vorgehend
Landgericht Aschaffenburg, 31 O 424/10, 29.06.2011
Oberlandesgericht Bamberg, 1 U 88/11, 17.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 505/11 Verkündet am:
4. Juni 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Eine Bürgschaft erlischt nach § 776 BGB durch Aufgabe einer weiteren für dieselbe
Hauptforderung bestehenden Sicherheit. Anders als ein Leistungsverweigerungsrecht
entfällt diese Rechtsfolge des § 776 BGB nicht dadurch, dass der
Gläubiger die zunächst aufgegebene Sicherheit später zurückerwirbt oder neu begründet.

b) Ein Verzicht des Bürgen, mit dem das Erlöschen der Bürgschaft rückgängig gemacht
werden soll, unterliegt als Neubegründung dieses Schuldverhältnisses der
Form des § 766 BGB.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - XI ZR 505/11 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. November 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das vorgenannte Urteil wird wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass im Tenor der Einleitungssatz der Ziff. 1 wie folgt lautet: "Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 29.06.2011, Az.: 31 O 424/10, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:" Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung aus einem Bürgschaftsvertrag. Dem hält der Beklagte entgegen, er sei nach § 776 BGB frei geworden, soweit die Klägerin eine dieselbe Hauptschuld sichernde Grundschuld - vorübergehend - abgetreten habe.
2
Die Klägerin gewährte der L. KG (nachfolgend: Hauptschuldnerin ) am 11. Juli 2008 ein Darlehen über 2 Mio. €. Der Beklagte übernahm neben drei weiteren Personen am selben Tag eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 2 Mio. € für alle Verpflichtungen der Hauptschuldnerin aus diesem Darlehen. Bereits am 7. Juli 2008 hatte die Hauptschuldnerin der Klägerin zur Sicherung der Ansprüche aus diesem Darlehensvertrag eine erstrangige werthaltige Buchgrundschuld in Höhe von 2 Mio. € an ihrem Teileigentum am Handballleistungszentrum bestellt. Hiervon trat die Klägerin am 9. März 2009 einen erstrangigen Teilbetrag in Höhe von 1,1 Mio. € mit Nebenleistungen und Zinsen in Höhe von 18% p.a. seit dem 11. Juli 2008 an die Bank eG A. (nachfolgend: Bank) zur Sicherung von zwei der S. GmbH & Co. KG, der Holdinggesellschaft der Klägerin, gewährten Darlehen ab. Am 30. September 2010 kündigte die Klägerin das der Hauptschuldnerin gewährte Darlehen wegen drohender Vermögensverschlechterung und forderte den Beklagten zur Zahlung der Bürgschaftssumme auf. Die Hauptschuldnerin , über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, befand sich mit mehreren Zinszahlungen und einer Tilgungsrate in Rückstand. Der Verkehrswert der belasteten Immobilie betrug 2 Mio. €. Während des Berufungsverfahrens wurde am 1. August 2011 die Grundschuld an die Klägerin zurückabgetreten.
3
Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 2 Mio. € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der Grundschuld sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert, den Beklagten zur Zahlung von 306.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung eines der Urteilssumme entsprechenden, erstrangigen Teils der Grundschuld verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Klägerin, die nach Erlass des Berufungsurteils am 1. Dezember 2011 aus einer Verwertung der Grundschuld 1.269.000 € erhalten hat, begehrt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nunmehr Zahlung von 731.000 € nebst Zinsen, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung eines der Klagesumme entsprechenden "erstrangigen" Teils der Grundschuld. In Höhe von 1.269.000 € hat sie den Rechtsstreit im Revisionsverfahren für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision der Klägerin hat sowohl zum Zahlungsantrag als auch zu dem für erledigt erklärten Teil keinen Erfolg.

I.

5
Die Klagepartei kann in der Revisionsinstanz den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig für erledigt erklären, wenn das erledigende Ereignis - hier die Zahlung von 1.269.000 € am 1. Dezember 2011 - außer Streit steht (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, WM 2008, 1806, 1807 und vom 25. Januar 1996 - VII ZR 26/95, NJW 1996, 1280, 1281 jeweils mwN). Die Feststellung einer - hier teilweisen - Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits setzt neben dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus , dass die Klage in diesem Zeitpunkt insoweit zulässig und begründet war (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002 - I ZR 72/99, juris Rn. 41 mwN). Andernfalls ist sie abzuweisen bzw., soweit - wie im vorliegenden Verfahren - die Klage bereits in der Vorinstanz abgewiesen worden ist, die Revision zurückzuweisen (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 160/06, NJW-RR 2009, 990 Rn. 7 mwN).

II.

6
Die Klage war hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses unbegründet. Sie hat auch in dem von der Klägerin mit dem Zahlungsantrag weiterverfolgten Teil keinen Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in WM 2012, 691 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Klägerin habe gegen den Beklagten gemäß § 765 Abs. 1 BGB eine Bürgschaftsforderung von 306.000 €, in Höhe der darüber hinausgehend verbürgten 1.694.000 € sei der Beklagte entsprechend § 776 Satz 1 BGB von seiner Einstandspflicht frei geworden. Die streitige Rechtsnatur dieser Vorschrift könne dahinstehen, da jedenfalls deren Zweck in der Sicherung des Rückgriffs des vom Gläubiger in Anspruch genommenen Bürgen nach § 774 Abs. 1 Satz 1, §§ 412, 401 BGB bestehe. Diesen verwirkliche § 776 BGB, indem der Bürge im Umfang einer Aufgabe der weiteren Sicherheit von der Bürgschaftsforderung frei werde, soweit er aus dem aufgegebenen Recht gemäß § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Nach seinem Wortlaut knüpfe § 776 BGB an die Aufgabe der Sicherheit einen unmittelbar eintretenden Rechtsverlust des Gläubigers und nicht etwa lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen. Die Formulierung "wird…frei" entspreche derjenigen in § 777 Abs. 1 BGB, wo fraglos Erlöschenstatbestände normiert seien. Eine für die Hauptforderung begebene Sicherungsgrundschuld gehöre zu den von § 776 BGB erfassten Sicherungsrechten. Deren Aufgabe sei durch rechtsgeschäftliche Übertragung bewirkt, wenn die Verwertungsmöglichkeit der werthaltigen Sicherheit dadurch rechtlich oder tatsächlich beseitigt sei.
9
Danach habe die Klägerin am 9. März 2009 ihr Sicherungsrecht im Umfang der Teilabtretung aufgegeben im Sinne von § 776 BGB. Denn insoweit habe sie rechtsgeschäftlich über die Grundschuld verfügt und Rechte aus dem Sicherungsrecht verloren. Es sei nicht maßgeblich, ob die Sicherungsgrundschuld als solche noch existiere und für die Klägerin wieder erlangbar sei. Deswegen sei ohne Bedeutung, dass die Klägerin während des Berufungsverfahrens deren Rückabtretung erreicht habe. Weder lebe die Bürgschaftsforderung dadurch wieder auf, noch sei der Bürge nach Treu und Glauben gehindert, sich auf § 776 BGB zu berufen. Zwar spreche für die gegenteilige, rein wirtschaftliche Betrachtungsweise, dass der Bürge im Zeitpunkt seiner Zahlung nicht (mehr) schlechter gestellt sei als vor Aufgabe der Sicherheit. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit sei es aber geboten, dass ein einmal eingetretenes Freiwerden nicht wieder durch Handlungen des Gläubigers beseitigt werden könne. Andernfalls müsse man dem Gläubiger auch zugestehen, durch Beschaffung einer anderen gleichwertigen Sicherheit ein Freiwerden des Bürgen zu verhindern. Dies werde von niemandem vertreten, zumal nach § 776 Satz 2 BGB auch später hinzugekommene Sicherungsmittel dem Bürgen zugute kämen und bei ihrer Aufgabe einen eigenen Erlöschenstatbestand begründeten. Ohne Erfolg mache die Klägerin geltend, der Beklagte sei mit der Teilabtretung einverstanden gewesen. Hierbei handele es sich um erstmals in der Berufungsinstanz gehaltenes und durch den Beklagten bestrittenes Vorbringen, das nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sei.
10
Da der Verkehrswert der Immobilie unstreitig 2 Mio. € betragen habe, sei die Grundschuld in dieser Höhe werthaltig gewesen. Durch deren Teilabtretung sei unter Berücksichtigung von Grundschuldzinsen eine Sicherheit im Wert von insgesamt 1.694.000 € aufgegeben worden, sodass ein Haftungsbetrag von 306.000 € verbleibe.
11
2. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand.
12
Der Beklagte ist in Höhe von 1.694.000 € gemäß § 776 Satz 1 BGB von seiner Einstandspflicht frei geworden, da die Klägerin durch die Teilabtretung der Grundschuld vom 9. März 2009 eine mit der Hauptforderung verbundene Sicherheit aufgegeben hat, aus der der Beklagte als Bürge nach § 774 BGB insoweit hätte Ersatz erlangen können.
13
a) Die von der Klägerin am 9. März 2009 in Höhe von 1.100.000 € abgetretene Sicherungsgrundschuld ist ein selbstständiges Sicherungsrecht im Sinne von § 776 BGB (BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1144 mwN). Dieses hat die Klägerin gemäß § 776 Satz 1 BGB aufgegeben; dafür muss entgegen der Ansicht der Revision kein Verzicht zugunsten desjenigen vorliegen, der diese Sicherheit bestellt hat.
14
aa) Der Wortlaut von § 776 Satz 1 BGB enthält keine derartige Beschränkung. "Aufgeben" ist vielmehr jede gewollte Handlung (BGH, Urteil vom 17. September 1959 - VII ZR 115/58, WM 1960, 51), durch die der Gläubiger auf eine Verwertungsmöglichkeit der Sicherheit verzichtet oder ansonsten bewusst deren wirtschaftlichen Wert beseitigt (BGH, Urteil vom 15. Juli 1999 - IX ZR 243/98, WM 1999, 1761, 1763, insoweit nicht in BGHZ 142, 213 abgedruckt ). Danach erfasst § 776 BGB auch den Fall, dass der Gläubiger das Sicherungsrecht einem Dritten überlässt (BGH, Urteil vom 3. November 2005 - IX ZR 181/04, BGHZ 165, 28, 35).
15
bb) Dass die rechtsgeschäftliche Übertragung eines Sicherungsrechtes auf einen Dritten als Aufgabe dieser Sicherheit im Sinne von § 776 Satz 1 BGB anzusehen ist, entspricht zudem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Bürge, der mit seinem gesamten Vermögen für die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Bürgschaft einzustehen hat, soll vor einer Vereitelung seiner Rückgriffsrechte aus § 774 BGB geschützt werden, die eintreten würde, wenn der Gläubiger zu Lasten des Bürgen weitere für dieselbe Hauptschuld bestellte Sicherungsrechte einseitig aufgeben könnte (BGH, Urteil vom 2. März 2000 - IX ZR 328/98, BGHZ 144, 52, 57). Dieses Schutzes durch § 776 Satz 1 BGB bedarf der Bürge unabhängig davon, ob ein seinen künftigen Regress gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1, §§ 412, 401 BGB sicherndes Recht dem ursprünglichen Sicherungsgeber oder einem Dritten übertragen wird, da sein Rückgriffsanspruch in beiden Fällen in gleicher Weise beeinträchtigt ist.
16
b) Das Berufungsgericht geht weiter zutreffend davon aus, dass nach § 776 BGB eine Bürgschaft durch Aufgabe einer weiteren für dieselbe Hauptforderung bestehenden Sicherheit erlischt. § 776 BGB begründet in einem solchen Fall - entgegen der Auffassung der Revision - nicht nur ein Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen. Ebenso entfällt das Merkmal einer Aufgabe der Sicherheit in § 776 BGB nicht nachträglich dadurch, dass der Gläubiger die zunächst aufgegebene Sicherheit später zurückerwirbt oder neu begründet.
17
aa) Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Bürge mit Aufgabe der weiteren Sicherheit durch den Gläubiger insoweit von seiner Verpflichtung befreit wird (vgl. BGH, Urteile vom 2. März 2000 - IX ZR 328/98, BGHZ 144, 52, 57 und vom 3. November 2005 - IX ZR 181/04, BGHZ 165, 28, 35). Diese Auffassung entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1899, Band II, S. 379) und findet auch in der Literatur ganz überwiegend Zustimmung (Beckmann in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., § 776 Rn. 5; PWW/ Brödermann, BGB, 8. Aufl., § 776 Rn. 10; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1008 f.; Buck, GWR 2012, 93; Federlin in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 12.291; E. Herrmann in Erman, BGB, 13. Aufl., § 776 Rn. 5; Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 776 BGB Rn. 17; ders., WuB I F 1 a. - 1.12; Prütting in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 776 Rn. 8; Rohe in BeckOK BGB, Stand 1. Mai 2013, § 776 Rn. 7; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 776 Rn. 4; Stadler in Jauernig, BGB, 14. Aufl., § 776 Rn. 4; Staudinger in Schulze, BGB, 7. Aufl., § 776 Rn. 5; so auch schon Planck, BGB, 4. Aufl., § 776 S. 1466; aA Grziwotz, EWiR 2012, 281, 282 und Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 776 Rn. 24; wohl auch OLG Stuttgart, WM 1990, 1191, 1193 f.).
18
bb) Bereits der Wortlaut des § 776 BGB beschränkt den Bürgen nicht auf eine bis zur Wiedererlangung der aufgegebenen Sicherheit bestehende Einrede , sondern spricht vom Freiwerden des Bürgen, d.h. von einer Beendigung seiner Haftung. Dem entspricht - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - die Formulierung in § 777 Abs. 1 Satz 1 BGB, der sowohl der Bundesgerichtshof (Urteile vom 6. Mai 1997 - IX ZR 136/96, NJW 1997, 2233, 2234 und vom 13. Juni 2002 - IX ZR 398/00, WM 2002, 1645, 1646 f.) als auch die Literatur (Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1037; Federlin in Kümpel /Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 12.303; MünchKommBGB /Habersack, 5. Aufl., § 777 Rn. 14; E. Herrmann in Erman, BGB, 13. Aufl., § 777 Rn. 3; Staudinger/Horn, BGB, Neubearbeitung 2013, § 777 Rn. 3; Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 777 BGB Rn. 5; Prütting in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 777 Rn. 8; Rohe in BeckOK BGB, Stand 1. Mai 2013, § 777 Rn. 7; Stadler in Jauernig, BGB, 14. Aufl., § 777 Rn. 7; Staudinger in Schulze, BGB, 7. Aufl., § 777 Rn. 6) ein Erlöschen der Verpflichtung des Bürgen entnehmen.
19
cc) Zudem widerspräche es dem Gebot der Rechtssicherheit, die Haftung des Bürgen nach Aufgabe einer weiteren Sicherheit durch den Gläubiger in der Schwebe zu halten. Der Bürge soll zur Wahrung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit alsbald wissen, ob und in welchem Umfang er von der Haftung aus der Bürgschaft aufgrund der ihn privilegierenden Vorschrift des § 776 BGB frei geworden ist (vgl. zu diesem Auslegungskriterium BGH, Urteil vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 27/10, NJW 2011, 1867 Rn. 16, 18). Dem wäre nicht Genüge getan, ließe man diese Frage bis zu einem endgültigen Untergang der Sicherheit unbeantwortet bzw. gestattete man - die Auffassung der Revision konsequent fortgedacht - dem Gläubiger die spätere Stellung einer gleichwertigen Sicherheit. Aus diesem Grund sieht das Gesetz nach Sicherheitenaufgabe durch den Gläubiger keine Möglichkeit zur Rückgängigmachung der eingetretenen Enthaftung des Bürgen vor. Dem entspricht, dass - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - nach Übernahme der Bürgschaft hinzutretende Sicherungsmittel gemäß § 776 Satz 2 BGB ebenfalls dem Bürgen zugute kommen und bei ihrer Aufgabe einen eigenen Erlöschenstatbestand nach § 776 Satz 1 BGB begründen. Die Rückübertragung einer einmal aufgegebenen Sicherheit kompensiert damit nicht deren zunächst eingetretenen Verlust, sondern begünstigt den Bürgen zusätzlich.
20
dd) Der Bürge wäre auf Grundlage der Rechtsauffassung der Revision darüber hinaus bis zur Fälligkeit der Bürgschaft an einer frühzeitigen Sicherung seiner Regressansprüche gehindert. Da den Gläubiger bei Geltendmachung der Hauptforderung im Grundsatz keine Schutzpflichten gegenüber dem Bürgen treffen, ist es Sache des Bürgen, etwa bei Zögern des Gläubigers trotz Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners, den Gläubiger sofort zu befriedigen und nach seinen Vorstellungen bei dem Schuldner Rückgriff zu nehmen bzw. auf für den Regress haftende Sicherheiten zuzugreifen (vgl. MünchKommBGB /Habersack, 5. Aufl., § 765 Rn. 94; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 765 Rn. 34; siehe auch Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1899, Bd. II, S. 379). Dazu ist im Zweifel weder die Fälligkeit der Bürgschaft (§ 271 Abs. 2 BGB) noch eine vorherige Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger erforderlich (BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - XII ZR 103/96, WM 1998, 443, 446; MünchKommBGB/ Habersack, 5. Aufl., § 774 Rn. 4). Die von der Revision vertretene Auffassung würde dem Bürgen diese Reaktionsmöglichkeit nehmen, da ihm danach nicht nur der Zugriff auf die vom Gläubiger - zunächst - freigegebene Sicherheit verschlossen bliebe, sondern er zudem mit dem Risiko belastet würde, bei einem endgültigem Verlust der Sicherheit auf eine nicht bestehende Bürgschaftsverpflichtung gezahlt zu haben. Eine solche Schlechterstellung des Bürgen rechtfertigt die seinem Schutz dienende Regelung in § 776 BGB nicht.
21
ee) Für das Entstehen eines Leistungsverweigerungsrechts spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass § 776 BGB die Werthaltigkeit der aufgegebenen Sicherheit erfordert. Zwar setzt § 776 BGB voraus, dass der Bürge aus dem aufgegebenen Recht tatsächlich hätte Ersatz erlangen können (vgl. auch PWW/Brödermann, BGB, 8. Aufl., § 776 Rn. 10; MünchKommBGB/ Habersack, 5. Aufl., § 776 Rn. 11; E. Herrmann in Erman, BGB, 13. Aufl., § 776 Rn. 5; Staudinger/Horn, BGB, Neubearbeitung 2013, § 776 Rn. 16). Damit wird aber lediglich die Enthaftung des Bürgen auf den Wert eines ihm tatsächlich entgangenen Rückgriffs gegen weitere Sicherungsgeber begrenzt. Dies rechtfertigt es nicht, die Beurteilung der Werthaltigkeit einer aufgegebenen Sicherheit auf den Zeitpunkt der (fiktiven) Erfüllung der Bürgschaftsschuld hinauszuschieben und bis dahin dem Bürgen lediglich eine Einrede zuzubilligen. Dem Bürgen wird nämlich, wie oben dargestellt, bereits ab der Aufgabe einer Sicherheit die Möglichkeit genommen, durch sofortige Zahlung diese Sicherheit zu erwerben. Zudem verlangt das Gebot der Rechtssicherheit auch hier, dem Bürgen sogleich Gewissheit über das Fortbestehen seiner Haftung zu verschaffen. Es ist daher auf den Zeitpunkt der Aufgabe der Sicherheit durch den Gläubiger abzustellen. War die Sicherheit bei ihrer Aufgabe werthaltig, sind später eintretende Wertänderungen für die einmal eingetretene Enthaftung grundsätzlich ohne Bedeutung.
22
c) Dem Beklagten ist es entgegen der Ansicht der Revision weiter nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die von § 776 BGB angeordnete Befreiung von der Bürgenhaftung zu berufen (aA Grziwotz, EWiR 2012, 281, 282). Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn beachtliche Interessen eines anderen verletzt werden, ohne dass ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Rechtsinhabers besteht (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 mwN). Danach kommt eine Abweichung vom Gesetzeswortlaut nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1966 - V ZR 126/64, BGHZ 45, 179, 182 zu gesetzlichen Formvorschriften ; siehe auch BGH, Urteil vom 22. Februar 1984 - VIII ZR 316/82, BGHZ 90, 198, 205). Solche liegen hier nicht vor. Ein Gläubiger, der eine werthaltige Sicherheit unter Missachtung der Interessen des Bürgen aufgibt, ist nicht schutzwürdig (so auch Nobbe, WuB I F 1 a. - 1.12). Erhält er die ursprünglich aufgegebene Sicherheit zurück, kann er diese verwerten. Es besteht kein Anlass , zu seinen Gunsten darüber hinaus in Abweichung von § 776 BGB die erloschene Haftung des Bürgen über § 242 BGB wirtschaftlich wiederaufleben zu lassen und damit den Bürgen nicht nur mit der Unsicherheit zu belasten, ob es dem Gläubiger gelingt, bis zur Realisierung der Bürgenhaftung die zunächst aufgegebene Sicherheit wiederzuerlangen, sondern auch mit dem Risiko einer Nichtverwertbarkeit der zunächst aufgegebenen Sicherheit.
23
d) Der Einwand der Revision, der Beklagte habe sich mündlich mit einer Teilabtretung der Grundschuld einverstanden erklärt, hat aus Rechtsgründen keinen Erfolg. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob - wie die Revision meint - das Berufungsgericht mit Zurückweisung dieses Vortrags der Klägerin § 531 Abs. 2 ZPO verletzt hat.
24
aa) Die von der Revision in einem solchen Einverständnis des Bürgen gesehene Änderung des Bürgschaftsvertrags würde gegen die gesetzliche Form des § 766 BGB verstoßen. Wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt , unterwirft § 766 BGB nach seinem Schutzzweck alle den Bürgen belastenden Abreden der Schriftform (BGH, Urteil vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96, ZIP 1997, 536, 538; zur Einrede der Vorausklage Urteil vom 25. September 1968 - VIII ZR 164/66, WM 1968, 1200; so auch MünchKommBGB /Habersack, 5. Aufl., § 766 Rn. 13; Nobbe in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 91 Rn. 49; Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 776 Rn. 16; Rohe in BeckOK BGB, Stand 1. Mai 2013, § 766 Rn. 5). Formbedürftig sind auch die Haftung des Bürgen erweiternde Nebenabreden, die nach Übernahme der Bürgschaft getroffen werden (BGH, Urteile vom 25. September 1968 - VIII ZR 164/66, WM 1968, 1200 und vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96, WM 1997, 625, 626 f.). Eine - hier von der Revision behauptete - Vereinbarung zur Sicherheitenfreigabe, die zu einem Verlust der Rechte aus § 776 BGB führt, ist für den Bürgen ungünstig. Da sich die Klägerin lediglich auf eine mündliche Absprache beruft, die mangels Eingreifen der Vorschrift des § 350 HGB nicht ausreicht, wäre eine darin liegende Änderung des Bürgschaftsvertrags nach § 125 Satz 1, § 766 BGB unwirksam.
25
bb) Die Frage, ob die Haftung des Bürgen entgegen § 776 BGB bestehen bleibt, wenn er formlos in die Aufgabe der Sicherheit einwilligt (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 20. Oktober 2001 - IX ZR 185/00, WM 2001, 2378, 2379; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 776 Rn. 4; PWW/Brödermann, BGB, 8. Aufl., § 776 Rn. 14), bedarf keiner Klärung, da nach dem - von der Revision wiederholten - Vortrag der Klägerin der Beklagte sein Einverständnis erst nach Abtretung der Grundschuld erklärt haben soll.
26
cc) Das - hier auf § 776 Satz 1 BGB beruhende - Erlöschen einer Verpflichtung kann grundsätzlich nicht durch einen nachträglichen Verzicht des ursprünglich Verpflichteten rückgängig gemacht werden. Vielmehr bedarf es nach einem solchen Rechtsverlust einer - im vorliegenden Fall nach § 766 BGB - formbedürftigen Neubegründung des Schuldverhältnisses (vgl. Palandt/ Grüneberg, BGB, 72. Aufl., vor § 362 Rn. 1; Staudinger/Horn, BGB, Neubearbeitung 2013, § 766 Rn. 11).
27
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Wert der aufgegebenen Sicherheit mit 1.694.000 € beziffert und dabei den Verkehrswert der belasteten Immobilie von 2 Mio. € zu Grunde gelegt. Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, dass statt dessen der vom Insolvenzverwalter bei Verkauf der belasteten Immobilie erzielte Erlös von 1.269.000 € maßgebend sei. Nach den rechtsfehlerfreien und auch von der Revision zugrunde gelegten Feststellungen des Berufungsgerichts ist nämlich zwischen den Parteien unstreitig, dass der Verkehrswert der Immobilie 2 Mio. € betrug. Ob sich dieser Wert in der Insolvenz der Hauptschuldnerin voll realisieren ließ, beeinflusst - wie oben dargestellt - die im Zeitpunkt der Aufgabe der Sicherheit eingetretene Haftungsbefreiung des Beklagten nicht, da diese Sicherheit in voller Höhe durch den Wert der Immobilie gedeckt, also - wie § 776 BGB es verlangt - werthaltig war.
28
3. Soweit die Revision die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zugum -Zug-Verurteilung angreift, weil das Zurückbehaltungsrecht inzwischen durch Löschung der Grundschuld untergegangen sei, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der nach § 559 ZPO in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichti- gen ist. Zudem ist die Umstellung eines Zug-um-Zug-Antrags auf unbedingte Zahlung als Klageerweiterung anzusehen (Senatsurteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 55/06, juris Rn. 30), die in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig ist (BGH, Urteile vom 23. Juni 2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 856 und vom 2. Juli 1971 - V ZR 50/69, WM 1971, 1251, 1252). Die Revision, die die Reduzierung des Klageantrags mit dem Wegfall der Zug-um-ZugVerurteilung wirtschaftlich verrechnen will, übersieht, dass sie bereits in erster Instanz die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Übertragung der Grundschuld beantragt und im Berufungsverfahren das entsprechende erstinstanzliche Urteil verteidigt hat. Damit ist ein uneingeschränktes Zahlungsbegehren bislang nicht Streitgegenstand des Verfahrens gewesen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 3).
29
4. Nach all dem hat die Klägerin mit Abtretung des erstrangigen Teilbetrags der Sicherungsgrundschuld am 9. März 2009 gemäß § 776 BGB in dieser Höhe ihren Anspruch aus der Bürgschaft verloren, sodass die dem Beklagten am 7. Dezember 2010 zugestellte Klage insoweit von Anfang an unbegründet war. Die Abweisung der Klage hat somit sowohl hinsichtlich des noch aufrechterhaltenen Leistungs- als auch des neu gestellten Feststellungsantrags Bestand mit der Folge, dass die Revision insgesamt zurückzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002 - I ZR 72/99, juris Rn. 71).
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 29.06.2011 - 31 O 424/10 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 17.11.2011 - 1 U 88/11 -

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Bürgschaftsrecht: Einstandspflicht des Bürgen erlischt

16.07.2013

durch Aufgabe einer weiteren für dieselbe Hauptforderung bestehenden Sicherheit- BGH vom 04.06.13-Az:XI ZR 505/11
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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - XI ZR 505/11 zitiert 14 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 765 Vertragstypische Pflichten bei der Bürgschaft


(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. (2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit ü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 401 Übergang der Neben- und Vorzugsrechte


(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über. (2) Ein mit der Forderung für den Fall der Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 412 Gesetzlicher Forderungsübergang


Auf die Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes finden die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende Anwendung.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 774 Gesetzlicher Forderungsübergang


(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ih

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 766 Schriftform der Bürgschaftserklärung


Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Man

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 776 Aufgabe einer Sicherheit


Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem auf

Handelsgesetzbuch - HGB | § 350


Auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis finden, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen, das Versprechen oder das Anerkenntnis auf der Seite des Schuldners ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschriften des § 766

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 777 Bürgschaft auf Zeit


(1) Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablauf der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des § 772 betreibt, das Verfa

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - XI ZR 505/11 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2005 - I ZR 227/02

bei uns veröffentlicht am 23.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 227/02 Verkündet am: 23. Juni 2005 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2007 - XI ZR 55/06

bei uns veröffentlicht am 27.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 55/06 Verkündet am: 27. Februar 2007 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2002 - I ZR 72/99

bei uns veröffentlicht am 18.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 72/99 Verkündet am: 18. April 2002 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2009 - I ZR 160/06

bei uns veröffentlicht am 19.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 160/06 Verkündet am: 19. Februar 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs h

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2000 - IX ZR 328/98

bei uns veröffentlicht am 02.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 328/98 Verkündet am: 2. März 2000 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB §§ 765, 77

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2010 - VIII ZR 27/10

bei uns veröffentlicht am 08.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VIII ZR 27/10 Verkündet am: 8. Dezember 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2008 - II ZR 132/07

bei uns veröffentlicht am 14.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 132/07 Verkündet am: 14. Juli 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2000 - IX ZR 2/98

bei uns veröffentlicht am 06.04.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 2/98 Verkündet am: 6. April 2000 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ------------------------------------ BGB
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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2019 - XI ZR 575/16

bei uns veröffentlicht am 19.11.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 575/16 Verkündet am: 19. November 2019 Strietzel Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:191119UXIZR575.16.0

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Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 132/07 Verkündet am:
14. Juli 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794
ZPO fallenden Titels analog § 371 BGB ist - jedenfalls dann - zulässig, wenn über
eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO rechtskräftig zugunsten des
Klägers entschieden worden ist.

b) Tritt die Rechtskraft des Urteils über die Klage nach § 767 ZPO erst in der Revisionsinstanz
ein und wird daraufhin der Titel herausgegeben, sind diese Umstände,
wenn sie unstreitig sind, auch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen und führen
auf Antrag des Klägers zur Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits,
wenn die Klage analog § 371 BGB im Zeitpunkt der Titelherausgabe wegen Erlöschens
der titulierten Forderung begründet war und der Herausgabeschuldner der
Erledigung widerspricht.

c) Anders als bei § 368 BGB kann im Rahmen des § 371 Satz 2 BGB auch durch
Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden.
BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2007 und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg vom 19. Juli 2006 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Streitwert: bis zum 7. November 2007: 10.000,00 € danach: 11.285,56 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger hat mit seiner Klage die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleichs begehrt.
2
Am 25. Januar 2006 schlossen die Parteien in einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (7 U 128/05) einen Vergleich, in dem sich der Kläger, der in dem dortigen Verfahren der Beklagte war, verpflichtete, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 10.000,00 € zu zahlen. Mit Schreiben vom 10. Februar 2006 forderte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Kläger unter Beifügung einer Vollmacht dazu auf, den Vergleichsbetrag auf ihr Konto bei der Sparkasse F. zu zahlen. Am 20. Februar 2006 zahlte der Kläger 10.000,00 € auf das Konto der Beklagten bei der Sparkasse R. (Nr. 3 ). Die Beklagte verweigerte die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs an den Kläger mit der Begründung, durch die - nunmehr zwischen den Parteien unstreitige - Einzahlung der 10.000,00 € auf das Konto bei der Sparkasse R. sei eine Erfüllung der Vergleichsforderung ebenso wenig eingetreten wie durch die vom Kläger erklärte Aufrechnung.
3
Das Landgericht hat die Klage analog § 371 BGB als unzulässig abgewiesen , das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
4
Nach Einlegung der Revision hat das Landgericht Heidelberg mit rechtskräftigem Urteil vom 12. September 2007 (12 O 22/07 KfH) zugunsten des Klägers auf dessen Vollstreckungsgegenklage die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Vergleich vom 25. Januar 2006 für unzulässig erklärt. Im Hinblick hierauf hat die Beklagte die vollstreckbare Ausfertigung am 15. Oktober 2007 an den Kläger herausgegeben. Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen, sondern begehrt weiterhin die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter (klarstellender) Aufhebung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils zu der Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
6
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die - grundsätzlich - analog § 371 BGB zulässige Klage auf Herausgabe des vollstreckbaren Titels sei hier unzulässig, da der Kläger es versäumt habe, neben der Herausgabeklage eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 BGB zu erheben , und weil die Erfüllung des Vergleichs zwischen den Parteien nicht unstreitig sei.
7
II. Auch in der Revisionsinstanz ist die Herausgabe des Titels als unstreitig erledigendes Ereignis zu berücksichtigen mit der Folge, dass auf die einseitige Erledigungserklärung des Klägers nur noch zu prüfen war, ob die Klageforderung im Zeitpunkt des die Erledigung begründenden unstreitigen Ereignisses zulässig und begründet war (st.Rspr. BGHZ 106, 359, 366 ff.; BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - I ZR 84/01, WM 2004, 1048 m.w.Nachw.).
8
1. Die Klage war im Zeitpunkt der Herausgabe des Titels zulässig.
9
a) Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , der die Literatur ganz überwiegend folgt, in analoger Anwendung von § 371 BGB jedenfalls zulässig, wenn entweder über eine Vollstreckungsabwehrklage bereits rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist oder die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist (BGHZ 127, 146, 148 f. allerdings mit der Einschränkung "jedenfalls"; BGH, Urt. v. 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, WM 1994, 650, 652; Staudinger/Olzem, BGB [2006] § 371 Rdn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 371 Rdn. 4; Musielak/Lackmann, ZPO 6. Aufl. § 767 Rdn. 14 m.w.Nachw.). Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Ansicht zu folgen ist (s. insoweit die beachtlichen Argumente gegen die h.A. bei MünchKommBGB/Wenzel, 5. Aufl. § 371 Rdn. 8). Denn auch auf der Grundlage der h.A. ist die Klage im Zeitpunkt der Herausgabe des Titels zulässig gewesen.
10
b) Zwar war im Zeitpunkt der Herausgabe des Titels weder das Urteil im Prozess über die Vollstreckungsabwehrklage rechtskräftig, da die Berufungsfrist erst am 17. Oktober 2007 ablief, noch war die Erfüllung des Vergleichs unstreitig. Das steht angesichts der besonderen Umstände des hier zu entscheidenden Falles der Zulässigkeit der Herausgabeklage jedoch nicht entgegen. Die Beklagte hatte nämlich schon vor Eintritt der Rechtskraft gegenüber dem Kläger erklärt, kein Rechtsmittel einlegen zu wollen, und deshalb die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an diesen zurückgegeben. Zwar traten mit dieser Mitteilung mangels Äußerung gegenüber dem Gericht nicht die Wirkungen des § 515 ZPO ein. Der Beklagten ist aber aufgrund dieser Erklärung gemäß § 242 BGB der Einwand abgeschnitten, die - formelle - Rechtskraft sei erst später eingetreten. Ihre Erklärung, kein Rechtsmittel einlegen und den Titel herausgeben zu wollen, steht in diesem Fall der ansonsten von der h.A. verlangten Rechtskraft des der Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteils gleich, mit der Folge der Zulässigkeit der Herausgabeklage analog § 371 BGB.
11
2. Die Herausgabeklage war begründet.
12
a) Allerdings reicht es für die Begründetheit der Herausgabeklage, anders als die Revision meint, noch nicht aus, dass die Vollstreckung gemäß § 767 ZPO durch das Urteil vom 12. September 2007 endgültig für unzulässig erklärt worden ist. Die Vollstreckungsabwehrklage ist eine rein prozessrechtli- che Klage auf ein rechtsgestaltendes - auf die Beseitigung der Vollstreckbarkeit gerichtetes - Urteil, das keine rechtskräftige Feststellung des Nicht(mehr)Bestehens des materiell-rechtlichen Anspruchs zum Inhalt hat. Deshalb ist die Analogie zu § 371 BGB nur gerechtfertigt, wenn die Schuld mit Sicherheit erloschen ist oder von Anfang an nicht bestanden hat (BGH, Urt. v. 24. November 1982 - VIII ZR 263/81, NJW 1983, 390, 391; v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, FamRZ 1984, 878, 880; v. 23. Mai 1989 - IX ZR 57/88, WM 1989, 1514, 1516; BGHZ 127, 146, 149 f.). Der Schuldner muss im Rahmen der isolierten Klage analog § 371 BGB beweisen, dass die Schuld mit Sicherheit erloschen ist. Kann er diesen Beweis nicht führen, ist er mit der Herausgabeklage abzuweisen. Die dadurch entstehende Diskrepanz zwischen den Urteilen in dem Verfahren nach § 767 ZPO und über die Herausgabe nach § 371 BGB analog ist hinzunehmen (BGHZ 127 aaO S. 150 m.w.Nachw.).
13
b) Der Kläger hat nachgewiesen, dass die titulierte Vergleichsforderung erfüllt ist.
14
aa) Dass Erfüllung nicht bereits durch die - nunmehr unstreitige - Überweisung auf das Konto der Beklagten bei der Sparkasse R. eingetreten ist, nimmt die Revision - zu Recht - hin. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Überweisung auf ein anderes als das von dem Gläubiger angegebene Konto grundsätzlich keine Tilgungswirkung hat (BGHZ 98, 24, 30; 128, 135, 137; BGH, Urt. v. 17. März 2004 - VIII ZR 161/03, ZIP 2004, 1354, 1355).
15
bb) Erfüllung ist aber durch die vom Kläger erklärte Aufrechnung mit seinem Anspruch gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 BGB eingetreten.
16
(a) Bewirkt die Zahlung auf ein Girokonto - wie hier - keine Erfüllung der Schuld, steht dem Leistenden gegen den Inhaber des Kontos ein Bereiche- rungsanspruch zu (st.Rspr. siehe nur BGHZ 128, aaO m.w.Nachw.). Das stellt auch die Revisionserwiderung nicht in Frage. Sie meint jedoch, dem Kläger sei es verwehrt, mit diesem Kondiktionsanspruch aus fehlgeschlagener Überweisung gegen die Forderung der Beklagten aus dem Vergleich aufzurechnen. Dies trifft hier nicht zu.
17
(b) Anders als von dem Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung behauptet, entspricht es völlig herrschender Ansicht, dass bei der Herausgabeklage analog § 371 BGB, anders als bei § 368 BGB, eine Forderung - auch - durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden kann (s. nur Staudinger/Olzem aaO Rdn. 9; MünchKommBGB/Wenzel aaO Rdn. 5; Erman/H.P.Westermann, BGB 12. Aufl. § 371 Rdn. 3; Bamberger/Roth/ Dennhardt, BGB § 371 Rdn. 2; Palandt/Grüneberg aaO).
18
(c) Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger zur Aufrechnung berechtigt. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob im Fall der fehlgeschlagenen Überweisung ein "Aufrechnungsverbot" des Überweisenden mit dem Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB im Hinblick auf die dadurch beeinträchtigte Dispositionsbefugnis des Gläubigers besteht, zu der in der Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten werden (s. u.a. Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 473; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. Bd. 1 § 50 Rdn. 10), bislang offen gelassen (BGHZ 98 aaO; 128 aaO). Auch der Senat braucht sie nicht zu entscheiden. Denn im vorliegenden Fall ist es der Beklagten verwehrt, sich auf ein möglicherweise bestehendes Aufrechnungsverbot zu berufen.
19
Die Sparkasse hatte vor Eingang der Zahlung auf dem Konto der Beklagten angeboten, unter im Einzelnen genannten Voraussetzungen gegen Zahlung von 80.000,00 € zzgl. Zinsen auf die "dann noch bestehende Restforderung" gegen die Beklagte verzichten zu wollen. Diese Formulierung impliziert, dass die letztlich zu erlassende Restforderung aus dem Girovertrag bis zum Eintritt der Vergleichsvoraussetzungen noch Änderungen unterworfen sein konnte. Der Eintritt der zur Bedingung gemachten Voraussetzungen lag aber ebenso wie der Vergleichsabschluss als solcher unstreitig zeitlich nach der Zahlung des Klägers. Hat sich die Beklagte daher auf der Grundlage ihrer durch diese Zahlung geminderten Restforderung mit der Sparkasse verglichen, handelt sie treuwidrig , wenn sie die Aufrechnung des Klägers - nur - deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil durch die genannte Zahlung ihre Dispositionsbefugnis "ausgehöhlt" worden sei.
20
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 19.07.2006 - 3 O 59/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 21.02.2007 - 1 U 169/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 72/99 Verkündet am:
18. April 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Original Oettinger
Gegenüber dem auf § 127 Abs. 1 MarkenG gestützten Kennzeichnungsverbot
können bei einer Gesellschaft, die mit dem Stammunternehmen durch Beteiligungs
- und Geschäftsführungsverhältnisse eng verbunden ist, wichtige Interessen
bestehen, ein wertvolles Zeichen des Stammunternehmens zur Kennzeichnung
von Waren zu nutzen, die die Gesellschaft an einer von der geographischen
Herkunftsangabe abweichenden Stätte produziert. Davon ist auszugehen
, wenn der Einsatz des wertvollen Kennzeichens des Stammunternehmens
für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmensgruppe wirtschaftlich
geboten ist, auf der Ware durch entlokalisierende Zusätze einer Irreführung
des Verkehrs in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird und verbleibende
Fehlvorstellungen des Verkehrs nicht ins Gewicht fallen.
BGH, Urt. v. 18. April 2002 - I ZR 72/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Klägerin wird, soweit sie die Revision in bezug auf den Antrag zu I 2a zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist eine Brauerei mit Sitz in Leipzig.
Die vormalige Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagte) war eine Brauerei in Gotha. Ihre Rechtsvorgängerin vertrieb in der DDR das von ihr gebraute Bier unter der Bezeichnung "Gothaer Bier". Die Beklagten zu 2 und zu 3 waren als Geschäftsführer für die Beklagte tätig.

Im Jahre 2000 wurde die frühere Beklagte, die Brauerei Gotha GmbH, auf die jetzige Beklagte zu 1, die Oettinger Brauerei GmbH, verschmolzen. Diese ist hervorgegangen aus dem früheren - in Oettingen/Bayern ansässigen - Fürstlichen Brauhaus Oettingen. Seit Anfang der 80er Jahre verwendet die jetzige Beklagte zu 1, die von 1982 bis 2000 die Unternehmensbezeichnung "Oettinger Bier Brauhaus Oettingen GmbH" führte, das Kennzeichen "Original Oettinger". Mit Priorität vom 19. Mai 1993 ist für dieses Unternehmen die Wortmarke Nr. 205 99 04 "Marke Original Oettinger" eingetragen.
In den Jahren 1991 und 1992 erwarb die Familie K. über die Treuhand die vormalige Beklagte und die "Brauerei Dessow GmbH" in Dessow/ Brandenburg. Die Geschäftsanteile der früheren Beklagten wurden von der jetzigen Beklagten zu 1 und ihren Gesellschaftern gehalten. Gesellschafter der Brauerei Dessow GmbH, die ebenfalls im Jahre 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen wurde, waren die frühere Beklagte, der Beklagte zu 2, Günther K. und die jetzige Beklagte zu 1. Die frühere Beklagte und die Brauerei in Dessow brauten Bier nach den Rezepten des Oettinger Unternehmens und brachten es mit dessen Erlaubnis und einer entsprechenden Aufmachung als "Original Oettinger" in den Verkehr.
Die Klägerin sieht die Bezeichnung "Oettinger" und den Vertrieb mit den nachstehend wiedergegebenen Aufmachungen für in Gotha und Dessow gebrautes Bier als irreführend an. Hierzu hat sie vorgetragen, Oettingen stehe als bayerischer Ort für eine besondere Bierqualität. Das in Gotha gebraute Bier sei als bayerisches Bier, das einen besonderen Ruf genieße, vermarktet worden. Der Zusatz "Original" verstärke die Irreführung.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ein in Gotha und/oder in Dessow gebrautes und abgefülltes Bier anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu vertreiben
1. in Bierkästen, die auf den Seitenflächen mit folgenden Angaben versehen sind:

a) Auf den beiden großen Seitenflächen
"Original Oettinger"

b) auf den beiden Stirnflächen
"Original Oettinger"
mit der graphischen Darstellung einer münzartigen Plakette mit der Inschrift
"FELIX BAVARIA HAC CEREVISIA MDCCXXXI"
und der wappenartigen Darstellung der bayerischen (weißblauen ) Raute in einem Oval mit einer Königskrone oberhalb und zwei aufrechtstehenden Löwen links und rechts des Ovals;
2. a) in Flaschen, die mit folgender Bezeichnung versehen sind:
"Marke Original Oettinger Pils"
oder
"Marke Original Oettinger Export";

b) in Flaschen, die mit Vorderetiketten den vorstehend zu Ziffer 2a) genannten Bezeichnungen und einem Zusatz am unteren Rand des Vorderetiketts "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha GmbH, Gotha" versehen sind gemäß dem mit diesem Urteil als Anlage verbundenen Etikett:

3. in Flaschen, die mit folgenden Etiketten versehen sind:
a)
b)

II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den erzielten Umsatz mit in Gotha und/oder in Dessow gebrauten und unter den Bezeichnungen gemäß Ziffer I vertriebenen Bieren zu erteilen, und zwar aufgeschlüsselt nach Biersorten, Kalendervierteljahren und Bundesländern;
III. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu Ziffer I beschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, Verbraucher brächten Oettingen keineswegs zwangsläufig mit Bayern in Verbindung. Bayerisches Bier erfreue sich auch nicht schlechthin eines hervorra-
genden Rufs. Unter den zehn meistverkauften Biermarken befinde sich aus Bayern nur "Oettinger".
Das Landgericht hat nach Einholung eines demoskopischen Gutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg GRUR 2000, 1071).
Nachdem die frühere Beklagte während des Revisionsverfahrens am 24. Oktober 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen worden ist, hat die Klägerin den Revisionsantrag hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I 2a zurückgenommen und in bezug auf die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im übrigen verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagten haben der Erledigungserklärung nicht zugestimmt und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG sei ihrem Wortlaut nach erfüllt. Der Verkehr verstehe die Bezeichnung "Marke Original Oettinger Pils" oder "Marke Original Oettinger Export" als geographische Herkunftsangabe. Wenn die Bezeichnung für ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier verwendet werde , bestehe die Gefahr der Irreführung des Verkehrs. Hierauf könne das Verbot jedoch nicht gestützt werden, wenn gewichtige Interessen des Benutzers ent-
gegenstünden und eine Abwägung aller Umstände zu seinen Gunsten ausfalle. Eine isolierte Verwendung der mit dem Klageantrag zu I 2 a) angegriffenen Bezeichnung durch die vormalige Beklagte habe die Klägerin nicht vorgetragen. Es fehle daher an einer einen Unterlassungsanspruch begründenden Begehungsgefahr.
Ein Verbot, in Gotha oder Dessow gebrautes Bier in Flaschen mit dem in dem Klageantrag zu I 2b) wiedergegebenen Etiketten zu vertreiben, komme nicht in Betracht, weil dagegen gewichtige Interessen der Beklagten sprächen. In Oettingen gebrautes Bier unterscheide sich nicht durch irgendwelche örtlich bedingten Eigenarten von anderen Bieren. Auf eine davon abweichende Verkehrsvorstellung komme es nicht an. Ein Verbot, die angegriffene Aufmachung für in Gotha oder Dessow gebrautes Bier zu verwenden, sei unverhältnismäßig. Die vormalige Beklagte habe ebenso wie das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) ein erhebliches Interesse, sich mit der angegriffenen Bezeichnung auf dem Markt als einheitliches Gebilde zu präsentieren. Die vormalige Beklagte weise durch entlokalisierende Zusätze auf die Produktionsstätte in Gotha hin. Verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs fielen daneben nicht ins Gewicht. Auch die in den Klageanträgen zu I 3a) und b) wiedergegebenen Aufmachungen wiesen deutlich entlokalisierende Zusätze auf.
Schließlich sei den Beklagten die Benutzung der Bierkästen nicht zu verbieten. Diese seien neutrales Transport- und Lagerungsmittel, dem der Verkehr keine Eignung zuerkenne, erschöpfend Auskunft über das darin transportierte Bier zu geben.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Erklärung in der Revisionsinstanz, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, ist jedenfalls zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - außer Streit steht, ohne daß es darauf ankommt, ob der Beklagte sich der Erledigung angeschlossen hat (vgl. BGHZ 106, 359, 368; 141, 307, 316). Bei der im Streitfall gegebenen einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung setzt die Feststellung der (teilweisen) Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits neben dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus , daß die Klage in diesem Zeitpunkt zulässig und begründet war (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1992 - I ZR 35/90, GRUR 1992, 474, 475 = WRP 1992, 757 - BtxWerbung II). Diese Voraussetzungen für die Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache liegen nicht vor. Die Klage war sowohl hinsichtlich des für erledigt erklärten als auch des von der Klägerin weiterverfolgten Teils von Anfang an unbegründet.
Es verbleibt daher, auch soweit die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, bei der Abweisung der Klage.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Klägerin gegen die Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1, § 128 Abs. 1 MarkenG zusteht.
1. Unterlassungsanträge zu I 2b) und I 3a) und b)

a) Das Berufungsgericht hat die mit den Klageanträgen zu I 2b) und I 3 verfolgten Unterlassungsansprüche zutreffend verneint.
Gemäß § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunftsangabe besteht.
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG betrifft den Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR 120/98, GRUR 2001, 420, 421 = WRP 2001, 546 - SPA).
Bei der Bezeichnung "Oettinger" handelt es sich um eine geographische Herkunftsangabe i.S. des § 126 Abs. 1 MarkenG. Sie nimmt in adjektivischer Form auf den Ort "Oettingen" Bezug.
Die (einfache) geographische Herkunftsangabe gemäß § 127 Abs. 1 MarkenG setzt nicht voraus, daß der Verbraucher mit ihr eine besondere, auf regionale oder örtliche Eigenheiten zurückzuführende Qualitätsvorstellung verbindet (vgl. BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 161 = WRP 2001, 1450 - Warsteiner III). Die nationalen Bestimmungen zum Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben werden durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992 S. 1 = GRUR Int. 1992, 750 ff.) nicht ausgeschlossen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.11.2000 - Rs. C-312/98, GRUR 2001, 64, 66 - Warsteiner; BGH GRUR 2001, 420, 421 - SPA; GRUR 2002, 160, 161 - Warsteiner III). Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b der Verordnung Nr. 2081/92, die gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V. mit dem Anhang I auch Bier umfaßt, betrifft diese nur die geographischen Angaben, bei denen sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qua-
lität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geographischen Ursprung ergibt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
Ob der Verbraucher, wie die Klägerin geltend gemacht und das Berufungsgericht offengelassen hat, mit der Herkunft des Bieres aus Bayern bestimmte Qualitätserwartungen verbindet, kann dahinstehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterscheidet in Oettingen gebrautes Bier sich jedenfalls nicht durch örtlich bedingte Eigenarten von anderen Bieren.

b) Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts davon ausgegangen, daß die angesprochenen Verkehrskreise über die geographische Herkunft irregeführt werden, wenn ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier mit der Bezeichnung "Oettinger" versehen wird. Das Landgericht hat aufgrund des Ergebnisses des von ihm eingeholten demoskopischen Gutachtens festgestellt, 41,4 % der Verbraucher gingen davon aus, daß das Bier in dem Ort Oettingen gebraut wird, und diese Verbraucher würden daher irregeführt, wenn dies nicht der Fall sei. Diese Feststellungen, gegen die die Revision und die Revisionserwiderung keine Bedenken erheben, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist nicht darauf eingegangen, ob es bei § 127 Abs. 1 MarkenG wie bei § 3 UWG auf eine für die Kaufentscheidung relevante Irreführung ankommt.
Der Senat hat die Frage verneint, ob der Schutz der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe nach § 127 Abs. 1 MarkenG voraussetzt, daß die Herkunft der Ware für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant i.S. des § 3 UWG ist (BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH GRUR 2001, 420, 421
- SPA; so auch Helm, Festschrift für Vieregge, S. 335, 349; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 127 Rdn. 3 und 6 a; Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 127 Rdn. 3; Ullmann, GRUR 1999, 666, 667; a.A. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 127 Rdn. 3). Er hat diese Frage in einer weiteren Entscheidung nunmehr offengelassen (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Sie kann auch im vorliegenden Fall dahinstehen.

c) Ein Unterlassungsanspruch nach § 128 Abs. 1 MarkenG besteht nicht, weil das Verbot des § 127 Abs. 1 MarkenG unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Fezer aaO § 127 Rdn. 6 a; Althammer/Klaka aaO § 127 Rdn. 5; zur Interessenabwägung vgl. auch Helm aaO S. 335, 352). Dies erfordert eine Abwägung des Interesses der Verbraucher und der Mitbewerber, nicht über die Herkunft des Produkts irregeführt zu werden, mit dem Interesse der Beklagten an der Nutzung der Marke "Marke Original Oettinger".
Ausgangspunkt dieser Abwägung ist, daß im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, eine unrichtige geographische Herkunftsangabe zu verwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.1980 - I ZR 97/78, GRUR 1981, 71, 72 = WRP 1981, 18 - Lübecker Marzipan; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Gloy, Festschrift für Piper, S. 543, 559; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 573).
Zu Recht hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall gleichwohl das von der Klägerin beantragte Verbot unter Heranziehung der vom Senat in der Entscheidung Warsteiner II angeführten Grundsätze (vgl. BGHZ 139, 138, 144 f.) als unverhältnismäßig angesehen. Es ist davon ausgegangen, die Beklagte und das Unternehmen in Oettingen hätten ein überragendes Interesse daran, sich mit dem Kennzeichen des Oettinger Unternehmens als einheitliches
wirtschaftliches Gebilde auf dem Markt zu präsentieren, ohne daß es auf die rechtliche Form der Ausgestaltung ankomme. Die frühere Beklagte habe durch ausreichende entlokalisierende Zusätze auf den Brauort hingewiesen. Es verblieben keine Fehlvorstellungen des Verkehrs von Gewicht, weil nur bei 5 % der Verbraucher der Brauort für die Kaufentscheidung von Bedeutung sei.
Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für die Interessenabwägung nicht entscheidend darauf an, daß das Zeichen "Marke Original Oettinger" nicht für die vormalige Beklagte, sondern für das Stammhaus in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) geschützt ist und die vormalige Beklagte - anders als in dem der Entscheidung Warsteiner II zugrundeliegenden Sachverhalt (vgl. hierzu BGHZ 139, 138) - eine selbständige Kapitalgesellschaft war und nicht nur eine ausgelagerte Produktionsstätte vorlag.
Die vormalige Beklagte war aufgrund der Beteiligungs- und Geschäftsführungsverhältnisse derart eng mit der jetzigen Beklagten zu 1 verbunden, daß es für die Interessenabwägung nach § 127 Abs. 1 MarkenG keinen Unterschied macht, ob die Braustätte in Gotha durch eine juristisch selbständige, aufgrund der Beteiligungsverhältnisse aber eng verbundene Gesellschaft oder durch das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) betrieben wurde. Denn auch bei einer Unternehmensgruppe, zu der die vormalige Beklagte gehörte, erweist es sich als wirtschaftlich vernünftig, das wertvolle Kennzeichen "Oettinger", das auch Unternehmensbezeichnung des Stammhauses in Oettingen ist, für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmen einzusetzen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht auf den von den Beklagten behaupteten und von der Klägerin bestrittenen Abschluß eines Lizenzvertrages zwischen der früheren Beklagten und der jetzigen Beklagten zu 1 abgestellt. Nicht der Abschluß eines Lizenzvertrages ist dafür
entscheidend, gewichtige Interessen der früheren Beklagten an der Nutzung des Kennzeichens "Marke Original Oettinger" anzunehmen, sondern die über die Beteiligungsverhältnisse bestehende enge Anbindung der vormaligen Beklagten an das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1).
Diese gewichtigen Interessen der früheren Beklagten gegenüber dem Kennzeichnungsverbot des § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG können jedoch nur dann durchgreifen, wenn die vormalige Beklagte bei der Verwendung der Marke durch deutlich entlokalisierende Zusätze auf die Besonderheiten der Produktionsstätte in Gotha hingewiesen hat und verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs, soweit sie für seine Kaufentscheidung relevant sein konnten, daneben nicht ins Gewicht fielen (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Dabei sind an den Ausschluß der Irreführung des Verkehrs durch entlokalisierende Zusätze (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) strenge Anforderungen zu stellen, weil geographischen Herkunftsangaben ein möglichst wirksamer Schutz gegen unrichtige Verwendung gewährt werden soll und im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, unrichtige Angaben über die Herkunft zu verwenden (vgl. BGH GRUR 1981, 71, 72 - Lübecker Marzipan).
Im Streitfall bestehen jedoch Besonderheiten, die eine Abweichung von dem Regelfall rechtfertigen. Die vormalige Beklagte konnte sich auf erhebliche Interessen berufen, während dem Schutzbedürfnis der Verbraucher sowie den Interessen möglicher Mitbewerber nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kein besonderes Gewicht zukam.
Die frühere Beklagte hat bei den durch die Klageanträge zu I 2b) und I 3 beanstandeten Aufmachungen bereits mit dem auf den Vorderetiketten angebrachten Zusatz "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha
GmbH, Gotha" am unteren Rand hinreichend deutlich auf die Braustätte in Gotha hingewiesen. Zwar ist dieser Hinweis in kleiner Schrift gehalten. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, auf den es für die Beurteilung der Verkehrsauffassung ankommt (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III, m.w.N.), weiß jedoch, daß er nähere Angaben zu einem bestimmten Bier auf den Flaschenetiketten findet. Der Senat hat daher einen Hinweis auf eine von der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe abweichende Braustätte auf dem Rücketikett genügen lassen (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Im Streitfall war für den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, wenn er an diesen Informationen interessiert war, der Hinweis auf die Braustätte in Gotha - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht zu übersehen.
Dies gilt um so mehr für die in den Unterlassungsanträgen zu I 3a) und
b) angeführten Etiketten, die zusätzlich an hervorgehobener Stelle den Hinweis auf die Braustätte in Gotha enthielten.
Die entlokalisierenden Zusätze wurden in ihrer Wirkung verstärkt durch die Bezeichnung von "Original Oettinger" als Marke (vgl. hierzu BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II), was entgegen der Annahme der Revision durch die Anführung des Bestandteils "Original" nicht wieder aufgehoben wird.
Verbleibende Fehlvorstellungen der Verbraucher, soweit sie für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein konnten, sind bei ausreichend deutlichen Hinweisen auf die Herkunft zu vernachlässigen. Der Senat hat dabei angenommen , daß die Fehlvorstellung des Verkehrs im Hinblick auf die Kaufentscheidung im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung haben kann (vgl. BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 f. - Warsteiner III). Zwischen der Relevanz und den Anforderungen an den entlokalisieren-
den Zusatz kann eine Wechselwirkung bestehen. Bei erheblicher Relevanz sind auch hohe Anforderungen an die Klarheit und Deutlichkeit aufklärender Hinweise zu stellen und umgekehrt.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß im Rahmen der Interessenabwägung den relevanten Fehlvorstellungen des Verkehrs kein besonderes Gewicht zukommt, weil nach den auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Meinungsumfrage vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nur etwa 5 % dem Brauort Bedeutung beimessen. Diese Beurteilung läßt ebensowenig einen Rechtsfehler erkennen wie der Umstand, daß das Berufungsgericht den nur für Thüringen im Jahre 1994 ermittelten höheren Prozentsatz (17,4 %) nicht als ausschlaggebend angesehen hat. Abweichendes ergäbe sich auch dann nicht, wenn im Streitfall bei der Interessenabwägung - wie die Revision geltend macht - von einem Anteil von 11 % der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen wäre, für die die Angabe des Brauorts für die Kaufentscheidung relevant ist.
2. Unterlassungsantrag zu I 1
Ein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG hinsichtlich der Verwendung der mit "Original Oettinger" gekennzeichneten Bierkästen für ein in Gotha oder Dessow gebrautes und abgefülltes Bier besteht ebenfalls nicht. Die Bierkästen dienen vornehmlich dem Transport und der Lagerung von Flaschenbier. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird sich daher unabhängig von der Biersorte nicht von dem Aufdruck auf den Bierkästen leiten lassen. Er wird nicht erwarten, auf dem Bierkasten Hinweise auf die Braustätte vorzufinden, sondern wird sich vielmehr anhand des Flaschenetiketts über den Brau- und Abfüllort informieren, soweit er an diesen Angaben interessiert ist. Deshalb steht es außer Verhältnis, zum
Schutz des Wettbewerbs oder der Verbraucher zu verlangen, daß Bierkästen nach der Braustätte und dem Abfüllort gekennzeichnet werden (vgl. BGHZ 139, 138, 146 f. - Warsteiner II).
3. Auskunfts- und Feststellungsantrag zu II und III
Die auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichteten Anträge zu II und III bestehen mangels Unterlassungsgebots ebenfalls nicht.
III. Danach war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO a.F. (jetzt §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO).
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher
7
I. Die Erledigung der Hauptsache kann von der Klagepartei im Revisionsverfahren einseitig erklärt werden, wenn - wie hier die Registrierung der Beklagten im Rechtsdienstleistungsregister - das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll, als solches außer Streit steht. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Klage bis zu dem von der Klagepartei behaupteten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und ob sie sich durch dieses Ereignis erledigt hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen ; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder, soweit sie bereits in der Vorinstanz abgewiesen wurde, die Revision zurückzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2003 - I ZR 84/01, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496 - Einkaufsgutschein II; Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 21/02, GRUR 2004, 701, 702 = WRP 2004, 1029 - Klinikpackung II; Urt. v. 14.7.2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512 Tz. 7).

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt.

(2) Mitbürgen haften einander nur nach § 426.

Auf die Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes finden die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende Anwendung.

(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.

(2) Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Insolvenzverfahrens verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt.

(2) Mitbürgen haften einander nur nach § 426.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablauf der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des § 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, dass er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem Ablauf der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich diese Anzeige macht.

(2) Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Absatzes 1 Satz 1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablauf der bestimmten Zeit hat.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt.

(2) Mitbürgen haften einander nur nach § 426.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 2/98
Verkündet am:
6. April 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
------------------------------------
BGB §§ 767, 776; AGBG § 9 Cg

a) Ist eine weite Zweckerklärung unwirksam, kann die Bürgschaft aufgrund einer
ergänzenden Vertragsauslegung Zinsänderungen umfassen, die dazu dienen,
den Zinssatz der Hauptschuld den wechselnden Refinanzierungsmöglichkeiten
nach oben oder unten in marktkonformer Weise anzupassen.

b) In der Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner, ein Darlehen
nicht mehr in monatlichen Raten, sondern am Ende der Darlehenslaufzeit in
einer Summe zu tilgen, kann eine unwirksame Erweiterung der Verpflichtung
des Bürgen im Sinn von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen.
Die klauselmäßige Ermächtigung des Gläubigers durch den Bürgen zum Abschluß
derartiger Vereinbarungen verstößt gegen § 9 AGBG.

c) Zu den Folgen der Unwirksamkeit eines klauselmäßigen Verzichts des Bürgen
auf die Rechte aus § 776 BGB (im Anschluß an BGH, Urt. v. 2. März
2000 - IX ZR 328/98, z.V.b. in BGHZ).
BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter
Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Bürgschaft in Anspruch. Der Beklagte und der Hauptschuldner sind Zahnärzte. Sie gründeten im Jahre 1984 eine Gemeinschaftspraxis. Der Hauptschuldner trat in die Einzelpraxis des Beklagten ein und hatte dafür an diesen 625.000 DM zu zahlen. Die klagende Bank gewährte dem Hauptschuldner auf dessen Antrag vom 16. September 1984 ein Darlehen von 725.000 DM mit einer Laufzeit von zwölf Jahren. Der für ein Jahr ab Darlehenszusage festgeschriebene Zinssatz betrug 8 3/8 % pro Jahr. Die Tilgung sollte in vierteljährlichen Raten von 24.250 DM oder in mo-
natlichen Raten von 8.084 DM [GA 44, 28] erfolgen, beginnend mit dem 25. März 1985. Zusätzlich zu anderen Sicherheiten (insbesondere Abtretung von Ansprüchen des Hauptschuldners gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung und aus Lebensversicherungen sowie Sicherungsübereignung der Praxiseinrichtung [GA 44, 43]) verlangte die Klägerin eine Bürgschaft des Beklagten in Höhe des Darlehensbetrages. Ebenfalls am 16. September 1984 übernahm der Beklagte gegenüber der Klägerin eine im Kopf des Bürgschaftsformulars als "Höchstbetragsbürgschaft" bezeichnete selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von 725.000 DM für alle der Klägerin gegen den Hauptschuldner "jetzt oder zukünftig zustehenden - auch befristeten oder bedingten - Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner". In dem Formular ist darüber hinaus unter anderem bestimmt:
"Der Betrag der von mir/uns übernommenen Bürgschaft erhöht sich um die Beträge, die als Zinsen, Provisionen, Spesen und Kosten jeder Art auf den verbürgten Höchstbetrag anfallen oder durch deren Geltendmachung entstehen; dies gilt auch dann, wenn die Beträge durch Saldofeststellung im Kontokorrent jeweils Kapitalschuld geworden sind und dadurch der verbürgte Höchstbetrag überschritten wird. ... Wenn Ihre Ansprüche den von mir/uns verbürgten Betrag übersteigen, so dürfen Sie den Erlös aus Ihnen anderweitig bestellten Sicherheiten, ferner alle Ihnen von dem Hauptschuldner oder für dessen Rechnung geleisteten Zahlungen sowie dessen etwaige Gegenforderungen zunächst auf den durch meine/unsere Bürgschaft nicht gedeckten Teil Ihrer Ansprüche anrechnen. Alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche Sie hinsichtlich Ihrer Ansprüche oder bei der Verwertung anderweitiger Sicherheiten für zweckmäßig erachten, berühren den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht. Insbesondere bleibt meine/unsere Bürgschaft bis zu Ihrer vollen Befriedigung auch dann unverändert bestehen, wenn Sie dem Haupt-
schuldner Stundung gewähren oder Sicherheiten und Vorzugsrechte, welche Ihnen für die von mir/uns verbürgten Ansprüche anderweitig bestellt sind oder künftig bestellt werden, freigeben, namentlich andere Bürgen aus der Haftung entlassen. ..." Das Darlehen wurde zunächst auf einem Konto bei der Filiale D. der Klägerin geführt [GA 44, 42, 62]. Bis einschließlich Februar 1986 wurden vom Hauptschuldner monatliche Raten von 8.084 DM gezahlt [GA 62]. Im März 1986 wurde das Darlehen auf Wunsch des Hauptschuldners geteilt und auf zwei Konten weitergeführt, 350.000 DM [ersichtlich abzüglich erbrachter Tilgungsleistungen , vgl. GA 7] wie bisher auf dem Konto ... 01 - die monatlichen Raten betrugen 3.500 DM [GA 44, RB 2] -, 375.000 DM auf dem Konto ... 03 [GA 39, 42]. Es wurde vereinbart, daß auf diesen Teil des Darlehens nur noch Zinsen, aber keine Tilgungsleistungen (mehr) zu erbringen seien und er mit Hilfe einer Kapitallebensversicherung am 31. Dezember 1998 [RB 2] getilgt werden solle [vgl. GA 8]. Am 15. August 1991 wurde das Engagement an die Zweigstelle A. der Filiale D. gegeben [GA 43, 7, 8] und dort auf den Konten ... 02 (die ursprünglichen 350.000 DM [GA 7, 45] hatten sich auf 187.914,38 DM verringert [GA 62]; auf das neue Konto wurde im Einvernehmen mit dem Hauptschuldner [GA 46] ein Betrag von 188.000 DM übertragen [GA 7, 45, 46]) und ... 04 (375.000 DM [GA 8, 47]) geführt. Der Kreditbetrag von 188.000 DM war für vier Jahre mit 9,85 % pro Jahr zu verzinsen und einschließlich Tilgung ab 25. August 1991 mit monatlich 2.105 DM zu bedienen [GA 7, 45, 46]. Auf die Darlehenssumme von 375.000 DM waren für zwei Jahre jährliche Zinsen von 9,95 % zu erbringen [GA 8, 47, 48]. Mit Wirkung vom 1. September 1993 wurde dieser Kreditteil in Höhe von 372.000 DM auf dem Konto ... 05 weitergeführt und war für 5,7 Jahre mit 7,95 % pro Jahr zu verzinsen [GA 9, 49].
Weil eine andere Bank Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner eingeleitet und er der Klägerin erbetene Informationen über sein Vermögen und seine Verbindlichkeiten nicht erteilt hatte, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 22. August 1994 gemäß Nr. 19 Abs. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus wichtigem Grund die dem Hauptschuldner gewährten Kredite fristlos. Nach Berechnung der Klägerin beliefen sich die Verbindlichkeiten des Beklagten insgesamt auf 710.133,22 DM. Davon entfielen auf das Konto ... 02 ein Betrag von 144.556,22 DM und auf das Konto ... 05 ein Betrag von 391.180,62 DM, zusammen 535.736,84 DM. Diese Summe nebst Zinsen hat die Klägerin eingeklagt. Das Landgericht hat den Beklagten in der Hauptsache antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung bis auf einen Teil des Zinsanspruchs zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe eine wirksame selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Er habe nicht dargelegt und bewiesen, daß der Hauptschuldner das Darlehen in größerem Umfang zurück-
geführt habe, als von der Klägerin vorgetragen werde. Diese sei nicht verpflichtet gewesen, die Erlöse aus anderen Sicherheiten vorrangig auf den vom Beklagten verbürgten Teil des Kredits zu verrechnen. Die Hauptschuld, die den Anlaß für die Verbürgung gebildet habe, sei nicht durch Novation erloschen. Zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner seien lediglich neue Zins- und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden. Diese ließen den Bestand der Hauptforderung ebenso unberührt wie deren auf banktechnischen Gründen beruhende Weiterführung unter anderen Kontonummern. Die Bürgschaftsansprüche seien wegen der Zins- und Tilgungsvereinbarungen auch nicht verwirkt. Wenn sich dadurch die endgültige Tilgung des Kredits verzögert haben sollte, sei die Verpflichtung des Bürgen dennoch nicht unzulässig erweitert worden; die Hauptschuld sei unverändert geblieben.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages bejaht.
Die Unwirksamkeit der globalen Sicherungsklausel (ständige Senatsrechtsprechung , vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 30. September 1999 - IX ZR 287/98, NJW 1999, 3708, 3709) auch bei Höchstbetragsbürgschaften (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, WM 2000, 64, 65 f, z.V.b. in BGHZ) führt zu
einer Begrenzung der Haftung des Bürgen auf diejenige Hauptschuld, die Anlaß für die Bürgschaft war. Das war hier die Verbindlichkeit aus dem am Tage der Bürgschaftsübernahme des Beklagten beantragten Darlehen über 725.000 DM.
2. Der Beklagte ist entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht nicht infolge Erlöschens der Hauptforderung von der Bürgenverpflichtung freigeworden. Bei den wiederholten Ä nderungen des Darlehensvertrages handelte es sich nicht um Schuldumschaffungen. Wegen der mit diesen verbundenen einschneidenden Folgen ist im Zweifel davon auszugehen, daß nur eine Vertragsänderung gewollt ist und nicht ein neues Schuldverhältnis begründet werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1999 aaO m.w.N.). Daß die Ä nderungen der Zinshöhe nach Ablauf der Festschreibungsfristen den Bestand des Schuldverhältnisses unberührt ließen, unterliegt von vornherein keinem Zweifel. Aber auch in der für einen Betrag von 375.000 DM vereinbarten Aussetzung der Tilgung bis Ende 1998 sowie in der damit verbundenen Weiterführung des Kredits auf zwei Konten und in den späteren Umbuchungen auf neue Konten lagen lediglich Ä nderungen von Vertragsmodalitäten, die das ursprüngliche Kreditverhältnis als solches bestehen ließen (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1999 aaO). Die auf Rückzahlung des Darlehenskapitals gerichtete Forderung der Klägerin, für die sich der Beklagte verbürgt hatte, wurde infolge der Veränderung der Tilgungsbedingungen nicht durch eine andere ersetzt (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 201/79, WM 1980, 773, 775). Soweit die Ä nderung der Rückzahlungsweise eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Beklagten als Bürgen zur Folge hat, wird dieser durch § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB geschützt.
3. Für die nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner vereinbarten Zinserhöhungen hat der Beklagte grundsätzlich einzustehen.

a) Zwar enthält das Bürgschaftsformular keine besondere Zinsänderungsklausel. Dies beruht ersichtlich darauf, daß Ä nderungen der Darlehenszinsen unter die globale Sicherungsklausel fielen, die bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages (frühestens am 16. September 1984, spätestens wohl im Frühjahr 1985) von der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich für wirksam gehalten wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1979 - VIII ZR 233/78, WM 1979, 884, 885 m.w.N.; v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 107/97, WM 1980, 770, insoweit in BGHZ 77, 167, 169 n. abgedr.; v. 6. Dezember 1984 - IX ZR 115/83, WM 1985, 155, 157). Nach der neuen Rechtsprechung ist die weite Sicherungsklausel in Verträgen mit einem Bürgen, der keinen Einfluß darauf nehmen kann, welche Verbindlichkeiten der Hauptschuldner eingeht, nach § 9 AGBG unwirksam. Deshalb ist zu prüfen, welche Regelung die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen in bezug auf Zinsänderungen, insbesondere Zinserhöhungen, getroffen hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten (vgl. BGHZ 137, 153, 156 ff; BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 aaO).

b) Im Streitfall sicherte die Bürgschaft ungeachtet der Unwirksamkeit der globalen Sicherungsklausel auch die für das Darlehen vereinbarten Zinsen. Dies ergibt sich bereits aus dem aufgrund des Angebots vom 16. September 1984 zustande gekommenen Darlehensvertrag, der den Anlaß für die Bürgschaftsübernahme bildete und dessen Bedingungen mit Einschluß der vereinbarten Zinshöhe und ihrer zeitlichen Festschreibung dem Beklagten bekannt
waren. Es folgt ferner aus der Klausel des Bürgschaftsvertrages, wonach sich der verbürgte Höchstbetrag unter anderem um die Beträge erhöht, die als Zinsen auf ihn entfallen.
In dem Darlehensvertrag war der vereinbarte Jahreszinssatz von 8 3/8 % für ein Jahr ab Darlehenszusage festgeschrieben. Hieraus war zu entnehmen , daß nach Ablauf der Frist ein anderer Zinssatz vereinbart werden konnte. Der Beklagte mußte, wie jeder andere Bürge an seiner Stelle, mit einer Abänderung der Zinshöhe rechnen, sobald die ursprüngliche Bindung entfallen war. Die sachgerechte Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise hat nach einem generalisierenden und typisierenden Maßstab zu erfolgen (vgl. BGHZ 110, 241, 244; 119, 305, 325; BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 aaO). Danach wäre eine Klausel nicht zu beanstanden gewesen, nach der die Bürgschaft solche Zinsänderungen umfaßt, die dazu dienen, den Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsschluß meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten, die maßgeblich durch den von der Zentralbank festgesetzten, schwankenden Diskontsatz beeinflußt werden, nach oben oder unten in marktkonformer Weise anzupassen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hält die Zinsklausel eines Darlehensvertrages, die der darlehensgebenden Bank unter den genannten Voraussetzungen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB einräumt, einer Prüfung nach § 9 AGBG stand (vgl. BGHZ 97, 212, 216 ff; auch 118, 126, 131; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 8. Aufl. Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 282). Dann wird auch ein Bürge durch eine solche Zinsanpassungsklausel , soweit sie seine Haftung für Erhöhungen von Darlehenszinsen begründet,
die von Gläubiger und Schuldner zur Anpassung an geänderte Refinanzierungsmöglichkeiten in sachgerechter Weise vereinbart werden, nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche Klausel entspricht vielmehr den typischen Interessen des Gläubigers und beeinträchtigt die Interessen des Bürgen nicht in unangemessener Weise, so daß der Vertrag im Wege der Auslegung entsprechend zu ergänzen ist.
4. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht, soweit es der Ä nderung der Tilgungsvereinbarung in bezug auf einen Teilbetrag von 375.000 DM im Jahre 1986 unter dem Gesichtspunkt des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB keine Bedeutung beigemessen hat. Nach dieser Norm erstreckt sich die Bürgenhaftung nicht auf rechtsgeschäftliche Veränderungen der Hauptschuld, die die Verpflichtung des Bürgen erweitern, d.h. seine Rechtsstellung verschlechtern.

a) Ohne die Ä nderung der Tilgungsbestimmung hätte sich bei Einhaltung der vereinbarten Tilgungsleistungen mit der Verminderung des Darlehenskapitals auch das Risiko des Beklagten als Bürgen laufend verringert. Durch die Ä nderung wurde das Bürgenrisiko erheblich vergrößert; es entsprach während der Laufzeit des (Teil-)Darlehens ständig der Gesamthöhe dieses Kredits. Eine Verminderung des Risikos durch die Lebensversicherung, mit der diesem Darlehensteil getilgt werden sollte, war nicht gegeben, wenn diese Lebensversicherung nach den Darlehensbedingungen ohnehin als Sicherheit für das Gesamtdarlehen (möglicherweise auch zugleich für andere Ansprüche der Klägerin) dienen sollte. Dies ist in der Revisionsinstanz mangels anderweitiger Feststellungen zu unterstellen. Demzufolge braucht der Beklagte die durch die Ä nderung der Tilgungsbestimmung geschaffene neue Rechtslage nicht gegen sich gelten zu lassen, vielmehr bleibt die Haftung des Beklagten in dem ur-
sprünglichen Umfang bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 aaO S. 774; Staudinger/ Horn, BGB 13. Bearb. § 767 Rdn. 36, 37, 40).

b) An dieser Rechtslage vermögen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bürgschaftsvertrages nichts zu ändern. Dies gilt insbesondere für die Klausel, wonach alle von der Klägerin für zweckmäßig erachteten Maßnahmen und Vereinbarungen hinsichtlich ihrer Ansprüche den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren und die Bürgschaft bis zur vollen Befriedigung der Klägerin auch dann unverändert bestehenbleibt, wenn diese dem Hauptschuldner Stundung gewährt.
Der erste Teil dieser Klausel ("berühren den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht") kann auch in dem Sinn verstanden werden, daß der Haftungsumfang des Bürgen sich in Fällen einer anderweitigen Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner nicht erweitert (§ 5 AGBG).
Bei einem anderen Verständnis verstößt der erste Teil der Klausel ebenso wie die weite Sicherungszweckerklärung gegen § 9 AGBG, soweit er die Klägerin dazu ermächtigt, die Verpflichtungen des Bürgen ohne seine Zustimmung durch Vereinbarungen mit dem Hauptschuldner zu erweitern. Mit der formularmäßigen Ausdehnung der Bürgenhaftung auch auf solche Rechtsfolgen von Vereinbarungen zwischen Klägerin und Hauptschuldner, welche die Rechtsstellung des Beklagten verschlechtern, wird diesem die Übernahme eines unkalkulierbaren Risikos zugemutet. Dies ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Leitentscheidung des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vereinbar. Zugleich werden durch die Klausel wesentliche Rechte des Bürgen in einer den
Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Sie macht es möglich, den Beklagten mit einem Risiko zu belasten, dessen Umfang allein von dem Handeln Dritter bestimmt wird, und widerspricht deshalb der im Vertragsrecht geltenden Privatautonomie (vgl. BGHZ 130, 19, 32 f; 137, 153, 156).
Soweit die Klausel die Klägerin zu Stundungen der Hauptforderung, d.h. zum Hinausschieben ihrer Fälligkeit bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit (BGH, Beschl. v. 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061; Palandt /Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 271 Rdn. 12), ermächtigt, greift sie im Streitfall nach der Unklarheitenregel des § 5 AGBG nicht ein. Zwar mag die Ä nderung der Tilgungsbestimmung im Ergebnis einer Stundung nahekommen, weil die Tilgungsraten nicht zu den vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten, sondern erst am Ende der Laufzeit des Kredits zu zahlen waren. Gleichwohl bleibt es bei einer objektiven Auslegung der Klausel anhand ihres Wortlauts und Regelungszusammenhangs am Maßstab der Verständnismöglichkeiten der typischerweise von der Klausel angesprochenen Durchschnittskunden (vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 1998 - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590) unklar, ob eine solche Vereinbarung unter den Begriff der Stundung fällt. Diese Auslegung obliegt dem Revisionsgericht, weil es sich bei der Klägerin um eine deutsche Großbank handelt und nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß sie das Bürgschaftsformular bundesweit, jedenfalls nicht nur im Bezirk des Berufungsgerichts , verwendet hat. Der Durchschnittskunde wird bei einem Darlehen mit monatlicher Tilgung unter Stundung in erster Linie ein kurzfristiges Hinausschieben der Fälligkeit einer oder mehrerer Raten bei grundsätzlicher Beibehaltung der monatlichen Tilgungsverpflichtung verstehen. Ob unter den in der Klausel verwendeten Begriff der Stundung auch die Vereinbarung einer gänzlichen Aufhebung der monatlichen Tilgungsverpflichtung zugunsten einer ein-
maligen Tilgung bei Ablauf der Darlehensfrist fällt, wird für den Durchschnittskunden nicht hinreichend deutlich. Deshalb ist in der Ä nderung der Tilgungsbestimmung keine Stundung im Sinne der Klausel zu sehen.

c) Blieb der Haftungsumfang des Beklagten von der Ä nderung der Tilgungsvereinbarung unberührt, ist zu prüfen, wie sich die Hauptschuld ohne die Ä nderung tatsächlich entwickelt hätte. Diese Sachlage ist mit dem wirklich eingetretenen Sachstand zu vergleichen (vgl. RGZ 59, 223, 229). Dazu fehlt es nicht nur an Feststellungen, sondern auch an Vortrag der Klägerin. Von Bedeutung könnte insoweit sein, ob der Hauptschuldner in der Lage gewesen wäre , die in dem ursprünglichen Darlehensvertrag vorgesehenen Tilgungsleistungen auch auf die Summe von 375.000 DM weiter ganz oder teilweise zu erbringen. Träfe dies nicht zu, wäre eine durch die Ä nderung der Tilgungsvereinbarung herbeigeführte Verschlechterung der Rechtslage des Beklagten jedenfalls insoweit zu verneinen, als er bei einer Inanspruchnahme zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt in der Lage gewesen wäre, die Klägerin zu befriedigen, nicht aber, seine Rückgriffsansprüche gegen den Hauptschuldner durchzusetzen (vgl. RGZ 59, 223, 231; Reimer JW 1926, 1946; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht 15. Aufl. § 192 II 4 = S. 792; Staudinger/Horn, aaO § 767 Rdn. 47; auch BGHZ 72, 198, 205; MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 767 Rdn. 12 zur einseitigen Stundung der Hauptschuld durch den Gläubiger).
5. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klägerin sei nicht gehalten, verwertete Sicherheiten auf den verbürgten Teil der Hauptforderung zu verrechnen. Vielmehr sei sie mangels einer anderweitigen Absprache grundsätzlich berechtigt, Sicherheitenerlöse so zu verrechnen, wie es für sie am günstigsten sei. Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht beizupflichten.


a) Soweit sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1997 - XI ZR 176/96, WM 1997, 1247, 1249, beruft, berücksichtigt es nicht, daß es sich bei der Kreditsicherheit im Streitfall um eine Bürgschaft und nicht - wie in dem erwähnten Urteil - um eine Grundschuld handelt. Für die Bürgschaft gilt § 776 BGB. Danach wird der Bürge , wenn der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen aufgibt - auch wenn das aufgegebene Recht erst nach Übernahme der Bürgschaft entstanden ist -, insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Zu den Rechten im Sinne von § 776 BGB sind über die in seinem Text erwähnten akzessorischen Rechte hinaus auch selbständige Sicherungsrechte wie Sicherungsgrundschulden, Sicherungseigentum, Eigentumsvorbehalte oder Sicherungsabtretungen zu zählen, zu deren Übertragung auf den zahlenden Bürgen der Gläubiger in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist (vgl. BGHZ 78, 137, 143; 110, 41, 43; BGH, Urt. v. 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1163; MünchKomm-BGB/Habersack aaO § 776 Rdn. 6).
Zwar ist § 776 BGB grundsätzlich abdingbar (vgl. BGH, Urt. v. 24. September 1980 - VIII ZR 291/79, WM 1980, 1255, 1256; Staudinger/Horn aaO § 776 Rdn. 20). Im Streitfall hat sich der Beklagte in dem Bürgschaftsformular damit einverstanden erklärt, daß die Klägerin bei Vertragsschluß bestehende oder künftige Sicherheiten oder Vorzugsrechte für die verbürgten Ansprüche freigab und daß alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche die Klägerin bei der Verwertung anderweitiger Sicherheiten für zweckmäßig erachtet, den Um-
fang der Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren. Eine solche Formularklausel, in welcher der Bürge ohne gewichtige Gründe und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers uneingeschränkt auf die Rechtsfolgen des § 776 BGB verzichtet , ist jedoch nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam (BGH, Urt. v. 2. März 2000 - IX ZR 328/98, Umdruck S. 14 ff, z.V.b. in BGHZ).

b) Die Unwirksamkeit des klauselmäßigen Verzichts des Beklagten auf die Rechte aus § 776 BGB hat zur Folge, daß die Klägerin sich auch nicht darauf berufen darf, ihr sei durch die Bürgschaftsklauseln gestattet, den Erlös aus ihr anderweitig bestellten Sicherheiten zunächst auf den durch die Bürgschaft nicht gedeckten Teil ihrer Ansprüche anzurechnen. Auch in einer solchen Verrechnung kann ein Aufgeben von Rechten im Sinne von § 776 BGB liegen (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58, WM 1960, 371, 372; v. 2. März 2000 aaO).
Der Beklagte ist demzufolge so zu stellen, wie er stünde, wenn die Klägerin die vom Hauptschuldner für die Hauptforderung zusätzlich zu der Bürgschaft des Beklagten gestellten Sicherungsrechte nicht aufgegeben hätte. Von dritter Seite gewährte Sicherheiten stehen im Streitfall nicht in Rede (vgl. insoweit zuletzt BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99, WM 2000, 408).
Dabei ist zu unterscheiden zwischen solchen zusätzlichen Sicherungsrechten , die bei Bürgschaftsübernahme oder zu einem späteren Zeitpunkt ausschließlich die Hauptschuld absicherten, und solchen, die von vornherein auch der Sicherung anderer Ansprüche der Klägerin dienten. Nur im ersten Fall hätte der Beklagte bei einer Befriedigung der Klägerin die zusätzlichen Sicher-
heiten in vollem Umfang für sich verwerten dürfen. Sollte der Sicherungszweck derjenigen Rechte, die - neben der Bürgschaft - zunächst allein die Hauptforderung absicherten, später durch Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner ohne wirksame Zustimmung des Beklagten auf andere Ansprüche der Klägerin ausgedehnt und der Verwertungserlös für diese nicht von der Bürgschaft abgedeckten Ansprüche verwendet worden sein, läge darin eine Aufgabe dieser Rechte im Sinne von § 776 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 aaO). Dann wäre der Beklagte insoweit von seiner Bürgenverpflichtung frei geworden, als er aus dem jeweiligen Recht hätte Ersatz erlangen können , d.h. in Höhe des Verwertungserlöses.
Dienten die zusätzlichen Sicherungsrechte hingegen bereits bei Bürgschaftsübernahme oder - im Falle einer nachträglichen Begründung der Sicherungsrechte - zu diesem späteren Zeitpunkt zugleich der Absicherung anderer Ansprüche, mußte der Beklagte beim Fehlen besonderer Absprachen stets damit rechnen, daß der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung der anderen Ansprüche verwendet würde. In einer solchen Verwendung ist mithin eine "Aufgabe" derartiger von Anfang an mehrfach sichernder Rechte nicht zu sehen. Vielmehr ist es der Entscheidung der Klägerin als Gläubigerin überlassen, auf welche Forderungen sie die Erlöse aus der Verwertung solcher Sicherheiten verrechnen will. Insoweit gelten die Erwägungen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1997 aaO (vgl. auch BGH, Urt. v. 4. November 1997 - XI ZR 181/96, WM 1997, 2396, 2397).
Ob die Klägerin mit dem Hauptschuldner eine auch für den Beklagten maßgebliche (vgl. BGH, Urt. v. 27. April 1993 - XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1079 f) Tilgungsreihenfolge vereinbart oder ob der Schuldner eine einseitige
Tilgungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 1 BGB getroffen hat, ist nicht festgestellt oder vorgetragen. Fehlt es an beidem, gilt § 366 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 2. März 2000 aaO).

III.


Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, zu den klärungsbedürftigen Punkten weiter vorzutragen. Das Berufungsgericht wird zunächst nach Maßgabe der im Vorstehenden dargelegten Gründe festzustellen haben, wie sich der Kredit entwickelt hätte, wenn es bei der ursprünglichen Tilgungsregelung des Darlehensvertrages geblieben wäre. Ferner wird zu prüfen sein, ob und ggf. welche Sicherungsrechte der Klägerin vom Hauptschuldner zusätzlich zu der Bürgschaft des Beklagten zur Absicherung der Hauptforderung gewährt wurden und ob diese zusätzlichen Sicherungsrechte zu irgendeinem Zeitpunkt ausschließlich die Hauptforderung, also nicht stets zugleich auch andere Ansprüche der Klägerin absicherten. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung wird sich das Berufungsgericht auch mit den weiteren Angriffen der Revision gegen die Höhe der Klageforderung auseinanderzusetzen haben (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, ZIP 1996, 222 f; WM 1997 Sonderbeil. Nr. 5 S. 49 f).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt.

(2) Mitbürgen haften einander nur nach § 426.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 328/98 Verkündet am:
2. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 765, 776; AGBG § 9 Bm Abs. 1
Ein formularmäßiger genereller Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB ist nach
§ 9 AGBG unwirksam (Abweichung von BGHZ 78, 137, 141 ff; 95, 350, 358 f).
BGH, Urteil vom 2. März 2000 - IX ZR 328/98 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch
und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11. August 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank gewährte dem Ehemann der Beklagten (im folgenden : Hauptschuldner) geschäftliche Kredite. Die Beklagte übernahm unter dem 2. Februar 1990 und dem 2. April 1992 jeweils formularmäßig selbstschuldnerische Bürgschaften "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen - auch bedingten oder befristeten - Ansprüche aus der Geschäftsverbindung" mit dem Hauptschuldner, "auch wenn die Sicherheit anläßlich einer bestimmten Kreditgewährung bestellt wird", bis zum Betrag von 100.000 DM.
Ziffer 8 des Bürgschaftsvertrags vom 2. April 1992 lautet:
"Der Bürge verzichtet auf die ... Rechte aus § 776 BGB." Der Bürgschaftsvertrag vom 2. Februar 1990 enthält eine wortgleiche Klausel.
Unter dem 7. Mai 1993 schloß der Hauptschuldner mit der Klägerin einen Vertrag über die Gewährung eines Betriebsmittelkredits in Höhe von 200.000 DM. Dieser wurde auf einem Darlehenskonto ... 157 zur Verfügung gestellt. Auf der anderen Seite wurde die Kreditlinie auf einem Kontokorrentkonto (Nr. ... 100), die bis dahin 500.000 DM betragen hatte, auf 300.000 DM reduziert. In beiden Verträgen war unter der Überschrift "sonstige Sicherheiten" eine Bürgschaft der Beklagten über 100.000 DM aufgeführt. Nach den Unterschriften der Vertragsparteien enthielten die Verträge folgenden, von der Beklagten unterschriebenen Passus:
"Soweit im Hinblick auf den Güterstand der Ehegatten eine Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich sein könnte, z.B. insbesondere bei der Bestellung von Sicherheiten, erteilt dieser hiermit seine Zustimmung." Im Jahre 1996 fiel der Hauptschuldner in Konkurs. Die Klägerin verwertete eine auf einem Grundstück des Hauptschuldners eingetragene Grundschuld und erlöste hieraus nach Abzug der Kosten 330.000 DM. Außerdem zog sie ihr sicherungshalber abgetretene Forderungen ein und ließ ihr sicherungsübereignetes Inventar versteigern. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter vereinnahmte sie 80 % der Erlöse aus dem Forderungseinzug und 50 % der Erlöse der versteigerten Sachen. Dadurch flossen ihr
71.765,68 DM und 167.109,63 DM zu. Die restlichen Erlöse kamen der Masse zugute.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus der Bürgschaft vom 2. April 1992, hilfsweise aus der Bürgschaft vom 2. Februar 1990, auf Zahlung von 100.000 DM in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr in der Hauptsache stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.

I.


Nach Meinung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre am 2. April 1992 übernommene Bürgschaft konkludent auf durch die Verträge vom 7. Mai 1993 begründete Verbindlichkeiten erweitert. Die Klägerin habe belegt, daß die verbürgten Hauptforderungen noch in den Bürgschaftsbetrag übersteigender Höhe offen seien. Soweit die Klägerin sich mit dem Konkursverwalter darauf geeinigt habe, daß ihr der Erlös aus der Verwertung der anderweitigen Sicher-
heiten nur zum Teil zufließe, könne sich die Beklagte dagegen nicht wehren, weil sie auf ihre Rechte aus § 776 BGB wirksam verzichtet habe.

II.


Das hält in wesentlichen Punkten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision die Auslegung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich, indem sie die Kreditverträge vom 7. Mai 1993 mit unterschrieben habe, zugleich für durch diese Verträge neu gewährte Kredite verbürgt.
Ob die beiden Kreditverträge vom 7. Mai 1993 den Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder von Individualverträgen haben, ist in den Vorinstanzen nicht erörtert worden. Die Frage kann indes offenbleiben. Selbst wenn es sich um Individualverträge handeln sollte, ist der Senat an die Auslegung des Berufungsgerichts nicht gebunden. Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (BGHZ 131, 136, 138; BGH, Urt. v. 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968; v. 5. Januar 1995 - IX ZR 101/94, NJW 1995, 959). Einer entsprechenden Überprüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand.
Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Beklagte die Kreditverträge "nur im Hinblick auf den Güterstand und ihre danach erforderliche Mitwirkung" mit unterschrieben hat. Da aber in den Verträgen unter "sonstige Sicherheiten" auch eine Bürgschaft der Beklagten über 100.000 DM aufgeführt gewesen sei und daraus - so meint das Berufungsgericht - habe entnommen werden können, daß die Klägerin diese Bürgschaft auch für die neuen Kredite habe in Anspruch nehmen wollen, habe die Beklagte dem durch ihre Unterschrift zugestimmt. Diese Erwägungen sind fehlerhaft. Wenn die Beklagte den von ihrem Ehegatten abgeschlossenen Kreditverträgen (die tatsächlich nur auf eine bankinterne Umschuldung hinausliefen, dazu unten II 2 c aa) allein aus ehegüterrechtlicher Rücksichtnahme zugestimmt hat, weil der Kreditnehmer, ihr Ehemann, diese vermeintlich ohne ihre Zustimmung nicht wirksam abschließen konnte, liegt der Gedanke fern, daß sie eine Bürgschaft hat übernehmen wollen. Falls die Beklagte überhaupt zur Kenntnis genommen hat, daß die Klägerin eine Bürgschaft der Beklagten auch zur Deckung der "neuen Kredite" verwenden wollte, mußte sie deswegen noch nicht annehmen, die Klägerin erwarte von ihr - über die Bürgschaft vom 2. April 1992 hinaus - eine neue Bürgschaft. Denn nach Ansicht des Berufungsgericht sind seinerzeit beide Parteien davon ausgegangen, die Bürgschaft vom 2. April 1992 sei auch mit weiter Zweckerklärung wirksam und decke somit die "neuen Kredite" mit ab. Folgerichtig kann dann auch nicht angenommen werden, daß die Klägerin der Beklagten den Abschluß eines neuen Bürgschaftsvertrages angetragen hat oder auch nur hat antragen wollen. Eine neue Bürgschaft wäre deswegen nur zustande gekommen, wenn die Klägerin die Mitunterzeichnung der Kreditverträge durch die Beklagte als Angebot auf Abschluß eines Bürgschaftsvertrages verstanden und dieses dann auch angenommen hätte. Etwas derartiges hat das Berufungsgericht - insoweit konsequent - nicht in Erwägung gezogen, weil bei-
de Parteien der Meinung gewesen seien, die Bürgschaft vom 2. April 1992 reiche aus.
Nach dem bisher Gesagten liegt auf der Hand, daß sich die Beklagte am 7. Mai 1993 nicht erneut verbürgt hat. Das kann der Senat selbst feststellen.
2. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die am 2. April 1992 übernommene Bürgschaft (noch) Forderungen der Klägerin gegen den Hauptschuldner sichert, ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Bürgschaftserklärung vom 2. April 1992 jedenfalls insoweit gegen § 9 AGBG verstößt, als dadurch auch künftige Ansprüche der Klägerin gegen den Hauptschuldner abgesichert werden sollten (vgl. BGHZ 130, 19, 31 ff; 132, 6, 9; 137, 153, 156; zur Höchstbetragsbürgschaft vgl. BGH, Urt. v. 13. Juni 1996 - IX ZR 229/95, WM 1996, 1391, 1392; v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, WM 2000, 64, 65 f, z.V.b. in BGHZ). Entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht war die Beklagte nicht in der Lage, die Erweiterung der Verbindlichkeiten ihres Ehemannes so zu verhindern, wie ein Geschäftsführer oder Mehrheitsgesellschafter Kreditaufnahmen durch "seine" GmbH verhindern kann. Weder der Abschluß von Darlehensverträgen durch einen Ehegatten noch die Verbürgung dieser Darlehensverbindlichkeiten durch den anderen Ehegatten bedürfen nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB der Einwilligung (vgl. Staudinger/Thiele, BGB 13. Bearb. § 1365 Rdnr. 6; Soergel/Lange, BGB 12. Aufl. § 1365 Rdnr. 25; BGB-RGRK/Finke, 12. Aufl. § 1365 Rdnr. 7). Das mag bei einem - anläßlich der Kreditaufnahme abgeschlossenen - Sicherungsvertrag , durch den sich ein Sicherungsgeber zur Bestellung von Realsicherheiten
verpflichtet, anders sein, falls zur Erfüllung das gesamte Vermögen herangezogen werden muß oder dem Zugriff des Sicherungsnehmers ausgesetzt wird. Daß der Ehemann der Beklagten die von dieser verbürgten Kredite seinerseits unter Einsatz seines gesamten Vermögens besichert habe, ist aber in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden.

b) Unrichtig ist demgegenüber die Meinung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall besichere die Bürgschaft nur die im Zeitpunkt der Verbürgung bestehenden Kreditforderungen, diese aber - nach Maßgabe des Höchstbetrags der Bürgschaft - insgesamt.
aa) Eine formularmäßige Zweckerklärung, die es dem Bürgschaftsgläubiger ermöglicht, einen anderen Kredit als denjenigen, der objektiv Anlaß für die Verbürgung gewesen ist, unter Deckung zu nehmen, benachteiligt den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG). Deswegen wird auch eine formularmäßige Zweckerklärung, mit welcher die Bürgschaft pauschal auf alle gegenwärtigen Forderungen gegen den Hauptschuldner erstreckt wird, nicht wirksam in den Bürgschaftsvertrag einbezogen (BGB, Urt. v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, aaO). Die Bürgschaft bleibt lediglich insoweit wirksam, als sie den sogenannten Anlaßkredit sichert (§ 6 Abs. 2 AGBG i.V.m. §§ 133, 157 BGB).
bb) Welche Kredite objektiv den Anlaß für die Verbürgung vom 2. April 1992 gebildet haben, hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, vor der "Erweiterung" im Mai 1993 seien Anlaß der Verbürgung "die am 2. April 1992 bestehenden Darlehensverbindlichkeiten und das damalige Kreditlimit" gewesen. Diese eher beiläufig getroffene Bemerkung widerspricht - wie die Revision mit Recht rügt (§ 286 ZPO) - dem durch das Zeugnis ihres Ehemannes unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten. Danach war Anlaß der Verbürgung vom 2. April 1992 die Gewährung eines Eigenkapitalhilfedarlehens (im folgenden: EKHDarlehen ) in Höhe von 100.000 DM. Das hat der vom Landgericht für glaubwürdig erachtete Zeuge auch so bestätigt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Für die Revisionsinstanz ist deshalb von der Behauptung der Beklagten auszugehen.
Das EKH-Darlehen ist zwar - auch nach Ansicht der Revision - noch offen. Es liegt der Klage aber nicht zugrunde. Nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen Klagevorbringen "rührt die jetzt noch bestehende Restforderung aus dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100" her. Das EKHDarlehen hat die Klägerin auf dem Konto Nr. ... 141 gebucht. Danach wäre die Klage unbegründet, weil die Klägerin die Bürgin für Forderungen in Anspruch nimmt, für die sich diese nicht verbürgt hätte.

c) Selbst wenn Anlaß für die Verbürgung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - alle Darlehensverbindlichkeiten und Kontokorrentforderungen bis zu dem am 2. April 1992 bestehenden Kreditlimit gewesen sein sollten, wäre bislang nicht belegt, daß noch verbürgte Forderungen von mindestens 100.000 DM bestehen.
aa) Daß das Berufungsgericht - als Folge seiner nicht haltbaren Feststellung , die Beklagte habe sich letztmalig am 7. Mai 1993 verbürgt (dazu oben 1) - von dem Forderungsbestand zum 7. Mai 1993 ausgegangen ist, wirkt sich allerdings nicht aus, soweit es um die an diesem Tag vollzogene Umwandlung des damals bestehenden Kontokorrentkredits in ein Tilgungsdarlehen geht. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dadurch sei der Kontokorrentkredit in Höhe von 200.000 DM erloschen - gegebenenfalls hätte sich dadurch auch die Haftung der Beklagten entsprechend vermindert (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) -, ist unrichtig. Die sich als "bankinterne Umschuldung" darstellende Umwandlung eines Kontokorrentkredits in ein Darlehen unter Verwendung eines neuen Kontos bedeutet im Zweifel lediglich eine Vertragsänderung mit der Folge, daß eine zur Absicherung des Rückzahlungsanspruchs aus dem Kontokorrentkreditvertrag eingegangene Bürgschaft bestehenbleibt (BGH, Urt. v. 30. September 1999 - IX ZR 287/98, ZIP 1999, 1881, 1882).
bb) Ausgewirkt haben kann sich jedoch, daß die Beklagte - abgesehen von der Begrenzung durch den Höchstbetrag der Bürgschaft - möglicherweise nicht für alle Schulden ihres Ehemannes als Bürgin einstehen muß. Das hat das Berufungsgericht verkannt.
Die Höhe der Verbindlichkeiten (auf den Konten mit den Endziffern 100 bis 102, 140, 150 bis 153, 170) im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme (2. April 1992) hat die Klägerin mit insgesamt 614.792,82 DM angegeben. Davon entfiel ein Teil auf Kontokorrentkonten, deren Limit 300.000 DM (Konto Nr. ... 100), 160.000 DM (Konto Nr. ... 101) und 70.000 DM (Konto Nr. ... 102) betragen haben soll. Das EKH-Darlehen auf dem Konto Nr. ... 141 war in die-
ser Aufstellung nicht berücksichtigt, wohl aber ein gleichartiges Darlehen über 20.000 DM auf dem Konto Nr. ... 140.
Nach der Anlage 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 1998 entwikkelten sich die einzelnen Konten wie folgt: Das Kontokorrentkonto Nr. ... 101 wurde am 15. April 1994 unter Auszahlung eines Guthabens aufgelöst. Das Kontokorrentkonto Nr. ... 102 wurde am 20. Dezember 1996 aufgelöst, der Sollstand von 70.361,86 DM auf das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 umgebucht. Das Darlehenskonto Nr. ... 150 wurde am 26. Mai 1997 aufgelöst, der Sollstand von 5.047,93 DM dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 belastet. Die Darlehenskonten Nr. ... 151, ... 152 und ... 153 wurden nach Tilgung der Darlehen spätestens im Jahre 1994 geschlossen. Die Darlehenskonten Nr. ... 154, ... 155 und ... 156 wurden spätestens im Jahre 1997 aufgelöst, die Sollstände von 71.954,61 DM, 27.125,02 DM und 53.460,70 DM auf das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 übertragen.
Das Limit des Kontokorrentkontos Nr. ... 100 wurde mit Vertrag vom 7. Mai 1993 um 200.000 auf 300.000 DM ermäßigt. Dafür wurde das Darlehenskonto Nr. ... 157 neu mit 200.000 DM eingerichtet. Für dessen Sollstand hatte die Beklagte, wie oben ausgeführt, einzustehen, weil es sich lediglich um eine bankinterne Umschuldung handelte. Dieses Konto wurde am 14. Mai 1997 aufgelöst; mit dem Sollstand von 129.596,02 DM wurde wiederum das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 belastet.
Da die Beklagte für den Sollstand auf dem neuen Konto Nr. ... 157 einstehen muß, hat ihr andererseits die Ermäßigung des Limits auf dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 zugute zu kommen. Sie mußte somit einstehen für den
Sollstand auf dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 bis zu dem auf 300.000 DM ermäßigten Limit zuzüglich der vom Kontokorrentkonto Nr. ... 102 übertragenen 70.361,86 DM, der vom Konto Nr. ... 150 übertragenen 5.047,93 DM und der vom Darlehenskonto Nr. ... 157 übertragenen 129.596,02 DM. Für die Belastungen des Kontokorrentkontos Nr. ... 100 nach Auflösung der Darlehenskonten Nr. ... 154 bis ... 156 haftete die Beklagte nicht, weil diese Darlehen im Zeitpunkt der Verbürgung - am 2. April 1992 - noch nicht bestanden. Insgesamt haftete die Beklagte somit in Höhe von 300.000,00 DM 70.361,86 DM 5.047,93 DM 129.596,02 DM 505.005,81 DM und nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - in Höhe von 777.546,32 DM. In diese Summe hat das Berufungsgericht die Beträge der EKH-Darlehen (von zusammen 120.000 DM) auf den Konten mit den Endziffern 140 und 141 eingerechnet, für welche die Klägerin die Bürgschaft gar nicht genommen haben will.
cc) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen , daß die Forderungen, für welche die Beklagte als Bürgin einstehen muß, im Hinblick auf die Erlöse aus der Verwertung von Sicherheiten (Sicherungseigentum und sicherungsabgetretene Forderungen) getilgt sind.
Gutgeschrieben hat die Klägerin dem Schuldner Erlöse in Höhe von insgesamt 568.875,31 DM. Das ist zwar mehr als die im Vorstehenden ermittelte Haftungssumme von 505.005,81 DM. Es steht derzeit aber nicht fest, wieviel
der Hauptschuldner der Klägerin insgesamt schuldete und wie die Sicherheitenerlöse darauf zu verrechnen waren.
Weitergehende Erlöse - rechnerisch machen sie 20 % von 89.707,11 DM = 17.941,42 DM und 50 % von 334.219,26 = 167.109,63 DM aus - überließ die Klägerin der Konkursmasse. Deswegen hat die Beklagte sich auf § 776 Satz 1 BGB berufen. § 776 BGB sieht vor, daß der Bürge, wenn der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen aufgibt, insoweit frei wird, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Zu den Rechten im Sinne von § 776 BGB sind über die ausdrücklich erwähnten akzessorischen Rechte hinaus auch selbständige Sicherungsrechte wie Sicherungsgrundschulden , Sicherungseigentum oder Sicherungsabtretungen zu zählen, zu deren Übertragung auf den zahlenden Bürgen der Gläubiger in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist (vgl. BGHZ 78, 137, 143; 110, 41, 43; BGH, Urt. v. 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1163; MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 776 Rdn. 6).
Das Berufungsgericht hat die Berufung auf § 776 BGB nicht gelten lassen , weil die Beklagte im Bürgschaftsvertrag auf die entsprechende Rechtsfolge wirksam verzichtet habe.
§ 776 BGB enthält kein zwingendes Recht, sondern ist grundsätzlich abdingbar (vgl. BGH, Urt. v. 24. September 1980 - VIII ZR 291/79, WM 1980, 1255, 1256; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 776 Rdn. 20). Ob der Verzicht wirksam ist, wird im vorliegenden Fall erheblich. Es kann derzeit nicht ausge-
schlossen werden, daß im Falle der Unwirksamkeit des Verzichts die Klägerin vollständig befriedigt ist.
Ein formularmäßiger Verzicht, wie er in Ziffer 8 des Bürgschaftsvertrages enthalten ist, ist unwirksam. Allerdings haben der VIII., der III. und der erkennende Senat des Bundesgerichtshofs früher - vor und nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes - die gegenteilige Meinung vertreten (BGHZ 78, 137, 141 ff; 95, 350, 358 f; 108, 179, 183; BGH, Urt. v. 7. November 1985 - IX ZR 40/85, WM 1986, 95, 97; v. 13. Dezember 1990 - IX ZR 79/90, WM 1991, 558, 559; v. 17. März 1994 - IX ZR 174/93, WM 1994, 1064, 1066). In einer neueren Entscheidung hat der Senat - ohne die Frage letztlich entscheiden zu müssen - aber bereits Zweifel geäußert, ob an dieser Auffassung festzuhalten sei (BGHZ 136, 347, 352).
Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Auffassung damit gerechtfertigt , daß in der Regel weder der Bürge noch die Gläubigerbank den Hauptschuldner in seiner geschäftlichen Tätigkeit einschränken wollten. Nach Nr. 19 AGB-Banken (jetzt: Nr. 14) dienten alle irgendwie in den Besitz oder die Verfügungsgewalt der Bank gelangten Sachen und Rechte eines Kunden als Pfand für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihn. Gegebenenfalls stünden diese Pfandrechte als Sicherheiten neben der Bürgschaft. Ohne Ausschluß der Rechte des Bürgen aus § 776 BGB müßten die Werte, an denen die Bank Pfandrechte erlangt habe, blockiert werden. Denn jede von ihr zugelassene Verfügung des Kunden über diese Werte würde das Aufgeben eines Sicherungsmittels für die verbürgte Kreditschuld bedeuten. Der Ausschluß der Rechte aus § 776 BGB vermeide somit wesentliche Nachteile für den Hauptschuldner und diene im Regelfall auch den Belangen des Bürgen.
Gegen eine willkürliche Freigabe von Sicherheiten werde dieser durch § 242 BGB geschützt.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die dieser Rechtsprechung zugrundeliegende Annahme zutrifft, jede von der Gläubigerbank zugelassene Verfügung des Kunden über die Sachen und Rechte, an denen durch Nr. 19 (heute Nr. 14) AGB-Banken oder vergleichbare Allgemeine Geschäftsbedingungen begründete Sicherungsrechte bestehen, bedeute das Aufgaben eines Sicherungsrechts im Sinne von § 776 BGB. Vielmehr spricht vieles dafür, die Zweckvereinbarung dieser Sicherungsrechte dahin zu verstehen, daß dem Kunden jedenfalls so lange, wie die Bank ihr Sicherungsrecht nicht geltend macht, die Möglichkeit der Verfügung über die belasteten Sachen und Rechte verbleiben soll (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, WM 1983, 926, 927). Dann wäre der Kreditnehmer auch ohne "Aufgabe" der Sicherungsrechte durch die Bank in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeschränkt. Eines Verzichts des Bürgen auf die Rechtswohltat des § 776 BGB bedürfte es dazu nicht.
Aber auch wenn man dies mit der bisherigen Rechtsprechung anders sehen wollte, könnten die ihr zugrundeliegenden Erwägungen einen uneingeschränkten Verzicht des Bürgen auf die ihm durch § 776 BGB eingeräumte Rechtsstellung nicht rechtfertigen. Ein derartiger Verzicht ist allenfalls insoweit nicht zu beanstanden, als es um solche Rechte geht, die dem Kreditinstitut aufgrund der erwähnten Klauseln seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustehen. Anders liegt es grundsätzlich hinsichtlich solcher Sicherungsrechte, die nicht durch Nr. 19 AGB-Banken a.F. (Nr. 14 AGB-Banken n.F.) oder vergleichbare Allgemeine Geschäftsbedingungen begründet wurden, sondern auf
gesonderten Sicherungsvereinbarungen beruhen. Bei derartigen Sicherungsrechten kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, daß sie ohne eine Aufgabe durch den Sicherungsnehmer die geschäftliche Handlungsfreiheit des Hauptschuldners unangemessen beschränken. Damit entfällt zugleich die Grundvoraussetzung, auf der die bisherige Rechtsprechung zur klauselmäßigen Zulässigkeit eines uneingeschränkten Verzichts auf die Rechtsfolge des § 776 BGB beruht.
Ein solcher uneingeschränkter Verzicht ist vielmehr nach § 9 AGBG unwirksam , weil er den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. § 776 BGB soll den Bürgen, der mit seinem gesamten Vermögen für die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus der Bürgschaft einzustehen hat, in besonderer Weise schützen. Die Norm steht in engem Zusammenhang mit § 774 BGB. Danach gehen - wie dargelegt - nicht nur die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, sondern auch die für sie bestellten akzessorischen Sicherungsrechte bei einer Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen auf diesen über; nichtakzessorische Sicherungsrechte sind auf ihn zu übertragen. Dadurch wird unterstrichen, daß der Bürge - selbst wenn ihm im Einzelfall die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) nicht zusteht - nicht der primäre Schuldner ist. Der Bürge, der den Gläubiger befriedigt hat, soll in dessen Rechtsstellung - und zwar in jeder Hinsicht - einrücken, um sich nach Möglichkeit bei dem Hauptschuldner oder einem Dritten, der die Hauptschuld neben dem Bürgen besichert hat, "erholen" zu können. Durch diese Verstärkung der Durchsetzbarkeit des Rückgriffsanspruchs sollen die Folgen der Bürgenhaftung gemildert werden. Diese Begünstigung des Bürgen würde entwertet, wenn es dem Gläubiger gestattet wäre, zu Lasten des Bürgen einseitig weitere für die Hauptschuld bestellte Sicherungsrechte aufzugeben
(zu von dritter Seite gestellten Sicherheiten vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99 z.V.b.). Dem will § 776 BGB vorbeugen, indem er den Bürgen insoweit von seinen Verpflichtungen befreit, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Eine Klausel, die dem Bürgen diese Möglichkeit ganz allgemein abschneidet, indem sie ihm ohne gewichtige Gründe und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers einen generellen Verzicht auf die Rechtsfolgen des § 776 BGB ansinnt, ist mit dem Grundgedanken dieser Vorschrift nicht vereinbar und beeinträchtigt den Bürgen unangemessen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG).
Dem steht nicht entgegen, daß der Bürge auch nach der bisherigen Rechtsprechung gegen eine willkürliche Freigabe von Sicherheiten durch § 242 BGB geschützt wird. Die Angemessenheit einer Klausel im Sinne von § 9 AGBG verlangt einen sachgerechten vertraglichen Ausgleich der Interessen von Verwender und Vertragspartner (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1995 - KZR 33/93, WM 1995, 1636, 1638). Der Verwender darf nicht versuchen, nur seine eigenen Interessen durchzusetzen, ohne von vornherein die Interessen des Gegners hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 120, 108, 118; BGH, Urt. v. 16. Oktober 1996 - VIII ZR 54/96, WM 1997, 131, 134). Bei einer bloßen Willkürkontrolle ist ein derartiger Interessenausgleich nicht gewährleistet. Vielmehr werden die Interessen des Verwenders in erheblich größerem Umfang , nämlich bis zur Grenze der Unsachlichkeit, geschützt, als dies für die Angemessenheit einer Klausel von § 9 AGBG vorausgesetzt wird. Auch prozessual ist der bloße Schutz durch das Willkürverbot für den Bürgen unangemessen nachteilig. Er muß die Bank verklagen, um zu seinem Recht zu kommen. Ob er den Rechtsstreit gewinnt, ist ungewiß, weil er beweispflichtig ist und oft die Tatsachen nicht kennt, von denen das Vorliegen der Willkür abhängt.

Daß ein undifferenzierter klauselmäßiger Verzicht des Bürgen auf die Rechte des § 776 BGB gegen § 9 AGBG verstößt, wird auch in großen Teilen des Schrifttums vertreten (vgl. etwa Hadding/Häuser/Welter, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, herausgegeben vom Bundesminister der Justiz, Sonderdruck des Gutachtens Bürgschaft und Garantie, S. 643 f; Tiedtke BB 1984, 19, 23; ders. ZIP 1986, 150, 155; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht Rdn. 363, 364; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten 5. Aufl. Rdnr. 791a; MünchKomm-BGB/Habersack, § 776 Rdn. 3; Ulmer/Brandner/Hensen , AGBG 8. Aufl. Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 262; Fischer WM 1998, 1705, 1712).
Selbst wenn sich die Beklagte der Klägerin gegenüber auf § 776 BGB berufen kann, steht damit noch nicht fest, daß die Beklagte der Klägerin nichts mehr schuldet. Gegebenenfalls müßte sich die Klägerin allerdings so behandeln lassen, als wären die Verwertungserlöse zu 100 % ihr zugeflossen. Dann hätte sie auf ihre Forderung gegen den Hauptschuldner 753.926,36 DM erhalten. In welchem Umfang dadurch der Betrag von 505.005,81 DM, für den die Beklagte als Bürgin haftet, getilgt worden wäre, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Möglicherweise überstiegen die Forderungen der Klägerin gegen den Hauptschuldner den Betrag von 753.926,36 DM.
Es kommt darauf an, ob die anderweitigen Sicherheiten der Klägerin bei Bürgschaftsübernahme oder zu einem späteren Zeitpunkt ausschließlich die verbürgte Hauptschuld absicherten oder ob sie von vornherein auch der Sicherung anderer Ansprüche der Klägerin dienten. Nur im ersten Fall hätte die Beklagte bei einer Befriedigung der Klägerin die zusätzlichen Sicherheiten in vollem Umfang für sich verwerten dürfen. Sollte der Sicherungszweck derjenigen
Rechte, die - neben der Bürgschaft - zunächst allein die Hauptforderung absicherten , später durch Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner ohne wirksame Zustimmung der Beklagten auf andere Ansprüche der Klägerin ausgedehnt und der Verwertungserlös für diese nicht von der Bürgschaft abgedeckten Ansprüche verwertet worden sein, läge darin eine Aufgabe dieser Rechte im Sinne von § 776 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58, WM 1960, 371, 372; Staudinger/Horn, § 776 BGB Rdnr. 11; BGBRGRK /Mormann, § 776 BGB Rdnr. 1). Dann wäre die Beklagte insoweit von ihrer Bürgenverpflichtung frei geworden, als sie aus dem jeweiligen Recht hätte Ersatz erlangen können, d.h. in Höhe des Verwertungserlöses.
Dienten die zusätzlichen Sicherungsrechte hingegen bereits bei Bürgschaftsübernahme oder - im Falle einer nachträglichen Begründung - zu diesem späteren Zeitpunkt zugleich der Absicherung anderer Ansprüche, mußte die Beklagte beim Fehlen besonderer Absprachen stets damit rechnen, daß der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung der anderen Ansprüche verwendet würde. In einer solchen Verwendung war mithin eine "Aufgabe" derartiger von Anfang an mehrfach sichernder Rechte nicht zu sehen. Vielmehr war es der Entscheidung der Klägerin als Gläubigerin überlassen, auf welche Forderungen sie die Erlöse aus der Verwertung solcher Sicherheiten verrechnete (vgl. BGH, Urt. v. 29. April 1997 - XI ZR 176/96, NJW 1997, 2514, 2515; v. 4. November 1997 - XI ZR 181/96, NJW 1998, 601).
Ob die Klägerin mit dem Hauptschuldner eine Tilgungsreihenfolge - die im zuletzt genannten Fall auch die Beklagte gegen sich gelten lassen müßte (BGH, Urt. v. 27. April 1993 - XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1080) - vereinbart oder ob der Schuldner eine einseitige Tilgungsbestimmung gemäß § 366
Abs. 1 BGB getroffen hat, ist nicht festgestellt. Fehlt es an beidem, so gilt § 366 Abs. 2 BGB. Danach war die Klägerin berechtigt, die Erlöse aus der Sicherheitenverwertung zunächst auf solche Forderungen zu verrechnen, für welche die Klägerin am wenigsten gesichert war. Welche Forderungen dies waren, steht nicht fest.

III.


Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
Die Bürgschaft vom 2. Februar 1990, auf welche die Klägerin ihr Klagebegehren hilfsweise gestützt hat, verschafft ihr jedenfalls keine weitergehenden Rechte als die Bürgschaft vom 2. April 1992.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie weiterer Aufklärung bedarf. Das Berufungsgericht wird insbesondere feststellen müssen, welcher Kredit bzw. welche Kredite objektiver Anlaß der Verbürgung vom 2. April 1992 war bzw. waren. Falls die Klägerin bezüglich des EKH-Kredits wegen einer staatlichen Kreditgarantie kein Sicherungsbedürfnis
hatte, wie das Landgericht angenommen hat, könnte dies der Annahme entgegenstehen , der EKH-Kredit sei objektiver Anlaß der Verbürgung gewesen. Insoweit trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. v. 7. März 1996 - IX ZR 43/95, NJW 1996, 1470, 1472; v. 15. April 1997 - IX ZR 112/96, NJW 1997, 3230, 3232; v. 2. Juli 1998 - IX ZR 255/97, WM 1998, 1675, 1676; v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, aaO).
Wenn das Berufungsgericht feststellen sollte, daß nicht das EKH-Darlehen , sondern die sonstigen Kreditverbindlichkeiten - ganz oder teilweise - Anlaß der Verbürgung waren, wird das Berufungsgericht prüfen müssen, in welcher Höhe die "Anlaßkredite" heute noch bestehen. Die Parteien erhalten durch die Zurückverweisung Gelegenheit, zu der Frage vorzutragen, ob und gegebenenfalls wie sie bei Kenntnis der Unwirksamkeit des Ausschlusses von § 776 BGB den Vertrag ergänzt hätten. Die Klägerin mag vortragen, weshalb sie sich
mit dem Konkursverwalter über die Aufteilung der Erlöse aus der Sicherheitenverwertung geeinigt und nach welchen Kriterien sie die ihr zugeflossenen Erlöse auf die Kreditschulden verrechnet hat.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnis bleiben unberührt.

(2) Mitbürgen haften einander nur nach § 426.

Auf die Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes finden die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende Anwendung.

(1) Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.

(2) Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Insolvenzverfahrens verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 328/98 Verkündet am:
2. März 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 765, 776; AGBG § 9 Bm Abs. 1
Ein formularmäßiger genereller Verzicht auf die Rechte aus § 776 BGB ist nach
§ 9 AGBG unwirksam (Abweichung von BGHZ 78, 137, 141 ff; 95, 350, 358 f).
BGH, Urteil vom 2. März 2000 - IX ZR 328/98 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch
und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11. August 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank gewährte dem Ehemann der Beklagten (im folgenden : Hauptschuldner) geschäftliche Kredite. Die Beklagte übernahm unter dem 2. Februar 1990 und dem 2. April 1992 jeweils formularmäßig selbstschuldnerische Bürgschaften "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen - auch bedingten oder befristeten - Ansprüche aus der Geschäftsverbindung" mit dem Hauptschuldner, "auch wenn die Sicherheit anläßlich einer bestimmten Kreditgewährung bestellt wird", bis zum Betrag von 100.000 DM.
Ziffer 8 des Bürgschaftsvertrags vom 2. April 1992 lautet:
"Der Bürge verzichtet auf die ... Rechte aus § 776 BGB." Der Bürgschaftsvertrag vom 2. Februar 1990 enthält eine wortgleiche Klausel.
Unter dem 7. Mai 1993 schloß der Hauptschuldner mit der Klägerin einen Vertrag über die Gewährung eines Betriebsmittelkredits in Höhe von 200.000 DM. Dieser wurde auf einem Darlehenskonto ... 157 zur Verfügung gestellt. Auf der anderen Seite wurde die Kreditlinie auf einem Kontokorrentkonto (Nr. ... 100), die bis dahin 500.000 DM betragen hatte, auf 300.000 DM reduziert. In beiden Verträgen war unter der Überschrift "sonstige Sicherheiten" eine Bürgschaft der Beklagten über 100.000 DM aufgeführt. Nach den Unterschriften der Vertragsparteien enthielten die Verträge folgenden, von der Beklagten unterschriebenen Passus:
"Soweit im Hinblick auf den Güterstand der Ehegatten eine Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich sein könnte, z.B. insbesondere bei der Bestellung von Sicherheiten, erteilt dieser hiermit seine Zustimmung." Im Jahre 1996 fiel der Hauptschuldner in Konkurs. Die Klägerin verwertete eine auf einem Grundstück des Hauptschuldners eingetragene Grundschuld und erlöste hieraus nach Abzug der Kosten 330.000 DM. Außerdem zog sie ihr sicherungshalber abgetretene Forderungen ein und ließ ihr sicherungsübereignetes Inventar versteigern. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Konkursverwalter vereinnahmte sie 80 % der Erlöse aus dem Forderungseinzug und 50 % der Erlöse der versteigerten Sachen. Dadurch flossen ihr
71.765,68 DM und 167.109,63 DM zu. Die restlichen Erlöse kamen der Masse zugute.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus der Bürgschaft vom 2. April 1992, hilfsweise aus der Bürgschaft vom 2. Februar 1990, auf Zahlung von 100.000 DM in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr in der Hauptsache stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.

I.


Nach Meinung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre am 2. April 1992 übernommene Bürgschaft konkludent auf durch die Verträge vom 7. Mai 1993 begründete Verbindlichkeiten erweitert. Die Klägerin habe belegt, daß die verbürgten Hauptforderungen noch in den Bürgschaftsbetrag übersteigender Höhe offen seien. Soweit die Klägerin sich mit dem Konkursverwalter darauf geeinigt habe, daß ihr der Erlös aus der Verwertung der anderweitigen Sicher-
heiten nur zum Teil zufließe, könne sich die Beklagte dagegen nicht wehren, weil sie auf ihre Rechte aus § 776 BGB wirksam verzichtet habe.

II.


Das hält in wesentlichen Punkten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zu Recht rügt die Revision die Auslegung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich, indem sie die Kreditverträge vom 7. Mai 1993 mit unterschrieben habe, zugleich für durch diese Verträge neu gewährte Kredite verbürgt.
Ob die beiden Kreditverträge vom 7. Mai 1993 den Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder von Individualverträgen haben, ist in den Vorinstanzen nicht erörtert worden. Die Frage kann indes offenbleiben. Selbst wenn es sich um Individualverträge handeln sollte, ist der Senat an die Auslegung des Berufungsgerichts nicht gebunden. Die tatrichterliche Auslegung ist für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (BGHZ 131, 136, 138; BGH, Urt. v. 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968; v. 5. Januar 1995 - IX ZR 101/94, NJW 1995, 959). Einer entsprechenden Überprüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand.
Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Beklagte die Kreditverträge "nur im Hinblick auf den Güterstand und ihre danach erforderliche Mitwirkung" mit unterschrieben hat. Da aber in den Verträgen unter "sonstige Sicherheiten" auch eine Bürgschaft der Beklagten über 100.000 DM aufgeführt gewesen sei und daraus - so meint das Berufungsgericht - habe entnommen werden können, daß die Klägerin diese Bürgschaft auch für die neuen Kredite habe in Anspruch nehmen wollen, habe die Beklagte dem durch ihre Unterschrift zugestimmt. Diese Erwägungen sind fehlerhaft. Wenn die Beklagte den von ihrem Ehegatten abgeschlossenen Kreditverträgen (die tatsächlich nur auf eine bankinterne Umschuldung hinausliefen, dazu unten II 2 c aa) allein aus ehegüterrechtlicher Rücksichtnahme zugestimmt hat, weil der Kreditnehmer, ihr Ehemann, diese vermeintlich ohne ihre Zustimmung nicht wirksam abschließen konnte, liegt der Gedanke fern, daß sie eine Bürgschaft hat übernehmen wollen. Falls die Beklagte überhaupt zur Kenntnis genommen hat, daß die Klägerin eine Bürgschaft der Beklagten auch zur Deckung der "neuen Kredite" verwenden wollte, mußte sie deswegen noch nicht annehmen, die Klägerin erwarte von ihr - über die Bürgschaft vom 2. April 1992 hinaus - eine neue Bürgschaft. Denn nach Ansicht des Berufungsgericht sind seinerzeit beide Parteien davon ausgegangen, die Bürgschaft vom 2. April 1992 sei auch mit weiter Zweckerklärung wirksam und decke somit die "neuen Kredite" mit ab. Folgerichtig kann dann auch nicht angenommen werden, daß die Klägerin der Beklagten den Abschluß eines neuen Bürgschaftsvertrages angetragen hat oder auch nur hat antragen wollen. Eine neue Bürgschaft wäre deswegen nur zustande gekommen, wenn die Klägerin die Mitunterzeichnung der Kreditverträge durch die Beklagte als Angebot auf Abschluß eines Bürgschaftsvertrages verstanden und dieses dann auch angenommen hätte. Etwas derartiges hat das Berufungsgericht - insoweit konsequent - nicht in Erwägung gezogen, weil bei-
de Parteien der Meinung gewesen seien, die Bürgschaft vom 2. April 1992 reiche aus.
Nach dem bisher Gesagten liegt auf der Hand, daß sich die Beklagte am 7. Mai 1993 nicht erneut verbürgt hat. Das kann der Senat selbst feststellen.
2. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die am 2. April 1992 übernommene Bürgschaft (noch) Forderungen der Klägerin gegen den Hauptschuldner sichert, ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Bürgschaftserklärung vom 2. April 1992 jedenfalls insoweit gegen § 9 AGBG verstößt, als dadurch auch künftige Ansprüche der Klägerin gegen den Hauptschuldner abgesichert werden sollten (vgl. BGHZ 130, 19, 31 ff; 132, 6, 9; 137, 153, 156; zur Höchstbetragsbürgschaft vgl. BGH, Urt. v. 13. Juni 1996 - IX ZR 229/95, WM 1996, 1391, 1392; v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, WM 2000, 64, 65 f, z.V.b. in BGHZ). Entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht war die Beklagte nicht in der Lage, die Erweiterung der Verbindlichkeiten ihres Ehemannes so zu verhindern, wie ein Geschäftsführer oder Mehrheitsgesellschafter Kreditaufnahmen durch "seine" GmbH verhindern kann. Weder der Abschluß von Darlehensverträgen durch einen Ehegatten noch die Verbürgung dieser Darlehensverbindlichkeiten durch den anderen Ehegatten bedürfen nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB der Einwilligung (vgl. Staudinger/Thiele, BGB 13. Bearb. § 1365 Rdnr. 6; Soergel/Lange, BGB 12. Aufl. § 1365 Rdnr. 25; BGB-RGRK/Finke, 12. Aufl. § 1365 Rdnr. 7). Das mag bei einem - anläßlich der Kreditaufnahme abgeschlossenen - Sicherungsvertrag , durch den sich ein Sicherungsgeber zur Bestellung von Realsicherheiten
verpflichtet, anders sein, falls zur Erfüllung das gesamte Vermögen herangezogen werden muß oder dem Zugriff des Sicherungsnehmers ausgesetzt wird. Daß der Ehemann der Beklagten die von dieser verbürgten Kredite seinerseits unter Einsatz seines gesamten Vermögens besichert habe, ist aber in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden.

b) Unrichtig ist demgegenüber die Meinung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall besichere die Bürgschaft nur die im Zeitpunkt der Verbürgung bestehenden Kreditforderungen, diese aber - nach Maßgabe des Höchstbetrags der Bürgschaft - insgesamt.
aa) Eine formularmäßige Zweckerklärung, die es dem Bürgschaftsgläubiger ermöglicht, einen anderen Kredit als denjenigen, der objektiv Anlaß für die Verbürgung gewesen ist, unter Deckung zu nehmen, benachteiligt den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG). Deswegen wird auch eine formularmäßige Zweckerklärung, mit welcher die Bürgschaft pauschal auf alle gegenwärtigen Forderungen gegen den Hauptschuldner erstreckt wird, nicht wirksam in den Bürgschaftsvertrag einbezogen (BGB, Urt. v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, aaO). Die Bürgschaft bleibt lediglich insoweit wirksam, als sie den sogenannten Anlaßkredit sichert (§ 6 Abs. 2 AGBG i.V.m. §§ 133, 157 BGB).
bb) Welche Kredite objektiv den Anlaß für die Verbürgung vom 2. April 1992 gebildet haben, hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, vor der "Erweiterung" im Mai 1993 seien Anlaß der Verbürgung "die am 2. April 1992 bestehenden Darlehensverbindlichkeiten und das damalige Kreditlimit" gewesen. Diese eher beiläufig getroffene Bemerkung widerspricht - wie die Revision mit Recht rügt (§ 286 ZPO) - dem durch das Zeugnis ihres Ehemannes unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten. Danach war Anlaß der Verbürgung vom 2. April 1992 die Gewährung eines Eigenkapitalhilfedarlehens (im folgenden: EKHDarlehen ) in Höhe von 100.000 DM. Das hat der vom Landgericht für glaubwürdig erachtete Zeuge auch so bestätigt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Für die Revisionsinstanz ist deshalb von der Behauptung der Beklagten auszugehen.
Das EKH-Darlehen ist zwar - auch nach Ansicht der Revision - noch offen. Es liegt der Klage aber nicht zugrunde. Nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen Klagevorbringen "rührt die jetzt noch bestehende Restforderung aus dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100" her. Das EKHDarlehen hat die Klägerin auf dem Konto Nr. ... 141 gebucht. Danach wäre die Klage unbegründet, weil die Klägerin die Bürgin für Forderungen in Anspruch nimmt, für die sich diese nicht verbürgt hätte.

c) Selbst wenn Anlaß für die Verbürgung - wie das Berufungsgericht gemeint hat - alle Darlehensverbindlichkeiten und Kontokorrentforderungen bis zu dem am 2. April 1992 bestehenden Kreditlimit gewesen sein sollten, wäre bislang nicht belegt, daß noch verbürgte Forderungen von mindestens 100.000 DM bestehen.
aa) Daß das Berufungsgericht - als Folge seiner nicht haltbaren Feststellung , die Beklagte habe sich letztmalig am 7. Mai 1993 verbürgt (dazu oben 1) - von dem Forderungsbestand zum 7. Mai 1993 ausgegangen ist, wirkt sich allerdings nicht aus, soweit es um die an diesem Tag vollzogene Umwandlung des damals bestehenden Kontokorrentkredits in ein Tilgungsdarlehen geht. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dadurch sei der Kontokorrentkredit in Höhe von 200.000 DM erloschen - gegebenenfalls hätte sich dadurch auch die Haftung der Beklagten entsprechend vermindert (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) -, ist unrichtig. Die sich als "bankinterne Umschuldung" darstellende Umwandlung eines Kontokorrentkredits in ein Darlehen unter Verwendung eines neuen Kontos bedeutet im Zweifel lediglich eine Vertragsänderung mit der Folge, daß eine zur Absicherung des Rückzahlungsanspruchs aus dem Kontokorrentkreditvertrag eingegangene Bürgschaft bestehenbleibt (BGH, Urt. v. 30. September 1999 - IX ZR 287/98, ZIP 1999, 1881, 1882).
bb) Ausgewirkt haben kann sich jedoch, daß die Beklagte - abgesehen von der Begrenzung durch den Höchstbetrag der Bürgschaft - möglicherweise nicht für alle Schulden ihres Ehemannes als Bürgin einstehen muß. Das hat das Berufungsgericht verkannt.
Die Höhe der Verbindlichkeiten (auf den Konten mit den Endziffern 100 bis 102, 140, 150 bis 153, 170) im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme (2. April 1992) hat die Klägerin mit insgesamt 614.792,82 DM angegeben. Davon entfiel ein Teil auf Kontokorrentkonten, deren Limit 300.000 DM (Konto Nr. ... 100), 160.000 DM (Konto Nr. ... 101) und 70.000 DM (Konto Nr. ... 102) betragen haben soll. Das EKH-Darlehen auf dem Konto Nr. ... 141 war in die-
ser Aufstellung nicht berücksichtigt, wohl aber ein gleichartiges Darlehen über 20.000 DM auf dem Konto Nr. ... 140.
Nach der Anlage 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 1998 entwikkelten sich die einzelnen Konten wie folgt: Das Kontokorrentkonto Nr. ... 101 wurde am 15. April 1994 unter Auszahlung eines Guthabens aufgelöst. Das Kontokorrentkonto Nr. ... 102 wurde am 20. Dezember 1996 aufgelöst, der Sollstand von 70.361,86 DM auf das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 umgebucht. Das Darlehenskonto Nr. ... 150 wurde am 26. Mai 1997 aufgelöst, der Sollstand von 5.047,93 DM dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 belastet. Die Darlehenskonten Nr. ... 151, ... 152 und ... 153 wurden nach Tilgung der Darlehen spätestens im Jahre 1994 geschlossen. Die Darlehenskonten Nr. ... 154, ... 155 und ... 156 wurden spätestens im Jahre 1997 aufgelöst, die Sollstände von 71.954,61 DM, 27.125,02 DM und 53.460,70 DM auf das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 übertragen.
Das Limit des Kontokorrentkontos Nr. ... 100 wurde mit Vertrag vom 7. Mai 1993 um 200.000 auf 300.000 DM ermäßigt. Dafür wurde das Darlehenskonto Nr. ... 157 neu mit 200.000 DM eingerichtet. Für dessen Sollstand hatte die Beklagte, wie oben ausgeführt, einzustehen, weil es sich lediglich um eine bankinterne Umschuldung handelte. Dieses Konto wurde am 14. Mai 1997 aufgelöst; mit dem Sollstand von 129.596,02 DM wurde wiederum das Kontokorrentkonto Nr. ... 100 belastet.
Da die Beklagte für den Sollstand auf dem neuen Konto Nr. ... 157 einstehen muß, hat ihr andererseits die Ermäßigung des Limits auf dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 zugute zu kommen. Sie mußte somit einstehen für den
Sollstand auf dem Kontokorrentkonto Nr. ... 100 bis zu dem auf 300.000 DM ermäßigten Limit zuzüglich der vom Kontokorrentkonto Nr. ... 102 übertragenen 70.361,86 DM, der vom Konto Nr. ... 150 übertragenen 5.047,93 DM und der vom Darlehenskonto Nr. ... 157 übertragenen 129.596,02 DM. Für die Belastungen des Kontokorrentkontos Nr. ... 100 nach Auflösung der Darlehenskonten Nr. ... 154 bis ... 156 haftete die Beklagte nicht, weil diese Darlehen im Zeitpunkt der Verbürgung - am 2. April 1992 - noch nicht bestanden. Insgesamt haftete die Beklagte somit in Höhe von 300.000,00 DM 70.361,86 DM 5.047,93 DM 129.596,02 DM 505.005,81 DM und nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - in Höhe von 777.546,32 DM. In diese Summe hat das Berufungsgericht die Beträge der EKH-Darlehen (von zusammen 120.000 DM) auf den Konten mit den Endziffern 140 und 141 eingerechnet, für welche die Klägerin die Bürgschaft gar nicht genommen haben will.
cc) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen , daß die Forderungen, für welche die Beklagte als Bürgin einstehen muß, im Hinblick auf die Erlöse aus der Verwertung von Sicherheiten (Sicherungseigentum und sicherungsabgetretene Forderungen) getilgt sind.
Gutgeschrieben hat die Klägerin dem Schuldner Erlöse in Höhe von insgesamt 568.875,31 DM. Das ist zwar mehr als die im Vorstehenden ermittelte Haftungssumme von 505.005,81 DM. Es steht derzeit aber nicht fest, wieviel
der Hauptschuldner der Klägerin insgesamt schuldete und wie die Sicherheitenerlöse darauf zu verrechnen waren.
Weitergehende Erlöse - rechnerisch machen sie 20 % von 89.707,11 DM = 17.941,42 DM und 50 % von 334.219,26 = 167.109,63 DM aus - überließ die Klägerin der Konkursmasse. Deswegen hat die Beklagte sich auf § 776 Satz 1 BGB berufen. § 776 BGB sieht vor, daß der Bürge, wenn der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen aufgibt, insoweit frei wird, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Zu den Rechten im Sinne von § 776 BGB sind über die ausdrücklich erwähnten akzessorischen Rechte hinaus auch selbständige Sicherungsrechte wie Sicherungsgrundschulden , Sicherungseigentum oder Sicherungsabtretungen zu zählen, zu deren Übertragung auf den zahlenden Bürgen der Gläubiger in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist (vgl. BGHZ 78, 137, 143; 110, 41, 43; BGH, Urt. v. 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1163; MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 776 Rdn. 6).
Das Berufungsgericht hat die Berufung auf § 776 BGB nicht gelten lassen , weil die Beklagte im Bürgschaftsvertrag auf die entsprechende Rechtsfolge wirksam verzichtet habe.
§ 776 BGB enthält kein zwingendes Recht, sondern ist grundsätzlich abdingbar (vgl. BGH, Urt. v. 24. September 1980 - VIII ZR 291/79, WM 1980, 1255, 1256; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 776 Rdn. 20). Ob der Verzicht wirksam ist, wird im vorliegenden Fall erheblich. Es kann derzeit nicht ausge-
schlossen werden, daß im Falle der Unwirksamkeit des Verzichts die Klägerin vollständig befriedigt ist.
Ein formularmäßiger Verzicht, wie er in Ziffer 8 des Bürgschaftsvertrages enthalten ist, ist unwirksam. Allerdings haben der VIII., der III. und der erkennende Senat des Bundesgerichtshofs früher - vor und nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes - die gegenteilige Meinung vertreten (BGHZ 78, 137, 141 ff; 95, 350, 358 f; 108, 179, 183; BGH, Urt. v. 7. November 1985 - IX ZR 40/85, WM 1986, 95, 97; v. 13. Dezember 1990 - IX ZR 79/90, WM 1991, 558, 559; v. 17. März 1994 - IX ZR 174/93, WM 1994, 1064, 1066). In einer neueren Entscheidung hat der Senat - ohne die Frage letztlich entscheiden zu müssen - aber bereits Zweifel geäußert, ob an dieser Auffassung festzuhalten sei (BGHZ 136, 347, 352).
Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Auffassung damit gerechtfertigt , daß in der Regel weder der Bürge noch die Gläubigerbank den Hauptschuldner in seiner geschäftlichen Tätigkeit einschränken wollten. Nach Nr. 19 AGB-Banken (jetzt: Nr. 14) dienten alle irgendwie in den Besitz oder die Verfügungsgewalt der Bank gelangten Sachen und Rechte eines Kunden als Pfand für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank gegen ihn. Gegebenenfalls stünden diese Pfandrechte als Sicherheiten neben der Bürgschaft. Ohne Ausschluß der Rechte des Bürgen aus § 776 BGB müßten die Werte, an denen die Bank Pfandrechte erlangt habe, blockiert werden. Denn jede von ihr zugelassene Verfügung des Kunden über diese Werte würde das Aufgeben eines Sicherungsmittels für die verbürgte Kreditschuld bedeuten. Der Ausschluß der Rechte aus § 776 BGB vermeide somit wesentliche Nachteile für den Hauptschuldner und diene im Regelfall auch den Belangen des Bürgen.
Gegen eine willkürliche Freigabe von Sicherheiten werde dieser durch § 242 BGB geschützt.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die dieser Rechtsprechung zugrundeliegende Annahme zutrifft, jede von der Gläubigerbank zugelassene Verfügung des Kunden über die Sachen und Rechte, an denen durch Nr. 19 (heute Nr. 14) AGB-Banken oder vergleichbare Allgemeine Geschäftsbedingungen begründete Sicherungsrechte bestehen, bedeute das Aufgaben eines Sicherungsrechts im Sinne von § 776 BGB. Vielmehr spricht vieles dafür, die Zweckvereinbarung dieser Sicherungsrechte dahin zu verstehen, daß dem Kunden jedenfalls so lange, wie die Bank ihr Sicherungsrecht nicht geltend macht, die Möglichkeit der Verfügung über die belasteten Sachen und Rechte verbleiben soll (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, WM 1983, 926, 927). Dann wäre der Kreditnehmer auch ohne "Aufgabe" der Sicherungsrechte durch die Bank in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeschränkt. Eines Verzichts des Bürgen auf die Rechtswohltat des § 776 BGB bedürfte es dazu nicht.
Aber auch wenn man dies mit der bisherigen Rechtsprechung anders sehen wollte, könnten die ihr zugrundeliegenden Erwägungen einen uneingeschränkten Verzicht des Bürgen auf die ihm durch § 776 BGB eingeräumte Rechtsstellung nicht rechtfertigen. Ein derartiger Verzicht ist allenfalls insoweit nicht zu beanstanden, als es um solche Rechte geht, die dem Kreditinstitut aufgrund der erwähnten Klauseln seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustehen. Anders liegt es grundsätzlich hinsichtlich solcher Sicherungsrechte, die nicht durch Nr. 19 AGB-Banken a.F. (Nr. 14 AGB-Banken n.F.) oder vergleichbare Allgemeine Geschäftsbedingungen begründet wurden, sondern auf
gesonderten Sicherungsvereinbarungen beruhen. Bei derartigen Sicherungsrechten kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, daß sie ohne eine Aufgabe durch den Sicherungsnehmer die geschäftliche Handlungsfreiheit des Hauptschuldners unangemessen beschränken. Damit entfällt zugleich die Grundvoraussetzung, auf der die bisherige Rechtsprechung zur klauselmäßigen Zulässigkeit eines uneingeschränkten Verzichts auf die Rechtsfolge des § 776 BGB beruht.
Ein solcher uneingeschränkter Verzicht ist vielmehr nach § 9 AGBG unwirksam , weil er den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. § 776 BGB soll den Bürgen, der mit seinem gesamten Vermögen für die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus der Bürgschaft einzustehen hat, in besonderer Weise schützen. Die Norm steht in engem Zusammenhang mit § 774 BGB. Danach gehen - wie dargelegt - nicht nur die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, sondern auch die für sie bestellten akzessorischen Sicherungsrechte bei einer Befriedigung des Gläubigers durch den Bürgen auf diesen über; nichtakzessorische Sicherungsrechte sind auf ihn zu übertragen. Dadurch wird unterstrichen, daß der Bürge - selbst wenn ihm im Einzelfall die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) nicht zusteht - nicht der primäre Schuldner ist. Der Bürge, der den Gläubiger befriedigt hat, soll in dessen Rechtsstellung - und zwar in jeder Hinsicht - einrücken, um sich nach Möglichkeit bei dem Hauptschuldner oder einem Dritten, der die Hauptschuld neben dem Bürgen besichert hat, "erholen" zu können. Durch diese Verstärkung der Durchsetzbarkeit des Rückgriffsanspruchs sollen die Folgen der Bürgenhaftung gemildert werden. Diese Begünstigung des Bürgen würde entwertet, wenn es dem Gläubiger gestattet wäre, zu Lasten des Bürgen einseitig weitere für die Hauptschuld bestellte Sicherungsrechte aufzugeben
(zu von dritter Seite gestellten Sicherheiten vgl. BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99 z.V.b.). Dem will § 776 BGB vorbeugen, indem er den Bürgen insoweit von seinen Verpflichtungen befreit, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Eine Klausel, die dem Bürgen diese Möglichkeit ganz allgemein abschneidet, indem sie ihm ohne gewichtige Gründe und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers einen generellen Verzicht auf die Rechtsfolgen des § 776 BGB ansinnt, ist mit dem Grundgedanken dieser Vorschrift nicht vereinbar und beeinträchtigt den Bürgen unangemessen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG).
Dem steht nicht entgegen, daß der Bürge auch nach der bisherigen Rechtsprechung gegen eine willkürliche Freigabe von Sicherheiten durch § 242 BGB geschützt wird. Die Angemessenheit einer Klausel im Sinne von § 9 AGBG verlangt einen sachgerechten vertraglichen Ausgleich der Interessen von Verwender und Vertragspartner (vgl. BGH, Urt. v. 21. Februar 1995 - KZR 33/93, WM 1995, 1636, 1638). Der Verwender darf nicht versuchen, nur seine eigenen Interessen durchzusetzen, ohne von vornherein die Interessen des Gegners hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 120, 108, 118; BGH, Urt. v. 16. Oktober 1996 - VIII ZR 54/96, WM 1997, 131, 134). Bei einer bloßen Willkürkontrolle ist ein derartiger Interessenausgleich nicht gewährleistet. Vielmehr werden die Interessen des Verwenders in erheblich größerem Umfang , nämlich bis zur Grenze der Unsachlichkeit, geschützt, als dies für die Angemessenheit einer Klausel von § 9 AGBG vorausgesetzt wird. Auch prozessual ist der bloße Schutz durch das Willkürverbot für den Bürgen unangemessen nachteilig. Er muß die Bank verklagen, um zu seinem Recht zu kommen. Ob er den Rechtsstreit gewinnt, ist ungewiß, weil er beweispflichtig ist und oft die Tatsachen nicht kennt, von denen das Vorliegen der Willkür abhängt.

Daß ein undifferenzierter klauselmäßiger Verzicht des Bürgen auf die Rechte des § 776 BGB gegen § 9 AGBG verstößt, wird auch in großen Teilen des Schrifttums vertreten (vgl. etwa Hadding/Häuser/Welter, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, herausgegeben vom Bundesminister der Justiz, Sonderdruck des Gutachtens Bürgschaft und Garantie, S. 643 f; Tiedtke BB 1984, 19, 23; ders. ZIP 1986, 150, 155; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht Rdn. 363, 364; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten 5. Aufl. Rdnr. 791a; MünchKomm-BGB/Habersack, § 776 Rdn. 3; Ulmer/Brandner/Hensen , AGBG 8. Aufl. Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 262; Fischer WM 1998, 1705, 1712).
Selbst wenn sich die Beklagte der Klägerin gegenüber auf § 776 BGB berufen kann, steht damit noch nicht fest, daß die Beklagte der Klägerin nichts mehr schuldet. Gegebenenfalls müßte sich die Klägerin allerdings so behandeln lassen, als wären die Verwertungserlöse zu 100 % ihr zugeflossen. Dann hätte sie auf ihre Forderung gegen den Hauptschuldner 753.926,36 DM erhalten. In welchem Umfang dadurch der Betrag von 505.005,81 DM, für den die Beklagte als Bürgin haftet, getilgt worden wäre, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Möglicherweise überstiegen die Forderungen der Klägerin gegen den Hauptschuldner den Betrag von 753.926,36 DM.
Es kommt darauf an, ob die anderweitigen Sicherheiten der Klägerin bei Bürgschaftsübernahme oder zu einem späteren Zeitpunkt ausschließlich die verbürgte Hauptschuld absicherten oder ob sie von vornherein auch der Sicherung anderer Ansprüche der Klägerin dienten. Nur im ersten Fall hätte die Beklagte bei einer Befriedigung der Klägerin die zusätzlichen Sicherheiten in vollem Umfang für sich verwerten dürfen. Sollte der Sicherungszweck derjenigen
Rechte, die - neben der Bürgschaft - zunächst allein die Hauptforderung absicherten , später durch Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner ohne wirksame Zustimmung der Beklagten auf andere Ansprüche der Klägerin ausgedehnt und der Verwertungserlös für diese nicht von der Bürgschaft abgedeckten Ansprüche verwertet worden sein, läge darin eine Aufgabe dieser Rechte im Sinne von § 776 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58, WM 1960, 371, 372; Staudinger/Horn, § 776 BGB Rdnr. 11; BGBRGRK /Mormann, § 776 BGB Rdnr. 1). Dann wäre die Beklagte insoweit von ihrer Bürgenverpflichtung frei geworden, als sie aus dem jeweiligen Recht hätte Ersatz erlangen können, d.h. in Höhe des Verwertungserlöses.
Dienten die zusätzlichen Sicherungsrechte hingegen bereits bei Bürgschaftsübernahme oder - im Falle einer nachträglichen Begründung - zu diesem späteren Zeitpunkt zugleich der Absicherung anderer Ansprüche, mußte die Beklagte beim Fehlen besonderer Absprachen stets damit rechnen, daß der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung der anderen Ansprüche verwendet würde. In einer solchen Verwendung war mithin eine "Aufgabe" derartiger von Anfang an mehrfach sichernder Rechte nicht zu sehen. Vielmehr war es der Entscheidung der Klägerin als Gläubigerin überlassen, auf welche Forderungen sie die Erlöse aus der Verwertung solcher Sicherheiten verrechnete (vgl. BGH, Urt. v. 29. April 1997 - XI ZR 176/96, NJW 1997, 2514, 2515; v. 4. November 1997 - XI ZR 181/96, NJW 1998, 601).
Ob die Klägerin mit dem Hauptschuldner eine Tilgungsreihenfolge - die im zuletzt genannten Fall auch die Beklagte gegen sich gelten lassen müßte (BGH, Urt. v. 27. April 1993 - XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1080) - vereinbart oder ob der Schuldner eine einseitige Tilgungsbestimmung gemäß § 366
Abs. 1 BGB getroffen hat, ist nicht festgestellt. Fehlt es an beidem, so gilt § 366 Abs. 2 BGB. Danach war die Klägerin berechtigt, die Erlöse aus der Sicherheitenverwertung zunächst auf solche Forderungen zu verrechnen, für welche die Klägerin am wenigsten gesichert war. Welche Forderungen dies waren, steht nicht fest.

III.


Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
Die Bürgschaft vom 2. Februar 1990, auf welche die Klägerin ihr Klagebegehren hilfsweise gestützt hat, verschafft ihr jedenfalls keine weitergehenden Rechte als die Bürgschaft vom 2. April 1992.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie weiterer Aufklärung bedarf. Das Berufungsgericht wird insbesondere feststellen müssen, welcher Kredit bzw. welche Kredite objektiver Anlaß der Verbürgung vom 2. April 1992 war bzw. waren. Falls die Klägerin bezüglich des EKH-Kredits wegen einer staatlichen Kreditgarantie kein Sicherungsbedürfnis
hatte, wie das Landgericht angenommen hat, könnte dies der Annahme entgegenstehen , der EKH-Kredit sei objektiver Anlaß der Verbürgung gewesen. Insoweit trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. v. 7. März 1996 - IX ZR 43/95, NJW 1996, 1470, 1472; v. 15. April 1997 - IX ZR 112/96, NJW 1997, 3230, 3232; v. 2. Juli 1998 - IX ZR 255/97, WM 1998, 1675, 1676; v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, aaO).
Wenn das Berufungsgericht feststellen sollte, daß nicht das EKH-Darlehen , sondern die sonstigen Kreditverbindlichkeiten - ganz oder teilweise - Anlaß der Verbürgung waren, wird das Berufungsgericht prüfen müssen, in welcher Höhe die "Anlaßkredite" heute noch bestehen. Die Parteien erhalten durch die Zurückverweisung Gelegenheit, zu der Frage vorzutragen, ob und gegebenenfalls wie sie bei Kenntnis der Unwirksamkeit des Ausschlusses von § 776 BGB den Vertrag ergänzt hätten. Die Klägerin mag vortragen, weshalb sie sich
mit dem Konkursverwalter über die Aufteilung der Erlöse aus der Sicherheitenverwertung geeinigt und nach welchen Kriterien sie die ihr zugeflossenen Erlöse auf die Kreditschulden verrechnet hat.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablauf der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des § 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, dass er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem Ablauf der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich diese Anzeige macht.

(2) Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Absatzes 1 Satz 1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablauf der bestimmten Zeit hat.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

16
aa) Dass ein Mieter mit Einwendungen gegen unwirksam abgerechnete Betriebskosten nicht nach § 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB ausgeschlossen ist, ergibt sich bereits aus dem Zusammenspiel der einzelnen Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB und der mit ihnen verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung. Der Gesetzgeber hat dem Vermieter in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB die Verpflichtung auferlegt, binnen einer Frist von zwölf Monaten nach dem Ende des Abrechnungszeitraums eine Abrechnung zu übermitteln. Um den Vermieter zur Erfüllung dieser Pflicht anzuhalten, hat der Gesetzgeber eine verspätete Abrechnung mit dem Ausschluss von Nebenkostennachforderungen sanktioniert (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Spiegelbildlich zu dieser Pflicht ist im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auf den vom Rechtsausschuss des Bundestages aufgegriffenen Vorschlag des Bundesrates eine Ausschlussfrist für Einwendungen des Mieters gegen die ihm zugegangene Abrechnung eingeführt worden (§ 556 Abs. 3 Satz 5, 6 BGB). Der Bundesrat hielt die Aufnahme eines solchen Einwendungsausschlusses zur Vermeidung von aufwendigen und letztlich unergiebigen Beweisaufnahmen über lange zurückliegende Nebenkostenabrechnungen und aus Zumutbarkeitserwägungen für geboten (BT-Drucks. 14/4553, S. 87). Es sei dem Mieter zuzumuten, eine Abrechnung innerhalb einer angemessenen Frist zu prüfen und Beanstandungen zu erheben (BT-Drucks. 14/4553, aaO). Der Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete die Einführung einer Ausschlussfrist für Einwendungen im Interesse der Ausgewogenheit und aus Gründen der Rechtssicherheit (BT-Drucks. 14/5663, S. 79). Hierdurch werde gewährleistet, dass absehbare Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche bestehe (BT-Drucks. 14/5663, aaO).

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis finden, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen, das Versprechen oder das Anerkenntnis auf der Seite des Schuldners ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschriften des § 766 Satz 1 und 2, des § 780 und des § 781 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

30
a) Der im Wege der zulässigen Anschlussberufung auf unbedingte Zahlung gerichtete Klageantrag ist - wie das Berufungsgericht noch zutreffend angenommen hat - zulässig. Die Umstellung des Antrags von einer Verurteilung zu einer Zug-um-Zug-Leistung auf eine unbedingte Zahlung ist eine Erweiterung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 ZPO und danach nicht als Klageänderung anzusehen (Musielak/Foerste, ZPO 5. Aufl. § 264 Rdn. 3). Sie ist deshalb unabhängig von den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig (BGHZ 158, 295, 305 f.; BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, ZfIR 2006, 325, 327).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 227/02 Verkündet am:
23. Juni 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Karten-Grundsubstanz

a) Die in einem digitalen Datenbestand verkörperte Vorstufe für einen Stadtplan kann
ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG sein.

b) Kartographische Gestaltungen können selbst dann, wenn sie in der Gesamtkonzeption
(insbesondere bei der Gestaltung des Kartenbildes) keine schöpferischen
Züge aufweisen (wie z.B. bei der Erarbeitung eines einzelnen topographischen Kartenblatts
nach einem vorbekannten Muster), urheberrechtlich schutzfähig sein.
Auch bei einer Bindung an vorgegebene Zeichenschlüssel und Musterblätter kann
dem Entwurfsbearbeiter oder Kartographen (etwa bei der Generalisierung und Verdrängung
) ein für die Erreichung des Urheberrechtsschutzes genügend großer
Spielraum für individuelle kartographische Leistungen bleiben. Die Anforderungen
an die schöpferische Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartographischen Gestaltungen
gering.
BGH, Urt. v. 23. Juni 2005 - I ZR 227/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. April 2002 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien stellen Stadtpläne und Stadtatlanten her und vertreiben diese.
Die Klägerin erteilte mit Schreiben vom 27. Juni 1996 der P. & Partner sp.z o.o. in Po. /Polen (im folgenden: P. P. ) den Auftrag, auf der Grundlage der amtlichen Vermessungskarte 1 : 5.000 einen Stadtplan für Berlin in digitaler Form zu schaffen. Damit sollte ein Stadtplanwerk in 70 Blättern im Maßstab 1 : 20.000 hergestellt werden. Die Klägerin übergab P. P. den für die Digitalisierung erforderlichen Zeichenschlüssel, in dem jedoch bei den Straßenkategorien für die lichte Weite und die Konturierung jeweils zwei Vorgaben eingetragen waren.
Während der Vertragsverhandlungen teilte P. P. der Klägerin mit, die Beklagte wolle den von ihr zu erstellenden Datensatz ebenfalls verwenden. Diese plane im Auftrag der B. Verkehrsbetriebe (BVG) ein Kartenwerk zur Darstellung des öffentlichen Nahverkehrs. Es könne deshalb zweckmäßig sein, die Vektordaten für beide Parteien gemeinsam herzustellen. Die Beklagte werde sich mit 60.000 DM an den Gesamtkosten von 170.000 DM beteiligen. Die Klägerin stimmte dem zu. Die P. P. bestätigte diese Abrede mit Schreiben vom 29. Mai 1996, in dem es u.a. heißt:
"Wie bereits in einigen Gesprächen klargestellt wurde, werden die entstehenden Vektordaten nicht nur für die Anwendung deines Verlages gefertigt. Der P. Verlag in R. [Beklagte] wird daraus eine ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) Kartografie im Auftrag der BVG herstellen. Da die Kartografie des P. Verlages in einem anderen System geliefert werden muß, kann mein Partner nur einen Teil der erstellten Vektoren in seine
Computer transferieren. Es werden nur die … linearen Elemente und Flächenpolygone sein. Die komplette Schriftplatte wird also nur für dich erstellt, deshalb können die Herstellungskosten nicht im gleichen Verhältnis aufgeteilt werden. …" Darauf antwortete die Klägerin unter dem 27. Juni 1996:
"Mit diesem Schreiben möchte ich ihnen den Auftrag für die Herstellung eines Stadtplans von Berlin im Maßstab 1 : 20.000 in 70 Blättern erteilen. Als Preis haben wir nach langen Verhandlungen 170.000 DM festgelegt. Wie bereits besprochen, wird ein Teil der Kosten - 60.000 DM - durch die Übernahme des P. Verlages abgedeckt." Der Vertrag zwischen der Klägerin und P. P. wurde abgewikkelt.
Die Beklagte verwandte die ihr von P. P. übermittelten Daten nicht nur dazu, den Auftrag der BVG zu erfüllen. Sie lieferte den von ihr erstellten Plan auch an den D. Verlag, der ihn auf einer CD-ROM zusammen mit dem amtlichen Telefonbuch kostenlos an Endverbraucher verteilt. Die Beklagte bot zudem dem Allgemeinen D. F. e.V. in B. an, auf der Grundlage der von P. P. übermittelten Daten eine Fahrradkarte zu erstellen.
Die Klägerin hat hierin eine Verletzung ihres Urheberrechts an dem von ihr hergestellten Stadtplan gesehen. Sie habe P. P. dessen eigenschöpferische Elemente (insbesondere die überdurchschnittlich gute Lesbarkeit infolge überproportionaler Straßenbreiten und die Darstellung der Bebauung als einheitliche glatte Fläche) vorgegeben; P. P. habe sich genau an den ihr überlassenen Zeichenschlüssel gehalten. Der Beklagten sei lediglich
durch eine einfache Lizenz gestattet worden, den Plan für die Herstellung des BVG-Atlanten zu benutzen.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, Stadtpläne oder Stadtatlanten anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen oder Dritten Lizenzen für das Anbieten und/oder Inverkehrbringen solcher Stadtpläne oder Stadtatlanten zu erteilen , soweit die Stadtpläne oder Stadtatlanten identisch sind mit dem als Anlage zum Schriftsatz vom 9. November 1999 beigefügten BVG-Atlas Ausgabe 1997; 2. der Klägerin Auskunft über den Vertriebsweg ihrer vorstehend beschriebenen Stadtpläne oder Stadtatlanten zu erteilen , insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der Menge der hergestellten und/oder ausgelieferten Vervielfältigungsstücke; 3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I. 1. beschriebenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der einzelnen Lieferungen unter Nennung
a) der Liefermengen, der Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren
c) sowie des erzielten Gewinns, und zwar in Höhe von a), b) und c) und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung
d) der Angebotszeiten und Angebotspreise sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet; 4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Vervielfältigungsstücke der vorstehend zu I. 1. beschriebenen Stadtpläne oder Stadtatlanten zu vernichten; II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu I. 1. bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entstehen wird; III. der Klägerin die Befugnis zuzusprechen, nach Rechtskraft des Urteils dieses auf Kosten der Beklagten bekannt zu machen. Die Beklagte hat vorgetragen, ein etwaiges Urheberrecht am Ergebnis der Digitalisierungsleistung der P. P. stehe jedenfalls dieser zu. Die Kartographen von P. P. hätten die kartographischen Entscheidungen bei der Erarbeitung der in den BVG-Atlas eingegangenen digitalen Grundsubstanz (insbesondere bei der Generalisierung der Daten) in maßgeblichem Umfang eigenständig getroffen. Auch der Zeichenschlüssel der Klägerin sei von P. P. überarbeitet worden. Die höhere finanzielle Beteiligung der Klägerin habe ihren Grund darin, daß P. P. nach der Erstellung der Grundsubstanz noch umfangreiche weitere Arbeiten für die Klägerin geleistet habe. Jede der Parteien habe die erarbeitete digitale Grundsubstanz unbeschränkt nutzen dürfen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klageanträge mit Ausnahme des Veröffentlichungsantrags zugesprochen.
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Ausnahme des Veröffentlichungsantrags als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Es könne offenbleiben, ob die Kartengestaltung urheberrechtlich schutzfähig sei und ob die Klägerin gegebenenfalls Alleinurheber oder Miturheber sei, da sich die Klägerin jedenfalls auf eine zu ihren Gunsten bestehende, im Grundsatz ausschließliche Lizenz berufen könne. Nach dem Vertrag der Klägerin mit P. P. habe diese ihre Leistungen ausschließlich für die Klägerin erbringen sollen; die Beklagte habe die Leistungen von P. P. nur für den BVG-Atlas nutzen dürfen. Die Beklagte habe in die ausschließliche Lizenz der Klägerin eingegriffen, indem sie unter Ausnutzung der Leistungen von P. P. Stadtpläne für den D. Verlag erstellt und dem Allgemeinen D. F. e.V. die Erstellung einer Karte angeboten habe.
Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Ihr Geschäftsführer sei ersichtlich über die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und P. P. unterrichtet gewesen, was schon deshalb naheliege, weil er an P. P. beteiligt sei.
Die Klägerin habe nach Treu und Glauben Anspruch auf Vernichtung der noch bei der Beklagten vorhandenen, vom Verbot erfaßten Stadtpläne und Stadtatlanten. Obwohl dieser Anspruch nicht aus Urheberrechtsverletzung hergeleitet werde, sei die Klägerin im Zusammenhang mit der Verletzung ihrer Lizenz so zu stellen, wie sie als Urheberin nach den gesetzlichen Vorschriften stünde.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsurteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, den die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO). Dieser Verfahrensverstoß ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 120, 239, 253; BGH, Urt. v. 21.6.2001 - I ZR 245/98, GRUR 2002, 153, 155 = WRP 2002, 96 - Kinderhörspiele).

a) Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Wenn ein Gericht seinem Urteilsausspruch einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Unterlassungsantrag begründet hat, entscheidet es deshalb unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes (aliud) als beantragt ist (vgl. BGHZ 154, 342, 347 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht hier getan.

b) Die Klägerin hat in den Vorinstanzen zur Begründung ihrer Klage vorgebracht , die Beklagte habe durch Handlungen, wie sie im Klageantrag zu I. 1. bezeichnet seien, ihre urheberrechtlichen Befugnisse an ihrem Kartenwerk "Stadt- und Land Atlas Berlin/Brandenburg" verletzt. Sie hat dabei bestritten, daß Kartographen der P. P. aufgrund ihrer Vorarbeiten für diesen Atlas urheberrechtliche Befugnisse erworben haben. Dementsprechend hat die Klägerin ihre Klageanträge nicht (auch nicht hilfsweise) darauf gestützt, daß P. P. ihr ausschließliche urheberrechtliche Nutzungsrechte eingeräumt oder übertragen habe.
Das Berufungsgericht hat dagegen die Frage, ob die Klägerin urheberrechtliche Befugnisse erworben hat, offengelassen und als Klagegrund angenommen , daß P. P. der Klägerin schuldrechtlich (mit der Wirkung einer ausschließlichen Lizenz) gestattet habe, das von ihren Kartographen erarbeitete Leistungsergebnis zu nutzen. Einen solchen selbständigen Klagegrund hat die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht. Ein derartiges Vorbringen lag für sie zum einen deshalb fern, weil sie von eigenen urheberrechtlichen Befugnissen ausgegangen ist, die nicht von P. P. abgeleitet sind, zum anderen , weil eine schuldrechtliche Vereinbarung ohne ein zugrundeliegendes Immaterialgüterrecht - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - Rechtswirkungen nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und P. P. haben könnte und dementsprechend eine so begründete Klage gegen die Beklagte unschlüssig wäre.
2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist nicht dadurch geheilt worden, daß die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 154, 342, 350 f. -
Reinigungsarbeiten; BGH, Urt. v. 16.12.2004 - VII ZR 174/03, BauR 2005, 588, 589).
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für das erneute Berufungsverfahren wird auf folgendes hingewiesen:
1. Der Gegenstand des gestellten Unterlassungsantrags und der darauf bezogenen weiteren Anträge der Klägerin ist in verschiedener Hinsicht unklar. Der Klägerin wird deshalb Gelegenheit zu geben sein, ihre Klageanträge neu zu fassen.
Der Beklagten soll nach dem Unterlassungsantrag verboten werden, "Stadtpläne oder Stadtatlanten anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen oder Dritten Lizenzen für das Anbieten und/oder Inverkehrbringen solcher Stadtpläne oder Stadtatlanten zu erteilen, soweit die Stadtpläne oder Stadtatlanten identisch sind mit dem als Anlage zum Schriftsatz vom 9. November 1999 beigefügten BVG-Atlas Ausgabe 1997".
Diese Antragsfassung bringt nicht hinreichend zum Ausdruck, welche Stadtpläne oder Stadtatlanten als rechtsverletzend verboten werden sollen. Eine - dem Antragswortlaut entsprechende - Beschränkung des Verbots auf Stadtpläne oder Stadtatlanten, die mit dem BVG-Atlanten Ausgabe 1997 identisch sind, kann sinnvollerweise nicht gemeint sein. Ein Stadtplanwerk muß von Ausgabe zu Ausgabe überarbeitet werden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Die Klägerin hat sich zudem mit ihrem Klageantrag auch dagegen gewandt, daß
die Beklagte dem Allgemeinen D. F. e.V. angeboten hat, für ihn eine Fahrradkarte zu erstellen. Eine solche Karte kann mit dem BVG-Atlas Ausgabe 1997 nicht identisch sein. Nach der gegenwärtigen Fassung des Unterlassungsantrags bleibt insbesondere unklar, ob dieser auch Folgeauflagen der Ausgabe 1997 des BVG-Atlanten erfassen soll.
2. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die Klägerin ihr Klagebegehren auf die Verletzung ihr zustehender urheberrechtlicher Befugnisse stützen kann (§§ 97, 98 UrhG).

a) Die Klägerin hat vorgebracht, die Beklagte habe ihre urheberrechtlichen Befugnisse an dem "Stadt- und Land Atlas Berlin/Brandenburg" verletzt. Sie hat jedoch selbst nicht behauptet, daß die Beklagte dieses Stadtplanwerk unfrei bearbeitet habe. Der Sache nach macht die Klägerin vielmehr geltend, aufgrund ihrer Vorgaben hätten Kartographen von P. P. für das Stadtplanwerk Berlin einen digitalen Datenbestand erarbeitet. Dadurch sei ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk geschaffen worden, an dem ihr selbst - ohne Rechtsübertragung seitens P. P. - die urheberrechtlichen Befugnisse zustünden. Es wird deshalb gegebenenfalls zu prüfen sein, ob der - von der Beklagten als "Grundsubstanz" bezeichnete - digitale Datenbestand bereits für sich gesehen ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG verkörpert. Die Klägerin hat kein Vervielfältigungsstück dieser sog. Grundsubstanz vorgelegt. Aus dem Vorbringen der Parteien ergibt sich jedoch, daß beide die sog. Grundsubstanz ihren Stadtplanwerken zugrunde gelegt und die Übereinstimmungen der beiderseitigen Stadtplanwerke darin ihren Grund haben.

b) Die Frage, ob das in der sog. Grundsubstanz verkörperte Leistungsergebnis den Anforderungen an eine urheberrechtlich schutzfähige Darstellung
wissenschaftlicher oder technischer Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG genügt (vgl. dazu BGHZ 139, 68, 70 ff. - Stadtplanwerk, m.w.N.), hat das Berufungsgericht bisher ebensowenig geprüft wie die Frage, ob die Klägerin daran ausschließliche urheberrechtliche Befugnisse erworben hat. Bei der Beurteilung dieser Frage wird folgendes zu berücksichtigen sein:
aa) Für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der sog. Grundsubstanz ist es unerheblich, daß diese als solche für Verbraucher noch nicht benutzbar ist. Auch Vorstufen für ein noch weiter auszuarbeitendes Werk können bereits schutzfähige Werke sein (vgl. BGHZ 94, 276, 281 f. - Inkasso-Programm; vgl. weiter Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 UrhG Rdn. 22 m.w.N.).
bb) Kartographische Gestaltungen, wie sie auch in der sog. Grundsubstanz ihren Niederschlag gefunden haben, können selbst dann, wenn sie in der Gesamtkonzeption (insbesondere bei der Gestaltung des Kartenbildes) keine schöpferischen Züge aufweisen (wie z.B. bei der Erarbeitung eines einzelnen topographischen Kartenblatts nach einem vorbekannten Muster), urheberrechtlich schutzfähig sein. Auch bei einer Bindung an vorgegebene Zeichenschlüssel und Musterblätter kann dem Entwurfsbearbeiter oder Kartographen (etwa bei der Generalisierung und Verdrängung) ein für die Erreichung des Urheberrechtsschutzes genügend großer Spielraum für individuelle kartographische Leistungen bleiben. Die Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartographischen Gestaltungen gering; bei der Beurteilung, ob die Mindestanforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt sind, darf demgemäß bei Werken dieser Art kein zu enger Maßstab angewendet werden (BGHZ 139, 68, 73 - Stadtplanwerk; BGH, Urt. v. 20.11.1986 - I ZR 160/84, GRUR 1987, 360, 361 - Werbepläne; Urt. v. 2.7.1987 - I ZR 232/85, GRUR 1988, 33, 35 = WRP 1988, 233 - Topographische Landeskarten ). Allerdings folgt aus einem geringen Maß an Eigentümlichkeit auch ein
entsprechend enger Schutzumfang für das betreffende Werk (vgl. BGH GRUR 1988, 33, 35 - Topographische Landeskarten).

c) Das Angebot der Beklagten gegenüber dem Allgemeinen D. F. e.V., für diesen unter Benutzung der sog. Grundsubstanz eine Fahrradkarte zu erarbeiten, ist als solches kein Eingriff in urheberrechtliche Nutzungsrechte , die an der sog. Grundsubstanz bestehen. Ein Angebot, eine unfreie Bearbeitung eines urheberrechtlich schutzfähigen Werkes zu schaffen, ist kein Angebot von Vervielfältigungsstücken im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG (vgl. dazu auch Schricker/Loewenheim aaO § 17 UrhG Rdn. 7; Wandtke/Bullinger/ Heerma, Urheberrecht, § 17 Rdn. 7 ff.). In einem solchen Fall kann sich lediglich die Frage stellen, ob ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegeben ist.

d) Die Erteilung von Lizenzen, die Dritte berechtigen sollen, Vervielfältigungsstücke urheberrechtlich geschützter Werke der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen (§ 17 Abs. 1 UrhG), ist als solche keine urheberrechtliche Nutzungshandlung (vgl. BGHZ 151, 300, 305 - Elektronischer Pressespiegel, m.w.N.). Sie kann lediglich als Teilnahme an Urheberrechtsverletzungen urheberrechtliche Ansprüche begründen. Es wird gegebenenfalls zu prüfen sein, ob der Klägerin unter diesem Gesichtspunkt Ansprüche deshalb zustehen können, weil die Beklagte den Plan, den sie mit Hilfe der sog. Grundsubstanz gefertigt hat, dem D. Verlag zur Verbreitung an Endverbraucher zur Verfügung gestellt hat.

e) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, daß die Beklagte schuldhaft gehandelt habe, nicht hinreichend begründet. Die Feststellung, daß der Geschäftsführer der Beklagten an P. P. beteiligt sei, läßt allein noch nicht auf ein schuldhaftes Handeln der Beklagten schließen.
3. Auf vertragsrechtliche Beziehungen zwischen den Parteien ist die Klage nicht gestützt. Die Revisionserwiderung kann sich für ihre gegenteilige Ansicht auch nicht auf entsprechendes tatsächliches Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen berufen. Der Behauptung der Beklagten, die Parteien hätten der P. P. den Auftrag zur Erarbeitung der sog. Grundsubstanz gemeinsam erteilt, hat die Klägerin im übrigen nachdrücklich widersprochen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 72/99 Verkündet am:
18. April 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Original Oettinger
Gegenüber dem auf § 127 Abs. 1 MarkenG gestützten Kennzeichnungsverbot
können bei einer Gesellschaft, die mit dem Stammunternehmen durch Beteiligungs
- und Geschäftsführungsverhältnisse eng verbunden ist, wichtige Interessen
bestehen, ein wertvolles Zeichen des Stammunternehmens zur Kennzeichnung
von Waren zu nutzen, die die Gesellschaft an einer von der geographischen
Herkunftsangabe abweichenden Stätte produziert. Davon ist auszugehen
, wenn der Einsatz des wertvollen Kennzeichens des Stammunternehmens
für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmensgruppe wirtschaftlich
geboten ist, auf der Ware durch entlokalisierende Zusätze einer Irreführung
des Verkehrs in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird und verbleibende
Fehlvorstellungen des Verkehrs nicht ins Gewicht fallen.
BGH, Urt. v. 18. April 2002 - I ZR 72/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Klägerin wird, soweit sie die Revision in bezug auf den Antrag zu I 2a zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist eine Brauerei mit Sitz in Leipzig.
Die vormalige Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagte) war eine Brauerei in Gotha. Ihre Rechtsvorgängerin vertrieb in der DDR das von ihr gebraute Bier unter der Bezeichnung "Gothaer Bier". Die Beklagten zu 2 und zu 3 waren als Geschäftsführer für die Beklagte tätig.

Im Jahre 2000 wurde die frühere Beklagte, die Brauerei Gotha GmbH, auf die jetzige Beklagte zu 1, die Oettinger Brauerei GmbH, verschmolzen. Diese ist hervorgegangen aus dem früheren - in Oettingen/Bayern ansässigen - Fürstlichen Brauhaus Oettingen. Seit Anfang der 80er Jahre verwendet die jetzige Beklagte zu 1, die von 1982 bis 2000 die Unternehmensbezeichnung "Oettinger Bier Brauhaus Oettingen GmbH" führte, das Kennzeichen "Original Oettinger". Mit Priorität vom 19. Mai 1993 ist für dieses Unternehmen die Wortmarke Nr. 205 99 04 "Marke Original Oettinger" eingetragen.
In den Jahren 1991 und 1992 erwarb die Familie K. über die Treuhand die vormalige Beklagte und die "Brauerei Dessow GmbH" in Dessow/ Brandenburg. Die Geschäftsanteile der früheren Beklagten wurden von der jetzigen Beklagten zu 1 und ihren Gesellschaftern gehalten. Gesellschafter der Brauerei Dessow GmbH, die ebenfalls im Jahre 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen wurde, waren die frühere Beklagte, der Beklagte zu 2, Günther K. und die jetzige Beklagte zu 1. Die frühere Beklagte und die Brauerei in Dessow brauten Bier nach den Rezepten des Oettinger Unternehmens und brachten es mit dessen Erlaubnis und einer entsprechenden Aufmachung als "Original Oettinger" in den Verkehr.
Die Klägerin sieht die Bezeichnung "Oettinger" und den Vertrieb mit den nachstehend wiedergegebenen Aufmachungen für in Gotha und Dessow gebrautes Bier als irreführend an. Hierzu hat sie vorgetragen, Oettingen stehe als bayerischer Ort für eine besondere Bierqualität. Das in Gotha gebraute Bier sei als bayerisches Bier, das einen besonderen Ruf genieße, vermarktet worden. Der Zusatz "Original" verstärke die Irreführung.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ein in Gotha und/oder in Dessow gebrautes und abgefülltes Bier anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu vertreiben
1. in Bierkästen, die auf den Seitenflächen mit folgenden Angaben versehen sind:

a) Auf den beiden großen Seitenflächen
"Original Oettinger"

b) auf den beiden Stirnflächen
"Original Oettinger"
mit der graphischen Darstellung einer münzartigen Plakette mit der Inschrift
"FELIX BAVARIA HAC CEREVISIA MDCCXXXI"
und der wappenartigen Darstellung der bayerischen (weißblauen ) Raute in einem Oval mit einer Königskrone oberhalb und zwei aufrechtstehenden Löwen links und rechts des Ovals;
2. a) in Flaschen, die mit folgender Bezeichnung versehen sind:
"Marke Original Oettinger Pils"
oder
"Marke Original Oettinger Export";

b) in Flaschen, die mit Vorderetiketten den vorstehend zu Ziffer 2a) genannten Bezeichnungen und einem Zusatz am unteren Rand des Vorderetiketts "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha GmbH, Gotha" versehen sind gemäß dem mit diesem Urteil als Anlage verbundenen Etikett:

3. in Flaschen, die mit folgenden Etiketten versehen sind:
a)
b)

II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den erzielten Umsatz mit in Gotha und/oder in Dessow gebrauten und unter den Bezeichnungen gemäß Ziffer I vertriebenen Bieren zu erteilen, und zwar aufgeschlüsselt nach Biersorten, Kalendervierteljahren und Bundesländern;
III. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu Ziffer I beschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, Verbraucher brächten Oettingen keineswegs zwangsläufig mit Bayern in Verbindung. Bayerisches Bier erfreue sich auch nicht schlechthin eines hervorra-
genden Rufs. Unter den zehn meistverkauften Biermarken befinde sich aus Bayern nur "Oettinger".
Das Landgericht hat nach Einholung eines demoskopischen Gutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg GRUR 2000, 1071).
Nachdem die frühere Beklagte während des Revisionsverfahrens am 24. Oktober 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen worden ist, hat die Klägerin den Revisionsantrag hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I 2a zurückgenommen und in bezug auf die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im übrigen verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagten haben der Erledigungserklärung nicht zugestimmt und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG sei ihrem Wortlaut nach erfüllt. Der Verkehr verstehe die Bezeichnung "Marke Original Oettinger Pils" oder "Marke Original Oettinger Export" als geographische Herkunftsangabe. Wenn die Bezeichnung für ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier verwendet werde , bestehe die Gefahr der Irreführung des Verkehrs. Hierauf könne das Verbot jedoch nicht gestützt werden, wenn gewichtige Interessen des Benutzers ent-
gegenstünden und eine Abwägung aller Umstände zu seinen Gunsten ausfalle. Eine isolierte Verwendung der mit dem Klageantrag zu I 2 a) angegriffenen Bezeichnung durch die vormalige Beklagte habe die Klägerin nicht vorgetragen. Es fehle daher an einer einen Unterlassungsanspruch begründenden Begehungsgefahr.
Ein Verbot, in Gotha oder Dessow gebrautes Bier in Flaschen mit dem in dem Klageantrag zu I 2b) wiedergegebenen Etiketten zu vertreiben, komme nicht in Betracht, weil dagegen gewichtige Interessen der Beklagten sprächen. In Oettingen gebrautes Bier unterscheide sich nicht durch irgendwelche örtlich bedingten Eigenarten von anderen Bieren. Auf eine davon abweichende Verkehrsvorstellung komme es nicht an. Ein Verbot, die angegriffene Aufmachung für in Gotha oder Dessow gebrautes Bier zu verwenden, sei unverhältnismäßig. Die vormalige Beklagte habe ebenso wie das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) ein erhebliches Interesse, sich mit der angegriffenen Bezeichnung auf dem Markt als einheitliches Gebilde zu präsentieren. Die vormalige Beklagte weise durch entlokalisierende Zusätze auf die Produktionsstätte in Gotha hin. Verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs fielen daneben nicht ins Gewicht. Auch die in den Klageanträgen zu I 3a) und b) wiedergegebenen Aufmachungen wiesen deutlich entlokalisierende Zusätze auf.
Schließlich sei den Beklagten die Benutzung der Bierkästen nicht zu verbieten. Diese seien neutrales Transport- und Lagerungsmittel, dem der Verkehr keine Eignung zuerkenne, erschöpfend Auskunft über das darin transportierte Bier zu geben.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Erklärung in der Revisionsinstanz, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, ist jedenfalls zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - außer Streit steht, ohne daß es darauf ankommt, ob der Beklagte sich der Erledigung angeschlossen hat (vgl. BGHZ 106, 359, 368; 141, 307, 316). Bei der im Streitfall gegebenen einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung setzt die Feststellung der (teilweisen) Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits neben dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus , daß die Klage in diesem Zeitpunkt zulässig und begründet war (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1992 - I ZR 35/90, GRUR 1992, 474, 475 = WRP 1992, 757 - BtxWerbung II). Diese Voraussetzungen für die Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache liegen nicht vor. Die Klage war sowohl hinsichtlich des für erledigt erklärten als auch des von der Klägerin weiterverfolgten Teils von Anfang an unbegründet.
Es verbleibt daher, auch soweit die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, bei der Abweisung der Klage.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Klägerin gegen die Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1, § 128 Abs. 1 MarkenG zusteht.
1. Unterlassungsanträge zu I 2b) und I 3a) und b)

a) Das Berufungsgericht hat die mit den Klageanträgen zu I 2b) und I 3 verfolgten Unterlassungsansprüche zutreffend verneint.
Gemäß § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunftsangabe besteht.
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG betrifft den Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR 120/98, GRUR 2001, 420, 421 = WRP 2001, 546 - SPA).
Bei der Bezeichnung "Oettinger" handelt es sich um eine geographische Herkunftsangabe i.S. des § 126 Abs. 1 MarkenG. Sie nimmt in adjektivischer Form auf den Ort "Oettingen" Bezug.
Die (einfache) geographische Herkunftsangabe gemäß § 127 Abs. 1 MarkenG setzt nicht voraus, daß der Verbraucher mit ihr eine besondere, auf regionale oder örtliche Eigenheiten zurückzuführende Qualitätsvorstellung verbindet (vgl. BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 161 = WRP 2001, 1450 - Warsteiner III). Die nationalen Bestimmungen zum Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben werden durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992 S. 1 = GRUR Int. 1992, 750 ff.) nicht ausgeschlossen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.11.2000 - Rs. C-312/98, GRUR 2001, 64, 66 - Warsteiner; BGH GRUR 2001, 420, 421 - SPA; GRUR 2002, 160, 161 - Warsteiner III). Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b der Verordnung Nr. 2081/92, die gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V. mit dem Anhang I auch Bier umfaßt, betrifft diese nur die geographischen Angaben, bei denen sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qua-
lität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geographischen Ursprung ergibt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
Ob der Verbraucher, wie die Klägerin geltend gemacht und das Berufungsgericht offengelassen hat, mit der Herkunft des Bieres aus Bayern bestimmte Qualitätserwartungen verbindet, kann dahinstehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterscheidet in Oettingen gebrautes Bier sich jedenfalls nicht durch örtlich bedingte Eigenarten von anderen Bieren.

b) Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts davon ausgegangen, daß die angesprochenen Verkehrskreise über die geographische Herkunft irregeführt werden, wenn ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier mit der Bezeichnung "Oettinger" versehen wird. Das Landgericht hat aufgrund des Ergebnisses des von ihm eingeholten demoskopischen Gutachtens festgestellt, 41,4 % der Verbraucher gingen davon aus, daß das Bier in dem Ort Oettingen gebraut wird, und diese Verbraucher würden daher irregeführt, wenn dies nicht der Fall sei. Diese Feststellungen, gegen die die Revision und die Revisionserwiderung keine Bedenken erheben, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist nicht darauf eingegangen, ob es bei § 127 Abs. 1 MarkenG wie bei § 3 UWG auf eine für die Kaufentscheidung relevante Irreführung ankommt.
Der Senat hat die Frage verneint, ob der Schutz der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe nach § 127 Abs. 1 MarkenG voraussetzt, daß die Herkunft der Ware für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant i.S. des § 3 UWG ist (BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH GRUR 2001, 420, 421
- SPA; so auch Helm, Festschrift für Vieregge, S. 335, 349; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 127 Rdn. 3 und 6 a; Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 127 Rdn. 3; Ullmann, GRUR 1999, 666, 667; a.A. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 127 Rdn. 3). Er hat diese Frage in einer weiteren Entscheidung nunmehr offengelassen (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Sie kann auch im vorliegenden Fall dahinstehen.

c) Ein Unterlassungsanspruch nach § 128 Abs. 1 MarkenG besteht nicht, weil das Verbot des § 127 Abs. 1 MarkenG unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Fezer aaO § 127 Rdn. 6 a; Althammer/Klaka aaO § 127 Rdn. 5; zur Interessenabwägung vgl. auch Helm aaO S. 335, 352). Dies erfordert eine Abwägung des Interesses der Verbraucher und der Mitbewerber, nicht über die Herkunft des Produkts irregeführt zu werden, mit dem Interesse der Beklagten an der Nutzung der Marke "Marke Original Oettinger".
Ausgangspunkt dieser Abwägung ist, daß im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, eine unrichtige geographische Herkunftsangabe zu verwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.1980 - I ZR 97/78, GRUR 1981, 71, 72 = WRP 1981, 18 - Lübecker Marzipan; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Gloy, Festschrift für Piper, S. 543, 559; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 573).
Zu Recht hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall gleichwohl das von der Klägerin beantragte Verbot unter Heranziehung der vom Senat in der Entscheidung Warsteiner II angeführten Grundsätze (vgl. BGHZ 139, 138, 144 f.) als unverhältnismäßig angesehen. Es ist davon ausgegangen, die Beklagte und das Unternehmen in Oettingen hätten ein überragendes Interesse daran, sich mit dem Kennzeichen des Oettinger Unternehmens als einheitliches
wirtschaftliches Gebilde auf dem Markt zu präsentieren, ohne daß es auf die rechtliche Form der Ausgestaltung ankomme. Die frühere Beklagte habe durch ausreichende entlokalisierende Zusätze auf den Brauort hingewiesen. Es verblieben keine Fehlvorstellungen des Verkehrs von Gewicht, weil nur bei 5 % der Verbraucher der Brauort für die Kaufentscheidung von Bedeutung sei.
Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für die Interessenabwägung nicht entscheidend darauf an, daß das Zeichen "Marke Original Oettinger" nicht für die vormalige Beklagte, sondern für das Stammhaus in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) geschützt ist und die vormalige Beklagte - anders als in dem der Entscheidung Warsteiner II zugrundeliegenden Sachverhalt (vgl. hierzu BGHZ 139, 138) - eine selbständige Kapitalgesellschaft war und nicht nur eine ausgelagerte Produktionsstätte vorlag.
Die vormalige Beklagte war aufgrund der Beteiligungs- und Geschäftsführungsverhältnisse derart eng mit der jetzigen Beklagten zu 1 verbunden, daß es für die Interessenabwägung nach § 127 Abs. 1 MarkenG keinen Unterschied macht, ob die Braustätte in Gotha durch eine juristisch selbständige, aufgrund der Beteiligungsverhältnisse aber eng verbundene Gesellschaft oder durch das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) betrieben wurde. Denn auch bei einer Unternehmensgruppe, zu der die vormalige Beklagte gehörte, erweist es sich als wirtschaftlich vernünftig, das wertvolle Kennzeichen "Oettinger", das auch Unternehmensbezeichnung des Stammhauses in Oettingen ist, für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmen einzusetzen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht auf den von den Beklagten behaupteten und von der Klägerin bestrittenen Abschluß eines Lizenzvertrages zwischen der früheren Beklagten und der jetzigen Beklagten zu 1 abgestellt. Nicht der Abschluß eines Lizenzvertrages ist dafür
entscheidend, gewichtige Interessen der früheren Beklagten an der Nutzung des Kennzeichens "Marke Original Oettinger" anzunehmen, sondern die über die Beteiligungsverhältnisse bestehende enge Anbindung der vormaligen Beklagten an das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1).
Diese gewichtigen Interessen der früheren Beklagten gegenüber dem Kennzeichnungsverbot des § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG können jedoch nur dann durchgreifen, wenn die vormalige Beklagte bei der Verwendung der Marke durch deutlich entlokalisierende Zusätze auf die Besonderheiten der Produktionsstätte in Gotha hingewiesen hat und verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs, soweit sie für seine Kaufentscheidung relevant sein konnten, daneben nicht ins Gewicht fielen (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Dabei sind an den Ausschluß der Irreführung des Verkehrs durch entlokalisierende Zusätze (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) strenge Anforderungen zu stellen, weil geographischen Herkunftsangaben ein möglichst wirksamer Schutz gegen unrichtige Verwendung gewährt werden soll und im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, unrichtige Angaben über die Herkunft zu verwenden (vgl. BGH GRUR 1981, 71, 72 - Lübecker Marzipan).
Im Streitfall bestehen jedoch Besonderheiten, die eine Abweichung von dem Regelfall rechtfertigen. Die vormalige Beklagte konnte sich auf erhebliche Interessen berufen, während dem Schutzbedürfnis der Verbraucher sowie den Interessen möglicher Mitbewerber nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kein besonderes Gewicht zukam.
Die frühere Beklagte hat bei den durch die Klageanträge zu I 2b) und I 3 beanstandeten Aufmachungen bereits mit dem auf den Vorderetiketten angebrachten Zusatz "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha
GmbH, Gotha" am unteren Rand hinreichend deutlich auf die Braustätte in Gotha hingewiesen. Zwar ist dieser Hinweis in kleiner Schrift gehalten. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, auf den es für die Beurteilung der Verkehrsauffassung ankommt (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III, m.w.N.), weiß jedoch, daß er nähere Angaben zu einem bestimmten Bier auf den Flaschenetiketten findet. Der Senat hat daher einen Hinweis auf eine von der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe abweichende Braustätte auf dem Rücketikett genügen lassen (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Im Streitfall war für den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, wenn er an diesen Informationen interessiert war, der Hinweis auf die Braustätte in Gotha - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht zu übersehen.
Dies gilt um so mehr für die in den Unterlassungsanträgen zu I 3a) und
b) angeführten Etiketten, die zusätzlich an hervorgehobener Stelle den Hinweis auf die Braustätte in Gotha enthielten.
Die entlokalisierenden Zusätze wurden in ihrer Wirkung verstärkt durch die Bezeichnung von "Original Oettinger" als Marke (vgl. hierzu BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II), was entgegen der Annahme der Revision durch die Anführung des Bestandteils "Original" nicht wieder aufgehoben wird.
Verbleibende Fehlvorstellungen der Verbraucher, soweit sie für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein konnten, sind bei ausreichend deutlichen Hinweisen auf die Herkunft zu vernachlässigen. Der Senat hat dabei angenommen , daß die Fehlvorstellung des Verkehrs im Hinblick auf die Kaufentscheidung im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung haben kann (vgl. BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 f. - Warsteiner III). Zwischen der Relevanz und den Anforderungen an den entlokalisieren-
den Zusatz kann eine Wechselwirkung bestehen. Bei erheblicher Relevanz sind auch hohe Anforderungen an die Klarheit und Deutlichkeit aufklärender Hinweise zu stellen und umgekehrt.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß im Rahmen der Interessenabwägung den relevanten Fehlvorstellungen des Verkehrs kein besonderes Gewicht zukommt, weil nach den auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Meinungsumfrage vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nur etwa 5 % dem Brauort Bedeutung beimessen. Diese Beurteilung läßt ebensowenig einen Rechtsfehler erkennen wie der Umstand, daß das Berufungsgericht den nur für Thüringen im Jahre 1994 ermittelten höheren Prozentsatz (17,4 %) nicht als ausschlaggebend angesehen hat. Abweichendes ergäbe sich auch dann nicht, wenn im Streitfall bei der Interessenabwägung - wie die Revision geltend macht - von einem Anteil von 11 % der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen wäre, für die die Angabe des Brauorts für die Kaufentscheidung relevant ist.
2. Unterlassungsantrag zu I 1
Ein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG hinsichtlich der Verwendung der mit "Original Oettinger" gekennzeichneten Bierkästen für ein in Gotha oder Dessow gebrautes und abgefülltes Bier besteht ebenfalls nicht. Die Bierkästen dienen vornehmlich dem Transport und der Lagerung von Flaschenbier. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird sich daher unabhängig von der Biersorte nicht von dem Aufdruck auf den Bierkästen leiten lassen. Er wird nicht erwarten, auf dem Bierkasten Hinweise auf die Braustätte vorzufinden, sondern wird sich vielmehr anhand des Flaschenetiketts über den Brau- und Abfüllort informieren, soweit er an diesen Angaben interessiert ist. Deshalb steht es außer Verhältnis, zum
Schutz des Wettbewerbs oder der Verbraucher zu verlangen, daß Bierkästen nach der Braustätte und dem Abfüllort gekennzeichnet werden (vgl. BGHZ 139, 138, 146 f. - Warsteiner II).
3. Auskunfts- und Feststellungsantrag zu II und III
Die auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichteten Anträge zu II und III bestehen mangels Unterlassungsgebots ebenfalls nicht.
III. Danach war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO a.F. (jetzt §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO).
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher