Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2019 - XI ZR 575/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias, die Richterin Dr. Derstadt sowie den Richter Dr. Tolkmitt
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung zweier Fondsbeteiligungen in Anspruch.
- 2
- Am 18. Januar 2005 sandte der Zeuge L. , ein Mitarbeiter der Beklagten , dem Sohn der Klägerin, dem Zeugen Dr. P. , der für die Klägerin auftrat, per E-Mail eine Kurzinformation sowie ein Faltblatt über eine mittelbare Beteiligung an der W. mbH & Co. KG (künftig C. ) zu und schlug eine Beteiligung an diesem Fonds, bei dem es sich um ein Produkt einer mit der Beklagten verbundenen Gesellschaft handelte , als Anlagemöglichkeit für die Klägerin vor. Der Zeuge Dr. P. ließ die Klägerin den vorbereiteten Zeichnungsschein unterzeichnen, wonach diese sich als Treugeberkommanditistin in Höhe von 20.000 CAD an der Fondsgesellschaft beteiligte und sich zur Zahlung von 5% Agio auf den Nennbetrag verpflichtete. Die CF. Beteiligungsgesellschaft erhielt von der C. eine Vertriebsprovision in Höhe von 8% bezogen auf die Einlage. Teile dieser Provision wurden an die Beklagte weitergeleitet.
- 3
- Ebenfalls 2005 übermittelte der Zeuge L. dem Zeugen Dr. P. einen Flyer, mit dem der M. GmbH & Co. KG (künftig M. ) beworben wurde. Auch dem Erwerb dieser - wiederum mittelbaren - Beteiligung stimmte der Zeuge Dr. P. zu, woraufhin die Klägerin im März 2005 eine Beitrittserklärung, die eine Zahlung von 20.000 € nebst 5% Agio vorsah, unterzeichnete. Die Fondsgesellschaft zahlte an die MP.
- 4
- Die Klägerin erhielt auf ihre Beteiligung am Fonds C. am 1. November 2013 nach Erhebung der Klage eine Ausschüttung in Höhe von 2.271,33 €. Nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erhielt sie am 22. Januar 2016 auf ihre Beteiligung am Fonds M. eine Ausschüttung in Höhe von 1.400 €. Zudem flossen der Klägerin nach Abschluss des Berufungsverfahrens auf diese Beteiligung zusätzliche Ausschüttungen zu, und zwar am 20. Januar 2017 und am 29. Januar 2018 in Höhe von jeweils 1.200 € sowie am 17. Januar 2019 in Höhe von 800 €, bezüglich derer sie im Revisionsverfahren die Hauptsache für erledigt erklärt hat.
- 5
- Mit der am 20. Dezember 2012 eingereichten und der Beklagten am 14. Februar 2013 zugestellten Klage hat die Klägerin Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte aus den Beteiligungen die Rückzahlung ihrer Einlagen abzüglich erhaltener Ausschüttungen (Anträge zu 1.a, 2.a), die Freistellung von allen sich aus den Beteiligungen ergebenden Schäden und Nachteile (Anträge zu 1.b, 2.b), entgangenen Gewinn, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Abtretung in Verzug befindet, verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte nach Vernehmung der Zeugen Dr. P. und L. - unter Abweisung der Klage im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 6.179,30 € sowie 18.800 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juli 2012, zu zahlen, sowie die Klägerin "von allen Schäden und Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachhaftungspflichten", freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus den von der Klägerin gezeichneten Beteiligungen an der
W.
mbH & Co. KG bzw. an der M.GmbH & Co. KG resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligungen nicht eingetreten wären, beides jeweils Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus den Beteiligungen. Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Abtretungen in Verzug befindet.
- 6
- Mit Urteil vom 27. September 2016 hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte noch zur Zahlung von 6.179,30 € nebst Zinsen abzüglich der am 1. November 2013 erhaltenen 2.271,33 € (Verurteilung zu 1.a) sowie zur Zahlung von 18.800 € nebst Zinsen abzüglich der am 22. Januar 2016 erhaltenen 1.400 € (Verurteilung zu 2.a) verpflichtet ist. Ferner hat es festgestellt, dass sich die Hauptsache hinsichtlich der von der Klägerin am 1. November 2013 erhaltenen Zahlung über 2.271,33 € sowie hinsichtlich der von der Klägerin am 22. Januar 2016 erhaltenen Zahlung über 1.400 € erledigt hat (Verurteilung zu 4.).
- 7
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage weiter.
- 8
- Die Klägerin hat beantragt, die Revision der Beklagten nach Maßgabe der weiteren Teilerledigungserklärungen zurückzuweisen sowie den Tenor des Berufungsurteils dahingehend anzupassen, dass die Verurteilung zur Zahlung von 18.800 € um die weitere Angabe "abzüglich am 20.01.2017 erhaltenen 1.200 €, abzüglich am 29.01.2018 erhaltenen 1.200 € und abzüglich am 17.01.2019 erhaltenen 800 €" ergänzt wird. Die Beklagte hat den teilweisen Erledigungserklärungen der Klägerin widersprochen.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision der Beklagten hat im Hinblick auf die Freistellungsanträge Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
I.
- 10
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 11
- Aufgrund des zwischen der Klägerin, vertreten durch den Zeugen Dr. P. , und der Beklagten geschlossenen Beratungsvertrags sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die von ihr bezogenen Rückvergütungen offenzulegen. Diese Aufklärungspflicht habe auch hinsichtlich des Fonds C. bestanden, bei dem es sich um ein konzerneigenes Produkt handele. Ob dem Zeugen Dr. P. die Emissionsprospekte vorgelegen hätten, könne dahinstehen, da diese nicht die an die Beklagte gezahlten Rückvergütungen ausgewiesen hätten. Abgesehen davon habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge L. , dem Zeugen Dr. P. die Prospekte vor Zeichnung der Beteiligungen ausgehändigt habe.
- 12
- Die zugunsten der Klägerin geltende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens habe die Beklagte nicht widerlegt. Zwar könne ein Indiz für die fehlende Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzung für die Anlageentscheidung sein, dass der Anleger weitere Anlagen gezeichnet und diese Anlagen nicht rückabgewickelt habe, obwohl er Kenntnis von Rückvergütungen erhalten habe. Im vorliegenden Fall habe der Zeuge Dr. P. jedoch bekundet, dass es ihm darauf angekommen sei, dass der Berater nicht mehr verdiene als er an Rendite erhalte. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass bei später oder früher gezeichneten Anlagen die zu zahlende Provision ebenfalls höher gewesen sei als die Rendite der Klägerin und die Klägerin in Kenntnis von diesem Umstand dennoch an der Anlage festgehalten habe. Soweit die Beklagte auf die Beteiligungen der Klägerin an den Medienfonds V. 3 und V. 4 verwiesen habe, habe die Beklagte selbst vorgetragen, dass in einem gegen die Beklagte geführten Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 17. Juli 2007 die fehlende Aufklärung über die Höhe der Rückvergütungen eingewandt worden sei. Entsprechendes gelte für die Beteiligung an dem Medienfonds MH. , bei dem die geltend gemachte Rückabwicklung des Geschäfts in einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main u.a. auf eine entsprechende Pflichtverletzung gestützt worden sei.
- 13
- Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Klägerin oder der Zeuge Dr. P. vor Beginn des Jahres 2009 von den an die Beklagte gezahlten Rückvergütungen gewusst hätten. Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne nicht daraus hergeleitet werden, dass dem Zeugen Dr. P. aufgrund der Provisionszahlungen bei den Medienfonds V. 3, V. 4 sowie MH. habe klar sein müssen, dass ein Provisionsinteresse der Beklagten bestehe und die vom Ehemann der Klägerin mit dem Zeugen
L.
geschlossene Provisionsvereinbarung für die Fondsbeteiligungen nicht Anwendung gefunden habe. Selbst wenn dies so gewesen sei, habe der Zeuge Dr. P. nicht den Schluss ziehen müssen, dass die Beklagte auch bei den streitgegenständlichen Beteiligungen eine Rückvergütung in aufklärungspflichtiger Höhe erhalten habe, da andere Wege denkbar seien, mit denen sich die Beklagte finanziere, beispielsweise durch die Ausschüttung von Innenprovisionen und Depotgebühren. Ob dies bei unmittelbaren Vorläuferfonds anders zu beurteilen sei, könne dahinstehen, da die Klägerin solche nicht gezeichnet ha-be. Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass die Beklagte selbst noch mit Schreiben vom 10. August 2012 bestritten habe, dass bei den streitgegenständlichen Beteiligungen aufklärungspflichtige Rückvergütungen gezahlt worden seien. Vor diesem Hintergrund erschließe sich erst recht nicht, warum die Klägerin aufgrund der weiteren Zeichnungen habe annehmen müssen, der Beklagten seien für die streitgegenständlichen Beteiligungen Rückvergütungen zugeflossen.
II.
- 14
- Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 15
- 1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Anträge zu 1.b) und 2.b) für zulässig erachtet, wonach die Beklagte zu verurteilen ist, die Klägerin von allen Schäden und Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachhaftungspflichten , freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus den von der Klägerin gezeichneten Beteiligungen resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären. Insoweit führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 16
- a) Die Freistellungsklage unterliegt wie jede Leistungsklage dem Gebot hinreichender Bestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Geht es um die Freistellung von einer auf Geldleistung gerichteten Verbindlichkeit, so setzt der Freistellungsantrag die Angabe von Grund und Höhe der Schuld voraus, von der freigestellt zu werden die klagende Partei begehrt (BGH, Urteile vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 f. mwN und vom 25. Januar 2011 - II ZR 171/09, juris Rn. 15; Senatsurteil vom 4. Februar 2014 - XI ZR 398/12, BKR 2014, 200 Rn. 22). Die Klägerin hat ihren Anträgen weder konkret bezeichnete Forderungen zugrunde gelegt noch Gläubiger, denen diese Forderungen zustehen sollen, benannt. Die Anträge weisen danach keinen vollstreckungsfähigen Inhalt auf. Sie zielen vielmehr auf bloß mögliche Verbindlichkeiten ab, die noch nicht entstanden sind oder sich allenfalls in der Entwicklung befinden.
- 17
- b) Einer Umdeutung der Anträge in Feststellungsanträge (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 498 mwN) steht entgegen, dass Vortrag zu einem schutzwürdigen Interesse der Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 42 mwN) nicht gehalten worden ist.
- 18
- Die Klägerin hat auf den vom Senat vor der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis auf die Unzulässigkeit des Freistellungsantrags sowie darauf, dass eine Umdeutung mangels Darlegung des Feststellungsinteresses nicht in Betracht kommt, keinen Vortrag gehalten. Ebenso wie bei der Rüge von im Berufungsrechtszug verfahrensfehlerhaft unterlassenen Hinweisen nach § 139 ZPO (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, NJW-RR 1988, 208, 209) wäre es Sache der Klägerin gewesen, diejenigen Umstände vorzutragen, die sie in der Tatsacheninstanz vorgebracht hätte, wenn sie nicht erst im Revisionsverfahren, sondern bereits im Berufungsrechtszug auf die Unzulässigkeit der Anträge hingewiesen worden wäre. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung lediglich darauf verwiesen hat, dass sie nach den von ihr abgeschlossenen Treuhandverträgen rechtlich einer Gesellschafterin gleichgestellt sei, lässt dies eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlungen zurückgehenden Schadeneintritts, wie sie bei hier in Rede stehenden reinen Vermögensschäden vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 43 mwN), nicht erkennen.
- 19
- 2. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg.
- 20
- a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus den zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsverträgen folgende Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären (vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 ff., vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 17 und vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 14; Senatsbeschlüsse vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9 und vom 24. August 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1804 Rn. 5), jeweils verletzt hat.
- 21
- Die Beklagte hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts für den Vertrieb der Anlagen von der Fondsgesellschaft Rückvergütungen erhalten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Zeugen Dr. P. als Vertreter der Klägerin darüber nicht - weder mündlich noch durch die Übergabe von Prospekten - informiert.
- 22
- b) Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung ebenfalls stand, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten für den Erwerb der Fondsbeteiligungen durch die Klägerin kausal war.
- 23
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige , der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung. Die Beweislastumkehr greift bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein, ohne dass es darauf ankommt, ob der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff. und vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 17 mwN).
- 24
- bb) Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt und festgestellt , dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Geschäfte nicht abgeschlossen hätte. Diese tatrichterliche Würdigung, die vom Revisionsgericht lediglich darauf überprüft werden kann, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff oder den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 9; Senatsurteile vom 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13, WM 2014, 1670 Rn. 28 und vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 19), begegnet keinen Bedenken. Das Berufungsgericht hat der Aussage des Zeugen Dr. P. in Übereinstimmung mit dem Landgericht erhebliches Gewicht beigemessen, diese gegen die Aussage des Zeugen L. abgewogen und in den Kontext mit von der Beklagten vorgetragenen Indizien gestellt. Einen revisionsrechtlich erheblichen Fehler zeigt die Revision nicht auf. Sie setzt lediglich unbehelflich ihre Würdigung an die Stelle der Würdigung durch das Berufungsgericht.
- 25
c) Revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt sind. Die Klägerin konnte den Ablauf der Verjährung durch Klageeinreichung im Dezember 2012 (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO) hemmen, weil sie bis zum 31. Dezember 2008 weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen (§ 199 Abs. 1 BGB) hatte.
- 26
- aa) Der Schadensersatzanspruch ist vorliegend bereits mit Beitritt der Klägerin zu den Fondsgesellschaften entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht der Anspruch auf Schadensersatz wegen Beratungspflichtverletzung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB - gleiches gilt für § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB - mit dem Zustandekommen des Beteiligungsvertrags. Der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung ohne Rücksicht auf die objektive Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung bereits durch den schuldrechtlichen Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306, 309 f., vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 25, vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 25, vom 24. März 2015 - XI ZR 278/14, WM 2015, 1181 Rn. 19 ff. und vom 16. Mai 2017 - XI ZR 430/16, WM 2017, 1155 Rn. 18; Senatsbeschluss vom 26. März 2019 - XI ZR 372/18, WM 2019, 721 Rn. 13). Auch und gerade der auf einer Aufklärungspflichtverletzung beruhende Abschluss eines für den Anleger nachteiligen , weil seinen Zielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Vertrags über eine (ggf. auch mittelbare) Beteiligung an einer Fondsgesellschaft stellt bereits für sich genommen einen Schaden dar (Senatsurteile vom 10. November 2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 46 und vom 26. Februar 2013, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 64 und 70; Senatsbeschluss vom 26. März 2019, aaO Rn.
14).
- 27
- bb) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen verneint.
- 28
- (1) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 34 mwN). Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (Senatsurteil vom 15. März 2016 aaO). Dabei handelt es sich um eine dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung, die im Revisionsverfahren nur dahin zu überprüfen ist, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 23. September 2009 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 17 und vom 13. Januar 2015 - XI ZR 303/12, BGHZ 204, 30 Rn. 21).
- 29
- (2) Solche Rechtsfehler weist das Berufungsurteil nicht auf. Das Berufungsgericht hat den Tatsachenvortrag umfassend gewürdigt und dabei insbesondere auch das Schreiben der Beklagten vom 10. August 2012 in den Blick genommen, in dem die Beklagten noch zu diesem Zeitpunkt den Erhalt von Rückvergütungen negiert hat. Bei seiner Würdigung sind dem Berufungsgericht weder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze unterlaufen noch hat es den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt.
III.
- 30
- Der Antrag der Klägerin auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache in Höhe der nach Abschluss des Berufungsverfahrens erhaltenen Ausschüttungen ist begründet.
- 31
- Bei den erst in der Revisionsinstanz von der Klägerin abgegebenen weiteren einseitigen Teilerledigungserklärungen handelt es sich um privilegierte Klageänderungen gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, mit denen von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird. Die Klägerin, die Revisionsbeklagte ist, konnte diese Anträge ohne Einlegung einer Anschlussrevision (§ 554 ZPO) stellen (BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR 277/15, WM 2017, 1293 Rn. 30). In der Revisionsinstanz kann die Erledigung der Hauptsache jedenfalls dann berücksichtigt werden, wenn die erledigenden Tatsachen - wie hier die im Zeitraum von Januar 2017 bis Januar 2019 erbrachten Zahlungen - unstreitig sind (BGH, Urteile vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 368, vom 5. Mai 1999 - XII ZR 184/97, BGHZ 141, 307, 316, vom 4. Juni 2013 - XI ZR 505/11, WM 2013, 1318 Rn. 5, insoweit in BGHZ 197, 335 nicht abgedruckt, und vom 10. Januar 2017 - II ZR 10/15, WM 2017, 474 Rn. 8). Da der Klageantrag zu 2.a bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung zulässig und begründet war, war auch hinsichtlich dieser Beträge die teilweise Erledigung der Hauptsache gemäß Ausspruch zu 4. des Berufungsurteils festzustellen und die Verurteilung zur Zahlung gemäß Ausspruch zu 2.a anzupassen.
Derstadt Tolkmitt
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 20.11.2014 - 2 O 1480/12 -
OLG Jena, Entscheidung vom 27.09.2016 - 5 U 836/14 -
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Annotations
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.
(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.