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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 325/03 Verkündet am:
25. Januar 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Abgrenzung zwischen echter Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender
Mithaftungsübernahme.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 325/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des Einzelrichters des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2003 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 27. Juni 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Dar lehensvertrages und früherer Bürgschaften. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Beklagten, einer 1954 geborenen Ve rkäuferin, war zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern an der V.
GmbH (nachfolgend: GmbH) beteili gt und deren Geschäftsführer. Die Klägerin gewährte der GmbH mehrere Geschäftskredite, für die ihre Gesellschafter und die Beklagte seit 1986 selbstschuldnerische Bürgschaften über insgesamt 357.038 DM übernahmen. Die Darlehensforderungen der Klägerin waren außerdem durch eine Grundschuld von 350.000 DM an dem Hausgrundstück der Schwiegereltern der Beklagten gesichert. Nachdem über das Vermögen der GmbH das Liquidationsverfahren eröffnet worden war, machte die Klägerin eine Restforderung über 350.000 DM geltend und kündigte die Verwertung ihrer Grundschuld an.
Am 1. März 1993 schlossen die Beklagte und ihr Ehe mann mit der Klägerin einen "Kreditvertrag" über 350.000 DM zu 8% p.a. und einer monatlichen Zins- und Tilgungsrate von 2.250 DM ab. Nach dem Vertragsinhalt diente die Kreditaufnahme ausschließlich zur Ablösung der noch bestehenden Gesellschaftsschulden. Die Rückführung des Darlehens sollte über ein von der Klägerin für die Beklagte geführtes Kontokorrentkonto erfolgen. Das Darlehen wurde in der Folgezeit ordnungsgemäß bedient. Nach Ablauf der Festzinsperiode vereinbarte die Klägerin mit der Beklagten für den offenen Darlehensrestbetrag von 269.800 DM am 27. Oktober 1998 eine Ermäßigung des Zinssatzes auf 5% p.a. und der monatlichen Annuitätenrate auf 1.500 DM. Als Anfang des Jahres 2000 keine Zahlungen mehr erfolgten, kündigte die Klägerin die Geschäftsverbindung am 12. Juli 2000 fristlos und forderte einen Gesamtbetrag von 283.552,72 DM.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem Darlehensv ertrag im Wege der Teilklage auf Zahlung von 100.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Beklagte meint, der Darlehensvertrag entspreche seinem
Sinn nach den von ihr im Auftrag der GmbH übernommenen Bürgschaften und sei wie diese wegen krasser finanzieller Überforderung sittenwidrig.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Be rufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Darlehensvertrag der Parteien sei wirksam. Ein e etwaige Nichtigkeit der von der Beklagten zur Sicherung der Gesellschaftsdarlehen gestellten Bürgschaften wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung setze sich in dem neuen Rechtsgeschäft nicht fort. Die zur Fortwirkung der Sittenwidrigkeit bei interner Umschuldung entwickelten Grundsätze seien nicht anwendbar. Die verbürgten Darlehensforderungen der Klägerin hätten tatsächlich bestanden und seien wirksam. Lediglich die zwischenzeitlich weggefallenen Bürgschaften der Beklagten verstießen möglicherweise gegen die guten Sitten und seien infolgedessen nichtig.
Die Beklagte habe aber an deren Stelle die darlehensvertragliche Haftung für neue und noch bestehende Zahlungsansprüche übernommen.
Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagte n lasse sich nicht feststellen. Selbst nach ihren Angaben in der Berufungsbegründungsschrift habe ihr laufendes Einkommen bei Abschluß des Darlehensvertrages ausgereicht, um die vereinbarten Annuitäten ordnungsgemäß zu bedienen. Dabei sei freilich auch auf die Einkünfte ihres Ehemannes abzustellen, weil die Eheleute den Vertrag gemeinsam geschlossen und auch die Zins- und Tilgungsraten gemeinsam gezahlt hätten. Davon, daß der Darlehensvertrag auf seiten der Beklagten einer Bürgschaft entspreche, könne demnach keine Rede sein.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, unter Mißachtung der Interessenlage und damit in rechtlich unvertretbarer Weise für eine echte Darlehensnehmerin gehalten.

a) Die Qualifizierung der von der Beklagten mit Ve rtrag vom 1. März 1993 übernommenen Verpflichtung als Darlehensschuld oder als Beitrittsschuld ist davon abhängig, ob die Beklagte als gleichberechtigte Vertragspartnerin neben ihrem Ehemann einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und deshalb gleichgründig zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein sollte, oder ob sie aus dem Darlehens-
vertrag keine Rechte erwerben, sondern der Klägerin nur zu Sicherungszwecken in Höhe der noch offenen Darlehensschuld der GmbH haften sollte. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen der Begründung einer echten Mitdarlehensnehmerschaft und einer Mithaftungsübernahme des Kreditgebers ist die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte Rechtsfolge (Madaus WM 2003, 1705, 1706 f.). Die Privatautonomie schließt - in den Grenzen der §§ 134 und 138 BGB - die Freiheit der Wahl der Rechtsfolgen und damit des vereinbarten Vertragstyps ein, umfaßt allerdings nicht die Freiheit zu dessen beliebiger rechtlicher Qualifikation (Senatsurteil vom 23. März 2004 - XI ZR 114/03, WM 2004, 1083, 1084). Die kreditgebende Bank hat es deshalb nicht in der Hand, durch eine im Darlehensvertrag einseitig gewählte Formulierung wie "Mitdarlehensnehmer" , "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen materiell-rechtlich bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den weitreichenden Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1650 und vom 23. März 2004, aaO S. 1084). Maßgeblich ist vielmehr der wirkliche Parteiwille bei Abschluß des Darlehensvertrages.
Dieser ist in Streitfällen im Wege der Vertragsaus legung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Zu den vom Bundesgerichtshof anerkannten Auslegungssätzen gehören die Maßgeblichkeit des Vertragswortlauts als Ausgangspunkt jeder Auslegung (st.Rspr., siehe z.B. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99, WM 2000, 2371, 2372) und die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 10. Juli 1998 - V ZR 360/96, WM 1998,
1883, 1886 und vom 27. Juni 2001 - VIII ZR 235/00, WM 2001, 1863, 1864). Dem trägt das Berufungsgericht keine Rechnung.

b) Zwar spricht der Wortlaut des Darlehensvertrage s der Parteien vom 1. März 1993 für eine echte Mitvertragspartnerschaft der Beklagten. Sie ist im "Kreditvertrag" ebenso wie ihr Ehemann als "Kreditnehmer" bezeichnet. Eine Vertragsauslegung kann aber zu einem vom Wortlaut abweichenden Ergebnis gelangen, wenn sich ein dies rechtfertigender übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen läßt (§ 133 BGB). Überdies ist dem Wortlaut angesichts der Stärke der Verhandlungsposition der kreditgebenden Bank (vgl. Schimansky WM 2002, 2437, 2438 f.) und der Verwendung von Vertragsformularen in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich weniger Bedeutung beizumessen als sonst. Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats ist als echter Mitdarlehensnehmer daher ungeachtet der Vertragsbezeichnung in aller Regel nur derjenige anzusehen, der für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat sowie als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (Senat BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1650; vgl. auch Senatsurteil vom 23. März 2004, aaO S. 1084). Dazu hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft keine Feststellungen getroffen.

c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung li egen keine Umstände oder Verhältnisse vor, die die Beklagte trotz ihrer fehlenden Beteiligung an der liquidierten GmbH nach dem Willen verständiger und
redlicher Vertragsparteien als gleichgestellte Mitdarlehensnehmerin neben ihrem Ehemann als deren ehemaligen Gesellschafter/Geschäftsführer erscheinen lassen.
Nach dem Inhalt des Darlehensvertrages dient die K reditaufnahme der "Übernahme der Verbindlichkeiten der ... GmbH i.L." in Höhe von 350.000 DM. Damit war für die Beklagte nicht einmal ein bloßes mittelbares wirtschaftliches oder persönliches Eigeninteresse verbunden. Während sie nämlich von einer mit den verbürgten Geschäftskrediten zusammenhängenden Verbesserung der Ertragslage des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens und einer daraus resultierenden Wertsteigerung der Beteiligung ihres Ehemannes oder von Gewinnausschüttungen bzw. einer Erhöhung seines Geschäftsführergehalts immerhin indirekt profitieren konnte, ist selbst diese äußerst vage Erwerbschance mit der Geschäftsaufgabe entfallen. Ebenso unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, daß die Beklagte weder als Bürgin noch als angebliche Darlehensnehmerin über die Auszahlung bzw. Verwendung der ausgereichten Kredite mitentschieden hat oder dazu berechtigt gewesen wäre.
Anders als die Revisionserwiderung meint, ist das mit der Ablösung der noch bestehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten verbundene Erlöschen der früheren Bürgschaften der Beklagten kein geeignetes Beweisanzeichen dafür, daß der Klägerin von Anfang an zwei gleichberechtigte Darlehensnehmer gegenüberstanden. Denn abgesehen davon, daß dies die Wirksamkeit der im Auftrag der GmbH übernommenen Bürgschaften voraussetzt, stellt der Austausch einer auf den Eintritt des Sicherungsfalles beschränkten Bürgenhaftung durch eine darlehensver-
tragliche Primärhaftung jedenfalls unter den vorliegenden Umständen und Verhältnissen keinen Vorteil, sondern eher einen Nachteil dar.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung zeigt sich die Stellung der Beklagten als gleichberechtigte Kreditnehmerin auch nicht daran , daß die Zins- und Tilgungsleistungen entsprechend der darlehensvertraglichen Vereinbarung ihrem Konto belastet wurden. Zwar kann in der vertragsgemäßen Bedienung des aufgenommenen Darlehens durch einen Vertragsteil durchaus eine für die Vertragsauslegung bedeutsame Indiztatsache liegen (vgl. Senatsurteil vom 23. März 2004, aaO). Dies setzt aber grundsätzlich voraus, daß aus der maßgebenden Sicht eines rational handelnden Kreditgebers bereits konkrete Anhaltspunkte für ein unmittelbares Eigeninteresse des Betroffenen an der Kreditgewährung bestehen. Andernfalls ist das Beweisanzeichen nicht stark genug, um im Wege der Vertragsauslegung auf eine echte Mitgläubigerschaft zu schließen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die den darlehensvertraglichen Zinssatz und die monatliche Rückzahlungsrate ändernde Vereinbarung der Parteien vom 27. Oktober 1993 nur von der Beklagten und nicht von den Eheleuten gemeinsam unterzeichnet worden ist. Denn abgesehen davon, daß es hierfür verschiedene Gründe gibt, ist von der Klägerin in den Vorinstanzen nichts vorgetragen worden, was für ein auslegungsrelevantes nachvertragliches Verhalten der Beklagten sprechen könnte.
Schließlich ist auch in der vorläufigen Abwendung der Zwangsversteigerung des beliehenen Hausgrundstücks der Schwiegereltern der Beklagten kein geeignetes Beweisanzeichen zu sehen. Sollte darin auf seiten der Beklagten ein Motiv für den Abschluß des Darlehensvertrages
gelegen haben, so würde dies die Klägerin nicht entlasten, sondern nur den Blick auf ihre wirtschaftliche Überlegenheit richten.
2. Die von der Klägerin in Wirklichkeit verlangte Mithaftungsübernahme der Beklagten über 350.000 DM verstößt gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) und ist daher nichtig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesger ichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- und Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 36 f.; zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und Senat BGHZ 156, 302, 307 m.w.Nachw.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten , daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 2003, aaO m.w.Nachw. und Senat BGHZ 156, aaO).


b) Die weitgehend vermögenslose Beklagte war von A nfang an voraussichtlich nicht in der Lage, die im Darlehensvertrag über 350.000 DM festgeschriebenen Zinsen von 8% p.a. aus eigenem Arbeitsverdienst dauerhaft allein aufzubringen.
aa) Wie sich aus der von der Klägerin selbst überr eichten Gehaltsabrechnung für Dezember 1997 ergibt, verdiente die Beklagte als kaufmännische Angestellte monatlich 2.054,84 DM netto, wovon nach Abzug der für die Direktversicherung und Vermögensbildung abzuführenden Beträge 1.684,80 DM ausgezahlt wurden. Dieses nicht einmal in Höhe von 100 DM monatlich pfändbare Einkommen der Beklagten, die gegenüber ihrem 1985 geborenen Sohn unterhaltspflichtig ist, reichte bei weitem nicht aus, um die jährliche Zinslast aus dem Darlehensvertrag in Höhe von 28.000 DM dauerhaft allein zu tragen. Dafür, daß die Prozeßparteien bei Vertragsschluß im März 1993 auf realistischer Grundlage von einem wesentlich höheren Gehalt der Beklagten ausgegangen sind oder eine erhebliche einkommenserhöhende Änderung in Betracht gezogen haben, ist nichts festgestellt bzw. vorgetragen.
bb) Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leist ungsfähigkeit der Beklagten ist - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - lediglich das eigene, nicht aber auch das laufende Einkommen des Ehemannes zu berücksichtigen. Zwar liegt bei Darlehensnehmern, die ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung haben und sich demgemäß als Gesamtschuldner verpflichten, eine krasse finanzielle Überforderung nur vor, wenn die pfändbaren Einkommen aller Mitdarlehensnehmer zusammen nicht ausreichen, um die laufenden Zinsen des Kre-
dits aufzubringen (Senatsurteile vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366, 2367 und vom 23. März 2004, aaO S. 1085). Dies betrifft aber nicht die Beklagte als einseitig verpflichtete Mithaftende. Andernfalls bliebe nämlich unberücksichtigt, daß der oder die Hauptschuldner bei Eintritt des Sicherungsfalles gewöhnlich zahlungsunfähig sind oder vergleichbare Leistungshindernisse vorliegen (st.Rspr., siehe Senat BGHZ 146, 37, 43 und Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, jeweils m.w.Nachw.). Der Umstand, daß die Zinsund Tilgungsraten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den Eheleuten jahrelang aus den gemeinsamen Einnahmen und Vermögen geleistet worden sind, schließt daher eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten nicht aus.

c) Die danach bestehende tatsächliche Vermutung, d aß die Beklagte die ruinöse Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, ist von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht widerlegt oder entkräftet worden.
Es besteht vielmehr kein vernünftiger Zweifel dara n, daß die Beklagte schon ihre Bürgschaften über 357.038 DM für Darlehensschulden der GmbH, an der ihr Ehemann als geschäftsführender Gesellschafter maßgeblich beteiligt war, nicht aufgrund einer im wesentlichen freien und autonomen Willensentscheidung, sondern allein oder hauptsächlich aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen hat. Nichts spricht dafür, daß die Beklagte als Mutter eines Kleinkindes bei Übernahme der Bürgschaften in den Jahren 1986 und 1988 in Höhe etwa der späteren Darlehenssumme nicht kraß finanziell überfordert war. Ebenso
war es mangels entstehender Anhaltspunkte vor allem die emotionale Verbundenheit mit ihrem Ehemann, die die Klägerin in die Lage versetzte , die Beklagte dazu zu bewegen, sich als Nichtgesellschafterin und auch sonst in keiner Weise für die GmbH verantwortliche Dritte an der Entschuldung der Gesellschaft zu beteiligen und dabei eine ruinöse Verpflichtung einzugehen.
Die Klägerin entlastende Umstände liegen nicht vor . Nach der Wertung des § 138 BGB ist es den Kreditinstituten grundsätzlich untersagt , eine erkennbar finanziell überforderte Person über eine Bürgschaft oder Mithaftungsabrede mit dem unternehmerischen Risiko ihres Ehepartners oder nichtehelichen Lebensgefährten zu belasten und sie damit möglicherweise bis zum Lebensende wirtschaftlich zu ruinieren. Daß es noch anstößiger ist, wenn der Darlehensgeber - wie hier - versucht, bei Liquidation der kreditnehmenden zahlungsunfähigen GmbH den finanzschwachen Ehepartner des ehemaligen Gesellschafters/Geschäftsführers ohne jede Gegenleistung mit dem verbliebenen Debet zu belasten, liegt auf der Hand.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 2 Bedeutung des Wertes


Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 56 Prüfung von Amts wegen


(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. (2) Die Partei oder deren gesetzlic

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

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BGB §§ 138 (Bb), 607
Unterzeichnen Eheleute einen Kreditvertrag zur Finanzierung des Kaufs eines
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die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 27. Februar 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines wegen Zahlungsverzuges gekündigten Ratenkredites in Anspruch.
Am 9. März 1999 unterzeichneten die damals 46-jährige Beklagte und ihr Ehemann, nachdem sie sich im Jahre 1998 getrennt hatten, in einer Phase der Wiederannäherung gemeinsam als "Kreditnehmer" einen Ratenkreditvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden : Klägerin). Der Kreditbetrag von 37.172,72 DM einschließlich Zinsen diente der Anschaffung eines Pkw für 26.990 DM. Der Ehemann bezifferte sein monatliches Nettoeinkommen mit 3.000 DM, die arbeitslose Beklagte gab an, monatlich 1.000 DM vom Arbeitsamt zu erhalten.
Mit Schreiben vom 1. April 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß die monatlichen Raten nicht - wie vertraglich vereinbart - von dem Konto ihres Ehemannes, sondern von ihrem eigenen Konto abgebucht werden sollten, was in der Folgezeit auch geschah. Während der Zeit des Zusammenlebens wurde der Pkw - es handelte sich um das einzige Familienauto - unter anderem für gemeinsame Einkaufsfahrten genutzt , wobei der Ehemann das Fahrzeug führte, da die Beklagte über keine Fahrerlaubnis verfügte.
Nachdem sich die Eheleute im Juni 2000 erneut getrennt hatten und der Ehemann das Auto in alleinigen Besitz genommen hatte, stellte die Beklagte die Ratenzahlungen ein. Die Klägerin kündigte daraufhin den Darlehensvertrag und nahm die Beklagte auf Zahlung von insgesamt !" # $ % &' ( ) $* + , -. % 11.352,72 nspruchnahme wegen krasser wirtschaftlicher Überforderung für sittenwidrig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von / 0 1 2 43 5 6 7 $8 11.304,49 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung aus §§ 607 ff. BGB i.V. mit §§ 11, 12 VerbrKrG sowie auf Zahlung von Verzugszinsen aus § 11 Abs. 1 VerbrKrG.
1. Die Beklagte sei lediglich Mithaftende, nicht Darlehensnehmerin, geworden, weil sie kein eigenes Interesse an der zur Anschaffung des Pkw bestimmten Kreditaufnahme gehabt habe. Nur der Ehemann sei zur selbständigen Nutzung des Autos in der Lage gewesen, da nur er eine Fahrerlaubnis besessen habe. Die gelegentliche Mitnahme der Beklagten sowie der Umstand, daß diese einige Monate nach Vertragsschluß darum gebeten habe, die Darlehensraten nunmehr von ihrem Konto abzubuchen , seien lediglich Anhaltspunkte von geringer Bedeutung. Ebenso komme es auf die im Darlehensvertrag gewählte Bezeichnung der Beklagten als Kreditnehmerin nicht an.
2. Die Mithaftung der Beklagten überfordere diese in krasser Weise , weil sie nicht einmal in der Lage sei, die laufenden Zinsen der Hauptschuld in Höhe von 104 DM monatlich aufzubringen. Ihr monatliches Einkommen von 1.000 DM habe unterhalb der bei Vertragsschluß maßgeblichen Pfändungsfreigrenze von ca. 1.200 DM gelegen. Die Mithaftungsübernahme beruhe hier aber nicht auf einem sittlich anstößigen Ausnutzen der emotionalen Verbundenheit zwischen Hauptschuldner und Mit-
haftender durch den Kreditgeber. Der Kredit sei nämlich zur Finanzierung eines Hausratsgegenstandes aufgenommen worden und die Kredithöhe habe sich im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute gehalten. Der finanzierte Pkw habe nicht nur den individuellen Zwecken des Hauptschuldners, sondern dem Zusammenleben beider Ehegatten insgesamt gedient. Es habe sich um das einzige Familienfahrzeug gehandelt, das auch für die Gestaltung und Bewältigung des täglichen Lebens der Eheleute eingesetzt worden sei. Die Mithaftungserklärung der Beklagten sei deshalb nicht nur wegen ihrer emotionalen Verbundenheit zum Hauptschuldner, sondern aus rationalen Erwägungen erfolgt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht nicht als Mitdarlehensnehmerin , sondern als bloß Mithaftende angesehen.

a) Die Qualifizierung der von der Beklagten mit Vertrag vom 9. März 1999 übernommenen Verpflichtung als Darlehensschuld oder aber als Beitrittsschuld ist davon abhängig, ob die Beklagte als gleichberechtigte Vertragspartnerin neben ihrem Ehemann einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und deshalb gleichgründig zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein sollte, oder aber ob sie aus dem Darlehensvertrag keine Rechte haben, sondern der Klägerin nur zu
Sicherungszwecken in Höhe des offenen Darlehensbetrages haften sollte. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen der Verpflichtung als Mitdarlehensnehmer und der Haftung als Beitretender ist die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte Rechtsfolge (Madaus WM 2003, 1705, 1706 f.). Die Privatautonomie schließt - in den Grenzen der §§ 134 und 138 BGB - die Freiheit der Wahl der Rechtsfolgen und damit des vereinbarten Vertragstyps ein, umfaßt allerdings nicht die Freiheit zu dessen beliebiger rechtlicher Qualifikation (Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 479/02, WM 2004, 426, 429 f.). Die kreditgebende Bank hat es deshalb nicht in der Hand, durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1650). Maßgebend ist vielmehr der wirkliche Parteiwille bei Abschluß des Vertrages.
Dieser ist im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Zu den vom Bundesgerichtshof anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehören insbesondere die Maßgeblichkeit des Vertragswortlauts als Ausgangspunkt jeder Auslegung (st.Rspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99, WM 2000, 2371, 2372) sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1999 - V ZR 360/96, WM 1998, 1883, 1886; BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - VIII ZR 235/00, WM 2001, 1863, 1864). Dem trägt das Berufungsurteil nicht ausreichend Rechnung.

b) Das Berufungsgericht hat dem Wortlaut des Darlehensvertrages unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 (XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224) keinerlei Bedeutung beigemessen. Der Hinweis geht fehl. Mit dem Satz, die kreditgebende Bank habe es nicht in der Hand, einen bloß Mithaftenden durch die Bezeichnung als "Mitdarlehensnehmer" im Darlehensvertrag zum gleichberechtigten Kreditnehmer zu machen , sollte in jener Entscheidung zum Ausdruck gebracht werden, daß die rechtliche Einordnung des Vertrages nicht Sache der kreditgebenden Bank ist. Dies bedeutet indes nicht, daß es auf den Wortlaut nicht ankommt. Er ist vielmehr, was das Berufungsgericht nicht beachtet hat, Ausgangspunkt der Auslegung.
Der Wortlaut des Darlehensvertrages vom 9. März 1999 spricht für eine echte Mitvertragspartnerschaft der Beklagten. Sie ist in dem Vertrag ebenso wie ihr Ehemann als "Kreditnehmer" bezeichnet, hat darin im Zusammenwirken mit ihrem Ehemann die Klägerin angewiesen, die Kreditvaluta an den Fahrzeughändler auszuzahlen, und war nach den Vertragsbedingungen gegenüber der Klägerin verpflichtet, die für den Pkw erforderlichen Versicherungen zu unterhalten. Daß die Beklagte abweichend vom Vertragswortlaut nach dem Vertragswillen der Parteien gleichwohl nicht gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin, sondern bloß Mithaftende sein sollte, ist nicht ersichtlich.

c) Dagegen und für eine Qualifizierung der Beklagten als echte Mitdarlehensnehmerin spricht, daß sie, wie nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich (BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1650), ein eigenes Interesse an
der Kreditaufnahme hatte. Der Kredit diente der Anschaffung eines Pkw der unteren Mittelklasse, der den finanziellen Verhältnissen der Eheleute entsprach. Es handelte sich um das einzige Fahrzeug der Eheleute, das zur Gestaltung und Bewältigung des täglichen Lebens, z.B. für gemeinsame Einkaufsfahrten, benutzt wurde. Daß der Pkw dabei nur vom Ehemann gesteuert wurde, weil die Beklagte seinerzeit nicht über eine Fahrerlaubnis verfügte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne Belang. Gleiches gilt für den Umstand, daß der Kaufvertrag über den Pkw nur vom Ehemann abgeschlossen worden ist. Auch bei der kreditfinanzierten Anschaffung größerer Hausratsgegenstände wird der Kaufvertrag - vor allem wegen besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen eines Ehepartners auf einem bestimmten Gebiet - vielfach nur von einem der Ehegatten abgeschlossen, ohne daß das Interesse auch des anderen Ehepartners am Erwerb des Einrichtungsgegenstands und der Kreditaufnahme zweifelhaft sein kann.

d) Auch nachvertraglich hat sich die Beklagte wie eine echte Darlehensnehmerin verhalten, was Rückschlüsse auf ihren Vertragswillen bei Abschluß des Kreditvertrages zuläßt (vgl. BGHZ 150, 32, 39; BGH, Urteil vom 24. Mai 2000 - VIII ZR 329/98, WM 2000, 1648, 1652). Beginnend mit der ersten am 15. April 1999 fälligen Kreditrate wurden die Raten auf Veranlassung der Beklagten von ihrem eigenen Konto abgebucht. Zwar enthält der Kreditvertrag vom 9. März 1999 nur eine Einzugsermächtigung des Ehemannes zugunsten der Klägerin. Die Beklagte, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts über Erfahrungen aus einer früheren Kreditaufnahme verfügte, hat die Klägerin jedoch bereits am 1. April 1999 - nicht, wie vom Berufungsgericht fälschlich ausgeführt, erst einige Monate nach Abschluß des Kreditvertrages - gebeten, die fäl-
ligen Raten von ihrem Konto und nicht demjenigen ihres Ehemannes ab- zubuchen. So verhält sich nur eine echte Mitdarlehensnehmerin, der an der Erfüllung einer eigenen Darlehensschuld gelegen ist, nicht aber eine bloß Mithaftende, die ihre Verpflichtung allein zur Absicherung des Darlehensgebers übernommen hat und dementsprechend hofft, der alleinige Darlehensnehmer werde seinen Verpflichtungen nachkommen und sie nicht in Anspruch genommen werden. Eine bloß Mithaftende wird Zahlungen an den Kreditgeber daher grundsätzlich erst nach Eintritt des Sicherungsfalles leisten. Dies hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Vertragswillens der Parteien nicht berücksichtigt und die Beklagte deshalb zu Unrecht nicht als Mitdarlehensnehmerin, sondern nur als Mithaftende angesehen.
2. Ausgehend von der Qualifizierung der Beklagten als Mitdarlehensnehmerin kommt ein Verstoß des Darlehensvertrages gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) wegen krasser finanzieller Überforderung der Beklagten von vornherein nicht in Betracht. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es grundsätzlich jedem Volljährigen unbenommen, in eigener Verantwortung Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn finanziell überfordern und von ihm notfalls nur unter dauernder Inanspruchnahme auch des pfändungsfreien Einkommens erbracht werden können (BGHZ 106, 269, 272; 120, 272, 274; 137, 329, 335). Abgesehen davon liegt bei Darlehensnehmern, die ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung haben und sich als Gesamtschuldner verpflichten, eine krasse finanzielle Überforderung nur vor, wenn die pfändbaren Einkommen aller Mitdarlehensnehmer zusammen nicht ausreichen, die laufenden Zinsen des Kredits zu tragen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.).
Dazu waren die Beklagte und ihr Ehemann indes angesichts ihres monatlichen Nettoeinkommens von insgesamt 4.000 DM ohne weiteres in der Lage.

III.


Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/01 Verkündet am:
4. Dezember 2001
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Ob der finanziell überforderte Ehepartner oder Lebensgefährte durch
die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen der
Vertragsschließenden echter Darlehensnehmer oder lediglich Mithaftender
wird, richtet sich ausschließlich nach den Verhältnissen auf
seiten der Vertragsgegner des Kreditgebers.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und
Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Juni 2000 aufgehoben und das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 2. Februar 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 28. Juli 1997 schloû die klagende Sparkasse mit dem ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten, einem Inhaber von Imbiûstuben,
einen Vertrag über ein Allzweckdarlehen mit einem Nettokreditbetrag von 105.000 DM. Der Kredit sollte bei einem Zinssatz von 9,5% p.a. in 72 Monatsraten über jeweils 1.978,20 DM zurückgezahlt werden. Der Vertrag wurde von der damals 36 Jahre alten Beklagten, einer gelernten Textilfachfrau, als "Kreditnehmer" mitunterzeichnet. Von der Darlehenssumme überwies die Klägerin vertragsgemäû 49.372,74 DM auf das Geschäftskonto ihres früheren Lebensgefährten und verrechnete weitere 55.607,26 DM mit einem von ihm allein aufgenommenen Altkredit. Nachdem er in der Folgezeit einige Zins- und Tilgungsraten trotz mehrerer Mahnungen nicht geleistet hatte, kündigte sie das Darlehen fristlos und forderte ihn und die Beklagte zur Rückzahlung auf.
Die Beklagte, die nach ihren Angaben bei Vertragsschluû längere Zeit arbeitslos war und neben der Betreuung ihres minderjährigen Kindes in den Imbiûstuben des vormaligen Lebensgefährten stundenweise gegen Bezahlung aushalf, hält die von ihr übernommene Verpflichtung für einen sittenwidrigen und daher nichtigen Schuldbeitritt. Die Klägerin ist in erster Linie der Auffassung, die Beklagte sei dem klaren Vertragswortlaut entsprechend gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû als Gesamtschuldnerin neben ihrem früheren Lebensgefährten zur Zahlung von 105.515,09 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines stattgebenden Urteils im wesentlichen ausgeführt:
Der von der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Grundsätzlich sei es jedem Volljährigen aufgrund der Vertragsfreiheit als Teil der Privatautonomie unbenommen , auch risikoreiche Geschäfte abzuschlieûen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn finanziell schlechthin überforderten oder die von ihm nur unter ganz besonders günstigen Bedingungen, notfalls sogar unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Einkommens , erbracht werden könnten. Die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrages wegen finanzieller Überforderung des Darlehensnehmers komme anders als die einer Bürgschaft oder Mithaftungsübernahme, bei der die Gefahr einer Inanspruchnahme in den Hintergrund trete, die Unterschriftsleistung leicht als bloûe Formalität erscheine und das Schutzbedürfnis naher Angehöriger höher sei als bei Mitunterzeichnung eines Darlehensvertrages, in aller Regel nicht in Betracht.
Die Beklagte sei als Mitdarlehensnehmerin anzusehen. Sie habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über ein, wenn auch nur geringes Einkommen verfügt, das zusammen mit den Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb ihres ehemaligen Lebensgefährten zur gemeinsamen Lebensführung verwendet worden sei und das im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft für das zurückzuzahlende Darlehen habe eingesetzt
werden sollen. Ihr Kind habe bei Abschluû des Vertrages ein Alter und einen Entwicklungsgrad gehabt, welcher zu einer wirtschaftlichen Selbständigkeit seit dem 1. Januar 1999, also rund 1,5 Jahre nach der Kreditaufnahme , geführt habe. Ausgehend hiervon habe sich das Einkommen der Beklagten vergröûert und sich auch eine für eine Arbeitsaufnahme förderliche Unabhängigkeit eingestellt, so daû damals mit einer Steigerung ihrer Einnahmen zu rechnen gewesen sei. Besondere Umstände , insbesondere eine Überrumpelung oder eine Verharmlosung der Unterzeichnung des Vertrages als Formsache durch Mitarbeiter der Klägerin, seien nicht vorgetragen.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es meint, die Beklagte sei nach dem Vertragsinhalt echte Mitdarlehensnehmerin. Vielmehr hat sie bei Würdigung der objektiven Umstände zur Absicherung des neuen Kredits ihres damaligen Lebensgefährten im Wege des Schuldbeitritts lediglich die Mithaftung übernommen.
Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes – sachliches und/oder persönliches Interesse – an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; siehe auch Senatsurteil vom 6. Oktober 1998 – XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den Verhältnissen auf seiten der Mit-
darlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, aaO S. 2366; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 6). Danach durfte das Berufungsgericht die Beklagte ± wie die Revision zu Recht geltend macht ± nicht für eine echte Kreditnehmerin halten. Da es die vorgenannten Auslegungsregeln nicht einmal ansatzweise beachtet hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat die Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).
Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsschlieûenden war der ausgereichte Kredit ausschlieûlich für den damaligen Lebensgefährten der Beklagten bestimmt, und zwar für dessen Gewerbebetrieb sowie zur Ablösung eines nur von ihm aufgenommenen Altkredits. Dafür , daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts vorgetragen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ist die Valutierung des Darlehens vielmehr durch Aufrechnung mit ihrer Altkreditforderung gegen den damaligen Lebensgefährten der Beklagten und durch Gutschrift von 49.392,74 DM auf dessen Geschäftskonto erfolgt. Über dieses konnte die Beklagte nicht verfügen. Da sie an den Imbiûbetrieben ihres früheren Lebensgefährten nicht beteiligt war, deutet bei objektiver Betrachtung auch nichts auf ein eigenes ± sachliches und/oder persönliches ± Interesse an der Kreditaufnahme und Mittelverwendung hin. Der Umstand, daû beide auf die
Geschäftseinnahmen angewiesen waren und das neue Darlehen für den Fortbestand des Gewerbetriebes dringend notwendig gewesen sein soll, spricht ebenfalls nicht dafür, die Beklagte als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen, sondern lenkt nur den Blick auf die wirtschaftliche Abhängigkeit der Beklagten bei Abgabe der Mithaftungserklärung.

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). Die Mithaftungsübernahme überforderte die Beklagte finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Umstände anführen lassen.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB bei Bürgschafts- und Mithaftungsverträgen zwischen Kreditinstituten und privaten Sicherungsgebern regelmäûig entscheidend vom Grad des Miûverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; BGH, Urteil vom 26. April 2001 - IX ZR 337/98, WM 2001, 1330, 1331; Senatsurteil vom 13. November 2001 ± XI ZR 82/01, Urt.Umdr. S. 6). Zwar reicht selbst der Umstand, daû der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die vertragliche Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens tragen kann, regelmäûig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung wird aber widerleglich vermutet, daû die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner
übernommen wurde und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGH, Urteil vom 26. April 2001 ± IX ZR 337/98, aaO S. 1331 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, Urt.Umdr. S. 6 f.).
2. Die in der Literatur geäuûerte Kritik, diese Betrachtungsweise betone zu sehr die krasse finanzielle Überforderung und das persönliche Näheverhältnis zwischen Bürgen oder Mithaftenden und Hauptschuldner und vernachlässige das vom Bundesverfassungsgericht angesprochene Erfordernis einer strukturellen Unterlegenheit des Bürgen oder Mithaftenden sowie die Umstände bei der Haftungsbegründung, insbesondere eine unzulässige Willensbeeinflussung (Habersack/Giglio WM 2001, 1100, 1103; vgl. auch Roth JZ 2001, 1039 f.), ist nicht berechtigt. Mit dem Kriterium des Handelns aus emotionaler Verbundenheit wird den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 89, 214, 231 f.; BVerfG WM 1994, 1837, 1839) Rechnung getragen , den gegenüber der kreditgebenden Bank weitaus unterlegenen Bürgen oder Mithaftenden mit Hilfe der Generalklauseln des Bürgerlichen Rechts vor der Abgabe fremdbestimmter und ungewöhnlich belastender Willenserklärungen zu schützen. Je stärker dabei das Übergewicht des Kreditgebers ist, je gravierender die Belastungen und je enger die persönlichen Beziehungen zwischen Bürgen oder Mithaftenden sind, desto wahrscheinlicher ist es, daû es an einer nüchtern abwägenden , selbstbestimmten Entschlieûung des Bürgen oder Mithaftenden fehlt. Es trifft daher entgegen einer in der Literatur (Medicus JuS 1999, 833, 835 f.; Zöllner WM 2000, 1, 5, 9 f.; Habersack/Giglio aaO S. 1103) vertretenen Ansicht nicht zu, die krasse finanzielle Überforderung und die Nähebeziehung zwischen Mithaftenden und Hauptschuldner seien für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Personalsicherheit indifferent (vgl. Tiedtke JZ 2000, 677; Nobbe/Kirchhof aaO; s. auch Kulke
ZIP 2001, 985, 989). Vielmehr ist es gerechtfertigt, dem Gläubiger in den Fällen einer krassen finanziellen Überforderung die Darlegungsund Beweislast für eine im wesentlichen freie Willensentscheidung des Sicherungsgebers aufzubürden. Bei dieser differenzierenden Beurteilung bleiben die Umstände des Einzelfalles keineswegs auûer acht, sondern spielen bei der Widerlegung der tatsächlichen Vermutung einer unzulässigen Willensbeeinflussung eine entscheidende Rolle (st.Rspr., siehe etwa BGHZ 146, 37, 45).
3. Die zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme 36 Jahre alte Beklagte war voraussichtlich nicht in der Lage, die im Darlehensvertrag festgelegte Zinslast von monatlich 831,25 DM bei Eintritt des Sicherungsfalls allein zu tragen. Die von ihr bezogene Arbeitslosenhilfe betrug damals ausweislich des vorgelegten Leistungsnachweises lediglich 1.287,10 DM monatlich. Von diesem Betrag waren, selbst wenn man die damals noch bestehende, aber in absehbarer Zeit endende Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrem Kind auûer acht läût, lediglich 49,70 DM monatlich pfändbar. Das von der Beklagten durch stundenweise Mitarbeit in den Imbiûstuben ihres damaligen Lebensgefährten erzielte Einkommen fällt nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht ins Gewicht. Eigenes pfändbares Vermögen, das sie zur Schuldentilgung hätte einsetzen können, war nicht vorhanden. An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten bei Abschluû des Vertrages kann danach kein Zweifel bestehen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war aus der maûgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers innerhalb der 72-monatigen Laufzeit des Darlehens (zu dieser Voraussetzung siehe BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteil vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024) auch nicht mit einer Beseitigung der fi-
nanziellen Leistungsunfähigkeit der Beklagten zu rechnen. Zwar hatte ihr Kind bei Abgabe der Mithaftungserklärung bereits ein Alter erreicht, das eine Betreuung und finanzielle Unterhaltsleistungen in naher Zukunft entbehrlich machte. Da die Beklagte nach ihrem unwidersprochenen Vortrag über einen längeren Zeitraum arbeitslos war, muûte aber die Möglichkeit einer alsbaldigen Ausübung des von ihr erlernten Berufes einer Textilfachfrau unwahrscheinlich erscheinen. Dafür, daû diese Betrachtungsweise nicht der späteren realen Entwicklung ihrer Einkommensverhältnisse entspricht, bestehen auch unter Berücksichtigung der Revisionserwiderung keine Anhaltspunkte.
4. Auch von einer emotionalen Verbundenheit der Beklagten mit ihrem damaligen Lebenspartner, dem Darlehensnehmer, mit dem sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, ist ebenso wie bei Ehepartnern auszugehen (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 ± IX ZR 55/96, WM 1997, 465 und vom 27. Januar 2000 ± IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412). Die persönliche enge Beziehung zwischen der Beklagten und ihrem damaligen Lebensgefährten sowie die die krasse finanzielle Überforderung begründenden Umstände waren der Klägerin aus den Darlehensverhandlungen entweder bekannt oder sie hat sich einer Kenntnis bewuût verschlossen. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 37, 45) lag es daher bei ihr darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte sich bei Abgabe der Mithaftungserklärung von einer realistischen Einschätzung des wirtschaftlichen Risikos und nicht von fremdbestimmten Motiven hat leiten lassen. Dafür ist hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich.
5. Anders als die Revisionserwiderung meint, ist mit der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Insolvenzordnung die Wertungsbasis für eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB nicht entfallen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend (BGHZ 72, 308, 314; 100, 353, 359; 120, 272, 276; 125, 206, 209; 140, 395, 399). Der Darlehensvertrag wurde indes bereits im Sommer des Jahres 1997, also vor Inkrafttreten der Insolvenzverordnung geschlossen. Schon deshalb ist es nicht möglich , das in ihr normierte Verfahren zur Restschuldbefreiung zu berücksichtigen.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Siol Müller
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 205/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Abgrenzung zwischen Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender
Mithaftung eines einkommens- und vermögenslosen Ehepartners.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2000 gegen die Beklagte zu 1) aufrechterhalten und ihre Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 597.255,45 DM nebst 6% Zinsen aus 596.370,72 DM seit dem 16. Juni 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 60%, die Beklagte zu 1) 1% und der Beklagte zu 2) 39%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 99% und diejenigen des Beklagten zu 2) zu 22% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Von den Kosten zweiter Instanz haben die Beklagten die durch ihre Säumnis veranlaßten Kosten als Gesamtschuldner vorab zu tragen. Für die übrigen entstandenen Kosten gilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 49%, die Beklagte zu 1) 2% und der Beklagte zu 2) 49%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 98% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 72% und der Beklagte zu 2) 28%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu erstatten. Der Be- klagte zu 2) trägt seine auûergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten vor allem noch über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 15. Juli 1994 gewährte die klagende Sparkasse dem Beklagten zu 2), einem Immobilienmakler, ein variabel verzinsliches Darlehen über 800.000 DM zu einem Zinssatz von zunächst 6,75% p.a., rückzahlbar in monatlichen Zins- und Tilgungsraten von anfänglich 5.170 DM. Der Vertrag wurde von der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), seiner Ehefrau , mitunterzeichnet. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte mit dem Kredit das von ihrem Ehemann am 19. April 1994 allein erworbene Hausgrundstück finanziert werden. Gesichert wurden das Darlehen sowie alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Darlehensnehmer durch eine Grundschuld über 1,07 Millionen DM an dem vom Ehemann der Beklagten erworbenen Grundstück.
Nachdem mehrere Zins- und Tilgungsraten nicht geleistet worden waren, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom
24. Mai 1996 fristlos. In der Folgezeit betrieb sie die Zwangsversteigerung der belasteten Immobilie und verrechnete den ihr zugeflossenen Erlös von 730.101,86 DM vorrangig mit anderen Forderungen gegen den Ehemann der Beklagten, so daû nur noch ein Betrag von 161.392,68 DM auf das ausgereichte Darlehen entfiel.
Die vermögenslose Beklagte, die nach ihren Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger und deshalb nicht mehr in der Lage war, ihrer mit maximal 1.200 DM brutto monatlich vergüteten Halbtagstätigkeit im Büro ihres Ehemannes nachzugehen, ist der Auffassung: Die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages stelle eine sie finanziell kraû überfordernde und überdies wegen besonders belastender Umstände sittenwidrige Schuldmitübernahme dar.
Das Landgericht hat der Klage zum groûen Teil stattgegeben und die beklagten Eheleute wegen des geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs als Gesamtschuldner zur Zahlung von 597.255,45 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Ihre Berufungen sind erfolglos geblieben. Von den beiden Revisionen ist nur die der Beklagten angenommen worden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt bezüglich des ihr gegenüber geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Beklagte für eine wirksame Mithaftungserklärung gehalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die von der Beklagten übernommene Mithaftung überfordere sie trotz fehlenden eigenen Einkommens und Vermögens nicht in krasser Weise. Eine andere Betrachtungsweise lasse die Besonderheit auûer acht, daû das Darlehen nicht für lange Zeit habe aufgenommen werden müssen, sondern nur deshalb, weil der Kaufpreis von 3,3 Millionen DM für die von ihrem Ehemann veräuûerte Gesellschaftsbeteiligung noch nicht bezahlt worden sei. Daû die Kaufpreisforderung schon bei der Kreditaufnahme endgültig uneinbringlich gewesen sei, sei von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen. Vor allem stehe der Annahme einer krassen finanziellen Überforderung entgegen, daû sie aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarungen über die Mithaftungsübernahme im Innenverhältnis einen gleich hohen Aufwendungserstattungs- oder Ausgleichsanspruch erworben habe. Diese Ansprüche seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus realisierbar gewesen, weil die Eheleute damals noch die Kaufpreiszahlung für die veräuûerten Geschäftsanteile erwartet hätten. Auûerdem sei nicht schlüssig vorgetragen , daû die Beklagte nicht bereits bei Abgabe der Mithaftungserklärung mit der finanziellen Unterstützung ihrer Schwiegereltern habe rechnen können. Dagegen sprächen zumindest die erheblichen Geldbeträge über rund 800.000 DM, die diese ihr ab Dezember 1995, also schon vor der Inanspruchnahme durch die Klägerin hätten zukommen lassen. Den Be-
weis, daû die Mithaftungsübernahme nach einer verharmlosenden Erklärung der Klägerin nur "pro forma" habe erfolgen sollen oder von ihr erzwungen worden sei, sei die Beklagte schuldig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Die durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages über 800.000 DM übernommene Mithaftung der Beklagten verstöût, wie die Revision zutreffend rügt, gemäû § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist damit nichtig. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die einkommens - und vermögenslose Beklagte sei nicht finanziell kraû überfordert , ist unhaltbar.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Beklagte durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen aller Beteiligten keine gleichberechtigte Kreditnehmerin, sondern bloûe Mithaftende werden sollte.

a) Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.
und vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen auf seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 224 m.w.Nachw.). Danach durfte das Berufungsgericht die Willenserklärung der Beklagten bei wertender Betrachtung gemäû §§ 133, 157 BGB durchaus als Schuldmitübernahme deuten. Zwar hat es seine Auffassung nicht einmal ansatzweise begründet, sondern eine Mitgläubiger- und gleichgründige Gesamtschuldnerschaft der Eheleute offenbar erst gar nicht in Betracht gezogen. Da in dieser Frage weiterer Sachvortrag der Prozeûparteien nicht zu erwarten ist, kann der erkennende Senat aber die gebotene Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).

b) Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschlieûenden diente die Kreditaufnahme über 800.000 DM ausschlieûlich zur Finanzierung des Kaufpreises für das nur vom Ehemann der Beklagten bereits vor Abschluû des Darlehensvertrags erworbene Hausgrundstück. Dafür, daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als im wesentlichen gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Nach ihrer unwiderlegten
Darstellung ist vielmehr davon auszugehen, daû sie, die mit dem Kauf der "Jugendstilvilla" nicht einverstanden war, aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarung lediglich die Mithaftung für das Darlehen übernehmen sollte. Der Umstand, daû die zu finanzierende Immobilie bis zur Zwangsversteigerung durch die Klägerin von der ganzen Familie der Beklagten bewohnt wurde, deutet entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keineswegs darauf hin, daû die Beklagte gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin sein sollte, sondern lenkt nur den Blick auf einen regelmäûig nicht einmal zuverlässig feststellbaren und häufig nur flüchtigen mittelbaren Vorteil der Beklagten aus der Kreditaufnahme.
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, überforderte die Mithaftungsübernahme die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Momente finden lassen.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daû der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Bürge oder Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit
dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGHZ 136, 346, 351; 146, 37, 47; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126, vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, Umdruck S. 6 und - XI ZR 81/01, Umdruck S. 6, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) So ist es hier. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten war sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger, nicht mehr halbtags in dem Betrieb ihres Ehemannes als Bürokraft tätig und infolgedessen ohne eigenes Einkommen. Da eine ganztätige Berufsausübung mit einem erheblich höheren Monatsgehalt als die vorher bezogenen 1.200 DM brutto in absehbarer Zeit nicht realistisch erschien und ein eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie aus der maûgebenden Sicht eines rational handelnden Kreditgebers voraussichtlich auch zukünftig nicht einmal die im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen von mehr als 4.000 DM monatlich allein aufbringen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigen, eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten zu verneinen.
aa) Darauf, ob der gesamte Kredit nach dem Willen der Vertragsschlieûenden schon nach kurzer Zeit mit dem Erlös aus dem Verkauf der Gesellschaftsbeteiligung des Ehemannes der Beklagten wieder zurückgezahlt werden sollte, kommt es - wie die Revision zu Recht geltend macht - nicht entscheidend an. Wenn das Berufungsgericht von der Beklagten den Nachweis verlangt, daû die Kaufpreisforderung über
3,3 Millionen DM bereits bei Abgabe der sonst ruinösen Mithaftung endgültig uneinbringlich gewesen sei, verkennt es, daû bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung allein auf die Leistungsfähigkeit des Mithaftenden abzustellen ist (BGHZ 146, 37, 43; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412) und die Mithaftungserklärung gerade dann zum Tragen kommen soll, wenn der Hauptschuldner (unvorhergesehen) seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Im übrigen enthält der Darlehensvertrag, der die Zinsanpassung für einen Zeitraum von 10 Jahren regelt, keinerlei Hinweis darauf, daû es sich nach dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien nur um eine kurzfristige Zwischenfinanzierung handeln sollte.
bb) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe als bloûe Mithaftende jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Innenverhältnis ein die krasse finanzielle Überforderung voll ausgleichender Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsanspruch gegen ihren primär haftenden Ehemann zugestanden, trägt die getroffene Entscheidung nicht. Eine Bürgschaft oder Mithaftung wird, wie dargelegt , von dem Betroffenen regelmäûig für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder anderer vergleichbarer Leistungshindernisse übernommen. Nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43 m.w. Nachw.) ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Personalsicherheit daher die bei Vertragsabschluû vielleicht noch vorhandene Finanzkraft des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, sondern nur das pfändbare Einkommen und Vermögen des Sicherungsgebers. Davon ausgehend ist von vornherein ausgeschlossen , daû schuldrechtliche Befreiungs- oder Regreûansprüche des
Bürgen oder Mithaftenden gegen den Hauptschuldner, zumal wenn sie - wie hier - völlig ungesichert sind, bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bürgschaft oder Mithaftung eine Rolle spielen.
cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Berücksichtigung von Zuwendungen der Schwiegereltern bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand keine hinreichend gesicherte Aussicht der Beklagten auf eine gegenüber der Darlehenssumme ins Gewicht fallende finanzielle Unterstützung durch ihre Schwiegereltern. Denn abgesehen davon, daû die Gelder nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag erst ab Dezember 1995, also nach der bereits im Sommer 1994 abgegebenen Mithaftungserklärung geflossen sind, handelt es sich durchweg um Leistungen, auf die sie keinen Anspruch hatte und die auch nicht, wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336), zum Gegenstand von Verhandlungen über ihre künftig zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemacht worden sind.
dd) An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten ändert schlieûlich auch die von ihrem Ehemann bestellte Grundschuld über 1,07 Millionen DM nichts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen , wenn sie das Mithaftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maû beschränken (vgl. etwa BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die Grundschuld, die - insoweit rechtlich unbedenklich - nicht nur das Darlehen über 800.000 DM, sondern auch
alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Klägerin gegen den Ehemann der Beklagten sichern sollte, nicht (vgl. Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

c) Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 45; Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 225) lag es demnach bei der Klägerin, im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte die ruinöse Mithaftung entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus emotionaler Bindung an ihren Ehemann, sondern aufgrund eines im wesentlichen autonomen und eigenverantwortlichen Entschlusses übernommen hat. Dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder den Umständen zu entnehmen.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage gegen die Beklagte abweisen, soweit sie sich auf Rückzahlung des restlichen Darlehens richtet.
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 34/99 Verkündet am:
11. September 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen hat die Vertragsauslegung in
erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung
und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen.

b) Beruft sich eine Vertragspartei auf einen vom eindeutigen Wortlaut des
Vertrages abweichenden übereinstimmenden Willen der Vertragspartner,
so obliegt ihr für die dem zugrundeliegenden auslegungsrelevanten Umstände
die Darlegungs- und Beweislast.

c) Zur Auslegung einer Vorrangklausel hinsichtlich der Verteilung des Erlöses
aus der Sicherheitenverwertung in einem Konsortialkreditvertrag.
BGH, Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 30. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als ihre Berufung in Höhe des Zahlungsantrags von 688.269,24 DM nebst Zinsen (Versteigerungserlösdifferenz von 684.111,73 DM sowie Versteigerungskosten von 4.157,51 DM) zurückgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am 26. September/11. Oktober 1996 schlossen die Parteien, Geschäftsbanken , einen Konsortialkreditvertrag. Danach sollte die Beklagte den Eheleuten D. (Schuldner) im eigenen Namen ein Darlehen in Höhe von 5 Mio. DM gewähren. Im Innenverhältnis hatte die Klägerin der Beklagten zur Valutierung des Kredits 4 Mio. DM zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend war nach § 2 des Vertrages das Kreditrisiko von der Klägerin in Höhe von 4 Mio. DM und von der Beklagten in Höhe von 1 Mio. DM zu tragen. Die Zinsleistungen der Schuldner und die bei einer Verwertung der Sicherheit entstehenden Kosten sollten unter den Parteien im Verhältnis der Beteiligung von 4:1 aufgeteilt werden. Gemäß § 3 Abs. 2 des Vertrages stellten die Schuldner der Beklagten zur Darlehenssicherung eine Grundschuld am "Gut R. " in Höhe von 5 Mio. DM. Nach § 3 Abs. 3 sollten von der Beklagten für weitere Kredite hereingenommene Sicherheiten nicht als gemeinsame Sicherheiten gelten. Im Anschluß daran heißt es in § 3 Abs. 4 des Vertrages:
"Gewährt die B. (Beklagte) später den Eheleuten Dr. D. Kredite außerhalb dieses Konsortialvertrages, so gelten die dann hereingenommenen Sicherheiten nicht als gemeinsame Sicherheiten. An der Sicherheit partizipiert die No. (Klägerin) mit einem erstrangigen Teilbetrag in Höhe von 4.000.000,-- DM, die B. mit einem nachrangigen Teilbetrag in Höhe von 1.000.000,-- DM." Der Beklagten, die die Sicherheit zugleich als Treuhänderin für die Klägerin hielt, oblag auch die Kreditkündigung und die Verwertung der Sicherheit. Nachdem der Kredit notleidend geworden war, kam es auf Antrag der Beklagten zur Zwangsversteigerung des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks. Im Versteigerungstermin vom 21. August 1996 gab die Klägerin das höchste
Gebot mit 4 Mio. DM ab; das höchste Drittgebot belief sich auf 2,4 Mio. DM. Da die Beklagte jedoch in dieser Situation die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung beantragte und bewilligte, wurde der Klägerin der Zuschlag versagt. Aufgrund einer am 5. November 1996 von der Klägerin erwirkten einstweiligen Verfügung setzte die Beklagte das Zwangsversteigerungsverfahren fort. Am 14. Mai 1997 wurde das Grundstück von der N. GmbH - einer Tochtergesellschaft der Klägerin - gegen ein bares Meistgebot von 3.510.000,-- DM ersteigert. Von dem an die Beklagte in Höhe von 3.384.500,13 DM ausgekehrten Versteigerungserlös führte diese - entsprechend der von ihr für zutreffend erachteten Beteiligungsquote von 4:1 - am 1. Juli 1997 lediglich 2.800.400,10 DM an die Klägerin ab. Die Klägerin hat bereits nach dem ersten Versteigerungstermin Klage auf Feststellung erhoben, daß ihr der Versteigerungserlös bis zur Höhe von 4 Mio. DM allein zustehe und daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr den durch Bewilligung der einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens am 21. August 1996 entstehenden Schaden zu ersetzen. Nachdem das Landgericht die Feststellungsklage abgewiesen hat, ist die Klägerin nach der zwischenzeitlichen Versteigerung des Grundstücks mit der Berufung zur Leistungsklage auf Zahlung von insgesamt 815.551,08 DM nebst Zinsen übergegangen. Dabei errechnet sie die Differenz des Versteigerungserlöses auf 684.111,73 DM; ferner beansprucht sie Ersatz der angeblich durch den zweiten Versteigerungstermin zusätzlich angefallenen Verfahrenskosten von 4.157,51 DM sowie streitiger Refinanzierungskosten von 127.281,84 DM, weil der Versteigerungserlös ihr um 263 Zinstage verspätet zugeflossen sei. Das Berufungsgericht hat durch Zurückweisung der Berufung zugleich die Zahlungsklage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist in Höhe eines Teilbetrages von 688.269,24 DM nebst Zinsen (Differenz des Versteigerungserlöses von 684.111,73 DM sowie zusätzliche Versteigerungskosten von 4.157,51 DM) begründet und führt insoweit zur Aufhebung und Zurückverweisung. Wegen des weitergehenden Zahlungsbegehrens von 127.281,84 DM (Refinanzierungskosten) ist das Rechtsmittel hingegen unbegründet.
I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die Klägerin könne aus § 3 Abs. 4 Satz 2 des Konsortialvertrages keinen Anspruch auf vorrangige Befriedigung aus der Grundschuld bis zur Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 4 Mio. DM ableiten, weil diese Regelung in auffälligem Widerspruch zu sonstigen Vertragsbestimmungen stehe, die eine gleichrangige pro-rata Beteiligung am Kreditrisiko im Verhältnis 4:1 beinhalteten. Da § 3 Abs. 4 Satz 1 das Verhältnis der Parteien bezüglich anderer Sicherheiten für außerhalb des Konsortialvertrages stehende Kredite der Beklagten an die Darlehensnehmer regele, könne die umstrittene Klausel - entsprechend dem Beklagtenvortrag - auch so zu verstehen sein, daß sie lediglich für den - hier nicht vorliegenden - Konfliktfall der Konkurrenz der Grundschuld mit anderen Sicherheiten gelten solle. Bei einem derartigen Verständnis des § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages obliege es der Klägerin, einen davon abweichenden Inhalt der Bestimmung darzulegen und zu beweisen. Deren unter Zeugenbeweis gestelltes Vorbringen, daß nach den Vertragsverhandlungen ihr in jedem Falle der Vorrang bis zum Gesamterlös von 4 Mio. DM habe gebühren sollen, sei mangels konkreter Einzelheiten
unsubstantiiert, mithin einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzes habe die Klägerin trotz Vorliegens einer positiven Forderungsverletzung des Konsortialvertrages durch die Beklagte einen Schaden nicht hinreichend dargetan. Denn letztlich habe sie in jedem Falle den Preis für das Grundstück selbst bzw. durch ihr Tochterunternehmen aufbringen, sich mithin refinanzieren müssen.
Diese Beurteilung hält hinsichtlich der Erlösdifferenz (II) und der weiteren Versteigerungskosten (III) revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand; bezüglich der Finanzierungskosten erweist sich die Klageabweisung hingegen aus anderen Gründen gemäß § 563 ZPO als richtig (IV).
II. Die Auslegung der für die umstrittene Beteiligung der Parteien an der gemeinsamen Sicherheit und am Verwertungserlös maßgeblichen Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 des Konsortialvertrages durch das Berufungsgericht verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze und beruht zudem auf einer verfahrensfehlerhaften Feststellung des zugrundeliegenden Erklärungstatbestandes (§ 286 ZPO).
1. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daß die Vertragsauslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat (BGHZ 121, 13, 16). Dagegen hat das Berufungsgericht dadurch verstoßen, daß es den Wortlaut der Vorrangklausel in § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages von vornherein nur als scheinbar eindeutig und im übrigen als widersprüchlich im Verhältnis zu anderen Vertragsregelungen angesehen hat. Beides trifft nicht zu. Der Wortlaut der Klausel spricht eindeutig
von einer erstrangigen und damit vorrangigen Partizipation der Klägerin an der Sicherheit mit einem Teilbetrag von 4 Mio. DM und - korrespondierend dazu - ebenso eindeutig von der nachrangigen Beteiligung der Beklagten mit einem Teilbetrag von 1 Mio. DM. Da im vorausgehenden Text des § 3 Abs. 2 als konkrete Sicherheit für den Konsortialkredit von 5 Mio. DM die Grundschuld am Objekt "Gut R. " in gleicher Höhe benannt ist, besteht schon von der Wortwahl (Singular) her kein Zweifel daran, daß sich die Vorrangklausel hierauf bezieht. An der Eindeutigkeit des Wortlauts der Vorrangklausel änderte nichts, daß nach den Absätzen 3 Satz 2 und 4 Satz 1 solche Sicherheiten, die für weitere Kreditgewährungen der Beklagten an die Darlehensnehmer hereingenommen werden, nicht als gemeinsame Sicherheiten gelten. Der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen über spätere "nicht gemeinsame Sicherheiten" , an denen die Klägerin nicht beteiligt sein soll, läßt keinen unmittelbaren Bezug zu der Vorrangklausel, die vom Wortlaut her ersichtlich die einzige gemeinsame Sicherheit erfaßt, erkennen. Da die Vorrangklausel zudem ohne irgendeine Einschränkung formuliert ist, läßt sie sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - jedenfalls nicht "ohne weiteres so lesen", daß durch sie die Rechte der Klägerin lediglich bei anderweitiger Verwendung der Grundschuld bis zum Nennbetrag des von ihr übernommenen Kreditrisikos nicht geschmälert werden sollen. Sowohl dem Wortlaut als auch der Stellung der Vorrangklausel am Ende des § 3 des Vertrages läßt sich vielmehr bei objektiver Betrachtung entnehmen, daß der Klägerin in jedem denkbaren Falle und nicht nur - wie das Berufungsgericht im Anschluß an den Beklagtenvortrag meint - beschränkt auf die Fälle etwaiger Konkurrenz mit anderen, nicht gemeinsamen Sicherheiten der Vorrang gebühren soll. Ein - vom Berufungsgericht hervorgehobener - Widerspruch der Vorrangklausel im Verhältnis zu anderen Vertragsbestimmungen über das allgemeine Beteiligungsverhältnis der Parteien an dem Konsortialkre-
dit ist nicht erkennbar. Die Formulierung der Verteilung des allgemeinen Kreditrisikos im Verhältnis von 4 Mio. DM zu 1 Mio. DM in § 2 ist lediglich als Grundsatzformulierung anzusehen, die an dieser Stelle schon deshalb notwendig war, weil die zahlenmäßige Beteiligung der Klägerin bei der Valutierung erst in § 6 geregelt wurde. Dementsprechend versteht sich die verhältnismäßige Beteiligung der Klägerin an den Zinsen und die Kostenregelung für die Verwertung in § 5 von selbst.
2. Eine Vertragsauslegung kann zwar auch zu einem vom Wortlaut abweichenden Ergebnis gelangen, wenn sich ein dies rechtfertigender übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen läßt (§ 133 BGB). Einen solchen übereinstimmenden Willen der Parteien hat das Berufungsgericht jedoch nicht einwandfrei festgestellt, sondern - verfahrensfehlerhaft - einseitig auf die von ihm lediglich vermutete Willensrichtung der Beklagten abgestellt.

a) Dabei hat es - ausgehend von der unzureichenden Berücksichtigung des eindeutigen Vertragswortlauts die Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil der Klägerin verkannt. Da nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorrangklausel des § 3 Abs. 4 Satz 2 die Klägerin in jedem Falle erstrangig an der Grundschuld bis zur Höhe von 4 Mio. DM partizipieren soll, obliegt es der Beklagten, Umstände darzulegen und notfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, daß die Vertragsparteien mit ihren Worten einen vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden, auf die Fälle der Konkurrenz von Sicherheiten beschränkten Sinn verbunden haben (BGHZ 86, 41, 46 m.N.; BGHZ 20, 109, 111 f.).

b) Selbst auf der Grundlage seines unzutreffenden Ausgangspunktes hinsichtlich des Vertragswortlauts und der Darlegungslast hätte das Beru-
fungsgericht das Vorbringen der Klägerin zum Inhalt der Vertragsverhandlungen und dem erklärten Willen der Parteien in bezug auf die Vorrangklausel nicht als unsubstantiiert abtun dürfen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, BGHR ZPO § 138 Abs. 1, Darlegungslast 8 m.w.N.). Diesen Maßstab der Substantiierungslast hat das Berufungsgericht verkannt. Die Klägerin hat mehrfach unter Berufung auf den Zeugen Be. vorgetragen, sie sei bei den Vertragsverhandlungen nur unter der Voraussetzung des absoluten Vorrangs bei der Sicherheitenverwertung in Höhe ihres Kreditengagements zur Beteiligung an dem Konsortialvertrag bereit gewesen, die Beklagte habe sich damit einverstanden erklärt, dies habe entsprechend in § 3 Abs. 4 des Vertrages seinen Niederschlag gefunden. Angesichts dieses klaren, dem Beweis zugänglichen Vorbringens ist nicht erkennbar, was die Klägerin noch zusätzlich zu der von ihr behaupteten Einigung hätte vortragen müssen.
III. Einen Schadensersatzanspruch wegen vertragswidriger Verzögerung der Zwangsversteigerung hat das Berufungsgericht in Höhe der geltend gemachten zusätzlichen Gerichtskosten von 4.157,51 DM ohne hinreichende Begründung verneint. Das Berufungsgericht befaßt sich bei der Prüfung von Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung lediglich mit dem ebenfalls gel-
tend gemachten Vorenthaltungsschaden, der ersichtlich nicht deckungsgleich ist mit den durch die Anberaumung des zweiten Versteigerungstermins zusätzlich entstandenen Versteigerungskosten. Das Berufungsurteil, dem auch insoweit eine tragfähige Begründung fehlt, läßt sich nicht - wie die Beklagte in der Revisionserwiderung geltend macht - nach § 563 ZPO mit dem Argument einer Vorteilsausgleichung aufrechterhalten. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe das Grundstück im zweiten Termin um 500 TDM billiger erstanden als im ersten Termin, geht bereits deshalb fehl, weil Ersteigerer nicht die Klägerin selbst, sondern die mit ihr rechtlich nicht identische N. GmbH war.
IV. Demgegenüber hat die Abweisung der Klage hinsichtlich der angeblichen Refinanzierungskosten in Höhe von 127.281,84 DM im Ergebnis bestand. Ein - von der Klägerin insoweit behaupteter - Vorenthaltungsschaden aus positiver Forderungsverletzung läßt sich allerdings nicht mit der Erwägung verneinen, die Notwendigkeit einer Refinanzierung des für die Ersteigerung des Grundstücks erforderlichen Preises hätte sich in jedem Falle ergeben, so daß ihr durch den späteren Zuschlag per Saldo kein Schaden entstanden sei. Diese Argumentation geht bereits deshalb fehl, weil keine rechtliche Identität zwischen der Klägerin als potentieller Erwerberin im ersten Termin und der

N.

GmbH besteht, die im zweiten Termin das Grundstück tatsächlich ersteigert hat. Gleichwohl hat das Berufungsgericht die Klage insoweit letztlich zu Recht abgewiesen, weil der behauptete Vorenthaltungsschaden nicht schlüssig dargetan ist. Die Prämisse der Klägerin, ihr wäre bei einer erfolgreichen Versteigerung im ersten Termin ein Versteigerungserlös in mindestens der Höhe des im zweiten Termin tatsächlich ausgekehrten Erlöses zu-
geflossen, den sie über die Zeitdifferenz von 263 Zinstagen habe refinanzieren müssen, ist unzutreffend. Bei hypothetischer Betrachtung hätte die Klägerin im ersten Termin das Grundstück selbst ersteigert. In diesem Falle hätte sie das Meistgebot von 4 Mio. DM selbst aufbringen müssen, das ihr - nach Abzug der Kosten - alsbald wieder in Gestalt des Versteigerungserlöses zugeflossen wäre.
V. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht. Der Senat hat von der Zurückverweisungsmöglichkeit gemäß § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. 1. Hinsichtlich des Versteigerungserlöses wird das Oberlandesgericht nunmehr auf der Grundlage der anders gelagerten Darlegungs- und Beweislast zum Vorbringen der Beklagten hinsichtlich eines vom Wortlaut abweichenden Inhalts der Parteivereinbarungen zu § 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages Beweis zu erheben haben.
2. Zu den bestrittenen Mehrkosten der Versteigerung in Höhe von 4.157,51 DM wird das Oberlandesgericht die insoweit bislang völlig fehlenden Feststellungen nachholen müssen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 56/01 Verkündet am:
4. Dezember 2001
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Ob der finanziell überforderte Ehepartner oder Lebensgefährte durch
die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen der
Vertragsschließenden echter Darlehensnehmer oder lediglich Mithaftender
wird, richtet sich ausschließlich nach den Verhältnissen auf
seiten der Vertragsgegner des Kreditgebers.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 4. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und
Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Juni 2000 aufgehoben und das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 2. Februar 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 28. Juli 1997 schloû die klagende Sparkasse mit dem ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten, einem Inhaber von Imbiûstuben,
einen Vertrag über ein Allzweckdarlehen mit einem Nettokreditbetrag von 105.000 DM. Der Kredit sollte bei einem Zinssatz von 9,5% p.a. in 72 Monatsraten über jeweils 1.978,20 DM zurückgezahlt werden. Der Vertrag wurde von der damals 36 Jahre alten Beklagten, einer gelernten Textilfachfrau, als "Kreditnehmer" mitunterzeichnet. Von der Darlehenssumme überwies die Klägerin vertragsgemäû 49.372,74 DM auf das Geschäftskonto ihres früheren Lebensgefährten und verrechnete weitere 55.607,26 DM mit einem von ihm allein aufgenommenen Altkredit. Nachdem er in der Folgezeit einige Zins- und Tilgungsraten trotz mehrerer Mahnungen nicht geleistet hatte, kündigte sie das Darlehen fristlos und forderte ihn und die Beklagte zur Rückzahlung auf.
Die Beklagte, die nach ihren Angaben bei Vertragsschluû längere Zeit arbeitslos war und neben der Betreuung ihres minderjährigen Kindes in den Imbiûstuben des vormaligen Lebensgefährten stundenweise gegen Bezahlung aushalf, hält die von ihr übernommene Verpflichtung für einen sittenwidrigen und daher nichtigen Schuldbeitritt. Die Klägerin ist in erster Linie der Auffassung, die Beklagte sei dem klaren Vertragswortlaut entsprechend gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû als Gesamtschuldnerin neben ihrem früheren Lebensgefährten zur Zahlung von 105.515,09 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines stattgebenden Urteils im wesentlichen ausgeführt:
Der von der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Grundsätzlich sei es jedem Volljährigen aufgrund der Vertragsfreiheit als Teil der Privatautonomie unbenommen , auch risikoreiche Geschäfte abzuschlieûen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn finanziell schlechthin überforderten oder die von ihm nur unter ganz besonders günstigen Bedingungen, notfalls sogar unter dauernder Inanspruchnahme des pfändungsfreien Einkommens , erbracht werden könnten. Die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrages wegen finanzieller Überforderung des Darlehensnehmers komme anders als die einer Bürgschaft oder Mithaftungsübernahme, bei der die Gefahr einer Inanspruchnahme in den Hintergrund trete, die Unterschriftsleistung leicht als bloûe Formalität erscheine und das Schutzbedürfnis naher Angehöriger höher sei als bei Mitunterzeichnung eines Darlehensvertrages, in aller Regel nicht in Betracht.
Die Beklagte sei als Mitdarlehensnehmerin anzusehen. Sie habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über ein, wenn auch nur geringes Einkommen verfügt, das zusammen mit den Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb ihres ehemaligen Lebensgefährten zur gemeinsamen Lebensführung verwendet worden sei und das im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft für das zurückzuzahlende Darlehen habe eingesetzt
werden sollen. Ihr Kind habe bei Abschluû des Vertrages ein Alter und einen Entwicklungsgrad gehabt, welcher zu einer wirtschaftlichen Selbständigkeit seit dem 1. Januar 1999, also rund 1,5 Jahre nach der Kreditaufnahme , geführt habe. Ausgehend hiervon habe sich das Einkommen der Beklagten vergröûert und sich auch eine für eine Arbeitsaufnahme förderliche Unabhängigkeit eingestellt, so daû damals mit einer Steigerung ihrer Einnahmen zu rechnen gewesen sei. Besondere Umstände , insbesondere eine Überrumpelung oder eine Verharmlosung der Unterzeichnung des Vertrages als Formsache durch Mitarbeiter der Klägerin, seien nicht vorgetragen.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es meint, die Beklagte sei nach dem Vertragsinhalt echte Mitdarlehensnehmerin. Vielmehr hat sie bei Würdigung der objektiven Umstände zur Absicherung des neuen Kredits ihres damaligen Lebensgefährten im Wege des Schuldbeitritts lediglich die Mithaftung übernommen.
Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes – sachliches und/oder persönliches Interesse – an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; siehe auch Senatsurteil vom 6. Oktober 1998 – XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den Verhältnissen auf seiten der Mit-
darlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, aaO S. 2366; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 6). Danach durfte das Berufungsgericht die Beklagte ± wie die Revision zu Recht geltend macht ± nicht für eine echte Kreditnehmerin halten. Da es die vorgenannten Auslegungsregeln nicht einmal ansatzweise beachtet hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat die Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).
Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsschlieûenden war der ausgereichte Kredit ausschlieûlich für den damaligen Lebensgefährten der Beklagten bestimmt, und zwar für dessen Gewerbebetrieb sowie zur Ablösung eines nur von ihm aufgenommenen Altkredits. Dafür , daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts vorgetragen. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ist die Valutierung des Darlehens vielmehr durch Aufrechnung mit ihrer Altkreditforderung gegen den damaligen Lebensgefährten der Beklagten und durch Gutschrift von 49.392,74 DM auf dessen Geschäftskonto erfolgt. Über dieses konnte die Beklagte nicht verfügen. Da sie an den Imbiûbetrieben ihres früheren Lebensgefährten nicht beteiligt war, deutet bei objektiver Betrachtung auch nichts auf ein eigenes ± sachliches und/oder persönliches ± Interesse an der Kreditaufnahme und Mittelverwendung hin. Der Umstand, daû beide auf die
Geschäftseinnahmen angewiesen waren und das neue Darlehen für den Fortbestand des Gewerbetriebes dringend notwendig gewesen sein soll, spricht ebenfalls nicht dafür, die Beklagte als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen, sondern lenkt nur den Blick auf die wirtschaftliche Abhängigkeit der Beklagten bei Abgabe der Mithaftungserklärung.

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). Die Mithaftungsübernahme überforderte die Beklagte finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Umstände anführen lassen.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB bei Bürgschafts- und Mithaftungsverträgen zwischen Kreditinstituten und privaten Sicherungsgebern regelmäûig entscheidend vom Grad des Miûverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; BGH, Urteil vom 26. April 2001 - IX ZR 337/98, WM 2001, 1330, 1331; Senatsurteil vom 13. November 2001 ± XI ZR 82/01, Urt.Umdr. S. 6). Zwar reicht selbst der Umstand, daû der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die vertragliche Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens tragen kann, regelmäûig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung wird aber widerleglich vermutet, daû die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner
übernommen wurde und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGH, Urteil vom 26. April 2001 ± IX ZR 337/98, aaO S. 1331 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, Urt.Umdr. S. 6 f.).
2. Die in der Literatur geäuûerte Kritik, diese Betrachtungsweise betone zu sehr die krasse finanzielle Überforderung und das persönliche Näheverhältnis zwischen Bürgen oder Mithaftenden und Hauptschuldner und vernachlässige das vom Bundesverfassungsgericht angesprochene Erfordernis einer strukturellen Unterlegenheit des Bürgen oder Mithaftenden sowie die Umstände bei der Haftungsbegründung, insbesondere eine unzulässige Willensbeeinflussung (Habersack/Giglio WM 2001, 1100, 1103; vgl. auch Roth JZ 2001, 1039 f.), ist nicht berechtigt. Mit dem Kriterium des Handelns aus emotionaler Verbundenheit wird den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 89, 214, 231 f.; BVerfG WM 1994, 1837, 1839) Rechnung getragen , den gegenüber der kreditgebenden Bank weitaus unterlegenen Bürgen oder Mithaftenden mit Hilfe der Generalklauseln des Bürgerlichen Rechts vor der Abgabe fremdbestimmter und ungewöhnlich belastender Willenserklärungen zu schützen. Je stärker dabei das Übergewicht des Kreditgebers ist, je gravierender die Belastungen und je enger die persönlichen Beziehungen zwischen Bürgen oder Mithaftenden sind, desto wahrscheinlicher ist es, daû es an einer nüchtern abwägenden , selbstbestimmten Entschlieûung des Bürgen oder Mithaftenden fehlt. Es trifft daher entgegen einer in der Literatur (Medicus JuS 1999, 833, 835 f.; Zöllner WM 2000, 1, 5, 9 f.; Habersack/Giglio aaO S. 1103) vertretenen Ansicht nicht zu, die krasse finanzielle Überforderung und die Nähebeziehung zwischen Mithaftenden und Hauptschuldner seien für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Personalsicherheit indifferent (vgl. Tiedtke JZ 2000, 677; Nobbe/Kirchhof aaO; s. auch Kulke
ZIP 2001, 985, 989). Vielmehr ist es gerechtfertigt, dem Gläubiger in den Fällen einer krassen finanziellen Überforderung die Darlegungsund Beweislast für eine im wesentlichen freie Willensentscheidung des Sicherungsgebers aufzubürden. Bei dieser differenzierenden Beurteilung bleiben die Umstände des Einzelfalles keineswegs auûer acht, sondern spielen bei der Widerlegung der tatsächlichen Vermutung einer unzulässigen Willensbeeinflussung eine entscheidende Rolle (st.Rspr., siehe etwa BGHZ 146, 37, 45).
3. Die zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme 36 Jahre alte Beklagte war voraussichtlich nicht in der Lage, die im Darlehensvertrag festgelegte Zinslast von monatlich 831,25 DM bei Eintritt des Sicherungsfalls allein zu tragen. Die von ihr bezogene Arbeitslosenhilfe betrug damals ausweislich des vorgelegten Leistungsnachweises lediglich 1.287,10 DM monatlich. Von diesem Betrag waren, selbst wenn man die damals noch bestehende, aber in absehbarer Zeit endende Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrem Kind auûer acht läût, lediglich 49,70 DM monatlich pfändbar. Das von der Beklagten durch stundenweise Mitarbeit in den Imbiûstuben ihres damaligen Lebensgefährten erzielte Einkommen fällt nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht ins Gewicht. Eigenes pfändbares Vermögen, das sie zur Schuldentilgung hätte einsetzen können, war nicht vorhanden. An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten bei Abschluû des Vertrages kann danach kein Zweifel bestehen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war aus der maûgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers innerhalb der 72-monatigen Laufzeit des Darlehens (zu dieser Voraussetzung siehe BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteil vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024) auch nicht mit einer Beseitigung der fi-
nanziellen Leistungsunfähigkeit der Beklagten zu rechnen. Zwar hatte ihr Kind bei Abgabe der Mithaftungserklärung bereits ein Alter erreicht, das eine Betreuung und finanzielle Unterhaltsleistungen in naher Zukunft entbehrlich machte. Da die Beklagte nach ihrem unwidersprochenen Vortrag über einen längeren Zeitraum arbeitslos war, muûte aber die Möglichkeit einer alsbaldigen Ausübung des von ihr erlernten Berufes einer Textilfachfrau unwahrscheinlich erscheinen. Dafür, daû diese Betrachtungsweise nicht der späteren realen Entwicklung ihrer Einkommensverhältnisse entspricht, bestehen auch unter Berücksichtigung der Revisionserwiderung keine Anhaltspunkte.
4. Auch von einer emotionalen Verbundenheit der Beklagten mit ihrem damaligen Lebenspartner, dem Darlehensnehmer, mit dem sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, ist ebenso wie bei Ehepartnern auszugehen (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 ± IX ZR 55/96, WM 1997, 465 und vom 27. Januar 2000 ± IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412). Die persönliche enge Beziehung zwischen der Beklagten und ihrem damaligen Lebensgefährten sowie die die krasse finanzielle Überforderung begründenden Umstände waren der Klägerin aus den Darlehensverhandlungen entweder bekannt oder sie hat sich einer Kenntnis bewuût verschlossen. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 37, 45) lag es daher bei ihr darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte sich bei Abgabe der Mithaftungserklärung von einer realistischen Einschätzung des wirtschaftlichen Risikos und nicht von fremdbestimmten Motiven hat leiten lassen. Dafür ist hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich.
5. Anders als die Revisionserwiderung meint, ist mit der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Insolvenzordnung die Wertungsbasis für eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB nicht entfallen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maûgebend (BGHZ 72, 308, 314; 100, 353, 359; 120, 272, 276; 125, 206, 209; 140, 395, 399). Der Darlehensvertrag wurde indes bereits im Sommer des Jahres 1997, also vor Inkrafttreten der Insolvenzverordnung geschlossen. Schon deshalb ist es nicht möglich , das in ihr normierte Verfahren zur Restschuldbefreiung zu berücksichtigen.

IV.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Siol Müller
Joeres Wassermann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 205/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Abgrenzung zwischen Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender
Mithaftung eines einkommens- und vermögenslosen Ehepartners.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2000 gegen die Beklagte zu 1) aufrechterhalten und ihre Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 597.255,45 DM nebst 6% Zinsen aus 596.370,72 DM seit dem 16. Juni 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 60%, die Beklagte zu 1) 1% und der Beklagte zu 2) 39%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 99% und diejenigen des Beklagten zu 2) zu 22% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Von den Kosten zweiter Instanz haben die Beklagten die durch ihre Säumnis veranlaßten Kosten als Gesamtschuldner vorab zu tragen. Für die übrigen entstandenen Kosten gilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 49%, die Beklagte zu 1) 2% und der Beklagte zu 2) 49%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 98% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 72% und der Beklagte zu 2) 28%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu erstatten. Der Be- klagte zu 2) trägt seine auûergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten vor allem noch über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 15. Juli 1994 gewährte die klagende Sparkasse dem Beklagten zu 2), einem Immobilienmakler, ein variabel verzinsliches Darlehen über 800.000 DM zu einem Zinssatz von zunächst 6,75% p.a., rückzahlbar in monatlichen Zins- und Tilgungsraten von anfänglich 5.170 DM. Der Vertrag wurde von der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), seiner Ehefrau , mitunterzeichnet. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte mit dem Kredit das von ihrem Ehemann am 19. April 1994 allein erworbene Hausgrundstück finanziert werden. Gesichert wurden das Darlehen sowie alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Darlehensnehmer durch eine Grundschuld über 1,07 Millionen DM an dem vom Ehemann der Beklagten erworbenen Grundstück.
Nachdem mehrere Zins- und Tilgungsraten nicht geleistet worden waren, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom
24. Mai 1996 fristlos. In der Folgezeit betrieb sie die Zwangsversteigerung der belasteten Immobilie und verrechnete den ihr zugeflossenen Erlös von 730.101,86 DM vorrangig mit anderen Forderungen gegen den Ehemann der Beklagten, so daû nur noch ein Betrag von 161.392,68 DM auf das ausgereichte Darlehen entfiel.
Die vermögenslose Beklagte, die nach ihren Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger und deshalb nicht mehr in der Lage war, ihrer mit maximal 1.200 DM brutto monatlich vergüteten Halbtagstätigkeit im Büro ihres Ehemannes nachzugehen, ist der Auffassung: Die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages stelle eine sie finanziell kraû überfordernde und überdies wegen besonders belastender Umstände sittenwidrige Schuldmitübernahme dar.
Das Landgericht hat der Klage zum groûen Teil stattgegeben und die beklagten Eheleute wegen des geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs als Gesamtschuldner zur Zahlung von 597.255,45 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Ihre Berufungen sind erfolglos geblieben. Von den beiden Revisionen ist nur die der Beklagten angenommen worden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt bezüglich des ihr gegenüber geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Beklagte für eine wirksame Mithaftungserklärung gehalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die von der Beklagten übernommene Mithaftung überfordere sie trotz fehlenden eigenen Einkommens und Vermögens nicht in krasser Weise. Eine andere Betrachtungsweise lasse die Besonderheit auûer acht, daû das Darlehen nicht für lange Zeit habe aufgenommen werden müssen, sondern nur deshalb, weil der Kaufpreis von 3,3 Millionen DM für die von ihrem Ehemann veräuûerte Gesellschaftsbeteiligung noch nicht bezahlt worden sei. Daû die Kaufpreisforderung schon bei der Kreditaufnahme endgültig uneinbringlich gewesen sei, sei von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen. Vor allem stehe der Annahme einer krassen finanziellen Überforderung entgegen, daû sie aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarungen über die Mithaftungsübernahme im Innenverhältnis einen gleich hohen Aufwendungserstattungs- oder Ausgleichsanspruch erworben habe. Diese Ansprüche seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus realisierbar gewesen, weil die Eheleute damals noch die Kaufpreiszahlung für die veräuûerten Geschäftsanteile erwartet hätten. Auûerdem sei nicht schlüssig vorgetragen , daû die Beklagte nicht bereits bei Abgabe der Mithaftungserklärung mit der finanziellen Unterstützung ihrer Schwiegereltern habe rechnen können. Dagegen sprächen zumindest die erheblichen Geldbeträge über rund 800.000 DM, die diese ihr ab Dezember 1995, also schon vor der Inanspruchnahme durch die Klägerin hätten zukommen lassen. Den Be-
weis, daû die Mithaftungsübernahme nach einer verharmlosenden Erklärung der Klägerin nur "pro forma" habe erfolgen sollen oder von ihr erzwungen worden sei, sei die Beklagte schuldig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Die durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages über 800.000 DM übernommene Mithaftung der Beklagten verstöût, wie die Revision zutreffend rügt, gemäû § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist damit nichtig. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die einkommens - und vermögenslose Beklagte sei nicht finanziell kraû überfordert , ist unhaltbar.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Beklagte durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen aller Beteiligten keine gleichberechtigte Kreditnehmerin, sondern bloûe Mithaftende werden sollte.

a) Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.
und vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen auf seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 224 m.w.Nachw.). Danach durfte das Berufungsgericht die Willenserklärung der Beklagten bei wertender Betrachtung gemäû §§ 133, 157 BGB durchaus als Schuldmitübernahme deuten. Zwar hat es seine Auffassung nicht einmal ansatzweise begründet, sondern eine Mitgläubiger- und gleichgründige Gesamtschuldnerschaft der Eheleute offenbar erst gar nicht in Betracht gezogen. Da in dieser Frage weiterer Sachvortrag der Prozeûparteien nicht zu erwarten ist, kann der erkennende Senat aber die gebotene Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).

b) Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschlieûenden diente die Kreditaufnahme über 800.000 DM ausschlieûlich zur Finanzierung des Kaufpreises für das nur vom Ehemann der Beklagten bereits vor Abschluû des Darlehensvertrags erworbene Hausgrundstück. Dafür, daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als im wesentlichen gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Nach ihrer unwiderlegten
Darstellung ist vielmehr davon auszugehen, daû sie, die mit dem Kauf der "Jugendstilvilla" nicht einverstanden war, aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarung lediglich die Mithaftung für das Darlehen übernehmen sollte. Der Umstand, daû die zu finanzierende Immobilie bis zur Zwangsversteigerung durch die Klägerin von der ganzen Familie der Beklagten bewohnt wurde, deutet entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keineswegs darauf hin, daû die Beklagte gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin sein sollte, sondern lenkt nur den Blick auf einen regelmäûig nicht einmal zuverlässig feststellbaren und häufig nur flüchtigen mittelbaren Vorteil der Beklagten aus der Kreditaufnahme.
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, überforderte die Mithaftungsübernahme die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Momente finden lassen.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daû der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Bürge oder Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit
dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGHZ 136, 346, 351; 146, 37, 47; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126, vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, Umdruck S. 6 und - XI ZR 81/01, Umdruck S. 6, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) So ist es hier. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten war sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger, nicht mehr halbtags in dem Betrieb ihres Ehemannes als Bürokraft tätig und infolgedessen ohne eigenes Einkommen. Da eine ganztätige Berufsausübung mit einem erheblich höheren Monatsgehalt als die vorher bezogenen 1.200 DM brutto in absehbarer Zeit nicht realistisch erschien und ein eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie aus der maûgebenden Sicht eines rational handelnden Kreditgebers voraussichtlich auch zukünftig nicht einmal die im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen von mehr als 4.000 DM monatlich allein aufbringen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigen, eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten zu verneinen.
aa) Darauf, ob der gesamte Kredit nach dem Willen der Vertragsschlieûenden schon nach kurzer Zeit mit dem Erlös aus dem Verkauf der Gesellschaftsbeteiligung des Ehemannes der Beklagten wieder zurückgezahlt werden sollte, kommt es - wie die Revision zu Recht geltend macht - nicht entscheidend an. Wenn das Berufungsgericht von der Beklagten den Nachweis verlangt, daû die Kaufpreisforderung über
3,3 Millionen DM bereits bei Abgabe der sonst ruinösen Mithaftung endgültig uneinbringlich gewesen sei, verkennt es, daû bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung allein auf die Leistungsfähigkeit des Mithaftenden abzustellen ist (BGHZ 146, 37, 43; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412) und die Mithaftungserklärung gerade dann zum Tragen kommen soll, wenn der Hauptschuldner (unvorhergesehen) seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Im übrigen enthält der Darlehensvertrag, der die Zinsanpassung für einen Zeitraum von 10 Jahren regelt, keinerlei Hinweis darauf, daû es sich nach dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien nur um eine kurzfristige Zwischenfinanzierung handeln sollte.
bb) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe als bloûe Mithaftende jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Innenverhältnis ein die krasse finanzielle Überforderung voll ausgleichender Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsanspruch gegen ihren primär haftenden Ehemann zugestanden, trägt die getroffene Entscheidung nicht. Eine Bürgschaft oder Mithaftung wird, wie dargelegt , von dem Betroffenen regelmäûig für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder anderer vergleichbarer Leistungshindernisse übernommen. Nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43 m.w. Nachw.) ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Personalsicherheit daher die bei Vertragsabschluû vielleicht noch vorhandene Finanzkraft des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, sondern nur das pfändbare Einkommen und Vermögen des Sicherungsgebers. Davon ausgehend ist von vornherein ausgeschlossen , daû schuldrechtliche Befreiungs- oder Regreûansprüche des
Bürgen oder Mithaftenden gegen den Hauptschuldner, zumal wenn sie - wie hier - völlig ungesichert sind, bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bürgschaft oder Mithaftung eine Rolle spielen.
cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Berücksichtigung von Zuwendungen der Schwiegereltern bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand keine hinreichend gesicherte Aussicht der Beklagten auf eine gegenüber der Darlehenssumme ins Gewicht fallende finanzielle Unterstützung durch ihre Schwiegereltern. Denn abgesehen davon, daû die Gelder nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag erst ab Dezember 1995, also nach der bereits im Sommer 1994 abgegebenen Mithaftungserklärung geflossen sind, handelt es sich durchweg um Leistungen, auf die sie keinen Anspruch hatte und die auch nicht, wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336), zum Gegenstand von Verhandlungen über ihre künftig zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemacht worden sind.
dd) An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten ändert schlieûlich auch die von ihrem Ehemann bestellte Grundschuld über 1,07 Millionen DM nichts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen , wenn sie das Mithaftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maû beschränken (vgl. etwa BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die Grundschuld, die - insoweit rechtlich unbedenklich - nicht nur das Darlehen über 800.000 DM, sondern auch
alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Klägerin gegen den Ehemann der Beklagten sichern sollte, nicht (vgl. Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

c) Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 45; Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 225) lag es demnach bei der Klägerin, im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte die ruinöse Mithaftung entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus emotionaler Bindung an ihren Ehemann, sondern aufgrund eines im wesentlichen autonomen und eigenverantwortlichen Entschlusses übernommen hat. Dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder den Umständen zu entnehmen.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage gegen die Beklagte abweisen, soweit sie sich auf Rückzahlung des restlichen Darlehens richtet.
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 214/01 Verkündet am:
11. Februar 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 17. Mai 2001 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 26. Oktober 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Beklagten - Inhaber eines Schmuckhandelsgeschäfts - war Schuldner mehrerer von der klagenden Bank ausgereichter
Betriebsmittelkredite, darunter zwei Darlehen über 50.000 DM und 240.000 DM mit Zinssätzen von ursprünglich 10,25% sowie 7,75% p.a.. Für beide Kredite übernahm die Beklagte am 3. Januar 1998 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM. Ferner dienten die Geschäftseinrichtung und das Warenlager des Gewerbebetriebes ihres Ehemannes sowie dessen Forderungen aus zwei Lebensversicherungen der Klägerin als Sicherheit.
Anfang 1999 gründete die Beklagte die A. Schmuckhandels GmbH und leitete in der Folgezeit das Unternehmen in den Geschäftsräumen ihres nicht mehr als Einzelkaufmann tätigen Ehemannes. Am 5. März 1999 kündigte die Klägerin die mit ihm bestehende Geschäftsverbindung wegen Verschlechterung der Vermögenslage und Aufgabe seines Unternehmens fristlos und stellte die Kredite fällig. Nach Verwertung der anderweitigen Sicherheiten geht sie gegen die Beklagte aus dem Bürgschaftsvertrag vom 3. Januar 1998 vor.
Die Beklagte hält die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig. Bei Abgabe der Bürgschaftserklärung habe sie als Aushilfsverkäuferin im Schmuckhandelsgeschäft ihres Ehemannes ein monatliches Nettogehalt von 466,36 DM erzielt und über kein eigenes Vermögen verfügt.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 257.414,57 DM nebst Zinsen gerichteten Klage in Höhe von 249.034,42 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat den Bürgschaftsvertrag der Parteien für wirksam erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft sei nicht sittenwidrig. Die Beklagte werde durch die Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM nicht finanziell kraß überfordert. Zwar habe sie ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen und Steuerbescheide für das Jahr 1998 als Aushilfskraft im Betrieb ihres Ehemannes im Monat durchschnittlich nur rund 800 DM brutto verdient und demnach nicht einmal die laufenden Zinsen für die verbürgten Geschäftskredite allein aufbringen können. Die Klägerin habe aber bei Vertragsschluß im Januar 1998 mit einer erheblichen Ausweitung der beruflichen Tätigkeit der Beklagten rechnen können. Durch die Mitarbeit im Unternehmen ihres Ehemannes sei die Beklagte hinreichend geschäftserfahren und die Betreuung der damals schon 14 und 15 Jahre alten Kinder in naher Zukunft nicht mehr erforderlich gewesen. Dafür spreche auch, daß sie seit Februar 1999 als Geschäftsführerin-Gesellschafterin der A. Schmuckhandels GmbH ein eigenes Geschäft betreibe und ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnung im November desselben Jahres 2.557,66 DM netto verdient habe.

Im übrigen sei das Mithaftungsbegehren des Kreditgebers nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs , der sich der Senat anschließe, in aller Regel rechtlich vertretbar , weil er sich so möglichst wirksam vor Vermögensverlagerungen vom Hauptschuldner auf den Ehepartner schützen könne. Die Bürgschaft der Beklagten sei deshalb selbst bei einer finanziellen Überforderung hinnehmbar , zumal die Haftung auf den Höchstbetrag von 320.000 DM begrenzt sei. Dem IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sei außerdem darin zu folgen, daß die bei Bürgschaften für Geschäftskredite des Ehegatten regelmäßig zu erwartenden höheren Unterhaltsleistungen im allgemeinen einen angemessenen Ausgleich darstellten, sofern der Vertragsschluß - wie hier - nicht mit unzulässigen Mitteln herbeigeführt worden sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in keinem wesentlichen Punkt stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Bürgschaftsvertrag der Parteien gegen die guten Sitten und ist infolgedessen nichtig.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflich-
tungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1348, für BGHZ 151, 34 vorgesehen; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651 sowie vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, WM 2003, 275 f.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 aaO S. 1348 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte weder bei Vertragsschluß im Januar 1998 noch bei Eintritt des Sicherungsfalles in der Lage, die in den der Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM zugrunde liegenden Kreditverträgen vereinbarten Zinsen
aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein zu tragen.

a) Da das monatliche Bruttogehalt der Beklagten für ihre geringfügige Aushilfstätigkeit im Schmuckhandelsgeschäft ihres Ehemannes nur rund 800 DM betrug und eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie bei Übernahme der Bürgschaft nicht das Geringste zur vertragsgemäßen Erfüllung auch nur der Zinsansprüche der Klägerin aus den verbürgten Darlehen beitragen.

b) Aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers war unter normalen Umständen auch nicht mit einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung des finanziellen Leistungsvermögens der Beklagten bis zum ungewissen Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen.
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats sind bei der gebotenen Prognose grundsätzlich alle erwerbsrelevanten Umstände und Verhältnisse - wie z.B. Alter, Schul- und Berufsausbildung sowie etwaige besondere familiäre oder vergleichbare Belastungen - des erkennbar finanzschwachen Bürgen oder Mithaftenden zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteile vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024 und vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126). Erst wenn danach bei lebensnaher Betrachtung feststeht, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines eigenen Einkommens
und/oder Vermögens bis zum Vertragsende allein aufbringen kann, ist eine krasse finanzielle Überforderung zu bejahen.
bb) So ist es hier. Zwar mag es bei Übernahme der Bürgschaft aufgrund des Alters ihrer 1983 und 1984 geborenen Kinder nahegelegen haben, daß die damals 44 Jahre alte Beklagte alsbald deren Betreuung aufgeben und einer ganztägigen Berufstätigkeit nachgehen werde. Von der Klägerin ist aber nichts dafür vorgetragen, daß die Beklagte in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin oder aber als Verkäuferin unter normalen Umständen so viel verdienen konnte, daß sie die Zinsen aus den verbürgten Darlehen allein aufbringen konnte oder daß eine andere hinreichend gesicherte Aussicht auf eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Einkommensverhältnisse bestand. Bei voller Valutierung der verbürgten Darlehen beliefen sich die Zinsen auf fast 2.000 DM monatlich. Um diese aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen zu können, hätte die Beklagte selbst ohne Berücksichtigung von Unterhaltspflichten ein Einkommen von fast 4.000 DM netto im Monat erzielen müssen. Nichts spricht nach der Lebenserfahrung dafür, daß ihr dies als Arzthelferin oder als Verkäuferin möglich gewesen wäre.
Daß sie Anfang 1999 die A. Schmuckhandels GmbH gegründet und im November desselben Jahres als deren GeschäftsführerinGesellschafterin 2.557,66 DM netto verdient hat, rechtfertigt keine andere rechtliche Betrachtung. Nichts spricht dafür, daß die Beteiligten mit einer solchen ungewöhnlichen Entwicklung ernsthaft gerechnet und diese - wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336) - zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht haben. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, daß die Erträge der Beklagten aus
der noch jungen Gesellschaft sowie ihr Geschäftsführergehalt von 2.557,66 DM netto pro Monat ausreichen, um die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens bis zum Vertragsende allein aufzubringen.
3. Anders als das Berufungsgericht unter ausdrücklicher Berufung auf die "gegenwärtige" Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs angenommen hat, stehen einer Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen.

a) Die tatsächliche Vermutung, daß die Beklagte die ruinöse Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, hat die Klägerin nicht widerlegt oder entkräftet. Daß das Schmuckhandelsgeschäft des Ehemanns der Beklagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Existenzgrundlage der ganzen Familie bildete, ist insoweit nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Erwerb eines bloßen mittelbaren geldwerten Vorteils aus der Aufnahme des verbürgten Darlehens - wie etwa eine häufig nur schwer feststellbare und flüchtige Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards oder die vorläufige Erhaltung des Arbeitsplatzes - wiegt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats das bei Betriebsmittelkrediten regelmäßig ganz besonders große Bürgschaftsrisiko bei weitem nicht auf. Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer führen (Senat BGHZ 146, 37, 45 f. m.w.Nachw.). Dem hat sich der vormals für das Bürgschaftsrecht zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs jedenfalls für die Fälle krasser finanzieller Überforderung des Bürgen in
seinem schon lange vor der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 27. Januar 2000 (IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412, 413) ausdrücklich angeschlossen.

b) Des weiteren stellt das Interesse des Gläubigers, sich mit Hilfe von Bürgschaften oder Mithaftungsabreden möglichst wirksam vor etwaigen Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen, allein keinen die Sittenwidrigkeit ausschließenden Umstand dar.
Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (siehe zuletzt Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, aaO S. 1349 f. und XI ZR 81/01, aaO S. 1351 f., jeweils m.w.Nachw.) rechtfertigt das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen zwischen den Eheleuten vorzubeugen, eine an sich wirtschaftlich sinnlose Bürgschaft oder Mithaftungsabrede nur dann, wenn es durch Vereinbarung der Parteien zum Vertragsinhalt gemacht wird. Ohne besondere, vom Kreditgeber darzulegende und notfalls zu beweisende Anhaltspunkte kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daß eine kraß überfordernde Bürgschaft oder Mithaftungsübernahme inhaltlich von vornherein nur eine erhebliche Vermögensverlagerung zwischen Hauptschuldner und Sicherungsgeber verhindern soll. Die gegenteilige Auffassung verstößt gegen allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze und das im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltende Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Dieser Standpunkt wird inzwischen im Grundsatz auch vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geteilt (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2329 f.). Soweit dies nicht für Bürgschaftsverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 gelten soll, weil für die Kreditinstitute damals noch nicht hinreichend klar gewesen sei, inwieweit sie
ihr Interesse an einem möglichst wirksamen Schutz vor Vermögensverschiebungen über die bloße Hereinnahme der Bürgschaft hinaus durch geeignete vertragliche Regelungen absichern mußten, ist dem nicht zu folgen. Wie der erkennende Senat in den zitierten Urteilen vom 14. Mai 2002 (XI ZR 50/01, aaO und XI ZR 81/01, aaO) im einzelnen dargelegt hat, war es angesichts des Meinungsstreits beider Senate von vornherein ausgeschlossen, daß sich aus dem Blickwinkel eines rational handelnden Gläubigers ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung bilden konnte. Etwas anderes ist im übrigen auch von der Klägerin in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage abweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 205/01 Verkündet am:
28. Mai 2002
Weber
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Abgrenzung zwischen Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender
Mithaftung eines einkommens- und vermögenslosen Ehepartners.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2000 gegen die Beklagte zu 1) aufrechterhalten und ihre Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 597.255,45 DM nebst 6% Zinsen aus 596.370,72 DM seit dem 16. Juni 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 60%, die Beklagte zu 1) 1% und der Beklagte zu 2) 39%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 99% und diejenigen des Beklagten zu 2) zu 22% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Von den Kosten zweiter Instanz haben die Beklagten die durch ihre Säumnis veranlaßten Kosten als Gesamtschuldner vorab zu tragen. Für die übrigen entstandenen Kosten gilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 49%, die Beklagte zu 1) 2% und der Beklagte zu 2) 49%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 98% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 72% und der Beklagte zu 2) 28%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu erstatten. Der Be- klagte zu 2) trägt seine auûergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten vor allem noch über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 15. Juli 1994 gewährte die klagende Sparkasse dem Beklagten zu 2), einem Immobilienmakler, ein variabel verzinsliches Darlehen über 800.000 DM zu einem Zinssatz von zunächst 6,75% p.a., rückzahlbar in monatlichen Zins- und Tilgungsraten von anfänglich 5.170 DM. Der Vertrag wurde von der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), seiner Ehefrau , mitunterzeichnet. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte mit dem Kredit das von ihrem Ehemann am 19. April 1994 allein erworbene Hausgrundstück finanziert werden. Gesichert wurden das Darlehen sowie alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Darlehensnehmer durch eine Grundschuld über 1,07 Millionen DM an dem vom Ehemann der Beklagten erworbenen Grundstück.
Nachdem mehrere Zins- und Tilgungsraten nicht geleistet worden waren, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom
24. Mai 1996 fristlos. In der Folgezeit betrieb sie die Zwangsversteigerung der belasteten Immobilie und verrechnete den ihr zugeflossenen Erlös von 730.101,86 DM vorrangig mit anderen Forderungen gegen den Ehemann der Beklagten, so daû nur noch ein Betrag von 161.392,68 DM auf das ausgereichte Darlehen entfiel.
Die vermögenslose Beklagte, die nach ihren Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger und deshalb nicht mehr in der Lage war, ihrer mit maximal 1.200 DM brutto monatlich vergüteten Halbtagstätigkeit im Büro ihres Ehemannes nachzugehen, ist der Auffassung: Die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages stelle eine sie finanziell kraû überfordernde und überdies wegen besonders belastender Umstände sittenwidrige Schuldmitübernahme dar.
Das Landgericht hat der Klage zum groûen Teil stattgegeben und die beklagten Eheleute wegen des geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs als Gesamtschuldner zur Zahlung von 597.255,45 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Ihre Berufungen sind erfolglos geblieben. Von den beiden Revisionen ist nur die der Beklagten angenommen worden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt bezüglich des ihr gegenüber geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Beklagte für eine wirksame Mithaftungserklärung gehalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die von der Beklagten übernommene Mithaftung überfordere sie trotz fehlenden eigenen Einkommens und Vermögens nicht in krasser Weise. Eine andere Betrachtungsweise lasse die Besonderheit auûer acht, daû das Darlehen nicht für lange Zeit habe aufgenommen werden müssen, sondern nur deshalb, weil der Kaufpreis von 3,3 Millionen DM für die von ihrem Ehemann veräuûerte Gesellschaftsbeteiligung noch nicht bezahlt worden sei. Daû die Kaufpreisforderung schon bei der Kreditaufnahme endgültig uneinbringlich gewesen sei, sei von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen. Vor allem stehe der Annahme einer krassen finanziellen Überforderung entgegen, daû sie aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarungen über die Mithaftungsübernahme im Innenverhältnis einen gleich hohen Aufwendungserstattungs- oder Ausgleichsanspruch erworben habe. Diese Ansprüche seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus realisierbar gewesen, weil die Eheleute damals noch die Kaufpreiszahlung für die veräuûerten Geschäftsanteile erwartet hätten. Auûerdem sei nicht schlüssig vorgetragen , daû die Beklagte nicht bereits bei Abgabe der Mithaftungserklärung mit der finanziellen Unterstützung ihrer Schwiegereltern habe rechnen können. Dagegen sprächen zumindest die erheblichen Geldbeträge über rund 800.000 DM, die diese ihr ab Dezember 1995, also schon vor der Inanspruchnahme durch die Klägerin hätten zukommen lassen. Den Be-
weis, daû die Mithaftungsübernahme nach einer verharmlosenden Erklärung der Klägerin nur "pro forma" habe erfolgen sollen oder von ihr erzwungen worden sei, sei die Beklagte schuldig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Die durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages über 800.000 DM übernommene Mithaftung der Beklagten verstöût, wie die Revision zutreffend rügt, gemäû § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist damit nichtig. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die einkommens - und vermögenslose Beklagte sei nicht finanziell kraû überfordert , ist unhaltbar.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Beklagte durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen aller Beteiligten keine gleichberechtigte Kreditnehmerin, sondern bloûe Mithaftende werden sollte.

a) Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.
und vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen auf seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 224 m.w.Nachw.). Danach durfte das Berufungsgericht die Willenserklärung der Beklagten bei wertender Betrachtung gemäû §§ 133, 157 BGB durchaus als Schuldmitübernahme deuten. Zwar hat es seine Auffassung nicht einmal ansatzweise begründet, sondern eine Mitgläubiger- und gleichgründige Gesamtschuldnerschaft der Eheleute offenbar erst gar nicht in Betracht gezogen. Da in dieser Frage weiterer Sachvortrag der Prozeûparteien nicht zu erwarten ist, kann der erkennende Senat aber die gebotene Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).

b) Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschlieûenden diente die Kreditaufnahme über 800.000 DM ausschlieûlich zur Finanzierung des Kaufpreises für das nur vom Ehemann der Beklagten bereits vor Abschluû des Darlehensvertrags erworbene Hausgrundstück. Dafür, daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als im wesentlichen gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Nach ihrer unwiderlegten
Darstellung ist vielmehr davon auszugehen, daû sie, die mit dem Kauf der "Jugendstilvilla" nicht einverstanden war, aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarung lediglich die Mithaftung für das Darlehen übernehmen sollte. Der Umstand, daû die zu finanzierende Immobilie bis zur Zwangsversteigerung durch die Klägerin von der ganzen Familie der Beklagten bewohnt wurde, deutet entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keineswegs darauf hin, daû die Beklagte gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin sein sollte, sondern lenkt nur den Blick auf einen regelmäûig nicht einmal zuverlässig feststellbaren und häufig nur flüchtigen mittelbaren Vorteil der Beklagten aus der Kreditaufnahme.
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, überforderte die Mithaftungsübernahme die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Momente finden lassen.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daû der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Bürge oder Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit
dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGHZ 136, 346, 351; 146, 37, 47; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126, vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, Umdruck S. 6 und - XI ZR 81/01, Umdruck S. 6, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) So ist es hier. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten war sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger, nicht mehr halbtags in dem Betrieb ihres Ehemannes als Bürokraft tätig und infolgedessen ohne eigenes Einkommen. Da eine ganztätige Berufsausübung mit einem erheblich höheren Monatsgehalt als die vorher bezogenen 1.200 DM brutto in absehbarer Zeit nicht realistisch erschien und ein eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie aus der maûgebenden Sicht eines rational handelnden Kreditgebers voraussichtlich auch zukünftig nicht einmal die im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen von mehr als 4.000 DM monatlich allein aufbringen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigen, eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten zu verneinen.
aa) Darauf, ob der gesamte Kredit nach dem Willen der Vertragsschlieûenden schon nach kurzer Zeit mit dem Erlös aus dem Verkauf der Gesellschaftsbeteiligung des Ehemannes der Beklagten wieder zurückgezahlt werden sollte, kommt es - wie die Revision zu Recht geltend macht - nicht entscheidend an. Wenn das Berufungsgericht von der Beklagten den Nachweis verlangt, daû die Kaufpreisforderung über
3,3 Millionen DM bereits bei Abgabe der sonst ruinösen Mithaftung endgültig uneinbringlich gewesen sei, verkennt es, daû bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung allein auf die Leistungsfähigkeit des Mithaftenden abzustellen ist (BGHZ 146, 37, 43; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412) und die Mithaftungserklärung gerade dann zum Tragen kommen soll, wenn der Hauptschuldner (unvorhergesehen) seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Im übrigen enthält der Darlehensvertrag, der die Zinsanpassung für einen Zeitraum von 10 Jahren regelt, keinerlei Hinweis darauf, daû es sich nach dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien nur um eine kurzfristige Zwischenfinanzierung handeln sollte.
bb) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe als bloûe Mithaftende jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Innenverhältnis ein die krasse finanzielle Überforderung voll ausgleichender Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsanspruch gegen ihren primär haftenden Ehemann zugestanden, trägt die getroffene Entscheidung nicht. Eine Bürgschaft oder Mithaftung wird, wie dargelegt , von dem Betroffenen regelmäûig für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder anderer vergleichbarer Leistungshindernisse übernommen. Nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43 m.w. Nachw.) ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Personalsicherheit daher die bei Vertragsabschluû vielleicht noch vorhandene Finanzkraft des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, sondern nur das pfändbare Einkommen und Vermögen des Sicherungsgebers. Davon ausgehend ist von vornherein ausgeschlossen , daû schuldrechtliche Befreiungs- oder Regreûansprüche des
Bürgen oder Mithaftenden gegen den Hauptschuldner, zumal wenn sie - wie hier - völlig ungesichert sind, bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bürgschaft oder Mithaftung eine Rolle spielen.
cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Berücksichtigung von Zuwendungen der Schwiegereltern bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand keine hinreichend gesicherte Aussicht der Beklagten auf eine gegenüber der Darlehenssumme ins Gewicht fallende finanzielle Unterstützung durch ihre Schwiegereltern. Denn abgesehen davon, daû die Gelder nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag erst ab Dezember 1995, also nach der bereits im Sommer 1994 abgegebenen Mithaftungserklärung geflossen sind, handelt es sich durchweg um Leistungen, auf die sie keinen Anspruch hatte und die auch nicht, wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336), zum Gegenstand von Verhandlungen über ihre künftig zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemacht worden sind.
dd) An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten ändert schlieûlich auch die von ihrem Ehemann bestellte Grundschuld über 1,07 Millionen DM nichts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen , wenn sie das Mithaftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maû beschränken (vgl. etwa BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die Grundschuld, die - insoweit rechtlich unbedenklich - nicht nur das Darlehen über 800.000 DM, sondern auch
alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Klägerin gegen den Ehemann der Beklagten sichern sollte, nicht (vgl. Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

c) Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 45; Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 225) lag es demnach bei der Klägerin, im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte die ruinöse Mithaftung entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus emotionaler Bindung an ihren Ehemann, sondern aufgrund eines im wesentlichen autonomen und eigenverantwortlichen Entschlusses übernommen hat. Dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder den Umständen zu entnehmen.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage gegen die Beklagte abweisen, soweit sie sich auf Rückzahlung des restlichen Darlehens richtet.
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.