle, sei es zunächst legitim, die Zwangsmaßnahmen auf einen stationären Rahmen zu beschränken. Es sei jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich, ärztliche Zwangsmaßnahmen nur denjenigen zuteil werden zu lassen, die noch mobil seien und sich einer Behandlung entziehen könnten.

51

4. Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. sehen in § 1906 Abs. 3 BGB hingegen lediglich eine Eingriffsnorm. Eine ärztliche Zwangsbehandlung könne nicht als Begünstigung angesehen werden. Es müsse immer der Patientenwille gelten. § 1906 Abs. 3 BGB sei schon deswegen verfassungswidrig, weil er Zwangsbehandlungen überhaupt ermögliche.

B.

I.

52

Die Vorlage ist zulässig.

53

1. Der Zulässigkeit der Vorlage steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof mit dem vorgelegten § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266) nur das nach seiner Überzeugung verfassungswidrige Nichteinbeziehen von Personen in bestimmten Lebenssituationen in diese Regelung und damit ein Unterlassen des Gesetzgebers beanstandet.

54

a) Das Vorlageverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG dient der Kontrolle konkreter gesetzgeberischer Entscheidungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz in dem dafür allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Verfahren (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 138, 64 <90 f. Rn.78>). Es ist damit grundsätzlich kein Instrument, ein von einem Gericht von Verfassungs wegen für geboten gehaltenes allgemeines gesetzgeberisches Tätigwerden zu erzwingen. In diesem Sinne schlichtes Unterlassen des Gesetzgebers kann daher nicht Gegenstand einer konkreten Normenkontrolle sein (dazu auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Januar 2013 - 1 BvR 2004/10 -, NJW 2013, S. 1148 <1149 Rn. 21>; E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 24 Rn. 790; Dollinger, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 80 Rn. 49; Zuck, in: Lechner/Zuck, BVerfGG, 7. Aufl. 2015, § 80 Rn. 11; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 80 Rn. 61).

55

Diese Grundsätze stehen allerdings nicht der Vorlage einer bestimmten Norm nach Art. 100 Abs. 1 GG entgegen, die damit begründet wird, dass die Nichteinbeziehung bestimmter Sachverhalte oder Personengruppen gegen Gleichheitsrechte verstoße. Gegenstand einer solchen Normenkontrolle ist eine konkrete Entscheidung des Gesetzgebers, deren Erstreckung auf bestimmte andere Fälle aus Gründen der Gleichbehandlung für verfassungsrechtlich geboten gehalten wird. In derartigen Konstellationen erachtet es das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung als ausreichend, dass die im Falle eines Verstoßes gegen das Grundgesetz zu erwartende Erklärung der Norm als verfassungswidrig für den nicht in ihren Anwendungsbereich fallenden Betroffenen die Chance offen hält, eine ihn einbeziehende Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl. BVerfGE 22, 349 <363>; 61, 138 <146>; 71, 224 <228>; 74, 182 <195>; 93, 386 <395>; 115, 259 <275>; 121, 108 <115 f.>; 130, 131 <140>; vgl. auch BVerfGE 138, 136 <175 Rn. 104>). Nichts anderes gilt für den Fall, dass die vom vorlegenden Gericht im Zusammenhang mit der beanstandeten Norm vermisste Ausgestaltung nach dessen plausibel begründeter Überzeugung durch eine konkrete verfassungsrechtliche Schutzpflicht geboten ist.

56

b) Der Bundesgerichtshof hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm nachvollziehbar damit begründet, dass die Nichteinbeziehung bestimmter Sachverhalte oder Personengruppen in diese Norm gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

57

Er hat in seinem Vorlagebeschluss nicht offensichtlich unhaltbar und damit für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage maßgebend (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 138, 136 <171 Rn. 92>) dargelegt, dass für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge unter Betreuung stehende Personen, die sich - wie die Betroffene des Ausgangsverfahrens - in stationärer Behandlung befinden und aus eigener Kraft nicht mehr von dort entfernen und sich auch sonst nicht einer ärztlichen Behandlung räumlich entziehen können, nicht die Voraussetzungen für die Anordnung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB 2013 erfüllen. Damit besteht für sie auch nicht die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsbehandlung nach § 1906 Abs. 3 BGB, da dies die geschlossene Unterbringung voraussetzt (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB).

58

Zur Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm muss das Gericht unter Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darlegungen deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>; 138, 136 <171 f. Rn. 93>). Diesen Voraussetzungen genügt der Vorlagebeschluss. Ob in der Verwehrung der ärztlichen Zwangsbehandlung für Betreute trotz der damit für sie zugleich verbundenen Eingriffe tatsächlich die Vorenthaltung einer Begünstigung im gleichheitsrechtlichen Sinne liegt (vgl. zur Notwendigkeit eines Nachteils BVerfGE 132, 195 <235 f. Rn. 95>), kann hier offen bleiben. Dass den nicht unterbringungsfähigen Betreuten mit dem Ausschluss der ärztlichen Zwangsbehandlung eine Option vorenthalten wird, die ihnen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang von Verfassungs wegen nicht hätte verwehrt werden dürfen, hat das vorlegende Gericht substantiiert und plausibel dargelegt.

59

2. Der Vorlagebeschluss lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die aufgeworfene Frage zur Verfassungsmäßigkeit der Rechtslage für den Bundesgerichtshof entscheidungserheblich ist. Dabei ist dessen Auffassung zur Auslegung des § 1906 Abs. 1 und 3 BGB für die Beurteilung der Zulässigkeit seiner Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG maßgebend, da sie nicht offensichtlich unhaltbar ist (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 138, 136 <171 Rn. 92>). Dass der Sachverhalt nicht im Hinblick auf sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 1906 Abs. 1 und 3 BGB vollständig durch die Fachgerichte aufgeklärt war, ändert für den mit der Rechtsbeschwerde (§§ 70 ff. FamFG) angerufenen und daher nur mit der Prüfung von Rechtsverletzungen befassten Bundesgerichtshof nichts an der Entscheidungserheblichkeit der von ihm für verfassungswidrig gehaltenen Regelung (vgl. dazu BVerfGE 24, 119 <133 f.>), welche eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur bei freiheitsentziehender Unterbringung nach § 1906 Abs. 3 BGB zulässt, die für die Betroffene ausgeschlossen war.

60

3. Die Vorlage ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Betroffene des Ausgangsverfahrens während des Vorlageverfahrens verstorben ist.

61

a) Führt ein Ereignis zur Erledigung des Ausgangsverfahrens, hat dies regelmäßig auch die Erledigung des Vorlageverfahrens zur Folge (vgl. BVerfGE 14, 140 <142>; 29, 325 <326 f.>). Denn Art. 100 Abs. 1 GG lässt ein Verfahren der konkreten Normenkontrolle nur zu, wenn es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift ankommt. Die konkrete Normenkontrolle dient der verfassungsgemäßen Entscheidung in einem bestimmten Gerichtsverfahren und ist insofern von dessen Existenz und Ziel abhängig (vgl. BVerfGE 42, 42 <49>).

62

Die Konzentration der Entscheidungsbefugnis über die Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen beim Bundesverfassungsgericht soll allerdings auch durch allgemein verbindliche Klärung verfassungsrechtlicher Grundsatzfragen divergierende Entscheidungen der Gerichte, Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung vermeiden (vgl. BVerfGE 1, 184 <199 f.>; 20, 350 <351>; 42, 42 <49 f.>). Es liegt in der Konsequenz dieser der Normenkontrolle auch zukommenden Bedeutung für die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen, dass das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung unter Berufung auf deren Befriedungsfunktion die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf Normen erstreckt hat, die mit der vorgelegten in engem Zusammenhang stehen, für das Ausgangsverfahren aber nicht entscheidungserheblich sind (vgl. BVerfGE 27, 195 <200>; 44, 322 <337 f.>; 62, 354 <364>; 78, 132 <143>; 132, 302 <316>; 135, 1 <12>).

63

Diese objektive, auf Rechtsklärung und Befriedung ausgerichtete Funktion der Normenkontrolle kann es auch rechtfertigen, ausnahmsweise nach einem Ereignis, das - wie hier der Tod der Betroffenen im Ausgangsverfahren - regelmäßig zu dessen Erledigung führt, die vorgelegte Frage nach der Gültigkeit einer Norm gleichwohl zu beantworten, wenn ein hinreichend gewichtiges, grundsätzliches Klärungsbedürfnis fortbesteht. Für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde besteht das Rechtsschutzbedürfnis trotz eines erledigenden Ereignisses auch im Fall des Todes des Beschwerdeführers fort (vgl. BVerfGE 124, 300 <318 f.>; vgl. allgemein BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 96, 288 <300>; 98, 218 <242 f.>; 119, 309 <317 f.>). Entsprechendes muss erst recht für die konkrete Normenkontrolle gelten, zumal wenn die Vorlage durch ein funktional in besonderer Weise der Rechtsklärung verpflichtetes oberstes Bundesgericht erfolgt. Die konkrete Normenkontrolle steht ungeachtet der engen Bindung an das Ausgangsverfahren mit ihrer Ausrichtung auf die verfassungsrechtliche Normprüfung von vornherein stärker im Dienste der objektiven Rechtsklärung als die eher dem subjektiven Rechtsschutz dienende Verfassungsbeschwerde. Unter welchen Voraussetzungen das Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses zu bejahen ist, hängt dabei letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerfGE 124, 300 <318>).

64

b) Trotz des Todes der Betroffenen des Ausgangsverfahrens besteht hier ein gewichtiges objektives Bedürfnis an der Klärung der vom Bundesgerichtshof vorgelegten Verfassungsrechtsfrage.

65

Ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass eine ärztliche Zwangsbehandlung nach geltendem Fachrecht bei Betreuten, die sich einer Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind und deshalb nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, ausgeschlossen ist, ist nicht geklärt und eine Frage von wesentlicher grundrechtlicher Bedeutung. Sie betrifft auch nicht nur einen seltenen Einzelfall. Aus den beim Bundesverfassungsgericht in diesem Verfahren eingegangenen Stellungnahmen wird deutlich, dass sich die Frage einer medizinisch indizierten Behandlung gegen den natürlichen Willen in ihre Krankheit nicht einsichtsfähiger Betreuter, die stationär behandelt werden, aber nicht mehr mobil und damit nicht unterbringungsfähig sind, in der Praxis keineswegs selten stellt. Zudem weisen Fälle der vorgelegten Art das strukturelle Problem auf, dass eine verfassungsgerichtliche Entscheidung oft nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Jedenfalls bei schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen besteht stets die Gefahr, dass selbst bei größtmöglicher Verfahrensbeschleunigung die Vorlage eines Gerichts und die darauf ergehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu spät kommen. Außerdem erscheint es gegenüber den schon jetzt von der ungeklärten Verfassungsrechtsfrage Betroffenen nicht vertretbar, bis zu einer etwaigen neuen Vorlage zu warten, die dann wiederum dem Risiko ausgesetzt wäre, dass sie sich vor einer Entscheidung durch Tod des Betroffenen erledigt.

II.

66

Es verstößt gegen die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass für Betreute, die keinen freien Willen bilden können, eine medizinisch notwendige Behandlung - ungeachtet des Ausmaßes ihrer Gefährdung an Leib oder Leben einerseits und der Behandlungsrisiken andererseits - vollständig ausgeschlossen ist, wenn sie ihrem natürlichen Willen widerspricht, sie aber nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (1). Ob dies auch mit dem Gleichheitssatz unvereinbar ist, bedarf danach keiner Entscheidung (2).

67

1. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Staat, hilfsbedürftigen Menschen, die im Hinblick auf ihre Gesundheitssorge unter Betreuung stehen und bei einem drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen Schutz durch ärztliche Versorgung zu gewähren (a). Eine solche ärztliche Zwangsbehandlung ist auch mit den völkerrechtlichen Bindungen Deutschlands vereinbar (b). Es verstößt gegen die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass hilfsbedürftige Menschen, die stationär in einer nicht geschlossenen Einrichtung behandelt werden, sich aber nicht mehr aus eigener Kraft fortbewegen können, nach geltender Rechtslage nicht notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen behandelt werden dürfen (c). Die Situation der Betreuten in ambulanter Behandlung bedarf hier keiner Entscheidung (d).

68

a) Die grundrechtliche Verbürgung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) kann auch konkrete staatliche Schutzpflichten begründen (aa). Solche bestehen unter bestimmten Voraussetzungen für die staatliche Gemeinschaft gegenüber Betreuten, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen, die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme jedoch nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können (bb).

69

aa) Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Danach hat der Staat die Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 90, 145 <195>; 115, 320 <346>). Auch der Schutz vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit werden von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst (vgl. BVerfGE 56, 54 <78>; 121, 317 <356>).

70

Die aus den Grundrechten folgenden subjektiven Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe einerseits und die sich aus der objektiven Bedeutung der Grundrechte ergebenden Schutzpflichten andererseits unterscheiden sich insofern grundlegend voneinander, als das Abwehrrecht in Zielsetzung und Inhalt ein bestimmtes staatliches Verhalten verbietet, während die Schutzpflicht grundsätzlich unbestimmt ist. Die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts ist Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>; 133, 59 <76 Rn. 45>). Das Bundesverfassungsgericht kann die Verletzung einer solchen Schutzpflicht nur feststellen, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben (vgl. BVerfGE 56, 54 <80>; 77, 170 <215>; 92, 26 <46>; 125, 39 <78 f.>).

71

bb) Danach verdichtet sich bei Betreuten, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, die allgemeine Schutzpflicht unter engen Voraussetzungen zu einer konkreten Schutzpflicht. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, ein System der Hilfe und des Schutzes für unter Betreuung stehende Menschen vorzusehen, die in diesem Sinne die Erforderlichkeit einer medizinischen Behandlung zur Abwehr oder Bekämpfung erheblicher Erkrankungen nicht erkennen oder nicht danach handeln können. Ärztliche Untersuchungs- und Heilmaßnahmen müssen dann in gravierenden Fällen als ultima ratio auch unter Überwindung des entgegenstehenden natürlichen Willens solcher Betreuter vorgenommen werden dürfen.

72

Diese Schutzpflicht resultiert aus der spezifischen Hilfsbedürftigkeit der nicht einsichtsfähigen Betreuten ((1)). Steht einer in Wahrnehmung dieser Schutzpflicht medizinisch gebotenen Behandlung der natürliche Wille einer nicht einsichtsfähigen Person entgegen, gerät diese Maßnahme allerdings in Konflikt mit ihrem Selbstbestimmungsrecht ((2)) und mit ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit ((3)). Dieser Konflikt zwischen den hier in ihrer Freiheits- und in ihrer Schutzdimension kollidierenden Grundrechten desselben Grundrechtsträgers ist möglichst schonend aufzulösen. Drohen Betreuten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen und überwiegen die Vorteile eines medizinischen Eingriffs eindeutig gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken, geht jedoch die Schutzpflicht vor, so dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer medizinischen Behandlung oder Untersuchung auch gegen den natürlichen Willen der Betreuten vorsehen muss ((4)).

73

(1) Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschuldete verfassungsrechtliche Pflicht, unter eng begrenzten Voraussetzungen Schutzmaßnahmen bis hin zu medizinischen Zwangsbehandlungen für bestimmte unter Betreuung stehende Menschen vorzusehen, folgt aus deren spezifischer Hilfsbedürftigkeit. Wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, in eigener Sache die medizinische Notwendigkeit einer Untersuchung oder Heilmaßnahme zu erkennen oder danach zu handeln, sind sie insofern schutzlos und hilfsbedürftig, als sie Gefährdungen von Leib und Leben ausgeliefert sind, ohne selbst für ihren Schutz sorgen zu können (vgl. BVerfGE 58, 208 <225>; 128, 282 <304 ff.>). Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst überlassen.

74

(2) Jede Zwangsbehandlung greift allerdings in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Denn der Mensch ist nach dem Grundgesetz grundsätzlich frei, über Eingriffe in seine körperliche Integrität und den Umgang mit seiner Gesundheit nach eigenem Gutdünken zu entscheiden. Diese Freiheit ist Ausdruck seiner persönlichen Autonomie und als solche auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (im Ergebnis ebenso BVerfGE 128, 282<302>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 49> jeweils unter Berufung auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Seine Entscheidung, ob und inwieweit er eine Krankheit diagnostizieren und behandeln lässt, muss er nicht an einem Maßstab objektiver Vernünftigkeit ausrichten. Eine Pflicht des Staates, den Einzelnen "vor sich selbst in Schutz zu nehmen", eröffnet keine "Vernunfthoheit" staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille allein deshalb beiseitegesetzt werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweicht oder aus der Außensicht unvernünftig erscheint (vgl. BVerfGE 128, 282 <308>). Die Freiheitsgrundrechte schließen das Recht ein, von der Freiheit einen Gebrauch zu machen, der in den Augen Dritter den wohlverstandenen Interessen des Grundrechtsträgers zuwider läuft. Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, auch wenn sie der Erhaltung oder Verbesserung seiner Gesundheit dienen. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die "Freiheit zur Krankheit" und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt sind (vgl. BVerfGE 128, 282 <304> m.w.N.).

75

Sofern Betroffene mit freiem Willen über medizinische Maßnahmen zur Erhaltung oder Besserung der eigenen Gesundheit entscheiden können, besteht daher keine Schutz- und Hilfsbedürftigkeit. Die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG tritt insoweit zurück. Eine medizinische Zwangsbehandlung gegen den freien Willen eines Menschen ist ausgeschlossen.

76

Können Betroffene keinen freien Willen in Bezug auf den Umgang mit einer Krankheit bilden, weil sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, die Notwendigkeit einer ärztlichen Maßnahme zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln (zu dieser Bedingung vgl. BVerfGE 128, 282 <304 f.> sowie § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB), bleibt ein etwa vorhandener natürlicher Wille in Bezug auf ihre Krankheit verfassungsrechtlich auch hier Ausdruck ihres durch das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit geschützten Selbstbestimmungsrechts, in das auch unter diesen Voraussetzungen im Falle einer Zwangsbehandlung eingegriffen wird. Allerdings kann der einer notwendigen ärztlichen Behandlung entgegenstehende natürliche Wille nichts an der besonderen Hilfs- und Schutzbedürftigkeit der Betroffenen ändern.

77

(3) Wird eine ärztliche Maßnahme nicht durch ein auf dem freien Willen der Betroffenen beruhendes Einverständnis gerechtfertigt, gerät sie im Falle der Zwangsbehandlung gegen den natürlichen Willen auch in Konflikt mit dem Grundrecht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit (vgl. auch dazu bereits BVerfGE 128, 282 <300 f.>). Das gilt sowohl für diagnostische als auch für therapeutische Maßnahmen.

78

(4) Drohen dem in seine Krankheit nicht einsichtsfähigen Betreuten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen und führt die Abwägung seiner Heilungschancen mit seinen Belastungen durch die ärztlichen Maßnahmen zu einem eindeutigen Ergebnis, so überwindet die Schutzpflicht des Staates die entgegenstehenden Freiheitsrechte. Hier obliegt es dem Staat, die Möglichkeit einer medizinischen Behandlung auch gegen den natürlichen Willen der Betreuten zu eröffnen. Dabei müssen strenge materielle und verfahrensrechtliche Anforderungen an eine solche Zwangsbehandlung die möglichst weitgehende Berücksichtigung der betroffenen Freiheitsrechte sicherstellen.

79

(a) Verlangt die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein medizinisches Tätigwerden gegen den natürlichen Willen der Betreuten, kollidiert dies mit ihrem Selbstbestimmungsrecht und ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die Schutzpflicht entfällt hier jedoch nicht schon deshalb, weil sie nicht gegen drohende Grundrechtsverletzungen durch Dritte gerichtet ist, sondern darauf fußende Maßnahmen in Konflikt mit gegenläufigen eigenen Grundrechten der Betroffenen stehen. Die Schutzpflicht hat im Falle der Betreuten ihren Grund nicht in der Pflicht des Staates zur Abwehr fremder Angriffe auf deren Grundrechtspositionen, sondern in dem gesteigerten Schutzbedarf der Betreuten, sofern diese nicht zur Einsicht in die konkrete Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme fähig sind und darum Gefährdungen von Leib und Leben ausgeliefert wären, ohne in Freiheit selbst für den eigenen Schutz sorgen zu können. Während der zur Einsicht in Krankheit und Behandlungsbedürftigkeit fähige Mensch selbst entscheidet, ob er sich ärztlichen Maßnahmen zur Abwendung schwerwiegender Gesundheits- und Lebensgefahren unterzieht, gebietet im Falle derjenigen, die keine Einsicht in die gesundheitliche Bedrohung und Behandlungsbedürftigkeit haben oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, die grundrechtliche Schutzpflicht unter engen Voraussetzungen, dass der Staat auch gegen den erkennbaren natürlichen Willen Maßnahmen zum Schutz vor schwerwiegenden Gefährdungen ergreift.

80

(b) Der Gesetzgeber muss für Fälle, in denen drohende erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich einer Lebensgefahr durch nicht zu eingriffsintensive Behandlungen mit hohen Erfolgsaussichten abgewehrt werden können, die Betroffenen aber aufgrund ihrer krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit mit ihrem natürlichen Willen eine solche Behandlung ablehnen, die Möglichkeit einer medizinischen Zwangsbehandlung vorsehen. Die staatliche Schutzpflicht hat hat bei erheblicher Gesundheitsgefährdung einer zum eigenen Schutz selbst nicht fähigen Person besonderes Gewicht. Gehen mit der zur Abwehr der Gefahr notwendigen medizinischen Maßnahme keine besonderen Behandlungsrisiken einher und gibt es auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass gerade die Behandlungsverweigerung dem ursprünglichen freien Willen der Betreuten entspricht, ist das Ergebnis der Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechten offensichtlich vorgezeichnet. Die staatliche Schutzpflicht gegenüber den Hilflosen überwiegt dann im Verhältnis zu deren Selbstbestimmungsrecht und ihrer körperlichen Integrität und setzt sich durch.

81

Bei der Umsetzung dieser Schutzpflicht verfügt der Gesetzgeber über einen Spielraum zur näheren Ausgestaltung der einzelnen Bedingungen konkreter Schutzmaßnahmen. Ein Spielraum bleibt dem Gesetzgeber insbesondere bei der Ausgestaltung der materiellen Voraussetzungen einer Heilbehandlung und der Verfahrensregeln zur Sicherung der Selbstbestimmung und körperlichen Integrität der Betroffenen. Dieser Spielraum betrifft bei bestehender Schutzpflicht indessen nur die Frage wie, nicht aber ob überhaupt verbindliche Regeln für die ärztliche Behandlung in ihrer Gesundheitssorge Betreuter vorzusehen sind.

82

(c) Weil sich in den beschriebenen Fällen einer konkreten Schutzpflicht diese im Ergebnis gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht und der körperlichen Integrität der Betroffenen durchsetzt, ist der Gesetzgeber im Interesse einer möglichst weitgehenden Rücksichtnahme auf die zurücktretenden Freiheitsrechte der Betroffenen gehalten, inhaltlich anspruchsvolle und hinreichend bestimmt formulierte materielle und begleitende verfahrensrechtliche Voraussetzungen für eine medizinische Zwangsbehandlung zu normieren (so bereits für die Rechtfertigung der Zwangsbehandlung als Eingriff BVerfGE 128, 282 <308 ff.>). Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es nicht um die Sicherstellung medizinischen Schutzes nach Maßstäben objektiver Vernünftigkeit geht; vielmehr ist der freie Wille der Betreuten zu respektieren. Dies gilt auch, soweit der freie Wille anhand von Indizien - insbesondere unter Rückgriff auf frühere Äußerungen oder etwa aufgrund der Qualität des geäußerten natürlichen Willens - ermittelbar ist. Nur wo dies nicht möglich ist, kann als letztes Mittel ein krankheitsbedingt entgegenstehender natürlicher Wille überwunden werden.

83

(d) Die materiellen Voraussetzungen einer durch die Schutzpflicht gebotenen Regelung zur medizinischen Zwangsbehandlung haben zu gewährleisten, dass eine solche bei offensichtlicher Eindeutigkeit des Abwägungsergebnisses der genannten Parameter (drohende erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen, nicht zu eingriffsintensive Behandlung, hohe Erfolgsaussichten) erfolgen darf (vgl. dazu den im Nachgang zu BVerfGE 128, 282 geschaffenen § 1906 Abs. 3 BGB und dort insbes. die Nrn. 3 und 5). Da angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Kombinationen von Erkrankungen und Behandlungsoptionen die Entscheidungsvorgaben auf Gesetzesebene nicht alle Fallgestaltungen einer medizinischen Zwangsbehandlung im Einzelnen abbilden können und dabei auch noch nach Anlass- und Begleiterkrankung zu differenzieren sein mag, ist die Evidenz des Abwägungsergebnisses vor allem auf der Anwendungsebene im Einzelfall zu suchen. Dies kann unter anderem eine abgestuft intensive Berücksichtigung des natürlichen Willens eines Betreuten verlangen, je nachdem wie nahe er auch nach der gebotenen Unterstützung einem freien (oder dem zu vermutenden freien) Willen der Betreuten kommt.

84

(e) Der Gesetzgeber hat zudem ausreichende verfahrensrechtliche Sicherungen für die Genehmigung einer medizinischen Zwangsbehandlung vorzusehen. Die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 zur medizinischen Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (BVerfGE 128, 282 <309 ff.>) aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleiteten Verfahrensanforderungen gelten in gleicher Weise für die Behandlung von in ihre Krankheit nicht einsichtsfähigen Betreuten. Dass die ärztliche Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug ihre Rechtfertigung wesentlich auch in der Wiedererlangung der persönlichen Freiheit findet (vgl. BVerfGE 128, 282 <304>), bei Betreuten hingegen die Schutzpflicht unmittelbar auf die Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Gesundheit zielt, ändert nichts an der Notwendigkeit gleichartiger verfahrensrechtlicher Sicherungen. Danach muss durch geeignete verfahrensrechtliche Regeln gewährleistet sein, dass eine medizinische Zwangsbehandlung nur vorgenommen werden darf, wenn fest steht, dass tatsächlich kein freier Wille der Betreuten vorhanden ist, dem gleichwohl vorhandenen natürlichen Willen nach Möglichkeit Rechnung getragen wird und dass die materiellen Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung nachweisbar vorliegen.

85

Bei der Ausgestaltung dieser Verfahrenssicherungen hat der Gesetzgeber Gestaltungsspielraum, von dem er in der geltenden Fassung der § 1906 BGB, §§ 312 ff. FamFG im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 (a.a.O.) Gebrauch gemacht hat. Zu den notwendigen Verfahrenssicherungen gehören die Anordnung und Überwachung der Maßnahme durch Ärzte, ihre vorherige Ankündigung, die Einbeziehung von - auch von den behandelnden Ärzten - unabhängigen Sachverständigen, der Genehmigungsvorbehalt durch einen Richter und auch die Dokumentationspflicht (vgl. BVerfGE 128, 282 <311 ff.>).

86

Der vom Grundgesetz geforderte Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung der Einzelnen verlangt vom Gesetzgeber auch bei Menschen, die im Hinblick auf ihre Gesundheitssorge unter Betreuung stehen, durch entsprechende Regelungen sicherzustellen, dass vor konkreten Untersuchungen des Gesundheitszustands, vor Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen stets aktuell festgestellt wird, ob nicht eine hinreichende Einsichts- und Handlungsfähigkeit der Betroffenen im Hinblick auf diese Maßnahmen besteht, so dass sie hierfür einen freien und damit maßgeblichen Willen bilden können. Dabei können, wie es das Gesetz auch jetzt schon vorsieht (vgl. § 1901a Abs. 1 und 2 BGB), eine Patientenverfügung oder früher geäußerte Behandlungswünsche für die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation maßgeblich sein. Im Hinblick auf den entgegenstehenden natürlichen Willen der nicht einsichtsfähigen Betreuten ist außerdem zunächst zu versuchen, die Betreuten von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der vorgesehenen Zwangsbehandlung zu überzeugen (vgl. bereits § 1906 Abs. 3 Nr. 2 BGB), bevor als letztes Mittel zu einer Zwangsbehandlung geschritten werden darf.

87

b) Völkerrechtliche Bindungen stehen der Pflicht des Staates, dem eines freien Willens nicht fähigen Betreuten in hilfloser Lage Schutz zu gewähren und ihn unter den genannten Voraussetzungen (oben a bb, Rn. 71 ff.) notfalls einer medizinischen Zwangsbehandlung zu unterziehen, nicht entgegen.

88

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2011 entschieden, dass die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK), die in Deutschland Gesetzeskraft hat (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419) und als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden kann (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>), kein anderes Ergebnis nahe legt (vgl. BVerfGE 128, 282 <306 f.>). Es hat den Konventionsbestimmungen, die auf Sicherung und Stärkung der Autonomie behinderter Menschen gerichtet sind - insbesondere dem Art. 12 BRK - kein grundsätzliches Verbot für Maßnahmen entnommen, die gegen den natürlichen Willen Behinderter vorgenommen werden und an eine krankheitsbedingt eingeschränkte Selbstbestimmungsfähigkeit anknüpfen. Denn der Regelungszusammenhang des Art. 12 Abs. 4 BRK, der sich gerade auf Maßnahmen bezieht, die Betroffene in der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit beschränken, belegt, dass die Konvention solche Maßnahmen nicht allgemein untersagt, sondern ihre Zulässigkeit unter anderem dadurch beschränkt, dass Art. 12 Abs. 4 BRK die Vertragsstaaten zu geeigneten Sicherungen gegen Interessenkonflikte, Missbrauch und Missachtung sowie zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet (vgl. BVerfGE 128, 282 <307>).

89

Die zwischenzeitlichen Berichte (Art. 39 BRK), Leitlinien (Art. 35 Abs. 3 BRK) und Empfehlungen (Art. 36 Abs. 1 BRK) des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen nach Art. 34 BRK zur Auslegung der Konventionsbestimmungen und insbesondere zur Rechtslage in Deutschland führen zu keiner abweichenden Beurteilung.

90

Den Äußerungen des für die Abgabe solcher Stellungnahmen zuständigen Ausschusses zur Auslegung eines Menschenrechtsabkommens kommt erhebliches Gewicht zu, sie sind aber für internationale und nationale Gerichte nicht völkerrechtlich verbindlich (vgl. IGH, Ahmadou Sadio Diallo [Republic of Guinea v. Democratic Republic of the Congo]), I.C.J. Reports 2010, S. 639, <663-664>, para. 66; Supreme Court of Ireland, Kavanagh v. Governor of Mountjoy Prison and the Attorney General, Urteil vom 1. März 2002, S. 14 f.; Tribunal Constitucional [Spanien], STC 070/2002, recurso de amparo núm. 3787-2001, Urteil vom 3. April 2002, II. para. 7 a); Conseil d'État [Frankreich], Juge des référés vom 11. Oktober 2001, No. 238849, ECLI:FR:CEORD:2001:238849.20011011, S. 4; für die Auffassungen unter dem Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte weitergehend Human Rights Committee, General Comment No 33, UN Doc. CCPR/C/GC/33 vom 5. November 2008, Nr. 13). Eine Kompetenz zur Fortentwicklung internationaler Abkommen über Vereinbarungen und die Praxis der Vertragsstaaten hinaus kommt diesen Ausschüssen nicht zu (vgl. Art. 31 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, UNTS 1155, 331 <340>, BGBl II 1985 S. 926, der Völkergewohnheitsrecht wiedergibt; vgl. IGH, LaGrand [Germany v. USA], I.C.J. Reports 2001, S. 466 <501> para. 99; dazu BVerfGE 90, 286 <362 ff.>; Mark Villiger, Commentary on the 1969 Vienna Convention on the Law of Treaties, 2009, Art. 31 Rn. 37 m.w.N.). Es kann dahingestellt bleiben, ob die zu anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen ergangenen Aussagen für alle Stellungnahmen des Ausschusses für die Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung in gleicher Weise gelten. Jedenfalls ist dem Ausschuss in den Art. 34 ff. BRK kein Mandat zur verbindlichen Interpretation des Vertragstextes übertragen worden. Bei der Vertragsauslegung sollte sich ein nationales Gericht aber mit den Auffassungen eines zuständigen internationalen Vertragsorgans in gutem Glauben argumentativ auseinandersetzen; es muss sie aber nicht übernehmen (vgl. - allerdings für Entscheidungen internationaler Ge- richte - BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <366 ff., 370>; stRspr; Christian Tomuschat, Human Rights Committee, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Bd. IV, 2012, S. 1058 <1061> Rn. 14).

91

Auch in der Sache stehen die Stellungnahmen des Ausschusses der nach deutschem Verfassungsrecht notfalls gebotenen ärztlichen Zwangsbehandlung nicht entgegen. Soweit der Ausschuss in seinen Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands vom 13. Mai 2015 (UN Doc. CRPD/C/DEU/CO/1) allgemein die Regelungen des Betreuungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch beanstandet und unter Verweisung auf seinen Allgemeinen Kommentar Nr. 1 (2014) (UN Doc. CRPD/C/GC/1 vom 19. Mai 2014) zu Art. 12 BRK fordert, alle ersetzenden Entscheidungen abzuschaffen und ein System der unterstützenden Entscheidung an ihre Stelle treten zu lassen (ebenda Nr. 25 f.), bleibt seine Kritik im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Fälle medizinischer Zwangsbehandlung unspezifisch. Insbesondere verhält sie sich nicht zu der im vorgelegten Fall maßgeblichen Frage eines gänzlich fehlenden freien Willens des Behinderten in einer medizinischen Notsituation. Entsprechendes gilt für die Leitlinien des Ausschusses zur Auslegung des Art. 14 BRK vom September 2015 (abrufbar unter: http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/CRPD/GC/Guidelines Article14.doc, zuletzt aufgerufen am 4. Juli 2016). In ihnen betont der Ausschuss, dass bei Menschen mit Behinderungen keine Maßnahme der Gesundheitsversorgung vorgenommen werden darf, wenn sie nicht auf dem freien und informierten Einverständnis der betroffenen Person beruht (ebenda Nr. 11). Der Ausschuss fordert die Staaten deshalb auf, jede Form der Zwangsbehandlung aufzugeben (ebenda Nr. 12). Auch hier gibt der Ausschuss keine Antwort auf die Frage, was nach seinem Verständnis des Vertragstextes mit Menschen geschehen soll, die keinen freien Willen bilden können und sich in hilfloser Lage befinden. Es spricht auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Ausschusses nichts dafür, dass diese Menschen nach Text und Geist der Behindertenrechtskonvention ihrem Schicksal überlassen werden sollten und die Konvention auch unter den hier von Verfassungs wegen geforderten strengen Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung entgegen steht, zumal auch nach den vorstehend dargelegten Forderungen des Verfassungsrechts und den geltenden Regeln des Betreuungsrechts das nationale Recht in Übereinstimmung mit der Behindertenrechtskonvention dem Grundsatz des Vorrangs des - gegebenenfalls unterstützten - Willens des Behinderten folgt.

92

bb) Die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Pflicht des Staates, den eines freien Willens nicht fähigen Betreuten in hilfloser Lage Schutz zu gewähren und sie unter den genannten Voraussetzungen (oben a bb, Rn. 71 ff.) notfalls einer medizinischen Zwangsbehandlung zu unterziehen, steht auch im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

93

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich aus Art. 8 EMRK ein Recht, sein Leben so zu leben, wie man es selbst bestimmt hat. Das schließt auch die Möglichkeit ein, Dinge zu tun, die körperlich schädlich oder gefährlich sind. Die ärztliche Behandlung gegen den Willen von erwachsenen Patienten, die im Besitz ihrer geistigen Kräfte sind, würde selbst dann in die körperliche Integrität eingreifen und damit in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte, wenn die Ablehnung der Behandlung den Tod zur Folge hätte (vgl. EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 120 ff.; EGMR, Pretty v. United Kingdom, Urteil vom 29. April 2002, Nr. 2346/02, § 62 f.). Dabei besitzen die Staaten aber einen Einschätzungsspielraum ("margin of appreciation", EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 148).

94

Voraussetzung dafür, dass Staat und Gesellschaft auch eine nach objektiven Maßstäben unvernünftige und eventuell zum Tod führende Entscheidung akzeptieren müssen, ist danach jedoch stets, dass diese auf dem Willen einer erwachsenen Person beruht, die im Besitz ihrer geistigen Kräfte ist. Trifft eine Person aber die Entscheidung nicht freien Willens und bei vollem Verständnis der Umstände, nimmt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine aus Art. 2 EMRK abgeleitete Verpflichtung des Staates an, diese Person davon abzuhalten, ihr Leben zu riskieren (vgl. EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 140; EGMR, Haas v. Switzerland, Urteil vom 20. Januar 2011, Nr. 31322/07, § 54; EGMR, Arskaya v. Ukraine, Urteil vom 5. Dezember 2013, Nr. 45076/05, § 69 f.). Lehnt ein Patient eine medizinisch indizierte Behandlung ab, mit der Folge, dass sein Leben dadurch gefährdet wird, hält der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Staat für verpflichtet, hinreichende Vorkehrungen zu treffen, damit die behandelnden Ärzte beim Vorliegen von Indizien, die auf einen fehlenden freien Willen hindeuten, die Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person weiter aufklären (vgl. EGMR, Arskaya v. Ukraine, Urteil vom 5. Dezember 2013, Nr. 45076/05, §§ 62, 69, 70, 88).

95

Ein Widerspruch der Europäischen Menschenrechtskonvention zu dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter den dargelegten Bedingungen folgenden Gebot einer medizinischen Zwangsbehandlung hilfsbedürftiger Betreuter (oben a bb, Rn. 71 ff.) kann Art. 2, 8 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof danach nicht entnommen werden.

96

c) Hiernach verstößt es gegen die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass nach geltendem Betreuungsrecht für nicht einsichtsfähige Betreute, denen aufgrund einer Erkrankung eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung droht und die mit guten Erfolgsaussichten durch eine Maßnahme behandelt werden können, die mit verhältnismäßig geringen Belastungen einhergeht, keine Möglichkeit besteht, sie notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen zu behandeln, wenn sie sich in stationärer Behandlung befinden, aber aus eigener Kraft der notwendigen Behandlung nicht entziehen und deshalb nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können.

97

Das Betreuungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht eine ärztliche Zwangsbehandlung nur für solche Betreute vor, die nach § 1906 Abs. 1 BGB geschlossen untergebracht sind (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB). Der Bundesgerichtshof hat in dem Vorlagebeschluss unter Rückgriff auf seine Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>) und auf die damit und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts korrespondierende Gesetzgebungsgeschichte (BTDrucks 17/11513, S. 1 ff. <6>; BTDrucks 17/12086, S. 1) im Einzelnen dargelegt, dass der Gesetzgeber in § 1906 BGB eine Rechtsgrundlage für medizinische Zwangsbehandlungen nur für geschlossen untergebrachte Betreute schaffen wollte und dies in § 1906 BGB eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 19 ff.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Fachrecht aus verfassungsrechtlicher Sicht insoweit anders zu deuten ist (zur Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung des einfachen Rechts im Normenkontrollverfahren vgl. BVerfGE 135, 1 <16 Rn. 48>). Auch an den Voraussetzungen für eine freiheitsentziehende Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB für die medizinische Zwangsbehandlung hat der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strengen Unterbringungsbegriff festgehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 19 ff.; BTDrucks 17/11513, S. 1 ff. <6>). Damit ist einer - auch verfassungskonformen - Auslegung des § 1906 BGB der Weg versperrt, die eine medizinische Zwangsbehandlung auch ohne freiheitsentziehende Unterbringung zuließe oder eine solche Unterbringung erlaubte, ohne dass sie ihrerseits durch den Willen und die Fähigkeit des Betreuten, sich räumlich zu entfernen, zwingend geboten wäre.

98

In stationärer Behandlung befindliche Betreute, die - wie die Betroffene des Ausgangsverfahrens - faktisch nicht in der Lage sind, sich räumlich zu entfernen, können danach nicht nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB freiheitsentziehend untergebracht und deshalb auch nicht nach § 1906 Abs. 3 BGB zwangsbehandelt werden. Damit wird solchen Betreuten, selbst wenn in ihrer Person sämtliche materiellen Voraussetzungen einer verfassungsgebotenen Schutzpflicht zweifelsfrei vorlägen und die verfahrensrechtlichen Anforderungen eingehalten werden könnten, nicht der nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene Schutz zuteil. Insoweit genügt die Rechtslage für Betreute nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

99

Zu dieser Feststellung bedarf es hier nicht der Prüfung, ob § 1906 BGB insgesamt den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Auf eine solche Vollprüfung des § 1906 BGB ist die Vorlage nicht angelegt; dementsprechend ist die Tatsachen- und Rechtslage insoweit auch nicht durch das Vorlagegericht aufgearbeitet, ohne dass dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden wäre.

100

d) Keiner Entscheidung bedarf schließlich, ob die Rechtslage auch insofern der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht genügt, als § 1906 BGB mit der Beschränkung der ärztlichen Zwangsbehandlung auf freiheitsentziehend Untergebrachte nicht nur die stationär Behandelten, sondern - aufgrund bewusster gesetzgeberischer Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 53 ff.; BTDrucks 15/4874, S. 8 <25 f.>; Protokoll der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 17. Wahlperiode, 10. Dezember 2012; vgl. auch BTPlenarprot 15/158, S. 14826 f.) - auch alle anderen Betreuten in ambulanter Behandlung von dieser Möglichkeit ausschließt. Der Ausschluss dieser Gruppe ist nicht Gegenstand der Vorlage. Die Vorlage kann auch nicht ohne weiteres darauf erstreckt werden (zu dieser Möglichkeit vgl. BVerfGE 135, 1 <12 Rn. 33 f.>), weil die Nichtberücksichtigung der Betreuten in ambulanter Behandlung bei der Möglichkeit der ärztlichen Zwangsbehandlung auf Sachgründen beruht, deren Tragfähigkeit nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist (vgl. insbesondere Protokoll der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 17. Wahlperiode, 10. Dezember 2012; vgl. auch BTPlenarprot 15/158, S. 14826 ff.). Außerdem werden ambulant Betreute in schwerwiegenden Fällen letztlich nicht schutzlos gelassen, weil sie nach einer Unterbringung bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB dann doch einer Zwangsbehandlung unterzogen werden können. Damit führt diese Konstellation auf eine Reihe zusätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen, die gegen eine schlichte Erstreckung der Normenkontrolle hierauf über die Vorlagefrage hinaus sprechen.

101

2. Es kann offen bleiben, ob, worauf der Bundesgerichtshof seine Vorlage stützt, auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz darin liegt, dass Betreuten, die sich in stationärer Behandlung befinden und sich aus eigener Kraft nicht mehr räumlich entfernen können, die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsbehandlung verschlossen bleibt. Da sich die Gesetzeslage schon deshalb als verfassungswidrig erweist, weil § 1906 Abs. 3 BGB eine ärztliche Zwangsbehandlung bei solchen Betreuten, die nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, völlig ausschließt und damit jedenfalls eine Gruppe keiner freien Willensbildung fähiger, hilfsbedürftiger Betreuter entgegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schutzlos lässt, selbst wenn bei ihnen die Abwägung zwischen erforderlicher ärztlicher Behandlung und dabei drohenden Nachteilen eindeutig ausfällt und deshalb eine konkrete staatliche Schutzpflicht besteht, können die sich im Zusammenhang mit Art. 3 GG stellenden Fragen hier offen bleiben. Dies gilt auch für die Frage, ob das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verletzt ist, da dieses hier jedenfalls nicht mehr fordert als die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

C.

102

Nach § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 Satz 1 BVerfGG erklärt das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig, von dem es zur Überzeugung gelangt ist, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Es befindet ein Gesetz allerdings regelmäßig lediglich für verfassungswidrig bei der Verletzung des Gleichheitssatzes (vgl. dazu BVerfGE 133, 59 <99>; 138, 136 <249 Rn. 286>; stRspr) oder in Fällen, in denen die Rechtslage ohne die Norm noch weniger mit der Verfassung vereinbar wäre als im Falle ihrer befristeten Weitergeltung (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 92, 53 <73>; 111, 191 <224>; 117, 163 <201>; 127, 293 <333>; 133, 241 <260 Rn. 51>). Da hier kein Verstoß des vorgelegten § 1906 Abs. 3 BGB in seinem derzeitigen Regelungsgehalt gegen das Grundgesetz festgestellt wird, sondern die Nichterfüllung einer konkreten Schutzpflicht des Gesetzgebers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für eine bestimmte Personengruppe, genügt es festzustellen, dass dieses Defizit verfassungswidrig ist. Der Feststellung eines Verfassungsverstoßes durch § 1906 Abs. 3 BGB bedarf es daneben nicht. Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er die Schutzlücke durch Einbeziehung der betroffenen Personengruppe in den § 1906 Abs. 3 BGB unter Verzicht auf eine freiheitsentziehende Unterbringung oder außerhalb dieser Norm gesondert behebt.

103

Der Gesetzgeber hat die festgestellte Schutzlücke für Betreute, die bei einem drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, und deshalb notfalls auch auf Schutz durch ärztliche Versorgung gegen ihren natürlichen Willen angewiesen sind, unverzüglich zu schließen. Mit Rücksicht darauf, dass - wie gerade der Vorlagefall zeigt - die geltende Rechtslage auch bei drohenden gravierenden oder gar lebensbedrohenden Gesundheitsschäden dieser Personengruppe die Möglichkeit einer Behandlung gänzlich versagt, ist die vorübergehende entsprechende Anwendung des § 1906 Abs. 3 BGB auf diese Gruppe der immobilen Betreuten bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung anzuordnen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Es ist mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar, dass für Betreute, denen schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen und die die Notwendigkeit der erforderlichen ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, eine ärztliche Behandlung gegen ihren natürlichen Willen unter keinen Umständen möglich ist, sofern sie zwar stationär behandelt werden, aber nicht geschlossen untergebracht werden können, weil sie sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, unverzüglich eine Regelung für diese Fallgruppe zu treffen.

3. Bis zu einer solchen Regelung ist § 1906 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung von Artikel 1 Nummer 3 des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 266) auch auf stationär behandelte Betreute anzuwenden, die sich einer ärztlichen Zwangsbehandlung räumlich nicht entziehen können.

Gründe

A.

1

Der Bundesgerichtshof begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit er für eine ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt, welche nach gefestigter Rechtsprechung in diesen Fällen nicht angeordnet werden darf.

I.

2

1. a) Durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz), das zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist (BGBl I 1990, S. 2002), wird das Ziel verfolgt, die Rechtsstellung psychisch kranker und behinderter Volljähriger unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu verbessern.

3

Wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (vgl. § 1896 Abs. 1 BGB). Das Gesetz regelt die Bestellung des Betreuers (§§ 1896 ff. BGB), den Umfang der Betreuung (§§ 1901 ff. BGB) und macht bestimmte Maßnahmen von der Genehmigung des Betreuungsgerichts abhängig (§§ 1904 ff. BGB).

4

Soweit eine Betreuung nach § 1896 BGB für den Aufgabenkreis der Gesundheitssorge angeordnet ist, hat der Betreuer die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen und gegebenenfalls auch Einwilligungen in notwendige Heilbehandlungen zu geben (§ 1901 BGB). Die Angelegenheiten des Betreuten sind dabei so zu besorgen, wie es seinem Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will (§ 1901 Abs. 3 BGB). Sofern für das Ob und Wie bestimmter Heilmaßnahmen ein freier Wille des Betreuten - etwa durch Patientenverfügung nach § 1901a BGB - feststellbar ist, ist dieser auch für den Betreuer maßgeblich.

5

Die Einwilligung des Betreuers in besonders risikoreiche ärztliche Maßnahmen (vgl. § 1904 Abs. 1 Satz 1 BGB) bedarf der Genehmigung durch das Betreuungsgericht; ebenso die Versagung der Einwilligung durch den Betreuer in dringend notwendige Maßnahmen (vgl. § 1904 Abs. 2 BGB). § 1904 BGB erfasst in beiden Fällen aber nur Konstellationen, in denen ein entgegenstehender Wille des Betreuten nicht feststellbar ist oder der mit der Einwilligung des Betreuers in Einklang stehende Wille des Betreuten feststeht (vgl. § 1904 Abs. 3 BGB).

6

Ärztliche Behandlungen gegen den natürlichen Willen von Betreuten, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung deren Notwendigkeit nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, sind ausschließlich auf der Grundlage des § 1906 BGB und damit nur bei nach § 1906 Abs. 1 BGB freiheitsentziehend untergebrachten Betreuten möglich. Die früher strittige Frage, ob auf der Grundlage von §§ 1896, 1901 BGB ärztliche Zwangsmaßnahmen auch für Betreute, die nicht freiheitsentziehend untergebracht sind, durch eine Einwilligung des Betreuers ermöglicht werden könnten (sog. ambulante Zwangsbehandlungen), ist durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11. Oktober 2000 (XII ZB 69/00 - BGHZ 145, 297 <306 ff.>) verneinend entschieden worden. Dies ist die seither gefestigte Rechtsprechung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - juris, Rn. 21, 25). Der Bundesgerichtshof hat die Ablehnung der Zulässigkeit einer ambulanten Zwangsbehandlung nach geltendem Recht damit begründet, dass es an der verfassungsrechtlich unverzichtbaren förmlichen Gesetzesgrundlage hierfür fehle. Der Versuch, eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für die ambulante Zwangsbehandlung einzuführen, sei im Gesetzgebungsverfahren gescheitert (Hinweis auf BTDrucks 15/4874, S. 8 <25 f.>).

7

Die erforderliche gesetzliche Ermächtigung für eine Zwangsbehandlung findet sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Bereich der zivilrechtlichen Betreuung ausschließlich in § 1906 BGB (vgl. BGHZ 145, 297 <310>; 193, 337; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 f.>; Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - Vorlagebeschluss, juris, Rn. 27).

8

b) Der durch das Betreuungsgesetz - BtG - im Jahr 1992 eingeführte § 1906 BGB hatte folgenden Wortlaut:

§ 1906 - in der Fassung von 1992 -

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

(3) Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

9

Spätere Änderungen bis zu der bis zum 25. Februar 2013 geltenden Fassung hatten keine inhaltlichen Änderungen der Absätze 1 - 4 zum Gegenstand.

10

2. Der Bundesgerichtshof ging zunächst in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine ärztliche Behandlung gegen den natürlichen Willen im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung biete (vgl. bspw. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2006 - XII ZB 236/05 -, juris). Zur Begründung stellte er unter Berufung auf die Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung des Betreuungsrechts (BTDrucks 11/4528, S. 72, 141) darauf ab, dass mit dem neuen Betreuungsgesetz (vom 12. September 1990 BGBl I S. 2002), die grundsätzliche Befugnis des Betreuers zur Einwilligung in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff des Einwilligungsunfähigen nicht habe in Frage gestellt werden sollen. Nicht einwilligungsfähige Betreute dürften nicht von solchen Maßnahmen ausgeschlossen werden, weil ansonsten ihre gesundheitliche Versorgung und damit ihr Wohl an ihrer mangelnden Einsichts- oder Urteilsfähigkeit scheitern würde. Aus dem gleichen Grunde seien durch die Neuregelung auch Zwangsbehandlungen nicht generell verboten worden.

11

In der vom Bundesgerichtshof in Bezug genommenen Begründung zum Regierungsentwurf des Betreuungsgesetzes (BTDrucks 11/4528, S. 72) heißt es in diesem Zusammenhang:

Wer auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung seine Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen kann und eine Behandlung deshalb ablehnt, dem soll nicht schon deshalb die Behandlung versagt werden. So soll eine lebensnotwendige Operation eines Betreuten nicht daran scheitern, dass dieser sich krankheitsbedingt hiergegen wehrt, weil er der Auffassung ist, man wolle ihn durch die Operation ermorden. Der Entwurf sieht deshalb ein Verbot von Zwangsbehandlungen, zwangsweisen Untersuchungen oder zwangsweisen ärztlichen Eingriffen grundsätzlich nicht vor.

12

Allerdings wurde ganz bewusst von einer ausdrücklichen Regelung der Zwangsbehandlung abgesehen. So findet sich in der Einzelbegründung zu § 1904 BGB-E folgender Passus (BTDrucks 11/4528, S. 141):

Der Entwurf enthält keine allgemeinen Regelungen über Zwangsbehandlungen. Zwangsbehandlungen Einwilligungsunfähiger werden vom Entwurf nicht grundsätzlich verboten. Wer auf Grund seiner psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung seine Behandlungsbedürftigkeit nicht erkennen kann und eine Behandlung deshalb ablehnt, dem soll nicht schon deshalb die Behandlung versagt werden. So wäre es nicht zu verantworten, eine Blinddarmoperation am Betreuten deshalb zu verweigern, weil dieser auf Grund einer wahnhaften Vorstellung der Überzeugung ist, keinen Blinddarm mehr zu besitzen, und daher den lebensnotwendigen Eingriff ablehnt. Zwangssterilisationen sind allerdings generell untersagt; […].

13

3. Außerhalb einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB hielt der Bundesgerichtshof ärztliche Zwangsmaßnahmen (ambulante Zwangsmaßnahmen) hingegen mangels Rechtsgrundlage nicht für zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 - BGHZ 145, 297; vgl. ausführlich hierzu Kirsch, Rechtsgrundlagen der stationären und ambulanten psychiatrischen Zwangsbehandlung im Betreuungsrecht, 2010, S. 130 ff., 180 ff.). In Reaktion auf diese Rechtsprechung schlug der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts (BTDrucks 15/2494, S. 7, 30) mit am 12. Februar 2002 vorgelegten Gesetzentwurf (BRDrucks 865/03, S. 54 f.) vor, eine Rechtsgrundlage für die zwangsweise Zuführung des Betreuten zu ambulanten ärztlichen Heilbehandlungen zu schaffen.

14

Dieser Vorschlag wurde nicht Gesetz. Der Rechtsausschuss des Bundestags strich die hierzu vorgesehene Regelung nach der Stellungnahme der Bundesregierung und dem Ergebnis der Sachverständigenanhörung (vgl. BTDrucks 15/4874, S. 27). Er war im Gesetzgebungsverfahren zu der Überzeugung gelangt, die ambulante Zwangsbehandlung sei nicht als weniger einschneidender Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen anzusehen, sondern als ein anders gelagerter Eingriff (Protokoll der 49. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 15. Wahlperiode, 26. Mai 2004, S. 76; so bereits auch BGH, FamRZ 2001, S. 149). Die ambulante Zwangsbehandlung wurde insbesondere unter dem Blickwinkel der Anlasserkrankung, also der psychischen Erkrankung, wegen der die Betreuung eingerichtet wurde, betrachtet und kritisch gesehen, da die im Gesetzgebungsverfahren angehörten psychiatrischen Sachverständigen Bedenken gegen ambulante Zwangsbehandlungen in diesem Bereich hatten. Hauptsächlich argumentierten sie damit, dass die Behandlung der psychischen Erkrankung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Patienten und Therapeuten erfordere. Eine immer wieder erfolgende zwangsweise Vorführung des Betroffenen zur Behandlung laufe diesem konsensualen Ansatz zuwider (Protokoll der 49. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 15. Wahlperiode, 26. Mai 2004, S. 72, 76; so auch bereits BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 -, FamRZ, 2001 S. 149).

15

4. Nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 23. März 2011 zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entschieden hatte, dass die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung klarer und bestimmter gesetzlicher Vorgaben bedürfen (vgl. BVerfGE 128, 282), gab der Bundesgerichtshof seine bislang zur Zulässigkeit medizinischer Zwangsbehandlungen im Betreuungsrecht auf der Grundlage von § 1906 Abs. 1 BGB in der Fassung von 1992 vertretene Rechtsprechung auf und vertrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun die Auffassung, es fehle hierfür an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage, weshalb ein Betreuer auch im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung keine Zwangsbehandlungen veranlassen dürfe (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 -, BGHZ 193, 337 <353>).

16

5. Der Gesetzgeber reagierte auf diese Rechtsprechungsänderung durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266), durch welches neben anderen Änderungen die Absätze 3 und 3a in § 1906 BGB eingefügt wurden. § 1906 BGB lautet seit dem 25. Februar 2013 in der bis heute geltenden Fassung:

§ 1906 - in der Fassung von 2013 -

Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder

2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn

1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,

2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,

4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und

5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

17

Mit der Einfügung der Absätze 3 und 3a verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, eine den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechende Regelung zu schaffen, mit der die bis zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20. Juni 2012 bestehende Rechtspraxis möglichst nah abgebildet werden sollte. So wird in der Begründung zum Gesetzesentwurf ausgeführt: "Der Entwurf einer Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme bildet damit unter Achtung der verfassungsgerichtlichen Anforderungen die bis zu den jüngsten Beschlüssen des Bundesgerichtshofs bestehende Rechtslage möglichst nah ab. Dazu zählt, dass eine Zwangsbehandlung nur im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 BGB erfolgen kann. Wie die Unterbringung selbst bedarf auch die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme der gerichtlichen Genehmigung und unterliegt denselben strengen verfahrensrechtlichen Anforderungen. Die strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen werden damit auch die Selbstbestimmung der Betreuten stärken." (BTDrucks 17/11513, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme, S. 1 f.; in der Sache ebenso Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf, BTDrucks 17/12086, S. 1).

II.

18

1. Die 63-jährige Betroffene des Ausgangsverfahrens litt unter einer schizoaffektiven Psychose. Sie stand deswegen seit Ende April 2014 unter Betreuung unter anderem auch für den Aufgabenkreis der Sorge für die Pflege und Gesundheit einschließlich der Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen und Behandlungen sowie der Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen.

19

Anfang September 2014 wurde die Betroffene kurzzeitig in eine Pflegeeinrichtung aufgenommen. Dort lehnte sie es ab, die zur Behandlung einer Autoimmunerkrankung verordneten Medikamente einzunehmen, verweigerte die Essensaufnahme und äußerte Suizidabsichten. Ab Mitte September 2014 befand sich die Betroffene mit richterlicher Genehmigung auf einer geschlossenen Demenzstation in einem Klinikum. Auf der Grundlage mehrerer betreuungsgerichtlicher Beschlüsse wurde sie im Wege ärztlicher Zwangsmaßnahmen wegen der Autoimmunerkrankung, wegen einer Schilddrüsenunterfunktion und wegen ihrer psychischen Erkrankung medikamentös behandelt. Die Medikamente wurden - wie auch die Nahrung - mittels einer ebenfalls als ärztliche Zwangsmaßnahme gelegten Magensonde verabreicht. Es wurden dort auch weitere Untersuchungen (Stanzbiopsie) hinsichtlich einer vermuteten Krebserkrankung durchgeführt. Diese bestätigten den Verdacht eines - noch nicht durchgebrochenen - Mammakarzinoms.

20

Die Betroffene war zu diesem Zeitpunkt körperlich stark geschwächt, konnte nicht mehr gehen und sich auch nicht selbst mittels eines Rollstuhls fortbewegen. Geistig war sie in der Lage, ihren natürlichen Willen auszudrücken. Auf richterliche Befragung äußerte sie wiederholt, sie wolle sich nicht wegen der Krebserkrankung behandeln lassen. Weder wolle sie eine Operation noch eine Chemotherapie.

21

2. Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 beantragte die Berufsbetreuerin, die Unterbringungsgenehmigung für die Betroffene zu verlängern und ärztliche Zwangsmaßnahmen, insbesondere zur Behandlung des Brustkrebses (Brustektomie, Brustbestrahlung, Knochenmarkspunktion zur weiteren Diagnostik), aber auch zur Fortsetzung der medikamentösen Therapie der weiteren Erkrankungen zu genehmigen.

22

3. Das Amtsgericht wies den Antrag auf Unterbringung und Zwangsbehandlung zurück. Bei der Betroffenen liege zwar eine psychische Krankheit vor, die sie daran hindere, in die erforderlichen ärztlichen Heilbehandlungen einzuwilligen. Eine Unterbringung sei aber nicht erforderlich, da die beantragten Heilbehandlungen und ärztlichen Eingriffe auch im Rahmen einer offenen Einrichtung erfolgen könnten.

23

4. Das Landgericht wies die Beschwerde der Betreuerin zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

24

In tatsächlicher Hinsicht unterstellte es zunächst, dass die von der Betreuerin am 20. Januar 2015 zur Genehmigung beantragten ärztlichen Eingriffe zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens notwendig seien und die Betroffene auf Grund ihrer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln könne.

25

Weiter führte das Landgericht aus, das Amtsgericht habe zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Genehmigung der Unterbringung verneint, weil alle zur Genehmigung beantragten ärztlichen Maßnahmen auch ohne eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung durchgeführt werden könnten. Eine Freiheitsentziehung im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB sei vorliegend aus tatsächlichen Gründen nicht notwendig und damit nicht erforderlich.

26

§ 1906 Abs. 1 BGB gehe von einem engen Begriff der mit der Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung aus. Eine Freiheitsentziehung sei im Sinne dieser Vorschrift nur dann erforderlich und dürfe deshalb auch nur dann angeordnet werden, wenn sich der Betroffene ohne die die Freiheit einschränkenden Vorkehrungen der Örtlichkeit räumlich entziehen könne, wenn also überhaupt die Möglichkeit zur Fortbewegung bestehe. Vorliegend sei die Unterbringung der Betroffenen nicht notwendig und damit auch nicht erforderlich im Sinne des § 1906 Abs. 1 BGB. Die Betroffene sei bettlägerig und nicht in der Lage, sich selbständig aus dem Bett zu bewegen oder zu gehen. Im Liegerollstuhl könne sie sich nicht selbständig fortbewegen. Sie zeige auch keine Weglauftendenzen, indem sie beispielsweise andere Leute beauftrage, sie an einen anderen Ort zu verbringen.

27

Die Zwangsbehandlung sei vom Gesetzgeber nur im Rahmen der geschlossenen Unterbringung im Sinne von § 1906 Abs. 1 BGB zugelassen worden. Ohne eine genehmigte freiheitsentziehende Unterbringung sei eine Zwangsbehandlung nach § 1906 Abs. 3, 3a BGB nicht zulässig.

28

5. Die Betreuerin erhob namens der Betroffenen Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.

III.

29

1. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung vom 18. Februar 2013 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit er für die Einwilligung des Betreuers in eine stationär durchzuführende ärztliche Zwangsmaßnahme auch bei Betroffenen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder körperlich hierzu nicht in der Lage sind, voraussetzt, dass die Behandlung im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB erfolgt.

30

a) Der Vorlagebeschluss sei zulässig, obwohl die Vorinstanzen den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt hätten. Es sei zu unterstellen, dass die ärztlichen Eingriffe und Untersuchungen, für die die Betreuerin um eine gerichtliche Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a BGB nachgesucht hatte, erforderlich seien, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB) und die Betroffene aufgrund ihrer psychischen Erkrankung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen beziehungsweise nach dieser Einsicht handeln könne (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB).

31

b) Die Kopplung der Zulässigkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme an eine freiheitsentziehende Unterbringung auch für Fallgestaltungen, in denen sich Betroffene einer solchen Maßnahme räumlich nicht entziehen wollten oder könnten, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

32

Die Unterbringung zur Durchführung einer Untersuchung des Gesundheitszustands, einer Heilbehandlung oder eines ärztlichen Eingriffs gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlange nicht nur, dass die medizinische Maßnahme als solche notwendig sei. Vielmehr müsse die freiheitsentziehende Unterbringung ihrerseits erforderlich sein, damit die medizinische Maßnahme durchgeführt werden könne. Sie sei in diesem Sinne erforderlich, wenn zu erwarten sei, dass der Betroffene sich ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der medizinischen Maßnahme räumlich - also etwa durch Fernbleiben oder "Weglaufen" - entziehen würde.

33

Der Bundesgerichtshof habe in seiner früheren Rechtsprechung (Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>) der Vorschrift des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Rechtsgrundlage für die Durchführung notwendiger medizinischer Maßnahmen auch gegen den natürlichen Willen des Betroffenen entnommen. Er habe dabei den engen Unterbringungsbegriff zugrunde gelegt und daher die erzwungene Einnahme von Medikamenten nicht losgelöst von der Frage, wo sich diese Zwangsbehandlung vollziehe, rechtlich als eine freiheitsentziehende Unterbringung angesehen. Dies habe er mit dem Wortlaut des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB und mit dem Zweck der Vorschrift begründet. Dabei habe er auch wiederholt darauf hingewiesen, dass diese enge Auslegung des Begriffs der mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung zu einer Begrenzung der Möglichkeit führe, Betroffene gegen ihren Willen einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (vgl. BGHZ 145, 297 <310>; 193, 337; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>).

34

Nachdem der Bundesgerichtshof mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug seine Auffassung, wonach Zwangsbehandlungen im Rahmen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich genehmigungsfähig seien, aufgegeben und auf das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage hingewiesen habe, habe der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 in die Vorschrift des § 1906 BGB die neuen Absätze 3 und 3a eingefügt. Dabei habe der Gesetzgeber ausdrücklich lediglich die bis zur Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofs bestehende Rechtslage möglichst nahe abbilden und eine Rechtsgrundlage für die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB schaffen wollen. Dies lasse alleine den Schluss zu, dass die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen nicht zu Änderungen an dem § 1906 Abs. 1 BGB zu Grunde liegenden engen Unterbringungsbegriff führen sollte, sondern dieser nach wie vor für die Anwendung der Vorschrift maßgeblich sein solle.

35

Die neu geschaffene Regelung in § 1906 Abs. 3 BGB sei nicht nur als Eingriffsnorm zu verstehen, da sie als Bestandteil des staatlichen Erwachsenenschutzes ebenso eine Begünstigung darstelle. Die Betroffenen auszunehmen, bei denen es einer stationär durchzuführenden ärztlichen Maßnahme bedürfe, die sich aber räumlich nicht entziehen wollen und/oder können, erfordere eine hinreichende Rechtfertigung. An einer hinreichenden Rechtfertigung fehle es, so dass das Gesetz gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

36

Diese Schutzlücke für immobile Betroffene werde auch nicht durch andere vom Gesetz eröffnete Möglichkeiten geschlossen. Das auf den Fall des Vorlageverfahrens anzuwendende baden-württembergische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKHG) greife schon deshalb nicht zugunsten von Betroffenen ein, die sich räumlich nicht aus einem stationären Rahmen entfernen wollen oder können, weil § 20 Abs. 3 PsychKHG eine Zwangsbehandlung ebenfalls nur bei einer geschlossenen Unterbringung vorsehe. Auch der rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB, der einer ohne die Einwilligung des Patienten oder gar gegen dessen Willen erfolgenden ärztlichen Behandlung gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit nehmen könne, lasse die Notwendigkeit der Aufnahme von Betroffenen, die sich räumlich nicht aus dem stationären Raum bewegen wollten oder könnten, in den Anwendungsbereich des § 1906 Abs. 3 BGB nicht entfallen. Die im Rahmen des § 34 StGB in jedem Einzelfall vorzunehmende schwierige Interessenabwägung könne die vom Gesetzgeber zu treffende Festlegung der Voraussetzungen, unter denen eine ärztliche Zwangsmaßnahme zulässig sei, nicht ersetzen. Außerdem biete § 34 StGB nicht die angesichts der betroffenen grundrechtlichen Belange gebotene Rechtssicherheit.

37

Der Bundesgerichtshof ließ in seiner Vorlage ausdrücklich offen, ob der Gesetzgeber eine Verpflichtung aus grundrechtlichen Schutzpflichten hat, die gesetzlichen Voraussetzungen für ärztliche Zwangsmaßnahmen zu schaffen.

38

2. Die Betroffene ist während des anhängigen Vorlageverfahrens verstorben.

IV.

39

Zu der Vorlage haben die Bundesnotarkammer, der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V., der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V., der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V., der Deutsche Notarverein e.V., die Aktion psychisch Kranke Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker e.V., die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V., der AWO Bundesverband e.V., die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Caritasverband e.V., die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. und der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. Stellung genommen.

40

1. Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, § 1906 Abs. 3 BGB verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Norm jedenfalls auch begünstigend sei und für den Ausschluss der von der Begünstigung nicht erfassten immobilen Betreuten keine Rechtfertigung ersichtlich sei. Teilweise wird zudem von der Verletzung weiterer Grundrechte ausgegangen.

41

a) Die Bundesnotarkammer hält es für wenig überzeugend, sollte man bei der Entscheidung über ärztliche Zwangsmaßnahmen nach dem individuellen Grad der Mobilität differenzieren müssen. Für die begrenzte Zulassung auch ambulanter Zwangsbehandlungen spreche, dass zur Erreichung des Ziels, die schon im stationären Umfeld befindliche Person zu schützen, dem in der Zwangsbehandlung liegenden Grundrechtseingriff nicht noch die Unterbringung als weiteren Eingriff vorangestellt werden müsste.

42

b) Der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. sieht in der derzeitigen Rechtslage, bei Menschen, die sich nicht selbständig fortbewegen können, stationäre ärztliche Zwangsmaßnahmen nicht anordnen zu können, eine unzulässige Ungleichbehandlung.

43

c) Auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V. sieht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit § 1906 Abs. 3 BGB eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur erlaube, wenn eine Unterbringung des Betroffenen erforderlich sei.

44

d) Nach der Auffassung des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen e.V. stellt es einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 und Art 3 Abs. 1 GG dar, die Gruppe von Menschen, die sich einem Klinikaufenthalt aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht entziehen können, nicht gegen deren Willen behandeln zu können.

45

e) Der Deutsche Notarverein e.V. gelangt in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis, § 1906 Abs. 3 BGB verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 und gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Verknüpfung der Zwangsbehandlung mit der Unterbringung laufe im Gesetzesvollzug allzu leicht auf eine Freiheitsentziehung hinaus, die unverhältnismäßig sei und auch gegen Art. 2 GG verstoße, da sie nur angeordnet werde, um eine Zwangsbehandlung durchführen zu können. Es gelte der Grundsatz, dass der Staat einen Menschen, der nicht selbstbestimmte und eigenverantwortliche Entscheidungen treffen könne, vor sich selbst schützen müsse. Diese Schutzpflicht werde durch die geltende Regelung des § 1906 BGB nur gegenüber einem Teil der Betroffenen, nämlich den "Fluchtfähigen" wahrgenommen. Hierin liege eine den Gleichheitssatz verletzende Unterlassung, denn zwischen der begünstigten Gruppe und den Fluchtunfähigen bestünden keine erheblichen Unterschiede, die die ungleiche Behandlung rechtfertigten.

46

f) Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. sieht durch § 1906 Abs. 3 BGB sowohl Art. 3 Abs. 1 als auch Art. 3 Abs. 3 GG verletzt.

47

g) Auch der AWO Bundesverband e.V. vertritt die Auffassung, es gebe keinen rechtfertigenden Grund für eine Ungleichbehandlung der beiden Personengruppen.

48

h) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Vorlage des Bundesgerichtshofs für zulässig und begründet. § 1906 Abs. 3 BGB sei nicht nur eine belastende sondern auch eine begünstigende Norm. Es sei kein Grund erkennbar, denjenigen Menschen, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder körperlich nicht dazu in der Lage seien, die Behandlung vorzuenthalten, die untergebrachte Betreute erhielten. Die Verfassungswidrigkeit der Norm könne auch nicht durch eine erweiternde, verfassungskonforme Auslegung von § 1906 Abs. 3 BGB überwunden werden. Dem sei bereits durch den eindeutigen Wortlaut eine Grenze gesetzt. Dies folge aber auch aus dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht habe, die Regelung solle ausschließlich für untergebrachte betreute Personen gelten.

49

2. Die Aktion psychisch Kranke Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker e.V. geht zwar auch davon aus, dass Menschen, die den Behandlungsort nicht aus eigener Kraft verlassen könnten oder wollten, denselben Schutzanspruch hätten wie solche, die sich noch fortbewegen könnten. Das Recht auf Schutz und Behandlung dürfe nicht vorenthalten werden, weil mangels eines formalen Unterbringungsgrundes nicht untergebracht werden könne. Anders als der Bundesgerichtshof meine, habe der Gesetzgeber aber nicht den engen Unterbringungsbegriff verwenden wollen. Es fehle an einer Legaldefinition des Begriffs der Unterbringung. Nach Auffassung des Verbands beginne die Unterbringung schon dann, wenn jemand gegen seinen Willen an einem Ort festgehalten werde. Die enge Auslegung des Unterbringungsbegriffs, der die Unterbringung an einen Freiheitsentzug knüpfe, sei ungeeignet, da sie zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung führe und das Leben und die Gesundheit hilfsbedürftiger Menschen aufs Spiel setze. § 1906 Abs. 3 BGB wäre mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn ein weiter Unterbringungsbegriff zugrunde gelegt würde.

50

3. Auch der Deutsche Caritasverband e.V. ist der Auffassung, mobile und immobile Betroffene seien in ihrem Schutzbedürfnis wesentlich gleich. Das Unterscheidungskriterium sei die Möglichkeit, sich der Behandlung entziehen zu können. Es sei aber fraglich, ob die immobile Personengruppe benachteiligt sei, da gerade ihrem Selbstbestimmungsrecht Rechnung getragen werde. Zwar werde durch den Hinweis des Bundesgerichtshofs auf die Schutzfunktion des § 1906 Abs. 3 BGB auf die begünstigende Wirkung abgestellt. Es müssten aber eben die eingreifende und die schützende Dimension beachtet werden. Wenn man gleichwohl in der Möglichkeit zur Zwangsbehandlung eine Begünstigung sehen wolle, sei es zunächst legitim, die Zwangsmaßnahmen auf einen stationären Rahmen zu beschränken. Es sei jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich, ärztliche Zwangsmaßnahmen nur denjenigen zuteil werden zu lassen, die noch mobil seien und sich einer Behandlung entziehen könnten.

51

4. Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. sehen in § 1906 Abs. 3 BGB hingegen lediglich eine Eingriffsnorm. Eine ärztliche Zwangsbehandlung könne nicht als Begünstigung angesehen werden. Es müsse immer der Patientenwille gelten. § 1906 Abs. 3 BGB sei schon deswegen verfassungswidrig, weil er Zwangsbehandlungen überhaupt ermögliche.

B.

I.

52

Die Vorlage ist zulässig.

53

1. Der Zulässigkeit der Vorlage steht nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof mit dem vorgelegten § 1906 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I S. 266) nur das nach seiner Überzeugung verfassungswidrige Nichteinbeziehen von Personen in bestimmten Lebenssituationen in diese Regelung und damit ein Unterlassen des Gesetzgebers beanstandet.

54

a) Das Vorlageverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG dient der Kontrolle konkreter gesetzgeberischer Entscheidungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz in dem dafür allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Verfahren (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 138, 64 <90 f. Rn.78>). Es ist damit grundsätzlich kein Instrument, ein von einem Gericht von Verfassungs wegen für geboten gehaltenes allgemeines gesetzgeberisches Tätigwerden zu erzwingen. In diesem Sinne schlichtes Unterlassen des Gesetzgebers kann daher nicht Gegenstand einer konkreten Normenkontrolle sein (dazu auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Januar 2013 - 1 BvR 2004/10 -, NJW 2013, S. 1148 <1149 Rn. 21>; E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 24 Rn. 790; Dollinger, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 80 Rn. 49; Zuck, in: Lechner/Zuck, BVerfGG, 7. Aufl. 2015, § 80 Rn. 11; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 80 Rn. 61).

55

Diese Grundsätze stehen allerdings nicht der Vorlage einer bestimmten Norm nach Art. 100 Abs. 1 GG entgegen, die damit begründet wird, dass die Nichteinbeziehung bestimmter Sachverhalte oder Personengruppen gegen Gleichheitsrechte verstoße. Gegenstand einer solchen Normenkontrolle ist eine konkrete Entscheidung des Gesetzgebers, deren Erstreckung auf bestimmte andere Fälle aus Gründen der Gleichbehandlung für verfassungsrechtlich geboten gehalten wird. In derartigen Konstellationen erachtet es das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung als ausreichend, dass die im Falle eines Verstoßes gegen das Grundgesetz zu erwartende Erklärung der Norm als verfassungswidrig für den nicht in ihren Anwendungsbereich fallenden Betroffenen die Chance offen hält, eine ihn einbeziehende Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl. BVerfGE 22, 349 <363>; 61, 138 <146>; 71, 224 <228>; 74, 182 <195>; 93, 386 <395>; 115, 259 <275>; 121, 108 <115 f.>; 130, 131 <140>; vgl. auch BVerfGE 138, 136 <175 Rn. 104>). Nichts anderes gilt für den Fall, dass die vom vorlegenden Gericht im Zusammenhang mit der beanstandeten Norm vermisste Ausgestaltung nach dessen plausibel begründeter Überzeugung durch eine konkrete verfassungsrechtliche Schutzpflicht geboten ist.

56

b) Der Bundesgerichtshof hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm nachvollziehbar damit begründet, dass die Nichteinbeziehung bestimmter Sachverhalte oder Personengruppen in diese Norm gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

57

Er hat in seinem Vorlagebeschluss nicht offensichtlich unhaltbar und damit für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage maßgebend (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 138, 136 <171 Rn. 92>) dargelegt, dass für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge unter Betreuung stehende Personen, die sich - wie die Betroffene des Ausgangsverfahrens - in stationärer Behandlung befinden und aus eigener Kraft nicht mehr von dort entfernen und sich auch sonst nicht einer ärztlichen Behandlung räumlich entziehen können, nicht die Voraussetzungen für die Anordnung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB 2013 erfüllen. Damit besteht für sie auch nicht die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsbehandlung nach § 1906 Abs. 3 BGB, da dies die geschlossene Unterbringung voraussetzt (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB).

58

Zur Begründung seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm muss das Gericht unter Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darlegungen deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 89, 329 <337>; 138, 136 <171 f. Rn. 93>). Diesen Voraussetzungen genügt der Vorlagebeschluss. Ob in der Verwehrung der ärztlichen Zwangsbehandlung für Betreute trotz der damit für sie zugleich verbundenen Eingriffe tatsächlich die Vorenthaltung einer Begünstigung im gleichheitsrechtlichen Sinne liegt (vgl. zur Notwendigkeit eines Nachteils BVerfGE 132, 195 <235 f. Rn. 95>), kann hier offen bleiben. Dass den nicht unterbringungsfähigen Betreuten mit dem Ausschluss der ärztlichen Zwangsbehandlung eine Option vorenthalten wird, die ihnen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang von Verfassungs wegen nicht hätte verwehrt werden dürfen, hat das vorlegende Gericht substantiiert und plausibel dargelegt.

59

2. Der Vorlagebeschluss lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die aufgeworfene Frage zur Verfassungsmäßigkeit der Rechtslage für den Bundesgerichtshof entscheidungserheblich ist. Dabei ist dessen Auffassung zur Auslegung des § 1906 Abs. 1 und 3 BGB für die Beurteilung der Zulässigkeit seiner Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG maßgebend, da sie nicht offensichtlich unhaltbar ist (zu diesem Maßstab vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 138, 136 <171 Rn. 92>). Dass der Sachverhalt nicht im Hinblick auf sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 1906 Abs. 1 und 3 BGB vollständig durch die Fachgerichte aufgeklärt war, ändert für den mit der Rechtsbeschwerde (§§ 70 ff. FamFG) angerufenen und daher nur mit der Prüfung von Rechtsverletzungen befassten Bundesgerichtshof nichts an der Entscheidungserheblichkeit der von ihm für verfassungswidrig gehaltenen Regelung (vgl. dazu BVerfGE 24, 119 <133 f.>), welche eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur bei freiheitsentziehender Unterbringung nach § 1906 Abs. 3 BGB zulässt, die für die Betroffene ausgeschlossen war.

60

3. Die Vorlage ist nicht dadurch unzulässig geworden, dass die Betroffene des Ausgangsverfahrens während des Vorlageverfahrens verstorben ist.

61

a) Führt ein Ereignis zur Erledigung des Ausgangsverfahrens, hat dies regelmäßig auch die Erledigung des Vorlageverfahrens zur Folge (vgl. BVerfGE 14, 140 <142>; 29, 325 <326 f.>). Denn Art. 100 Abs. 1 GG lässt ein Verfahren der konkreten Normenkontrolle nur zu, wenn es für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift ankommt. Die konkrete Normenkontrolle dient der verfassungsgemäßen Entscheidung in einem bestimmten Gerichtsverfahren und ist insofern von dessen Existenz und Ziel abhängig (vgl. BVerfGE 42, 42 <49>).

62

Die Konzentration der Entscheidungsbefugnis über die Verfassungsmäßigkeit von Parlamentsgesetzen beim Bundesverfassungsgericht soll allerdings auch durch allgemein verbindliche Klärung verfassungsrechtlicher Grundsatzfragen divergierende Entscheidungen der Gerichte, Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung vermeiden (vgl. BVerfGE 1, 184 <199 f.>; 20, 350 <351>; 42, 42 <49 f.>). Es liegt in der Konsequenz dieser der Normenkontrolle auch zukommenden Bedeutung für die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen, dass das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung unter Berufung auf deren Befriedungsfunktion die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf Normen erstreckt hat, die mit der vorgelegten in engem Zusammenhang stehen, für das Ausgangsverfahren aber nicht entscheidungserheblich sind (vgl. BVerfGE 27, 195 <200>; 44, 322 <337 f.>; 62, 354 <364>; 78, 132 <143>; 132, 302 <316>; 135, 1 <12>).

63

Diese objektive, auf Rechtsklärung und Befriedung ausgerichtete Funktion der Normenkontrolle kann es auch rechtfertigen, ausnahmsweise nach einem Ereignis, das - wie hier der Tod der Betroffenen im Ausgangsverfahren - regelmäßig zu dessen Erledigung führt, die vorgelegte Frage nach der Gültigkeit einer Norm gleichwohl zu beantworten, wenn ein hinreichend gewichtiges, grundsätzliches Klärungsbedürfnis fortbesteht. Für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde besteht das Rechtsschutzbedürfnis trotz eines erledigenden Ereignisses auch im Fall des Todes des Beschwerdeführers fort (vgl. BVerfGE 124, 300 <318 f.>; vgl. allgemein BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 96, 288 <300>; 98, 218 <242 f.>; 119, 309 <317 f.>). Entsprechendes muss erst recht für die konkrete Normenkontrolle gelten, zumal wenn die Vorlage durch ein funktional in besonderer Weise der Rechtsklärung verpflichtetes oberstes Bundesgericht erfolgt. Die konkrete Normenkontrolle steht ungeachtet der engen Bindung an das Ausgangsverfahren mit ihrer Ausrichtung auf die verfassungsrechtliche Normprüfung von vornherein stärker im Dienste der objektiven Rechtsklärung als die eher dem subjektiven Rechtsschutz dienende Verfassungsbeschwerde. Unter welchen Voraussetzungen das Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses zu bejahen ist, hängt dabei letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerfGE 124, 300 <318>).

64

b) Trotz des Todes der Betroffenen des Ausgangsverfahrens besteht hier ein gewichtiges objektives Bedürfnis an der Klärung der vom Bundesgerichtshof vorgelegten Verfassungsrechtsfrage.

65

Ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass eine ärztliche Zwangsbehandlung nach geltendem Fachrecht bei Betreuten, die sich einer Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind und deshalb nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, ausgeschlossen ist, ist nicht geklärt und eine Frage von wesentlicher grundrechtlicher Bedeutung. Sie betrifft auch nicht nur einen seltenen Einzelfall. Aus den beim Bundesverfassungsgericht in diesem Verfahren eingegangenen Stellungnahmen wird deutlich, dass sich die Frage einer medizinisch indizierten Behandlung gegen den natürlichen Willen in ihre Krankheit nicht einsichtsfähiger Betreuter, die stationär behandelt werden, aber nicht mehr mobil und damit nicht unterbringungsfähig sind, in der Praxis keineswegs selten stellt. Zudem weisen Fälle der vorgelegten Art das strukturelle Problem auf, dass eine verfassungsgerichtliche Entscheidung oft nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Jedenfalls bei schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen besteht stets die Gefahr, dass selbst bei größtmöglicher Verfahrensbeschleunigung die Vorlage eines Gerichts und die darauf ergehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu spät kommen. Außerdem erscheint es gegenüber den schon jetzt von der ungeklärten Verfassungsrechtsfrage Betroffenen nicht vertretbar, bis zu einer etwaigen neuen Vorlage zu warten, die dann wiederum dem Risiko ausgesetzt wäre, dass sie sich vor einer Entscheidung durch Tod des Betroffenen erledigt.

II.

66

Es verstößt gegen die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass für Betreute, die keinen freien Willen bilden können, eine medizinisch notwendige Behandlung - ungeachtet des Ausmaßes ihrer Gefährdung an Leib oder Leben einerseits und der Behandlungsrisiken andererseits - vollständig ausgeschlossen ist, wenn sie ihrem natürlichen Willen widerspricht, sie aber nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (1). Ob dies auch mit dem Gleichheitssatz unvereinbar ist, bedarf danach keiner Entscheidung (2).

67

1. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Staat, hilfsbedürftigen Menschen, die im Hinblick auf ihre Gesundheitssorge unter Betreuung stehen und bei einem drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen Schutz durch ärztliche Versorgung zu gewähren (a). Eine solche ärztliche Zwangsbehandlung ist auch mit den völkerrechtlichen Bindungen Deutschlands vereinbar (b). Es verstößt gegen die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass hilfsbedürftige Menschen, die stationär in einer nicht geschlossenen Einrichtung behandelt werden, sich aber nicht mehr aus eigener Kraft fortbewegen können, nach geltender Rechtslage nicht notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen behandelt werden dürfen (c). Die Situation der Betreuten in ambulanter Behandlung bedarf hier keiner Entscheidung (d).

68

a) Die grundrechtliche Verbürgung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) kann auch konkrete staatliche Schutzpflichten begründen (aa). Solche bestehen unter bestimmten Voraussetzungen für die staatliche Gemeinschaft gegenüber Betreuten, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen, die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme jedoch nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können (bb).

69

aa) Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Danach hat der Staat die Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 90, 145 <195>; 115, 320 <346>). Auch der Schutz vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit werden von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst (vgl. BVerfGE 56, 54 <78>; 121, 317 <356>).

70

Die aus den Grundrechten folgenden subjektiven Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe einerseits und die sich aus der objektiven Bedeutung der Grundrechte ergebenden Schutzpflichten andererseits unterscheiden sich insofern grundlegend voneinander, als das Abwehrrecht in Zielsetzung und Inhalt ein bestimmtes staatliches Verhalten verbietet, während die Schutzpflicht grundsätzlich unbestimmt ist. Die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts ist Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, wenn er dem Grunde nach verpflichtet ist, Maßnahmen zum Schutz eines Rechtsguts zu ergreifen (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>; 133, 59 <76 Rn. 45>). Das Bundesverfassungsgericht kann die Verletzung einer solchen Schutzpflicht nur feststellen, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen sind, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben (vgl. BVerfGE 56, 54 <80>; 77, 170 <215>; 92, 26 <46>; 125, 39 <78 f.>).

71

bb) Danach verdichtet sich bei Betreuten, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, die allgemeine Schutzpflicht unter engen Voraussetzungen zu einer konkreten Schutzpflicht. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, ein System der Hilfe und des Schutzes für unter Betreuung stehende Menschen vorzusehen, die in diesem Sinne die Erforderlichkeit einer medizinischen Behandlung zur Abwehr oder Bekämpfung erheblicher Erkrankungen nicht erkennen oder nicht danach handeln können. Ärztliche Untersuchungs- und Heilmaßnahmen müssen dann in gravierenden Fällen als ultima ratio auch unter Überwindung des entgegenstehenden natürlichen Willens solcher Betreuter vorgenommen werden dürfen.

72

Diese Schutzpflicht resultiert aus der spezifischen Hilfsbedürftigkeit der nicht einsichtsfähigen Betreuten ((1)). Steht einer in Wahrnehmung dieser Schutzpflicht medizinisch gebotenen Behandlung der natürliche Wille einer nicht einsichtsfähigen Person entgegen, gerät diese Maßnahme allerdings in Konflikt mit ihrem Selbstbestimmungsrecht ((2)) und mit ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit ((3)). Dieser Konflikt zwischen den hier in ihrer Freiheits- und in ihrer Schutzdimension kollidierenden Grundrechten desselben Grundrechtsträgers ist möglichst schonend aufzulösen. Drohen Betreuten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen und überwiegen die Vorteile eines medizinischen Eingriffs eindeutig gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken, geht jedoch die Schutzpflicht vor, so dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer medizinischen Behandlung oder Untersuchung auch gegen den natürlichen Willen der Betreuten vorsehen muss ((4)).

73

(1) Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschuldete verfassungsrechtliche Pflicht, unter eng begrenzten Voraussetzungen Schutzmaßnahmen bis hin zu medizinischen Zwangsbehandlungen für bestimmte unter Betreuung stehende Menschen vorzusehen, folgt aus deren spezifischer Hilfsbedürftigkeit. Wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, in eigener Sache die medizinische Notwendigkeit einer Untersuchung oder Heilmaßnahme zu erkennen oder danach zu handeln, sind sie insofern schutzlos und hilfsbedürftig, als sie Gefährdungen von Leib und Leben ausgeliefert sind, ohne selbst für ihren Schutz sorgen zu können (vgl. BVerfGE 58, 208 <225>; 128, 282 <304 ff.>). Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst überlassen.

74

(2) Jede Zwangsbehandlung greift allerdings in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Denn der Mensch ist nach dem Grundgesetz grundsätzlich frei, über Eingriffe in seine körperliche Integrität und den Umgang mit seiner Gesundheit nach eigenem Gutdünken zu entscheiden. Diese Freiheit ist Ausdruck seiner persönlichen Autonomie und als solche auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (im Ergebnis ebenso BVerfGE 128, 282<302>; 129, 269 <280>; 133, 112 <131 Rn. 49> jeweils unter Berufung auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Seine Entscheidung, ob und inwieweit er eine Krankheit diagnostizieren und behandeln lässt, muss er nicht an einem Maßstab objektiver Vernünftigkeit ausrichten. Eine Pflicht des Staates, den Einzelnen "vor sich selbst in Schutz zu nehmen", eröffnet keine "Vernunfthoheit" staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille allein deshalb beiseitegesetzt werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweicht oder aus der Außensicht unvernünftig erscheint (vgl. BVerfGE 128, 282 <308>). Die Freiheitsgrundrechte schließen das Recht ein, von der Freiheit einen Gebrauch zu machen, der in den Augen Dritter den wohlverstandenen Interessen des Grundrechtsträgers zuwider läuft. Daher ist es grundsätzlich Sache des Einzelnen, darüber zu entscheiden, ob er sich therapeutischen oder sonstigen Maßnahmen unterziehen will, auch wenn sie der Erhaltung oder Verbesserung seiner Gesundheit dienen. Die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die "Freiheit zur Krankheit" und damit das Recht ein, auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt sind (vgl. BVerfGE 128, 282 <304> m.w.N.).

75

Sofern Betroffene mit freiem Willen über medizinische Maßnahmen zur Erhaltung oder Besserung der eigenen Gesundheit entscheiden können, besteht daher keine Schutz- und Hilfsbedürftigkeit. Die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG tritt insoweit zurück. Eine medizinische Zwangsbehandlung gegen den freien Willen eines Menschen ist ausgeschlossen.

76

Können Betroffene keinen freien Willen in Bezug auf den Umgang mit einer Krankheit bilden, weil sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, die Notwendigkeit einer ärztlichen Maßnahme zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln (zu dieser Bedingung vgl. BVerfGE 128, 282 <304 f.> sowie § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB), bleibt ein etwa vorhandener natürlicher Wille in Bezug auf ihre Krankheit verfassungsrechtlich auch hier Ausdruck ihres durch das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit geschützten Selbstbestimmungsrechts, in das auch unter diesen Voraussetzungen im Falle einer Zwangsbehandlung eingegriffen wird. Allerdings kann der einer notwendigen ärztlichen Behandlung entgegenstehende natürliche Wille nichts an der besonderen Hilfs- und Schutzbedürftigkeit der Betroffenen ändern.

77

(3) Wird eine ärztliche Maßnahme nicht durch ein auf dem freien Willen der Betroffenen beruhendes Einverständnis gerechtfertigt, gerät sie im Falle der Zwangsbehandlung gegen den natürlichen Willen auch in Konflikt mit dem Grundrecht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit (vgl. auch dazu bereits BVerfGE 128, 282 <300 f.>). Das gilt sowohl für diagnostische als auch für therapeutische Maßnahmen.

78

(4) Drohen dem in seine Krankheit nicht einsichtsfähigen Betreuten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen und führt die Abwägung seiner Heilungschancen mit seinen Belastungen durch die ärztlichen Maßnahmen zu einem eindeutigen Ergebnis, so überwindet die Schutzpflicht des Staates die entgegenstehenden Freiheitsrechte. Hier obliegt es dem Staat, die Möglichkeit einer medizinischen Behandlung auch gegen den natürlichen Willen der Betreuten zu eröffnen. Dabei müssen strenge materielle und verfahrensrechtliche Anforderungen an eine solche Zwangsbehandlung die möglichst weitgehende Berücksichtigung der betroffenen Freiheitsrechte sicherstellen.

79

(a) Verlangt die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein medizinisches Tätigwerden gegen den natürlichen Willen der Betreuten, kollidiert dies mit ihrem Selbstbestimmungsrecht und ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die Schutzpflicht entfällt hier jedoch nicht schon deshalb, weil sie nicht gegen drohende Grundrechtsverletzungen durch Dritte gerichtet ist, sondern darauf fußende Maßnahmen in Konflikt mit gegenläufigen eigenen Grundrechten der Betroffenen stehen. Die Schutzpflicht hat im Falle der Betreuten ihren Grund nicht in der Pflicht des Staates zur Abwehr fremder Angriffe auf deren Grundrechtspositionen, sondern in dem gesteigerten Schutzbedarf der Betreuten, sofern diese nicht zur Einsicht in die konkrete Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme fähig sind und darum Gefährdungen von Leib und Leben ausgeliefert wären, ohne in Freiheit selbst für den eigenen Schutz sorgen zu können. Während der zur Einsicht in Krankheit und Behandlungsbedürftigkeit fähige Mensch selbst entscheidet, ob er sich ärztlichen Maßnahmen zur Abwendung schwerwiegender Gesundheits- und Lebensgefahren unterzieht, gebietet im Falle derjenigen, die keine Einsicht in die gesundheitliche Bedrohung und Behandlungsbedürftigkeit haben oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, die grundrechtliche Schutzpflicht unter engen Voraussetzungen, dass der Staat auch gegen den erkennbaren natürlichen Willen Maßnahmen zum Schutz vor schwerwiegenden Gefährdungen ergreift.

80

(b) Der Gesetzgeber muss für Fälle, in denen drohende erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich einer Lebensgefahr durch nicht zu eingriffsintensive Behandlungen mit hohen Erfolgsaussichten abgewehrt werden können, die Betroffenen aber aufgrund ihrer krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit mit ihrem natürlichen Willen eine solche Behandlung ablehnen, die Möglichkeit einer medizinischen Zwangsbehandlung vorsehen. Die staatliche Schutzpflicht hat hat bei erheblicher Gesundheitsgefährdung einer zum eigenen Schutz selbst nicht fähigen Person besonderes Gewicht. Gehen mit der zur Abwehr der Gefahr notwendigen medizinischen Maßnahme keine besonderen Behandlungsrisiken einher und gibt es auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass gerade die Behandlungsverweigerung dem ursprünglichen freien Willen der Betreuten entspricht, ist das Ergebnis der Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechten offensichtlich vorgezeichnet. Die staatliche Schutzpflicht gegenüber den Hilflosen überwiegt dann im Verhältnis zu deren Selbstbestimmungsrecht und ihrer körperlichen Integrität und setzt sich durch.

81

Bei der Umsetzung dieser Schutzpflicht verfügt der Gesetzgeber über einen Spielraum zur näheren Ausgestaltung der einzelnen Bedingungen konkreter Schutzmaßnahmen. Ein Spielraum bleibt dem Gesetzgeber insbesondere bei der Ausgestaltung der materiellen Voraussetzungen einer Heilbehandlung und der Verfahrensregeln zur Sicherung der Selbstbestimmung und körperlichen Integrität der Betroffenen. Dieser Spielraum betrifft bei bestehender Schutzpflicht indessen nur die Frage wie, nicht aber ob überhaupt verbindliche Regeln für die ärztliche Behandlung in ihrer Gesundheitssorge Betreuter vorzusehen sind.

82

(c) Weil sich in den beschriebenen Fällen einer konkreten Schutzpflicht diese im Ergebnis gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht und der körperlichen Integrität der Betroffenen durchsetzt, ist der Gesetzgeber im Interesse einer möglichst weitgehenden Rücksichtnahme auf die zurücktretenden Freiheitsrechte der Betroffenen gehalten, inhaltlich anspruchsvolle und hinreichend bestimmt formulierte materielle und begleitende verfahrensrechtliche Voraussetzungen für eine medizinische Zwangsbehandlung zu normieren (so bereits für die Rechtfertigung der Zwangsbehandlung als Eingriff BVerfGE 128, 282 <308 ff.>). Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es nicht um die Sicherstellung medizinischen Schutzes nach Maßstäben objektiver Vernünftigkeit geht; vielmehr ist der freie Wille der Betreuten zu respektieren. Dies gilt auch, soweit der freie Wille anhand von Indizien - insbesondere unter Rückgriff auf frühere Äußerungen oder etwa aufgrund der Qualität des geäußerten natürlichen Willens - ermittelbar ist. Nur wo dies nicht möglich ist, kann als letztes Mittel ein krankheitsbedingt entgegenstehender natürlicher Wille überwunden werden.

83

(d) Die materiellen Voraussetzungen einer durch die Schutzpflicht gebotenen Regelung zur medizinischen Zwangsbehandlung haben zu gewährleisten, dass eine solche bei offensichtlicher Eindeutigkeit des Abwägungsergebnisses der genannten Parameter (drohende erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen, nicht zu eingriffsintensive Behandlung, hohe Erfolgsaussichten) erfolgen darf (vgl. dazu den im Nachgang zu BVerfGE 128, 282 geschaffenen § 1906 Abs. 3 BGB und dort insbes. die Nrn. 3 und 5). Da angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Kombinationen von Erkrankungen und Behandlungsoptionen die Entscheidungsvorgaben auf Gesetzesebene nicht alle Fallgestaltungen einer medizinischen Zwangsbehandlung im Einzelnen abbilden können und dabei auch noch nach Anlass- und Begleiterkrankung zu differenzieren sein mag, ist die Evidenz des Abwägungsergebnisses vor allem auf der Anwendungsebene im Einzelfall zu suchen. Dies kann unter anderem eine abgestuft intensive Berücksichtigung des natürlichen Willens eines Betreuten verlangen, je nachdem wie nahe er auch nach der gebotenen Unterstützung einem freien (oder dem zu vermutenden freien) Willen der Betreuten kommt.

84

(e) Der Gesetzgeber hat zudem ausreichende verfahrensrechtliche Sicherungen für die Genehmigung einer medizinischen Zwangsbehandlung vorzusehen. Die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 zur medizinischen Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug (BVerfGE 128, 282 <309 ff.>) aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleiteten Verfahrensanforderungen gelten in gleicher Weise für die Behandlung von in ihre Krankheit nicht einsichtsfähigen Betreuten. Dass die ärztliche Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug ihre Rechtfertigung wesentlich auch in der Wiedererlangung der persönlichen Freiheit findet (vgl. BVerfGE 128, 282 <304>), bei Betreuten hingegen die Schutzpflicht unmittelbar auf die Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Gesundheit zielt, ändert nichts an der Notwendigkeit gleichartiger verfahrensrechtlicher Sicherungen. Danach muss durch geeignete verfahrensrechtliche Regeln gewährleistet sein, dass eine medizinische Zwangsbehandlung nur vorgenommen werden darf, wenn fest steht, dass tatsächlich kein freier Wille der Betreuten vorhanden ist, dem gleichwohl vorhandenen natürlichen Willen nach Möglichkeit Rechnung getragen wird und dass die materiellen Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung nachweisbar vorliegen.

85

Bei der Ausgestaltung dieser Verfahrenssicherungen hat der Gesetzgeber Gestaltungsspielraum, von dem er in der geltenden Fassung der § 1906 BGB, §§ 312 ff. FamFG im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 (a.a.O.) Gebrauch gemacht hat. Zu den notwendigen Verfahrenssicherungen gehören die Anordnung und Überwachung der Maßnahme durch Ärzte, ihre vorherige Ankündigung, die Einbeziehung von - auch von den behandelnden Ärzten - unabhängigen Sachverständigen, der Genehmigungsvorbehalt durch einen Richter und auch die Dokumentationspflicht (vgl. BVerfGE 128, 282 <311 ff.>).

86

Der vom Grundgesetz geforderte Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung der Einzelnen verlangt vom Gesetzgeber auch bei Menschen, die im Hinblick auf ihre Gesundheitssorge unter Betreuung stehen, durch entsprechende Regelungen sicherzustellen, dass vor konkreten Untersuchungen des Gesundheitszustands, vor Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen stets aktuell festgestellt wird, ob nicht eine hinreichende Einsichts- und Handlungsfähigkeit der Betroffenen im Hinblick auf diese Maßnahmen besteht, so dass sie hierfür einen freien und damit maßgeblichen Willen bilden können. Dabei können, wie es das Gesetz auch jetzt schon vorsieht (vgl. § 1901a Abs. 1 und 2 BGB), eine Patientenverfügung oder früher geäußerte Behandlungswünsche für die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation maßgeblich sein. Im Hinblick auf den entgegenstehenden natürlichen Willen der nicht einsichtsfähigen Betreuten ist außerdem zunächst zu versuchen, die Betreuten von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der vorgesehenen Zwangsbehandlung zu überzeugen (vgl. bereits § 1906 Abs. 3 Nr. 2 BGB), bevor als letztes Mittel zu einer Zwangsbehandlung geschritten werden darf.

87

b) Völkerrechtliche Bindungen stehen der Pflicht des Staates, dem eines freien Willens nicht fähigen Betreuten in hilfloser Lage Schutz zu gewähren und ihn unter den genannten Voraussetzungen (oben a bb, Rn. 71 ff.) notfalls einer medizinischen Zwangsbehandlung zu unterziehen, nicht entgegen.

88

aa) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2011 entschieden, dass die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK), die in Deutschland Gesetzeskraft hat (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419) und als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden kann (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>), kein anderes Ergebnis nahe legt (vgl. BVerfGE 128, 282 <306 f.>). Es hat den Konventionsbestimmungen, die auf Sicherung und Stärkung der Autonomie behinderter Menschen gerichtet sind - insbesondere dem Art. 12 BRK - kein grundsätzliches Verbot für Maßnahmen entnommen, die gegen den natürlichen Willen Behinderter vorgenommen werden und an eine krankheitsbedingt eingeschränkte Selbstbestimmungsfähigkeit anknüpfen. Denn der Regelungszusammenhang des Art. 12 Abs. 4 BRK, der sich gerade auf Maßnahmen bezieht, die Betroffene in der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit beschränken, belegt, dass die Konvention solche Maßnahmen nicht allgemein untersagt, sondern ihre Zulässigkeit unter anderem dadurch beschränkt, dass Art. 12 Abs. 4 BRK die Vertragsstaaten zu geeigneten Sicherungen gegen Interessenkonflikte, Missbrauch und Missachtung sowie zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet (vgl. BVerfGE 128, 282 <307>).

89

Die zwischenzeitlichen Berichte (Art. 39 BRK), Leitlinien (Art. 35 Abs. 3 BRK) und Empfehlungen (Art. 36 Abs. 1 BRK) des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen nach Art. 34 BRK zur Auslegung der Konventionsbestimmungen und insbesondere zur Rechtslage in Deutschland führen zu keiner abweichenden Beurteilung.

90

Den Äußerungen des für die Abgabe solcher Stellungnahmen zuständigen Ausschusses zur Auslegung eines Menschenrechtsabkommens kommt erhebliches Gewicht zu, sie sind aber für internationale und nationale Gerichte nicht völkerrechtlich verbindlich (vgl. IGH, Ahmadou Sadio Diallo [Republic of Guinea v. Democratic Republic of the Congo]), I.C.J. Reports 2010, S. 639, <663-664>, para. 66; Supreme Court of Ireland, Kavanagh v. Governor of Mountjoy Prison and the Attorney General, Urteil vom 1. März 2002, S. 14 f.; Tribunal Constitucional [Spanien], STC 070/2002, recurso de amparo núm. 3787-2001, Urteil vom 3. April 2002, II. para. 7 a); Conseil d'État [Frankreich], Juge des référés vom 11. Oktober 2001, No. 238849, ECLI:FR:CEORD:2001:238849.20011011, S. 4; für die Auffassungen unter dem Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte weitergehend Human Rights Committee, General Comment No 33, UN Doc. CCPR/C/GC/33 vom 5. November 2008, Nr. 13). Eine Kompetenz zur Fortentwicklung internationaler Abkommen über Vereinbarungen und die Praxis der Vertragsstaaten hinaus kommt diesen Ausschüssen nicht zu (vgl. Art. 31 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, UNTS 1155, 331 <340>, BGBl II 1985 S. 926, der Völkergewohnheitsrecht wiedergibt; vgl. IGH, LaGrand [Germany v. USA], I.C.J. Reports 2001, S. 466 <501> para. 99; dazu BVerfGE 90, 286 <362 ff.>; Mark Villiger, Commentary on the 1969 Vienna Convention on the Law of Treaties, 2009, Art. 31 Rn. 37 m.w.N.). Es kann dahingestellt bleiben, ob die zu anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen ergangenen Aussagen für alle Stellungnahmen des Ausschusses für die Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung in gleicher Weise gelten. Jedenfalls ist dem Ausschuss in den Art. 34 ff. BRK kein Mandat zur verbindlichen Interpretation des Vertragstextes übertragen worden. Bei der Vertragsauslegung sollte sich ein nationales Gericht aber mit den Auffassungen eines zuständigen internationalen Vertragsorgans in gutem Glauben argumentativ auseinandersetzen; es muss sie aber nicht übernehmen (vgl. - allerdings für Entscheidungen internationaler Ge- richte - BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <366 ff., 370>; stRspr; Christian Tomuschat, Human Rights Committee, The Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Bd. IV, 2012, S. 1058 <1061> Rn. 14).

91

Auch in der Sache stehen die Stellungnahmen des Ausschusses der nach deutschem Verfassungsrecht notfalls gebotenen ärztlichen Zwangsbehandlung nicht entgegen. Soweit der Ausschuss in seinen Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands vom 13. Mai 2015 (UN Doc. CRPD/C/DEU/CO/1) allgemein die Regelungen des Betreuungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch beanstandet und unter Verweisung auf seinen Allgemeinen Kommentar Nr. 1 (2014) (UN Doc. CRPD/C/GC/1 vom 19. Mai 2014) zu Art. 12 BRK fordert, alle ersetzenden Entscheidungen abzuschaffen und ein System der unterstützenden Entscheidung an ihre Stelle treten zu lassen (ebenda Nr. 25 f.), bleibt seine Kritik im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Fälle medizinischer Zwangsbehandlung unspezifisch. Insbesondere verhält sie sich nicht zu der im vorgelegten Fall maßgeblichen Frage eines gänzlich fehlenden freien Willens des Behinderten in einer medizinischen Notsituation. Entsprechendes gilt für die Leitlinien des Ausschusses zur Auslegung des Art. 14 BRK vom September 2015 (abrufbar unter: http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/CRPD/GC/Guidelines Article14.doc, zuletzt aufgerufen am 4. Juli 2016). In ihnen betont der Ausschuss, dass bei Menschen mit Behinderungen keine Maßnahme der Gesundheitsversorgung vorgenommen werden darf, wenn sie nicht auf dem freien und informierten Einverständnis der betroffenen Person beruht (ebenda Nr. 11). Der Ausschuss fordert die Staaten deshalb auf, jede Form der Zwangsbehandlung aufzugeben (ebenda Nr. 12). Auch hier gibt der Ausschuss keine Antwort auf die Frage, was nach seinem Verständnis des Vertragstextes mit Menschen geschehen soll, die keinen freien Willen bilden können und sich in hilfloser Lage befinden. Es spricht auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Ausschusses nichts dafür, dass diese Menschen nach Text und Geist der Behindertenrechtskonvention ihrem Schicksal überlassen werden sollten und die Konvention auch unter den hier von Verfassungs wegen geforderten strengen Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung entgegen steht, zumal auch nach den vorstehend dargelegten Forderungen des Verfassungsrechts und den geltenden Regeln des Betreuungsrechts das nationale Recht in Übereinstimmung mit der Behindertenrechtskonvention dem Grundsatz des Vorrangs des - gegebenenfalls unterstützten - Willens des Behinderten folgt.

92

bb) Die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Pflicht des Staates, den eines freien Willens nicht fähigen Betreuten in hilfloser Lage Schutz zu gewähren und sie unter den genannten Voraussetzungen (oben a bb, Rn. 71 ff.) notfalls einer medizinischen Zwangsbehandlung zu unterziehen, steht auch im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

93

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich aus Art. 8 EMRK ein Recht, sein Leben so zu leben, wie man es selbst bestimmt hat. Das schließt auch die Möglichkeit ein, Dinge zu tun, die körperlich schädlich oder gefährlich sind. Die ärztliche Behandlung gegen den Willen von erwachsenen Patienten, die im Besitz ihrer geistigen Kräfte sind, würde selbst dann in die körperliche Integrität eingreifen und damit in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte, wenn die Ablehnung der Behandlung den Tod zur Folge hätte (vgl. EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 120 ff.; EGMR, Pretty v. United Kingdom, Urteil vom 29. April 2002, Nr. 2346/02, § 62 f.). Dabei besitzen die Staaten aber einen Einschätzungsspielraum ("margin of appreciation", EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 148).

94

Voraussetzung dafür, dass Staat und Gesellschaft auch eine nach objektiven Maßstäben unvernünftige und eventuell zum Tod führende Entscheidung akzeptieren müssen, ist danach jedoch stets, dass diese auf dem Willen einer erwachsenen Person beruht, die im Besitz ihrer geistigen Kräfte ist. Trifft eine Person aber die Entscheidung nicht freien Willens und bei vollem Verständnis der Umstände, nimmt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine aus Art. 2 EMRK abgeleitete Verpflichtung des Staates an, diese Person davon abzuhalten, ihr Leben zu riskieren (vgl. EGMR (GK), Lambert v. France, Urteil vom 5. Juni 2015, Nr. 46043/14, § 140; EGMR, Haas v. Switzerland, Urteil vom 20. Januar 2011, Nr. 31322/07, § 54; EGMR, Arskaya v. Ukraine, Urteil vom 5. Dezember 2013, Nr. 45076/05, § 69 f.). Lehnt ein Patient eine medizinisch indizierte Behandlung ab, mit der Folge, dass sein Leben dadurch gefährdet wird, hält der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Staat für verpflichtet, hinreichende Vorkehrungen zu treffen, damit die behandelnden Ärzte beim Vorliegen von Indizien, die auf einen fehlenden freien Willen hindeuten, die Entscheidungsfähigkeit der betroffenen Person weiter aufklären (vgl. EGMR, Arskaya v. Ukraine, Urteil vom 5. Dezember 2013, Nr. 45076/05, §§ 62, 69, 70, 88).

95

Ein Widerspruch der Europäischen Menschenrechtskonvention zu dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter den dargelegten Bedingungen folgenden Gebot einer medizinischen Zwangsbehandlung hilfsbedürftiger Betreuter (oben a bb, Rn. 71 ff.) kann Art. 2, 8 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof danach nicht entnommen werden.

96

c) Hiernach verstößt es gegen die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dass nach geltendem Betreuungsrecht für nicht einsichtsfähige Betreute, denen aufgrund einer Erkrankung eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung droht und die mit guten Erfolgsaussichten durch eine Maßnahme behandelt werden können, die mit verhältnismäßig geringen Belastungen einhergeht, keine Möglichkeit besteht, sie notfalls auch gegen ihren natürlichen Willen zu behandeln, wenn sie sich in stationärer Behandlung befinden, aber aus eigener Kraft der notwendigen Behandlung nicht entziehen und deshalb nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können.

97

Das Betreuungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht eine ärztliche Zwangsbehandlung nur für solche Betreute vor, die nach § 1906 Abs. 1 BGB geschlossen untergebracht sind (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB). Der Bundesgerichtshof hat in dem Vorlagebeschluss unter Rückgriff auf seine Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -, FamRZ 2008, S. 866 <867 Rn. 22 ff.>) und auf die damit und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts korrespondierende Gesetzgebungsgeschichte (BTDrucks 17/11513, S. 1 ff. <6>; BTDrucks 17/12086, S. 1) im Einzelnen dargelegt, dass der Gesetzgeber in § 1906 BGB eine Rechtsgrundlage für medizinische Zwangsbehandlungen nur für geschlossen untergebrachte Betreute schaffen wollte und dies in § 1906 BGB eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 19 ff.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Fachrecht aus verfassungsrechtlicher Sicht insoweit anders zu deuten ist (zur Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung des einfachen Rechts im Normenkontrollverfahren vgl. BVerfGE 135, 1 <16 Rn. 48>). Auch an den Voraussetzungen für eine freiheitsentziehende Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB für die medizinische Zwangsbehandlung hat der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strengen Unterbringungsbegriff festgehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 19 ff.; BTDrucks 17/11513, S. 1 ff. <6>). Damit ist einer - auch verfassungskonformen - Auslegung des § 1906 BGB der Weg versperrt, die eine medizinische Zwangsbehandlung auch ohne freiheitsentziehende Unterbringung zuließe oder eine solche Unterbringung erlaubte, ohne dass sie ihrerseits durch den Willen und die Fähigkeit des Betreuten, sich räumlich zu entfernen, zwingend geboten wäre.

98

In stationärer Behandlung befindliche Betreute, die - wie die Betroffene des Ausgangsverfahrens - faktisch nicht in der Lage sind, sich räumlich zu entfernen, können danach nicht nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB freiheitsentziehend untergebracht und deshalb auch nicht nach § 1906 Abs. 3 BGB zwangsbehandelt werden. Damit wird solchen Betreuten, selbst wenn in ihrer Person sämtliche materiellen Voraussetzungen einer verfassungsgebotenen Schutzpflicht zweifelsfrei vorlägen und die verfahrensrechtlichen Anforderungen eingehalten werden könnten, nicht der nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene Schutz zuteil. Insoweit genügt die Rechtslage für Betreute nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

99

Zu dieser Feststellung bedarf es hier nicht der Prüfung, ob § 1906 BGB insgesamt den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Auf eine solche Vollprüfung des § 1906 BGB ist die Vorlage nicht angelegt; dementsprechend ist die Tatsachen- und Rechtslage insoweit auch nicht durch das Vorlagegericht aufgearbeitet, ohne dass dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden wäre.

100

d) Keiner Entscheidung bedarf schließlich, ob die Rechtslage auch insofern der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht genügt, als § 1906 BGB mit der Beschränkung der ärztlichen Zwangsbehandlung auf freiheitsentziehend Untergebrachte nicht nur die stationär Behandelten, sondern - aufgrund bewusster gesetzgeberischer Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 -, Vorlagebeschluss, juris, Rn. 53 ff.; BTDrucks 15/4874, S. 8 <25 f.>; Protokoll der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 17. Wahlperiode, 10. Dezember 2012; vgl. auch BTPlenarprot 15/158, S. 14826 f.) - auch alle anderen Betreuten in ambulanter Behandlung von dieser Möglichkeit ausschließt. Der Ausschluss dieser Gruppe ist nicht Gegenstand der Vorlage. Die Vorlage kann auch nicht ohne weiteres darauf erstreckt werden (zu dieser Möglichkeit vgl. BVerfGE 135, 1 <12 Rn. 33 f.>), weil die Nichtberücksichtigung der Betreuten in ambulanter Behandlung bei der Möglichkeit der ärztlichen Zwangsbehandlung auf Sachgründen beruht, deren Tragfähigkeit nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist (vgl. insbesondere Protokoll der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, 17. Wahlperiode, 10. Dezember 2012; vgl. auch BTPlenarprot 15/158, S. 14826 ff.). Außerdem werden ambulant Betreute in schwerwiegenden Fällen letztlich nicht schutzlos gelassen, weil sie nach einer Unterbringung bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB dann doch einer Zwangsbehandlung unterzogen werden können. Damit führt diese Konstellation auf eine Reihe zusätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen, die gegen eine schlichte Erstreckung der Normenkontrolle hierauf über die Vorlagefrage hinaus sprechen.

101

2. Es kann offen bleiben, ob, worauf der Bundesgerichtshof seine Vorlage stützt, auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz darin liegt, dass Betreuten, die sich in stationärer Behandlung befinden und sich aus eigener Kraft nicht mehr räumlich entfernen können, die Möglichkeit einer ärztlichen Zwangsbehandlung verschlossen bleibt. Da sich die Gesetzeslage schon deshalb als verfassungswidrig erweist, weil § 1906 Abs. 3 BGB eine ärztliche Zwangsbehandlung bei solchen Betreuten, die nicht freiheitsentziehend untergebracht werden können, völlig ausschließt und damit jedenfalls eine Gruppe keiner freien Willensbildung fähiger, hilfsbedürftiger Betreuter entgegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schutzlos lässt, selbst wenn bei ihnen die Abwägung zwischen erforderlicher ärztlicher Behandlung und dabei drohenden Nachteilen eindeutig ausfällt und deshalb eine konkrete staatliche Schutzpflicht besteht, können die sich im Zusammenhang mit Art. 3 GG stellenden Fragen hier offen bleiben. Dies gilt auch für die Frage, ob das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verletzt ist, da dieses hier jedenfalls nicht mehr fordert als die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

C.

102

Nach § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 78 Satz 1 BVerfGG erklärt das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig, von dem es zur Überzeugung gelangt ist, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Es befindet ein Gesetz allerdings regelmäßig lediglich für verfassungswidrig bei der Verletzung des Gleichheitssatzes (vgl. dazu BVerfGE 133, 59 <99>; 138, 136 <249 Rn. 286>; stRspr) oder in Fällen, in denen die Rechtslage ohne die Norm noch weniger mit der Verfassung vereinbar wäre als im Falle ihrer befristeten Weitergeltung (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 92, 53 <73>; 111, 191 <224>; 117, 163 <201>; 127, 293 <333>; 133, 241 <260 Rn. 51>). Da hier kein Verstoß des vorgelegten § 1906 Abs. 3 BGB in seinem derzeitigen Regelungsgehalt gegen das Grundgesetz festgestellt wird, sondern die Nichterfüllung einer konkreten Schutzpflicht des Gesetzgebers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für eine bestimmte Personengruppe, genügt es festzustellen, dass dieses Defizit verfassungswidrig ist. Der Feststellung eines Verfassungsverstoßes durch § 1906 Abs. 3 BGB bedarf es daneben nicht. Es liegt in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er die Schutzlücke durch Einbeziehung der betroffenen Personengruppe in den § 1906 Abs. 3 BGB unter Verzicht auf eine freiheitsentziehende Unterbringung oder außerhalb dieser Norm gesondert behebt.

103

Der Gesetzgeber hat die festgestellte Schutzlücke für Betreute, die bei einem drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, und deshalb notfalls auch auf Schutz durch ärztliche Versorgung gegen ihren natürlichen Willen angewiesen sind, unverzüglich zu schließen. Mit Rücksicht darauf, dass - wie gerade der Vorlagefall zeigt - die geltende Rechtslage auch bei drohenden gravierenden oder gar lebensbedrohenden Gesundheitsschäden dieser Personengruppe die Möglichkeit einer Behandlung gänzlich versagt, ist die vorübergehende entsprechende Anwendung des § 1906 Abs. 3 BGB auf diese Gruppe der immobilen Betreuten bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung anzuordnen.

(1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachschlagewerk: nein
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Wer infolge einer Täuschung durch das Opfer vorsatzlos
aktive Sterbehilfe leistet, nimmt nicht an einer
tatbestandslosen Selbstgefährdung teil.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - 5 StR 66/03
LG Hamburg -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Oktober 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigespro- chen, einen Schwerstbehinderten getötet zu haben, den er als Zivildienstleistender betreut hatte. Die dagegen mit der Sachrüge geführte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.

I.


Die Jugendkammer hat festgestellt:
Der 20 Jahre alte Angeklagte übernahm als Zivildienstleistender am 13. Februar 2001 ohne besondere Vorbereitung für die Dauer von zwei Wochen in der Z in Hamburg die Tagesbetreuung (10.00 bis 16.30 Uhr) des 28 Jahre alten S . Dieser litt an stark ausgeprägter progressiver Muskeldystrophie vom Typus Duchenne und vermochte neben einzelnen Fingern – diese aber ohne Kraft – nur noch Mund und Zun-
ge zu bewegen. Seine Arme und Beine waren in Beugestellung fixiert. De- formationen des Brustkorbes und der Wirbelsäule und eine starke Reduzierung der Atemmuskulatur ließen nur noch eine Atmungskapazität von zehn Prozent eines Gesunden zu. Der Ausstoß von Kohlendioxyd wurde durch ein zeitweise an die Nase angeschlossenes Beatmungsgerät gefördert. S verfügte über einen herausragenden Intellekt. Er konnte seine Vorstellungen genau artikulieren und dank seiner guten Menschenkenntnis einschätzen, an welche der Pflegekräfte er sich zu wenden hatte, um auch ausgefallene Wünsche zu verwirklichen. Schon im Dezember 1999 hatte er in einem elektronischen Brief einer ihm nahe stehenden Pflegehilfe eine Selbsttötungsphantasie mitgeteilt. Er hatte geschildert, dadurch sexuell erregt zu werden, daß er in zwei miteinander verklebten Müllsäcken verpackt mit zugeklebtem Mund in einen Behälter geworfen würde, um sodann – mit weiteren Müllsäcken bedeckt – anschließend durch die Müllabfuhr in die Verbrennungsanlage gebracht und dort verbrannt zu werden.
Er griff im Februar 2001 diese Gedanken auf und wollte sie mit Hilfe des Angeklagten verwirklichen. Zunächst hatte er diesen gebeten, ihm statt einer Hose eine Plastiktüte über den Unterleib bis zur Hüfte zu ziehen. Nachdem er dem Angeklagten erläutert hatte, gern Plastik auf der Haut zu spüren, kam der Angeklagte diesem Verlangen nach. Am 22. Februar 2001 gegen 12.15 Uhr äußerte S den Wunsch, ihn in Müllsäcke verpackt in einen Müllcontainer zu legen. Auf Nachfragen des Angeklagten versicherte er, dies schon öfter gemacht zu haben, und daß seine Bergung aus dem Container am Nachmittag sicher sei. Der Angeklagte erfüllte in dem Bestreben , dem ihm anvertrauten Schwerstbehinderten so gut wie möglich zu helfen , alle bestimmt vorgebrachten Anweisungen, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Er packte S nackt in zwei Müllsäcke, schnitt eine Öffnung für den Kopf in den oberen Müllsack und verklebte beide Säcke. Bis auf eine kleine Öffnung verschloß er ferner – auf besonderen Wunsch S – dessen Mund mit Klebeband und legte ihn bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt in einen teilweise gefüllten Container. Weisungsgemäß stellte der
Angeklagte den Rollstuhl in den Abstellraum, räumte die Wohnung auf und verließ die Pflegeeinrichtung durch einen Seiteneingang. Diese Maßnahmen hatte S angeordnet, um eine gegenüber anderen Pflegekräften wahrheitswidrig mitgeteilte Abwesenheit zu belegen. Eine deshalb erst am Abend erfolgte Suche nach ihm blieb ergebnislos. Am nächsten Morgen wurde sein Leichnam im Container entdeckt. Der Tod war durch Ersticken, möglicherweise in Kombination mit Unterkühlung eingetreten. Entweder hatte der obere Müllsack die Atemwege verlegt oder die ohnehin nur flache Atmung war durch einen auf den Brustkorb gelangten weiteren Müllsack unmöglich geworden.

II.


In der rechtlichen Würdigung führt die Jugendkammer aus:
Das zu Tode führende Geschehen sei wegen der gemeinschaftlichen Tatherrschaft des Angeklagten und des Opfers nicht mehr als Beteiligung an einer Selbstgefährdung, sondern als einverständliche Fremdgefährdung zu werten. Die Gefährdung sei ausschließlich von dem Angeklagten, wenn auch auf alleinige Veranlassung des Geschädigten, ausgegangen, der sich dieser im Ergebnis lediglich ausgesetzt habe. Allerdings ergebe eine wertende Betrachtung aller Umstände, daß die einverständliche Fremdgefährdung entsprechend der Auffassung von Roxin (NStZ 1984, 411, 412) „unter allen relevanten Aspekten“ einer Selbstgefährdung gleichstehe. Dafür spreche die umfassende und sorgsame Planung des Geschehens durch das Opfer, die besondere, von Überforderung, Naivität, Vertrauensseligkeit und unzureichender Vorbereitung geprägte Situation des Angeklagten und dessen vorherrschendes Bestreben, alle Wünsche des Schwerstbehinderten zu erfüllen. Der Angeklagte sei letztendlich dazu benutzt worden, den Selbsttötungsplan zu verwirklichen, ohne darüber informiert gewesen zu sein. Damit sei die Zurechnung des Handelns des Angeklagten zum objektiven Tatbestand ausgeschlossen.

III.


Der Freispruch hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht dessen Wertung, der Angeklagte habe im Ergebnis an einer straflosen Selbstgefährdung teilgenommen.
1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als Folge des Grundsatzes der Selbstverantwortung des sich selbst eigenverantwortlich gefährdenden Tatopfers anerkannt, daß gewollte und verwirklichte Selbstgefährdungen nicht dem Tatbestand eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts unterfallen, wenn das mit der Gefährlichkeit bewußt eingegangene Risiko sich realisiert. Wer lediglich eine solche Selbstgefährdung veranlaßt, ermöglicht oder fördert, macht sich nicht wegen eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts strafbar (BGHSt 32, 262, 263 f.; BGH NStZ 1985, 25, 26 und 319, 320; 1986, 266, 267; 1987, 406; BGH NJW 2000, 2286; BGHSt 46, 279, 288). Diese Rechtsprechung gründet in erster Linie auf Sachverhalte, denen gemein ist, daß die den Verletzungs- oder Tötungserfolg verursachende schädigende Handlung – die Einnahme von Betäubungsmitteln (BGHSt 32, 262 f.; BGH NStZ 1985, 319; BGH NJW 2000, 2286; BGHSt 46, 279, 283), Stechapfeltee (BGH NStZ 1985, 25) oder Alkohol (BGH NStZ 1986, 266; 1987, 406) – durch das Opfer selbst erfolgt und erfährt dann eine Ausnahme, wenn der sich Beteiligende etwa kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfaßt als der sich selbst Gefährdende (BGHSt 32, 262, 265; BGH NStZ 1985, 25 f.; 1986, 266; 1987, 406; BGH NJW 2000, 2286; vgl. auch BayObLG JZ 1997, 521). Maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung strafloser Selbstgefährdung ist in diesen Fällen somit – wie auch bei der Anwendung des § 216 StGB anerkannt (vgl. BGHSt 19, 135, 139 f.; BGH, Beschl. vom 25. November 1986 – 1 StR 613/86 insoweit nicht in NStZ 1987, 365 f. abgedruckt; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 216 Rdn. 11) – der Sache nach die Trennungslinie zwischen Täterschaft und Teilnahme (vgl. Jähnke in LK 11. Aufl. Vor § 211 Rdn. 22; ders. aaO
§ 216 Rdn. 11; ders. aaO § 222 Rdn. 21 sub Selbstgefährdung; Tröndle /Fischer, StGB 51. Aufl. Vor §§ 211 bis 216 Rdn. 10; Neumann in NK-StGB 12. Lfg. Vor § 211 Rdn. 45). Deren Grundsätze werden von der Rechtsprechung auch herangezogen, soweit eine ausschließlich von dem Beteiligten ausgehende Gefährdung, wie sie etwa bei einer durch Täuschung bewogenen Vornahme der Tötungshandlung (vgl. BGHSt 32, 38, 41 f.) oder beim Geschlechtsverkehr eines HIV-Infizierten mit einem gesunden Menschen entsteht, zu beurteilen ist (vgl. BGHSt 36, 1, 17 f.; BayObLG NStZ 1990, 81 f.).
2. Diese Grundsätze sind auch bei dem hier vorliegenden Fall eines vom Angeklagten verursachten Tötungserfolges bei eigenverantwortlicher Planung und Durchführung nach den Wünschen des sich selbst Gefährdenden zugrundezulegen. Danach ist in wertender Betrachtung zu entscheiden, ob der Angeklagte im Vollzug des Gesamtplans des zum Tode führenden Geschehens über die Gefährdungsherrschaft verfügte oder als Werkzeug des Suizidenten handelte (vgl. BGHSt 19, 135, 140; Jähnke aaO § 216 Rdn. 11; Roxin NStZ 1987, 345, 347; Neumann aaO Rdn. 51). Letzteres wäre angesichts der eigenhändigen Ausführung der Gefährdungshandlungen durch den Angeklagten nur anzunehmen, falls der Lebensmüde den Angeklagten über das zum Tode führende Geschehen getäuscht und ihn mit Hilfe des hervorgerufenen Irrtums zum Werkzeug gegen sich selbst gemacht hätte (vgl. BGHSt 32, 38, 41 zur spiegelbildlichen Situation einer Täuschung des sich selbst Tötenden; vgl. auch OLG Nürnberg NJW 2003, 454 f.).
So liegt es hier aber nicht. Der Angeklagte wurde über die konkreten Umstände der von ihm allein verursachten extremen Gefährdung nicht getäuscht. Zwar hatte der Suizident erklärt, er habe solches Tun schon öfter veranlaßt. Diese Äußerung begründete aber keinen Irrtum des Angeklagten hinsichtlich der konkreten Tatumstände. Der Angeklagte hat seine Gefährdungshandlungen bewußt vorgenommen und dabei in extremer Weise im Widerspruch zu jedem medizinischen Alltagswissen gehandelt, indem er die
wesentlich reduzierten Atmungsmöglichkeiten weiter verringerte und das spätere Opfer lediglich mit Plastik eingekleidet gefährlicher Kälte preisgab. Auch die Vorspiegelung des Lebensmüden, von einem (unbekannten) Dritten am Nachmittag gerettet zu werden, begründet keinen die Tatherrschaft des Angeklagten in Frage stellenden Irrtum. Die darin enthaltene Aussicht, es werde alles gut gehen, beseitigt nicht das Bewußtsein von den über Stunden wirksam werdenden Gefährdungen, zu denen der fehlende Einsatz des Beatmungsgeräts und die naheliegende Gefahr einer weiteren Verringerung der Atmungskapazität durch einen auf die Brust des Lebensmüden auftreffenden Müllsack zu zählen waren, auch vor dem Hintergrund eines bewußt herbeigeführten verringerten Entdeckungsrisikos.
3. Allerdings werden im rechtswissenschaftlichen Schrifttum mit den Lehren der Risikoübernahme (vgl. Roxin, Strafrecht AT Bd. 1 3. Aufl. S. 343 f.), der Anerkennung einer „quasi mittäterschaftlichen Herrschaft“ (vgl. Neumann in NK-StGB 12. Lfg. Vor § 211 Rdn. 56; Lenckner in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. Vorbemerkung §§ 32 ff. Rdn. 52a und 107 m. w. N. aus der Literatur; BayObLG NStZ 1990, 81, 82; vgl. auch Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 222 Rdn. 3) und des Vorrangs des Willens zur Selbstgefährdung (vgl. Otto in FS für Tröndle S. 157, 171, 175) Auffassungen vertreten, die in einem weiteren Umfang zu einer straflosen Mitwirkung an einem Selbsttötungsgeschehen führen. Indes bestehen hier schon Bedenken, begrifflich noch eine Selbsttötung anzunehmen, falls die Tatherrschaft nicht uneingeschränkt beim Suizidenten verbleibt. Einer Anerkennung strafloser aktiver Sterbehilfe stünde zudem der sich aus der Werteordnung des Grundgesetzes ergebende vorrangige Schutz menschlichen Lebens entgegen (vgl. BGHSt 46, 279, 285 f.), der auch die sich aus § 216 StGB ergebende Einwilligungssperre legitimiert (vgl. BGHSt aaO S. 286). Änderungen des Rechtsgüterschutzes bleiben vor diesem Hintergrund allenfalls dem Gesetzgeber vorbehalten.
Der Senat verkennt nicht, daß die bestehende Rechtslage es einem vollständig bewegungsunfähigen, aber bewußtseinsklaren moribunden Schwerstbehinderten – wie hier – weitgehend verwehrt, ohne strafrechtliche Verstrickung Dritter aus dem Leben zu scheiden, und für ihn dadurch das Lebensrecht zur schwer erträglichen Lebenspflicht werden kann. Dieser Umstand kann aber nicht ein auch in Art. 1 Abs. 1 GG angelegtes Recht auf ein Sterben unter menschenwürdigen Bedingungen begründen (vgl. BGHSt aaO, 285; BGHSt 42, 301, 305). Die dafür erforderlichen Voraussetzungen einer indirekten Sterbehilfe (vgl. BGHSt 42 aaO; Tröndle /Fischer, StGB 51. Aufl. Vor §§ 211 bis 216 Rdn. 18) sind vorliegend nicht gegeben. Ein verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch auf aktive Sterbehilfe, der eine Straflosigkeit des die Tötung Ausführenden zur Folge haben könnte, ist dagegen nicht anerkannt (vgl. BVerfGE 76, 248, 252; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 17 m. w. N.).

IV.


Der Freispruch kann danach keinen Bestand haben. Sollte der neue Tatrichter zu den gleichen Feststellungen gelangen, werden diese in erster Linie hinsichtlich einer fahrlässigen Todesverursachung gemäß § 222 StGB zu würdigen sein (vgl. BGHSt 36, 1, 9 f.; BGH NStZ 2002, 315, 316 f.). Bei etwaiger Feststellung eines Körperverletzungs- oder Aussetzungsvorsatzes kämen die Vorschriften der §§ 221, 223 ff. StGB in Betracht. Die besondere, von Überforderung, Naivität, Vertrauensseligkeit und unzureichender Vorbereitung geprägte Tatsituation des Angeklagten wird der neue Tatrichter bei
der Beurteilung der Gleichstellung des heranwachsenden Angeklagten mit einem Jugendlichen nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG im Hinblick darauf zu würdigen haben, ob in dem Angeklagten noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam waren (vgl. BGHSt 36, 37, 40).
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 11. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 5 Satz 2 KostO).

Verfahrenswert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Das Verfahren betrifft die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in den Abbruch der künstlichen Ernährung einer einwilligungsunfähigen Betroffenen.

2

Die 1963 geborene Betroffene erlitt am 18. September 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine PEG-Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich.

3

Mit Beschluss vom 22. September 2009 bestellte das Amtsgericht den Ehemann und die Tochter der Betroffenen, die Beteiligten zu 2 und 3 (im Folgenden: Betreuer) im Wege der einstweiligen Anordnung zu deren Betreuern unter anderem für die Aufgabenkreise Gesundheits- und Vermögenssorge und die Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden. Die Betreuung wurde mit Beschluss vom 12. April 2010 mit einer Überprüfungsfrist zum 1. April 2017 auch in der Hauptsache angeordnet. Am 27. Juli 2010 beantragten die Betreuer, ihnen zu genehmigen, in weitere lebenserhaltende ärztliche Maßnahmen nicht mehr einzuwilligen bzw. ihre Einwilligung in die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen zu widerrufen bzw. die Genehmigung zur Einstellung der künstlichen Ernährung zu erteilen. Am 29. September 2011 und am 15. Februar 2012 wiederholten sie diese Anträge und beantragten weiter hilfsweise festzustellen, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung gemäß § 1904 Abs. 4 BGB nicht genehmigungsbedürftig sei. Mit der behandelnden Ärztin der Betroffenen bestehe Einvernehmen darüber, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung dem Willen der Betroffenen entspreche.

4

Das Amtsgericht hat den Antrag und den Hilfsantrag abgelehnt. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betreuer zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

6

1. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, es habe nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, dass die Betroffene eine Einstellung der künstlichen Ernährung im hier vorliegenden Fall gewollt hätte. In der Entscheidung, die künstliche Ernährung über die PEG-Magensonde einzustellen, liege ein Widerruf der früheren Einwilligung der Betreuer in die Behandlung und eine Verweigerung der Zustimmung in die hierauf gerichtete Behandlung. Die Genehmigung zur Nichteinwilligung oder zum Widerruf der Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff durch die Betreuer sei nach § 1904 Abs. 3 BGB zu erteilen, wenn dies dem Willen des Betreuten entspreche. In einem Fall, in dem - wie hier - keine Patientenverfügung vorliege, habe der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden. An die Annahme des mutmaßlichen Willens seien erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn zwar das Grundleiden des Betroffenen unumkehrbar sei und einen tödlichen Verlauf angenommen habe, aber der Tod nicht unmittelbar bevorstehe.

7

Auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens sei festzustellen, dass das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe, ohne dass ihr Tod in kurzer Zeit bevorstehe. Da eine Kommunikation mit der Betroffenen aufgrund ihrer Erkrankung nicht möglich sei, sei für die vorliegend zu treffende Entscheidung auf ihren mutmaßlichen Willen abzustellen. Die Betreuer und die im Beschwerdeverfahren vernommenen Zeuginnen - die Mutter, die Schwester und die Freundin der Betroffenen - hätten grundsätzlich übereinstimmend und auch plausibel und nachvollziehbar berichtet, dass die Betroffene in der Vergangenheit mehrfach geäußert habe, keine lebenserhaltenden Maßnahmen in Anspruch nehmen, sondern für immer einschlafen zu wollen, wenn sie im Koma liege, ihren Willen nicht mehr äußern und am Leben nicht mehr aktiv teilnehmen könne. Der als Betreuer eingesetzte Ehemann der Betroffenen habe zudem dargetan, dass noch im September 2009 entsprechende Formulare für eine Patientenverfügung zu Hause gelegen hätten, man aber keine Zeit mehr gefunden habe, diese auszufüllen.

8

Es sei offenbar geworden, dass sich die Betroffene in der Vergangenheit bereits ernsthaft mit dieser Thematik auseinandergesetzt habe. Anlass hierfür sei meistens eine schwere Erkrankung Dritter gewesen, etwa die der Eltern der Betroffenen, der Nichte ihrer Freundin und weiterer fremder Personen, die aufgrund einer schweren Erkrankung auf einen (Liege-)Rollstuhl angewiesen gewesen seien. Auch wenn diese Meinungsäußerungen der Betroffenen sehr ernst zu nehmen seien, hätten sie gleichwohl nicht die Qualität und Tiefe von Erklärungen, die im Rahmen einer Patientenverfügung abgegeben werden. Soweit sich die Betroffene anlässlich der schweren Erkrankung ihres Vaters, der 2001 kurzzeitig ins Koma gefallen und sodann im Alter von 72 Jahren verstorben sei, zur Frage von lebenserhaltenden Maßnahmen geäußert habe, sei diese Situation mit der der Betroffenen nicht vergleichbar. Beim Vater der Betroffenen habe Todesnähe bestanden; zudem sei er wesentlich älter gewesen als die Betroffene. Den Äußerungen der Betroffenen anlässlich schwerer Schicksalsschläge Dritter komme nicht die Wertigkeit einer konkreten Selbstbestimmtheit für die Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen beim Eintritt der jetzigen Situation zu. Die Freundin der Betroffenen habe dargelegt, dass die Frage, ob ein Anschluss an lebenserhaltende Geräte in jedem Fall ausgeschlossen werden solle oder nur, wenn es keine Chance auf Genesung und ein Wiedererwachen gebe, zwischen ihr und der Betroffenen nicht erörtert worden sei.

9

Der Ehemann der Betroffenen habe erklärt, dass die Betroffene keine lebenserhaltenden Maßnahmen gewollt habe, falls sie sich in einem Zustand des Leidens und der Qual befinde. Das Gericht habe jedoch nicht den Eindruck gewonnen, dass der derzeitige Zustand von der Betroffenen selbst als leidvoll oder quälend empfunden werde. Es habe daher nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, ob für die Betroffene in der aktuell bestehenden Lebens- und Behandlungssituation lebenserhaltende Maßnahmen akzeptabel gewesen wären oder ob sie diese abgebrochen hätte. Gegen die Annahme, dass sich die Betroffene zu der hier relevanten Lebenssituation konkret und verbindlich positioniert haben könnte, spreche zudem der Umstand, dass mit dem Ehemann noch nicht tiefergehend darüber gesprochen worden sei, welches konkrete Formular der Entwürfe von Patientenverfügungen gewählt werden sollte.

10

2. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Überprüfung stand.

11

a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht zunächst davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die von den Betreuern beabsichtigte Einwilligung in den Abbruch der künstlichen Ernährung der einwilligungsunfähigen Betroffenen nach § 1904 Abs. 2 BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf. Denn es liegt weder eine wirksame Patientenverfügung gemäß § 1901 a Abs. 1 BGB vor noch besteht zwischen den Betreuern und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen der Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).

12

aa) Gemäß § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Abbruchs der Maßnahme stirbt. Die Vorschrift ist Bestandteil einer umfassenden betreuungsrechtlichen Neuregelung einer am Patientenwillen orientierten Behandlungsbegrenzung durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2286) - so genanntes Patientenverfügungsgesetz. Das am 1. September 2009 in Kraft getretene Gesetz führt erstmals eine gesetzliche Regelung zur Genehmigungspflicht von Entscheidungen des Betreuers ein, wenn dieser in bestimmte medizinisch angezeigte Maßnahmen entsprechend dem Willen des Betroffenen nicht einwilligen oder eine früher erteilte Einwilligung widerrufen will (§ 1904 Abs. 2 bis 4 BGB). Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Widerruf der Einwilligung in die mit Hilfe einer PEG-Magensonde ermöglichte künstliche Ernährung vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst wird und grundsätzlich der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn - wie hier - durch den Abbruch der Maßnahme die Gefahr des Todes droht (NK-BGB/Heitmann 3. Aufl. § 1904 Rn. 16; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750).

13

bb) Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf jedoch dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 BGB) niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

14

Nach der Legaldefinition des § 1901 a Abs. 1 BGB ist eine Patientenverfügung eine schriftliche Willensbekundung eines einwilligungsfähigen Volljährigen, mit der er Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen für den Fall der späteren Einwilligungsunfähigkeit trifft. Enthält die schriftliche Patientenverfügung eine Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen, die auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, ist eine Einwilligung des Betreuers, die dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis unterfällt, in die Maßnahme nicht erforderlich, da der Betroffene diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen hat (BT-Drucks. 16/8442 S. 14; BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 2; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 50; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 27 f.; a.A. Erman/Roth BGB 13. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 8; Albrecht/Albrecht MittBayNot 2009, 426, 432 f.). Dem Betreuer obliegt es in diesem Fall nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901 a Abs. 1 Satz 2 BGB).

15

Das Genehmigungserfordernis des § 1904 Abs. 2 BGB greift indes ein, wenn nicht sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB vorliegen oder die Patientenverfügung nicht auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Da in diesem Fall der Willensbekundung des Betreuten keine unmittelbare Bindungswirkung zukommt (BT-Drucks. 16/8442 S. 11; vgl. auch BeckOK BGB/G. Müller § 1901 a Rn. 23; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 17), hat der Betreuer nach § 1901 a Abs. 2 BGB die Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in eine anstehende ärztliche Maßnahme zu treffen, wobei er den Behandlungswünschen oder dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen hat. Entschließt sich der Betreuer danach, in den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen einzuwilligen, bedarf diese Entscheidung - vorbehaltlich der Regelung in § 1904 Abs. 4 BGB - der Genehmigung durch das Betreuungsgericht.

16

Im vorliegenden Fall hat die Betroffene nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen eine den formellen Anforderungen des § 1901 a Abs. 1 BGB genügende schriftliche Patientenverfügung nicht erstellt. Die Betroffene und ihr Ehemann hatten sich zwar noch im September 2009 entsprechende Formulare für eine Patientenverfügung beschafft. Diese wurden jedoch nicht mehr ausgefüllt.

17

cc) Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der Entscheidung des Betreuers ist gemäß § 1904 Abs. 4 BGB dann nicht erforderlich, wenn zwischen diesem und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

18

(1) In § 1901 b BGB findet sich nunmehr eine klarstellende gesetzliche Regelung des zur Ermittlung des Patientenwillens erforderlichen Gesprächs zwischen dem behandelnden Arzt und dem Betreuer. Liegt eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB vor und besteht Einvernehmen zwischen dem Betreuer und dem behandelnden Arzt darüber, dass deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen, ist eine betreuungsgerichtliche Genehmigung bereits deshalb entbehrlich, weil es wegen des Fortwirkens der eigenen Entscheidung des Betroffenen keiner Nichteinwilligung und keines Widerrufs der Einwilligung in die ärztliche Maßnahme durch den Betreuer bedarf (BT-Drucks. 16/8442 S. 11). Für den Fall des Nichtvorliegens einer bindenden Patientenverfügung kommt es auf die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betroffenen gemäß § 1901 a Abs. 2 BGB an. Soweit der Betreuer und der behandelnde Arzt Einvernehmen darüber erzielen können, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a Abs. 2 BGB festgestellten Willen des Betroffenen entsprechen, werden die Entscheidungen des Betreuers nach § 1904 Abs. 4 BGB von der Genehmigungspflicht des Betreuungsgerichts ausgenommen (BT-Drucks. 16/8442 S. 18; vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 17 sowie Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1904 BGB Rn. 137; Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 97; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1904 Rn. 22; HK-BUR/Bauer [Stand: Juni 2013] § 1904 BGB Rn. 96; a.A. BtKomm/Roth E Rn. 24, demzufolge eine gerichtliche Genehmigung auch dann erforderlich ist, wenn Arzt und Betreuer übereinstimmend von einem mutmaßlichen Willen des Betroffenen ausgehen). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt sein, dass eine gerichtliche Genehmigung nur in Konfliktfällen erforderlich ist. Liegt kein Verdacht auf einen Missbrauch vor, soll die Umsetzung des Patientenwillens nicht durch ein sich gegebenenfalls durch mehrere Instanzen hinziehendes betreuungsgerichtliches Verfahren belastet werden. Die Durchsetzung des Patientenwillens würde erheblich verzögert oder unmöglich gemacht, da für die Dauer des Verfahrens die in Rede stehenden ärztlichen Maßnahmen in der Regel fortgeführt werden müssten und damit gegebenenfalls massiv in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen wird. Dem Schutz des Patienten vor einem etwaigen Missbrauch der Betreuerbefugnisse wird zum einen dadurch Rechnung getragen, dass eine wechselseitige Kontrolle zwischen Arzt und Betreuer bei der Entscheidungsfindung stattfindet. Zum anderen kann jeder Dritte, insbesondere der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte oder Vertrauenspersonen des Betreuten, aufgrund des Amtsermittlungsprinzips im Betreuungsverfahren jederzeit eine betreuungsgerichtliche Kontrolle der Betreuerentscheidung in Gang setzen (BT-Drucks. 16/8442 S. 19).

19

Angesichts des schwerwiegenden Eingriffs ist allerdings die Schwelle für ein gerichtliches Einschreiten nicht zu hoch anzusetzen (Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 13). Das Betreuungsgericht muss das Genehmigungsverfahren nach § 1904 Abs. 2 BGB immer dann durchführen, wenn einer der Handelnden Zweifel daran hat, ob das geplante Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht (vgl. MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1904 Rn. 53; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1904 BGB Rn. 14; vgl. auch BT-Drucks. 16/8442 S. 19). Das Verfahren bietet einen justizförmigen Rahmen, innerhalb dessen die rechtlichen Grenzen des Betreuerhandelns geklärt und der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Betroffenen - im Rahmen des Möglichen - ermittelt werden kann. Dies vermittelt der Entscheidung des Betreuers damit eine Legitimität, die geeignet ist, den Betreuer subjektiv zu entlasten sowie seine Entscheidung objektiv anderen Beteiligten zu vermitteln, und die ihn vor dem Risiko einer abweichenden strafrechtlichen ex-post-Beurteilung schützen kann (Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 755 mwN; vgl. Spickhoff Medizinrecht § 1901 a BGB Rn. 14). Daher ist die Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts auch dann eröffnet, wenn zwar ein Einvernehmen zwischen Betreuer und behandelndem Arzt besteht, aber gleichwohl ein Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung gestellt wird (Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 77 f.).

20

Stellt das Gericht dieses Einvernehmen im Sinne von § 1904 Abs. 4 BGB fest, hat es den Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung ohne weitere gerichtliche Ermittlungen abzulehnen und ein sogenanntes Negativattest zu erteilen, aus dem sich ergibt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (LG Kleve FamRZ 2010, 1841, 1843; AG Nordenham FamRZ 2011, 1327, 1328; vgl. auch LG Oldenburg FamRZ 2010, 1470, 1471; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1904 Rn. 56; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1904 Rn. 13; HK-BUR/Bauer [Stand: Juni 2013] § 1904 Rn. 106; a.A. Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 11; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1904 Rn. 22, wonach die Erteilung eines Negativattests nicht angezeigt sei). Gleiches gilt, wenn das Gericht trotz Einvernehmens zunächst einen Anlass für die Ermittlung des Patientenwillens mit den ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten sieht, aber nach der Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen entspricht. Bei unterschiedlichen Auffassungen oder bei Zweifeln des behandelnden Arztes und des Betreuers über den Behandlungswillen des Betreuten muss das Betreuungsgericht hingegen nach der Kontrolle, ob die Entscheidung des Betreuers über die Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung tatsächlich dem ermittelten Patientenwillen entspricht, eine Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB erteilen oder versagen.

21

(2) Danach hat sich das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall zu Recht nicht lediglich auf eine Prüfung nach § 1904 Abs. 4 BGB beschränkt, obwohl die Betreuer mit ihrem Antrag vom 15. Februar 2012 eine gemeinsame schriftliche Erklärung mit der behandelnden Ärztin der Betroffenen vorgelegt haben, wonach Einvernehmen darüber bestehe, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung in die künstliche Ernährung dem Willen der Betroffenen entspreche. Nachdem ein Einvernehmen zwischen Betreuern und behandelnder Ärztin zunächst nicht vorgelegen hatte und die Gerichte Zweifel an einem entsprechenden Willen der Betroffenen hatten, waren sie aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes gehalten, diesen im gerichtlichen Verfahren zu ermitteln (a.A. MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1901 a Rn. 56, wonach das Gericht auch bei eigenem Missbrauchsverdacht ein Negativattest zu erstellen und dann ein Kontrollverfahren nach § 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1837 Abs. 2 bis 4 BGB einzuleiten habe). Jedenfalls im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung konnte darüber hinaus ein Einvernehmen zwischen Betreuern und behandelnder Ärztin nicht mehr festgestellt werden, nachdem die Betroffene in ein anderes Pflegeheim verlegt worden war und sich die Person der behandelnden Ärztin geändert hatte.

22

b) Ebenfalls zu Recht ist das Beschwerdegericht noch unter Bezugnahme auf den zur früheren Rechtslage ergangenen Senatsbeschluss vom 17. März 2003 (BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 751) zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem „irreversibel tödlichen Verlauf“ nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen ist. Nach neuer Rechtslage ist in § 1901 a Abs. 3 BGB klargestellt, dass es für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines aktuell einwilligungsunfähigen Betroffenen nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung ankommt (BT-Drucks. 16/8442 S. 16; BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 14 ff.; Fröschle/Guckes/Kuhrke/Locher Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 298 FamFG Rn. 19). Auch wenn die Grunderkrankung noch keinen unmittelbar zum Tod führenden Verlauf genommen hat, d.h. der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat, ist das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu achten, gegen dessen Willen eine ärztliche Behandlung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden darf. Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme ist bei entsprechendem Willen des Betroffenen als Ausdruck der allgemeinen Entscheidungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) grundsätzlich zulässig. Der Betroffene darf eine Heilbehandlung auch dann ablehnen, wenn sie seine ohne Behandlung zum Tod führende Krankheit besiegen oder den Eintritt des Todes weit hinausschieben könnte (BT-Drucks. 16/8442 S. 9).

23

c) Soweit das Beschwerdegericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu der Würdigung gelangt ist, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspricht, ist dies dagegen nicht frei von Rechtsfehlern. Zudem hat es sich nicht mit der vorrangigen Frage befasst, ob ein entsprechender Behandlungswunsch der Betroffenen vorliegt.

24

aa) Die betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht, § 1904 Abs. 3 BGB. Das Betreuungsgericht hat die Entscheidung des Betreuers zum Schutz des Betreuten dahingehend zu überprüfen, ob diese Entscheidung tatsächlich dem ermittelten Patientenwillen entspricht. Gerichtlicher Überprüfungsmaßstab ist der individuelle Patientenwille, wobei für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens die in § 1901 a Abs. 2 BGB genannten Anhaltspunkte heranzuziehen sind (BT-Drucks. 16/8442 S. 18). Dabei differenziert § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits.

25

(1) Behandlungswünsche im Sinne des § 1901 a Abs. 2 BGB können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen, etwa weil sie nicht schriftlich abgefasst wurden, keine antizipierenden Entscheidungen treffen oder von einem minderjährigen Betroffenen verfasst wurden. Auch eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB, die jedoch nicht sicher auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen passt und deshalb keine unmittelbare Wirkung entfaltet, kann als Behandlungswunsch Berücksichtigung finden (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 57; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 28; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 16; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 71). Behandlungswünsche sind insbesondere dann aussagekräftig, wenn sie in Ansehung der Erkrankung zeitnah geäußert worden sind, konkrete Bezüge zur aktuellen Behandlungssituation aufweisen und die Zielvorstellungen des Patienten erkennen lassen (MünchKommStGB/Schneider 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 211 ff. Rn. 156). An die Behandlungswünsche des Betroffenen ist der Betreuer nicht nur nach § 1901 a Abs. 2 BGB, sondern bereits nach § 1901 Abs. 3 BGB gebunden (a.A. wohl Kutzer FS Rissing-van Saan 2011, 337, 353, wonach der lediglich mündlich geäußerte Behandlungswunsch den Betreuer nicht unmittelbar binde, sondern nur in die Würdigung der Gesamtsituation durch den Betreuer miteinzubeziehen sei).

26

(2) Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist demgegenüber abzustellen, wenn sich ein auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation bezogener Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt. Der mutmaßliche Wille ist anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen (die jedoch keinen Bezug zur aktuellen Lebens- und Behandlungssituation aufweisen), ethischer oder religiöser Überzeugungen und sonstiger persönlicher Wertvorstellungen des Betroffenen (§ 1901 a Abs. 2 Satz 2 und 3). Der Betreuer stellt letztlich eine These auf, wie sich der Betroffene selbst in der konkreten Situation entschieden hätte, wenn er noch über sich selbst bestimmen könnte (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht § 1901 a BGB Rn. 67 ff.).

27

Allerdings kommt die Berücksichtigung eines solchen mutmaßlichen Willen des Betroffenen nur hilfsweise in Betracht, wenn und soweit der wirkliche vor Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit geäußerte Wille des Betroffenen nicht zu ermitteln ist (Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 752; BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 17). Liegt eine Willensbekundung des Betroffenen vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts den Betreuer. Der Wille des Patienten muss stets beachtet werden, unabhängig von der Form, in der er geäußert wird (BT-Drucks. 16/13314 S. 22 zu § 1901 b BGB). Die Willensbekundung für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf vom Betreuer nicht durch einen "Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen" des Betroffenen korrigiert werden (BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 752).

28

(3) Ebenso wie bei Vorliegen einer schriftlichen Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB genügt auch der ermittelte Behandlungswunsch nicht, wenn sich dieser auf allgemein gehaltene Inhalte beschränkt.

29

Unmittelbare Bindungswirkung entfaltet eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist (HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 39; Spickhoff Medizinrecht § 1901 a BGB Rn. 7). Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt (vgl. Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 18). Insbesondere kann nicht ein gleiches Maß an Präzision verlangt werden, wie es bei der Willenserklärung eines einwilligungsfähigen Kranken in die Vornahme einer ihm angebotenen Behandlungsmaßnahme erreicht werden kann (vgl. Spickhoff FamRZ 2014, 1848 f.). Andernfalls wären nahezu sämtliche Patientenverfügungen unverbindlich, weil sie den Anforderungen an die Bestimmtheit nicht genügten (vgl. auch MünchKommStGB/Schneider 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 211 ff. Rn. 146; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 8).

30

Ein vergleichbares Maß an Bestimmtheit ist auch bei der Beurteilung eines Behandlungswunsches im Sinn des § 1901 a Abs. 2 BGB zu verlangen. Wann eine Maßnahme hinreichend bestimmt benannt ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Ebenso wie eine schriftliche Patientenverfügung sind auch mündliche Äußerungen des Betroffenen der Auslegung zugänglich.

31

(4) Maßgeblich ist weiter, ob die entsprechenden Anweisungen, welche zu einem Zeitpunkt erteilt wurden, als ein bestimmter ärztlicher Eingriff noch nicht unmittelbar bevorstand, auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zugeschnitten sind (sog. Kongruenz von Patientenverfügung und ärztlich erforderlichem Eingriff).

32

bb) Diesen Grundsätzen wird die angegriffene Entscheidung nicht in vollem Umfang gerecht.

33

(1) Nachdem eine schriftliche Patientenverfügung im Sinn des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht vorlag, hat das Beschwerdegericht zur Ermittlung des Willens der Betroffenen zutreffend auf § 1901 a Abs. 2 BGB abgestellt. Allerdings ist das Beschwerdegericht ohne weitere Differenzierung zwischen Behandlungswunsch einerseits und mutmaßlichem Willen andererseits davon ausgegangen, dass der mutmaßliche Wille der Betroffenen zu ermitteln sei. Hierbei hat das Beschwerdegericht, wie die Rechtsbeschwerde insoweit zu Recht rügt, die Bekundungen der Zeugin L.      nicht hinreichend berücksichtigt.

34

Das Beschwerdegericht hätte Anlass zur Prüfung gehabt, ob es sich bei der mündlichen Äußerung der Betroffenen gegenüber der Zeugin L.      um einen Behandlungswunsch im Sinne des § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB handelte, mit dem sie Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation getroffen hat, welche mit der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation übereinstimmt. Ein Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen der Betroffenen wäre in Anbetracht dessen ausgeschlossen (vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 5, 17).

35

Die Betroffene hatte sich nach den Angaben der Zeugin L.      auch anlässlich der Erkrankung von deren Nichte geäußert, die im Alter von 39 Jahren ins Wachkoma gefallen war. Ausweislich des Vermerks über die Anhörung der Zeugin L.      hat die Betroffene angegeben, dass sie selbst, sollte sie sich in einem Zustand wie die Nichte befinden, nicht künstlich am Leben erhalten bleiben wolle. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts haben zudem beide Betreuer sowie die Zeuginnen übereinstimmend, plausibel und nachvollziehbar erklärt, dass die Betroffene in der Vergangenheit mehrfach geäußert habe, keine lebensverlängernden Maßnahmen in Anspruch nehmen zu wollen, wenn sie im Koma liege, ihren Willen nicht mehr äußern und am Leben nicht mehr aktiv teilnehmen könne.

36

(2) Die angegriffene Entscheidung begegnet zudem rechtlichen Bedenken, weil sie darüber hinaus erhöhte Anforderung an die Ermittlung und Annahme des mutmaßlichen Willens stellt, wenn der Tod des Betroffenen - wie hier - nicht unmittelbar bevorsteht.

37

Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit § 1901 a Abs. 3 BGB, der in erster Linie klarstellen will, dass es für die Beachtung und Durchsetzung des Patientenwillens nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung ankommt. Aus § 1901 a Abs. 3 BGB folgt aber zugleich, dass keine höheren Anforderungen an die Ermittlung und die Annahme von Behandlungswünschen oder des mutmaßlichen Willens zu stellen sind, wenn der Tod des Betroffenen nicht unmittelbar bevorsteht. Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten beweismäßig strenge Maßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter - dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Selbstbestimmungsrecht einerseits (vgl. insoweit auch BVerfG FamRZ 2011, 1927 Rn. 35 f.) und dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutz des Lebens andererseits - Rechnung zu tragen haben. Dies hat insbesondere zu gelten, wenn es beim Fehlen einer schriftlichen Patientenverfügung um die Feststellung eines in der Vergangenheit mündlich geäußerten Patientenwillens geht (vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 38; BGH Beschluss vom 10. November 2010 - 2 StR 320/10 - FamRZ 2011, 108 Rn. 12). Insbesondere bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen ist darauf zu achten, dass nicht die Werte und Vorstellungen des Betreuers zum Entscheidungsmaßstab werden. Die bei der Ermittlung und der Annahme des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten aber unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht (a.A. LG Kleve FamRZ 2010, 1841, 1843; AG Nordenham FamRZ 2011, 1327, 1328; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1901 a Rn. 50; Kutzer FS Rissing-van Saan, 2011, 337, 354; zur früheren Rechtslage: Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 751 unter Bezugnahme auf BGH Urteil vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94 - NJW 1995, 204).

38

Das Beschwerdegericht geht demgegenüber von einem falschen Maßstab aus, wenn es ausführt, an die Ermittlung und Annahme des mutmaßlichen Willens seien höhere Anforderungen zu stellen, wenn der Tod des Betroffenen noch nicht unmittelbar bevorsteht.

39

3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann demnach keinen Bestand haben. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Beschwerdegericht etwaige Behandlungswünsche und gegebenenfalls den mutmaßlichen Willen der Betroffenen unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugin L.      und unter Anlegung des korrekten Prüfungsmaßstabs erneut zu ermitteln haben. Der Senat weist dazu auf Folgendes hin:

40

a) Die Äußerung der Betroffenen ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil sie bei ihrem Gespräch mit der Zeugin L.     nicht im Einzelnen danach differenziert hat, ob lebenserhaltende Maßnahmen für alle Fälle ausgeschlossen werden sollten oder nur, wenn es keine Chance auf Genesung und ein Wiedererwachen gebe. Denn das Beschwerdegericht hat sich dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten angeschlossen, wonach das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe. Weiter haben die Sachverständigen ausgeführt, dass - auch wenn es immer wieder vereinzelte Fallberichte zu klinischen Besserungen nach langer Zeit gebe - die Wahrscheinlichkeit für ein bewusstes, unabhängiges Leben bei 0 % liege, wenn der fortdauernde vegetative Status eines Patienten, wie bei der Betroffenen, länger als sechs Monate andauere.

41

b) Die mündlichen Äußerungen der Betroffenen werden nicht dadurch relativiert, dass die Betroffene keine schriftliche Patientenverfügung angefertigt hatte, obwohl entsprechende Vordrucke bei ihr zu Hause gelegen hatten. Diesem Umstand kann weder entnommen werden, dass die Betroffene von der Errichtung einer Patientenverfügung (vorerst) Abstand nehmen wollte, weil sie sich noch nicht konkret und verbindlich positionieren wollte, noch dass sie schon inhaltlich festgelegt wäre. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts kann lediglich als sicher angenommen werden, dass die Betroffene zu einem Zeitpunkt, als ihre Erkrankung noch gänzlich ungewiss war, eine Patientenverfügung erstellen wollte, aber noch keines der unterschiedlichen Formulare ausgewählt hatte, bevor sie unvorhersehbar erkrankte.

Dose                               Schilling                     Günter

            Nedden-Boeger                        Botur

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn

1.
nicht gewährleistet ist, daß in der Betriebsstätte und, sofern weitere Betriebsstätten in nicht benachbarten Gemeinden bestehen, in jeder dieser Betriebsstätten eine Person bestellt wird, die verantwortlich ist für die Einhaltung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften und der Anordnungen der Überwachungsbehörden (Verantwortlicher); der Antragsteller kann selbst die Stelle eines Verantwortlichen einnehmen,
2.
der vorgesehene Verantwortliche nicht die erforderliche Sachkenntnis hat oder die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht ständig erfüllen kann,
3.
Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Verantwortlichen, des Antragstellers, seines gesetzlichen Vertreters oder bei juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung oder Geschäftsführung Berechtigten ergeben,
4.
geeignete Räume, Einrichtungen und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung ausgenommener Zubereitungen nicht vorhanden sind,
5.
die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen aus anderen als den in den Nummern 1 bis 4 genannten Gründen nicht gewährleistet ist,
6.
die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist oder
7.
bei Beanstandung der vorgelegten Antragsunterlagen einem Mangel nicht innerhalb der gesetzten Frist (§ 8 Abs. 2) abgeholfen wird.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn sie der Durchführung der internationalen Suchtstoffübereinkommen oder Beschlüssen, Anordnungen oder Empfehlungen zwischenstaatlicher Einrichtungen der Suchtstoffkontrolle entgegensteht oder dies wegen Rechtsakten der Organe der Europäischen Union geboten ist.

(1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 und zu 3 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 11. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 5 Satz 2 KostO).

Verfahrenswert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Das Verfahren betrifft die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in den Abbruch der künstlichen Ernährung einer einwilligungsunfähigen Betroffenen.

2

Die 1963 geborene Betroffene erlitt am 18. September 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine PEG-Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich.

3

Mit Beschluss vom 22. September 2009 bestellte das Amtsgericht den Ehemann und die Tochter der Betroffenen, die Beteiligten zu 2 und 3 (im Folgenden: Betreuer) im Wege der einstweiligen Anordnung zu deren Betreuern unter anderem für die Aufgabenkreise Gesundheits- und Vermögenssorge und die Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden. Die Betreuung wurde mit Beschluss vom 12. April 2010 mit einer Überprüfungsfrist zum 1. April 2017 auch in der Hauptsache angeordnet. Am 27. Juli 2010 beantragten die Betreuer, ihnen zu genehmigen, in weitere lebenserhaltende ärztliche Maßnahmen nicht mehr einzuwilligen bzw. ihre Einwilligung in die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen zu widerrufen bzw. die Genehmigung zur Einstellung der künstlichen Ernährung zu erteilen. Am 29. September 2011 und am 15. Februar 2012 wiederholten sie diese Anträge und beantragten weiter hilfsweise festzustellen, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung gemäß § 1904 Abs. 4 BGB nicht genehmigungsbedürftig sei. Mit der behandelnden Ärztin der Betroffenen bestehe Einvernehmen darüber, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung dem Willen der Betroffenen entspreche.

4

Das Amtsgericht hat den Antrag und den Hilfsantrag abgelehnt. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betreuer zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

6

1. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, es habe nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, dass die Betroffene eine Einstellung der künstlichen Ernährung im hier vorliegenden Fall gewollt hätte. In der Entscheidung, die künstliche Ernährung über die PEG-Magensonde einzustellen, liege ein Widerruf der früheren Einwilligung der Betreuer in die Behandlung und eine Verweigerung der Zustimmung in die hierauf gerichtete Behandlung. Die Genehmigung zur Nichteinwilligung oder zum Widerruf der Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff durch die Betreuer sei nach § 1904 Abs. 3 BGB zu erteilen, wenn dies dem Willen des Betreuten entspreche. In einem Fall, in dem - wie hier - keine Patientenverfügung vorliege, habe der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden. An die Annahme des mutmaßlichen Willens seien erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn zwar das Grundleiden des Betroffenen unumkehrbar sei und einen tödlichen Verlauf angenommen habe, aber der Tod nicht unmittelbar bevorstehe.

7

Auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens sei festzustellen, dass das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe, ohne dass ihr Tod in kurzer Zeit bevorstehe. Da eine Kommunikation mit der Betroffenen aufgrund ihrer Erkrankung nicht möglich sei, sei für die vorliegend zu treffende Entscheidung auf ihren mutmaßlichen Willen abzustellen. Die Betreuer und die im Beschwerdeverfahren vernommenen Zeuginnen - die Mutter, die Schwester und die Freundin der Betroffenen - hätten grundsätzlich übereinstimmend und auch plausibel und nachvollziehbar berichtet, dass die Betroffene in der Vergangenheit mehrfach geäußert habe, keine lebenserhaltenden Maßnahmen in Anspruch nehmen, sondern für immer einschlafen zu wollen, wenn sie im Koma liege, ihren Willen nicht mehr äußern und am Leben nicht mehr aktiv teilnehmen könne. Der als Betreuer eingesetzte Ehemann der Betroffenen habe zudem dargetan, dass noch im September 2009 entsprechende Formulare für eine Patientenverfügung zu Hause gelegen hätten, man aber keine Zeit mehr gefunden habe, diese auszufüllen.

8

Es sei offenbar geworden, dass sich die Betroffene in der Vergangenheit bereits ernsthaft mit dieser Thematik auseinandergesetzt habe. Anlass hierfür sei meistens eine schwere Erkrankung Dritter gewesen, etwa die der Eltern der Betroffenen, der Nichte ihrer Freundin und weiterer fremder Personen, die aufgrund einer schweren Erkrankung auf einen (Liege-)Rollstuhl angewiesen gewesen seien. Auch wenn diese Meinungsäußerungen der Betroffenen sehr ernst zu nehmen seien, hätten sie gleichwohl nicht die Qualität und Tiefe von Erklärungen, die im Rahmen einer Patientenverfügung abgegeben werden. Soweit sich die Betroffene anlässlich der schweren Erkrankung ihres Vaters, der 2001 kurzzeitig ins Koma gefallen und sodann im Alter von 72 Jahren verstorben sei, zur Frage von lebenserhaltenden Maßnahmen geäußert habe, sei diese Situation mit der der Betroffenen nicht vergleichbar. Beim Vater der Betroffenen habe Todesnähe bestanden; zudem sei er wesentlich älter gewesen als die Betroffene. Den Äußerungen der Betroffenen anlässlich schwerer Schicksalsschläge Dritter komme nicht die Wertigkeit einer konkreten Selbstbestimmtheit für die Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen beim Eintritt der jetzigen Situation zu. Die Freundin der Betroffenen habe dargelegt, dass die Frage, ob ein Anschluss an lebenserhaltende Geräte in jedem Fall ausgeschlossen werden solle oder nur, wenn es keine Chance auf Genesung und ein Wiedererwachen gebe, zwischen ihr und der Betroffenen nicht erörtert worden sei.

9

Der Ehemann der Betroffenen habe erklärt, dass die Betroffene keine lebenserhaltenden Maßnahmen gewollt habe, falls sie sich in einem Zustand des Leidens und der Qual befinde. Das Gericht habe jedoch nicht den Eindruck gewonnen, dass der derzeitige Zustand von der Betroffenen selbst als leidvoll oder quälend empfunden werde. Es habe daher nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, ob für die Betroffene in der aktuell bestehenden Lebens- und Behandlungssituation lebenserhaltende Maßnahmen akzeptabel gewesen wären oder ob sie diese abgebrochen hätte. Gegen die Annahme, dass sich die Betroffene zu der hier relevanten Lebenssituation konkret und verbindlich positioniert haben könnte, spreche zudem der Umstand, dass mit dem Ehemann noch nicht tiefergehend darüber gesprochen worden sei, welches konkrete Formular der Entwürfe von Patientenverfügungen gewählt werden sollte.

10

2. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Überprüfung stand.

11

a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht zunächst davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die von den Betreuern beabsichtigte Einwilligung in den Abbruch der künstlichen Ernährung der einwilligungsunfähigen Betroffenen nach § 1904 Abs. 2 BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf. Denn es liegt weder eine wirksame Patientenverfügung gemäß § 1901 a Abs. 1 BGB vor noch besteht zwischen den Betreuern und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen der Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).

12

aa) Gemäß § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Abbruchs der Maßnahme stirbt. Die Vorschrift ist Bestandteil einer umfassenden betreuungsrechtlichen Neuregelung einer am Patientenwillen orientierten Behandlungsbegrenzung durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2286) - so genanntes Patientenverfügungsgesetz. Das am 1. September 2009 in Kraft getretene Gesetz führt erstmals eine gesetzliche Regelung zur Genehmigungspflicht von Entscheidungen des Betreuers ein, wenn dieser in bestimmte medizinisch angezeigte Maßnahmen entsprechend dem Willen des Betroffenen nicht einwilligen oder eine früher erteilte Einwilligung widerrufen will (§ 1904 Abs. 2 bis 4 BGB). Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Widerruf der Einwilligung in die mit Hilfe einer PEG-Magensonde ermöglichte künstliche Ernährung vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst wird und grundsätzlich der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn - wie hier - durch den Abbruch der Maßnahme die Gefahr des Todes droht (NK-BGB/Heitmann 3. Aufl. § 1904 Rn. 16; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750).

13

bb) Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme bedarf jedoch dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer wirksamen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 BGB) niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

14

Nach der Legaldefinition des § 1901 a Abs. 1 BGB ist eine Patientenverfügung eine schriftliche Willensbekundung eines einwilligungsfähigen Volljährigen, mit der er Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen für den Fall der späteren Einwilligungsunfähigkeit trifft. Enthält die schriftliche Patientenverfügung eine Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen, die auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, ist eine Einwilligung des Betreuers, die dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis unterfällt, in die Maßnahme nicht erforderlich, da der Betroffene diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen hat (BT-Drucks. 16/8442 S. 14; BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 750; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 2; Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 50; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 27 f.; a.A. Erman/Roth BGB 13. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 8; Albrecht/Albrecht MittBayNot 2009, 426, 432 f.). Dem Betreuer obliegt es in diesem Fall nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901 a Abs. 1 Satz 2 BGB).

15

Das Genehmigungserfordernis des § 1904 Abs. 2 BGB greift indes ein, wenn nicht sämtliche Voraussetzungen einer wirksamen Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB vorliegen oder die Patientenverfügung nicht auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Da in diesem Fall der Willensbekundung des Betreuten keine unmittelbare Bindungswirkung zukommt (BT-Drucks. 16/8442 S. 11; vgl. auch BeckOK BGB/G. Müller § 1901 a Rn. 23; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 17), hat der Betreuer nach § 1901 a Abs. 2 BGB die Entscheidung über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in eine anstehende ärztliche Maßnahme zu treffen, wobei er den Behandlungswünschen oder dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen hat. Entschließt sich der Betreuer danach, in den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen einzuwilligen, bedarf diese Entscheidung - vorbehaltlich der Regelung in § 1904 Abs. 4 BGB - der Genehmigung durch das Betreuungsgericht.

16

Im vorliegenden Fall hat die Betroffene nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen eine den formellen Anforderungen des § 1901 a Abs. 1 BGB genügende schriftliche Patientenverfügung nicht erstellt. Die Betroffene und ihr Ehemann hatten sich zwar noch im September 2009 entsprechende Formulare für eine Patientenverfügung beschafft. Diese wurden jedoch nicht mehr ausgefüllt.

17

cc) Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der Entscheidung des Betreuers ist gemäß § 1904 Abs. 4 BGB dann nicht erforderlich, wenn zwischen diesem und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

18

(1) In § 1901 b BGB findet sich nunmehr eine klarstellende gesetzliche Regelung des zur Ermittlung des Patientenwillens erforderlichen Gesprächs zwischen dem behandelnden Arzt und dem Betreuer. Liegt eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB vor und besteht Einvernehmen zwischen dem Betreuer und dem behandelnden Arzt darüber, dass deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen, ist eine betreuungsgerichtliche Genehmigung bereits deshalb entbehrlich, weil es wegen des Fortwirkens der eigenen Entscheidung des Betroffenen keiner Nichteinwilligung und keines Widerrufs der Einwilligung in die ärztliche Maßnahme durch den Betreuer bedarf (BT-Drucks. 16/8442 S. 11). Für den Fall des Nichtvorliegens einer bindenden Patientenverfügung kommt es auf die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betroffenen gemäß § 1901 a Abs. 2 BGB an. Soweit der Betreuer und der behandelnde Arzt Einvernehmen darüber erzielen können, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a Abs. 2 BGB festgestellten Willen des Betroffenen entsprechen, werden die Entscheidungen des Betreuers nach § 1904 Abs. 4 BGB von der Genehmigungspflicht des Betreuungsgerichts ausgenommen (BT-Drucks. 16/8442 S. 18; vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 17 sowie Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1904 BGB Rn. 137; Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 97; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1904 Rn. 22; HK-BUR/Bauer [Stand: Juni 2013] § 1904 BGB Rn. 96; a.A. BtKomm/Roth E Rn. 24, demzufolge eine gerichtliche Genehmigung auch dann erforderlich ist, wenn Arzt und Betreuer übereinstimmend von einem mutmaßlichen Willen des Betroffenen ausgehen). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt sein, dass eine gerichtliche Genehmigung nur in Konfliktfällen erforderlich ist. Liegt kein Verdacht auf einen Missbrauch vor, soll die Umsetzung des Patientenwillens nicht durch ein sich gegebenenfalls durch mehrere Instanzen hinziehendes betreuungsgerichtliches Verfahren belastet werden. Die Durchsetzung des Patientenwillens würde erheblich verzögert oder unmöglich gemacht, da für die Dauer des Verfahrens die in Rede stehenden ärztlichen Maßnahmen in der Regel fortgeführt werden müssten und damit gegebenenfalls massiv in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen eingegriffen wird. Dem Schutz des Patienten vor einem etwaigen Missbrauch der Betreuerbefugnisse wird zum einen dadurch Rechnung getragen, dass eine wechselseitige Kontrolle zwischen Arzt und Betreuer bei der Entscheidungsfindung stattfindet. Zum anderen kann jeder Dritte, insbesondere der Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte oder Vertrauenspersonen des Betreuten, aufgrund des Amtsermittlungsprinzips im Betreuungsverfahren jederzeit eine betreuungsgerichtliche Kontrolle der Betreuerentscheidung in Gang setzen (BT-Drucks. 16/8442 S. 19).

19

Angesichts des schwerwiegenden Eingriffs ist allerdings die Schwelle für ein gerichtliches Einschreiten nicht zu hoch anzusetzen (Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 13). Das Betreuungsgericht muss das Genehmigungsverfahren nach § 1904 Abs. 2 BGB immer dann durchführen, wenn einer der Handelnden Zweifel daran hat, ob das geplante Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht (vgl. MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1904 Rn. 53; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1904 BGB Rn. 14; vgl. auch BT-Drucks. 16/8442 S. 19). Das Verfahren bietet einen justizförmigen Rahmen, innerhalb dessen die rechtlichen Grenzen des Betreuerhandelns geklärt und der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Betroffenen - im Rahmen des Möglichen - ermittelt werden kann. Dies vermittelt der Entscheidung des Betreuers damit eine Legitimität, die geeignet ist, den Betreuer subjektiv zu entlasten sowie seine Entscheidung objektiv anderen Beteiligten zu vermitteln, und die ihn vor dem Risiko einer abweichenden strafrechtlichen ex-post-Beurteilung schützen kann (Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 755 mwN; vgl. Spickhoff Medizinrecht § 1901 a BGB Rn. 14). Daher ist die Prüfungskompetenz des Betreuungsgerichts auch dann eröffnet, wenn zwar ein Einvernehmen zwischen Betreuer und behandelndem Arzt besteht, aber gleichwohl ein Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung gestellt wird (Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 77 f.).

20

Stellt das Gericht dieses Einvernehmen im Sinne von § 1904 Abs. 4 BGB fest, hat es den Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung ohne weitere gerichtliche Ermittlungen abzulehnen und ein sogenanntes Negativattest zu erteilen, aus dem sich ergibt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (LG Kleve FamRZ 2010, 1841, 1843; AG Nordenham FamRZ 2011, 1327, 1328; vgl. auch LG Oldenburg FamRZ 2010, 1470, 1471; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1904 Rn. 56; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1904 Rn. 13; HK-BUR/Bauer [Stand: Juni 2013] § 1904 Rn. 106; a.A. Jurgeleit/Kieß Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1904 BGB Rn. 11; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1904 Rn. 22, wonach die Erteilung eines Negativattests nicht angezeigt sei). Gleiches gilt, wenn das Gericht trotz Einvernehmens zunächst einen Anlass für die Ermittlung des Patientenwillens mit den ihm zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten sieht, aber nach der Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a BGB festgestellten Willen entspricht. Bei unterschiedlichen Auffassungen oder bei Zweifeln des behandelnden Arztes und des Betreuers über den Behandlungswillen des Betreuten muss das Betreuungsgericht hingegen nach der Kontrolle, ob die Entscheidung des Betreuers über die Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung tatsächlich dem ermittelten Patientenwillen entspricht, eine Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB erteilen oder versagen.

21

(2) Danach hat sich das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall zu Recht nicht lediglich auf eine Prüfung nach § 1904 Abs. 4 BGB beschränkt, obwohl die Betreuer mit ihrem Antrag vom 15. Februar 2012 eine gemeinsame schriftliche Erklärung mit der behandelnden Ärztin der Betroffenen vorgelegt haben, wonach Einvernehmen darüber bestehe, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung in die künstliche Ernährung dem Willen der Betroffenen entspreche. Nachdem ein Einvernehmen zwischen Betreuern und behandelnder Ärztin zunächst nicht vorgelegen hatte und die Gerichte Zweifel an einem entsprechenden Willen der Betroffenen hatten, waren sie aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes gehalten, diesen im gerichtlichen Verfahren zu ermitteln (a.A. MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1901 a Rn. 56, wonach das Gericht auch bei eigenem Missbrauchsverdacht ein Negativattest zu erstellen und dann ein Kontrollverfahren nach § 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1837 Abs. 2 bis 4 BGB einzuleiten habe). Jedenfalls im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung konnte darüber hinaus ein Einvernehmen zwischen Betreuern und behandelnder Ärztin nicht mehr festgestellt werden, nachdem die Betroffene in ein anderes Pflegeheim verlegt worden war und sich die Person der behandelnden Ärztin geändert hatte.

22

b) Ebenfalls zu Recht ist das Beschwerdegericht noch unter Bezugnahme auf den zur früheren Rechtslage ergangenen Senatsbeschluss vom 17. März 2003 (BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 751) zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorliegen einer Grunderkrankung mit einem „irreversibel tödlichen Verlauf“ nicht Voraussetzung für den zulässigen Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen ist. Nach neuer Rechtslage ist in § 1901 a Abs. 3 BGB klargestellt, dass es für die Verbindlichkeit des tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens eines aktuell einwilligungsunfähigen Betroffenen nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung ankommt (BT-Drucks. 16/8442 S. 16; BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 14 ff.; Fröschle/Guckes/Kuhrke/Locher Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 298 FamFG Rn. 19). Auch wenn die Grunderkrankung noch keinen unmittelbar zum Tod führenden Verlauf genommen hat, d.h. der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat, ist das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen zu achten, gegen dessen Willen eine ärztliche Behandlung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden darf. Der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme ist bei entsprechendem Willen des Betroffenen als Ausdruck der allgemeinen Entscheidungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) grundsätzlich zulässig. Der Betroffene darf eine Heilbehandlung auch dann ablehnen, wenn sie seine ohne Behandlung zum Tod führende Krankheit besiegen oder den Eintritt des Todes weit hinausschieben könnte (BT-Drucks. 16/8442 S. 9).

23

c) Soweit das Beschwerdegericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu der Würdigung gelangt ist, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspricht, ist dies dagegen nicht frei von Rechtsfehlern. Zudem hat es sich nicht mit der vorrangigen Frage befasst, ob ein entsprechender Behandlungswunsch der Betroffenen vorliegt.

24

aa) Die betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht, § 1904 Abs. 3 BGB. Das Betreuungsgericht hat die Entscheidung des Betreuers zum Schutz des Betreuten dahingehend zu überprüfen, ob diese Entscheidung tatsächlich dem ermittelten Patientenwillen entspricht. Gerichtlicher Überprüfungsmaßstab ist der individuelle Patientenwille, wobei für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens die in § 1901 a Abs. 2 BGB genannten Anhaltspunkte heranzuziehen sind (BT-Drucks. 16/8442 S. 18). Dabei differenziert § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits.

25

(1) Behandlungswünsche im Sinne des § 1901 a Abs. 2 BGB können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen, etwa weil sie nicht schriftlich abgefasst wurden, keine antizipierenden Entscheidungen treffen oder von einem minderjährigen Betroffenen verfasst wurden. Auch eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB, die jedoch nicht sicher auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen passt und deshalb keine unmittelbare Wirkung entfaltet, kann als Behandlungswunsch Berücksichtigung finden (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 57; Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 28; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 16; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 71). Behandlungswünsche sind insbesondere dann aussagekräftig, wenn sie in Ansehung der Erkrankung zeitnah geäußert worden sind, konkrete Bezüge zur aktuellen Behandlungssituation aufweisen und die Zielvorstellungen des Patienten erkennen lassen (MünchKommStGB/Schneider 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 211 ff. Rn. 156). An die Behandlungswünsche des Betroffenen ist der Betreuer nicht nur nach § 1901 a Abs. 2 BGB, sondern bereits nach § 1901 Abs. 3 BGB gebunden (a.A. wohl Kutzer FS Rissing-van Saan 2011, 337, 353, wonach der lediglich mündlich geäußerte Behandlungswunsch den Betreuer nicht unmittelbar binde, sondern nur in die Würdigung der Gesamtsituation durch den Betreuer miteinzubeziehen sei).

26

(2) Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist demgegenüber abzustellen, wenn sich ein auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation bezogener Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt. Der mutmaßliche Wille ist anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen (die jedoch keinen Bezug zur aktuellen Lebens- und Behandlungssituation aufweisen), ethischer oder religiöser Überzeugungen und sonstiger persönlicher Wertvorstellungen des Betroffenen (§ 1901 a Abs. 2 Satz 2 und 3). Der Betreuer stellt letztlich eine These auf, wie sich der Betroffene selbst in der konkreten Situation entschieden hätte, wenn er noch über sich selbst bestimmen könnte (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht § 1901 a BGB Rn. 67 ff.).

27

Allerdings kommt die Berücksichtigung eines solchen mutmaßlichen Willen des Betroffenen nur hilfsweise in Betracht, wenn und soweit der wirkliche vor Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit geäußerte Wille des Betroffenen nicht zu ermitteln ist (Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 752; BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 17). Liegt eine Willensbekundung des Betroffenen vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts den Betreuer. Der Wille des Patienten muss stets beachtet werden, unabhängig von der Form, in der er geäußert wird (BT-Drucks. 16/13314 S. 22 zu § 1901 b BGB). Die Willensbekundung für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf vom Betreuer nicht durch einen "Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen" des Betroffenen korrigiert werden (BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 752).

28

(3) Ebenso wie bei Vorliegen einer schriftlichen Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB genügt auch der ermittelte Behandlungswunsch nicht, wenn sich dieser auf allgemein gehaltene Inhalte beschränkt.

29

Unmittelbare Bindungswirkung entfaltet eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist (HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 1901 a BGB Rn. 39; Spickhoff Medizinrecht § 1901 a BGB Rn. 7). Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt (vgl. Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1901 a Rn. 18). Insbesondere kann nicht ein gleiches Maß an Präzision verlangt werden, wie es bei der Willenserklärung eines einwilligungsfähigen Kranken in die Vornahme einer ihm angebotenen Behandlungsmaßnahme erreicht werden kann (vgl. Spickhoff FamRZ 2014, 1848 f.). Andernfalls wären nahezu sämtliche Patientenverfügungen unverbindlich, weil sie den Anforderungen an die Bestimmtheit nicht genügten (vgl. auch MünchKommStGB/Schneider 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 211 ff. Rn. 146; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1901 a BGB Rn. 8).

30

Ein vergleichbares Maß an Bestimmtheit ist auch bei der Beurteilung eines Behandlungswunsches im Sinn des § 1901 a Abs. 2 BGB zu verlangen. Wann eine Maßnahme hinreichend bestimmt benannt ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Ebenso wie eine schriftliche Patientenverfügung sind auch mündliche Äußerungen des Betroffenen der Auslegung zugänglich.

31

(4) Maßgeblich ist weiter, ob die entsprechenden Anweisungen, welche zu einem Zeitpunkt erteilt wurden, als ein bestimmter ärztlicher Eingriff noch nicht unmittelbar bevorstand, auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zugeschnitten sind (sog. Kongruenz von Patientenverfügung und ärztlich erforderlichem Eingriff).

32

bb) Diesen Grundsätzen wird die angegriffene Entscheidung nicht in vollem Umfang gerecht.

33

(1) Nachdem eine schriftliche Patientenverfügung im Sinn des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht vorlag, hat das Beschwerdegericht zur Ermittlung des Willens der Betroffenen zutreffend auf § 1901 a Abs. 2 BGB abgestellt. Allerdings ist das Beschwerdegericht ohne weitere Differenzierung zwischen Behandlungswunsch einerseits und mutmaßlichem Willen andererseits davon ausgegangen, dass der mutmaßliche Wille der Betroffenen zu ermitteln sei. Hierbei hat das Beschwerdegericht, wie die Rechtsbeschwerde insoweit zu Recht rügt, die Bekundungen der Zeugin L.      nicht hinreichend berücksichtigt.

34

Das Beschwerdegericht hätte Anlass zur Prüfung gehabt, ob es sich bei der mündlichen Äußerung der Betroffenen gegenüber der Zeugin L.      um einen Behandlungswunsch im Sinne des § 1901 a Abs. 2 Satz 1 BGB handelte, mit dem sie Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation getroffen hat, welche mit der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation übereinstimmt. Ein Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen der Betroffenen wäre in Anbetracht dessen ausgeschlossen (vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 5, 17).

35

Die Betroffene hatte sich nach den Angaben der Zeugin L.      auch anlässlich der Erkrankung von deren Nichte geäußert, die im Alter von 39 Jahren ins Wachkoma gefallen war. Ausweislich des Vermerks über die Anhörung der Zeugin L.      hat die Betroffene angegeben, dass sie selbst, sollte sie sich in einem Zustand wie die Nichte befinden, nicht künstlich am Leben erhalten bleiben wolle. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts haben zudem beide Betreuer sowie die Zeuginnen übereinstimmend, plausibel und nachvollziehbar erklärt, dass die Betroffene in der Vergangenheit mehrfach geäußert habe, keine lebensverlängernden Maßnahmen in Anspruch nehmen zu wollen, wenn sie im Koma liege, ihren Willen nicht mehr äußern und am Leben nicht mehr aktiv teilnehmen könne.

36

(2) Die angegriffene Entscheidung begegnet zudem rechtlichen Bedenken, weil sie darüber hinaus erhöhte Anforderung an die Ermittlung und Annahme des mutmaßlichen Willens stellt, wenn der Tod des Betroffenen - wie hier - nicht unmittelbar bevorsteht.

37

Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit § 1901 a Abs. 3 BGB, der in erster Linie klarstellen will, dass es für die Beachtung und Durchsetzung des Patientenwillens nicht auf die Art und das Stadium der Erkrankung ankommt. Aus § 1901 a Abs. 3 BGB folgt aber zugleich, dass keine höheren Anforderungen an die Ermittlung und die Annahme von Behandlungswünschen oder des mutmaßlichen Willens zu stellen sind, wenn der Tod des Betroffenen nicht unmittelbar bevorsteht. Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten beweismäßig strenge Maßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter - dem aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Selbstbestimmungsrecht einerseits (vgl. insoweit auch BVerfG FamRZ 2011, 1927 Rn. 35 f.) und dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutz des Lebens andererseits - Rechnung zu tragen haben. Dies hat insbesondere zu gelten, wenn es beim Fehlen einer schriftlichen Patientenverfügung um die Feststellung eines in der Vergangenheit mündlich geäußerten Patientenwillens geht (vgl. auch BGHSt 55, 191 = FamRZ 2010, 1551 Rn. 38; BGH Beschluss vom 10. November 2010 - 2 StR 320/10 - FamRZ 2011, 108 Rn. 12). Insbesondere bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Betroffenen ist darauf zu achten, dass nicht die Werte und Vorstellungen des Betreuers zum Entscheidungsmaßstab werden. Die bei der Ermittlung und der Annahme des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten aber unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht (a.A. LG Kleve FamRZ 2010, 1841, 1843; AG Nordenham FamRZ 2011, 1327, 1328; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1901 a Rn. 50; Kutzer FS Rissing-van Saan, 2011, 337, 354; zur früheren Rechtslage: Senatsbeschluss BGHZ 154, 205 = FamRZ 2003, 748, 751 unter Bezugnahme auf BGH Urteil vom 13. September 1994 - 1 StR 357/94 - NJW 1995, 204).

38

Das Beschwerdegericht geht demgegenüber von einem falschen Maßstab aus, wenn es ausführt, an die Ermittlung und Annahme des mutmaßlichen Willens seien höhere Anforderungen zu stellen, wenn der Tod des Betroffenen noch nicht unmittelbar bevorsteht.

39

3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann demnach keinen Bestand haben. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Beschwerdegericht etwaige Behandlungswünsche und gegebenenfalls den mutmaßlichen Willen der Betroffenen unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugin L.      und unter Anlegung des korrekten Prüfungsmaßstabs erneut zu ermitteln haben. Der Senat weist dazu auf Folgendes hin:

40

a) Die Äußerung der Betroffenen ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil sie bei ihrem Gespräch mit der Zeugin L.     nicht im Einzelnen danach differenziert hat, ob lebenserhaltende Maßnahmen für alle Fälle ausgeschlossen werden sollten oder nur, wenn es keine Chance auf Genesung und ein Wiedererwachen gebe. Denn das Beschwerdegericht hat sich dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten angeschlossen, wonach das Leiden der Betroffenen einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen habe. Weiter haben die Sachverständigen ausgeführt, dass - auch wenn es immer wieder vereinzelte Fallberichte zu klinischen Besserungen nach langer Zeit gebe - die Wahrscheinlichkeit für ein bewusstes, unabhängiges Leben bei 0 % liege, wenn der fortdauernde vegetative Status eines Patienten, wie bei der Betroffenen, länger als sechs Monate andauere.

41

b) Die mündlichen Äußerungen der Betroffenen werden nicht dadurch relativiert, dass die Betroffene keine schriftliche Patientenverfügung angefertigt hatte, obwohl entsprechende Vordrucke bei ihr zu Hause gelegen hatten. Diesem Umstand kann weder entnommen werden, dass die Betroffene von der Errichtung einer Patientenverfügung (vorerst) Abstand nehmen wollte, weil sie sich noch nicht konkret und verbindlich positionieren wollte, noch dass sie schon inhaltlich festgelegt wäre. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts kann lediglich als sicher angenommen werden, dass die Betroffene zu einem Zeitpunkt, als ihre Erkrankung noch gänzlich ungewiss war, eine Patientenverfügung erstellen wollte, aber noch keines der unterschiedlichen Formulare ausgewählt hatte, bevor sie unvorhersehbar erkrankte.

Dose                               Schilling                     Günter

            Nedden-Boeger                        Botur

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.