vorgehend
Landgericht München I, 21 O 172/01, 29.10.2003
Oberlandesgericht München, 6 U 5352/03, 16.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 95/05 Verkündet am:
31. März 2009
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Straßenbaumaschine
EPÜ Art. 69; PatG § 14
Die Patentverletzungsklage darf nicht mit der Begründung abgewiesen werden, Angaben
des Patentanspruchs seien unklar und ihr Sinngehalt sei unaufklärbar.
BGH, Urt. v. 31. März 2009 - X ZR 95/05 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 16. Juni 2005 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 916 004 (Klagepatents), das zwölf Patentansprüche umfasst und dessen Anspruch 1 in der Verfahrenssprache ohne Bezugszeichen wie folgt lautet: "Straßenbaumaschine zum Bearbeiten von Fahrbahnen, - mit einem selbst fahrenden Fahrwerk bestehend aus einer lenkbaren vorderen Fahrwerkachse mit mindestens einem Stützrad und zwei hinteren Stützrädern, - mit einem im Bereich der hinteren Stützräder angeordneten Fahrstand für einen Fahrzeugführer auf einem von dem Fahrwerk getragenen Maschinenrahmen, - mit einer in oder an dem Maschinenrahmen gelagerten Arbeitseinrichtung , die auf einer Seite, nämlich auf der so genannten Nullseite des Maschinenrahmens, in etwa bündig mit diesem abschließt, - mit einem Antriebsmotor für die für den Antrieb der Arbeitseinrichtung und den Fahrbetrieb benötigte Antriebsleistung, - wobei das auf der Nullseite befindliche hintere Stützrad aus einer über die Nullseite vorstehenden äußeren Endposition in eine eingeschwenkte innere Endposition verschwenkbar ist, in der das Stützrad nicht über die Nullseite übersteht, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass das schwenkbare Stützrad über ein in einer horizontalen Ebene liegendes, mit einer Antriebsreinrichtung gekoppeltes Getriebe von der äußeren Endposition unter Beibehaltung der Laufrichtung in die innere parallel verschobene Endposition verschwenkbar ist."
2
Die Beklagte vertreibt Kaltfräsen in zwei Ausführungsformen (xx1 = angegriffene Ausführungsform 1 und xx2 = angegriffene Ausführungsform

2).


3
Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch.
4
Die Beklagte weist den Patentverletzungsvorwurf zurück. Beide angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten das die räumliche Anordnung des Fahrstandes betreffende Merkmal des Patentanspruchs 1 (= zweiter Spiegelstrich ) nicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 seien ferner die nach dem ersten Spiegelstrich im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale teilweise und das im letzten Spiegelstrich benannte Merkmal nicht vorhanden. Im Übrigen stehe ihr auch ein Weiterbenutzungsrecht nach § 12 PatG zu.
5
Das Landgericht hat die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Beide angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten das die räumliche Anordnung des Fahrstandes betreffende Merkmal wortsinngemäß. Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 seien ferner auch die beiden weiteren streitigen Merkmale wortsinngemäß bzw. in abgewandelter Form verwirklicht. Auf ein Vorbenutzungsrecht nach § 12 PatG könne sich die Beklagte nicht berufen, weil das hierfür ins Feld geführte Modell einer Fräse nicht von allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 Gebrauch mache.
6
Die Beklagte hat sich hiergegen mit der Berufung gewendet. Das Oberlandesgericht hat bei dem bereits erstinstanzlich hinzugezogenen gerichtlichen Sachverständigen ein Ergänzungsgutachten eingeholt und diesen Sachverständigen mündlich angehört. Aufgrund dieser Beweiserhebung hat es die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abgewiesen.
7
Hiergegen wendet sich nunmehr die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision und dem Antrag, die landgerichtliche Verurteilung wieder herzustellen.
8
Die Beklagte tritt diesem Begehren entgegen.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Revision der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
1. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Patentverletzungsklage wie folgt begründet:
11
Es müsse zunächst der Gegenstand der geschützten Erfindung festgestellt werden. Hierzu gehöre auch die Ermittlung des Sinngehalts der die räumliche Anordnung des Fahrstandes betreffenden Anweisung im Patentanspruch 1. Die nötige Feststellung, was das Patent unter diesem Merkmal verstehe , sei aber trotz der erfolgten Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe nicht möglich, weil der gerichtliche Sachverständige sich außerstande gesehen habe, eine Definition dieses Merkmals anzugeben. Es könne deshalb nicht festgestellt werden, ob der Fahrstand der angegriffenen Ausführungsformen, der sich knapp vor den hinteren Stützrädern befinde, "im Bereich der hinteren Stützräder" liege, und eine Prüfung der angegriffenen Ausführungsformen darauf , ob sie eine wortsinngemäße oder äquivalente Verletzung des Klagepatents darstellten, sei nicht möglich.

12
2. Mit dieser Begründung kann die Patentverletzungsklage nicht abgewiesen werden.
13
a) Richtig ist allerdings, dass sich der Schutzbereich einer patentierten Lehre zum technischen Handeln, deren Verwirklichung behauptet ist, aus dem betreffenden Patentanspruch ergibt (Art. 69 EPÜ bzw. - für das deutsche Patentrecht - § 14 PatG) und dass deshalb im Patentverletzungsprozess der erste Schritt bei der Entscheidungsfindung darin besteht, den Wortlaut dieses Patentanspruchs dahin auszulegen, welcher Sinngehalt ihm zukommt (st. Rspr., z.B. BGHZ 171, 120 Tz. 18 f. - Kettenradanordnung; BGHZ 172, 108 Tz. 13 - Informationsübermittlungsverfahren I). Da im Streitfall der Patentanspruch 1 auch Angaben zur räumlichen Anordnung des Fahrstandes enthält, kann ferner nicht beanstandet werden, dass das Berufungsgericht auch insoweit eine inhaltliche Erfassung des geschützten Gegenstands für notwendig gehalten hat. Auch das steht in Einklang mit Art. 69 EPÜ (bzw. § 14 PatG) und berücksichtigt die Rechtsprechung des Senats, dass der Schutzbereich eines Patents keine Unterkombination der Merkmale der beanspruchten technischen Lehre umfasst (BGHZ 172, 798 Tz. 26 ff. - Zerfallszeitmessgerät).
14
b) Im Übrigen beruht das angefochtene Urteil jedoch auf grundlegenden Rechtsfehlern, wie die Revision zu Recht rügt.
15
(1) Die Ausführungen im angefochtenen Urteil legen die Deutung nahe, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, der Sinngehalt eines Patentanspruchs bzw. eines zu ihm gehörenden Merkmals sei ein Umstand, der als oder wie eine klagebegründende Tatsache zur Überzeugung des Gerichts mittels gesetzlich zugelassener Beweismittel dargetan sein müsse; bei verbleibenden Zweifeln müsse deshalb die Klage abgewiesen werden ("non liquet").
16
Dabei wird verkannt, dass ein erteilter Patentanspruch Rechtsnormcharakter hat (so wörtlich Sen.Beschl. v. 8.7.2008 - X ZB 13/06 Tz. 13, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II) und es eine Rechtsfrage ist, was sich aus einem Patentanspruch als geschützter Gegenstand ergibt (st. Rspr. seit BGHZ 142, 7 - Räumschild, vgl. z.B. BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung ). Damit verbietet es sich, diese Frage unbeantwortet zu lassen. Denn in der verbindlichen Beantwortung von Rechtsfragen besteht die Aufgabe des angerufenen Gerichts, von der es auch dann nicht entbunden ist, wenn die Rechtsnorm unklar oder deren Auslegung schwierig ist. Gerade im Hinblick auf die Patentauslegung hat der Senat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass hiermit unter anderem etwaige Unklarheiten behoben werden müssen (z.B. BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I; Sen.Urt. v. 28.10.2003 - X ZR 76/00, GRUR 2004, 413 - Geflügelkörperhalterung). Das duldet nicht, dass der Verletzungsrichter sich darauf zurückzieht, den Erfindungsgegenstand ganz oder teilweise nicht bestimmen zu können. In jedem Fall hat das Verletzungsgericht diejenige Bedeutung der Angaben des auszulegenden Patentanspruchs zu bestimmen, die nach dem sonstigen Inhalt der Patentansprüche unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen als sinnvoll erkannt werden kann. Nur das steht auch in Einklang mit der Erfahrung, dass Fachleute bestrebt sind, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen (Sen.Beschl. v. 8.7.2008 - X ZB 13/06 Tz. 21, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II; Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 275/07 Tz. 19).
17
Vergeblich verweist die Beklagte demgegenüber darauf, dass ausweislich Art. 84 Satz 2 EPÜ der Anmelder bei der Formulierung seiner Patentan- sprüche die Verantwortung für deren Klarheit und Deutlichkeit trage. Daraus folgt nicht die Zulässigkeit eines Verzichts auf ein Auslegungsergebnis im Patentverletzungsprozess. Eine Unklarheit im Ausdruck kann lediglich Anlass bieten , der betreffenden Angabe im Patentanspruch einen beschränkten Sinngehalt bis hin zum engstmöglichen sinnvollen Verständnis zuzuweisen, wenn anders der im Protokoll über die Auslegung des Art. 69 EPÜ enthaltenen Vorgabe, bei der Patentauslegung auch ausreichende Rechtssicherheit für Dritte zu wahren , nicht hinreichend Rechnung getragen werden kann. Nachdem ein Patent mit dem im Nachhinein vom Verletzungsgericht als unklar empfundenen Wortlaut erteilt ist, hat nur in diesem Sinne das Schlagwort Berechtigung, ein offenes Auslegungsergebnis gehe zu Lasten des Patentinhabers. Die Versagung jeglichen Patentschutzes, zu dem die vom Berufungsgericht für zulässig und geboten gehaltene Vorgehensweise führt, ist im Übrigen auch deshalb nicht mit der geltenden Gesetzeslage vereinbar, weil die Patenterteilung dem Patentinhaber aus jedem Patentanspruch Rechte zuweist, die der Verletzungsrichter so lange als gegeben hinzunehmen hat, als der betreffende Patentanspruch nicht widerrufen oder für nichtig erklärt ist (vgl. Sen.Beschl. v. 12.11.2002 - X ZR 176/01, GRUR 2003, 550 - Richterablehnung).
18
c) Des Weiteren ist es rechtsfehlerhaft, der die räumliche Anordnung des Fahrstandes betreffenden Angabe im Patentanspruch 1 allein deshalb keinen die weitere Prüfung der Verletzungsfrage ermöglichenden Bedeutungsinhalt zuzuerkennen, weil der gerichtliche Sachverständige - wie sich das Berufungsgericht dessen Ergänzungsgutachten und mündliche Anhörung zusammenfassend ausgedrückt hat - nicht angeben konnte, was das Patent unter dem mit dieser Angabe umschriebenen Merkmal versteht. Denn hierin kommt zum Ausdruck , dass das Berufungsgericht selbst keine Wertung der betreffenden Angabe des Patentanspruchs 1 vorgenommen hat. Auch das missachtet, dass die Würdigung, was sich aus in einem Patentanspruch benannten Merkmalen im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt, eine Rechtsfrage ist. Denn diese muss das angerufene Gericht mittels eines wertenden Aktes eigenverantwortlich beantworten (st. Rspr., z.B. Sen.Urt. v. 17.4.2007 - X ZR 1/05 Tz. 20, GRUR 2007, 59 - Pumpeinrichtung; BGHZ 171, 120 Tz. 18 f. - Kettenradanordnung, jeweils m.w.N.). Hierbei hat das Gericht sich zwar an der Sicht des angesprochenen Fachmanns zu orientieren (st. Rspr., z.B. BGHZ 172, 297 Tz. 38 - Zerfallszeitmessgerät; 171, 120 Tz. 18 - Kettenradanordnung, jeweils m.w.N.). Da eine eigenverantwortliche Bewertung des Patentanspruchs durch das Gericht, welche Lehre dieser dem angesprochenen Fachmann vermittelt, erforderlich ist, heißt aber auch das nicht, dass das, was ein gerichtlicher Sachverständiger schriftlich oder mündlich ausgeführt hat, eine gerichtliche Entscheidung schon deshalb tragen könnte, weil das Gericht an der Sachkunde des Sachverständigen insoweit keine Zweifel hat und dieser deshalb insoweit als sachkundig gelten kann (vgl. näher Sen.Urt. v. 12.2.2008 - X ZR 153/05 Tz. 32, GRUR 2008, 779 - Mehrgangnabe).
19
3. Das Berufungsgericht wird nach allem nunmehr die gebotene Auslegung des Patentanspruchs 1 vornehmen müssen und dabei in eigenständiger Würdigung des durch die Beschreibung und die Zeichnungen erläuterten Wortlauts auch den Sinngehalt der die räumliche Anordnung des Fahrstandes betreffenden Angabe bestimmen müssen. Wenn das Berufungsgericht eine Auslegung des Schutzanspruchs unterlassen hat, ist nämlich für eine Sachentscheidung des Senats aufgrund einer eigenen Auslegung des Anspruchs regelmäßig kein Raum (BGHZ 172, 298 Tz. 39 - Zerfallszeitmessgerät). Dies gilt im Streitfall schon deshalb, weil der Senat ohnehin eine abschließende Sachentscheidung nicht treffen könnte. Denn im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform 1 fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts zu dem insoweit von der Beklagten geltend gemachten Weiterbenutzungsrecht, und im Hinblick auf die Ausführungsform 2 mangelt es an Feststellungen, die ein abschließendes Urteil über die Verwirklichung der beiden weiteren streitigen Merkmale des Patentanspruchs 1 erlauben.
20
4. Vorsorglich weist der Senat jedoch auf Folgendes hin:
21
a) Die zur Erläuterung des Patentanspruchs 1 heranzuziehende allgemeine Beschreibung des Streitpatents befasst sich lediglich im Zusammenhang mit der Darstellung der aus der FR-A-264 27 73 vorbekannten Fräse überhaupt mit der Frage der räumlichen Anordnung eines Fahrstandes. Es wird bemängelt , dass von diesem Fahrstand, der als oberhalb der auf Höhe der hinteren Stützräder mit ihrer Achse angebrachten Fräswalze befindlich beschrieben ist (Sp. 1 Z. 34 f., 50 f.), der Arbeitsraum vor der Fräswalze wegen der bei dem bekannten Gerät gewählten, viel Platz benötigenden Vorrichtung zum Verschwenken des hinteren Stützrades nicht frei einsehbar sei (Sp. 1 Z. 53 ff.). Da die Lösung nach dem Streitpatent statt dessen ein horizontal liegendes Getriebe verlangt, das den vertikalen Platzbedarf für die Schwenkeinrichtung verringert (Kennzeichen des Patenanspruchs 1 und Sp. 2 Z. 23 ff.), könnte es eine sinnvolle und den Geboten der Rechtssicherheit genügende Deutung darstellen , Patentanspruch 1 solle mit seiner Angabe zur räumlichen Anordnung des Fahrstandes zum Ausdruck bringen, dass der aus der FR-A-264 27 73 bekannte Ort des Fahrstandes beibehalten werden könne und solle, und dass die Worte "im Bereich" gewählt worden seien, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die hinteren Stützräder selbst in Fahrtrichtung gesehen einen gewissen Raum einnehmen und auch zwischen sich Platz beanspruchen.
22
b) Wegen der insoweit erhobenen Gegenrüge der Beklagten wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls ferner in tatrichterlicher Würdigung des zu den angegriffenen Ausführungsformen Vorgebrachten damit befassen müssen, ob der Fahrstand tatsächlich, wie in dem angefochtenen Urteil eher beiläufig bemerkt, knapp vor den hinteren Stützrädern oder nach seiner ganzen Ausdehnung etwa in der Mitte zwischen den hinteren und den vorderen Stützrädern angeordnet ist.
23
c) Sollte das Berufungsgericht wegen der bislang festgestellten oder der von der Beklagten behaupteten räumlichen Anordnung des Fahrstandes oder im Hinblick auf die anderen streitigen Merkmale eine wortsinngemäße Verwirklichung des Patentanspruchs 1 verneinen, sind schließlich die unter anderem in dem Urteil mit dem Schlagwort "Schneidmesser I" (BGHZ 150, 149) wiedergegebenen Fragen zu behandeln, deren Beantwortung nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Wertung erlaubt, dass die betreffende Ausführungsform trotz vorhandener Abweichung vom Sinngehalt des Patentanspruchs in dessen Schutzbereich fällt. Insoweit erscheint im Hinblick auf die Angabe zur räumlichen Anordnung des Fahrstandes erwägenswert, dass die Wortwahl "im Bereich" dem nacharbeitenden Fachmann ohnehin eine Entscheidung über den Ort abverlangt. Das könnte die Möglichkeit in den Blick rücken, den Fahrstand auch außerhalb des vom Wortsinn her vorgesehenen Bereichs anzuordnen, jedenfalls dann, wenn die betreffende Ausführungsform dies nach ihrer nicht durch den Patentanspruch 1 vorgegebenen Bauart trotz des erfindungsgemäßen platzsparenden Getriebes im Hinblick auf die erstrebte, im Vergleich zu der aus der FR-A-264 27 73 bekannten Fräse bessere Sicht als sinnvoll erscheinen lässt.
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.10.2003 - 21 O 172/01 -
OLG München, Entscheidung vom 16.06.2005 - 6 U 5352/03 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05 zitiert 3 §§.

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 12


(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Okt. 2003 - X ZR 76/00

bei uns veröffentlicht am 28.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 76/00 Verkündet am: 28. Oktober 2003 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2005 - X ZR 176/01

bei uns veröffentlicht am 19.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 176/01 Verkündet am: 19. April 2005 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2007 - X ZR 1/05

bei uns veröffentlicht am 17.04.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 1/05 Verkündet am: 17. April 2007 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2008 - X ZB 13/06

bei uns veröffentlicht am 08.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 13/06 vom 8. Juli 2008 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend die Einspruchssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Momentanpol II PatG § 14, § 21 Abs. 1 Nr. 4 Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts d
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2009 - X ZR 95/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2014 - X ZR 61/11

bei uns veröffentlicht am 06.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 6 1 / 1 1 Verkündet am: 6. Mai 2014 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2019 - X ZR 62/17

bei uns veröffentlicht am 24.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 62/17 Verkündet am: 24. September 2019 Zöller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: neinw BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2011 - X ZR 16/09

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 16/09 Verkündet am: 10. Mai 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2015 - X ZR 103/13

bei uns veröffentlicht am 02.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 03/ 1 3 Verkündet am: 2. Juni 2015 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat.

(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/06
vom
8. Juli 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend die Einspruchssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Momentanpol II
Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen
gilt nichts anderes als für die Auslegung der in einem Patentanspruch
verwendeten Begriffe und dessen Lehre zum technischen Handeln.
BGH, Beschl. v. 8. Juli 2008 - X ZB 13/06 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens sowie den Richter Gröning

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Inhaber des am 18. Oktober 1988 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Voranmeldung vom 14. März 1988 angemeldeten und am 28. Januar 2003 erteilten (Veröffentlichung der Erteilung: 12. Juni 2003) deutschen Patents 38 35 367 (Streitpatents). Es betrifft ein mit einem Schlepper verbindbares und mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattetes Mähwerk und umfasst 40 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet: "1. Mähwerk, das mit einem Schlepper verbindbar ist, mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks , welches Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die Ausgleichsvorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Schwenkachse (2) des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, und dass die Ausgleichsvorrichtung Lenker (9, …) aufweist, wobei mindestens einer der Lenker (9, …) sich in geneigter Lage von vorne oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse (2) ausweicht."
2
Gegen das Patent haben die Einsprechenden Einspruch eingelegt und sich dafür unter anderem auf den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) berufen. Das Einspruchsverfahren ist vor dem Bundespatentgericht durchgeführt worden.
3
Der Patentinhaber hat das Streitpatent in erster Linie in seiner erteilten Fassung und hilfsweise mit einem durch Merkmale des Anspruchs 6 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ergänzten Patentanspruch 1 verteidigt.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers , deren Zurückweisung die Einsprechenden beantragen.
5
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung uneingeschränkt statthaft (§ 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 in Verbindung mit § 100 Abs. 1 PatG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel, das die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses nach Art einer Revision eröffnet (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I), führt zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
6
2. Der Streitpatentschrift zufolge sind im Stand der Technik an Schlepper angebaute oder angehängte Mähwerke bekannt, die beim Arbeitseinsatz je nach Geländeformation gegenüber dem Schlepper auf- und abbewegt werden. Als nachteilig erweise sich, wie in der Beschreibung weiter ausgeführt wird, dass die Mähwerke bei unebenen Böden zu Nickbewegungen gezwungen würden , die zu ungleichmäßiger Schnitthöhe führten, bzw., dass die Mähwerke sich im Betrieb schräg stellten und die Schneidwerkzeuge vorne in den Boden eindrängen , wodurch eine unbefriedigende Arbeitsqualität geliefert werde und Beschädigungen an der Grasnarbe und an der Maschine die Folge sein könnten. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile zu vermeiden und das Schneidwerk unabhängig von den Bewegungen des Schleppers dem Bodenverlauf anzupassen, so dass auch plötzlich auftretende Hindernisse leicht überwunden werden können. Dazu stellt Patentanspruch 1 ein Mähwerk unter Schutz, 1. das mit einem Schlepper verbunden werden kann und 2. mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattet ist, die 2.1 Lenker aufweist, 2.2 so ausgebildet ist, dass die Schwenkachse des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, 2.3 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, und wobei 3. mindestens einer der Lenker sich in geneigter Lage von vorn oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und 4. in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse ausweicht.
7
Nach dem Hilfsantrag soll sich der Schutz auf ein Mähwerk mit den Merkmalen 1 sowie 3 und 4 beziehen, bei dem die Ausgleichsvorrichtung (2) 2.1 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, 2.2 als Gelenkviereck so ausgebildet ist, dass 2.1.1 dessen Basis von einem Teil des Anbaubocks (8), 2.1.2 die Schwinge von einem Teil des Mähwerkrahmens (70) und 2.1.3 deren Lenker (9, …) durch Koppelglieder gebildet werden, die 2.1.4 das Schneidwerk mit dem Anbaubock verbinden und 2.1.5 dass der Schnittpunkt der verlängert gedachten Koppelglieder auf der ideellen Schwenkachse des Schneidwerks liegt und den Momentanpol bildet und 2.1.6 die Schwenkachse (2) des Schneidwerks (1, 23) durch einen unterhalb der Ebene der Schneidmesser (23) angeordneten Momentanpol verläuft.
8
Die in Anmeldungsunterlagen und Patentschrift identische Figur 2 zeigt ein Ausführungsbeispiel:
9
3. Das Bundespatentgericht hat eine unzulässige Erweiterung angenommen und zur Begründung ausgeführt: Dem schriftlichen Teil der Anmeldungsunterlagen könne zwar entnommen werden, wo die ideelle Schwenkachse der Höhe nach verlaufe, daraus ergebe sich aber noch nicht die genaue Lage oder Lagemöglichkeit dieser Achse, so dass die Zeichnung zur Auslegung heranzuziehen sei. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Ausgestaltungen bezüglich Richtungsführung, Anstellung und Anlenkung der Lenker zeigten sämtliche Ausführungsbeispiele, die eine Quer-Ausgleichsvorrichtung zum Gegenstand hätten (Fig. 1, 2 sowie 14-17), immer wieder einen auf der Schwenkachse (2) liegenden Schnittpunkt in der Mitte unterhalb des Mähkreisels. Für einen Fachmann , einen Fachhochschulingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Aufhängungen für landwirtschaftliche Geräte, sei dies daher ersichtlich diejenige Position für eine virtuelle Schwenkachse, die zunächst zweifelsfrei als zur Erfindung gehörend offenbart sei. Darüber hinaus könne die textliche Offenbarung einer Schwenkachse "unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" bzw. "in der Nähe der Aufstandsfläche des Mähwerks" noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schaffen bis hin zu einer Verschiebung etwas nach vorne oder hinten im Rahmen der Grenzen der Aufstandsfläche des Mähwerks (31). Eine unbegrenzte Verschiebbarkeit der Schwenkachse über diese geometrische Fläche hinaus, wie dies nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung bzw. nach dem Hilfsantrag möglich sei, könne aufgrund der Offenbarungslage in den ursprünglichen Unterlagen nicht als für einen maßgeblichen Durchschnittsfachmann erfindungswesentlich offenbarte Lehre erachtet werden. Vielmehr müsste ein Hauptanspruch zumindest dahin beschränkt werden, dass die Schwenkachse unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks angeordnet sei.
10
4. Der Gegenstand des Streitpatents geht entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus.
11
a) Das Bundespatentgericht hat aus der Verwendung der Begriffe "unterhalb der Arbeitsebene" (Merkmal 3.3 des Hauptanspruchs) bzw. "unterhalb der Ebene der Schneidmesser" (Merkmal 3.4 des Hilfsantrags) für die vom Gegenstand des Hauptanspruchs abgedeckten Positionen der Quer-Schwenkachse hergeleitet, dass diese durch beliebige Punkte unterhalb oder außerhalb des Mähwerks verlaufen könne, und zwar vorn, soweit die Lenkerneigung von vorn oben nach hinten unten dies noch erlaube bis weit über das hintere Ende des Mähwerks hinaus. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird vom Patentinhaber auch nicht beanstandet.
12
b) Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung der Patentansprüche abweichend von den ursprünglichen Unterlagen formuliert werden. Den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG füllen entsprechende Änderungen erst aus, wenn der Gegenstand der Anmeldung erweitert oder ein Aliud an die Stelle der angemeldeten Erfindung gesetzt wird; der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, der nicht von vornherein als zur Erfindung gehörend von den Anmeldungsunterlagen umfasst war. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit den ursprünglichen Unterlagen zu ermitteln. Darin offenbart ist alles, was sich dem fachkundigen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtheit der Unterlagen erschließt ; Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche formulierte technische Lehre, deren Gehalt durch Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung zu ermitteln ist (st. Rspr., vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 104/06, m.w.N. in Tz. 14).
13
c) aa) Die vom Patentgericht im Einspruchsverfahren vorgenommene Auslegung der Anmeldungsunterlagen unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Zwar teilen die Anmeldungsunterlagen nicht den Rechtsnormcharakter (vgl. BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel; 172, 120 - Kettenradanordnung) des erteilten Schutzrechts. In ihnen offenbart sich jedoch die technische Lehre, die zur Schutzrechtserteilung angemeldet wird und unter Schutz gestellt werden soll. Welchen Inhalt sie hat, kann sachgerecht nur unter Anwendung der für die Auslegung des erteilten Patents geltenden objektiven Maßstäbe (vgl. Melullis, FS für Ullmann, S. 503, 505) erfolgen.
14
bb) Grundlage der Auslegung eines Patents bildet zwar das fachmännische Verständnis von den im Patentanspruch verwendeten Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs. In tatsächlicher Hinsicht ist dies jedoch nur insoweit von Bedeutung, als es um die Frage geht, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können. Das Verständnis des Patentanspruchs selbst durch den Durchschnittsfachmann ist dagegen unmittelbarer tatsächlicher Feststellung regelmäßig entzogen (BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel ). Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen gilt nichts anderes.
15
d) Die an diesen Maßstäben orientierte Auslegung ergibt nicht die vom Bundespatentgericht angenommene horizontale Beschränkung für die Positionen der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Aufstandsflächen der Mähwerke in Gestalt von Mähtrommeln oder - kreiseln.
16
aa) Der Entscheidung des Bundespatentgerichts liegt zur Geometrie die Annahme zugrunde, wonach sich die Stellung des Momentanpols, durch den die ideelle Schwenkachse verläuft, jedenfalls bei der allein noch unter Schutz gestellten, lenkergeführten Ausgleichsvorrichtung horizontal verändert, wenn die Vorderseite des Schneidwerks auf ein Hindernis trifft und nach oben und hinten ausweicht (Merkmal 5). In den Anmeldungsunterlagen kommt dies in der Beschreibung zu Figur 14 zum Ausdruck. Danach stellt der durch den Schnittpunkt der beiden Verlängerungen der Koppelglieder (Merkmal 2.1.3 des Hilfsantrags ) gebildete Momentanpol die "augenblickliche" Querschwenkachse dar (Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 42 ff.).
17
bb) Für den Verlauf der genauen Lage oder Lagemöglichkeit dieser Schwenkachse hat das Bundespatentgericht den Zeichnungen einen Stellen- wert beigemessen, der ihnen - unabhängig von der Frage der Bedeutung von Ausführungsbeispielen für die Patentauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 12.12.2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport; v. 12.2.2008 - X ZR 153/05 - Mehrgangnabe) - nach der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht zukommt. Dass die Schwenkachse bei den Figuren, die lenkergeführte Ausführungen zeigen, mittig unterhalb der Mähkreisel verläuft, beruht ersichtlich darauf, dass Ausgleichsvorrichtungen bei waagerechter Stellung dieser Mähwerke gezeigt werden und die Aufhängungspunkte der Ausgleichsvorrichtungen - mit Ausnahme der Figur 15 - gleichschenklige Trapeze bilden, so dass der Momentanpol i. S. des Streitpatents geometrisch zwangsläufig zentral im Schnittpunkt der verlängerten Schenkel der Trapeze liegt. Für Figur 15 gilt insoweit allein die Besonderheit, dass die Ausgleichsvorrichtung besonders konstruiert ist, ohne dass sich das auf die Position der Schwenkachse in waagerechter Ruhestellung auswirkte. Dem Bundespatentgericht kann zwar darin zugestimmt werden, dass die in den Figuren offenbarte mittige Position dem Spektrum der zur Erfindung gehörenden Positionen der Schwenkachse zuzurechnen ist. Aus fachmännischer Sicht ist die Position des Momentanpols und der Schwenkachse in waagerechter Stellung der Schneidwerke jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Nach dem Gegenstand der Anmeldung kommt es vielmehr darauf an, welchen Wanderungsbewegungen der Momentanpol , durch den die Schwenkachse läuft, unterliegt, wenn die Mähkreisel die waagerechte Position - etwa bei Auftreffen auf ein Hindernis (Merkmal 4) - verlassen. Das zeigen die Figuren nicht. Sie geben dem Fachmann vielmehr lediglich einen Überblick über die unterschiedlichen Aufhängungsmöglichkeiten für die Schneidwerke.
18
cc) Dem Bundespatentgericht kann nicht darin beigepflichtet werden, dass die häufige textliche Erwähnung einer Schwenkachse "in der Nähe" bzw.
"unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" (lediglich) noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schafft.
19
Aus Sicht des Fachmanns besteht in Anbetracht des Inhalts der Anmeldungsunterlagen technisch-physikalisch keine Veranlassung, in der Formulierung des Anspruchs 3 Anhaltspunkte für eine Beschränkung der angemeldeten Lehre hinsichtlich des horizontalen Verlaufs der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Mähkreisel zu sehen.
20
Nach Anspruch 1 der Anmeldeunterlagen verläuft die Schwenkachse quer zur Fahrtrichtung unterhalb einer die Schwenkbewegung zulassenden Quer-Ausgleichsvorrichtung. Diese Angabe beschreibt allein und ganz allgemein , wo die Schwenkachse vertikal verläuft, nämlich "unterhalb einer … QuerAusgleichsvorrichtung". Anhaltspunkte dafür, diesen Angaben in Anspruch 1 den Sinngehalt einer horizontalen Beschränkung beizulegen, sind nicht ersichtlich und auch das Bundespatentgericht hat solche nicht gesehen.
21
Das fachmännische Bestreben geht dahin, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen (Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 275/02 Tz. 19). Insoweit besteht keine Veranlassung, den horizontalen Verlauf der Schwenkachse in dem in den Anmeldungsunterlagen formulierten Anspruch 3 auf die Fläche unterhalb der Mähtrommeln zu begrenzen. Die Anmeldungsunterlagen enthalten in ihrer Gesamtheit keine Anhaltspunkte dafür, dass die offenbarte Lehre insbesondere hinsichtlich des Merkmals 4 auf diesen Ausschnitt begrenzt sein soll. Mangels solcher beschränkenden Anhaltspunkte ist aus fachmännischer Sicht deshalb davon auszugehen, dass der horizontale Verlauf der Schwenkachse nach der Lehre des Patents nur den Schranken unterliegen soll, die erfindungsgemäßen Ausführungen aus technisch-physikalischen Gründen gesetzt sind. Das ist die Abfolge aller Momentanpole, die sich im Verlauf von Ausweichbe- wegungen i. S. von Merkmal 4 als Schnittpunkte der ideell verlängerten beiden Koppelglieder bis zur technisch maximal möglichen Lenkerneigung bilden. Die Lenkerneigung ist dadurch begrenzt, dass zumindest einer der Lenker schräg von oben nach unten verläuft und verlaufen muss, weil sich sonst kein Momentanpol unterhalb der Quer-Ausgleichsvorrichtung bilden kann.
22
dd) Die Anmeldungsunterlagen so zu verstehen, dass sich der Begriff "unterhalb" in Anspruch 3 lediglich auf die vertikale Position der Schwenkachse und nicht auch auf die horizontale, bezieht, ist keine Auslegung unterhalb des Wortlauts im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts. Die Auslegung ergibt, dass die Präposition "unterhalb" in der Lexikografie dieser Unterlagen (vgl. dazu BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I) ausschließlich vertikal zu verstehen ist. Das entspricht im Übrigen auch nach allgemeinem Sprachgebrauch einem möglichen Sinngehalt dieser Präposition; diese kann allein eine lediglich vertikale Position beschreiben und muss nicht zusätzlich eine horizontale Ausdehnung einschließen.
23
ee) Diese Auslegung der Anmeldungsunterlagen steht nicht in Widerspruch zu Feststellungen des Beschwerdegerichts, an die die Rechtsbeschwerdeerwiderung das Rechtsbeschwerdegericht gebunden sehen möchte. Das Bundespatentgericht hat im Zusammenhang mit seiner Auslegung keine Feststellungen zu Gesichtspunkten wie den objektiven technischen Gegebenheiten, dem Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, ihren Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen und ihrer methodischen Herangehensweise getroffen. Nur daran wäre der Senat, wie ausgeführt (oben II.3.c)bb), gebunden.
24
III. Die Sache ist danach zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 108 PatG).
25
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.05.2006 - 8 W (pat) 302/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 76/00 Verkündet am:
28. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Geflügelkörperhalterung
Auf sachverständige Hilfe wird auch ein in Patentsachen erfahrenes Gericht vor
allem dann zurückgreifen müssen, wenn zweifelhaft und auf andere Weise nicht
zu klären ist, wie der einschlägige Fachmann im Patentanspruch oder in der
Beschreibung verwendete technische Begriffe versteht. Ob und in welchem
Umfang die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist, hängt
von den Umständen des Einzelfalls ab.
BGH, Urt. v. 28. Oktober 2003 - X ZR 76/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 9. März 2000 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin des u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 401 528 (Klagepatents 1), das eine Vorrichtung zur Halterung von Geflügelkörpern während ihrer Bearbeitung betrifft. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 6. April 1994 im Amtsblatt bekannt gemacht. Patentanspruch 1 und der mittelbar hierauf zurückbezogene Patentanspruch 3 lauten:
"1. Haltevorrichtung (1) zur Halterung von entweideten Geflügelkör- pern (28) oder Teilen davon während der Bearbeitung, mit einem Stützkörper (2), auf welchen das Bearbeitungsgut aufschiebbar ist und der mit einer dasselbe wenigstens an der Innenkontur des Brustbeins (29) stützenden Stützfläche (5) sowie mit steuerbaren Mitteln zum Fixieren des Bearbeitungsgutes ausgestattet ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Mittel zum Fixieren eine Klemmvorrichtung (7) aus einem gegen den Stützkörper (2) bewegbaren Klemmhebel (9) umfassen, der in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut gegen die Beschickungsrichtung hinterfassenden Anschlag bildet. 3. Haltevorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenkontur des Ringsegments (11) als Segment einer Spirale geformt ist, deren Mittelpunkt die Achse (10) ist."
Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift) verdeutlichen die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Klägerin ist des weiteren Inhaberin des denselben Gegenstand betreffenden deutschen Patents 39 18 345 (Klagepatents 2), dessen Erteilungshinweis am 3. September 1992 veröffentlicht worden ist. Patentanspruch 1 des Klagepatents 2 lautet:
"Haltevorrichtung zur Halterung von entweideten Geflügelkörpern oder Teilen davon, zur Bearbeitung mit einem Stützkörper, auf welchen das Bearbeitungsgut aufschiebbar ist und der mit einer dasselbe wenigstens an der Innenkontur des Brustbeins stützenden Stützfläche sowie mit steuerbaren Klemm-Mitteln zum Fixieren des Bearbeitungsgutes ausgestattet ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Klemm-Mittel einen gegen den Stützkörper (2) bewegbaren und mit diesem eine Zange bildenden Klemmhebel (9) umfassen, der in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut hinterfassenden Anschlag bildet." Der Wortlaut des Patentanspruchs 3 entspricht dem des Patentanspruchs 3 des Klagepatents 1.
Die Beklagte zu 1) stellt her und vertreibt über die Beklagte zu 2) in der Bundesrepublik Deutschland Haltevorrichtungen für entweidete Geflügelkörper, deren nähere Ausgestaltung sich aus den nachstehenden Abbildungen ergibt.
Diese Haltevorrichtungen sind Gegenstand der von der Beklagten zu 1) in den Niederlanden eingereichten Patentanmeldung 1 003 626 und des darauf erteilten Patents.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung, Schadensersatz und Vernichtung in Anspruch. Sie ist der Auffassung , die Beklagten machten mit der Herstellung und dem Vertrieb dieser Haltevorrichtungen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents 1, hilfsweise von der Lehre des Klagepatents 2, Gebrauch.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Haltevorrichtung verletze zwar nicht das Klagepatent 1, jedoch seien sämtliche Merkmale des weiter gefaßten Anspruchs 1 des Klagepatents 2 wortlautgemäß verwirklicht. Der Vernichtungsanspruch sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt.
Beiden Parteien haben diese Entscheidung mit der Berufung angefochten. Unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin. Sie erstrebt Aufhebung des angefochtenen Urteils, Zurückweisung der Berufung der Beklagten und Stattgabe der Anschlußberufung. Die Beklagten bitten um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Klagepatent 1 betrifft eine Vorrichtung zur Halterung von entweideten Geflügelkörpern oder Teilen davon während der Bearbeitung.

a) Haltevorrichtungen dieser Art sind Bestandteile z.B. von Filetieranlagen, mit denen das Geflügelfleisch von den Skelettknochen abgelöst wird. Zu diesem Zweck sind die Haltevorrichtungen der eigentlichen Schneidstation vorgeschaltet. Ihre Aufgabe besteht darin, das bereits ausgeweidete Geflügel auf seinem weiteren Verarbeitungsweg derart zu fixieren, daß ein möglichst hoher Fleischanteil gewonnen werden kann, ohne daß die Schneidmesser mit den vergleichsweise kleinen und zerbrechlichen Knochen in Kontakt geraten und diese zersplittern.
Nach den einleitenden Erläuterungen der Klagepatentschrift sind Haltevorrichtungen für Geflügelkörper in vielfachen Ausführungen bekannt. Verwiesen wird beispielsweise auf Haltevorrichtungen für Brustkappen von Geflügelkörpern gemäß der deutschen Patentschrift 34 44 430 sowie den europäischen Patentanmeldungen 0 254 332 und 0 336 162. An diesen Vorrichtungen bemängelt das Klagepatent 1, daß sie ausschließlich für Brustkappen geeignet seien, nämlich für solche Geflügelkörper, bei denen der Rückgratbereich entfernt sei, daß das von Hand vorzunehmende Aufsatteln der Brustkappe umständlich und zeitraubend sei und daß die Halterung sicherheitstechnisch problematisch und ergonomisch unbefriedigend sei (Sp. 1 Z. 11 - Sp. 2 Z. 33).


b) Das Berufungsgericht hat es als das durch das Klagepatent 1 zu lösende Problem angesehen, eine Haltevorrichtung zur Verfügung zu stellen, die einfach zu beschicken und universell, d.h. für beliebige Ausgangsprodukte einsetzbar ist, und mit der darüber hinaus eine exakte Positionierung erreicht werden kann, um eine präzise maschinelle Bearbeitung bzw. eine Fleischgewinnung mit höchster Ausbeute zu ermöglichen (Sp. 2 Z. 34 - 41).
Das Berufungsgericht hat die Merkmale der erfindungsgemäßen Lösung wie folgt gegliedert:
(1) Haltevorrichtung zur Halterung von entweideten Geflügelkörpern oder Teilen davon während der Bearbeitung. (2) Die Haltevorrichtung ist ausgestattet mit (a) einem Stützkörper, (aa) auf den das Bearbeitungsgut aufschiebbar ist und (bb) der mit einer das Bearbeitungsgut wenigstens an der Innenkontur des Brustbeins stützenden Stützfläche versehen ist, und (b) steuerbaren Mitteln zum Fixieren des Bearbeitungsgutes.
(3) Die Mittel zum Fixieren des Bearbeitungsgutes umfassen eine Klemmvorrichtung aus einem gegen den Stützkörper bewegbaren Klemmhebel. (4) Der Klemmhebel bildet in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut gegen die Beschickungsrichtung hinterfassenden Anschlag.
2. Das Klagepatent 2 betrifft dieselbe Erfindung. Das Berufungsgericht hat die Merkmale wie folgt gegliedert:
(1) Haltevorrichtung zur Halterung von entweideten Geflügelkörpern und Teilen davon zur Bearbeitung. (2) Die Haltevorrichtung ist ausgestattet mit (a) einem Stützkörper, (aa) auf den das Bearbeitungsgut schiebbar ist und (bb) der mit einer das Bearbeitungsgut wenigstens an der Innenkontur des Brustbeins stützenden Stützfläche versehen ist, und (b) steuerbaren Klemm-Mitteln zum Fixieren des Bearbeitungsgutes. (3) Die Klemm-Mittel umfassen einen Klemmhebel, der (a) gegen den Stützkörper bewegbar ist, (b) mit dem Stützkörper eine Zange bildet und (c) in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut hinterfassenden Anschlag bildet. 3. Das Berufungsgericht hat entsprechend der Beschreibung der beiden Klagepatentschriften die Vorteile der erfindungsgemäßen Klemmeinrichtung darin gesehen, daß sie in der deaktivierten Stellung ein unbehindertes Beschik-
ken der Stützkörper gestatte, eine automatische Positionierung des Geflügelkörpers bewirke und dessen sichere Fixierung gewährleiste.
Das Berufungsgericht hat ferner erläuternd ausgeführt: Zum Verständnis der Erfindung sei zum einen wesentlich, daß die erwähnten Vorzüge der Klemmvorrichtung zugewiesen seien, und zum anderen, daß die Klemmvorrichtung (d.h. der Klemmhebel) den Geflügelkörper nicht nur sicher fixieren, sondern darüber hinaus auch automatisch auf dem Stützkörper positionieren solle. Damit die Klemmvorrichtung imstande sei, das Bearbeitungsgut in eine für die weitere Verarbeitung exakte Position zu verbringen, sehe Patentanspruch 1 in den Merkmalen (3) und (4) zwei Anweisungen vor, wonach der Klemmhebel in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut hinterfassenden Anschlag bilde und der Klemmhebel gegen den Stützkörper bewegbar sei. Durch diese Maßnahmen werde gewährleistet, daß der Klemmhebel, sobald er aktiviert werde, das Bearbeitungsgut an seinem (in Aus- bzw. Förderrichtung des Stützkörpers gesehen) vordersten Ende erfasse (hintergreife) und der Geflügelkörper , indem sich der Klemmhebel gegen den Stützkörper bewege, auf den Stützkörper aufgeschoben und so im Zuge der Klemmbewegung des Hebels auf der Stützfläche zurechtgelegt werde. Daß der Klemmhebel "gegen den Stützkörper bewegbar" sein solle, mache dem Fachmann deutlich, daß der Klemmhebel nicht nur eine vertikal gerichtete Klemmbewegung, sondern darüber hinaus eine der Förderbewegung des Stützkörpers konträre horizontale Bewegung auszuführen habe. Die erstere bewirke eine Fixierung des Geflügelkörpers auf dem Stützkörper; die horizontale Gegenbewegung ermögliche eine (vorausgehende) Positionierung des Bearbeitungsgutes auf dem Stützkörper. Dementsprechend sei auch im Beschreibungstext des Klagepatents 1 (Sp. 5 Z. 49 - Sp. 6 Z. 2) das in den Figuren 1 und 2 gezeigte Ausführungsbeispiel erläutert. Vor Erreichen der Klemmstellung bewirke danach die Anordnung der
Innenkontur der Ringsegmente des Klemmhebels auf einer Spiralbahn in bezug auf die Achse, daß der Geflügelkörper mit fortschreitendem Auftauchen des Klemmhebels weiter auf den Stützkörper aufgeschoben werde. Auf welche Weise im einzelnen die geforderte Doppelbewegung des Klemmhebels verwirklicht werde, sei - mangels näherer Vorgaben im Patentanspruch - dem Belieben des Fachmanns überlassen. Möglich sei es deshalb auch, beide Bewegungen - die senkrechte Klemmbewegung und die der Förderrichtung des Stützkörpers entgegengesetzte Horizontalbewegung - einander überlagern zu lassen. In jedem Fall aber müsse zu der reinen Klemmbewegung eine dazu senkrechte Bewegung hinzutreten, die den Klemmhebel in die Lage versetze, den Geflügelkörper zum Zwecke der richtigen Positionierung auf dem Stützkörper (vor seiner endgültigen Fixierung) zu verschieben.
Das Klagepatent 2 stelle hinsichtlich der Merkmale (3a) und (3b) dieselben Anforderungen. Deshalb könne für das Klagepatent 2 sinngemäß auf die Erläuterungen zum Klagepatent 1 verwiesen werden.
4. Diese Auffassung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ und der wortgleichen Regelung des § 14 PatG wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt , zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Nach den Grundsätzen, die der Senat hierzu entwickelt hat (BGHZ 98, 12, 18 f. - Formstein; BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse; BGHZ 125, 303, 309 f. - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I), dient die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung von Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie der Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort
beschriebenen Erfindung. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschließlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch die Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes beeinflußt. Bei der Prüfung der Frage , ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln. Macht die angegriffene Ausführungsform von dem so ermittelten Sinngehalt eines Patentanspruchs Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung benutzt. Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fachmann auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, daß der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten. Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, daß sie (1.) das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann, müs-
sen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muß, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, daß der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
Eine Auslegung, die der Senat als solche selbst vornehmen bzw. überprüfen kann (Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube m.w.Nachw.) setzt jedoch Feststellungen voraus, wie der Fachmann die in den Patentansprüchen verwendeten Begriffe unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen versteht und welche konkreten Vorstellungen er mit ihnen verbindet (BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse). Feststellungen über diese Grundlagen der Auslegung liegen im Bereich der Tatsachenfeststellungen des Tatrichters und binden im Revisionsverfahren (§ 561 Abs. 2 ZPO a.F.), soweit keine zulässigen und begründeten Revisionsangriffe erhoben sind (Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube).

b) Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht angenommen werden, daß das Berufungsgericht sich bei der Auslegung des Patentanspruchs 1 von dem im angefochtenen Urteil zitierten Beschreibungstext hat leiten lassen, der - für den Fachmann erkennbar - lediglich eine bevorzugte Ausführungsform der Klagepatente betrifft, die ihrerseits Gegenstand von Anspruch 3 der Klageschutzrechte ist. Es mag zwar sein, daß das Berufungsgericht durch die wörtliche Wiedergabe des das spezielle Ausführungsbeispiel nach Anspruch 3 betreffenden Beschreibungstextes den Anschein fehlerhaften Rückgriffs auf ein Ausführungsbeispiel erzeugt hat. Das Berufungsgericht hat aber, wie der Kontext der Urteilsbegründung, insbesondere der Bezug auf die allgemeine Darstellung zum Stand der Technik, die Angaben zur Aufgabenstellung (Sp. 2
Z. 34 - 41) sowie zu Vorteilen der im Hauptanspruch geschützten Lehre (Sp. 2 Z. 48 - 53) deutlich macht, den in den Entscheidungsgründen zitierten Beschreibungstext des Klagepatents 1 (Sp. 5 Z. 49 - Sp. 6 Z. 2) ersichtlich lediglich als Beleg für seine Auffassung herangezogen, nach der Lehre des Patentanspruchs 1 habe der Klemmhebel nicht nur eine vertikal gerichtete Klemmbewegung , sondern darüber hinaus eine der Förderbewegung des Stützkörpers konträre horizontale Bewegung auszuführen, wobei es mangels näherer Vorgaben im Patentanspruch 1 dem Belieben des Fachmanns überlassen bleibe, auf welche Weise im einzelnen die geforderte Doppelbewegung des Klemmhebels verwirklicht werde.

c) Mit Erfolg rügt die Revision hingegen, das Berufungsgericht habe im Gegensatz zu den Feststellungen des Landgerichts eine erforderliche Doppelbewegung des Klemmhebels angenommen, ohne sachverständigen Rat einzuholen.
Das Landgericht hat in tatrichterlicher Würdigung festgestellt, daß nach dem Verständnis des Fachmanns der Klemmhebel, der nach Merkmal (4) des Klagepatents 1 (Merkmal (3) (c) des Klagepatents 2) in seiner Aktivstellung einen das Bearbeitungsgut gegen die Beschickungsrichtung hinterfassenden Anschlag bilden soll, bei seiner Bewegung aus der deaktiven, nicht klemmenden Stellung in seine Aktivstellung auch eine automatische Positionierung des Bearbeitungsgutes bewirken kann, wobei mangels Vorgaben in das Belieben des Fachmanns gestellt ist, auf welche Weise der Klemmhebel diese automatische Positionierung herbeiführt. Im Gegensatz dazu hat das Berufungsgericht angenommen , nach dem Verständnis des Fachmanns müsse in jedem Fall zu der reinen vertikal gerichteten Klemmbewegung des Klemmhebels, welche die Fixierung des Bearbeitungsgutes auf dem Stützkörper sichere, eine dazu senk-
rechte Bewegung hinzutreten, welche den Klemmhebel in die Lage versetze, den Geflügelkörper zum Zwecke der richtigen Positionierung auf dem Stützkörper (vor seiner endgültigen Fixierung) zu verschieben. Während das Berufungsgericht meint, die Merkmale (3) machten dem Fachmann deutlich, daß die Erfindung mehr voraussetze als nur eine - wie auch immer geartete - Bewegung des Klemmhebels in Richtung auf den Stützkörper hin, setzt das vom Landgericht festgestellte Verständnis des Fachmanns keine Doppelbewegung zum Fixieren und Positionieren des Geflügelkörpers voraus.
Diesen Widerspruch der tatrichterlichen Feststellungen, die das hier maßgebliche Verständnis des Fachmanns betreffen, hat das Berufungsgericht nicht auflösen können. Zwar hat das Berufungsgericht das Klagepatent selbständig auszulegen. Auch ist ein in Patentverletzungssachen erfahrenes Gericht nicht stets gehalten, sich bei der Auslegung einer Patentschrift sachverständiger Hilfe zu bedienen. Vor allem wenn die Parteien ihren Standpunkt zum technischen Sachverhalt eingehend dargelegt und damit eine tragfähige Grundlage für eine eigene Beurteilung durch das Gericht geschaffen haben, kann sich die Hinzuziehung eines Sachverständigen erübrigen (vgl. hierzu Senat BGHZ 112, 140, 150 - Befestigungsvorrichtung II). Das Gericht muß dann Feststellungen zum technischen Sachverhalt in den Entscheidungsgründen treffen und die für seine Überzeugungsbildung tragenden Gesichtspunkte in der Begründung nachvollziehbar darlegen. Auf sachverständige Hilfe wird ein Gericht allerdings vor allem dann zurückgreifen müssen, wenn zweifelhaft und auf andere Weise nicht zu klären ist, wie der einschlägige Fachmann im Patentanspruch oder in der Beschreibung verwendete technische Begriffe versteht (Sen. Urt. v. 27.10.1998 - X ZR 56/96, NJW-RR 1999, 546, 548 - Sammelförderer). Ob und in welchem Umfang die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist, hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab.

Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Da es für die Beurteilung der Klageschutzrechte entscheidend auf das Verständnis des Fachmanns ankommt , durfte das Berufungsgericht ein von den Feststellungen des Landgerichts abweichendes Verständnis des Fachmanns nicht annehmen, ohne sich mit diesen Feststellungen auseinanderzusetzen und zugleich darzulegen, worauf seine abweichende Erkenntnis beruht. Waren andere Möglichkeiten der insoweit erforderlichen sachlichen Klärung nicht gegeben, so mußte es sich sachverständigen Rates bedienen. Mangels hinreichender Aufklärung kann deshalb das angefochtene Urteil bereits aus diesem Grunde keinen Bestand haben.
II. 1. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung beider Klageschutzrechte verneint. Es hat ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre der Klageschutzrechte keinen Gebrauch. Bei ihr erfolge keine automatische Positionierung des Bearbeitungsgutes mit Hilfe eines Klemmhebels. Der Geflügelkörper werde vielmehr von Hand auf dem Stützkörper positioniert , wobei die schräg aus der Stützfläche vorstehenden Haltedorne in den Geflügelkörper eindringen würden. Die Bewegung des Klemmhebels könne den Geflügelkörper infolgedessen nicht mehr auf dem Stützkörper verschieben oder positionieren. Die Zinken des Klemmhebels dienten ausschließlich dazu, den zu bearbeitenden Geflügelkörper in seiner durch das Bedienungspersonal manuell festgelegten Position auf dem Stützkörper zu fixieren. Nach der in der deutschen Übersetzung der niederländischen Patentschrift 1 003 626 dargestellten Funktions- und Wirkungsweise erfolge bei der angegriffenen Ausführungsform keine automatische Positionierung des Bearbeitungsgutes auf dem Stützkörper. Die Klemmvorrichtung bewirke vielmehr allein, daß der zu bearbeitende Geflügelkörper sicher fixiert werde. Die angegriffene Ausführungsform leiste damit
nicht dasjenige, was nach dem Inhalt der Klagepatentschriften Aufgabe der er- findungsgemäßen Lösung sei.
2. Auch dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Bei seinen Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, daß die wortlautgemäße Verwirklichung des Merkmals (3), wonach der Klemmhebel gegen den Stützkörper bewegbar sein soll, unstreitig ist; denn die Beklagten haben vorgetragen, bei der angegriffenen Ausführungsform sei der Klemmhebel schwenkbar gelagert, bei seiner Aktivierung werde eine Schwenkung in der Relativbewegung zwischen den beiden die Halterung bewirkenden Bauteilen durchgeführt. Die vom Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung verwerteten Zeichnungen über die angegriffene Ausführungsform verdeutlichen, daß der Klemmhebel zur Fixierung des Bearbeitungsgutes "gegen den Stützkörper" bewegt wird.

b) Mit Erfolg rügt die Revision weiter als verfahrensfehlerhaft, das Berufungsgericht habe auch hinsichtlich des Merkmals (4) des Klagepatents 1 nicht ohne sachverständige Hilfe lediglich aufgrund der deutschen Übersetzung der niederländischen Patentschrift der Beklagten zu 1 (Anlage W 12) die Arbeitsund Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform feststellen und auf dieser Grundlage die Benutzung der Lehre der Klagepatente verneinen dürfen. Die Klägerin hat zur Arbeits- und Funktionsweise der Haltevorrichtung der Beklagten vorgetragen, auf Grund manueller Aufsattlung des Geflügels auf den Stützkörper erfolge noch keine exakte und abschließende Positionierung des Bearbeitungsgutes. Diese werde vielmehr erst durch die Klemmpressung des freien Endes bzw. der Zinken des Klemmhebels bewirkt, wenn aufgrund von dessen Verschwenkung das Vorderende der Brustbeinplatte gegen den vorderen Sat-
telteil des Modul-Stützkörpers unter Spreizung des Skeletts formanpassend fixiert werde. Zum Beweis hierfür hat die Klägerin Sachverständigenbeweis angeboten.
Dieser auch aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Behauptung hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen, zumal das Landgericht in Kenntnis der Zeichnungen und der niederländischen Patentschrift zudem Feststellungen getroffen hat, nach denen auch das Merkmal (3) (c) des Klagepatents 2 (= Merkmal (4) des Klagepatents 1) wortlautgemäß verwirklicht ist. Das Landgericht hat nämlich festgestellt, der Klemmhebel der angegriffenen Ausführungsform wirke in der Art eines festklemmenden Zangenhebels auf das Bearbeitungsgut ein, drücke dieses gegen den Stützkörper bzw. das Modul und fixiere es dort. Darüber hinaus erfolge auch bei der angegriffenen Ausführungsform, wenn der Klemmhebel aus seiner deaktiven, nicht klemmenden Stellung in seine Aktivstellung gebracht werde, noch eine gewisse Positionierung des Bearbeitungsgutes. Dieses werde, nachdem es von Hand aufgesattelt worden sei, durch die Klemmhebelbeaufschlagung sodann jedoch weiter auf den Stützkörper gedrückt, wobei es infolge der Kraftbeaufschlagung fest auf die Haltestifte gepreßt werde, die dann weiter in das Bearbeitungsgut eindrängen. Dementsprechend werde in der niederländischen Patentschrift der Beklagten zu 1 (Seiten 5 und 23 der deutschen Übersetzung der Anlage gemäß W 12) ausgeführt , daß der Geflügelkörper auf die Stifte gepreßt und von diesen aufgespießt werde. Das Aufspießen auf die Stifte stabilisiere den Geflügelkörper auf dem Modul und verhindere auf diese Weise Verschiebungen oder Verdrehungen während der Bearbeitung. Hierin läge eine Positionierung des Bearbeitungsgutes auf Grund der Einwirkung des Klemmhebels, was für die Verwirklichung des Merkmals ausreichen könnte.
Angesichts dieser Feststellungen des Landgerichts durfte das Berufungs- gericht nicht ohne Auseinandersetzung mit diesen und ohne sachverständigen Rat eine wortlautgemäße Verwirklichung der Klageschutzrechte verneinen.
III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/06
vom
8. Juli 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend die Einspruchssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Momentanpol II
Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen
gilt nichts anderes als für die Auslegung der in einem Patentanspruch
verwendeten Begriffe und dessen Lehre zum technischen Handeln.
BGH, Beschl. v. 8. Juli 2008 - X ZB 13/06 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens sowie den Richter Gröning

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Inhaber des am 18. Oktober 1988 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Voranmeldung vom 14. März 1988 angemeldeten und am 28. Januar 2003 erteilten (Veröffentlichung der Erteilung: 12. Juni 2003) deutschen Patents 38 35 367 (Streitpatents). Es betrifft ein mit einem Schlepper verbindbares und mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattetes Mähwerk und umfasst 40 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet: "1. Mähwerk, das mit einem Schlepper verbindbar ist, mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks , welches Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die Ausgleichsvorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Schwenkachse (2) des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, und dass die Ausgleichsvorrichtung Lenker (9, …) aufweist, wobei mindestens einer der Lenker (9, …) sich in geneigter Lage von vorne oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse (2) ausweicht."
2
Gegen das Patent haben die Einsprechenden Einspruch eingelegt und sich dafür unter anderem auf den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) berufen. Das Einspruchsverfahren ist vor dem Bundespatentgericht durchgeführt worden.
3
Der Patentinhaber hat das Streitpatent in erster Linie in seiner erteilten Fassung und hilfsweise mit einem durch Merkmale des Anspruchs 6 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ergänzten Patentanspruch 1 verteidigt.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers , deren Zurückweisung die Einsprechenden beantragen.
5
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung uneingeschränkt statthaft (§ 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 in Verbindung mit § 100 Abs. 1 PatG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel, das die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses nach Art einer Revision eröffnet (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I), führt zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
6
2. Der Streitpatentschrift zufolge sind im Stand der Technik an Schlepper angebaute oder angehängte Mähwerke bekannt, die beim Arbeitseinsatz je nach Geländeformation gegenüber dem Schlepper auf- und abbewegt werden. Als nachteilig erweise sich, wie in der Beschreibung weiter ausgeführt wird, dass die Mähwerke bei unebenen Böden zu Nickbewegungen gezwungen würden , die zu ungleichmäßiger Schnitthöhe führten, bzw., dass die Mähwerke sich im Betrieb schräg stellten und die Schneidwerkzeuge vorne in den Boden eindrängen , wodurch eine unbefriedigende Arbeitsqualität geliefert werde und Beschädigungen an der Grasnarbe und an der Maschine die Folge sein könnten. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile zu vermeiden und das Schneidwerk unabhängig von den Bewegungen des Schleppers dem Bodenverlauf anzupassen, so dass auch plötzlich auftretende Hindernisse leicht überwunden werden können. Dazu stellt Patentanspruch 1 ein Mähwerk unter Schutz, 1. das mit einem Schlepper verbunden werden kann und 2. mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattet ist, die 2.1 Lenker aufweist, 2.2 so ausgebildet ist, dass die Schwenkachse des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, 2.3 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, und wobei 3. mindestens einer der Lenker sich in geneigter Lage von vorn oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und 4. in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse ausweicht.
7
Nach dem Hilfsantrag soll sich der Schutz auf ein Mähwerk mit den Merkmalen 1 sowie 3 und 4 beziehen, bei dem die Ausgleichsvorrichtung (2) 2.1 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, 2.2 als Gelenkviereck so ausgebildet ist, dass 2.1.1 dessen Basis von einem Teil des Anbaubocks (8), 2.1.2 die Schwinge von einem Teil des Mähwerkrahmens (70) und 2.1.3 deren Lenker (9, …) durch Koppelglieder gebildet werden, die 2.1.4 das Schneidwerk mit dem Anbaubock verbinden und 2.1.5 dass der Schnittpunkt der verlängert gedachten Koppelglieder auf der ideellen Schwenkachse des Schneidwerks liegt und den Momentanpol bildet und 2.1.6 die Schwenkachse (2) des Schneidwerks (1, 23) durch einen unterhalb der Ebene der Schneidmesser (23) angeordneten Momentanpol verläuft.
8
Die in Anmeldungsunterlagen und Patentschrift identische Figur 2 zeigt ein Ausführungsbeispiel:
9
3. Das Bundespatentgericht hat eine unzulässige Erweiterung angenommen und zur Begründung ausgeführt: Dem schriftlichen Teil der Anmeldungsunterlagen könne zwar entnommen werden, wo die ideelle Schwenkachse der Höhe nach verlaufe, daraus ergebe sich aber noch nicht die genaue Lage oder Lagemöglichkeit dieser Achse, so dass die Zeichnung zur Auslegung heranzuziehen sei. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Ausgestaltungen bezüglich Richtungsführung, Anstellung und Anlenkung der Lenker zeigten sämtliche Ausführungsbeispiele, die eine Quer-Ausgleichsvorrichtung zum Gegenstand hätten (Fig. 1, 2 sowie 14-17), immer wieder einen auf der Schwenkachse (2) liegenden Schnittpunkt in der Mitte unterhalb des Mähkreisels. Für einen Fachmann , einen Fachhochschulingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Aufhängungen für landwirtschaftliche Geräte, sei dies daher ersichtlich diejenige Position für eine virtuelle Schwenkachse, die zunächst zweifelsfrei als zur Erfindung gehörend offenbart sei. Darüber hinaus könne die textliche Offenbarung einer Schwenkachse "unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" bzw. "in der Nähe der Aufstandsfläche des Mähwerks" noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schaffen bis hin zu einer Verschiebung etwas nach vorne oder hinten im Rahmen der Grenzen der Aufstandsfläche des Mähwerks (31). Eine unbegrenzte Verschiebbarkeit der Schwenkachse über diese geometrische Fläche hinaus, wie dies nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung bzw. nach dem Hilfsantrag möglich sei, könne aufgrund der Offenbarungslage in den ursprünglichen Unterlagen nicht als für einen maßgeblichen Durchschnittsfachmann erfindungswesentlich offenbarte Lehre erachtet werden. Vielmehr müsste ein Hauptanspruch zumindest dahin beschränkt werden, dass die Schwenkachse unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks angeordnet sei.
10
4. Der Gegenstand des Streitpatents geht entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus.
11
a) Das Bundespatentgericht hat aus der Verwendung der Begriffe "unterhalb der Arbeitsebene" (Merkmal 3.3 des Hauptanspruchs) bzw. "unterhalb der Ebene der Schneidmesser" (Merkmal 3.4 des Hilfsantrags) für die vom Gegenstand des Hauptanspruchs abgedeckten Positionen der Quer-Schwenkachse hergeleitet, dass diese durch beliebige Punkte unterhalb oder außerhalb des Mähwerks verlaufen könne, und zwar vorn, soweit die Lenkerneigung von vorn oben nach hinten unten dies noch erlaube bis weit über das hintere Ende des Mähwerks hinaus. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird vom Patentinhaber auch nicht beanstandet.
12
b) Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung der Patentansprüche abweichend von den ursprünglichen Unterlagen formuliert werden. Den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG füllen entsprechende Änderungen erst aus, wenn der Gegenstand der Anmeldung erweitert oder ein Aliud an die Stelle der angemeldeten Erfindung gesetzt wird; der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, der nicht von vornherein als zur Erfindung gehörend von den Anmeldungsunterlagen umfasst war. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit den ursprünglichen Unterlagen zu ermitteln. Darin offenbart ist alles, was sich dem fachkundigen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtheit der Unterlagen erschließt ; Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche formulierte technische Lehre, deren Gehalt durch Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung zu ermitteln ist (st. Rspr., vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 104/06, m.w.N. in Tz. 14).
13
c) aa) Die vom Patentgericht im Einspruchsverfahren vorgenommene Auslegung der Anmeldungsunterlagen unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Zwar teilen die Anmeldungsunterlagen nicht den Rechtsnormcharakter (vgl. BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel; 172, 120 - Kettenradanordnung) des erteilten Schutzrechts. In ihnen offenbart sich jedoch die technische Lehre, die zur Schutzrechtserteilung angemeldet wird und unter Schutz gestellt werden soll. Welchen Inhalt sie hat, kann sachgerecht nur unter Anwendung der für die Auslegung des erteilten Patents geltenden objektiven Maßstäbe (vgl. Melullis, FS für Ullmann, S. 503, 505) erfolgen.
14
bb) Grundlage der Auslegung eines Patents bildet zwar das fachmännische Verständnis von den im Patentanspruch verwendeten Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs. In tatsächlicher Hinsicht ist dies jedoch nur insoweit von Bedeutung, als es um die Frage geht, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können. Das Verständnis des Patentanspruchs selbst durch den Durchschnittsfachmann ist dagegen unmittelbarer tatsächlicher Feststellung regelmäßig entzogen (BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel ). Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen gilt nichts anderes.
15
d) Die an diesen Maßstäben orientierte Auslegung ergibt nicht die vom Bundespatentgericht angenommene horizontale Beschränkung für die Positionen der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Aufstandsflächen der Mähwerke in Gestalt von Mähtrommeln oder - kreiseln.
16
aa) Der Entscheidung des Bundespatentgerichts liegt zur Geometrie die Annahme zugrunde, wonach sich die Stellung des Momentanpols, durch den die ideelle Schwenkachse verläuft, jedenfalls bei der allein noch unter Schutz gestellten, lenkergeführten Ausgleichsvorrichtung horizontal verändert, wenn die Vorderseite des Schneidwerks auf ein Hindernis trifft und nach oben und hinten ausweicht (Merkmal 5). In den Anmeldungsunterlagen kommt dies in der Beschreibung zu Figur 14 zum Ausdruck. Danach stellt der durch den Schnittpunkt der beiden Verlängerungen der Koppelglieder (Merkmal 2.1.3 des Hilfsantrags ) gebildete Momentanpol die "augenblickliche" Querschwenkachse dar (Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 42 ff.).
17
bb) Für den Verlauf der genauen Lage oder Lagemöglichkeit dieser Schwenkachse hat das Bundespatentgericht den Zeichnungen einen Stellen- wert beigemessen, der ihnen - unabhängig von der Frage der Bedeutung von Ausführungsbeispielen für die Patentauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 12.12.2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport; v. 12.2.2008 - X ZR 153/05 - Mehrgangnabe) - nach der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht zukommt. Dass die Schwenkachse bei den Figuren, die lenkergeführte Ausführungen zeigen, mittig unterhalb der Mähkreisel verläuft, beruht ersichtlich darauf, dass Ausgleichsvorrichtungen bei waagerechter Stellung dieser Mähwerke gezeigt werden und die Aufhängungspunkte der Ausgleichsvorrichtungen - mit Ausnahme der Figur 15 - gleichschenklige Trapeze bilden, so dass der Momentanpol i. S. des Streitpatents geometrisch zwangsläufig zentral im Schnittpunkt der verlängerten Schenkel der Trapeze liegt. Für Figur 15 gilt insoweit allein die Besonderheit, dass die Ausgleichsvorrichtung besonders konstruiert ist, ohne dass sich das auf die Position der Schwenkachse in waagerechter Ruhestellung auswirkte. Dem Bundespatentgericht kann zwar darin zugestimmt werden, dass die in den Figuren offenbarte mittige Position dem Spektrum der zur Erfindung gehörenden Positionen der Schwenkachse zuzurechnen ist. Aus fachmännischer Sicht ist die Position des Momentanpols und der Schwenkachse in waagerechter Stellung der Schneidwerke jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Nach dem Gegenstand der Anmeldung kommt es vielmehr darauf an, welchen Wanderungsbewegungen der Momentanpol , durch den die Schwenkachse läuft, unterliegt, wenn die Mähkreisel die waagerechte Position - etwa bei Auftreffen auf ein Hindernis (Merkmal 4) - verlassen. Das zeigen die Figuren nicht. Sie geben dem Fachmann vielmehr lediglich einen Überblick über die unterschiedlichen Aufhängungsmöglichkeiten für die Schneidwerke.
18
cc) Dem Bundespatentgericht kann nicht darin beigepflichtet werden, dass die häufige textliche Erwähnung einer Schwenkachse "in der Nähe" bzw.
"unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" (lediglich) noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schafft.
19
Aus Sicht des Fachmanns besteht in Anbetracht des Inhalts der Anmeldungsunterlagen technisch-physikalisch keine Veranlassung, in der Formulierung des Anspruchs 3 Anhaltspunkte für eine Beschränkung der angemeldeten Lehre hinsichtlich des horizontalen Verlaufs der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Mähkreisel zu sehen.
20
Nach Anspruch 1 der Anmeldeunterlagen verläuft die Schwenkachse quer zur Fahrtrichtung unterhalb einer die Schwenkbewegung zulassenden Quer-Ausgleichsvorrichtung. Diese Angabe beschreibt allein und ganz allgemein , wo die Schwenkachse vertikal verläuft, nämlich "unterhalb einer … QuerAusgleichsvorrichtung". Anhaltspunkte dafür, diesen Angaben in Anspruch 1 den Sinngehalt einer horizontalen Beschränkung beizulegen, sind nicht ersichtlich und auch das Bundespatentgericht hat solche nicht gesehen.
21
Das fachmännische Bestreben geht dahin, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen (Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 275/02 Tz. 19). Insoweit besteht keine Veranlassung, den horizontalen Verlauf der Schwenkachse in dem in den Anmeldungsunterlagen formulierten Anspruch 3 auf die Fläche unterhalb der Mähtrommeln zu begrenzen. Die Anmeldungsunterlagen enthalten in ihrer Gesamtheit keine Anhaltspunkte dafür, dass die offenbarte Lehre insbesondere hinsichtlich des Merkmals 4 auf diesen Ausschnitt begrenzt sein soll. Mangels solcher beschränkenden Anhaltspunkte ist aus fachmännischer Sicht deshalb davon auszugehen, dass der horizontale Verlauf der Schwenkachse nach der Lehre des Patents nur den Schranken unterliegen soll, die erfindungsgemäßen Ausführungen aus technisch-physikalischen Gründen gesetzt sind. Das ist die Abfolge aller Momentanpole, die sich im Verlauf von Ausweichbe- wegungen i. S. von Merkmal 4 als Schnittpunkte der ideell verlängerten beiden Koppelglieder bis zur technisch maximal möglichen Lenkerneigung bilden. Die Lenkerneigung ist dadurch begrenzt, dass zumindest einer der Lenker schräg von oben nach unten verläuft und verlaufen muss, weil sich sonst kein Momentanpol unterhalb der Quer-Ausgleichsvorrichtung bilden kann.
22
dd) Die Anmeldungsunterlagen so zu verstehen, dass sich der Begriff "unterhalb" in Anspruch 3 lediglich auf die vertikale Position der Schwenkachse und nicht auch auf die horizontale, bezieht, ist keine Auslegung unterhalb des Wortlauts im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts. Die Auslegung ergibt, dass die Präposition "unterhalb" in der Lexikografie dieser Unterlagen (vgl. dazu BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I) ausschließlich vertikal zu verstehen ist. Das entspricht im Übrigen auch nach allgemeinem Sprachgebrauch einem möglichen Sinngehalt dieser Präposition; diese kann allein eine lediglich vertikale Position beschreiben und muss nicht zusätzlich eine horizontale Ausdehnung einschließen.
23
ee) Diese Auslegung der Anmeldungsunterlagen steht nicht in Widerspruch zu Feststellungen des Beschwerdegerichts, an die die Rechtsbeschwerdeerwiderung das Rechtsbeschwerdegericht gebunden sehen möchte. Das Bundespatentgericht hat im Zusammenhang mit seiner Auslegung keine Feststellungen zu Gesichtspunkten wie den objektiven technischen Gegebenheiten, dem Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, ihren Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen und ihrer methodischen Herangehensweise getroffen. Nur daran wäre der Senat, wie ausgeführt (oben II.3.c)bb), gebunden.
24
III. Die Sache ist danach zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 108 PatG).
25
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.05.2006 - 8 W (pat) 302/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 176/01 Verkündet am:
19. April 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 20. Juni 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 140 797 (Streitpatents). Das Streitpatent , für das eine französische Priorität vom 6. September 1983 in Anspruch genommen worden ist, beruht auf einer Anmeldung vom 31. August 1984 und ist im Verlaufe des Rechtsstreits durch Zeitablauf erloschen. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Matériau pour la signalisation des canalisations souterraines, dans lequel un support (1, 12) ayant une faible résistance àla rupture est associé à au moins deux bandes rectilignes (5, 8, 9, 10, 11) réalisées en une matière ayant une bonne résistance à la rupture, caractérisé en ce que ces bandes (5, 8, 9, 10, 11) sont discontinues et sont décalées l’une par rapport à l'autre pour qu’il n’y ait pas concordance de leurs zones de discontinuité." Die deutsche Übersetzung in der Streitpatentschrift (bei der die Unterteilung in Oberbegriff und Kennzeichen vom Anspruchswortlaut abweicht) lautet: "Material zum Anzeigen von unterirdischen Kanalisationen, wobei ein Träger (1, 12) mit einer geringen Reißfestigkeit wenigstens zwei geradlinigen Bändern (5, 8, 9, 10, 11) zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet , daß diese Bänder (5, 8, 9, 10, 11) unterbrochen sind und aus einem Material mit einer großen Reißfestigkeit bestehen, und daß sie gegeneinander längsversetzt sind, so daß sich deren Unterbrechungszonen nicht miteinander decken." Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen wird, hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 für nicht patentfähig.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt und hilfsweise Patentanspruch 1 in der Weise verteidigt, daß an seine Stelle die folgenden Patentansprüche 1a und 1b treten sollen: 1a Material zum Anzeigen von unterirdischen Kanalisationen, bei dem ein Träger (1, 3; 12) mit einer geringen Reißfestigkeit wenigstens zwei gradlinigen, sich in einer Längsrichtung
erstreckenden Bändern (5; 8, 9, 10, 11) zugeordnet ist und diese zusammenhält, wobei die Bänder (5; 8, 9, 10, 11) aus einem Material mit einer großen Reißfestigkeit hergestellt sind und in einer Querrichtung im Abstand voneinander angeordnet und voneinander gesondert vom Träger (1, 3; 12) gehalten sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Bänder (5; 8, 9, 10, 11) unterbrochen sind, so daß jedes Band aus einer Mehrzahl von durch eine jeweilige Unterbrechungszone voneinander getrennten unabhängigen Bandabschnitten gebildet ist, und daß die Bänder (5; 8, 9, 10, 11) derart in der Längsrichtung gegeneinander versetzt sind, daß sich deren in der Querrichtung voneinander im Abstand angeordneten Unterbrechungszonen nicht miteinander decken. 1b Material zum Anzeigen von unterirdischen Kanalisationen, wobei ein Träger (1, 3) mit einer geringen Reißfestigkeit wenigstens zwei gradlinigen, sich in einer Längsrichtung erstreckenden Bändern (5) zugeordnet ist, welche aus einem Material mit einer großen Reißfestigkeit hergestellt sind und frei in Aufnahmen (4) des Trägers (1) aufgenommen sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Träger (1, 3) ein Tragelement (1) aus Plastikmaterial und zwei darauf befestigte, in Querrichtung gegeneinander versetzte Streifen (3) aus Plastikmaterial aufweist, die zusammen mit dem Tragelement (1) jeweils eine Aufnahme (4) begrenzen, daß die Bänder (5) unterbrochen sind, so daß jedes Band aus einer Mehrzahl von durch eine jeweilige Unterbrechungszone voneinander getrennten unabhängigen Bandabschnitten gebildet ist, und daß die Bänder (5) derart in der Längsrichtung gegeneinander versetzt sind, daß sich deren Unterbrechungszonen nicht miteinander decken. Weiter hilfsweise verteidigt die Beklagte Patentanspruch 1 in der Fassung des vorstehenden Patentanspruchs 1a und nochmals hilfsweise in der Fassung des Patentanspruchs 1b. In der mündlichen Verhandlung ist die Beklagte nicht vertreten gewesen.
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Professor , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung, über die ungeachtet der Säumnis der Beklagten durch streitiges Urteil zu entscheiden ist (vgl. Sen.Urt. v. 30.4.1996 - X ZR 114/92, GRUR 1996, 757 - Tracheotomiegerät), hat keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage, die im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Klägerin aus dem Streitpatent auch nach Ablauf seiner Schutzdauer zulässig ist, im Ergebnis zu Recht für begründet erachtet, da der Stand der Technik dem Fachmann den Gegenstand des Streitpatents nahegelegt hat.
I. Das Streitpatent betrifft ein Material, mit dem der Verlauf unterirdischer Rohrleitungen ("canalisations") angezeigt werden kann.
Solche Materialien werden oberhalb von unterirdischen Rohrleitungen verlegt. Sie sollen bei späteren Grabungsarbeiten einen Hinweis auf das Vorhandensein der Leitung geben und so deren Beschädigung vermeiden. Die Streitpatentschrift bezeichnet es als bekannt, hierzu Kunststoffgitter zu verwenden. Aus dem französischen Gebrauchsmuster 2 384 427 sei es ferner bekannt , ein solches Gitter mit durchgehenden, geradlinigen Bändern zu verbin-
den, deren Dehnungs- und Bruchwiderstand sich teilweise von dem des Gitters unterscheide. Das gewährleiste jedoch nicht immer die Wahrnehmung der Rohrleitung, weil die bei Grabungsarbeiten von einem Schaufelbagger herausgerissenen Stücke des Markierungsbandes häufig in dem herausgebaggerten Material verschwänden und die Bänder, die an den Seitenwänden der Grabung hängenblieben, ebenso schlecht sichtbar seien. Auch könne es vorkommen, daß die mit den Gittern verbundenen Markierungsbänder durch den Schaufelbagger sauber abgetrennt würden. Der Baggerführer sehe in diesem Fall die Markierungsbänder weder an den Seitenrändern der Grabung noch in dem Material in der Baggerschaufel.
Daraus ergibt sich das dem Streitpatent zugrundeliegende Problem, ein Markierungsmaterial zur Verfügung zu stellen, das bei Grabungsarbeiten, insbesondere bei Arbeiten mit einem Schaufelbagger, zuverlässig erkennbar ist.
Dieses Problem soll durch ein Material zum Anzeigen unterirdischer Rohrleitungen mit folgenden Merkmalen gelöst werden:
1. Das Material weist einen Träger auf,
1.1 der eine geringe Reißfestigkeit besitzt und
1.2 mit wenigstens zwei geradlinigen Bändern verbunden ("associé") ist.
2. Die Bänder
2.1 bestehen aus einem Material von hoher Reißfestigkeit,

2.2 sind unterbrochen ("discontinues") und
2.3 sind gegeneinander versetzt, so daß sich ihre Unterbrechungszonen nicht decken.
Die Figuren 1 und 2 der Streitpatentschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel. Durch die gegeneinander versetzten, in Abschnitte unterteilten Bänder soll erreicht werden, daß stets Abschnitte mindestens eines Bandes für den Baggerführer sichtbar sind.

II. Der Gegenstand des Streitpatents ist neu.
1. Die deutsche Auslegeschrift 24 28 740 (D 1) beschreibt ein Warnmaterial aus zwei übereinanderliegenden Folienbahnen, die in streifenförmig in Längsrichtung verlaufenden Bereichen miteinander verklebt sind. In die dadurch geschaffenen kanalartigen Zwischenräume sind lose und nachgebend Bänder in Überlänge eingelegt, die reißfester als die Folienbahnen sind. Diese Ausgestaltung soll bewirken, daß die im Verbund der Folienstreifen unverankert bleibenden reißfesten Bänder erst nach dem Abheben einer Baggerschaufel an irgendeiner Stelle abgerissen werden und so sichtbar bleiben. Die Merkmale 2.2 und 2.3 werden nicht verwirklicht.
2. Die US-Patentschrift 3 568 626 (D 2) betrifft ein bahnartiges Warnmaterial, das aus einer doppellagigen Vinylfolie besteht, in die an den Seiten in Längsrichtung verlaufende Nylonschnüre eingelegt sind. Die Vinylfolie kann beispielsweise aus Polyethylen mit einer der 8fachen Bahnlänge entsprechenden Dehnungsfähigkeit ausgeführt werden, während die Nylonschnüre vorzugsweise auf das 3- bis 4fache ihrer Länge dehnbar sein sollen. Wenn etwa durch eine Baggerschaufel an der Bahn gezogen wird, soll sich diese dehnen und auf diese Weise für den Baggerführer sichtbar werden. Die Entgegenhaltung beschreibt ferner eine Ausführungsform, bei der die Bahn in voneinander getrennte Abschnitte aufgeteilt ist und zwei Bahnen so übereinander gelegt werden, daß die Unterbrechungszone der einen Bahn in etwa mit der Quermittellinie der anderen Bahn übereinstimmt. Damit soll erreicht werden, daß jeweils ein ausreichend langer Bandabschnitt mit dem Erdreich ausgehoben und sicht-
bar wird (Sp. 3 Z. 25 - 29). Die Überlappung der Bahnabschnitte soll sicherstellen , daß jede beliebige Angriffsstelle der Baggerschaufel nahe genug an der Mitte eines Bahnabschnitts liegt, um diesen zumindest im wesentlichen, wenn nicht vollständig mitzunehmen (Sp. 3 Z. 39 - 43).
Die stark dehnbaren Vinylfolien sind funktional Bänder und die Nylonschnüre Träger im Sinne des Streitpatents. Es fehlt indessen an Merkmal 1.2, denn die Träger sind jeweils nur mit einem Band verbunden. Dem Merkmal 2.3 vergleichbare gegeneinander versetzte Unterbrechungszonen entstehen infolgedessen erst und allenfalls dadurch, daß zwei Bahnen übereinander angeordnet werden.
3. Auch die US-Patentschrift 3 282 057 (D 3) betrifft ein bahnförmiges Markierungsmaterial. Als Markierungsband dient eine Kunststoffolie, die in Abständen perforiert sein kann (Anspruch 7, Sp. 2 Z. 12 - 16 u. 27, Fig. 2). Nach einem in Figur 3 dargestellten Ausführungsbeispiel können statt einer Folie zwei übereinanderliegende, sich überlappende Lagen aus Einzelbögen (a plurality of overlapping sheets, Sp. 2 Z. 17 - 22) verwendet werden. Perforierte oder nicht perforierte Bänder können in Form von großen Vorratsrollen verwendet werden. Auch die Ausführungsform nach Figur 3 soll auf eine Vorratsrolle aufgewickelt werden können, indem die Einzelbögen miteinander verbunden werden ("by joining the sheets of the embodiment of Figure 3", Sp. 2 Z. 41 - 46). Zur Erleichterung der Verlegung können solche Ausführungsformen in der Weise auf eine Vorratsrolle aufgewickelt werden, daß eine Gleitfolie eingefügt wird oder sie von einem Paar Gleitfolien eingeschlossen werden ("may be wound into a supply roll by the incorporation
of a slip sheet or by incorporating these embodiments between a pair of slip sheets", Sp. 2 Z. 47 - 50). Solche Gleitfolien sollen vorteilhafterweise aus einem organisch kompostierbaren Material wie etwa Papier bestehen (Sp. 2 Z. 50 - 54).
Die beschriebene Ausführungsform nach Figur 3 läßt sich zwar auf Merkmal 2 lesen; es fehlt jedoch an einem Träger im Sinne des Merkmals 1. Als Träger ist zwar die Gleitfolie in Betracht zu ziehen, die jeweils zwischen zwei aufgewickelten Kunststoffoliendoppellagen eingefügt sein kann. Über irgendeine Verbindung der Gleitfolie(n) mit den (beiden) Kunststoffolien ist der Entgegenhaltung jedoch nichts zu entnehmen, und zu ihr besteht nach dem Zweck der Gleitfolie auch kein Anlaß.
III. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war.
1. Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß sich in der Praxis erfahrene Fachhochschulingenieure der Fachrichtung Bauwesen, insbesondere Tiefbauwesen, mit der Entwicklung von Anzeigemitteln der in Rede stehenden Art befassen. Wie die Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen ergeben hat, werden jedoch von den Praktikern des Bauwesens, etwa einem als Bauleiter tätigen Fachhochschulingenieur, typischerweise nur die Anforderungen formuliert, denen ein Markierungsmaterial genügen soll. Die Entwicklung des Materials selbst obliegt einem an einer Fachhochschule ausgebildeten Mitarbeiter eines derartige Markierungsmaterialien herstellenden Unternehmens, der nicht nur um die Einsatzbedingungen des Materials auf dem Bau weiß, sondern auch über nähere Kenntnisse über die Eigenschaften und Einsatzbereiche der in Betracht kommenden Kunststoffe verfügt. Entsprechende Kennt-
nisse und Erfahrungen sind daher bei dem von der Erfindung angesprochenen Fachmann zugrundezulegen.
2. Dem Fachmann stand mit dem Markierungsmaterial nach der D 1 bereits ein Material zur Verfügung, das einen Träger geringer Reißfestigkeit (Merkmale 1 und 1.1) mit wenigstens zwei Bändern verbindet, die aus einem Material höherer Reißfestigkeit bestehen (Merkmal 2.1).
Um mehr Material bereitzustellen, das bei dem Ausheben des Erdreichs mit einer Baggerschaufel sichtbar bleiben kann, sollen die Bänder nach der D 1 in Überlänge in die Zwischenräume eingelegt werden. Dazu können sie beispielsweise wellenförmig angeordnet werden, wie dies Figur 3 der Entgegenhaltung zeigt.
Der Fachmann, der sich - etwa weil es Schwierigkeiten bereitete, eine solche Anordnung mit einfachen Mitteln produktionstechnisch zu realisieren - nach einer Alternative hierzu umsah, entnahm der D 3 den Hinweis, daß er anstelle eines in Wellen oder Schlaufen gelegten Bandes auch zwei übereinanderliegende , sich überlappende Lagen aus Einzelbögen verwenden konnte. Denn dem bereits erörterten Ausführungsbeispiel nach Figur 3 mit Einzelbögen folgt in Figur 4 der Entgegenhaltung unmittelbar ein Ausführungsbeispiel mit einem in Schlaufen gelegten Band, und beide Ausführungsbeispiele werden dem Fachmann als vorteilhaft vorgestellt, weil sie eine relative sichere Erkennbarkeit sowohl im Graben als auch im ausgehobenen Erdreich gewährleisten (D 3, Sp. 2 Z. 69 - Sp. 3 Z. 12).
Prüfte der Fachmann infolgedessen die Möglichkeit, bei dem Markierungsmaterial nach der D 1 anstelle von wellenförmigen Bändern derartige sich überlappende Lagen zu verwenden, hatte er bereits den Gegenstand des Streitpatents aufgefunden. Denn wenn er - gedanklich - in den von den Folienbahnen gebildeten kanalartigen Zwischenräumen der D 1 jeweils Doppellagen der Bögen nach der D 3 anordnete, genügte er sämtlichen Anforderungen der Merkmale 1 bis 2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Ungeachtet dessen erschloß sich dem Fachmann bei dieser Überlegung unschwer die Alternative , die beiden Lagen der Bögen auf zwei nebeneinander liegende Kanäle aufzuteilen , auf diese Weise die Anordnung der Bögen in den Kanälen zu erleichtern und gleichwohl durch eine von Kanal zu Kanal in Längsrichtung jeweils um eine halbe Bogenlänge versetzte Anordnung den Vorteil sich in Längsrichtung überlappender Lagen mit definierten Trennfugen beizubehalten.
3. Auch in der Fassung der hilfsweise verteidigten Patentansprüche 1a und 1b ist der Gegenstand des Streitpatents nahegelegt, so daß die Angriffe der Klägerin gegen die Ursprungsoffenbarung der so formulierten Ansprüche keiner Erörterung bedürfen.

a) Patentanspruch 1a läßt sich wie folgt gliedern (zusätzliche oder abgewandelte Merkmale kursiv):
1. Das Material weist einen Träger auf,
1.1 der eine geringe Reißfestigkeit besitzt und
1.2 wenigstens zwei geradlinigen Bändern zugeordnet ist und diese zusammenhält.

2. Die Bänder
2.1 bestehen aus einem Material von hoher Reißfestigkeit,
2.1a sind in einer Querrichtung im Abstand voneinander angeordnet,
2.1b sind voneinander gesondert vom Träger gehalten,
2.2 sind unterbrochen ("discontinues"),
2.2a so daß jedes Band aus einer Mehrzahl von durch eine jeweilige Unterbrechungszone voneinander getrennten unabhängigen Bandabschnitten gebildet ist, und
2.3 sind in Längsrichtung derart gegeneinander versetzt, daß sich deren in der Querrichtung voneinander im Abstand angeordnete Unterbrechungszonen nicht decken.
Das in der D 1 dargestellte Markierungsmaterial entspricht, wenn die wellenförmigen Bänder wie zu 2 dargestellt durch Folgen von Einzelbögen ersetzt werden, auch den abgewandelten Merkmalen 1.2 und 2.3 sowie den zusätzlichen Merkmalen 2.1a, 2.1b sowie 2.2a. Der Gegenstand des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1a ist daher ebenso nahegelegt wie der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1.

b) Patentanspruch 1b läßt sich wie folgt gliedern (zusätzliche oder abgewandelte Merkmale kursiv):
1. Das Material weist einen Träger auf,
1.1 der eine geringe Reißfestigkeit besitzt
1.1a der ein Tragelement aus Plastikmaterial und zwei darauf befestigte, in Querrichtung gegeneinander versetzte Streifen aus Plastikmaterial aufweist, die zusammen mit dem Tragelement jeweils eine Aufnahme begrenzen ,
1.2 wenigstens zwei geradlinigen, sich in einer Längsrichtung erstreckenden Bändern zugeordnet ist.
2. Die Bänder
2.1 bestehen aus einem Material von hoher Reißfestigkeit,
2.1a sind frei in den Aufnahmen des Trägers aufgenommen ,
2.2 sind unterbrochen ("discontinues"),
2.2a so daß jedes Band aus einer Mehrzahl von durch eine jeweilige Unterbrechungszone voneinander getrennten unabhängigen Bandabschnitten gebildet ist, und

2.3 sind in Längsrichtung derart gegeneinander versetzt, daß sich ihre Unterbrechungszonen nicht decken.
Ebenso wie bei Patentanspruch 1a entspricht das in der D 1 dargestellte Markierungsmaterial, wenn die wellenförmigen Bänder wie zu 2 dargestellt durch Folgen von Einzelbögen ersetzt werden, auch den abgewandelten Merkmalen 1.2 und 2.3 sowie den zusätzlichen Merkmalen 2.1a und 2.2a. Lediglich hinsichtlich des Merkmals 1.1a besteht keine Übereinstimmung, da die Kanäle bei der D 1 nicht durch (zwei) auf der unteren Folienbahn befestigte Streifen gebildet werden, sondern dadurch, daß zwei Folienbahnen streifenweise miteinander verklebt werden. Beide Möglichkeiten stehen dem Fachmann jedoch ohne weiteres alternativ zur Verfügung. Auch der Gegenstand des hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1b ist daher nahegelegt.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 1/05 Verkündet am:
17. April 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EPÜ Art. 69; PatG § 14
Pumpeinrichtung
Zur Beantwortung der Frage, ob eine als patentverletzend beanstandete Ausführung
trotz Abweichung vom Wortsinn in den Schutzbereich eines Patentanspruchs fällt,
reicht es nicht aus, nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs zu prüfen
, ob bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden
ist. Diese Ausführung muss - soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße
Lösung von Bedeutung ist - als Gesamtheit erfasst werden; hiervon ausgehend ist
zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche eine auffindbar gleichwertige Lösung
darstellt.
BGH, Urt. v. 17. April 2007 - X ZR 1/05 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. Dezember 2004 verkündete und durch Beschluss vom 12. Januar 2005 berichtigte Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten um die Verletzung des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten, in englischer Sprache erteilten europäischen Patents 309 596 (Klagepatents). Dieses Patent umfasst zwölf Patentansprüche , von denen Anspruch 1 wie folgt lautet: "A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising
a) a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,
b) a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,
c) a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,
d) an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
e) an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
f) drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,
g) wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber, characterised by control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre , respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced."
2
Das Klagepatent war Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, über die der Senat am 22. Oktober 2002 abschließend entschieden hat (Az. X ZR 115/99). Patentanspruch 1 hatte in der erteilten Fassung Bestand.
3
Die Klägerin hat in Prozessstandschaft und gestützt auf abgetretenes Recht Patentverletzungsklage gegen die Beklagten erhoben, weil diese in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung A. - System-Hochdruckpumpen gemäß den Anl. K 5, 5a vertreiben. Diese Geräte weisen zwei hintereinander geschaltete, unabhängig voneinander angetriebene Kolben auf, wobei der erste Kolben einen konstanten oberen Totpunkt hat, während der zweite Kolben linear verstellt werden kann. Bei dem Gerät 2690, das Untersuchungsgegenstand des sogenannten Weissgerber-Berichts (Anl. K 6) war, können laut dieses Berichts die Flussraten von 0,1 ml/min bis zu 10 ml/min variieren. In der Betriebsart "Auto" ändert sich über diese Variationsbreite hiernach die Hublänge des Primärkolbens in fünf Stufen (Schritten). Der Hub bis zum oberen Totpunkt beträgt bei zunehmender Flussrate 25 μl, 50 μl, 100 μl, 120 μl oder 130 μl und umgekehrt. Die Hublänge des zweiten Kolbens (Akkumulatorkolbens ) ändert sich laut des Berichts in ähnlicher Weise, wobei sie auf den einzelnen Stufen jeweils etwas abnimmt (bei zunehmender Flussrate) bzw. zunimmt (bei abnehmender Flussrate). Nach jedem Kolben hat die Vorrichtung einen Drucksensor, von denen der letzte den Systemdruck feststellt. Die Anpassung der Hublänge erfolgt jedoch unabhängig vom Systemdruck. Laut Bedienungsanleitung gemäß Anl. K 5a ist es möglich, über eine Software die Vorkompression so zu gestalten, dass die Drücke ausgeglichen werden (to balance pressures, providing the smooth, ripple-free flow).
4
Nach Einholung eines Gutachtens und mündlicher Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz festgestellt.
5
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den bereits vom erkennenden Senat in der Patentnichtigkeitssache als gerichtlichen Sachverständigen hinzugezogenen Prof. Dr. M. mit einer schriftlichen Begutachtung betraut und mündlich angehört. Das Berufungsgericht hat sodann unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abgewiesen.
6
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, wobei sie hauptsächlich begehrt, das Urteil des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18. Dezember 2002 in der Fassung des Beschlusses vom 29. Januar 2003 zurückzuweisen.
7
Die Beklagten treten diesem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


8
Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
1. Nach Patentanspruch 1 betrifft das Klagepatent eine Pumpeinrichtung mit wählbarer Flussrate zum Fördern von Flüssigkeiten unter hohem Druck. Solche Vorrichtungen werden insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flussrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flussrate zur Vermeidung von Messfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei ) gehalten werden. Ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergibt sich bereits, wenn die Einrichtung zwei mit Phasenabstand angetriebene Pumpen aufweist, die mit gleichbleibendem Hubvolumen arbeiten und bei denen nur die Hubfrequenz verändert wird.

10
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bildet jedoch die Kompressibilität der Flüssigkeit eine zusätzliche Quelle für Flusspulsationen. Denn bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe muss der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen. Das führt zu Flusspulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz , die sich insbesondere bei niedrigen Flussraten und kleinen Spitzen (Peaks) im Chromatogramm bemerkbar machen.
11
Hieraus ergibt sich, wie in der Klagepatentschrift weiter angegeben ist, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flussraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Messergebnisse weitgehend zu vermeiden.
12
Nach Patentanspruch 1 des Klagepatents soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden: Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flussrate, umfassend 1. eine erste Pumpenkammer (7), 1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und 1.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 2. eine zweite Pumpenkammer (18), 2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und 2.2 die eine Einlassöffnung und eine Auslassöffnung aufweist, 3. eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslassöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlassöffnung der zweiten Pumpenkammer, 4. ein Einlassventil (4) 4.1 das an die Einlassöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 5. ein Auslassventil (13), 5.1 das an den Auslass der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und 5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird, 6. Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36) 6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens , 6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird, 7. mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35) 7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt 7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung, 7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flussrate verringert wird und umgekehrt, 7.4 derart, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden ("such that pulsations ... are reduced").
13
Patentgemäß wird also die Flussrate sowohl durch Veränderung der Hubfrequenz als auch durch Veränderung des Hubvolumens beeinflusst. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: - Zum einen wird mit - bei kleinerer Flussrate - kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt.
- Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Diese wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, welches das gesamte Chromatogramm im Wesentlichen gleichmäßig beeinflusst.
14
2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass bei dem mit der Klage beanstandeten A. -System die unter den Nrn. 1 bis 6 aufgegliederten Merkmale vorhanden sind. In Streit steht allein die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 7.
15
3. Insoweit geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung des Senats davon aus, dass eine patentgeschützte Lehre von einem zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigten Dritten entweder in wortsinngemäßer Weise oder unter Verwendung vom Wortsinn abweichender Mittel verletzt werden kann. Im Streitfall hält es jedoch keine dieser Alternativen für gegeben.
16
Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel des A. - Systems dienten zwar zur Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt (Merkmale 7, 7.1). Da bei dem A. -System das Hubvolumen in drei bzw. fünf Stufen der geänderten Flussrate angepasst werden könne, erfolge die Steuerung aber nicht in Abhängigkeit von der gewünschten Flussrate (Merkmal 7.2). Denn der als Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. M. habe angegeben, der Durchschnittsfachmann verstehe dieses Merkmal dahin, dass Frequenz und Hubvo- lumen mit der Flussrate so geändert würden, dass es zu einer stetigen (nicht notwendigerweise linearen) Funktion komme. Merkmal 7.3 sei nicht wortsinngemäß verwirklicht, weil nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. dann, wenn die patentierte Idee mit einfachen steuerungstechnischen Mitteln genutzt werden solle, vom Kern der geschützten Lehre nur Gebrauch gemacht werde, wenn sich die in Fig. 5 der Klagepatentschrift gezeigte Kurve a von der Kurve b löse und oberhalb dieser liege. Das sei aber schon dann nicht der Fall, wenn das Hubvolumen - wie bei dem A. -System - jedenfalls abschnittsweise konstant bleibe. Merkmal 7.4 sei schließlich nicht verwirklicht, weil nach den Angaben von Prof. Dr. M. für die patentgemäßen Mittel kennzeichnend sei, die Pulsationen - entsprechend der beispielhaften Fig. 6 des Klagepatents - nur reduzieren zu können, Zweck und Grundlage des A. -Systems aber die Eliminierung der Pulsationen sei.
17
Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sei zu folgen, weil sie von Sachverstand geprägt seien, gegen die fachliche Kompetenz von Prof. Dr. M. keine vernünftigen Einwände vorgebracht werden könnten und der in erster Instanz als gerichtlicher Sachverständiger hinzugezogene Prof. Dr. S. deshalb zu einem anderen Ergebnis (wortsinngemäße Verwirklichung aller Merkmale) gekommen sei, weil er unrichtigerweise auf das Verständnis eines Anwenders, nicht aber auf die Sicht des Durchschnittsfachmanns abgestellt habe, als der nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Patentnichtigkeitsverfahren und den Ausführungen von Prof. Dr. M. ein Diplomingenieur anzusehen sei, der an einer Fachhochschule, einer Technischen Hochschule oder eine Universität ausgebildet worden sei und der vertiefte Kenntnisse im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik sowie Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen habe. Diesem Anforderungsprofil entspreche Prof. Dr. M. als Direktor des Instituts für Fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der … ohne Weiteres. Dessen Feststellungen werde deshalb gefolgt.
18
Daher scheide auch eine äquivalente Verwirklichung aus. Denn nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei das A. -System seiner Funktionsweise nach dem im Nichtigkeitsverfahren entscheidungserheblichen Stand der Technik (Saito) nachgebildet, womit bereits eine Einteilung in drei/fünf Bereiche offenbart gewesen sei. Was das Merkmal 7.2 anbelange, stehe das A. -System somit für den Durchschnittsfachmann näher bei Saito als beim Klagepatent. Was die Merkmale 7.3 und 7.4 betreffe, scheide eine äquivalente Benutzung hingegen deshalb aus, weil das A. -System wie Saito zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden und somit seine Aufgabe nicht deckungsgleich mit der des Klagepatents sei.
19
4. Mit dieser Begründung kann die Abweisung der Klage keinen Bestand haben, weil dem Urteil weder eine Auslegung des Klagepatents durch das Berufungsgericht zu Grunde liegt, noch dessen Ausführungen zur Frage der Verwendung abgewandelter Mittel frei von Rechtsfehlern sind und die bislang getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht erlauben, ob das mit der Klage beanstandete A. -System die Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß oder mittels abweichender Gestaltung in einer in dessen Schutzbereich fallenden Weise verwirklicht.
20
a) Das Berufungsgericht ist zwar in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, zunächst der Befassung mit der technischen Lehre bedarf, die sich aus dem angeblich benutzten Patentanspruch ergibt. Die Art und Weise, wie das Berufungsgericht sich den dann seinem Urteilsauspruch zu Grunde gelegten Sinngehalt von Patentanspruch 1 erschlossen hat, war aber nicht rechtsfehlerfrei. Denn die Ermittlung hat der vom Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige vorgenommen und die angefochtene Entscheidung lässt nicht erkennen, dass für die im Urteil wiedergegebenen Ausführungen zum Wortsinn eine eigene Würdigung des Berufungsgerichts maßgeblich war. Das widerspricht ständiger Rechtssprechung, die sich auf Urteile des Senats gründet, die bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts ergangen sind. Denn hiernach betrifft die Auslegung eines Klagepatents eine Rechtsfrage (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, m.w.N.; vgl. auch die nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen Senatsentscheidungen BGHZ 166, 305, 311 - Vorausbezahlten Telefongespräche; v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung , für BGHZ bestimmt). Sie ist deshalb von dem angerufenen Gericht eigenständig zu leisten und darf nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen werden, wie der Senat in seinem Urteil vom 11. Dezember 2005 (X ZR 76/04, GRUR 2006, 131 - Seitenspiegel) bestätigt hat. Das Verständnis eines oder der in den Tatsacheninstanzen hinzugezogenen Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich auch ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis einer Partei (Sen.Urt. v. 13.02.2007 - X ZR 74/05, Tz. 18 - Kettenradanordnung, für BGHZ bestimmt). Denn es kommt nicht darauf an, wie einzelne Angehörige der Fachwelt oder eine Mehrzahl von Fachleuten den Patentanspruch verstehen. Das Gericht hat vielmehr selbst mittels eines wertenden Akts zu bestimmen, wie der Patentanspruch zu verstehen ist, wenn das auf dem betreffenden Ge- biet der Technik übliche allgemeine Fachwissen sowie die durchschnittlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachwelt zur Erfassung des Wortlauts des Patentanspruchs und dessen hiermit festgelegten Sinns herangezogen und auf diese Weise fachmännischer Sicht Rechnung getragen wird (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
21
b) aa) Bei der Verneinung der Frage, ob das A. -System als vom Wortsinn abweichende Ausführung der Lehre des Patentanspruchs 1 in dessen Schutzbereich fällt, hat das Berufungsgericht eine zergliedernde Betrachtung vorgenommen, indem es sich nur hinsichtlich einzelner Merkmale des Patentanspruchs die Frage vorgelegt hat, ob insoweit bei der beanstandeten Ausführung ein gleichwertiges Ersatzmittel vorhanden ist. Schon das genügt nicht den rechtlichen Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats darüber entscheiden, ob eine Ausführung trotz vorhandener Abweichung vom Wortsinn den Patentanspruch verwirklicht. Ebenso wie bei der Bestimmung, welcher Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs zukommt, stets dessen Gesamtzusammenhang in den Blick zu nehmen ist und eine Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale nur dazu dienen kann, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als Einheit zu ermitteln (vgl. BGHZ 159, 221 - Drehzahlermittlung), ist auch die angegriffene Ausführung, soweit ihre Gestaltung im Hinblick auf die patentgemäße Lösung von Bedeutung ist, als Gesamtheit zu erfassen; hiervon ausgehend ist zu entscheiden, ob diese Gesamtheit als solche trotz der vorhandenen Abwandlung eines oder mehrer patentgemäßer Lösungsmittel eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellt.
22
bb) Der Senat hat im Interesse der Rechtssicherheit für die Prüfung, ob das so ist, einen Fragenkatalog erarbeitet (unter anderem BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I), dessen Beantwortung regelmäßig geboten ist. Eine Aussage darüber, ob eine abweichende Ausführung in den Schutzbereich fällt, kann danach regelmäßig nur dann als auf ausreichender Grundlage beruhend angesehen werden, wenn die Entscheidung erkennen lässt, dass der Tatrichter sich mit den betreffenden Fragen befasst hat und - bei Verneinung der Zugehörigkeit - an welcher Voraussetzung es fehlen soll.
23
Auch diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
24
(1) Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss nämlich regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit (zwar abgewandelten, aber) objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen , die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen (wortsinngemäßen) Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
25
(2) Die vom Berufungsgericht aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. im Hinblick auf das Merkmal 7.2 übernommene Feststellung , dass die Lösung des A. -System für den Durchschnittsfachmann näher beim Stand der Technik (Saito) liege als beim Klagepatent, betrifft hiernach keinen Gesichtspunkt, der darüber entscheidet, ob die mit der Klage beanstandete Ausführung in den Schutzbereich des Patentanspruchs 1 des Klagepatents fällt. Welcher der drei vom Senat herausgearbeiteten Voraussetzungen die angebliche Nähe zum Stand der Technik entgegenstehen soll, hat das Berufungsgericht auch nicht dargelegt. Entgegen der Erwiderung der Beklagten lässt die allgemeine und letztlich nur eine Behauptung darstellende Aussage des Berufungsgerichts weder erkennen, dass hiermit die dritte Voraussetzung verneint werden sollte, noch wäre sie überhaupt geeignet, das Fehlen derselben zu begründen. Da diese Voraussetzung auf konkrete Überlegungen abstellt , ist eine derart allgemeine Darlegung, wie sie das Berufungsgericht für ausreichend gehalten hat, insoweit völlig unbrauchbar.
26
(3) Sollte das Berufungsgericht jedoch gemeint haben, hieraus folge die Berechtigung des von den Beklagten erhobenen Einwands, das A. - System stelle mit Rücksicht auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung dar, beruhte auch das nicht auf einer rechtsfehlerfreien Rechtsanwendung. Denn auch zur Darlegung und zum Nachweis dieses sogenannten Formstein -Einwands genügt nicht eine vergleichsweise größere Nähe der als patentverletzend beanstandeten Ausführung zum Stand der Technik. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Lehre zum technischen Handeln, die diese Ausführung verkörpert, sich nicht durch Neuheit oder erfinderische Tätigkeit vom Stand der Technik unterscheidet. Denn zum Erfolg des sogenannten FormsteinEinwands ist es nötig, dass die Gesamtheit derjenigen Merkmale der als patentverletzend beanstandeten Ausführung, deretwegen festgestellt werden kann, dass diese in den Schutzbereich des Patentanspruchs fällt, als gegenständliche Lehre zum technischen Handeln den gesetzlichen Anforderungen für einen Patentschutz nicht genügt hätte, wenn sie zum Prioritätszeitpunkt des erteilten Patents angemeldet worden wäre (BGHZ 98, 21 f. - Formstein; BGHZ 134, 353, 357 f. - Kabeldurchführung I).
27
(4) Auch die hinsichtlich der Merkmale 7.3 und 7.4 getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, deren äquivalente Verletzung scheide aus, weil das A. -System zum Ziel habe, Pulsationen gänzlich zu vermeiden, und damit bei ihm ein Umstand gegeben sei, auf den es nach der Lehre des Klagepatents nicht ankomme, füllt keine der maßgeblichen Voraussetzungen aus. Mit dieser Feststellung ist zunächst einmal nur ein Mehr an Leistung im Vergleich zu dem angesprochen, was ausweislich Merkmal 7.4 die nach Patentanspruch 1 geschützte Lehre ausmachen soll. Ein Leistungsüberschuss einer vom Wortsinn abweichenden Ausführung schließt aber deren Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patentanspruchs nicht aus. Dies gilt insbesondere, wenn die als patentverletzend beanstandete Ausführung über die Gesamtheit der Merkmale hinaus, die im Hinblick auf die Einbeziehung dieser Ausführung in den Schutzbereich von Bedeutung sind, zusätzliche Gestaltungsmittel aufweist, weil dann deren Existenz für eine weitere Leistungssteigerung verantwortlich sein kann. Gerade das war im Streitfall zu klären, weil die Klägerin sich insoweit unter Hinweis auf den Prospekt gemäß Anl. K 5a auf das Vorhandenseins eines Druckwandlers und einer softwaregesteuerten Vordruckregelung berufen hat. Die damit aufgezeigte Möglichkeit, dass auch das A. -System über das Hubvolumen so gesteuert wird, dass Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeneinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden, und dieses System zur Beseitigung noch verbleibender Pulsationen nur durch zusätzliche Maßnahmen befähigt ist, wird jedoch durch den bloßen Hinweis des Berufungsgerichts nicht ausgeräumt, nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. sei aus dem so genannten Weissgerber-Bericht (Anl. K 6) nicht ersichtlich, wie sich die Regelung von Primär- und Systemdruck auf die Pulsation auswirke, um den vom A. -System beanspruchten "ripple-free flow" nachzuweisen.
28
cc) Damit ist bisher (auch) die Frage der Gleichwirkung des A. - Systems ungeklärt geblieben. Hierbei handelt es sich um eine Frage, deren Beantwortung tatrichterlicher Feststellung und Würdigung bedarf (Sen.Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313 - Stapeltrockner). Jedenfalls das macht die ausgesprochene Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht notwendig.
29
5. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht Folgendes zu bedenken haben:
30
a) Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent unter Schutz gestellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat. Das verleiht dem in dem betreffenden Patentanspruch gewählten Wortlaut entscheidende Bedeutung. Was bei sinnvollem Verständnis - gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Erläuterungen in Beschreibung und Zeichnungen - mit ihm nicht so deutlich einbezogen ist, dass es als zur Erfindung gehörend erkannt wird, kann den Gegenstand dieses Patentanspruchs nicht kennzeichnen (BGHZ 160, 204 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
31
b) Hiernach wird im Streitfall zu berücksichtigen sein, dass das Patent davon ausgeht, dass die Pumpeinrichtung die Wahl mehrerer Flussraten erlaubt (wählbare Flussrate, gewünschte Flussrate Sp. 1 Z. 47 der Beschreibung), dass also der Betreiber im Rahmen der Förderkapazität der Einrichtung einstellen kann, welche Flüssigkeitsmenge am Ausgang der Pumpeinrichtung zur Verfügung steht. Da andererseits die Anzahl der wählbaren Flussraten im Patentanspruch 1 nicht angegeben und dort auch nicht vorgegeben ist, wie sie sich unterscheiden sollen, könnte deshalb sogar ausreichen, wenn die Einrichtung die Einstellung von mindestens zwei Flussraten innerhalb der förderbaren Flüssigkeitsmengen erlaubt. Die Einstellbarkeit in drei oder fünf Stufen würde ebenfalls genügen und die gewünschte Flussrate wäre patentgemäß immer nur eine der Flüssigkeitsmengen, die entsprechend der jeweiligen Herrichtung der Vorrichtung jeweils zur Abgabe eingestellt werden kann.
32
Bei diesem Verständnis kommt es zur Flussrate, die aus den nach der Herrichtung der Vorrichtung möglichen ausgewählt wird, weil patentgemäß sowohl die Hubfrequenz der angetriebenen Kolben als auch die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge geräteseits gesteuert werden. Die Einstellung der Hublängen der Kolben zwischen den beiden Totpunkten, die diese Menge bestimmen, erfolgte dabei nach der Merkmal 7.2 zugrunde liegenden Anweisung geräteseits in Abhängigkeit von der eingestellten Flussrate. Die mit den Antriebsmitteln gekoppelten Steuermittel sorgten hiernach automatisch für eine Einstellung der Hublänge je nachdem, welche der möglichen Einstellungen der Flussrate der Betreiber gerade gewählt hat. Wird eine mögliche Flussrate eingestellt, müsste das System für eine bestimmte Hublänge beider Kolben unter verschiedenen möglichen sorgen. Im Fall einer Änderung der Flussrate (Verringerung oder Erhöhung auf einen anderen einstellbaren Wert) bedeutete das, dass auch dann eine automatische Einstellung der Hublänge zu erfolgen hätte.
33
Was hierbei zu geschehen hat, besagten die Merkmale 7.3 und 7.4. Weder bei einer Erhöhung der Flussrate noch bei einer Verringerung der Flussrate darf danach das Hubvolumen gleich bleiben. Eine Änderung der Einstellung der Flussrate muss vielmehr auch eine Änderung des Hubvolumens nach oben oder unten zur Folge haben. Ausgehend von dem eingangs erwähnten Verständnis müsste daher die Einrichtung jeder vom Betreiber einstellbaren Flussrate dadurch Rechnung tragen, dass ein dieser Flussrate eigenes Hubvolumen gepumpt wird, das sich von dem Hubvolumen unterscheidet, mit der bei der nächst höheren oder nächst niedrigeren einstellbaren Flussrate gearbeitet wird. Hinsichtlich des Maßes der Verringerung oder Erhöhung des Hubvolumens bei geänderter Einstellung einer der möglichen Flussraten schreibt Merkmal 7.4 schließlich die Orientierung an dem dort vorgegebenen Ziel vor.
34
c) Die vorstehend skizzierte Auslegung führt jedoch nicht ohne Weiteres zur Feststellung, dass das A. -System Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß verwirklicht. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt , dass über die Verletzungsfrage nicht allein die Form entscheidet, die eine als patentverletzend beanstandete Ausführung bei Berücksichtigung aller ihrer Gestaltungsmerkmale in ihrer konkreten Form hat (BGHZ 112, 140 - Befestigungsvorrichtung II; BGHZ 125, 303 - Zerlegvorrichtung für Baumstämme ; BGHZ 142, 7 - Räumschild), und dass letztlich die objektive Eignung maßgeblich ist, die sich bei einer Sache daraus ergibt, wie sie benutzt werden kann, und nicht daraus, wie sie im Einzelfall oder üblicherweise benutzt wird (Sen.Urt. v. 13.12.2005 - X ZR 14/02, GRUR 2006, 399, 401 - Rangierkatze).
Im Streitfall könnte es deshalb darauf ankommen, ob das A. -System nach seiner vorrichtungsmäßigen Ausgestaltung unter Beschränkung auf die drei oder fünf Flussraten bedient werden kann, bei denen eine Umstellung des Hubvolumens erfolgt. Bejahendenfalls könnten jedenfalls die Merkmale 7.2 und 7.3 verwirklicht sein und es könnte nur noch die wortsinngemäße Verwirklichung von Merkmal 7.4 in Frage stehen, zu dem dann auch auf der Grundlage der vorstehend erörterten Auslegung von Patentanspruch 1 ebenfalls noch weitere Feststellungen des Berufungsgerichts notwendig wären.
35
6. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung, die nach den vorstehenden Ausführungen den gesamten Prozessstoff zu umfassen hat, zu dem Ergebnis gelangen, dass Ansprüche wegen Patentverletzung bestehen, wird eine Zurückweisung der Berufung insoweit nicht in Betracht kommen, als das Landgericht festgestellt hat, die Beklagten hätten den der Klägerin entstandenen oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Denn die Klägerin klagt nicht aus eigenem Recht.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Gröning
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.12.2002 - 21 O 1678/00 -
OLG München, Entscheidung vom 23.12.2004 - 6 U 1946/03 -