Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juni 2015 - X ZR 101/13

bei uns veröffentlicht am09.06.2015
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 28/09, 26.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 1 0 1 / 1 3 Verkündet am:
9. Juni 2015
Wermes,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Polymerschaum II
PatG § 38, § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1

a) Der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung muss eine Auslegung
des hierauf zu überprüfenden Patentanspruchs vorausgehen, bei der
dessen Sinngehalt und insbesondere der Beitrag, den ein streitiges
Merkmal zum Leistungsergebnis der Erfindung liefert, zu bestimmen
sind.

b) Von der Bestimmung des Erfindungsgegenstands kann nicht mit der
Begründung abgesehen werden, ein Merkmal sei unbestimmt und
(deshalb) zur Abgrenzung vom Stand der Technik ungeeignet (im Anschluss
an BGH, Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180,
215 - Straßenbaumaschine).
BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 - X ZR 101/13 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck,
die Richter Gröning, Hoffmann und Dr. Deichfuß sowie die Richterin
Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 26. Februar 2013 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 102 809 (Streitpatents), das am 30. Juli 1999 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 31. Juli 1998 international angemeldet worden ist und Polymerschaum enthaltende Artikel sowie ein Verfahren zu deren Herstellung betrifft. Das Streitpatent umfasst 38 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 15 in der Verfahrenssprache wie folgt lauten: "1. A method for preparing a polymer foam, said method comprising : (a) providing a plurality of expandable polymeric microspheres and a molten polymer composition containing less than 20 wt.% solvent, each expandable polymeric micro- sphere including a polymer shell and a core material in the form of a gas, liquid, or combination thereof, that expands upon heating, with the expansion of the core material, in turn, causing the shell to expand; (b) melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres, under process conditions, including temperature and shear rate, selected to form an expandable extrudable composition; (c) extruding the expandable extrudable composition through a die to form the polymer foam; and (d) at least partially expanding a plurality of the expandable polymeric microspheres before the expandable extrudable composition exits the die. 15. An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1."
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Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und die Erfindung sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Ferner hat die Klägerin sich auf fehlende Patentfähigkeit berufen.
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Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat das Urteil des Patentgerichts aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückverwiesen (Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 = GRUR 2012, 1124 - Polymerschaum, nachfolgend: erstes Berufungsurteil).
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Das Patentgericht hat das Streitpatent erneut für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage anstrebt, soweit sie das Streitpatent verteidigt. Nach ihrem zuletzt gestellten Hauptantrag soll Patentanspruch 1, den sie vor dem Patentgericht noch in der erteilten Fassung verteidigt hat, folgende Fassung erhalten, auf die sich die Unteransprüche 2 bis 14 rückbeziehen sollen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben): "A method for preparing a polymer foam, said method comprising: (a) providing a plurality of expandable polymeric microspheres and a molten polymer composition containing less than 20 wt.% solvent in an extruder, each expandable polymeric microsphere including a polymer shell and a core material in the form of a gas, liquid, or combination thereof, that expands upon heating, with the expansion of the core material, in turn, causing the shell to expand; (b) melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres in the extruder, under process conditions, including temperature and shear rate, selected to form an expandable extrudable composition; (c) extruding the expandable extrudable composition through a die to form the polymer foam; and at least partially expanding a plurality of the expandable polymeric microspheres before the expandable extrudable composition exits the die." Der nebengeordnete Patentanspruch 15 soll nach dem Hauptantrag die
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bereits vor dem Patentgericht verteidigte Fassung erhalten, die wie folgt lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben): "An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1, wherein said polymer foam is an adhesive , and wherein the polymer composition comprises an acrylate or methacrylate adhesive polymer or copolymer."
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Die hierauf rückbezogenen Patentansprüche 16 bis 23 und 25 bis 35 sollen in der erteilten Fassung beibehalten werden. Der nach der erteilten Fassung nebengeordnete Patentanspruch 36 und die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 37 und 38 sollen nach dem zuletzt gestellten Hauptantrag entfallen. Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in elf geänderten Fassungen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Die Parteien haben eine Mehrzahl von Gutachten vorgelegt, die Prof. Dr.-Ing. F. O. , Hochschule Maschinenbau & Produktion, für die Klägerin und Prof. Dr.-Ing. M. S. , Inhaber des Lehrstuhls für Polymerwerkstoffe , für die Beklagte erstattet haben.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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A. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, und hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Patentanspruch 1 enthalte eine unzulässige Erweiterung gegenüber den
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Ursprungsunterlagen, die zwar nicht zur Nichtigerklärung, aber dazu führe, dass der Prüfung auf Patentfähigkeit ein um diese Erweiterung bereinigter Gegenstand des Streitpatents zugrunde zu legen sei. Gegenstand des Streitpatents seien Herstellungsverfahren, die sowohl
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stofflich als auch verfahrenstechnisch im Rahmen der Anspruchsmerkmale nahezu unbegrenzt breit gestaltbar seien. Sofern in der Beschreibung konkrete Anhaltspunkte zur Auslegung des Anspruchs fehlten, sei auf das Grundwissen des Fachmanns und vorveröffentlichte Fachliteratur zurückzugreifen. Der Begriff "molten polymer composition" sei allein schon wegen der stofflichen Unbestimmtheit des Begriffs Polymerzusammensetzung und den offen formulierten Verfahrensbedingungen nicht durch einen eng festlegbaren Schmelzbereich gekennzeichnet. Ein Schmelzpunkt im herkömmlichen Sinne existiere für Polymere in der Regel nicht, erst recht nicht für komplexe Polymerzusammenset- zungen. Der Übergang vom festen in den flüssigen Zustand findet nicht bei einer bestimmten, genau definierten Temperatur statt, sondern in einem von Fall zu Fall unterschiedlich breit ausgeprägten Erweichungsbereich vom festen über den viskosen, schwerflüssigen hin zum verflüssigten Zustand. Der Übergang vom festen in den flüssigen bzw. vollständig geschmolzenen Bereich lasse sich nur durch verschiedene physikalische Parameter kennzeichnen. Der Schermodul sinke mit Beginn des Erweichungsbereichs über den gummi-elastischen Bereich in den mit der Fließtemperatur Tf beginnenden Bereich einer Schmelze mit zunehmender Temperatur gegen Null. Die das Fließverhalten einer Polymerschmelze besonders kennzeichnende Größe sei jedoch die Viskosität, die mit steigender Temperatur abnehme. Die unter den Patentanspruch 1 subsumierbaren Polymerzusammensetzungen wiesen, von wenigen Ausnahmen abgesehen , mehr oder weniger ausgeprägt breite Erweichungs- bzw. Verflüssigungsbereiche auf, innerhalb deren sie zwar so weich seien, dass sie im Extruder relativ gut gemischt und verarbeitet werden könnten, bei denen ein geschmolzener Zustand jedoch noch nicht vorliege und für die Verarbeitung auch nicht zwingend erforderlich sei. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Temperatur eine Polymerzusammensetzung als geschmolzen zu bezeichnen sei, trete gegenüber diesen Verarbeitungserfordernissen in den Hintergrund und sei aufgrund der Komplexität der Zusammensetzung der Polymermatrix in vielen, wenn nicht in den meisten Fällen nicht oder nur schwer festzulegen , im Streitfall letztlich aber ohne Bedeutung. Da das Streitpatent auch bis zu 20 Gewichtsprozent eines beliebigen Lösungsmittels zulasse, sei der Begriff "molten polymer composition" nicht nur unbestimmt, sondern vielmehr zur Kennzeichnung und insbesondere zur Abgrenzung zum Stand der Technik ungeeignet und aufgabenhaft. Die in der Formulierung "Bereitstellen einer geschmolzenen Polymerzu12 sammensetzung" (providing a molten polymer composition) zum Ausdruck kommende Reihenfolge der Verfahrensschritte dergestalt, dass die Polymerzusammensetzung vor Zugabe der Mikrokugeln geschmolzen sein müsse, werde in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen (veröffentlicht als WO 00/06637) nicht offenbart. Weder die Ansprüche noch die Beschreibung der Anmeldung enthielten den Begriff "molten polymer composition" als solchen. Auch sonst fänden sich keine Anhaltspunkte in den Anmeldeunterlagen, dass die Polymerzusammensetzung in geschmolzenem Zustand bereitzustellen und die Mikrokugeln ausschließlich der bereits geschmolzenen Polymermasse zuzugeben seien. Der auch in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen verwendete Fachbegriff des Schmelzmischens (melt mixing) sage nichts darüber aus, in welchem Zustand die zu mischenden Komponenten vorgelegt würden. Insbesondere könne aus diesem Begriff nicht auf den Einsatz einer bereits vor der Zugabe der Mikrokugeln in den Extruder geschmolzenen Polymermischung geschlossen werden. Denn beim Schmelzmischen würden die zur Herstellung von Polymermischungen eingesetzten Polymere für gewöhnlich in ihrem Ist-Zustand bei Raumtemperatur in dem gegebenenfalls vorgeheizten Mischgefäß vorgelegt und in der bei einer gewählten Temperatur entstehenden Schmelze gemischt, um eine möglichst homogene Schmelze zu erhalten. Dass die Polymerzusammensetzung bei Zugabe der Mikrokugeln in geschmolzenem Zustand vorliegen müsse, werde auch nicht implizit durch die Beschreibung des Extrusionsverfahrens in den Ausführungsbeispielen offenbart, und zwar weder in den Beispielen, die sich auf Polymerzusammensetzungen beliebiger Art bezögen noch in den Beispielen, die die speziellen Hot-Melt-Zusammensetzungen beträfen. Insgesamt enthielten die allgemeine Beschreibung der Anmeldung und die Ausführungsbeispiele keinen Hinweis darauf, dass zwischen dem Erweichungs-, Fließund Schmelzverhalten der Zusammensetzung der Polymermatrix und der Zugabe der Mikrokugeln ein Zusammenhang bestehe.
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Damit enthalte Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung mit der Vorgabe, dass eine geschmolzene Polymerzusammensetzung bereitzustellen sei, ein in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbartes Merkmal. Da die Zugabe der Mikrokugeln in eine zum Zeitpunkt der Zugabe bereits geschmolzene Polymerzusammensetzung einer von vielen unter die in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbarte Lehre subsumierbaren, möglichen Verfahrensabläufen darstelle, stelle die im Erteilungsverfahren vorgenommene Festlegung auf diese Verfahrensgestaltung gegenüber dem Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung allerdings weder eine Erweiterung noch ein Aliud dar, so dass eine Nichtigerklärung des Streitpatents wegen unzulässiger Erweiterung nicht in Betracht komme. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag ver14 teidigten Fassung sei nicht patentfähig. Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen , dass der Bundesgerichtshof den Gegenstand von Patentanspruch 1 im ersten Berufungsurteil für neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erachtet habe. Die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils beschränke sich auch nach dem reformierten Patentnichtigkeitsverfahrensrecht auf den Fall, dass der zu beurteilende Sachverhalt gleich bleibe, mithin der zu berücksichtigende Stand der Technik oder die zu beurteilende Fassung des Streitpatents sich nicht änderten. Im Streitfall habe sich die Beurteilungsgrundlage insofern geändert, als das nicht in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbarte Merkmal bei der Prüfung der Patentfähigkeit außer Betracht zu lassen sei und die Klägerin im Rahmen der neuen Verhandlung nach der Zurückverweisung des Verfahrens neuen Stand der Technik eingeführt habe. Neues tatsächliches Vorbringen sei durch die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils nicht ausgeschlossen. Danach werde der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von mehreren Entgegenhaltungen vorweggenommen.
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B. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nur im Ergebnis stand.
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I. Das Streitpatent betrifft in der verteidigten Fassung Polymerschaum enthaltende Erzeugnisse und Verfahren zu deren Herstellung in einem Extruder. 1. Solche Gegenstände waren im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents
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bereits bekannt und finden in unterschiedlichen Bereichen wie beispielsweise in der Luftfahrt, im Fahrzeugbau und auf medizinischem Gebiet Verwendung. Polymerschaum zeichnet sich dadurch aus, dass er eine geringere Dich18 te aufweist als die in ihm enthaltende Polymermatrix. Die Reduzierung der Dichte wird mit unterschiedlichen Verfahrensweisen erreicht, so durch die Erzeugung von gasgefüllten Hohlräumen in der Matrix (z.B. mit Hilfe eines Treibmittels ) oder durch das Zusetzen polymerer, insbesondere expandierbarer Mikrokugeln oder nicht-polymerer wie gläserner Mikrokugeln. Die Streitpatentschrift verweist in diesem Zusammenhang auf die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01), die ein Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Polymerschaums mittels Extrusions- oder Spritzgussmaschinen betrifft (Beschr. Abs. 2, 3). In der Streitpatentschrift wird nicht ausdrücklich angegeben, welches
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technische Problem das Streitpatent betrifft. Es lässt sich allgemein dahin formulieren , ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem das Aufschäumen mittels expandierbarer Mikrokugeln zuverlässig und ohne Zerstörung der Mikrokugeln möglich ist.
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2. Zur Lösung des Problems schlägt das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag zuletzt verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor: 1. Verfahren zur Herstellung eines Polymerschaums durch Bereitstellen 1.1 von mehreren expandierbaren polymeren Mikrokugeln und 1.2 einer geschmolzenen Polymerzusammensetzung (molten polymer composition) 1.3 in einem Extruder. 2. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung enthält weniger als 20 Gewichtsprozent Lösungsmittel. 3. Jede expandierbare polymere Mikrokugel umfasst eine Polymerhülle und ein Kernmaterial, das 3.1 aus einem Gas, einer Flüssigkeit oder einer Kombination davon besteht und 3.2 beim Erwärmen expandiert, was zur Expansion der Polymerhülle führt. 4. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung und die expandierbaren Mikrokugeln werden im Extruder schmelzgemischt (melt mixing the molten polymer compo- sition and the plurality of expandable polymeric microspheres in the extruder), wobei die Prozessbedin- gungen einschließlich Temperatur und Schergeschwindig- keit so gewählt werden, dass eine Zusammensetzung gebildet wird, die 4.1 extrudierbar und 4.2 expandierbar ist. 5. Die expandierbare extrudierbare Zusammensetzung wird durch eine Düse extrudiert, um den Polymerschaum zu bilden. 6. Mehrere der expandierbaren polymeren Mikrokugeln expandieren zumindest teilweise, bevor die expandierbare, extrudierbare Zusammensetzung aus der Düse tritt.
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Der mit dem Hauptantrag beanspruchte nebengeordnete Erzeugnisanspruch 15 ist auch in seiner verteidigten Fassung als Product-by-ProcessAnspruch ausgestaltet und dadurch definiert, dass die Erzeugnisse durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 erhältlich sind, wobei der Polymerschaum ein Klebstoff ist und die Polymerzusammensetzung ein adhäsives Acrylat- oder Methacrylat-Polymer oder -Copolymer enthält.
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3. Für die Auslegung von Patentanspruch 1 ist der sowohl in Merkmal 1.2 als auch in Merkmal 4 verwendete Begriff der "molten polymer composition" von zentraler Bedeutung.
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a) Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen dazu, unter welchen Voraussetzungen eine Polymerzusammensetzung im Sinne von Patentanspruch 1 als "geschmolzen" (molten) anzusehen ist. Die Beklagte knüpft an das Durchschreiten des Glasübergangstemperaturbereichs an, in dessen Mitte die Glasübergangstemperatur Tg liegt, die durch das relative Maximum der tan-δ-Kurve gekennzeichnet ist. Sie ist der Ansicht, dass eine geschmolze- ne Polymerzusammensetzung bereits dann vorliegt, wenn die - infolge der Erwärmung der Polymerzusammensetzung einsetzenden - Mikro-BrownschenBewegungen zu Gestaltänderungen der Kettenmoleküle in der Weise führen, dass das Polymer elastisch ("gummi-elastisch") und in der Mitte dieses gummielastischen Bereichs das relative Minimum der tan-δ-Kurve durchschritten wird. Sie stützt sich dabei darauf, dass die Polymermatrix, wie auch das Patentgericht ausgeführt hat, in diesem Stadium ihr mechanisches Struktur- und rheologisches Fließverhalten kontinuierlich infolge der steigenden Temperatur verändert und verarbeitbar wird. Dagegen kann nach Ansicht der Klägerin von einer geschmolzenen Polymerzusammensetzung erst dann die Rede sein, wenn die durch Steigerung der Temperatur stärker werdenden Brownschen Molekularbewegungen den Zusammenhalt der Molekülketten weiter dadurch reduzieren, dass die Verschlaufungen der Molekülketten gelöst und wieder neu gebildet würden. Erst dann sei das Polymer nicht mehr elastisch, sondern gehe in einen "geschmolzenen" Zustand über.
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b) Das Patentgericht hat - insoweit von den Parteien unbeanstandet - festgestellt, dass für Polymere und erst recht für komplexe Polymerzusammensetzungen kein Schmelzpunkt im herkömmlichen Sinn besteht (übereinstimmend die von den Parteien vorgelegten Gutachten, s. nur Gutachten S. [G9], S. 3-7, und Gutachten O. [K4], S. 7-11). Es hat weiter angenommen , dass die unter Patentanspruch 1 subsumierbaren Matrix(co)polymere mehr oder weniger breite Erweichungs- bzw. Verflüssigungsbereiche aufwiesen , innerhalb deren sie im Extruder mit anderen Zusatzstoffen gut gemischt und verarbeitet werden könnten. In dieser Phase seien die Polymere noch nicht geschmolzen, was für die Verarbeitung aber auch nicht zwingend erforderlich sei. Zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Temperatur die Polymerzusammensetzung als geschmolzen zu bezeichnen sei, lasse sich letztlich nicht oder kaum festlegen, weswegen das Merkmal unbestimmt und "zur Abgrenzung vom Stand der Technik ungeeignet" sei.
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a) Damit hat es das Patentgericht unterlassen, den Gegenstand des Streitpatents im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob dieser Gegenstand gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert ist. Ein erteilter Patentanspruch hat Rechtsnormcharakter (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - X ZB 13/06, GRUR 2008, 887 Rn. 13 - Momentanpol II), und es ist eine Rechtsfrage, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt (st. Rspr. seit BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 - X ZR 156/97, BGHZ 142, 7 - Räumschild). Die verbindliche Beantwortung von Rechtsfragen ist Aufgabe des angerufenen Gerichts, von der es auch dann nicht entbunden ist, wenn die Rechtsnorm unklar oder deren Auslegung schwierig ist. Ebenso wenig wie der Verletzungsrichter sich darauf zurückziehen darf, den Erfindungsgegenstand ganz oder teilweise nicht bestimmen zu können (BGH, Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 Rn. 16 - Straßenbaumaschine), kann das Patentgericht von der Bestimmung des Erfindungsgegenstands mit der Begründung absehen, ein Merkmal sei unbestimmt und (deshalb) zur "Abgrenzung vom Stand der Technik" ungeeignet.
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Der Sinngehalt eines Merkmals ist mit Blick darauf zu ermitteln, was mit dem Merkmal aus der Sicht des Fachmanns im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Dabei können der allgemeine wie auch der übliche fachliche Sprachgebrauch Anhaltspunkte für das Verständnis des Fachmanns geben. Mit Rücksicht darauf, dass Begriffe in einer Patentbeschreibung abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können, ist letztlich aber der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich. Für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch ist umso weniger Raum, je mehr der Inhalt der Patentschrift auf ein abweichendes Verständnis hindeutet (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 f. - Spannschraube). Soweit es die Heranziehung der Beschreibung in ihrer Gesamtheit für die Anspruchsauslegung betrifft, ist grundsätzlich ein Verständnis des Anspruchs angezeigt, das im Einklang mit den Erläuterungen in der Beschreibung insgesamt steht. Nur wenn und soweit sich daraus ein Verständnis des Anspruchs ergeben würde, das eindeutig nicht dem entsprechen kann, was unter Schutz gestellt werden soll, ist der Schluss gerechtfertigt, dass aus Teilen der Beschreibung keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den geschützten Gegenstand gezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs , die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159 Rn. 26 - Zugriffsrechte).
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4. Wann i. S. der Lehre des Streitpatents von einer "geschmolzenen" Polymerzusammensetzung ("molten polymer composition") gesprochen werden kann, ist funktionell zu bestimmen. Die Polymerzusammensetzung muss bei Zugabe der Mikrokugeln nicht im strengen Sinne geschmolzen, sondern ihre Viskosität muss lediglich soweit herabgesetzt sein, dass sie in einem Extruder verarbeitbar ist.
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Der Senat hat im ersten Berufungsurteil ausgeführt, dass der sowohl in Merkmal 1.2 als auch in Merkmal 4 verwendete Begriff der "molten polymer composi- tion" eine Reihenfolge der Verfahrensschritte zum Ausdruck bringt, nach der die expandierbaren Mikrokugeln einer bereits vor der Beimischung "geschmolzenen" Polymerzusammensetzung zugesetzt werden. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der Fachmann mit dem Begriff "molten polymer compositi- on" einen eindeutigen Sinngehalt verbindet und dass demgemäß die Tempera- tur der zu extrudierenden Polymerzusammensetzung "schon vor Zufügung der Mikrokugeln über dem Schmelzpunkt der Polymerzusammensetzung liegen muss" (so wörtlich Rn. 32 aE des ersten Berufungsurteils). Ferner hat er es für möglich gehalten und daher die Sache auch insoweit zur weiteren Prüfung durch das mit fachkundigen technischen Richtern besetzte Patentgericht zurückverwiesen , dass bei den Ausführungsbeispielen tatsächlich der Schmelzpunkt überschritten ist. An diesen Annahmen kann auf der Grundlage der Feststellungen im zweiten Urteil des Patentgerichts und des Vortrags der Parteien zum Schmelzpunkt von amorphen Polymeren oder Polymerzusammensetzungen der in Rede stehenden Art und zum Verständnis der Ausführungsbeispiele nicht festgehalten werden.
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b) Die Streitpatentschrift enthält, wie das Patentgericht insoweit zutreffend ausführt, keine ausdrücklichen Angaben dazu, was im Hinblick darauf, dass bei Polymerzusammensetzungen kein exakt zu bestimmender Schmelzpunkt existiert, unter einer erfindungsgemäßen geschmolzenen Polymerzusammensetzung im Sinne der Merkmale 1.2 und 4 zu verstehen ist.
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Nach dem allgemeinen fachlichen Verständnis, von dem auch die Gutachter beider Parteien übereinstimmend ausgehen, werden bei amorphen Polymeren die drei Aggregatzustände Glaszustand, gummi-elastischer Zustand und Schmelze unterschieden, wobei der Übergang von einem Aggregatzustand in den nächsten anders als bei kristallinen Stoffen bei Erhöhung der Temperatur nicht abrupt erfolgt. Vielmehr liegen zwischen den Aggregatzuständen die Übergangsbereiche Erweichung und Fließtemperatur (vgl. Schwarzl, Poly- mermechanik, Springer Verlag 1990, S. 86-91; Gutachten O. [K4], S. 11-15; Gutachten S. [G9], S. 2-7). In welchem Aggregatzustand sich ein Polymer befindet, richtet sich nach dem Verhältnis zwischen dem Speicherschermodul G' und dem Verlustschermodul G''. Der Speicherschermodul G' bezieht sich auf die Fähigkeit eines Werkstoffs, eine durch eine Belastung eingetretene Deformation wieder rückgängig machen zu können, d.h. das reversible elastische Verhalten (als Festkörpereigenschaft), während der Verlustschermodul G'' das "irreversible" viskose Verhalten eines Werkstoffs (als Flüssigkeitseigenschaft ) beschreibt, bei dem die durch molekularen Veränderungen eingetretenen Deformationen nicht mehr zurückgestellt werden. Der Quotient von G'' und G' ergibt den Verlustfaktor tan δ. Im Glaszustand ist der Speicherschermodul höher als der Verlustschermodul. Bei steigender Temperatur nimmt der Verlustschermodul stetig zu, während der Speicherschermodul abnimmt. Im gummi-elastischen Zustand erreicht der Verlustfaktor ein lokales Minimum und steigt bei zunehmender Temperatur mit Abnahme des Speicherschermoduls an (vgl. Schwarzl, aaO, S. 90). Nach einer soweit ersichtlich allgemein anerkannten Definition markiert ein tan-δ-Wert von 1, bei dem mithin Speicherschermodul und Verlustschermodul gleich groß sind, bei Polymeren den Übergang vom Festkörper zum "flüssigen", d.h. geschmolzenen, Zustand. Auch in Patentanmeldungen der Beklagten (US 5 593 628, Sp. 17 Z. 35-39 und WO 98/46197, S. 5 Z. 12-15) wird von diesen Werten als Grenze für den Übergang zur Schmelze ausgegangen. Ebenso geht der Parteigutachter S. von diesen Grenzwerten aus, wenn er ausführt, dass die Temperatur oberhalb der Schmelztemperatur, bei der Speicher- und Verlustmodul gleich sind und der Verlustfaktor tan δ somit 1 beträgt, einen Zustand der Polymerschmelze bezeichne , in der diese weniger elastisch und der viskose Anteil höher sei als bei der niedrigeren Temperatur, bei der der Verlustfaktor tan δ ein lokales Minimum betrage, der Werkstoff somit keine Formstabilität mehr besitze und von selbst verlaufe (G9 S. 5 Mitte; vgl. auch G11 S. 2 oben: "formale Definition einer Schmelztemperatur über das Kriterium tan δ = 1").
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Allerdings ist - worauf der Parteigutachter S. in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Patentgerichts zu Recht hinweist - für die Verarbeitbarkeit von schmelzenden Polymerwerkstoffen nicht der Verlustfaktor tan δ entscheidend, sondern die bei der gewünschten Verarbeitungstemperatur vorliegende Viskosität als Maß für den Fließwiderstand eines Fluids (G11 S. 2 oben). Der Gutachter führt ferner aus, dass sich für die in seinem Gutachten vom 24. Mai 2012 (G7) angegebene Grenzviskosität von 104 Pa.s für die untersuchten Heißschmelzzusammensetzungen "Schmelztemperaturen" ergäben, die praktisch mit denen zusammenfielen, die aus der Heranziehung des Minimums der tan-δ-Kurve resultierten (G11 S. 5 oben), wobei zu beachten sei, dass die tatsächliche Viskosität über der Null-Viskosität liege, da die Polymerzusammensetzung im Extruder höheren Scherraten ausgesetzt sei (G11 S. 10 Abs. 2).
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Dafür, den Begriff "molten polymer composition" in diesem Sinne funktionell zu interpretieren, spricht der Gesamtinhalt der Beschreibung des Streitpatents.
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Soweit das Extrusionsverfahren im Allgemeinen beschrieben wird, finden sich in der Beschreibung keine Hinweise darauf, dass die expandierbaren Mikrokugeln erst dann zugesetzt werden sollen, wenn die Polymerzusammensetzung geschmolzen ist. Als Parameter für die Temperatur wird lediglich die Expansion der Mikrokugeln genannt; die vorzugswürdige Temperatur soll unter derjenigen liegen, die zur Expansion der Mikrokugeln führt. Wird die Temperatur höher gewählt, was nach der Beschreibung möglich ist, muss sie nach dem Mischen und vor dem Beifügen der Mikrokugeln wieder heruntergesetzt werden (S. 16 Z. 14-17). In jedem Fall sollen Temperaturen vermieden werden, die zu einer unerwünschten vorzeitigen Expansion der Mikrokugeln während des Mischvorgangs führen (S. 16 Z. 29 - S. 17 Z. 1). Zu der Frage, wie sich die Temperatur auf die Polymermischung auswirkt bzw. auswirken soll, nämlich ob diese bereits den Schmelzpunkt überschritten haben soll, enthält die Beschreibung der Anmeldung an dieser Stelle keine Aussage.
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Ebensowenig offenbart die Beschreibung des Extrusionsverfahrens in den die Hot-Melt-Zusammensetzungen 1 bis 10 betreffenden Ausführungsbeispielen eine solche technische Lehre. Der Fachmann kann diesen Beispielen nicht entnehmen, dass die Polymerzusammensetzung bereits vollständig geschmolzen ist, wenn die Mikrokugeln zugegeben werden. Das Patentgericht hat nichts dafür festgestellt, dass der Fachmann der Offenbarung etwas anderes entnimmt, als dasjenige, was es selbst als fachmännisches Wissen beschreibt , dass es nämlich unerheblich ist, ob eine Polymerzusammensetzung zu einem bestimmten Zeitpunkt des Extrusionsprozesses bereits vollständig geschmolzen ist, solange die Viskosität hinreichend herabgesetzt und eine gute Durchmischung, hier auch mit den expandierbaren Mikrokugeln, gewährleistet ist, wobei die Temperaturen ohnehin nicht so hoch sein dürfen, dass die Mikrokugeln vorzeitig expandieren. Allerdings ist das Patentgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass
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der Extrusionsprozess in den Beispielen des Streitpatents über die gesamte Extruderstrecke bei 93,3°C durchgeführt wird. Diese Temperaturangabe bezieht sich lediglich auf den in einem ersten Extruder (Bonnot-Extruder) durchgeführten Verfahrensabschnitt, bei dem die Heißschmelzzusammensetzung gemischt wird. Der gemischte Schmelzklebstoff wird anschließend in einen - zweiten - (Doppelschnecken-)Extruder mit drei Einlassöffnungen (PfleiderExtruder ) eingespeist, in dem die Temperatur auf den in den Ausführungsbeispielen jeweils angegebenen Wert eingestellt wird. Da die Mikrokugeln erst in diesem zweiten Extruder über die dritte Öffnung zugegeben werden, kommt es für die Frage, ob die Polymerzusammensetzung zu diesem Zeitpunkt geschmolzen ist, auf die Temperatur im zweiten Extruder in diesem Streckenabschnitt an. Diese variiert von 82°C (Beispiele 10 und 11) bis 121°C (Beispiele 6, 7, 8, 9, 14, 15, 50, 51 und 52). Gleichwohl ergeben die Beispiele nicht, dass die Heißschmelz36 zusammensetzungen im Zeitpunkt der Zugabe der Mikrokugeln in einem vollständig geschmolzenen Zustand vorliegen, da ihre Schmelztemperatur (im Sinne eines Verlustfaktors von 1) - wie der Parteigutachter O. dargelegt hat (K4) - über den Verarbeitungstemperaturen im Extruder liegt. Den Ausführungsbeispielen lässt sich damit lediglich entnehmen, wie die Beklagte mit dem Gutachten S. (G7) belegt hat, dass die Mikrokugeln der Polymerzusammensetzung zugegeben werden, wenn der Verlustfaktor tan δ sein lokales Minimum durchschritten hat, also unter einem Wert von 1 liegt, und die Polymermatrix sich damit im gummi-elastischen, verarbeitbaren Zustand befindet.
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Schließlich lässt sich auch dem beschriebenen apparativen Aufbau nicht entnehmen , dass die Polymerzusammensetzung bereits geschmolzen ist, wenn die Mikrokugeln zugegeben werden. Die Zahnradpumpe wird zur Steuerung der Fließgesschwindigkeit im ersten Extruder eingesetzt, in dem eine Temperatur von 93,3°C herrscht. Bei dieser Temperatur ist die Polymerzusammensetzung nicht im strengen Sinne (Verlustfaktor tan δ = 1) geschmolzen.
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c) Der Umstand, dass, wie auch das Patentgericht angenommen hat und die Klägerin unter Bezugnahme auf die Ausführungen ihres Gutachters geltend macht, keinem der Beispiele zu entnehmen ist, dass die Temperatur der Polymermischung bei Zufügung der Mikrokugeln über der Schmelztemperatur im engeren, strengen Sinne liegt, sowie die funktionsorientierte Erwägung, dass es nur darauf ankommt, die Viskosität so weit herabzusetzen, dass sich die Polymerzusammensetzung gut im Extruder verarbeiten und mit den Mikrokugeln vermischen lässt, schließen ein Verständnis aus, nach dem Speicherschermo- dul und Verlustschermodul gleich groß sein müssen und mithin tan δ einen Wert von  1 annehmen muss, wenn von einer "molten polymer composition" soll gesprochen werden können.
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5. Ist danach der Begriff "molten polymer composition" in den Merkmalen 1.2 und 4 dahin zu verstehen, dass die Polymerzusammensetzung bei Zugabe der Mikrokugeln nicht im strengen Sinne geschmolzen sein muss, sondern lediglich ihre Viskosität soweit herabgesetzt sein muss, dass sie in einem Extruder verarbeitbar ist, enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung.
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Dennoch hat die Berufung im Ergebnis keinen Erfolg. Denn der so verstandene Gegenstand des Streitpatents ist nicht patentfähig.
41
Die erneute Prüfung der Patentfähigkeit ist nicht deshalb entbehrlich, weil sie der Senat im ersten Berufungsurteil bereits bejaht hat. Diese Bewertung beruhte auf dem am Ende der damaligen mündlichen Berufungsverhandlung gegebenen Sachstand und den entsprechenden Erkenntnismöglichkeiten. Die tatsächliche Grundlage der Beurteilung hat sich nunmehr jedoch geändert, weil nach dem ersten Berufungsurteil tatsächliche Erkenntnisse über die Verarbeitung amorpher Polymere im Extruder hinzugekommen sind, die, wie ausgeführt, andere Schlussfolgerungen für das Verständnis der "molten polymer compositi- on" gebieten.
42
Das Patentgericht hat zur Patentfähigkeit ausgeführt:
43
Die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) betreffe ein Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Kunststoffschäume mit syntaktischer Schaumstruktur. Danach werde ein Gemisch aus thermoplastischem Polymer bzw. einer thermoplastischen Zusammensetzung und expandierbaren polymeren Mikrokugeln ohne Zusatz von Lösemitteln in geschmolzenem Zustand im Extruder durch eine Düse extrudiert. Die von der Lehre der E01 umfassten Ausführungsformen des Extrusionsverfahrens wiesen sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Verfahrens auf. Da aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht hervorgehe, wann genau im Verfahrensablauf die im Verfahrensschritt d vorgesehene mindestens teilweise Expansion der Mikrokugeln erfolge, erfasse das patentgemäße Verfahren sowohl Ausführungsformen, bei denen nahezu die gesamte Expansion bereits vor dem Austritt der Polymermasse aus der Extruderdüse stattfinde, als auch Ausführungsformen, bei denen nur eine geringfügige Expansion vor dem Austritt aus der Düse und die vollständige Expansion erst nach dem Austritt aus der Düse erfolge. Da das Merkmal, dass die Polymerzusammensetzung zunächst vollständig geschmolzen sein müsse, bevor die expandierbaren polymeren Mikrokugeln zugesetzt würden, nicht zu berücksichtigen sei, könne auch dahinstehen, dass die Temperaturführung in den Ausführungsbeispielen der E01, in denen die Temperaturen im Extrusionszylinder bei 395 bis 405 K und damit jedenfalls oberhalb des Schmelz- bzw. Erweichungsbereichs der eingesetzten Polyethylene lägen, sich nicht wesentlich von der Temperaturführung in den Ausführungsbeispielen des Streitpatents unterscheide.
44
Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 sei auch gegenüber der Abhandlung von Elfving, Foaming Plastics With Expancel Microspheres, Seminarbeitrag 19. Februar 1998, RAPRA Technology Ltd. (E02), nicht neu. Diese Abhandlung befasse sich mit dem Aufschäumen von Polymermassen mittels "Ex- pancel"-Mikrokugeln. Sie betreffe - wie sich bereits aus ihrem Titel ergebe - Produkte eines Verfahrens mit den Kriterien der Merkmalsgruppen 1 und 3 und offenbare auch die übrigen Merkmale von Patentanspruch 1. So expandierten die Mikrokugeln schon teilweise im Extruderzylinder und damit vor dem Austritt aus der Extruderdüse, womit auch die Merkmale 5 und 6 offenbart seien. Die aufgabenhaft gehaltenen Merkmale der Merkmalsgruppe 4, wonach das Schmelzmischen der geschmolzenen Polymerzusammensetzung und der expandierbaren polymeren Mikrokugeln hinsichtlich Temperatur und Schergeschwindigkeit unter solchen Prozessbedingungen durchzuführen sei, dass eine expandierbare, extrudierbare Masse entstehe, stellten Selbstverständlichkeiten bei der Extrusion von Thermoplasten mit Mikrokugeln dar, die sich für den Fachmann auch aus den Temperaturangaben und den ihm geläufigen Erweichungs - und Schmelzbereichen der in der E02 verwendeten thermoplastischen Elastomere ergäben. Insoweit stünden fehlende Ausführungen in der E02 hierzu der Annahme der fehlenden Neuheit nicht entgegen. Entsprechendes gelte in Bezug auf Merkmal 2, das die E02 ebenfalls nicht ausdrücklich erwähne.
45
Selbst wenn man mit der Beklagten von der Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 ausginge, sei die Patentfähigkeit jedenfalls deshalb zu verneinen, weil die E02 dem Fachmann das erfindungsgemäße Verfahren nahegelegt habe. Die Entgegenhaltung E02 gebe nicht nur die Anregung, Extrudate aus geeigneten thermoplastischen Zusammensetzungen als Polymermatrix und expandierbaren und extrudierbaren polymeren Mikrokugeln herzustellen , sondern vermittle eine ausreichende technische Lehre, so dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres zu den für den jeweiligen Anwendungszweck maßgeschneiderten Verfahren mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 des Streitpatents habe gelangen können.
46
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei aber selbst bei Berücksichtigung des Merkmals "geschmolzene Polymerzusammensetzung" im Hinblick auf die im Rahmen der erneuten Verhandlung vor dem Patentgericht von der Klägerin als weitere Entgegenhaltung eingeführte internationale Anmeldung WO 97/47681 (E19) nicht patentfähig.
47
Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand.
48
Entgegen der Annahme des Patentgerichts wird der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung zwar nicht durch die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) vorweggenommen.
49
Die Entgegenhaltung E01 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Kunststoffschäumen mit syntaktischer Schaumstruktur, bei dem handelsübliche Massenkunststoffe unter Verwendung von mit Gas oder Flüssigkeit gefüllten, thermoplastischen, unter Wärmeeinwirkung expandierenden Mikroballons in einem Extruder gemischt und aufgeschäumt werden (Sp. 1 Z. 1-12).
50
Die expandierbaren Mikroballons bestehen in den Ausführungsbeispielen aus einer Polyacrylnitrilhülle und ca. 18 Gewichtsprozent eingeschlossenem Isopentan ; dies entspricht den Merkmalen 1.1 und 3. Sie werden mit einer Polymerzusammensetzung , der kein Lösungsmittel zugesetzt wird, in einem Extruder verarbeitet (Merkmale 1.3 und 2).
51
Nach der Beschreibung ist das Verfahren nach der E01 dadurch gekennzeichnet , dass den zu verarbeitenden Matrixkunststoffen mit hohen Erweichungsoder Schmelztemperaturen Komponenten beigemischt werden, die bereits vor Erreichen der Temperaturen, bei denen die Mikrokugeln expandieren, Schmelzanteile bilden. Durch die früh gebildeten Schmelzanteile soll der Auf- bau von Druck noch vor dem (vollständigen) Schmelzen der Matrixpolymere ermöglicht und die Expansion der Mikroballons im Extruder oder der Spritzgussmaschine während der Existenz fester, höherschmelzender Matrixkunststoffanteile wirksam verhindert und ferner die Einwirkung von Scherkräften auf die Mikrokugeln weitgehend vermieden werden (Sp. 4 Z. 22-39). Das Expansionsvermögen der Mikrokugeln soll so für das scherwirkungsfreie Stadium nach dem Verlassen der Extruderdüse bewahrt und zur Ausbildung der angestrebten syntaktischen Schaumstrukturen nahezu vollständig nutzbar gemacht werden (Sp. 4 Z. 43-47). Damit sind auch die Merkmalsgruppe 4 und Merkmal 5 verwirklicht.
52
Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart die E01 auch das Merkmal 6. Zwar besteht der Grundgedanke der E01 darin, einer vorzeitig, d.h. vor dem Verlassen der Extruderdüse, eintretenden Expansion der Mikrokugeln aufgrund der zum Aufschmelzen des Polymers erforderlichen Temperatur durch Druckaufbau entgegenzuwirken. Wie sich jedoch insbesondere der Beschreibung der Beispiele 2, 3 und 7 entnehmen lässt, ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren die nahezu vollständige (Beispiele 2 und 3) oder hochgradige (Beispiel
7) Nutzung des Expansionsvolumens der Mikroballons zur Bildung der syntaktischen Schaumstruktur. Danach kann praktisch nicht ausgeschlossen werden, dass Mikrokugeln bereits vor dem Austritt aus der Extruderdüse zumindest teilweise expandieren. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen in E02 (S. 3 lk. Sp. "Extrusion" Abs. 2). Dort heißt es, dass die Expansion zwar größtenteils hinter der Düse stattfinden solle, wenn der Druck abfalle. Die zum Aufschäumen verschiedener Polymere geeigneten Expancel-Mikrokugeln begännen aber schon im Extrusionszylinder ein wenig zu expandieren ("start to expand a little already in the barrel"). Damit ist Merkmal 6 verwirklicht. Denn es erlaubt, wie vom Patentgericht zutreffend ausgeführt, weder eine Quantifizierung des Anteils von Mikrokugeln, die erfindungsgemäß bereits vor Austritt aus der Düse expandiert sein sollen, noch eine Quantifizierung des Ausmaßes der Expansion.
53
Nicht offenbart ist jedoch Merkmal 1.2. In Beispiel 6 der E01 werden zunächst die Polymerkomponenten gemischt, die aus einem Polyethylenpulver mit einem Schmelzpunkt von ca. 380 K und einem Granulat bestehen, das sich zu gleichen Teilen aus einem linearen Polyethylen niederer Dichte (LLD-PE) und einem hochmolekularen Polyisobutylen zusammensetzt, das als unter Normalbedingungen bereits hochviskos fließfähig bezeichnet wird. Sodann werden Mikroballons homogen untergemischt und es erfolgt die Verarbeitung auf dem Extruder, wie zu Beispiel 1 geschildert. Danach enthält die Polymerzusammensetzung zwar bereits fließfähige Anteile. Sie ist jedoch nicht insgesamt fließfähig in dem Sinn wie Merkmal 1.2 nach den vorstehenden Erörterungen zu verstehen ist.
54
Der Gegenstand der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, sondern war dem Fachmann, dessen Definition durch das Patentgericht die Parteien nicht in Zweifel ziehen, durch die US-Patentschrift 5 100 728 (E18) nahegelegt.
55
Die E18 beschreibt Haftklebebänder und ihre Herstellung und insbesondere geschäumte Haftklebebänder mit einer Polymermatrix auf Acryl- oder Kautschukbasis (Sp. 2 Z. 18-20), die extrudiert wird (Sp. 3 Z. 8-15). Genannt werden insbesondere Polymerzusammensetzungen aus Acrylaten unterschiedlich niedriger Glasübergangstemperaturen (Sp. 5 Z. 5-19). Die Trägerschicht umfasst Mikrokugeln niedriger Dichte (Sp. 2 Z. 13-15), die aus Keramik, Polymer, Glas, Kohlenstoff oder einem anderen geeigneten Material bestehen und fest, hohl oder porös, starr oder elastisch und klebrig oder nicht klebrig sein können (Sp. 2 Z. 25-31, Sp. 6 Z. 31-50). Hohle Mikrokugeln werden bevorzugt, besonders bevorzugt werden hohle Keramikmikrokugeln, da sie hohe Bruchfestigkeit aufwiesen und im Allgemeinen preisgünstiger seien als Glas-, Polymer- und Kohlenstoffmikrokugeln (Sp. 7 Z. 12-17). Es können - wie im Streitpatent (vgl. dort Abs. 12 der Beschreibung) - zusätzliche Füllstoffe verwendet werden, und sämtliche Komponenten können gemischt in den Extruder gegeben werden. Es ist jedoch auch möglich, einen oder mehrere der Füllstoffe erst der bereits im Extrusionszylinder befindlichen Polymerzusammensetzung zuzugeben. Enthält der Füllstoff zerbrechliche Mikrokugeln niedriger Dichte, wird es bevorzugt, ihn am hinteren Ende des Extruders ("at the downstream end") zuzugeben, um die Bruchgefahr zu vermindern (Sp. 10 Z. 62-67).
56
Die E18 bezieht sich danach zwar nicht auf expandierbare Mikrokugeln, offenbart dem Fachmann aber ein Verfahren, das für empfindliche, leicht zerbrechliche Mikroglaskugeln die Bruchgefahr mindert, indem diese erst am hinteren Ende des Extruders ("at the downstream end") zugegeben werden. Sie zeigt dem Fachmann überdies, dass Mikrokugeln unterschiedlicher Art, insbesondere auch Polymerhohlkugeln, verwendet werden können. Dies gab ihm Anlass, auch expandierbare Hohlkugeln in Betracht zu ziehen.
57
Der Fachmann, der anstelle von Mikroglaskugeln expandierbare Mikrokugeln verwenden will, wusste aus der Technischen Mitteilung Nr. 24 des Mikrokugel -Herstellers Expancel (E03), dass ein Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Verweildauer im Extruder sowie dessen Arbeitsgeschwindigkeit besteht und die Einstellung dieser Parameter das Verhalten der Mikrokugeln beeinflusst (S. 4 lk. Sp. Abschnitt: "Temperatures" und "Other Process Parameters - Extrusion"). So wird dem Fachmann in diesem Mitteilungsblatt geraten, am unteren Ende der empfohlenen Temperaturen zu arbeiten. Eine geringere Temperatur verlängere - so heißt es dort weiter - allerdings die Verweildauer im Extruder. Diese könne zwar verkürzt werden, wenn der Extruder bei höherer Geschwindigkeit arbeite. Eine hohe Geschwindigkeit erzeuge aber wiederum Reibungswärme und starke Scherkräfte, die die Mikrokugeln beschädigen oder zerstören könnten. Da expandierbare Mikrokugeln damit in ähnlicher Weise wie Mikroglaskugeln empfindlich auf zu hohe Temperaturen oder zu starke Scherkräfte reagieren, hatte der Fachmann Anlass, das in der E18 beschriebene Extrusionsverfahren auch auf die Extrusion von Polymerzusammensetzungen mit expandierbaren Mikrokugeln anzuwenden, weil für ihn erkennbar war, dass er durch spätere Zuführung der Mikrokugeln die geringere Viskosität der bereits erwärmten Polymerzusammensetzung vorteilhaft nutzen konnte. Zudem konnte er auf diese Weise einer zu starken Erwärmung der Mikrokugeln vorbeugen, woran ihm gerade bei expandierenden Mikrokugeln gelegen sein musste.
58
Patentanspruch 15 ist nicht gesondert zu prüfen. Das Patentgericht führt unbeanstandet von der Berufung aus, dass die Beklagte ihre Haupt- und Hilfsanträge als geschlossene Anspruchssätze verstanden wissen wolle.
59
Schließlich hat das Streitpatent auch in der Fassung der Hilfsanträge keinen Bestand.
a) Mit Hilfsantrag I wird der Verfahrensschritt a formal in zwei Abschnit60 te aufgeteilt, wobei der Abschnitt a sich nunmehr ausschließlich auf die Polymerzusammensetzung bezieht und Abschnitt b die Beschaffenheit der Mikrokugeln beschreibt und um den Zusatz "and adding the unexpanded polymeric microspheres to the molten polymer composition" ergänzt wird. Damit wird die in den Merkmalen 1.2 und 4 der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung zum Ausdruck kommende Reihenfolge der Verfahrensschritte ausdrücklich genannt. Eine sachliche Änderung ist damit nicht verbunden. Ferner soll dem bisherigen Verfahrensschritt b, nunmehr c, das Merkmal "without causing the ex- pandable microspheres to expand or break" hinzugefügt werden. Neu eingefügt werden soll Verfahrensschritt d, der wie folgt lautet: "transferring the expandab- le extrudable composition to an extrusion die". Auch diese Merkmale enthalten keine Einschränkungen gegenüber dem Hauptantrag, sondern werden dort vorausgesetzt, wenn nach den Merkmalen 4.1 und 4.2 eine extrudierbare und expandierbare Zusammensetzung gebildet werden soll, die nach Merkmal 5 durch eine Düse extrudiert wird. Mithin können auch sie die Patentfähigkeit nicht begründen. Schließlich soll der Gegenstand von Patentanspruch 1 (entsprechend
61
Patentanspruch 15 des Hauptantrags) auf die Herstellung eines klebenden Polymerschaums (adhesive polymer foam) beschränkt werden, wobei die Polymerzusammensetzung ein "acrylate or methacrylate adhesive polymer or copo- lymer" umfassen soll (Hinzufügung bei Verfahrensschritt f). Der Einsatz des Verfahrens nach Patentanspruch 1 zur Herstellung eines
62
klebenden Polymerschaums unter Verwendung eines (Meth-)Acrylat (Co-)Polymers war dem Fachmann jedoch ausgehend von der Entgegenhaltung E18 nahegelegt, die eine Haftklebepolymermatrix auf Acrylbasis verwendet. Wie die Entgegenhaltung E02 dokumentiert (E02, S. 2 Tabelle 1), war dem Fachmann bekannt, dass entsprechende Verfahren auch zur Herstellung eines klebenden Polymerschaums eingesetzt werden können.
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung Hilfsantrags II
63
ist ebenfalls nicht patentfähig. Hilfsantrag II entspricht im Wesentlichen Hilfsantrag I, wobei der Gegenstand von Patentanspruch 1 auf Hot-MeltPolymerzusammensetzungen eingeschränkt ist und das in Verfahrensschritt c mit Hilfsantrag I aufgenommene Merkmal "without causing the expandable microspheres to expand or break" wieder gestrichen werden soll. Die Verwen- dung von Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen ist dem Fachmann beispielsweise aus der E03 bekannt. Dort wird u.a. das auch im Streitpatent als für die Polymermatrix des Schaums brauchbar erachtetes Ethylenvinylacetat (EVA, vgl. Beschr. Abs. 48) als ein zur Extrusion mit Expancel-Mikrokugeln kompatibles Polymer genannt. Ebenso ist dem Fachmann die Verwendung von Hot-MeltZusammensetzungen aus der E18 bekannt (Sp. 5 Z. 31; Sp. 14 Z. 23-28).
c) Ebenso wenig ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fas64 sung des Hilfsantrags III patentfähig. Dieser Hilfsantrag setzt auf Hilfsantrag II auf, wobei bei Verfahrensschritt b am Ende das Merkmal "and adding the unex- panded polymeric microspheres to the molten polymer composition" durch das Merkmal "and adding the expandable polymeric microspheres to the molten polymer composition" ersetzt wird. Der Austausch der Begriffe "unexpanded" und "expandable" ist ohne sachliche Bedeutung. Ferner soll nach Hilfsantrag III folgender Verfahrensschritt d aufgenommen werden: "wherein the temperature during melt mixing is controlled to a value insufficient to cause expandable microspheres to expand". Dass die Mikrokugeln möglichst nicht schon während des Schmelzmischens expandieren sollen, ergibt sich für den Fachmann bereits aus der E01 (Sp. 4 Z. 22-39 und Z. 43-47). Die Ersetzung des Begriffs "a plurality" durch "most" im letzten Verfah65 rensschritt ("at least partially expanding most of …") kann die Patentfähigkeit ebenfalls nicht begründen. Abgesehen davon, dass es diesem Kriterium bereits an der erforderlichen Klarheit fehlen dürfte, ist es in der Praxis nicht ausgeschlossen , dass Mikrokugeln zum größeren Teil bereits vor dem Austritt aus der Extruderdüse zumindest teilweise expandieren. So wird in der E02 (S. 3 lk. Sp. "Extrusion" Abs. 2) ausgeführt, dass die Kugeln schon im Extrusionszylinder ein wenig zu expandieren begännen ("start to expand a little already in the barrel").
66
d) Hilfsantrag IV übernimmt im Wesentlichen die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 mit der Maßgabe, dass die Mikrokugeln stromabwärts in den Extruder gegeben werden ("feeding a polymer composition comprising an acrylate or methacrylate adhesive polymer or copolymer and downstream adding a plurality of expandable polymeric microspheres"). Dieses Merkmal ist zu 3 b bereits abgehandelt.
e) Hilfsantrag V entspricht Hilfsantrag IV, ist im Unterschied zu diesem
67
aber auf Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen beschränkt. Die Ausführungen zu Hilfsantrag II, der ebenfalls Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen zum Gegenstand hat, und zu Hilfsantrag IV gelten entsprechend.
f) Hilfsantrag VI entspricht Hilfsantrag I, wobei lediglich das Merkmal
68
"wherein the polymer composition comprises an acrylate or methacrylate adhe- sive polymer or copolymer" von Verfahrensschritt f in den Verfahrensschritt a verschoben werden soll. Da es sich hierbei lediglich um die Beschreibung einer möglichen Zusammensetzung des verwendeten Polymers handelt, nicht aber um eine Änderung des Verfahrensablaufs, unterscheidet sich Hilfsantrag VI damit in der Sache nicht von Hilfsantrag I. Damit ist die Patentfähigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 1 aus den zu Hilfsantrag I angeführten Gründen nicht gegeben.
g) Hilfsantrag VII ergänzt Hilfsantrag VI um den Verfahrensschritt d aus
69
Hilfsantrag III "wherein the temperature during melt mixing is controlled to a va- lue insufficient to cause expandable microspheres to expand” und modifiziert den Verfahrensschritt g - wie schon Hilfsantrag III - weiter dahin, dass nicht eine Mehrzahl, sondern die meisten ("most" statt "a plurality") der expandierbaren polymeren Mikrokugeln zumindest teilweise expandiert sind, bevor die expandierbare extrudierbare Zusammensetzung die Düse verlässt. Auch in dieser Fassung ist Patentanspruch 1 aus den zu den Hilfsanträgen VI und III dargelegten Gründen nicht rechtsbeständig.
h) Hilfsantrag VIII entspricht Hilfsantrag VII und sieht darüber hinaus ei70 nen neuen Verfahrensschritt h vor: "further comprising crosslinking the expand- able extrudable composition or the polymer adhesive foam". Die Vernetzung der Polymermatrix ist dem Fachmann aus der E18 (Sp. 5 Z. 54-68) bekannt und stellt daher eine naheliegende Weiterbildung des Verfahrens dar.
71
Die Hilfsanträge IX, X und XI unterscheiden sich von den Hilfsanträgen II, IV und V nur durch den Wegfall der Erzeugnisansprüche und bedürfen daher nach dem Vorstehenden keiner gesonderten Erörterung.
72
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Hoffmann Deichfuß Kober-Dehm

Vorinstanzen:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.02.2013 - 3 Ni 28/09 (EU) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 38


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Bis zum Beschluß über die Erteilung des Patents sind Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern, zulässig, bis zum Eingang des Prüfungsantrags (§ 44) jedoch nur, soweit es sich um die Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten, um die Beseitigung der von der Prüfungsstelle bezeichneten Mängel oder um Änderungen des Patentanspruchs handelt. Aus Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, können Rechte nicht hergeleitet werden.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 117/11 Verkündet am:
17. Juli 2012
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Polymerschaum
PatG §§ 81 ff., § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1
Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei
der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum
Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind. Dem Patentanspruch darf dabei
nicht deshalb ein bestimmter Sinngehalt beigelegt werden, weil sein Gegenstand andernfalls
gegenüber den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert wäre.
Ergibt die mündliche Verhandlung des Patentnichtigkeitsberufungsverfahrens, dass die Sache
nicht zur Endentscheidung reif ist, kommt es für die Entscheidung, ob es sachdienlich ist, die
gebotene weitere Sachaufklärung dem Patentgericht zu übertragen oder zu diesem Zweck das
Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof fortzusetzen, in erster Linie darauf an, auf welchem
Weg die noch offenen Sachfragen möglichst effizient und zügig geklärt werden können.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Grabinski
und Dr. Bacher

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. April 2011 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 102 809 (Streitpatents), das am 30. Juli 1999 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 31. Juli 1998 international angemeldet worden ist und Polymerschaum enthaltende Artikel sowie ein Verfahren zu deren Herstellung betrifft. Das Streitpatent umfasst 38 Ansprüche, von denen die einander nebengeordneten Ansprüche 1, 15 und 36 in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt lauten: "1. A method for preparing a polymer foam, said method comprising: (a) providing a plurality of expandable polymeric microspheres and a molten polymer composition containing less than 20 wt.% solvent , each expandable polymeric microsphere including a polymer shell and a core material in the form of a gas, liquid, or combination thereof, that expands upon heating, with the expansion of the core material, in turn, causing the shell to expand; (b) melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres, under process conditions, including temperature and shear rate, selected to form an expandable extrudable composition; (c) extruding the expandable extrudable composition through a die to form the polymer foam; and (d) at least partially expanding a plurality of the expandable polymeric microspheres before the expandable extrudable composition exits the die. 15. An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1. 36. An article comprising: a recess; a foam-in-place article comprising a polymer foam obtainable by a method of claim 1 comprising a polymeric matrix and a plurality of at least partially expanded polymeric microspheres, and optionally an activated blowing agent, said foam-in-place article being positioned in said recess and partially or completely filling said recess."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und die Erfindung sei nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Ferner hat die Klägerin im Wege der Klageerweiterung geltend gemacht, dass das Streitpatent über den Inhalt der ursprüng- lich eingereichten Anmeldung hinausgehe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat das Streitpatent hilfsweise in der Fassung mehrerer Hilfsanträge verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
4
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage anstrebt, soweit sie das Streitpatent verteidigt. Nach ihrem Hauptantrag, neben dem sie - in geänderter Reihenfolge - ihre erstinstanzlichen Hilfsanträge weiterverfolgt, sollen Patentanspruch 1 und die diesem untergeordneten Patentansprüche in der erteilten Fassung beibehalten werden. Patentanspruch 15 und die diesem untergeordneten Patentansprüche sollen die Fassung des bisherigen Hilfsantrags 5 erhalten. Danach soll Patentanspruch 15 wie folgt lauten: "15. An article comprising the polymer foam obtainable according to the method of claim 1, wherein said polymer foam is an adhesive, and wherein the polymer composition comprises an acrylate or methacrylate adhesive polymer or copolymer."
5
Unteranspruch 24 soll entfallen und die Nummerierung der nachfolgenden Unteransprüche 25 bis 35 entsprechend angepasst werden. Die Patentansprüche 36 bis 38 der erteilten Fassung sollen entfallen.
6
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
7
Die Parteien haben eine Mehrzahl von Gutachten vorgelegt, die Prof. Dr.-Ing. F. O. , Hochschule für Angewandte Wissenschaften H. , Department Maschinenbau & Produktion, für die Klägerin und Prof. Dr.-Ing. M. S. , Inhaber des Lehrstuhls für Polymerwerkstoffe der Universität S. , für die Beklagte erstattet haben.

Entscheidungsgründe:


8
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht.
9
I. Das Patentgericht hat die Erweiterung der Klage um den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung als sachdienlich und die Klage daher insgesamt als zulässig angesehen.
10
Den Nichtigkeitsgrund mangelnder Ausführbarkeit hat das Patentgericht als unbegründet angesehen. Zur Begründetheit der Klage hat es im Übrigen ausgeführt, es teile die Bedenken der Klägerin gegen die Ursprungsoffenbarung der Merkmale "providing … a molten polymer composition …" und "melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres …", sofern damit die zeitliche Reihenfolge der Arbeitsweisen der Absätze (a) und (b) derart festgelegt sei, dass die Mikrokugeln erst der bereits geschmolzenen Polymerzusammensetzung zugegeben würden. Denn eine entsprechende Textstelle fehle in den Ursprungsunterlagen. Der Einwand der Beklagten , die Reihenfolge ergebe sich aus sämtlichen Ausführungsbeispielen, die Hot-Melt-Polymer-Zusammensetzungen beträfen, sowie einer voran gestellten allgemeinen Anweisung der Zugabe der expandierbaren Mikrokugeln zum geschmolzenen Polymer, könne die Bedenken nicht ausräumen, weil eine stoffliche Einschränkung hinsichtlich der Polymerzusammensetzung und eine Einschränkung der Verfahrensführung nicht offenbart seien.
11
Über den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung müsse jedoch nicht abschließend entschieden werden, da die Gegenstände des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 15, der auf ein Erzeugnis in Form eines Product-by-Process-Anspruchs gerichtet sei und auf die Merkmale des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 Bezug nehme, nicht patentfähig seien.
12
Dies hat das Patentgericht im Wesentlichen damit begründet, dass die Erfindung gegenüber dem in den Entgegenhaltungen E01, E02, E04 und E05 offenbarten Stand der Technik nicht neu sei.
13
Die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) betreffe ein Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Kunststoffschäume mit syntaktischer Schaumstruktur. Danach werde ein Gemisch aus thermoplastischem Polymer bzw. einer thermoplastischen Zusammensetzung und expandierbaren polymeren Mikrokugeln ohne Zusatz von Lösemitteln in geschmolzenem Zustand im Extruder durch eine Düse extrudiert. Die von der Lehre der E01 umfassten Ausführungsformen des Extrusionsverfahrens wiesen sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Verfahrens auf. Da aus dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht hervorgehe, wann genau im Verfahrensablauf die im Verfahrensschritt (d) vorgesehene mindestens teilweise Expansion der Mikrokugeln erfolge, erfasse das streitpatentgemäße Verfahren sowohl Ausführungsformen, bei denen nahezu die gesamte Expansion bereits vor dem Austritt der Polymermasse aus der Extruderdüse stattfinde, als auch Ausführungsformen, bei denen nur eine geringfügige Expansion vor dem Austritt aus der Düse und die vollständige Expansion erst nach dem Austritt aus der Düse erfolge. Schließlich sei das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents nach seinem Wortlaut nicht in der Weise beschränkt, dass die Polymerzusammensetzung zunächst vollständig geschmolzen sein müsse, bevor die expandierbaren polymeren Mikrokugeln zugesetzt würden. Das streitpatentgemäße Verfahren umfasse daher auch eine Ausführungsform, bei der die Polymerzusammensetzung erst nach der Zugabe der expandierbaren polymeren Mikrokugeln im Verlauf der Passage durch den Extruder hin zur Extruderdüse vollständig schmelze, und sei daher nicht abgegrenzt von der Verfahrensweise der E01, bei der die Temperaturen im Extrusi- onszylinder bei 395 bis 405 K und damit oberhalb der Schmelztemperatur der jeweils eingesetzten Polyolefine lägen.
14
Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und damit auch die Erzeugnisse nach Patentanspruch 15 des Streitpatents in der erteilten Fassung seien auch gegenüber der Abhandlung von Elfving, Foaming Plastics With Expancel Microspheres, Seminarbeitrag 19. Februar 1998, RAPRA Technology Ltd. (E02), nicht neu. Diese Abhandlung befasse sich mit dem Aufschäumen von Polymermassen mittels "Expancel"-Mikrokugeln und beschreibe einen Großteil der Merkmale des Streitpatents. Die aufgabenhaft gehaltenen Merkmale, wonach das Schmelzmischen der geschmolzenen Polymerzusammensetzung und der expandierbaren polymeren Mikrokugeln hinsichtlich Temperatur und Schergeschwindigkeit unter solchen Prozessbedingungen durchzuführen sei, dass eine expandierbare, extrudierbare Masse entstehe, stellten Selbstverständlichkeiten bei der Extrusion von Thermoplasten dar, so dass insoweit fehlende Ausführungen in der E02 der Annahme der fehlenden Neuheit nicht entgegenstünden.
15
Ebenso lehre die veröffentlichte europäische Patentanmeldung 802 946 (E04) die Verarbeitung einer Mischung aus thermoplastischem und damit schmelzbaren polymeren Mikrokugeln zur Schäumung und damit Dichtereduktion im Extruder bei vorgegebener Temperatur und Verweilzeit. Sie erfülle damit ebenfalls alle Merkmale des streitgemäßen Verfahrens nach Anspruch 1. Dementsprechend seien auch die Erzeugnisse nach Anspruch 15 gegenüber der E04 nicht neu.
16
Schließlich seien streitpatentgemäße Erzeugnisse auch nach der Lehre der japanischen Offenlegungsschrift Hei 10-152575 (E05) erhältlich. Danach würden geschäumte Polymerformmassen aus dem Gemisch eines geschmolzenen thermoplastischen Materials als Matrix und expandierbarer polymerer Mikrokugeln des Typs "Expancel" unter Schmelzmischen bei geeigneten Be- dingungen im Extruder ohne den Zusatz von Lösemitteln hergestellt. Die Maßgaben des Verfahrensschritts (d) in Anspruch 1 des Streitpatents seien insofern erfüllt, als gemäß der Lehre der E05 verschiedene Expansionsgrade einschließlich der vollständigen Expansion vor dem Austritt aus der Düse des Extruders einstellbar seien.
17
Im Übrigen sei dem Fachmann, einem Diplom-Chemiker der Fachrichtung Makromolekulare Chemie bzw. Polymerchemie oder einem Diplom-Ingenieur der Verfahrenstechnik mit Kenntnissen und langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Kunststofftechnik, insbesondere der Herstellung geschäumter extrudierter Polymermassen und -formteile, ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1 und damit ein nach dessen Arbeitsweise erhältliches Erzeugnis gemäß Patentanspruch 15 jedenfalls ausgehend von der Lehre der E02 nahegelegt worden , so dass das Streitpatent auch mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand haben könne. Die E02 gebe nicht nur die Anregung, Extrudate aus geeigneten thermoplastischen Polymerzusammensetzungen als Polymermatrix und expandierbaren extrudierbaren polymeren Mikrokugeln der Marke "Expancel" herzustellen, sondern vermittle darüber hinaus auch eine technische Lehre, die es einem Fachmann ermögliche, aufgrund seines Wissens und Könnens ohne weiteres zu einem für den jeweiligen Anwendungszweck maßgeschneiderten Verfahren bzw. zu Produkten mit sämtlichen Merkmalen der Patentansprüche 1 und 15 in der erteilten Fassung zu gelangen.
18
Schließlich könne das Streitpatent auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen keinen Bestand haben. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Hilfsanträge beruhten die hilfsweise verteidigten Gegenstände des Streitpatents jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
19
II. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
20
1. Das Streitpatent betrifft Polymerschaum enthaltende Erzeugnisse und Verfahren zu deren Herstellung.
21
Polymerschaum enthaltende Gegenstände waren im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bereits bekannt und finden in unterschiedlichen Bereichen, wie beispielsweise in der Luftfahrt, im Fahrzeugbau und auf medizinischem Gebiet , Verwendung.
22
Polymerschaum zeichnet sich dadurch aus, dass er eine geringere Dichte aufweist als die in ihm enthaltende Polymermatrix. Die Reduzierung der Dichte wird mit unterschiedlichen Verfahrensweisen erreicht, so durch die Erzeugung von gasgefüllten Hohlräumen in der Matrix (z.B. mit Hilfe eines Treibmittels) oder durch das Zusetzen polymerer Mikrokugeln (z.B. expandierbarer Mikrokugeln ) oder nichtpolymerer Mikrokugeln (z.B. gläserner Mikrokugeln). Die Streitpatentschrift verweist in diesem Zusammenhang auf die deutsche Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01), die ein Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Polymerschaums mittels Extrusions- oder Spritzgussmaschinen betrifft (Beschr. Abs. 2, 3).
23
In der Streitpatentschrift wird nicht ausdrücklich angegeben, welches technische Problem das Streitpatent betrifft. Die Aufgabenbeschreibung des Patentgerichts nimmt mit dem Hinweis auf die Art und den Zeitpunkt der Expansion der Mikrokugeln im Extruder die erfindungsgemäße Lösung teilweise vorweg. Das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem ist allgemeiner darin zu sehen, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem das Aufschäumen mittels expandierbarer Mikrokugeln unter Einhaltung definierter Bedingungen möglich ist und Erzeugnisse zuverlässig innerhalb enger Fertigungstoleranzen hergestellt werden können.
24
Zur Lösung des Problems schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor (die abweichende Merkmalsgliederung des Patentgerichts ist in eckigen Klammern wiedergegeben): 1. Verfahren zur Herstellung eines Polymerschaums durch Bereitstellen 1.1. von mehreren expandierbaren polymeren Mikrokugeln und 1.2. einer geschmolzenen Polymerzusammensetzung (molten polymer composition) [1; 2; 2.1]. 2. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung enthält weniger als 20 Gewichtsprozent Lösungsmittel [2.1.1]. 3. Jede expandierbare polymere Mikrokugel umfasst eine Polymerhülle und ein Kernmaterial [2.1.2; 2.1.2.1], das 3.1. aus einem Gas, einer Flüssigkeit oder einer Kombination davon besteht [2.1.2.2] und 3.2. beim Erwärmen expandiert, was zur Expansion der Polymerhülle führt [2.1.2.3]. 4. Die geschmolzene Polymerzusammensetzung und die expandierbaren Mikrokugeln werden schmelzgemischt (melt mixing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres) [2.2], wobei die Prozessbedingungen einschließlich Temperatur und Schergeschwindigkeit so gewählt werden, dass eine Zusammensetzung gebildet wird, die 4.1. extrudierbar und 4.2. expandierbar ist [2.2.1; 2.2.2]. 5. Die expandierbare extrudierbare Zusammensetzung wird durch eine Düse extrudiert, um den Polymerschaum zu bilden [2.3].
6. Mehrere der expandierbaren polymeren Mikrokugeln expandieren zumindest teilweise, bevor die expandierbare, extrudierbare Zusammensetzung aus der Düse tritt [2.4].
25
Der mit dem Hauptantrag allein noch verteidigte nebengeordnete Erzeugnisanspruch 15 ist auch in seiner verteidigten Fassung als Product-by-ProcessAnspruch ausgestaltet und dadurch definiert, dass die Erzeugnisse durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 erhältlich sind, wobei der Polymerschaum ein Klebstoff ist und die Polymerzusammensetzung ein adhäsives Acryl- oder Methacrylpolymer oder -copolymer enthält.
26
2. Die Auslegung des Patentanspruchs 1, die das Patentgericht seiner Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents zugrunde gelegt hat, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
27
a) Das Patentgericht hat eine zusammenhängende Ermittlung der mit Patentanspruch 1 gegebenen technischen Lehre unterlassen und lediglich bei der Prüfung der Neuheit jeweils Ausführungen zum Sinngehalt einzelner Merkmale gemacht. Im Rahmen der Auslegung sind jedoch der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen (BGH, Urteil vom 3. Juni 2004 - X ZR 82/03, BGHZ 159, 221, 226 - Drehzahlermittlung; Urteil vom 13. Februar 2007 - X ZR 74/05, BGHZ 171, 120 Rn. 18 f. - Kettenradanordnung I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 Rn. 13 f. - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 31. Mai 2007 - X ZR 172/04, BGHZ 172, 298 Rn. 38 - Zerfallszeitmessgerät; Urteil vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03, BGHZ 186, 90 Rn. 13 - Crimpwerkzeug III). Die Bestimmung des Sinngehalts eines einzelnen Merkmals muss stets in diesem Kontext erfolgen, aus dem sich ergeben kann, dass dem Merkmal eine andere Bedeutung zukommt als einem entsprechenden Merkmal in einer zum Stand der Technik gehörenden Entgegenhaltung. Denn für das Verständnis entschei- dend ist zumindest im Zweifel die Funktion, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Dabei sind Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen, die die technische Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen und daher nach ständiger Rechtsprechung nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs (Art. 69 Abs. 1 EPÜ, § 14 PatG), sondern ebenso für die Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehen sind, unabhängig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung oder der Prüfung des Gegenstands des Patentanspruchs auf seine Patentfähigkeit ist (BGHZ 186, 90 Rn. 13 - Crimpwerkzeug

III).


28
Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung ist es dabei unerheblich, ob die Auslegung zu einem Ergebnis führt, bei dem der Patentanspruch eine unzulässige Erweiterung gegenüber den Ursprungsunterlagen enthält. Ebenso wenig wie der Patentanspruch nach Maßgabe dessen ausgelegt werden darf, was sich nach Prüfung des Standes der Technik als patentfähig erweist (BGH, Urteil vom 24. September 2003 - X ZR 7/00, BGHZ 156, 179, 186 - blasenfreie Gummibahn I), darf er nach Maßgabe des Sinngehalts der Ursprungsunterlagen ausgelegt werden. Grundlage der Auslegung ist vielmehr allein die Patentschrift. Ein Vergleich mit der Veröffentlichung der Patentanmeldung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn dies bei Widersprüchen zwischen Beschreibung und Patentanspruch zur Klärung des Umfangs einer bei der Erteilung des Patents oder im Einspruchsverfahren vorgenommenen Beschränkung des geschützten Gegenstands beitragen kann (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 20 - Gelenkanordnung).
29
b) Die an diesen Grundsätzen orientierte Auslegung führt zu folgendem Ergebnis:
30
Der Begriff "molten polymer composition" wird im Patentanspruch sowohl in Merkmal 1.2 als auch in Merkmal 4 verwendet. Die wesentlich von dem Verständnis dieser Merkmale abhängige und zwischen den Parteien streitige Frage , ob der Patentanspruch eine Reihenfolge der Verfahrensschritte zum Ausdruck bringt, nach der die expandierten Mikrokugeln einer bereits vor der Beimischung geschmolzenen Polymerzusammensetzung zugesetzt werden, ist entgegen der Auffassung des Patentgerichts und der Klägerin zu bejahen.
31
Schon der Wortlaut des Patentanspruchs macht deutlich, dass die Komponenten des Verfahrens die Mikrokugeln (Merkmal 1.1) und die geschmolzene Polymerzusammensetzung (Merkmal 1.2) sind. Diese Komponenten sollen bereitgestellt werden ("providing"). Die Kennzeichnung der Verfahrensschritte mit den Buchstaben a bis d und ihre sachliche Aufeinanderfolge Bereitstellung - Schmelzmischen - Extrudieren/Expandieren sprechen gegen die Annahme, hiermit sei über die Aufeinanderfolge der Maßnahmen nichts ausgesagt. Bei der Schmelzmischung beider Komponenten (Merkmal 4) soll folgerichtig die Expandierbarkeit erhalten bleiben (Merkmal 4.2); entsprechend müssen die Prozessbedingungen gewählt werden. Erst in der Düse beginnt, bedingt durch den Druckabfall (Beschr. Abs. 64; Abs. 83 der Übers.), die Expansion der Mikrokugeln (Merkmal 6).
32
Die Beschreibung erläutert dies, indem sie ausführt, dass Harzteilchen und Additive (aber nicht die Mikrokugeln) gemischt werden, wobei das Mischen vorzugsweise bei einer Temperatur ausgeführt werde, die für eine Mikrokugelexpansion nicht ausreiche. Es könne jedoch auch eine höhere Temperatur verwendet werden, wobei die Temperatur in diesem Fall im Anschluss an das Mischen und vor dem Eintragen der Mikrokugeln erniedrigt werde (Beschr. Abs. 61; Abs. 80 der Übers.). Erst danach werden Polymerzusammensetzung und Mikrokugeln "schmelzgemischt", wobei Temperatur, Druck und Scherkräfte so eingestellt werden, dass kein Expandieren oder Reißen der Mikrokugeln verursacht wird (Beschr. Abs. 63; Abs. 82 der Übers.). Da die Temperatur hier- nach erforderlichenfalls im Verlaufe des Mischungsprozesses abgesenkt werden soll, um eine vorzeitige Expansion der Mikrokugeln zu vermeiden, andererseits am Ende eine extrudierbare Schmelze stehen soll, wird deutlich, dass - entgegen der Annahme des Patentgerichts - die in dieser Konstellation die Temperatur schon vor Zufügung der Mikrokugeln über dem Schmelzpunkt der Polymerzusammensetzung liegen muss.
33
3. Vor diesem Hintergrund kann die Beurteilung der Neuheit der erfindungsgemäßen Lehre durch das Patentgericht keinen Bestand haben. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ). Keine der Entgegenhaltungen sieht vor, dass die Mikrokugeln in die geschmolzene Polymermischung gegeben werden.
34
a) Das in der deutschen Offenlegungsschrift 195 31 631 (E01) beschriebene Verfahren sieht vor, dass den zu verarbeitenden Matrixkunststoffen, deren Erweichungs- oder Schmelztemperaturen zwischen 375 K und 450 K liegen können, Komponenten zugemischt werden, die bereits vor dem Erreichen der Temperaturen, bei denen die Expansion der Mikrokugeln unter Normalbedingungen beginnen würde, Schmelzanteile bilden. Durch diese früh gebildeten Schmelzanteile soll der Aufbau von Druck noch vor dem Schmelzen des Matrixkunststoffes ermöglicht und die Expansion der Mikrokugeln im Extruder während der Existenz fester, höherschmelzender Matrixkunststoffanteile wirksam verhindert werden. Daraus ergibt sich, dass die Mikrokugeln dem Matrixkunststoff zu einem Zeitpunkt beigemischt werden, in dem dieser anders als beim Streitpatent noch nicht (vollständig) geschmolzen ist.
35
b) Der RAPRA-Seminarvortrag "Foaming Plastics With Expancel Microspheres" des Produktmanagers des Herstellers Expancel, Klaus Elfving, (E02) befasst sich in erster Linie mit der Frage, welche Art und Menge von Mikrokugeln vorzugsweise zu verwenden sind, um die erwünschten Schaumstrukturen zu erzielen. Zu den Einzelheiten des Herstellungsverfahrens enthält die E02 keine Angaben. Insbesondere sieht die E02 nicht vor, dass die Mikrokugeln einer bereits geschmolzenen Polymerzusammensetzung beizugeben sind.
36
c) Die Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 96/11226 (E04) betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Kunststoffes zur Ruhigstellung und/oder zum Schutz eines Körperteils, bei dem einem thermoplastischen Grundmaterial Mikrokugeln, die ein Schäummittel bilden, als Füllstoff hinzugefügt werden. Die Ansprüche und die Beschreibung der E04 enthalten zwar Angaben sowohl zu den Eigenschaften des thermoplastischen Grundmaterials und der Mikrokugeln bzw. des Schäummittels sowie zum Anteil des Mischverhältnisses als auch zum Ablauf des Extrudiervorgangs und den dabei einzusetzenden Temperaturen. Die E04 sieht jedoch an keiner Stelle vor, dass die Mikrokugeln in eine bereits geschmolzene Polymermischung gegeben werden.
37
d) Ebenso wenig lässt sich ein solcher Verfahrensschritt der japanischen Offenlegungsschrift Hei 10-152575 (E05) entnehmen, die ein Verfahren zum Schäumen und Formen eines thermoplastischen Harzes betrifft. Bereits in der Aufgabenbeschreibung dieser Entgegenhaltung ist davon die Rede, dass ein Verfahren zur Verfügung gestellt werden soll, das das Mischen eines Ausgangsmaterials aus thermoplastischem Harz mit thermisch expandierbaren Mikrokapseln sowie das thermische Kneten und Schmelzen des Gemisches um- fasst (Beschr. Abs. 7). An anderer Stelle wird ausgeführt, dass die Außenhüllen der thermisch expandierbaren Mikrokapseln aus synthetischem Harz weich würden und das Gas oder die Flüssigkeit in den Mikrokapseln expandierten, sobald das thermoplastische Harz des Ausgangsmaterials im Extrusions- oder Spritzgussverfahren thermisch geschmolzen sei (Beschr. Abs. 14). Dies bedeutet , dass die Mikrokapseln bereits vor dem Schmelzen des Harzes beigegeben worden sein müssen.
38
e) Schließlich sieht auch das in dem US-Patent 5 100 728 (E18) beschriebene Verfahren zur Herstellung von Haftklebebändern an keiner Stelle vor, dass die Mikrokugeln einer geschmolzenen Polymermischung zugesetzt werden sollen. In der Beschreibung wird im Zusammenhang mit der Verwendung von Mikrokugeln als Füllstoff lediglich ausgeführt, es sei vorzugswürdig, den Füllstoff, d.h. in diesem Fall die Mikrokugeln, erst am Ende des Extruders zuzugeben (Beschr. Sp. 10 Z. 62-65). Über den Aggregatzustand der Polymermatrix werden dagegen keine Angaben gemacht.
39
4. Entgegen der Annahme des Patentgerichts ist unter Zugrundelegung der oben dargestellten Auslegung der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch den ermittelten Stand der Technik nicht nahegelegt (Art. 56 EPÜ). Der Fachmann , gegen dessen Definition durch das Patentgericht keine Bedenken bestehen und die auch von den Parteien hingenommen wird, hatte keine Veranlassung , die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren dahingehend weiterzuentwickeln , dass die Mikrokugeln in eine bereits vollständig geschmolzene Polymermischung zu geben sind.
40
a) Die E02 mag zwar - wie das Patentgericht ausführt - die Anregung geben, Extrudate aus thermoplastischen Polymerzusammensetzungen als Polymermatrix und expandierbaren Mikrokugeln herzustellen. Aus der E02 ergab sich für den Fachmann jedoch keine ausreichende Anregung, zur Lehre des Streitpatents zu gelangen. Als Präsentation des Herstellers der Mikrokugeln befasst sich dieses Dokument vorrangig mit den Eigenschaften und der Funktion der Mikrokugeln. In Bezug auf die Komponente Polymere beschränkt sich die E02 auf die Frage, für welche Arten von Polymeren die ExpancelMikrokugeln als Treib- und Schäummittel gut geeignet sind. Vorgaben zum Aggregatzustand der in Betracht kommenden Polymere werden dagegen nicht gemacht. Ebenso wenig enthält die E02 Ausführungen zu den Einzelheiten des Herstellungsverfahrens. Auch insoweit hat die E02 nur die Mikrokugeln im Blick und führt aus, dass es sich bei der Reaktion der Mikrokugeln im Extrusions- und Spritzgussverfahren um Neuland handle (S. 3, li. Sp.: "… rather untouched ground: EXPANCEL in extrusion and injection molding") und dass die Expansionseigenschaften der Mikrokugeln durch Ausprobieren zu ermitteln seien (S. 4, li. Sp.: "trial and error"). Der Fachmann konnte der E02 mithin nichts entnehmen , das ihm Veranlassung hätte geben können, die Mikrokugeln einer bereits geschmolzenen Polymerzusammensetzung beizugeben.
41
b) Auch aus der Entgegenhaltung E01 ergibt sich für den Fachmann keine ausreichende Anregung, zur Lehre des Patentanspruchs 1 zu gelangen.
42
Diese Schrift, die ein Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Kunststoffschäumen mit syntaktischer Schaumstruktur betrifft, erörtert einleitend die verschiedenen im Stand der Technik auf diesem Gebiet bekannten Verfahren. Sie führt hierzu aus, dass im Stand der Technik davon ausgegangen werde, dass die - unerwünschte - vorzeitige Expansion von Mikrokugeln, die an sich durch die zum Aufschmelzen der Kunststoffe erforderlichen Temperaturen oberhalb der Expansionstemperaturen der Mikrokugeln begünstigt werde, durch den hohen Druck in den Kunststoffverarbeitungsmaschinen unterdrückt werde. Entgegen dieser Annahme sei jedoch der Druckaufbau während der Verarbeitung in der Spritzgussmaschine oder im Extruder nicht in allen Phasen gewährleistet , in denen es zur Expansion der Mikrokugeln kommen könne (Sp. 2 Z. 46-59). Ein für den erforderlichen Druckaufbau hermetischer Abschluss des Extruder- oder Spritzgussmaschinenzylinders könne jedoch nicht erfolgen, solange das Volumen zwischen Schneckenkern und Zylinderwandung noch überwiegend mit festen, unaufgeschmolzenen und gegeneinander bewegten Kunststoffpartikeln gefüllt sei. Vielmehr gewähre erst ein relativ hoher Schmelzanteil zwischen den Feststoffpartikeln den druckfesten Verschluss. Um auch Massenkunststoffe verwenden zu können, deren Schmelz- oder Erweichungstemperaturen im Bereich oder über der Expansionstemperatur der Mikroballons liegen, sieht die Schrift vor, den zu verarbeitenden Matrixkunststoffen, deren Erweichungs - oder Schmelztemperaturen zwischen 375 K und 450 K liegen können, Komponenten zuzumischen, die bereits vor dem Erreichen der Temperaturen, bei denen die Expansion der Mikroballons unter Normalbedingungen beginnen würde, Schmelzanteile bilden. Durch die früh gebildeten Schmelzanteile soll der Aufbau von Druck noch vor dem Schmelzen des - dem druckfesten Verschluss wegen seiner Partikularität entgegenstehenden (Sp. 3 Z. 3-13) - Matrixkunststoffes ermöglicht und die Expansion der Mikroballons im Extruder oder der Spritzgussmaschine während der Existenz fester, höherschmelzender Matrixkunststoffanteile wirksam verhindert und ferner die Einwirkung von Scherkräften auf die Mikrokugeln weitgehend vermieden werden (Sp. 4 Z. 22-39). Nach einer als vorteilhaft dargestellten Ausführungsform sollen gemahlene Matrixkunststoffe verwendet werden, mit denen die nicht expandierten Mikrokugeln und die Zusatzkomponenten vor dem Extrudieren gemischt werden, um so einen hohen Verteilungsgrad der Mikrokugeln im Kunststoff bereits vor der Verarbeitung über die Schmelze zu erreichen (Sp. 4 Z. 48-54). Der Grundgedanke der E01 besteht mithin darin, einer vorzeitigen Expansion der Mikrokugeln aufgrund der zum Aufschmelzen des Polymers erforderlichen Temperatur durch Druckaufbau entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund bot die E01 dem Fachmann keine Veranlassung, die Mikrokugeln in die bereits geschmolzene Polymermischung zu geben.
43
c) Ebenso wenig ergibt sich aus den Entgegenhaltungen E04, E05 und E18 für den Fachmann eine Anregung zu dem erfindungsgemäßen Verfahren. In keinem dieser Patentdokumente ist von der Zufügung der Mikrokugeln in eine bereits geschmolzene Polymermasse die Rede. Dies gilt insbesondere auch für die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Passage in der Beschreibung der E18, wonach es vorzugswürdig sei, die Mikrokugeln erst am Abflussende des Extruders hinzuzufügen (Sp. 10 Z. 62-67). Mit dem Hinzufügen am Abflussende wird bei dem Verfahren nach der E18 nicht das Expansionsverhalten gesteuert, da es sich nicht um expandierende Kugeln handelt. Es ergibt sich mithin lediglich, an welcher Stelle die Mikrokugeln hinzu- zufügen sind. Dass die Polymerzusammensetzung zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig geschmolzen sei, lässt sich dieser Aussage dagegen nicht entnehmen und wäre in diesem Kontext auch ohne Belang.
44
III. Das angefochtene Urteil des Patentgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 119 Abs. 1 PatG). Der vom Patentgericht festgestellte Sachverhalt erlaubt nicht die Schlussfolgerung, dass das Streitpatent gegenüber dem Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung unzulässig erweitert worden ist.
45
1. Gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG ist ein europäisches Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der danach maßgebliche Inhalt ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln. Er ist nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche beschränkt. Entscheidend ist vielmehr, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann (BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 31 - Elektronenstrahltherapiesystem ; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 Rn. 46 - Fälschungssicheres Dokument; Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 28/06, GRUR 2010, 513 Rn. 29 - Hubgliedertor II).
46
2. Aus den Feststellungen des Patentgerichts ergibt sich nicht, dass der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen, deren Inhalt der Veröffentlichung WO 00/06637 entspricht, ein Verfahren, bei dem die Polymerzusammensetzung vor dem Schmelzmischen mit den expandierbaren polymeren Mikrokugeln in bereits geschmolzenem Zustand bereit gestellt wird ("melt mi- xing the molten polymer composition and the plurality of expandable polymeric microspheres" - Merkmal 4), nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist.
47
a) Allerdings hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass dem Text der Anmeldung Merkmal 4 nicht ausdrücklich zu entnehmen ist.
48
aa) Nach Patentanspruch 23 in der Fassung der Anmeldung ist der erste Verfahrensschritt das Schmelzmischen einer Polymerzusammensetzung und mehrerer Mikrokugeln. Eine eindeutige Festlegung dahingehend, dass die Polymerzusammensetzung bei der Zugabe der Mikrokugeln in geschmolzenen Zustand vorliegen müsse, enthält der Wortlaut des Patentanspruchs damit nicht.
49
bb) Ebenso wenig lassen diejenigen Passagen in der Beschreibung der Anmeldung, die den Ablauf des Verfahrens im Einzelnen schildern, für sich genommen eindeutige Rückschlüsse auf die Offenbarung des Merkmals 4 des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung zu.
50
b) Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich dem Fachmann Merkmal 4 gleichwohl unmittelbar und eindeutig aus dem Zusammenhang der Beschreibung ergibt.
51
aa) Das Patentgericht hat das Vorbringen der Beklagten, aus sämtlichen Ausführungsbeispielen, die Hot-Melt-Polymerzusammensetzungen betreffen, ergebe sich die im erteilten Patent geschützte Verfahrensführung, für unerheblich erachtet, weil weder dem Streitpatent noch den ursprünglichen Unterlagen eine entsprechende stoffliche Einschränkung hinsichtlich der eingesetzten Polymerzusammensetzung etwa auf Hot-Melt-Polymere und eine Einschränkung der Verfahrensführung, insbesondere der Temperatur bei den einzelnen Verfahrensschritten , zu entnehmen sei. Mit dieser Begründung kann jedoch die Offen- barung einer Merkmal 4 umfassenden technischen Lehre nicht ausgeschlossen werden.
52
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Ursprungsoffenbarung des Gegenstands eines Patentanspruchs erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen - "unmittelbar und eindeutig" (BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 389 - Luftverteiler; Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 - Olanzapin; Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910, Rn. 62 - Fälschungssicheres Dokument) - als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (Urteil vom 21. September 1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn 03; Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung ; Urteil vom 18. Februar 2010 - Xa ZR 52/08, GRUR 2010, 599 = BlPMZ 2010, 269, Rn. 22, 24 - Formteil). Dabei hat der Senat zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zugelassen. Er hat einen "breit" formulierten Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann für unbedenklich erachtet, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung ). Solche Verallgemeinerungen sind vornehmlich dann zugelassen worden, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenom- men worden sind (ständige Rechtsprechung seit BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer; zuletzt Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 34 - Elektronenstrahltherapiesystem ). Als zulässig ist jedoch auch die Verallgemeinerung einer chemischen Verbindung angesehen worden (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1975 - X ZR 51/72, BGHZ 66, 17, 30 - Alkylendiamine I).
53
cc) Es würde daher für die Offenbarung einer Merkmal 4 umfassenden technischen Lehre genügen, wenn der fachmännische Leser den Hot-MeltPolymerzusammensetzungen betreffenden Ausführungsbeispielen der Ursprungsunterlagen entnähme, dass bei diesen Ausführungsbeispielen die Mikrokugeln einer Polymerschmelze zugegeben werden. Denn in diesem Fall entnähme er den Ursprungsunterlagen damit, dass die Erfindung jedenfalls so ausgeführt werden kann, wie nunmehr in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellt. Das angefochtene Urteil schließt ein solches fachmännisches Verständnis nicht aus, sondern legt es vielmehr zugrunde.
54
IV. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 PatG). Eine abschließende Sachentscheidung durch den Senat ist nicht angezeigt (§ 119 Abs. 5 PatG).
55
1. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 119 Abs. 5 Satz 2 PatG).
56
a) Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des Patentgerichts und des Sach- und Streitstandes am Schluss der mündlichen Verhandlung nicht abschließend beurteilen, ob das Streitpatent wegen unzulässiger Erweiterung für nichtig zu erklären ist. Hierzu bedarf es vielmehr zusätzlicher Feststellungen zu den Kenntnissen des Fachmanns über Beschaffenheit und Eigenschaften der in den Ursprungsunterlagen beschriebenen Hot-Melt-Zusammensetzungen, die der Senat nicht ohne Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen zu treffen vermag.
57
b) Auch über die Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents kann nicht abschließend entschieden werden. Zwar erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1, wie ausgeführt, als patentfähig. Ob auch der Gegenstand des Patentanspruchs 15 patentfähig ist, kann aber ohne ergänzende Feststellungen gleichfalls nicht beurteilt werden.
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Das Patentgericht hat dies - nach seinem Ausgangspunkt folgerichtig - nicht geprüft. Patentanspruch 15 in der im Berufungsverfahren zuletzt verteidigten Fassung beschreibt die geschützte Sache lediglich als adhäsives Acrylatoder Methacrylatpolymer oder -copolymer, das durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 erhältlich ist. Die Patentfähigkeit dieses Gegenstands hängt mithin davon ab, ob sich das Ergebnis des Verfahrens durch mindestens ein nicht durch ein nahegelegtes Verfahren erhältliches Sachmerkmal von den Ergebnissen sämtlicher im Stand der Technik bekannter Verfahren unterscheidet. Die Klägerin hat erstinstanzlich unter Bezugnahme auf das Gutachten O. vom 18. März 2011 (G2a) geltend gemacht, dass sich die nach dem Verfahren nach der E01 erhältlichen Erzeugnisse nicht von den erfindungsgemäßen Erzeugnissen unterscheiden. Demgegenüber hat die Beklagte unter Bezugnahme auf das Gutachten S. vom 7. April 2011 (G3) die Aussagekraft des Gutachtens O. beanstandet. Es kann dahinstehen, ob der Senat die Begründetheit dieser Beanstandungen abschließend beurteilen könnte. Jedenfalls stünde damit noch nicht fest, dass die Behauptung der Klägerin nicht gleichwohl zutreffend ist. Auch dies könnte nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden.
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2. Eine Entscheidung durch den Senat ist auch nicht nach § 119 Abs. 5 Satz 1 PatG angebracht.
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a) Nach dieser Bestimmung kann der Bundesgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (BT-Drucks. 16/11339, S. 25) zu dieser Vorschrift wird erläutert, dass der Bundesgerichtshof in einer noch nicht zur Endentscheidung reifen Sache selbst die notwendigen Feststellungen treffen und abschließend in der Sache entscheiden könne, wenn dies im Sinne der Verfahrensökonomie geboten sei. Eine Zurückweisung an das Patentgericht soll vermieden werden, wenn das Verfahren einfacher und schneller in der Berufungsinstanz abschließend erledigt werden kann. Für die Entscheidung der Frage, ob eine wegen fehlender Entscheidungsreife gebotene weitere Sachaufklärung dem Patentgericht übertragen wird oder in dem zu diesem Zweck fortgesetzten Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof erfolgt , kommt es mithin in erster Linie darauf an, auf welchem Weg die noch offenen Sachfragen möglichst effizient und zügig geklärt werden können.
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b) Danach hält der Senat eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens nicht für sachdienlich.
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Die erforderliche Sachaufklärung könnte, wie ausgeführt, im Berufungsverfahren nur mithilfe eines vom Senat zu bestellenden Sachverständigen erfolgen. Hingegen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Patentgericht die noch offenen Fragen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden kann. Denn die Sachkunde seiner technischen Richter kann dem Patentgericht möglicherweise eine fundierte Auseinandersetzung mit den von den Parteien vorgelegten Gutachten erlauben, die es gestattet, sowohl die Frage der Ursprungsoffenbarung als auch gegebenenfalls die Frage der Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 15 ohne Beratung durch einen gerichtlichen Sachverständigen abschließend zu klären. Sollte insbesondere die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit sich die Erzeugnisse nach dem Verfahren der E01 von den erfindungsgemäßen unterscheiden, die Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen erfordern, wird es entscheidend darauf ankom- men, welche Randbedingungen bei gegebenenfalls erforderlichen Versuchen zu beachten sind; auch insoweit ist das Patentgericht aufgrund seiner Besetzung mit rechtskundigen und technischen Mitgliedern am besten in der Lage, die Beweiserhebung sachgerecht zu steuern.
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V. Für die erneute Verhandlung vor dem Patentgericht weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Bei der Ermittlung des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Unterlagen wird zu prüfen sein, ob aus der Sicht des Fachmanns das Mischen der Harzpartikel und der Additive unter Wärmezufuhr zumindest bei einzelnen Ausführungsbeispielen zwangsläufig zum Schmelzen der Mischung führt, bevor die Mikrokugeln zugegeben werden (S. 16 Z. 12-17). Nach der Darstellung des Ablaufs des Extrusionsverfahrens in der Beschreibung der Anmeldung wird zunächst das Polymerharz, das in jeder beliebigen geeigneten Form, wie beispielsweise als Granulat, Fäden oder Stränge verwendet werden kann, in den Extruder gegeben, um es zu erweichen und in kleine, zur Extrusion geeignete Teile zu zermahlen (S. 16 Z. 4-8). Beim folgenden Verfahrensschritt werden in den Fällen, in denen den Harzpartikeln noch weitere Additive zugefügt werden, die Komponenten mit Ausnahme der Mikrokugeln in einen zweiten Extruder gegeben, um sie in der Knetzone des Extruders zu vermischen. Hierbei wird für den Mischvorgang angegeben, bei welcher Temperatur er vorzugsweise durchgeführt werden soll. Als Parameter für die Temperatur wird lediglich die Expansion der Mikrokugeln genannt: die vorzuziehende Temperatur soll unter derjenigen liegen, die zur Expansion der Mikrokugeln führt. Wird die Temperatur höher gewählt, was nach der Beschreibung möglich ist, muss sie nach dem Mischen und vor dem Beifügen der Mikrokugeln wieder heruntergesetzt werden. Zu der Frage, wie sich die Temperatur auf die Polymermischung auswirkt bzw. auswirken soll, nämlich, dass diese schmelzen soll, enthält die Beschreibung der Anmeldung an dieser Stelle keine Aussage. Es fehlt insbesondere die Angabe, dass die Erwärmung auch ein Aufschmelzen der Polymerzusammensetzung bewirkt haben muss, bevor die Mikrokugeln zugegeben werden. Möglicherweise führt aber aus der Sicht des Fachmanns dieser Verfahrensschritt zwangsläufig zum Schmelzen der Mischung, bevor die Mikrokugeln zugegeben werden.
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2. Auf Seite 5 (Z. 8 und Z. 23) der Beschreibung wird wie in Patentanspruch 23 in der Fassung der Anmeldung ausgeführt, dass eine Polymerzusammensetzung mit den Mikrokugeln schmelzgemischt wird, so dass auch der Verfahrensschritt des Schmelzmischens Aufschluss darüber geben könnte, ob die Merkmale 1.2 und 4 des Patentanspruchs 1 bereits in den Anmeldeunterlagen offenbart sind. Bei der Darstellung des Verfahrensablaufs ist nämlich erstmals bei diesem Verfahrensschritt von einem geschmolzenen Polymerharz die Rede (S. 16 Z. 27 der Beschreibung der Anmeldung). Sind die Harzpartikel und Additive gut gemischt, werden die expandierbaren Mikrokugeln dieser Mischung zugefügt, wobei die Beschreibung zur Bezeichnung dieser Mischung allerdings lediglich den Begriff "resulting mixture" verwendet und an dieser Stelle gerade nicht von einer "molten mixture" spricht. Jedoch wird der Begriff "molten polymer resin" im Zusammenhang mit der Beschreibung des Zwecks des Schmelzmischens verwendet, der darin bestehen soll, eine expandierbare und extrudierbare Zusammensetzung herzustellen, in der die expandierbaren polymeren Mikrokugeln und andere Additive gleichmäßig in dem geschmolzenen Polymerharz verteilt sind (S. 26 Z. 22-27 der Beschreibung der Anmeldung). Zu prüfen wird daher sein, ob dieser Stelle vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachwissens entnommen werden kann, dass die Polymermasse bereits geschmolzen vorliegt, wenn die Mikrokugeln beigegeben werden.
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3. Hingegen würde es für eine Ursprungsoffenbarung des Merkmals 4 nicht genügen, wenn sich bei der Nacharbeitung von Ausführungsbeispielen der Ursprungsunterlagen zwar objektiv ergäbe, dass die Polymerzusammensetzung bereits in einem geschmolzenen Zustand vorliegt, wenn die Mikrokugeln beige- geben werden, dies aber für den Fachmann anhand der Ursprungsunterlagen nicht ohne weiteres erkennbar wäre.
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Denn zwar bestehen, wie ausgeführt, gegen eine allgemeinere, von für ein Ausführungsbeispiel dargestellten Einzelheiten abstrahierende Formulierung eines Patentanspruchs keine grundsätzlichen Bedenken. Eine solche Abstraktion ist jedoch dann nicht mehr durch die Ursprungsoffenbarung gedeckt, wenn mit der allgemeinen Formulierung auf eine als solche nicht genannte oder für den Fachmann ohne Weiteres erkennbare Eigenschaft des Gegenstands der Erfindung abgehoben wird. Wäre für den Fachmann nicht erkennbar, dass jedenfalls bei Ausführungsbeispielen die Mikrokugeln der Polymerschmelze zugegeben werden, enthielte Merkmal 4 ein Unterscheidungskriterium für die Wahl einer zur Erzielung des erfindungsgemäßen Erfolgs geeigneten Verfahrensführung , das in den Prioritätsunterlagen weder offenbart noch diesen als zur Erfindung gehörend zu entnehmen wäre.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Bacher Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 14.04.2011 - 3 Ni 28/09 (EU) -
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c) aa) Die vom Patentgericht im Einspruchsverfahren vorgenommene Auslegung der Anmeldungsunterlagen unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Zwar teilen die Anmeldungsunterlagen nicht den Rechtsnormcharakter (vgl. BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel; 172, 120 - Kettenradanordnung) des erteilten Schutzrechts. In ihnen offenbart sich jedoch die technische Lehre, die zur Schutzrechtserteilung angemeldet wird und unter Schutz gestellt werden soll. Welchen Inhalt sie hat, kann sachgerecht nur unter Anwendung der für die Auslegung des erteilten Patents geltenden objektiven Maßstäbe (vgl. Melullis, FS für Ullmann, S. 503, 505) erfolgen.
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Dabei wird verkannt, dass ein erteilter Patentanspruch Rechtsnormcharakter hat (so wörtlich Sen.Beschl. v. 8.7.2008 - X ZB 13/06 Tz. 13, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II) und es eine Rechtsfrage ist, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt (st. Rspr. seit BGHZ 142, 7 - Räumschild, vgl. z.B. BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung ). Damit verbietet es sich, diese Frage unbeantwortet zu lassen. Denn in der verbindlichen Beantwortung von Rechtsfragen besteht die Aufgabe des angerufenen Gerichts, von der es auch dann nicht entbunden ist, wenn die Rechtsnorm unklar oder deren Auslegung schwierig ist. Gerade im Hinblick auf die Patentauslegung hat der Senat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass hiermit unter anderem etwaige Unklarheiten behoben werden müssen (z.B. BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I; Sen.Urt. v. 28.10.2003 - X ZR 76/00, GRUR 2004, 413 - Geflügelkörperhalterung). Das duldet nicht, dass der Verletzungsrichter sich darauf zurückzieht, den Erfindungsgegenstand ganz oder teilweise nicht bestimmen zu können. In jedem Fall hat das Verletzungsgericht diejenige Bedeutung der Angaben des auszulegenden Patentanspruchs zu bestimmen, die nach dem sonstigen Inhalt der Patentansprüche unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen als sinnvoll erkannt werden kann. Nur das steht auch in Einklang mit der Erfahrung, dass Fachleute bestrebt sind, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen (Sen.Beschl. v. 8.7.2008 - X ZB 13/06 Tz. 21, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II; Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 275/07 Tz. 19).
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Sie hätte - wie auch das Patentgericht nicht verkannt hat - zur Folge, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde. Eine Auslegung mit einem solchen Ergebnis ist zwar nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie käme aber nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausschieden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht. Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung des Patentgerichts im Streitfall nicht gegeben. Der Patentanspruch lässt vielmehr - noch - hinreichend deutlich erkennen, dass mit den darin vorgesehenen Merkmalen beide in der Beschreibung geschilderten Ausführungsbeispiele erfasst werden sollen.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)