Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2008 - X ZB 13/06

bei uns veröffentlicht am08.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/06
vom
8. Juli 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend die Einspruchssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Momentanpol II
Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen
gilt nichts anderes als für die Auslegung der in einem Patentanspruch
verwendeten Begriffe und dessen Lehre zum technischen Handeln.
BGH, Beschl. v. 8. Juli 2008 - X ZB 13/06 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens sowie den Richter Gröning

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Patentinhabers wird der Beschluss des 8. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Inhaber des am 18. Oktober 1988 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Voranmeldung vom 14. März 1988 angemeldeten und am 28. Januar 2003 erteilten (Veröffentlichung der Erteilung: 12. Juni 2003) deutschen Patents 38 35 367 (Streitpatents). Es betrifft ein mit einem Schlepper verbindbares und mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattetes Mähwerk und umfasst 40 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet: "1. Mähwerk, das mit einem Schlepper verbindbar ist, mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks , welches Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die Ausgleichsvorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Schwenkachse (2) des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, und dass die Ausgleichsvorrichtung Lenker (9, …) aufweist, wobei mindestens einer der Lenker (9, …) sich in geneigter Lage von vorne oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse (2) ausweicht."
2
Gegen das Patent haben die Einsprechenden Einspruch eingelegt und sich dafür unter anderem auf den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) berufen. Das Einspruchsverfahren ist vor dem Bundespatentgericht durchgeführt worden.
3
Der Patentinhaber hat das Streitpatent in erster Linie in seiner erteilten Fassung und hilfsweise mit einem durch Merkmale des Anspruchs 6 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ergänzten Patentanspruch 1 verteidigt.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent widerrufen. Dagegen richtet sich die vom Patentgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers , deren Zurückweisung die Einsprechenden beantragen.
5
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung uneingeschränkt statthaft (§ 147 Abs. 3 Satz 5 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 in Verbindung mit § 100 Abs. 1 PatG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel, das die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses nach Art einer Revision eröffnet (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I), führt zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
6
2. Der Streitpatentschrift zufolge sind im Stand der Technik an Schlepper angebaute oder angehängte Mähwerke bekannt, die beim Arbeitseinsatz je nach Geländeformation gegenüber dem Schlepper auf- und abbewegt werden. Als nachteilig erweise sich, wie in der Beschreibung weiter ausgeführt wird, dass die Mähwerke bei unebenen Böden zu Nickbewegungen gezwungen würden , die zu ungleichmäßiger Schnitthöhe führten, bzw., dass die Mähwerke sich im Betrieb schräg stellten und die Schneidwerkzeuge vorne in den Boden eindrängen , wodurch eine unbefriedigende Arbeitsqualität geliefert werde und Beschädigungen an der Grasnarbe und an der Maschine die Folge sein könnten. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, diese Nachteile zu vermeiden und das Schneidwerk unabhängig von den Bewegungen des Schleppers dem Bodenverlauf anzupassen, so dass auch plötzlich auftretende Hindernisse leicht überwunden werden können. Dazu stellt Patentanspruch 1 ein Mähwerk unter Schutz, 1. das mit einem Schlepper verbunden werden kann und 2. mit einer Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung seines Schneidwerks ausgestattet ist, die 2.1 Lenker aufweist, 2.2 so ausgebildet ist, dass die Schwenkachse des Schneidwerks durch einen unterhalb der Arbeitsebene angeordneten Momentanpol verläuft, 2.3 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, und wobei 3. mindestens einer der Lenker sich in geneigter Lage von vorn oben nach hinten unten zum Schneidwerk des Mähwerks hin erstreckt und 4. in Betriebsstellung der Momentanpol bzw. die Schwenkachse derart ist, dass die Vorderseite des Schneidwerks beim Auftreffen auf ein Hindernis nach oben und hinten um die quer zur Fahrtrichtung liegende Schwenkachse ausweicht.
7
Nach dem Hilfsantrag soll sich der Schutz auf ein Mähwerk mit den Merkmalen 1 sowie 3 und 4 beziehen, bei dem die Ausgleichsvorrichtung (2) 2.1 Schwenkbewegungen um mindestens eine Schwenkachse zulässt, 2.2 als Gelenkviereck so ausgebildet ist, dass 2.1.1 dessen Basis von einem Teil des Anbaubocks (8), 2.1.2 die Schwinge von einem Teil des Mähwerkrahmens (70) und 2.1.3 deren Lenker (9, …) durch Koppelglieder gebildet werden, die 2.1.4 das Schneidwerk mit dem Anbaubock verbinden und 2.1.5 dass der Schnittpunkt der verlängert gedachten Koppelglieder auf der ideellen Schwenkachse des Schneidwerks liegt und den Momentanpol bildet und 2.1.6 die Schwenkachse (2) des Schneidwerks (1, 23) durch einen unterhalb der Ebene der Schneidmesser (23) angeordneten Momentanpol verläuft.
8
Die in Anmeldungsunterlagen und Patentschrift identische Figur 2 zeigt ein Ausführungsbeispiel:
9
3. Das Bundespatentgericht hat eine unzulässige Erweiterung angenommen und zur Begründung ausgeführt: Dem schriftlichen Teil der Anmeldungsunterlagen könne zwar entnommen werden, wo die ideelle Schwenkachse der Höhe nach verlaufe, daraus ergebe sich aber noch nicht die genaue Lage oder Lagemöglichkeit dieser Achse, so dass die Zeichnung zur Auslegung heranzuziehen sei. Trotz aller Unterschiedlichkeit der Ausgestaltungen bezüglich Richtungsführung, Anstellung und Anlenkung der Lenker zeigten sämtliche Ausführungsbeispiele, die eine Quer-Ausgleichsvorrichtung zum Gegenstand hätten (Fig. 1, 2 sowie 14-17), immer wieder einen auf der Schwenkachse (2) liegenden Schnittpunkt in der Mitte unterhalb des Mähkreisels. Für einen Fachmann , einen Fachhochschulingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Aufhängungen für landwirtschaftliche Geräte, sei dies daher ersichtlich diejenige Position für eine virtuelle Schwenkachse, die zunächst zweifelsfrei als zur Erfindung gehörend offenbart sei. Darüber hinaus könne die textliche Offenbarung einer Schwenkachse "unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" bzw. "in der Nähe der Aufstandsfläche des Mähwerks" noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schaffen bis hin zu einer Verschiebung etwas nach vorne oder hinten im Rahmen der Grenzen der Aufstandsfläche des Mähwerks (31). Eine unbegrenzte Verschiebbarkeit der Schwenkachse über diese geometrische Fläche hinaus, wie dies nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung bzw. nach dem Hilfsantrag möglich sei, könne aufgrund der Offenbarungslage in den ursprünglichen Unterlagen nicht als für einen maßgeblichen Durchschnittsfachmann erfindungswesentlich offenbarte Lehre erachtet werden. Vielmehr müsste ein Hauptanspruch zumindest dahin beschränkt werden, dass die Schwenkachse unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks angeordnet sei.
10
4. Der Gegenstand des Streitpatents geht entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus.
11
a) Das Bundespatentgericht hat aus der Verwendung der Begriffe "unterhalb der Arbeitsebene" (Merkmal 3.3 des Hauptanspruchs) bzw. "unterhalb der Ebene der Schneidmesser" (Merkmal 3.4 des Hilfsantrags) für die vom Gegenstand des Hauptanspruchs abgedeckten Positionen der Quer-Schwenkachse hergeleitet, dass diese durch beliebige Punkte unterhalb oder außerhalb des Mähwerks verlaufen könne, und zwar vorn, soweit die Lenkerneigung von vorn oben nach hinten unten dies noch erlaube bis weit über das hintere Ende des Mähwerks hinaus. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird vom Patentinhaber auch nicht beanstandet.
12
b) Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung der Patentansprüche abweichend von den ursprünglichen Unterlagen formuliert werden. Den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG füllen entsprechende Änderungen erst aus, wenn der Gegenstand der Anmeldung erweitert oder ein Aliud an die Stelle der angemeldeten Erfindung gesetzt wird; der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, der nicht von vornherein als zur Erfindung gehörend von den Anmeldungsunterlagen umfasst war. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit den ursprünglichen Unterlagen zu ermitteln. Darin offenbart ist alles, was sich dem fachkundigen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtheit der Unterlagen erschließt ; Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche formulierte technische Lehre, deren Gehalt durch Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung zu ermitteln ist (st. Rspr., vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 104/06, m.w.N. in Tz. 14).
13
c) aa) Die vom Patentgericht im Einspruchsverfahren vorgenommene Auslegung der Anmeldungsunterlagen unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Zwar teilen die Anmeldungsunterlagen nicht den Rechtsnormcharakter (vgl. BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel; 172, 120 - Kettenradanordnung) des erteilten Schutzrechts. In ihnen offenbart sich jedoch die technische Lehre, die zur Schutzrechtserteilung angemeldet wird und unter Schutz gestellt werden soll. Welchen Inhalt sie hat, kann sachgerecht nur unter Anwendung der für die Auslegung des erteilten Patents geltenden objektiven Maßstäbe (vgl. Melullis, FS für Ullmann, S. 503, 505) erfolgen.
14
bb) Grundlage der Auslegung eines Patents bildet zwar das fachmännische Verständnis von den im Patentanspruch verwendeten Begriffen und vom Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs. In tatsächlicher Hinsicht ist dies jedoch nur insoweit von Bedeutung, als es um die Frage geht, welche objektiven technischen Gegebenheiten, welches Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und welche methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können. Das Verständnis des Patentanspruchs selbst durch den Durchschnittsfachmann ist dagegen unmittelbarer tatsächlicher Feststellung regelmäßig entzogen (BGHZ 164, 261 - Seitenspiegel ). Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen gilt nichts anderes.
15
d) Die an diesen Maßstäben orientierte Auslegung ergibt nicht die vom Bundespatentgericht angenommene horizontale Beschränkung für die Positionen der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Aufstandsflächen der Mähwerke in Gestalt von Mähtrommeln oder - kreiseln.
16
aa) Der Entscheidung des Bundespatentgerichts liegt zur Geometrie die Annahme zugrunde, wonach sich die Stellung des Momentanpols, durch den die ideelle Schwenkachse verläuft, jedenfalls bei der allein noch unter Schutz gestellten, lenkergeführten Ausgleichsvorrichtung horizontal verändert, wenn die Vorderseite des Schneidwerks auf ein Hindernis trifft und nach oben und hinten ausweicht (Merkmal 5). In den Anmeldungsunterlagen kommt dies in der Beschreibung zu Figur 14 zum Ausdruck. Danach stellt der durch den Schnittpunkt der beiden Verlängerungen der Koppelglieder (Merkmal 2.1.3 des Hilfsantrags ) gebildete Momentanpol die "augenblickliche" Querschwenkachse dar (Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 42 ff.).
17
bb) Für den Verlauf der genauen Lage oder Lagemöglichkeit dieser Schwenkachse hat das Bundespatentgericht den Zeichnungen einen Stellen- wert beigemessen, der ihnen - unabhängig von der Frage der Bedeutung von Ausführungsbeispielen für die Patentauslegung (vgl. dazu Sen.Urt. v. 12.12.2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport; v. 12.2.2008 - X ZR 153/05 - Mehrgangnabe) - nach der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht zukommt. Dass die Schwenkachse bei den Figuren, die lenkergeführte Ausführungen zeigen, mittig unterhalb der Mähkreisel verläuft, beruht ersichtlich darauf, dass Ausgleichsvorrichtungen bei waagerechter Stellung dieser Mähwerke gezeigt werden und die Aufhängungspunkte der Ausgleichsvorrichtungen - mit Ausnahme der Figur 15 - gleichschenklige Trapeze bilden, so dass der Momentanpol i. S. des Streitpatents geometrisch zwangsläufig zentral im Schnittpunkt der verlängerten Schenkel der Trapeze liegt. Für Figur 15 gilt insoweit allein die Besonderheit, dass die Ausgleichsvorrichtung besonders konstruiert ist, ohne dass sich das auf die Position der Schwenkachse in waagerechter Ruhestellung auswirkte. Dem Bundespatentgericht kann zwar darin zugestimmt werden, dass die in den Figuren offenbarte mittige Position dem Spektrum der zur Erfindung gehörenden Positionen der Schwenkachse zuzurechnen ist. Aus fachmännischer Sicht ist die Position des Momentanpols und der Schwenkachse in waagerechter Stellung der Schneidwerke jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Nach dem Gegenstand der Anmeldung kommt es vielmehr darauf an, welchen Wanderungsbewegungen der Momentanpol , durch den die Schwenkachse läuft, unterliegt, wenn die Mähkreisel die waagerechte Position - etwa bei Auftreffen auf ein Hindernis (Merkmal 4) - verlassen. Das zeigen die Figuren nicht. Sie geben dem Fachmann vielmehr lediglich einen Überblick über die unterschiedlichen Aufhängungsmöglichkeiten für die Schneidwerke.
18
cc) Dem Bundespatentgericht kann nicht darin beigepflichtet werden, dass die häufige textliche Erwähnung einer Schwenkachse "in der Nähe" bzw.
"unterhalb der Aufstandsfläche des Mähwerks" (lediglich) noch einen gewissen Spielraum für die Positionierung dieser Achse schafft.
19
Aus Sicht des Fachmanns besteht in Anbetracht des Inhalts der Anmeldungsunterlagen technisch-physikalisch keine Veranlassung, in der Formulierung des Anspruchs 3 Anhaltspunkte für eine Beschränkung der angemeldeten Lehre hinsichtlich des horizontalen Verlaufs der Schwenkachse auf den Raum unterhalb der Mähkreisel zu sehen.
20
Nach Anspruch 1 der Anmeldeunterlagen verläuft die Schwenkachse quer zur Fahrtrichtung unterhalb einer die Schwenkbewegung zulassenden Quer-Ausgleichsvorrichtung. Diese Angabe beschreibt allein und ganz allgemein , wo die Schwenkachse vertikal verläuft, nämlich "unterhalb einer … QuerAusgleichsvorrichtung". Anhaltspunkte dafür, diesen Angaben in Anspruch 1 den Sinngehalt einer horizontalen Beschränkung beizulegen, sind nicht ersichtlich und auch das Bundespatentgericht hat solche nicht gesehen.
21
Das fachmännische Bestreben geht dahin, einem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen (Sen.Urt. v. 23.10.2007 - X ZR 275/02 Tz. 19). Insoweit besteht keine Veranlassung, den horizontalen Verlauf der Schwenkachse in dem in den Anmeldungsunterlagen formulierten Anspruch 3 auf die Fläche unterhalb der Mähtrommeln zu begrenzen. Die Anmeldungsunterlagen enthalten in ihrer Gesamtheit keine Anhaltspunkte dafür, dass die offenbarte Lehre insbesondere hinsichtlich des Merkmals 4 auf diesen Ausschnitt begrenzt sein soll. Mangels solcher beschränkenden Anhaltspunkte ist aus fachmännischer Sicht deshalb davon auszugehen, dass der horizontale Verlauf der Schwenkachse nach der Lehre des Patents nur den Schranken unterliegen soll, die erfindungsgemäßen Ausführungen aus technisch-physikalischen Gründen gesetzt sind. Das ist die Abfolge aller Momentanpole, die sich im Verlauf von Ausweichbe- wegungen i. S. von Merkmal 4 als Schnittpunkte der ideell verlängerten beiden Koppelglieder bis zur technisch maximal möglichen Lenkerneigung bilden. Die Lenkerneigung ist dadurch begrenzt, dass zumindest einer der Lenker schräg von oben nach unten verläuft und verlaufen muss, weil sich sonst kein Momentanpol unterhalb der Quer-Ausgleichsvorrichtung bilden kann.
22
dd) Die Anmeldungsunterlagen so zu verstehen, dass sich der Begriff "unterhalb" in Anspruch 3 lediglich auf die vertikale Position der Schwenkachse und nicht auch auf die horizontale, bezieht, ist keine Auslegung unterhalb des Wortlauts im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts. Die Auslegung ergibt, dass die Präposition "unterhalb" in der Lexikografie dieser Unterlagen (vgl. dazu BGHZ 150, 149 - Schneidmesser I) ausschließlich vertikal zu verstehen ist. Das entspricht im Übrigen auch nach allgemeinem Sprachgebrauch einem möglichen Sinngehalt dieser Präposition; diese kann allein eine lediglich vertikale Position beschreiben und muss nicht zusätzlich eine horizontale Ausdehnung einschließen.
23
ee) Diese Auslegung der Anmeldungsunterlagen steht nicht in Widerspruch zu Feststellungen des Beschwerdegerichts, an die die Rechtsbeschwerdeerwiderung das Rechtsbeschwerdegericht gebunden sehen möchte. Das Bundespatentgericht hat im Zusammenhang mit seiner Auslegung keine Feststellungen zu Gesichtspunkten wie den objektiven technischen Gegebenheiten, dem Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, ihren Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen und ihrer methodischen Herangehensweise getroffen. Nur daran wäre der Senat, wie ausgeführt (oben II.3.c)bb), gebunden.
24
III. Die Sache ist danach zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 108 PatG).
25
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.05.2006 - 8 W (pat) 302/04 -

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(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen. (2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt is

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(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die

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Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Artikel 229 § 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass § 33 Abs. 3 und § 141 in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung gleichgestellt sind.

(2) Für Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz, die vor dem 18. August 2021 durch Klage beim Bundespatentgericht eingeleitet wurden, sind die Vorschriften dieses Gesetzes in der bis zum 17. August 2021 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(3) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf ein Zusatzpatent gestellt worden ist oder nach § 16 Absatz 1 Satz 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung noch gestellt werden kann oder ein Zusatzpatent in Kraft ist, sind § 16 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 17 Absatz 2, § 23 Absatz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 43 Absatz 2 Satz 4 dieses Gesetzes in ihrer bis zum 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(4) Für Anträge auf Verlängerung der Frist zur Benennung des Erfinders sind § 37 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 20 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes in der vor dem 1. April 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn die Anträge vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind und das Patent bereits erteilt worden ist.

(5) Für Anträge auf Anhörung nach § 46 Absatz 1, die vor dem 1. April 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen sind, ist § 46 dieses Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 104/06 Verkündet am:
23. Oktober 2007
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Juli 2006 unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war zuletzt Inhaberin des deutschen Patents 37 14 115 (Streitpatents), das im Verlauf des Berufungsverfahrens durch Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Es umfasste sieben Ansprüche, von denen allein der erste mit der Nichtigkeitsklage angegriffen wird. Dieser lautet: "1. Münzschloss mit einer Kopplungseinrichtung, zum Anbau an Transportwagen, insbesondere an Einkaufswagen, das auf Pfandbasis ein An- und Abkoppeln frei stehender Transportwagen untereinander und/oder ein An- und Abkoppeln von Transportwagen ermöglicht, die mit einer fest installierten Sammelstelle direkt oder über weitere Transportwagen indirekt mit dieser Sammelstelle verbunden sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass das Münzschloss mit einem oder mit zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet ist und dass Endbereiche des Münzschlosses zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt sind."
2
Nach den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sollte der kennzeichnende Teil von Patentanspruch 1 lauten: "Münzschloss …, g e k e n n z e i c h n e t durch folgendes Merkmal: das Münzschloss ist zumindest mit einem Schiebegriffabschnitt ausgestattet."
3
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen wird, hat mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht, der Gegenstand von Patentanspruch 1 gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage insoweit für nichtig erklärt, als es im kennzeichnenden Teil über folgende Fassung hinausgeht: "Münzschloss …, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass das Münzschloss mit einem oder mit zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet ist und dass Endbereiche des Münzschlosses zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt sind, w o b e i im Falle eines Schie- begriffabschnitts ein Endbereich der Endbereich eines Schiebegriffabschnitts ist und wobei im Fall von zwei Schiebegriffabschnitten zwei Endbereiche die Endbereiche der Schiebegriffabschnitte sind."
5
Gegen das Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Die Klägerin erstrebt mit ihrem weiterverfolgten erstinstanzlichen Hauptantrag sowie mit einem zusätzlichen Hilfsantrag eine weitergehende Teilnichtigerklärung des Streitpatents; die Beklagte begehrt mit ihrem Rechtsmittel die Abweisung der Klage. Beide Parteien beantragen, das jeweilige Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:



6
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage, während das Rechtsmittel der Klägerin ohne Erfolg bleibt.
7
I. Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents zulässig, weil die Klägerin von der Beklagten als Patentverletzerin in Anspruch genommen wird und sie deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr., vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 24.4.2007 - X ZR 201/02, Mitt. 2007, 269 - Verpackungsmaschine

).


8
II. Der Nichtigkeitsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG i. V. mit § 22 PatG ist weder in dem vom Bundespatentgericht im angefochtenen Urteil angenommenen , noch in dem von der Klägerin mit der Berufung erstrebten Umfang gegeben.
9
1. Das Streitpatent betrifft ein Münzschloss mit einer Kopplungseinrichtung zum Anbau an Transportwagen, insbesondere an Einkaufswagen, die auf Pfandbasis ein An- und Abkoppeln von Transportwagen ermöglicht, die mit einer fest installierten Sammelstelle direkt oder über weitere Transportwagen indirekt verbunden oder vereinzelt abgestellt worden sind. Die Streitpatentschrift führt aus, Münzschlösser zur Befestigung an solchen Transportwagen seien zwar bekannt; durch die diesen Wagen eigentümliche Form sei es aber nicht einfach, diese Schlösser an geeigneter Stelle so anzubringen, dass die Wagen sowohl problemlos ineinander geschoben als auch bequem gehandhabt werden könnten. Ein Münzschloss etwa entsprechend der deutschen Offenlegungsschrift 25 54 916 rage aufgrund seiner Größe teilweise in den Ladebereich des Einkaufskorbs hinein, so dass die eingekaufte Ware beim Verstauen im Korb von der Griffseite des Wagens her immer um das Münzschloss herum bewegt werden müsse. Andere Münzschlösser seien zwar kleiner und ließen sich an dem im rückwärtigen Bereich des Einkaufswagens befindlichen Griff auch befestigen. Jedoch würden etwa Schlösser nach Art des deutschen Gebrauchsmusters 81 21 677 mittig am Griff so befestigt, dass sie, wenn die Einkaufswagen mit einem Kindersitz ausgestattet seien, störend in den Bereich dieses Sitzes hineinragten. Der Nachteil der in der deutschen Offenlegungsschrift 33 24 962 gezeigten Schlösser bestehe darin, dass sie außen an den Korbseitenwänden befestigt werden müssten, wodurch der seitliche Platzbedarf des Wagens zunehme. Schließlich müssten alle diese Münzschlösser mit Hilfe von Befestigungselementen an den Transportwagen angebracht werden. Bei Massenartikeln wie Einkaufswagen summiere sich die pro Wagen für die Schlossmontage erforderliche Zeit zu einem kostenträchtigen Zeitaufwand.
10
Nach der Streitpatentschrift soll die Erfindung einerseits die zum Anbringen eines Münzschlosses anfallende Montagezeit auf ein Minimum reduzieren, andererseits sollen der Raum für ein beispielsweise in einem Einkaufswagen mitgeführtes Kleinkind durch das Münzschloss nicht in unzumutbarer Weise verkleinert und das Be- und Entladen eines Transportwagens nicht behindert werden.
11
Dazu schlägt Patentanspruch 1 vor, dass das mit einer nicht näher beschriebenen Kopplungseinrichtung zum An- und Abkoppeln von Einkaufs- und sonstigen Transportwagen versehene Münzschloss 1. mit einem oder mit zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet ist und 2. dass Endbereiche des Münzschlosses zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt sind.
12
Die nachfolgend abgebildeten Figuren der Streitpatentschrift zeigen: ein Münzschloss mit zwei Schiebegriffabschnitten (Figur 1), ein Münzschloss mit einem Schiebegriffabschnitt (Figur 2) und eine Befestigungsmöglichkeit des Münzschlosses an einem Transportwagen (Figur 3):
13
2. Der Gegenstand des Streitpatents geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus.
14
a) Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung des Patentanspruchs abweichend von den ursprünglichen Unterlagen formuliert und beschränkt werden. Den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG füllen entsprechende Änderungen erst aus, wenn der Gegenstand der Anmeldung erweitert oder ein aliud an die Stelle der angemeldeten Erfindung gesetzt wird (BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer); der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, der nicht von vornherein als zur Erfindung gehörend von den Anmeldungsunterlagen umfasst war (Sen.Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 ff. - Drehmomentübertragungseinrichtung; Sen.Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 30/02, GRUR 2005, 1023 f. - Einkaufswagen II). Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch Vergleich des Gegenstands des erteilten Patents mit den ursprünglichen Unterlagen zu ermitteln. Darin offenbart ist alles, was sich dem fachkundigen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen erschließt (Sen.Urt. v. 22.5.2007 - X ZR 56/03, Mitt. 2007, 411 Tz. 12 - injizierbarer Mikroschaum). Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche formulierte technische Lehre. Ihr Gehalt ist durch Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung zu ermitteln (§ 14 Satz 2 PatG). Durch die Berücksichtigung der Beschreibung soll sichergestellt werden, dass der tatsächliche Sprachgebrauch des Patents hinreichend beachtet und dem Umstand Rechnung getragen wird, dass Patentschriften im Hinblick auf die in ihnen verwendeten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellen können und dass die Beschreibung gleichsam als Wörterbuch dienen kann (BGHZ 150, 149, 155 f. - Schneidmesser I; Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Aufl., § 14 Rdn. 22; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl., § 14 Rdn. 67).
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b) Der in Patentanspruch 1 formulierte Lösungsvorschlag überschreitet den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung nicht.
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aa) Das in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Münzschloss bezieht sich, anders als es der allgemeine Sprachgebrauch zunächst erwarten lässt, nicht isoliert auf die auf Pfandbasis funktionierende Kopplungseinrichtung für die Transportwagen. Den Teil des Münzschlosses, in dem diese Kopplungseinrichtung untergebracht ist, bezeichnet das Streitpatent durchgängig als "Münzschlossgehäuse". Das Münzschloss i. S. des Streitpatents stellt demgegenüber ein komplexes Bauelement dar, welches aus dem die Kopplungseinrichtung aufnehmenden Münzschlossgehäuse und einem oder zwei Schiebegriffabschnitten besteht, die entweder direkt an das Gehäuse angeformt oder - nach einer Ausführung (Anspruch 4) - lösbar daran befestigt sind. Dieses einheitliche Bauteil ist dafür vorgesehen, in einem Arbeitsgang quer an den seitlich an der Rückseite des Transportwagens angebrachten Tragarmen bzw. deren Schlaufen montiert zu werden. Die Verwendung eines solchen integralen Bauteils, das zwei funktionale Erfordernisse - Abkopplungsmöglichkeit des Wagens gegen Pfand einerseits und Schiebevorrichtung andererseits - gleichermaßen erfüllt, soll die in der Beschreibung dargelegten technischen Probleme lösen, namentlich den Zeitaufwand für das Anbringen eines separaten Münzschlosses einzusparen helfen. Das gilt auch für Ausführungen nach Unteranspruch 4 des Streitpatents, wonach die Schiebegriffabschnitte nach dieser Ausführungsform lösbar - die Beschreibung spricht beispielsweise von bajonettartigen Verschlüssen (Sp. 3 Z. 52-60) - mit dem Münzschlossgehäuse verbunden sein können. Damit will das Streitpatent nur eine Konstruktions- und Herstellungsvariante für das - nach wie vor integral verstandene - Münzschloss anbieten.
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bb) Für das Verständnis der im Merkmal 2 der obigen Merkmalsgliederung bezeichneten "Endbereiche des Münzschlosses zur Befestigung an den Transportwagen" ergibt sich aus dem Münzschlossbegriff des Streitpatents, dass der Endbereich eines Schiebegriffabschnitts zwangsläufig immer zugleich Endbereich des (einheitlichen) Münzschlosses ist. Liegt das Münzschlossgehäuse nach einer bevorzugten Ausführungsform mittig zwischen zwei symmetrisch angeordneten Schiebegriffabschnitten, so sind unter den Endbereichen des Münzschlosses die Endbereiche dieser beiden Schiebegriffabschnitte zu verstehen. Ist aus Platzgründen eine seitliche Anbringung des Schlosses am Transportwagen erforderlich und deshalb am Münzschlossgehäuse lediglich ein Schiebegriffabschnitt vorgesehen, so dass beide Hände einer den Wagen schiebenden Person auf einer Seite neben dem Münzschloss Platz finden (vgl. Beschreibung Sp. 2 Z. 46-54), sind die Endbereiche des Münzschlosses im Sinne von Patentanspruch 1 zum einen der Endbereich des (einzigen) Schiebegriffabschnitts und zum anderen der Endbereich des Münzschlossgehäuses. Ein Münzschloss, das in dieser Weise lediglich mit einem Schiebegriff ausgestattet ist, wird, wie Figur 2 des Streitpatents zeigt, an der dem Griffabschnitt abgewandten Seite mit dem äußeren Ende des Münzschlossgehäuses am Transportwagen befestigt.
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cc) Soweit es die Befestigung des Münzschlosses betrifft, erfasst der Gegenstand des Patents diese beiden Modalitäten. Zu Unrecht hat das Bundespatentgericht angenommen, in Patentanspruch 1 fehle gegenüber der ursprünglichen Offenbarung das Merkmal, dass Endbereiche des Münzschlosses zur Befestigung an den Transportwagen bestimmt seien, wobei im Falle eines Schiebegriffabschnitts ein Endbereich der Endbereich eines Schiebegriffabschnitts sei und im Fall von zwei Schiebegriffabschnitten zwei Endbereiche die Endbereiche dieser Schiebegriffabschnitte seien.
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Die vom Bundespatentgericht angenommene Diskrepanz zwischen dem Inhalt von Patentanspruch 1 und den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen besteht nicht. Was als Merkmal 2 in den endgültigen Patentanspruch aufgenommen wurde, ist vollständig und als zur Erfindung gehörend in diesen Unterlagen enthalten und war deshalb Gegenstand der ursprünglichen Offenbarung. Die Aufnahme dieses Merkmals in den Text des Patentanspruchs hat deshalb weder den Gegenstand der Anmeldung erweitert noch ist dadurch an die Stelle der angemeldeten Erfindung (partiell) eine andere gesetzt worden.
20
In den ursprünglichen Unterlagen ist entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts nicht allein die Befestigung des Münzschlosses an den Endbereichen der Schiebegriffe offenbart, sondern auch die Befestigung des Münzschlossgehäuses (direkt) am Transportwagen. In den Erläuterungen zu Figur 3 (vgl. Offenlegungsschrift Sp. 4 Z. 48-68) wird zunächst die Befestigung eines Schiebegriffabschnitts beschrieben und danach ausgeführt, das Münzschloss werde mit beiden Endbereichen jeweils auf die beschriebene Art und Weise an den Griffkappen und damit am Einkaufswagen befestigt (aaO Z. 64-68). Das Bundespatentgericht will diese Passage nur als Offenbarung der Befestigung von Schiebegriffabschnitten gelten lassen, nicht aber auch als Offenbarung für die Anbringung des Schlosses an der Gehäuseseite direkt am Transportwagen. Für eine solche Einschränkung bietet der Wortlaut der Anmeldung jedoch weder Raum noch Veranlassung. Da ein Münzschloss mit einem Schiebegriffabschnitt (Figur 2) schon ursprünglich vorgesehen war und bei einer solchen Ausführung ein Endbereich zwangsläufig im Endbereich des Münzschlossgehäuses besteht, bezieht sich der Vorschlag, das Schloss mit beiden Endbereichen auf die beschriebene Art und Weise am Wagen zu befestigen, zwanglos und unmittelbar auch auf die direkte Befestigung des Münzschlossgehäuses am Wagen. Ins Detail gehende Anweisungen dazu, wie das Befestigungselement am Schlossgehäuse auszugestalten ist, waren nicht erforderlich. Die in Anmeldung und Streitpatent offenbarte Befestigung des Münzschlosses am Wagen ist ohnehin nur beispielhaft angeführt und nicht wesentlich für die Bestimmung des Gegenstands von Patentanspruch 1. Sie bleibt in erster Linie dem Fachmann überlassen, der das Befestigungsproblem ohne Einsatz schöpferischer Tätigkeit zu lösen weiß.
21
3. Das Begehren der Klägerin, das Streitpatent im Umfang ihres erstinstanzlichen Hauptantrags für nichtig zu erklären, ist nicht gerechtfertigt. Die Klägerin stellt zwar nicht in Abrede, dass ein Münzschloss mit nur einem Schiebegriffabschnitt ursprünglich offenbart ist, ist aber gleichwohl mit dem Bundespatentgericht der Auffassung, der in den Anmeldungsunterlagen verwendete Begriff der Endbereiche bezeichne ausschließlich Endbereiche von Schiebegriffabschnitten. Sie will daraus herleiten, Patentanspruch 1 dürfe ohne Verstoß gegen das Erweiterungsverbot nur ein Münzschloss unter Schutz stellen, das mit zwei Schiebegriffabschnitten ausgestattet ist, deren beide dem Schlossgehäuse abgewandten Endbereiche zur Befestigung am Transportwagen bestimmt sind. Dem kann schon deshalb nicht beigetreten werden, weil, wie ausgeführt (insb. II. 2. b) cc)), die Prämisse der Klägerin nicht zutrifft, der ursprünglichen Anmeldung sei kein zur Befestigung am Transportwagen geeigneter Endbereich des Münzschlosses (i. S. des Streitpatents) zu entnehmen. Im Übrigen kann ein dem Gegenstand des Streitpatents entsprechendes Münzschloss nicht an einer Seite mit dem Endbereich des Münzschlossgehäuses zur Befestigung am Transportwagen bestimmt sein und gleichzeitig mehrere Schiebegriffabschnitte haben, sondern es hat dann zwangsläufig nur einen solchen Griffabschnitt.
22
4. Aus den gleichen Gründen bleibt auch der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag ohne Erfolg.
23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO i. V. mit § 121 Abs. 2 PatG.

Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.07.2006 - 4 Ni 43/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 131/02 Verkündet am:
12. Dezember 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Schussfädentransport

a) Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele des Patents ausschließlich
auf bestimmte Ausführungsformen beziehen, schränkt einen weiter
zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen
ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer
Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht
zulässig; dies gilt insbesondere, wenn der Beschreibung eine Schutzbegrenzung
auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist.

b) Es besteht grundsätzlich kein Anlass, von Amts wegen in eine nähere Prüfung
darüber einzutreten, ob in einem insgesamt nicht schutzfähigen Patentanspruch
eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent weiterhin Bestand haben
könnte (Fortführung des Sen.Urt. v. 24.10.1996 - X ZR 29/94, GRUR
1997, 272, 273 - Schwenkhebelverschluss).
BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 31. Januar 2002 abgeändert : Das Patent 30 43 003 wird im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 für nichtig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, die im Weg der Namensänderung aus der früheren S. AG in W. hervorgegangen ist, war zuletzt Inhaberin des am 11. November 1980 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung in den Niederlanden vom 15. November 1979 angemeldeten, inzwischen infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschenen deutschen Patents 30 43 003 (Streitpatents), das ein Verfahren zum Transport der Schussfäden mittels eines strömenden Fluidums durch das Webfach einer Webmaschine sowie eine Webmaschine zur Durchführung dieses Verfahrens betrifft und in der Fassung, die es im Einspruchsbeschwerdeverfahren erhalten hat, 5 Patentansprüche umfasst. Die von der als Patentverletzerin gerichtlich in Anspruch genommenen Nichtigkeitsklägerin allein angegriffenen Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 lauten - ohne Berichtigung einzelner Schreib- und Grammatikfehler - wie folgt: "1. Verfahren zum Transport der Schußfäden durch das Webfach einer Webmaschine, mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen, dadurch gekennzeichnet , daß von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen wird, ein für die gemessene Transportgeschwindigkeit repräsentatives Signal (s, s’) einem Steuersystem (10, 10’, 11) zugeführt wird, in welchem dieses Signal in ein Steuersignal umgewandelt wird, das diejenigen Komponenten (4) des Schußtransportsystems, welche die Geschwindigkeit des Schußgarns bestimmen, beeinflußt. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man eine kontinuierliche Messung der zum Schußtransport benützten Zeit durchführt, über eine Anzahl aufeinanderfolgender Schüsse die mittlere Schußzeit (s’) bestimmt und diese mit der gewünschten Schußzeit (so) vergleicht, wobei man ein für den zu messenden Zeitunterschied repräsentatives Signal (s) einem Steuersystem zuführt, in welchem dieses Signal in einer Steuersignal umgewandelt wird, das die Komponenten (4) des Schußtransportsystems beeinflußt. 4. Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Maschine mit einer Meßvorrichtung (6, 7, 8) für die Transportgeschwindigkeit des Schußfadens sowie mit einem Steuersystem (10, 11) ausgerüstet ist, in welchem das für die Transportgeschwindigkeit repräsentative Signal (5’) in ein Steuersignal umgewandelt wird, das die Komponenten (2, 4) des Schußtransportsystems beeinflußt , welche die Geschwindigkeit des Schußfadens bestimmt.
5. Webmaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Maschine mit einer Vorrichtung (6, 7, 8) ausgerüstet ist, welche die zum Schußtransport benützte Zeit während mehrerer Webzyklen mißt und einen Mittelwert (s’) der gemessenen Zeit bildet, und die mittlere Schußzeit (s’) mit der gewünschten Schußzeit (so) vergleicht, wobei ein für den zu messenden Zeitunterschied repräsentatives Signal (s) dem Steuersystem (10, 11) zugeführt wird, welches dieses Signal in ein Steuersignal umwandelt, das die Komponenten (4, 2) des Schußtransportsystems beeinflußt, welches die Geschwindigkeit des Schußfadens bestimmt."
2
Die Nichtigkeitsklägerin hatte gegen das Streitpatent bereits Einspruch eingelegt. Im Einspruchsverfahren und in dem sich daran anschließenden Einspruchsbeschwerdeverfahren ist sie im wesentlichen erfolglos geblieben; das Patentamt hat das Streitpatent in vollem Umfang aufrecht erhalten; das Bundespatentgericht hat in seiner Beschwerdeentscheidung (Beschl. v. 17.12.1992 - 11 W (pat) 10/91) lediglich in Patentanspruch 4 die Worte "zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1" eingefügt.
3
Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn die deutschen Offenlegungsschriften 24 03 025 (in der Bezeichnung der Klägerin NK2), 24 11 905 (NK7), 27 58 402 (NK6, bereits im Einspruchsverfahren berücksichtigt) und 28 24 429 (NK15), die britische Patentschrift 1 468 124 (NK12), die französische Patentschrift 1 541 187 (NK14), die US-Patentschriften 3 853 408 (NK4) und 4 023 599 (NK5), das Fachbuch "Webereitechnik", VEB Fachbuchverlag Leipzig, 2. Auflage 1971 (NK1), drei Veröffentlichungen von Perner und Hänel aus den Jahren 1972 bis 1979 (NK8 - 10) sowie eine Veröffentlichung von Buráň, Kuba und Kondělik aus dem Jahr 1972 (NK11), jeweils in der Zeitschrift "Deutsche Textiltechnik", bildeten , nicht schutzfähig sei. Sie hat beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 für nichtig zu erklären. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zusätzlich stützt sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf den Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin weiter die französische Patentanmeldung 2 166 332 (NK21), die niederländische Patentanmeldung 7901050 (NK22), die deutschen Offenlegungsschriften 1 535 600 (NK27), 23 37 787 (NK25), 24 46 819 (NK28) und 30 02 862 (NK20) sowie die deutsche Auslegeschrift 1 243 114 (NK26) und die Beiträge von Hutter in Melliand Textilberichte 7/1977 S. 545-550 (NK29) und von Buss in chemiefasern/textil-industrie Februar 1978, S. 152-160 (NK30) genannt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. B. W. , B. , ein schriftliches Gutachten (im Folgenden: GA W. I) erstattet, das er zunächst schriftlich ergänzt (GA W. II) und sodann in der mündlichen Verhandlung erläutert und weiter ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten von Prof. Dr.-Ing. O. K. (GA K. ) eingereicht.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung der Klägerin führt unter Abänderung der Entscheidung der Vorinstanz zur Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang.
7
I. Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents weiterhin zulässig, weil die von der Beklagten als Patentverletzerin in Anspruch genommene Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr.; vgl. Sen.Urt. v. 19.5.2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749 - Aufzeichnungsträger; v. 15.11.2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316 - Koksofentür; zuletzt Sen.Urt. v. 12.9.2006 - X ZR 49/02). Die Beklagte ist passiv legitimiert, ohne dass es insoweit auf den Registerstand ankäme.
8
II. Die Einführung des weiteren Nichtigkeitsgrunds der fehlenden ausführbaren Offenbarung stellt eine Klageänderung dar (Sen.Urt. v. 24.6.1997 - X ZR 13/94, Bausch BGH 1994-1998, 327, 334 - Auspressvorrichtung), die auch in zweiter Instanz noch zulässig ist und die der Senat als sachdienlich ansieht , weil sie die umfassende Beurteilung des Rechtsstreits in einem einzigen Verfahren ermöglicht und der Streitstoff bereits frühzeitig vorgetragen war, so dass sich die Beklagte hierzu erklären konnte (vgl. Sen.Urt. v. 7.6.1994 - X ZR 82/91, Bausch BGH 1994-1998, 27, 29 - thermoplastische Formmassen ). Im Ergebnis kommt es auf diesen Nichtigkeitsgrund jedoch nicht an, weil das Streitpatent, soweit es angegriffen ist, schon wegen mangelnder Patentfähigkeit der Nichtigerklärung anheimfällt.
9
III. Das Streitpatent ist im angegriffenen Umfang nicht patentfähig (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 PatG 1978 in sachlicher Übereinstimmung mit §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG 1981 und in Verbindung mit den Übergangsregelungen in Art. XI § 1, § 3 IntPatÜG).
10
1. Das Streitpatent betrifft nach seinem Patentanspruch 1 und dem auf diesen bezogenen Unteranspruch 2 ein Verfahren zum Transport der Schussfäden durch das Webfach einer Webmaschine mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen und nach Patentanspruch 4 und dem auf diesen bezogenen Patentanspruch 5 eine Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1.
11
Das Streitpatent bezieht sich dabei nach seinen Patentansprüchen nicht allein (hierzu unten III. 4.), aber doch nach der Beschreibung, die sich ausschließlich mit ihnen beschäftigt, im wesentlichen auf Düsenwebmaschinen, d.h. Webmaschinen, bei denen die Schussfäden nicht mittels einer mechanischen (Zug-)Einrichtung wie eines Schützen, eines Projektils oder eines Greifers , sondern mittels druckluft- oder wasserstrahlbeaufschlagter Strömungsdüsen in das Webfach eingetragen werden. Solche Düsenwebmaschinen sind seit 1914 (US-Patent 1 096 283) bekannt (vgl. den nachveröffentlichten Aufsatz von Wahhoud und Kohlhaas "Air jet weaving machines - review, state of the art and prospects", NK3) und jedenfalls seit 1961 am Markt eingeführt (vgl. die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung B3). Sie werden in erster Linie zum Verweben von Filamentgarnen eingesetzt, die aus Kunststofffäden (Filamentfäden; Polymerfäden ) bestehen und wie Seidenfäden zu den Glattgarnen zählen (vgl. GA W. I S. 4). Bei derartigen Maschinen kann der Schussfadeneintrag nur erfolgen, solange das aus den Kettfäden gebildete Webfach offen ist. Dabei trat das Problem auf, dass der Schussfaden im Webzyklus entweder zu früh oder zu spät eingetragen wurde, wenn die Impulsübertragung, insbesondere beim Übergang auf eine andere Art von Schussfäden, nicht optimal erfolgte (vgl. Streitpatent, Beschr. Sp. 2 Z. 4-11). Dieses Problem trat insbesondere bei Strukturveränderungen des Garns auf, die zu Änderungen in dessen Luftwiderstand führen (vgl. GA W. I S. 5). Im Weiteren konnten diese Störungen zu Webfehlern führen (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 17-20), für die in erster Linie Unterschiede im Luftwiderstand des Schussfadens verantwortlich gemacht wurden (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 28-33; das Parteigutachten Prof. K. , S. 5, präzisiert dies dahin, dass die Ondulierung (sog. "Texturierung") des Filamentgarns die eigentliche Ursache sei) und zu deren Vermeidung man innerhalb des Webzyklus dem Schuss so viel Zeit gewährte und soviel Energie (über das Transportfluidum) zuführte, dass man praktisch sicher war, dass sowohl der langsamste wie der schnellste Schussfaden innerhalb der eröffneten Spanne lagen. Dies war jedoch, wie die Beschreibung des Streitpatents bemängelt, nicht ökonomisch (Beschr. Sp. 2 Z. 20-26).
12
2. Diese, ein relativ langsames Arbeiten der Webmaschine erfordernde und damit unökonomische Vorgehensweise soll durch das Streitpatent vermieden werden (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 26-27). Was weiter als "Aufgabe" angesprochen worden ist, ist bereits Lösungsansatz, von dem die Problemdefinition frei zu halten ist (vgl. Sen.Urt. v. 22.11.1984 - X ZR 40/84, GRUR 1985, 369 - Körperstativ

).


13
3. a) Zur Lösung dieses technischen Problems soll eine für das Verhalten des Schussfadens repräsentative Größe wie dessen Geschwindigkeit als Steuergröße für die Steuerung der Webmaschine benutzt werden (Beschr. Sp. 2 Z. 34-37). Dabei soll nach einem ersten (der Lehre des nicht angegriffenen Patentanspruchs 3 zugrunde liegenden) Prinzip die Transportgeschwindigkeit jedes Schussfadens gemessen, ein dafür repräsentatives Signal einem Steuersystem zugeführt und dort in ein Steuersignal umgewandelt werden, das die Drehzahl der Maschine derart ändert, dass die zum Schusstransport eines Fadens benötigte Zeit einen nahezu konstanten Teil der momentanen von der Arbeitsfrequenz der Maschine bestimmten Webzykluszeit bildet, womit erreicht werden soll, dass die Maschine in jedem Moment mit einer möglichst hohen Drehzahl betrieben wird (Beschr. Sp. 2 Z. 40-53). Nach einem zweiten Prinzip, das der Lehre der Patentansprüche 1 und 2 zugrunde liegt, wird das gemessene Signal in ein Steuersignal umgewandelt, das bei konstanter Maschinendreh- zahl die Komponente des Schusstransportsystems, die die Geschwindigkeit des Schussgarns bestimmt, beeinflusst (Beschr. Sp. 2 Z. 54-64).
14
b) Hierzu stellt das Streitpatent nach seinem Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Transport der Schussfäden durch das Webfach einer Webmaschine unter Schutz, wobei (1) der Transport mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen erfolgt, (2) von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen wird, (3) ein für die gemessene Transportgeschwindigkeit repräsentatives Signal einem Steuersystem zugeführt und (4) dieses Signal dort in ein Steuersignal umgewandelt wird, (4.1) das diejenigen Komponenten des Schusstransportsystems, die die Geschwindigkeit des Schussgarns bestimmen, beeinflusst.
15
c) Nach seinem Patentanspruch 4 schützt das Streitpatent eine Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1, die (1’) mit einer Messvorrichtung für die Transportgeschwindigkeit des Schussfadens sowie (2’) mit einem Steuersystem ausgerüstet ist, (2.1’) in dem das für die Transportgeschwindigkeit repräsentative Signal in ein Steuersignal umgewandelt wird, (2.1.1’) das die Komponenten (2, 4) des Schusstransportsystems beeinflusst, die die Geschwindigkeit des Schussfadens bestimmen (nicht, wie in Patentanspruch 4: bestimmt).
16
4. Die für die Bestimmung des Gegenstands des Streitpatents zunächst maßgeblichen Patentansprüche gehen dabei im Sinn einer Verallgemeinerung über den Inhalt der Beschreibung hinaus. Sie beziehen sich insbesondere nicht ausschließlich auf Düsenwebmaschinen, sondern erfassen auch andere Webmaschinen , bei denen der Schussfadentransport mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen erfolgt. Dies betrifft nicht nur rein theoretisch denkbare Fälle; im Stand der Technik sind vielmehr sowohl pneumatische Schützenwebmaschinen, bei denen der eine ganze Spule tragende Schützen durch einen Luftstrom vorwärtsgetrieben wird (deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787, NK25, Beschreibung S. 2, erster vollständiger Abs.), als auch pneumatische Düsenwebmaschinen mit einem Projektil (ebenfalls NK25) beschrieben. Selbst wenn es sich dabei um vereinzelt gebliebene oder wenig marktfähige Ausführungen gehandelt haben mag, kann nicht darüber hinweggegangen werden, dass sie vorbeschrieben waren. Die Patentansprüche des Streitpatents lassen sich ohne weiteres auch auf solche Ausführungen lesen. Ihnen sind keine Einschränkungen zu entnehmen, dass diese nicht unter das Patent fallen sollen. Auch daraus, dass der Schussfadentransport "mittels" einer Anzahl von Düsen erfolgen soll, folgt keine Einschränkung dahin, dass dies nur unmittelbar zu geschehen habe; ein Schussfadentransport mit einer düsengetriebenen Spule oder einem düsengetriebenen Projektil stellt ebenfalls einen Schussfadentransport "mittels" Düsen dar. Insoweit können auch Zweifel an der Bedeutung des Begriffs "mittels" nicht bestehen. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert.
17
Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf Düsenwebmaschinen beziehen, schränkt den Sinngehalt der Patentansprüche ebenfalls nicht ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig; dies gilt insbesondere, wenn der Beschreibung wie hier eine Schutz- begrenzung auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist (vgl. Scharen in Benkard, EPÜ, 2002, Art. 69 EPÜ Rdn. 33; ders. in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 14 PatG Rdn. 24, 25, je m.w.N.). Es ist grundsätzlich Sache des Patentinhabers, gebotene Einschränkungen des Patentschutzes, etwa im Beschränkungsverfahren oder durch beschränkte Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren, selbst herbeizuführen.
18
5. a) Soweit die Patentansprüche des Streitpatents auf die Transportgeschwindigkeit des Schussfadens (Merkmale 2, 3, 2.1’) abstellen, erfassen sie nicht nur Unterschiede, die ihre Ursachen "hauptsächlich im Faden selbst haben und namentlich die Folge von Unterschieden im Luftwiderstand des Fadens sind" (Beschr. Sp. 2 Z. 31-33). Die Einsicht, dass derartige Unterschiede über eine Ausregulierung beherrschbar sind, mag zwar eine neue Erkenntnis gegenüber dem Stand der Technik gewesen sein, sie hat aber in den Patentansprüchen und damit in der unter Schutz gestellten Lehre keinen Niederschlag gefunden. Zudem hat die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben, dass auch andere Unterschiede über regulierende Eingriffe sinnvoll angegangen werden konnten. So könnte, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Zeit zu langsamer Schüsse durch eine Erhöhung der Schussgeschwindigkeit reduziert werden. Diesen zu langsamen Schüssen mussten jedenfalls keine tendenziellen Unterschiede in der Garnstruktur zugrunde liegen ; für den Anwender des Verfahrens stellte sich generell nicht die Frage, worauf die unbefriedigende Transportgeschwindigkeit zurückzuführen war, wenn er nur den Fehler im Gewebe als solchen erkannte und Anlass zu der Annahme hatte, diesem durch eine Regelung beikommen zu können.
19
b) Bei dem für die Transportgeschwindigkeit repräsentativen Signal (Merkmal 3) kann es sich sowohl um die gemessene Geschwindigkeit eines bestimmten Schussfadens (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 36/37), die mittlere Schussge- schwindigkeit oder die mit dieser korrelierte benötigte Zeit (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 65 - Sp. 3 Z. 3) oder eine hieraus abgeleitete Größe handeln (vgl. Beschr. Sp. 3. Z. 3-5), wobei es dem Anwender des geschützten Verfahrens überlassen bleibt, eine geeignete Größe auszuwählen, bei der es sich infolge der bekannten Definition der Geschwindigkeit als Funktion von Weg und Zeit bei bekanntem und innerhalb einer Produktion konstantem Weg (Breite des Gewebes) auch um die Schusszeit handeln kann. Die Beeinflussung der Komponenten des Schusstransportsystems (Merkmale 4.1; 2.1.1’) kann dabei zweckmäßigerweise so erfolgen, dass die Düsen nur mit so viel strömendem Fluidum gespeist werden, dass die gewünschte Schussgeschwindigkeit genau erreicht wird; wird eine Neigung zur Verringerung der Schusszeit (d.h. eine Erhöhung der Geschwindigkeit des Schussfadens) festgestellt, kann demgemäß weniger Energie zugeführt werden (vgl. Beschr. Sp. 3 Z. 9-23). Für die Vergleichsparameter muss entweder auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden oder diese müssen durch einen Prüfvorgang ermittelt werden.
20
6. Soweit in den Patentansprüchen von einem "Steuersystem" die Rede ist, ist - worüber auch allseits Einigkeit besteht - korrekterweise ein Regelsystem gemeint (vgl. DIN 19226, Ausgabe Mai 1968), denn es wird die (tatsächliche ) Schusszeit oder Transportgeschwindigkeit als Regelgröße gemessen, mit der eingestellten Transportgeschwindigkeit, der Führungsgröße, verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Vergleichs angeglichen (GA W. I S. 6). Die Regelung kann - von Patentanspruch 1 des Streitpatents erfasst - bereits beim zweiten eingetragenen Schussfaden wirksam werden, sie wird sich aber zweckmäßigerweise, wenngleich nicht notwendig, nicht jeweils an der Geschwindigkeit des unmittelbar vorher eingeschossenen Fadens, sondern an der Tendenz der Fadengeschwindigkeit ausrichten, die wiederum wesentlich von Strukturveränderungen im Garn bestimmt wird (vgl. GA W. I S. 5).
21
IV. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik nach den angesichts des Anmeldedatums anzuwendenden §§ 2, 2a PatG 1978 (die den geltenden §§ 3, 4 PatG 1981 entsprechen) haben zunächst die nachveröffentlichten Entgegenhaltungen NK3, NK20 und NK23 außer Betracht zu bleiben. Die Beiträge von Wahhoud und Kohlhaas "Air jet weaving machines - review, state of the art and prospects" (NK3) und von Samal "Grundriß der praktischen Regelungstechnik", Bd. I (NK23), sind erst im Jahr 1981 veröffentlicht und rechnen daher nicht zum Stand der Technik. Die am 30. Juli 1981 veröffentlichte deutsche Offenlegungsschrift 30 02 862 (NK20; Gebrüder Sulzer AG) ist erst am 26. Januar 1980 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. Januar 1980 angemeldet worden, prioritätsjünger als das Streitpatent und rechnet deshalb ebenfalls nicht zum Stand der Technik (§ 2 Abs. 1 und 2 PatG 1978).
22
V. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist neu (§ 2 Abs. 1 - 3 PatG 1978 i.V.m. Art. XI § 1 Abs. 2 Satz 1, 2, § 3 Abs. 6 Satz 1 IntPatÜG; vgl. Keukenschrijver in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Art. XI § 3 IntPatÜG Rdn. 1). Keine der Entgegenhaltungen nimmt ihn in seiner Gänze vorweg.
23
Wie das Bundespatentgericht zutreffend festgestellt hat, wird die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 1 gegenüber dem Fachbuch "Webereitechnik" (NK1), der deutschen Offenlegungsschrift 24 03 025 (NK2), den USPatentschriften 3 853 408 (NK4) und 4 023 599 (NK5), der deutschen Offenlegungsschrift 27 58 402 (NK6), der britischen Patentschrift 1 468 124 (NK12) und dem Aufsatz von Buráň, Kuba und Kondělik "Methode zur Messung der Zeit des Schussfadenflugs durch den Konfusor bei pneumatischen Webautomaten" in Deutsche Textiltechnik 22 (1972), Heft 6, S. 364 (NK11), schon da- durch begründet, dass dort jeweils das die Transportgeschwindigkeit beeinflussende Steuer- (Regel-)system nicht beschrieben ist.
24
Das Fachbuch "Webereitechnik" (NK1) enthält lediglich die Aussage (S. 185 Z. 8/9), dass die Einstellung der Schusseintragsvorrichtungen leicht regelbar sei, aber keine Angaben dazu, wie die Regelung zu bewerkstelligen ist. Dass auch das Streitpatent nur allgemeine Angaben zur Regelung enthält, ändert nichts daran, dass diese in der Entgegenhaltung gänzlich fehlen.
25
Die deutsche Offenlegungsschrift 24 03 025 (Výzkumný a vývojový ústav Závodů všeobecněho strojírenství; NK2) offenbart schon das Erfassen der Transportgeschwindigkeit des Schussfadens (Merkmal 2) nicht. Die US-Patentschrift 3 853 408 (Kaalverink/Ruti - Te Strake; NK4) beschreibt nicht die Steuerung der Geschwindigkeit des Schussfadens. Gleiches gilt für die einen optoelektronischen Schussfadendetektor betreffende US-Patentschrift 4 023 599 (Zeleny/Gebrüder Sulzer GmbH; NK5). Die deutsche Offenlegungsschrift 27 58 402 (Výzkumný a vývojový ústav Závodů všeobecněho strojírenství; NK6) beschreibt nur die Steuerung des Zeitpunkts der Öffnung der Betätigungselemente , die die Zuführung der Druckluft steuern. Der Aufsatz von Buráň u.a. (NK11) beschreibt lediglich die Methode zur Messung der Zeit des Schussfadenflugs , nicht auch die Merkmale 4, 4.1. Die britische Patentschrift 1 468 124 (Nissan Motor Company; NK12) beschreibt - auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angezogenen Beschreibungsstelle (S. 11 Z. 4-11) - nicht, dass von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen und mittels eines repräsentativen Signals das Schusstransportsystem geregelt wird (so auch GA W. I S. 11).
26
Die deutsche Offenlegungsschrift 24 11 905 (VEB Textilkombinat Cottbus ; NK7) und die Veröffentlichung von Perner und Hänel "Elektronisches Messverfahren zur EDV-gerechten Erfassung der Schützenbewegung an Webmaschinen" in Deutsche Textiltechnik 24 (1974), Heft 3, S. 171 (NK8) beschreiben die Regelung/Steuerung des Schussfadentransportsystems nicht.
27
Die weitere Veröffentlichung von Perner und Hänel "Ermittlung von Leistungsreserven an Greiferschützen-Webautomaten" in Deutsche Textiltechnik 29 (1979), Heft 3, S. 160 (NK9) lehrt zum einen, eine Leistungssteigerung über die Erhöhung der Webmaschinendrehzahl zu verwirklichen (S. 169 rechte Spalte siebter Absatz), zum anderen durch eine Erhöhung des Nutzeffekts (S. 161 linke Spalte erster vollständiger Absatz). Dort wird ausgeführt, durch das Reduzieren der Schussfadengeschwindigkeit werde der Vorgang "Schussfadeneintrag" sicherer, und es träten infolge reduzierter Belastungen der Schussfäden und der Schussfadeneintragsvorrichtungen weniger Störungen und damit auch weniger Stillstandszeiten an der Webmaschine auf. Das Reduzieren der Schussfadengeschwindigkeit kann dabei wie auch nach der Lehre des Streitpatents durch einen Regelungsvorgang vorgenommen werden. Die Veröffentlichung beschreibt diesen aber ebensowenig wie die einzelnen Regelungsschritte im Sinn der Merkmale 2, 3, 4 und 4.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und steht diesem deshalb nicht neuheitsschädlich entgegen. Jedoch ist die durch den Aufsatz vermittelte Erkenntnis entgegen der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen (GA W. I S. 10) nicht schon deshalb nicht zu berücksichtigen , weil sie auf einen Schusseintrag mit Luft nicht übertragbar wäre. Der gerichtliche Sachverständige hat bei seiner Begutachtung nämlich übersehen, dass die deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787 sowohl eine pneumatische Schützenwebmaschine als auch eine pneumatische Projektilwebmaschine beschreibt und damit durchaus Anlass bestand, die Aufmerksamkeit auch auf Schützenwebmaschinen zu richten; zudem hat er nicht berücksichtigt, dass das Streitpatent nicht nur Düsenwebmaschinen erfasst.
28
Die französische Patentschrift 1 541 187 (NK14) kann ebenfalls nicht bereits deshalb außer Betracht bleiben, weil sie Schützenwebmaschinen betrifft. Beschrieben ist in ihr auch eine Regelung (im Sinn einer Korrektur anhand eines Sollwerts) des Schusseintrags (vgl. Beschr. S. 1 rechte Spalte Z. 11-13, letzte Zeile bis S. 2 linke Spalte Z. 4: kontinuierliche Überwachung der Schlagkraft , die eine Erkennung und Korrektur eines übertrieben schwachen oder starken Schlags ermöglicht). In die Schlagkraft geht dabei notwendig als Bestimmungsgröße auch der Impuls und damit die Geschwindigkeit ein. Allerdings sind die Maßnahmen, wie sie die Merkmale 2, 3, 4 und 4.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents lehren, nicht ausdrücklich vorbeschrieben.
29
Die deutsche Offenlegungsschrift 28 24 429 (NK15) betrifft nur die Erzeugung des Steuersignals sowie dessen Zuführung an eine Speicheranlage mit Standanzeige und stellt nicht näher dar, wie dieses Signal in einen Regelungsvorgang überführt wird.
30
Der Artikel von Perner und Hänel "Elektronische Webmaschinenmeßtechnik (Teil 1)" in Deutsche Textiltechnik 29 (1979), Heft 10, S. 648 (NK10) - seine von der Beklagten in Frage gestellte Vorveröffentlichung unterstellt - nimmt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ebenfalls nicht vorweg.
31
Die französische Patentanmeldung 2 166 332 (Moessinger S.A.; NK21) spricht eine Regelung der Schussfadengeschwindigkeit über ein von der gemessenen Geschwindigkeit des Schussfadens abgeleitetes Signal nicht an, sondern nur eine Steuerung für das Erfassen des Fadens durch den Haken 16 (Beschr. S. 6 Z. 11-14).
32
In der niederländischen Patentanmeldung 7901050 (K.K. Toyoda Jidoshokki Seisakusho; NK22) ist ein Messen der Geschwindigkeit des Transportfadens im Sinn des Merkmals 2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht vorgesehen.
33
Die deutsche Offenlegungsschrift 1 535 600 (Ruthardt; NK27) betrifft nicht den Transport des Schussfadens mittels einer Fluiddüse. Die deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787 (Crompton & Knowles Corp.; NK25) betrifft eine Webmaschine mit pneumatisch angetriebenen Schützen. Der Schussfaden wird mit einem mittels eines Druckluftstoßes betriebenen Projektils und damit von der Masse des Projektils beaufschlagt durch das Webfach geschossen. Die Entgegenhaltung beschreibt jedenfalls die Regelung des Schussfadeneintrags nicht. Die deutsche Offenlegungsschrift 24 46 819 (Oberdorfer; NK28) bezieht sich auf einen fluidbeaufschlagten Schussfadeneintrag. Die deutsche Auslegeschrift 1 243 114 (Apparate- und Maschinenfabriken Uster; NK26) befasst sich nicht mit der Regelung des pneumatischen Schussfadeneintrags (vgl. GA W. II S. 7).
34
Der Beitrag von Hutter, Neue Entwicklungen elektronischer Geräte für Webmaschinen, in Melliand Textilberichte 7/1977, S. 545-550 (NK29), beschreibt diverse Steuerungen konventioneller und schützenloser Webmaschinen , insbesondere die elektronische Schützenflugüberwachung und bei schützenlosen Webmaschinen die Überwachung des Projektils, des Bands oder des Greifers sowie die Schussfadenüberwachung. Er steht der Neuheit der Lehre des Streitpatents nicht entgegen. In dem Beitrag von Buss in textilfasern/textilindustrie , Februar 1978, S. 152-160 (NK30) ist von einer Regelung des Schussfadeneintrags keine Rede.
35
VI. 1. Die Würdigung dieses Materials aus dem Stand der Technik ergibt jedoch, dass der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann, als den der Senat auf Grund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung einen im Team insbesondere mit einem Maschinenbauingenieur arbeitenden Textilingenieur mit Fachhochschulausbildung oder einen erfahrenen Textiltechniker ansieht, nahegelegen hat und deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§ 2a PatG 1978 entsprechend § 4 PatG 1981).
36
Regelstrategien bei Düsenwebmaschinen sind in der Entgegenhaltung NK1 angesprochen, Regelstrategien bei Schützenwebmaschinen insbesondere in den Entgegenhaltungen NK27, NK28 und NK29, jedenfalls im Ergebnis auch in NK14. Auch der Aufsatz von Perner und Hänel (NK9) betrifft die Regelung bei Schützenwebmaschinen. Daraus folgt zunächst, dass die Kenntnis der Regelungstechnik in der Fachwelt, d.h. bei mit der Konstruktion von Webmaschinen befassten Mitarbeitern von Webmaschinenherstellern, vorhanden und abrufbar war. Der gerichtliche Sachverständige hat dies in der mündlichen Verhandlung in der Weise bestätigt, dass er diese Kenntnis bei dem Maschinenbauer , der in dem typischerweise mit der Entwicklung entsprechender Vorrichtungen befassten Team mitarbeitet, bestätigt hat.
37
Für den Fachmann, der sich mit Gewebefehlern, die aus einer falschen Transportgeschwindigkeit des Schussfadens herrühren, konfrontiert sah, etwa aus zu langsamen Fäden, die das Schussfach nicht innerhalb des hierfür offenen Zeitfensters vollständig durchquerten, stellte sich zunächst die Frage, ob er dem auch anders als durch eine Stillsetzung der Webmaschine mit anschließender manueller Fehlerbehebung beikommen konnte. Hierzu musste sich ihm zunächst die Überlegung aufdrängen, dass er die Fehlerursache im Fall des zu langsamen Schussfadens generell durch eine Heraufsetzung der Transportgeschwindigkeit , wenn er den bisher zu langsamen Faden das Webfach innerhalb des dafür zur Verfügung stehenden Zeitfensters durchqueren ließ, beseitigen und damit das fehlerhafte Ergebnis vermeiden konnte. Ähnliches musste aber auch im umgekehrten Fall gelten, wenn nämlich die Schussfadengeschwindigkeit so hoch ist, dass hierdurch Probleme am Schussfaden selbst (zu hohe Beanspruchung bis hin zum Reißen) oder an den Schussfadeneintragsvorrichtungen auftreten. Der letztere Fall ist in dem Aufsatz von Perner und Hänel (NK9; S. 161 linke Sp., erster vollständiger Abs.) ausdrücklich angesprochen. Auf beide Fälle geht - allerdings mit einem etwas ungewöhnlichen Vokabular (übertrieben schwacher oder starker Schlag - "une chasse exagérément faible ou forte") - auch die französische Patentschrift 1 541 736 (NK14) ein. Für beide Fälle liefern diese Entgegenhaltungen somit jedenfalls die Anregung, bei Schützenwebmaschinen unerwünschten Transportgeschwindigkeiten des Schussfadens unabhängig von ihrer Ursache dadurch Rechnung zu tragen, dass auf die Schussfadengeschwindigkeit eingewirkt wird. Dies setzt wiederum aber voraus, dass die Geschwindigkeit in Richtung auf eine gewünschte Größe (eine Normalgröße ) verändert wird. Das ist aber nichts anderes als eine Regelung, wie sie im Grundsatz auch das Streitpatent vorsieht. Eine solche Regelung wird in der französischen Patentschrift, wenngleich in anderem Zusammenhang, auch ausdrücklich angesprochen, wenn dort die Schlagkraft des Schützeneintrags detektiert und letztlich mit einem Sollwert ("la valeur optimale" oder "la valeur optimum", S. 4 linke Sp. unten übergehend auf die rechte Sp.) verglichen wird.
38
Die Anwendung dieser Überlegung auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen wie nach dem Streitpatent konnte dem Fachmann im Ergebnis keine Schwierigkeiten bereiten. Allerdings ist dem gerichtlichen Sachverständigen wie der Beklagten zuzugeben, dass sich die Massenverhältnisse bei Düsenwebmaschinen und Schützenwebmaschinen, aber auch bei Projektilwebmaschinen , deutlich unterscheiden. Während bei Düsenwebmaschinen nur der relativ leichte Faden transportiert werden muss, ist bei Schützenweb- maschinen auch der Schützen mit der Garnspule, der in der Regel wesentlich schwerer sein wird als der Faden allein, und bei Projektilwebmaschinen auch das Projektil mit dem Faden zu transportieren. Zudem wird bei Düsenwebmaschinen nur der Faden mittels eines Fluids transportiert (geschoben), während bei Schützen- und Projektilwebmaschinen der Faden entweder sich von der Spule abwickelnd oder unmittelbar vom Projektil gezogen wird. Hierdurch wird aber der Umstand, dass der Faden auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen zu schnell oder zu langsam sein kann, nicht beeinflusst. Unabhängig von den Ursachen hierfür bestand bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen gleichermaßen das Bedürfnis, auf diese Abweichungen bei der Transportgeschwindigkeit korrigierend einzuwirken. Daher hatte der Fachmann auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen Anlass, auf die Lehren der französischen Patentschrift 1 541 736 (NK14) wie auch im Aufsatz von Perner und Hänel (NK9) zurückzugreifen, die ihm die Erkenntnis vermittelten, dass eine zu schnelle oder zu langsame Transportgeschwindigkeit durch regelnde Eingriffe weitgehend beseitigt werden können.
39
Hierfür bedurfte es zudem weder der Erkenntnis, dass die Fehler ihre Ursache in Ungleichmäßigkeiten des Fadens haben, noch der weiteren Erkenntnis , dass die Fehler nur dann zuverlässig durch eine Regelung beseitigt werden können, wenn es sich um Abweichungen mit einer feststellbaren Tendenz und nicht um "statistisch" verteilte Fehler handelt. Es mag zwar zutreffen, dass "statistisch" verteilten Fehlern über eine Regelung allenfalls zufällig beizukommen ist und dass sich in diesem Fall Ergebnisse bis hin zu einer unerwünschten Verstärkung des Fehlers ergeben können; diese Schwierigkeit löst aber jedenfalls auch Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht.
40
Die Patentanspruch 1 des Streitpatents weiter ausgestaltenden Merkmale des Regelvorgangs gehen dabei insgesamt über naheliegende Maßnahmen nicht hinaus.
41
2. Danach kann Patentanspruch 1 des Streitpatents keinen Bestand haben , nachdem er jedenfalls auch Lehren erfasst, die durch den Stand der Technik nahegelegt sind. Ob er daneben auch Lehren erfasst, bei denen eine erfinderische Tätigkeit nicht verneint werden kann, bedarf schon deshalb keiner Prüfung, weil die Beklagte Fassungen des Patentanspruchs 1, bei denen das nicht Schutzfähige ausgeschieden ist, auch nicht hilfsweise zur Verteidigung gestellt hat. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, spricht viel dafür, dass es allein Sache des Patentinhabers ist, den erteilten Patentanspruch in einer von ihm formulierten eingeschränkten Fassung zu verteidigen, wenn er dessen vollständige Nichtigerklärung vermeiden will (Sen.Urt. vom 24.10.1996 - X ZR 29/94, GRUR 1997, 272, 273 - Schwenkhebelverschluss; vgl. auch Sen.Urt. v. 23.10.2001 - X ZR 210/98, bei BGH Bausch BGH 1999-2001, 579, 582 f. - Befestigungselement 02; BPatG (3. Senat) BPatGE 44, 177 = Bausch BPatG 1994-1998, 135, 148 f. gegen BPatG (2. Senat) Bausch BPatG 1994-1998, 676, 682 f.). Es besteht in einer derartigen Situation grundsätzlich kein Anlass für den Senat, von Amts wegen in eine nähere Prüfung darüber einzutreten, ob in dem insgesamt nicht schutzfähigen Patentanspruch eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent weiterhin Bestand haben könnte. Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich.
42
VII. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt des auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentanspruch 2 ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 begründen , stehen auch den infolge Kategoriewechsels, der eine Behandlung als Unteranspruch ausschließt, eigenständig zu prüfenden (a.A. BPatG, Urt. v. http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht%20=bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf [Link] http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht%20=bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf - 22 - 24.8.2006 - 4 Ni 7/05 (EU), Umdruck S. 15; im Internet unter http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht =bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf) Patentansprüchen 4 und 5 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
43
VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 31.01.2002 - 2 Ni 40/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 153/05 Verkündet am:
12. Februar 2008
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Mehrgangnabe
ZPO § 286 D; PatG § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1

a) Aufgabe des Sachverständigen ist die Vermittlung von Fachwissen zur richterlichen
Beurteilung von Tatsachen und im Patentverletzungsprozess insbesondere
die Vermittlung derjenigen fachlichen Kenntnisse, die das Gericht benötigt, um die
geschützte technische Lehre zu verstehen und den diese Lehre definierenden Patentanspruch
unter Ausschöpfung seines Sinngehalts selbst auslegen zu können.
Das Verständnis des Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches
bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis
einer Partei (Fortführung von BGHZ 171, 120 – Kettenradanordnung).

b) Allein aus Ausführungsbeispielen darf nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs
geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen
nahelegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter
Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung
einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt
wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht
werden soll.
BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 – X ZR 153/05 – OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. September 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 383 350 sowie der deutschen Patente 41 42 867 und 41 43 603 (im Folgenden: Klagepatente A, B u. C). Anspruch 1 des Klagepatents A, das am 16. Februar 1990 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 17. Februar 1989 angemeldet wurde, lautet: "A change-speed hub having: a fixed shaft (1); a hub body (2) rotatably mounted on the fixed shaft (1); a drive member (3) rotata- bly mounted on the fixed shaft (1) for transmitting a drive force to the hub body (2) selectively through a plurality of transmission channels; clutch means (20, 92, 71, 72, 73, 74) for selecting one from the transmission channels; a plurality of sun gears (11, 12) rotatably mounted on the fixed shaft (1) and having diameters differing from each other; whereby said sun gears (11, 12) have axial movements thereof substantially limited; a control member (80) being rotatably mounted on the fixed shaft (1); said control member (80) including at least a first control portions (81) each for controlling one of said clutches (20, 92), and said control member (80) being operable externally of said hub body (2) for providing a plurality of speeds through the selection of said transmission channel, c h a r a c t e r i z e d i n t h a t said clutch means includes lock claws (73, 74) provided on the sun gears (11, 12) and engaging members (71, 72) provided on the fixed shaft (1) for engaging with the lock claws (73, 74), the lock claws (73, 74) being urged in engaging directions with the engaging members and that said control means (80) includes a clutch control member shiftable in a region of the sun gears, said clutch control member having a plurality of effecting portions (83, 82) positioned in accordance with the positions of corresponding engaging members (71, 72), said effecting portions (83, 82) prohibiting, in dependence on the position of the control member, engagement between certain predetermined lock claws (73, 74) and the corresponding engaging members (71, 72) by shifting to predetermined relative positions with respect to the engaging members (83, 82)."
2
Anspruch 1 des am 23. Dezember 1991 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 28. Dezember 1990 angemeldeten Klagepatents B lautet: "Mehrgangschaltnabe für ein Fahrrad, mit
a) einer Nabenachse (1);
b) einem Antreiber (2) und einer Nabenhülse (3), die beide drehbar auf der Nabenachse (1) abgestützt sind;
c) einem ersten Planetengetriebe (4), welches im Kraftfluss zwischen dem Antreiber (2) und der Nabenhülse (3) angeordnet ist, umfassend von einem Planetenträger (4a) aufgenommene Planetenräder (11b, 12b), die im Eingriff mit auf der Nabenachse (1) angeordneten Sonnenrädern (11a, 12a) stehen, einen Zahnkranz (15), der mit den Planetenrädern (12b) im Eingriff ist;
d) Schaltmitteln, um den Antrieb für die Nabenhülse (3) wahlweise vom Planetenträger (4a) oder vom Zahnkranz (15) abzuleiten;
e) einer den Sonnenrädern (11a, 12a) zugeordneten Steuereinrichtung (8) zur Erzielung eines Freilauf- oder Verriegelungszustands durch ein- und ausschaltbare Sonnenradkupplungen; d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass
f) im Kraftfluss zwischen dem Antreiber (2) und der Nabenhülse (3) ein zweites Planetengetriebe (5) angeordnet ist, umfassend von einem Planetenträger (5a) aufgenommene Planetenräder (13b, 14b), die im Eingriff mit auf der Nabenachse (1) angeordneten Sonnenrädern (13a, 14a) stehen, einen Zahnkranz (16), der mit den Planetenrädern (14b) im Eingriff ist;
g) wobei jedem der Sonnenräder (13a, 14a) eine durch dieselbe Steuereinrichtung (8) betätigbare Sonnenradkupplung (23, 24) zugeordnet ist, um die Sonnenräder (13a, 14a) in einen Freilauf - oder Verriegelungszustand zu bringen."
3
Anspruch 1 des am selben Tag unter Inanspruchnahme derselben Priorität angemeldeten Klagepatents C hat folgenden Wortlaut: "Geschlossene Gangschaltvorrichtung mit einer feststehenden Welle (1), mit einem Antriebsteil (2) und einer drehbar auf der feststehenden Welle (1) abgestützten Nabenhülse (3); mit einem Planetengetriebe (4) zur Aufnahme des Antriebs von dem Antriebsteil (2), wobei das Planetengetriebe (4) aufweist: eine auf der feststehenden Welle (1) angeordnete Vielzahl von Sonnenrädern (11a, 12a), mit dem Sonnenrad (11a, 12a) kämmende Planetenräder (11b, 12b), mit einem Planetenträger (4a) zur Aufnahme der Planetenräder (11b, 12b) und mit einem mit den Planetenrädern (11b, 12b) kämmenden Zahnkranz (15); wobei die Gangschaltvorrichtung eine zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Welle (1) angeordnete Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22, 25) aufweist, welche einen Eingriff zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Welle (1) zulässt, und mit einer Steuereinrichtung (8) zur Steuerung der Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22, 25), mit einer ersten in einer Richtung wirksamen Abtriebskupplung (17), welche zwischen der Nabenhülse (3) und dem Planetenträger (4a) des Planetengetriebes (4) angeordnet ist und mit einer zweiten Abtriebskupplung (18) zwischen der Nabenhülse (3) und dem Zahnkranz (15) des Planetengetriebes (4), d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die zweite Abtriebskupplung (18) eine nur in eine Richtung wirkende Abtriebskupplung ist und das Planetengetriebe (4) ein Übersetzungs-Getriebemechanismus ist, bei welchem der Planetenträger (4a) als Antriebsteil wirkt und die Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22, 25) jeweils den Sonnenrädern (11a, 12a) zugeordnet ist, wobei jede Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22) als eine nur in einer Richtung wirksame Kupplungseinrichtung (21a, 22a) ausgebildet ist und eine Trenneinrichtung (25) zum Unterbrechen der Antriebsübertragung über die in einer Richtung wirksame Kupplungseinrichtung (21a, 22a) aufweist, wobei die Trenneinrichtung (25) mit einem Steuerbereich (31, 32) zur Verhinderung des Eingriffs zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Welle (1) versehen ist."
4
Die Beklagte zu 1, deren Geschäfte der Beklagte zu 2 führt, vertreibt in Deutschland unter der Bezeichnung "S. " eine Zwölfgangnabe für Fahrräder, wie sie aus den von der Klägerin zur Akte gereichten Musterstücken (Anlagen K 8 u. K 9) ersichtlich ist.
5
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung der Klagepatente und nimmt die Beklagten deswegen auf Unterlassung und Auskunft sowie auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.
6
Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Das ebenfalls sachverständig beratene Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die – vom Senat zugelassene – Revision der Klägerin, mit der diese ihre Berufungsanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


7
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.

I.


8
1. Klagepatent A betrifft eine Mehrgangnabe, wie sie insbesondere bei Fahrrädern Verwendung findet.
9
Die Klagepatentschrift verweist einleitend auf eine vorbekannte Mehrgangnabe mit zwei drehbar auf einer feststehenden Achse angeordneten Sonnenrädern. Die Achse umfasse zwei axial bewegliche Schaltteile. Das erste steuere eine Kupplung zur Auswahl des für einen bestimmten Gang erforderlichen Übertragungskanals. Das zweite Schaltteil diene zur Ansteuerung eines Feststellmechanismus und bewirke, dass das erste oder zweite Sonnenrad mit der Achse verriegelt werde. Wie aus dem japanischen Patent 53-14820 (Anlage K 4, englische Übersetzung Anlage K 4a) ersichtlich, könne eine solche Nabe viele Gänge aufweisen; zur Bedienung seien zwei Schaltteile erforderlich.
10
Nur ein Schaltteil weist den weiteren Darlegungen der Patentschrift zufolge die aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 58 871 (Anlage K 5) ersichtliche Mehrgangnabe auf. Die Sonnenräder seien hier auf der feststehenden Welle fixiert. Das einzige Schaltteil bewege Kupplungen, mittels derer Einrückklauen in Eingriff mit jeweils zugeordneten Zahnkränzen gebracht würden, um das Übersetzungsverhältnis auszuwählen. Dies erfordere allerdings einen erheblichen Betätigungsaufwand (large control effort).
11
Dem Klagepatent liegt das technische Problem zugrunde, eine im Hinblick auf die geschilderten Nachteile verbesserte Mehrgangnabe bereitzustellen, bei der die auf das Schaltteil einwirkende Belastung wirksam verringert ist und dem Benutzer das Gefühl einer leichtgängigen Gangumschaltung vermittelt wird.
12
Erfindungsgemäß soll dies durch eine Mehrgangnabe erreicht werden, die folgende Merkmale aufweist: 1. eine feststehende Achse (1), auf der drehbar angebracht sind
a) ein Nabenkörper (2);
b) ein Antriebsglied (3) zum Übertragen einer Antriebskraft auf den Nabenkörper (2) über einen aus einer Vielzahl möglicher ausgewählten Übertragungskanal (transmission channel);
c) eine Vielzahl von Sonnenrädern (11, 12), aa) die jeweils einen unterschiedlichen Durchmesser aufweisen und bb) deren Bewegung in axialer Richtung begrenzt (substantially limited) ist;
d) ein Schaltglied (control member 80); 2. Kupplungsmittel (clutch means 20, 92, 71-74) zur Auswahl der Übersetzung, die aufweisen:
a) auf den Sonnenrädern (11, 12) vorgesehene Feststellklauen (lock claws 73, 74) und
b) auf der feststehenden Achse (1) vorgesehene Eingriffsteile (engaging members 71, 72) für den Eingriff mit den Feststellklauen,
c) wobei die Feststellklauen in Richtung des Eingriffs mit den Eingriffsteilen gespannt sind; 3. das Schaltglied (control member 80)
a) weist mindestens einen ersten Schaltbereich (control portion 81) zur jeweiligen Ansteuerung einer der Kupplungen (20, 92) auf und
b) ist von außerhalb des Nabenkörpers (2) so betätigbar , dass sich durch die Auswahl des Übertragungskanals (der Übersetzung) eine Vielzahl von Gängen ergibt; 4. das Schaltmittel (said control means 80) weist ein Kupplungsbetätigungsteil (clutch control member) auf, das
a) in einem Bereich der Sonnenräder verstellbar ist (shiftable in a region of the sun gears) und
b) eine Vielzahl von Wirkbereichen (effecting portions 83, 82) aufweist, die aa) in Übereinstimmung mit der Position korrespondierender Eingriffsteile (71, 72) angeordnet sind und bb) je nach Stellung des Schaltglieds den Eingriff zwischen bestimmten vorgegebenen Feststellklauen (73, 74) und den entsprechenden Eingriffsteilen (71, 72) dadurch verhindern, dass in vorgegebene relative Positionen zu den Eingriffsteilen umgeschaltet wird.
13
Die Patentschrift (S. 2 Z. 38-47 [vgl. Übersetzung S. 3 erster u. zweiter Abs.]) erläutert das erfindungsgemäße Schaltglied (control member) dahin, dass es drehbetätigt oder axial bewegt wird (rotatably operated or moved axial- ly). Dabei dienten der erste Schaltbereich zur Auswahl der Übersetzung und ein zweiter und dritter Schaltbereich zur Ansteuerung des Sonnenrades, welches mittels der Feststellmechanik auf der Achse festgelegt werden soll. Die erfindungsgemäße Ausgestaltung ermögliche es damit, die Übersetzung und die festzulegenden Sonnenräder mit einer sehr einfachen Drehbewegung (very simple rotational operation) des Schaltglieds (control member) zu wählen, was nicht nur eine zuverlässige Funktion gewährleiste, sondern dem Benutzer auch das Gefühl einer leichtgängigen Schaltung vermittle.
14
2. Die Klagepatente B und C betreffen ebenfalls Mehrgangnaben für Fahrräder.
15
Beide Klagepatentschriften (S. 2 Z. 5 ff.) gehen als Stand der Technik von der im Klagepatent A offenbarten Mehrgangnabe mit nur einem Planetengetriebe aus, dessen Planetenräder sich auf einem Planetenträger abstützen und mit einem Zahnkranz (Hohlrad) in Eingriff stehen. Mittels einer Antriebswahlkupplung – so die Beschreibungen – werde entweder der Planetenträger oder der Zahnkranz ausgewählt, um das Antriebsmoment vom Antreiber zu übernehmen. Außerdem sei eine Abtriebswahlkupplung vorgesehen, mit welcher entweder der Planetenträger oder der Zahnkranz zur Übertragung des Antriebsmoments auf die Nabenhülse angewählt werde.
16
Die Klagepatentschriften (S. 2 Z. 13 ff. bzw. S. 2 Z. 14 ff.) erläutern die Funktion der aus dem Klagepatent A bekannten Nabe außerdem dahingehend, dass bei Einleitung der Antriebskraft über den Planetenträger die auf die Sonnenräder wirkende Kraft die entgegengesetzte Richtung gegenüber der Kraft habe, welche wirke, wenn die Antriebskraft nicht über den Planetenträger, sondern den Zahnkranz (Hohlrad) eingeleitet werde (einmal mit und einmal entgegen dem Uhrzeigersinn; vgl. auch die schematische Darstellung dieses Sachverhalts in Fig. 24a u. 24b). Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, ein Drehen der Sonnenräder um die Welle sowohl in der einen als auch der anderen Drehrichtung unterbinden zu müssen. Bei der vorbekannten Mehrgangnabe besitze daher jedes Sonnenrad zwei jeweils in die entgegengesetzte Übertragungsrichtung wirkende Kupplungen sowie eine Steuerungseinrichtung, die eine Unterbrechung der Kraftübertragung für den Antrieb erlaube. Die Klagepatentschriften B und C bewerten die Betätigung der Sonnenräder mittels dieser Kupplungen als kompliziert. Besonders problematisch sei es unter diesen Voraussetzungen , mehrere Planetengetriebe zu verbinden, um ein Planetengetriebe mit mehreren Gangstufen zu bilden. Zwischen Planetengetrieben der vorbekannten Art eine einfache Verbindung herzustellen, würde mehrere Abtriebswahlkupplungen erforderlich machen, deren Betätigung kompliziert sei, und zu einer Konstruktion mit großen Abmessungen führen.
17
Den Klagepatenten B und C liegt vor diesem Hintergrund das technische Problem zugrunde, eine Mehrgangnabe mit einer vereinfachten Betätigung der Sonnenräder und der Abtriebswahlkupplung bereitzustellen sowie einen kompakten Aufbau für eine Mehrgangnabe zu erreichen, die mehrere Planetengetriebe enthält.
18
Beim Klagepatent B soll dies durch eine Mehrgangschaltnabe erreicht werden, die gemäß der nachfolgenden Merkmalsgliederung umfasst: 1. eine Nabenachse (1), auf der ein Antreiber (2) und eine Nabenhülse (3) jeweils drehbar abgestützt sind; 2. ein erstes und ein zweites Planetengetriebe (4, 5), das jeweils
a) im Kraftfluss zwischen dem Antreiber (2) und der Nabenhülse (3) angeordnet ist,
b) undumfasst: aa) von einem Planetenträger (4a, 5a) aufgenommene Planetenräder (11b, 12b, 13b, 14b), die im Eingriff mit auf der Nabenachse (1) angeordneten Sonnenrädern (11a, 12a, 13a, 14a) stehen, und bb) einen Zahnkranz (15, 16), der mit den Planetenrädern im Eingriff ist; 3. Schaltmittel, um den Antrieb der Nabenhülse (3) wahlweise vom Planetenträger (4a) oder vom Zahnkranz (15, des ersten Planetengetriebes) abzuleiten, und 4. eine Steuereinrichtung (8),
a) die den Sonnenrädern (11a, 12a, 13a, 14a) zugeordnet ist und
b) durch die jeweils eine Sonnenradkupplung (21, 22, 23, 24) betätigbar ist, um die Sonnenräder (11a, 12a; 13a, 14a) in einen Freilauf- oder Verriegelungszustand zu bringen.
19
Klagepatent C will das technische Problem mit einer geschlossenen Gangschaltvorrichtung lösen, die nach Maßgabe der folgenden Merkmalsgliederung aufweist: 1. ein Antriebsteil (2) sowie eine feststehende Achse (1), auf der eine Nabenhülse (3) drehbar abgestützt ist; 2. ein zur Aufnahme des Antriebs vom Antriebsteil (2) bestimmtes Planetengetriebe (4), das
a) eine auf der feststehenden Welle angeordnete Vielzahl von Sonnenrädern (11a, 12a),
b) mit dem Sonnenrad (11a, 12a) kämmende Planetenräder (11b, 12 b),
c) einen Planetenträger (4a) zur Aufnahme der Planetenräder (11b, 12b) und
d) einen Zahnkranz (15), der mit den Planetenrädern (11b, 12b) kämmt, aufweist, und
e) ein Übersetzungs-Getriebemechanismus ist, bei welchem der Planetenträger (4a) als Antriebsteil wirkt; 3. eine jeweils den Sonnenrädern (11a, 12a) zugeordnete Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22, 25) , die
a) zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Achse (1) angeordnet ist und
b) einen Eingriff zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Achse (1) zulässt;
c) jeweils als in nur eine Richtung wirksame Kupplungseinrichtung (21a, 22a) ausgebildet ist und
d) eine Trenneinrichtung (25) aufweist aa) zum Unterbrechen der Antriebsübertragung über die Kupplungseinrichtung (21a, 22a), bb) mit einem Steuerbereich (31, 32) zur Verhinderung des Eingriffs zwischen den Sonnenrädern (11a, 12a) und der feststehenden Welle (1); 4. eine Steuereinrichtung (8) zur Steuerung der Sonnenradkupplungseinrichtung (21, 22, 25); 5. eine erste Abtriebskupplung (17), welche
a) zwischen der Nabenhülse (3) und dem Planetenträger (4a) des Planetengetriebes (4) angeordnet ist und
b) in einer Richtung wirksam ist, und 6. eine zweite Abtriebskupplung (18), welche
a) zwischen der Nabenhülse (3) und dem Zahnkranz (15) des Planetengetriebes (4) angeordnet ist und
b) eine nur in eine Richtung wirkende Abtriebskupplung ist.
20
Den Klagepatentschriften (S. 2 Z. 41 ff. bzw. S. 2 Z. 42 ff.) zufolge entfällt beim erfindungsgemäßen Nabenaufbau die Notwendigkeit, die Drehbewegung der Sonnenräder in beide Drehrichtungen unterbinden zu müssen. Für die Betätigung der Sonnenräder reichten einseitig wirksame Kupplungen sowie Einrichtungen zum Unterbrechen der Kraftübertragung in einer Richtung – wie ein drehbares Betätigungselement – aus. Als Antriebsteil wirke der Planetenträger des als Übersetzungsgetriebe ausgebildeten Planetengetriebes. Somit könne die Abtriebswahlkupplung eine erste Abtriebskupplung und eine zweite Abtriebskupplung aufweisen, die einmal zwischen Nabenhülse und Planetenträger und einmal zwischen Nabenhülse und Zahnkranz angeordnet seien, dabei nur in einer Richtung wirkten und keine Ansteuerung von außen erforderten.

II.


21
Das Berufungsgericht verneint eine Verletzung der Klagepatente, weil die angegriffene Ausführungsform beim Klagepatent A Merkmal 4, beim Klagepatent B Merkmal 3 und beim Klagepatent C die Merkmale 5 und 6 nicht verwirkliche. Im Wesentlichen wird dies wie folgt begründet:
22
1. Der gerichtliche Sachverständige habe zum Klagepatent A ausgeführt , das in Merkmal 4 aufgeführte Kupplungsbetätigungsteil sei erfindungsgemäß Bestandteil der Schalteinrichtung, befinde sich im Bereich der Sonnenräder und sei dort verstellbar. Das (vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der deutschen Übersetzung des Patentanspruchs im Klagepatent als Betätigungsteil bezeichnete) Schaltglied bestehe aus (nur) einem Bauteil. Das Kupplungsbetätigungsteil sei als Bereich des Schaltgliedes im Bereich der Sonnenräder zu verstehen und werde durch die Funktion der Wirkbereiche umschrieben. Aufgrund der gutachterlichen Feststellungen sei davon auszugehen, dass es eigentlicher Gegenstand der Erfindung nach dem Klagepatent A sei, mit (nur) einem Schaltglied verschiedene Wirkflächen zu aktivieren. Zu berücksichtigen sei ferner, dass erfindungsgemäß das Schaltglied drehbar auf der feststehenden Welle angeordnet sei und das Kuppl ungsbetätigungsteil (als dessen Bestandteil) dieselbe Drehbewegung ausführe wie das Schaltglied.
23
Die angegriffene Ausführungsform verfüge nach Darstellung des Sachverständigen über kein Kupplungsbetätigungsteil im Bereich der Sonnenräder. Die dort verwendeten Nockenstangen, in denen die Klägerin das erfindungsgemäße Kupplungsbetätigungsteil sehen wolle, seien nicht um die feststehende Achse drehbar. Die Schalteinrichtung bestehe aus mehreren unterschiedlichen Teilen, wobei sich lediglich die Nockenstangen zum Teil im Bereich der Sonnenräder befänden. Nach – der bereits erstinstanzlich geäußerten – Auffassung des Sachverständigen lägen indessen die wesentlichen Eigenschaften des Kupplungsbetätigungsteils darin, ein Bestandteil des Schaltglieds und funktioneller Wirkbereich zur Auswahl des Übertragungskanals (der Übersetzung) im Bereich der Sonnenräder zu sein. Auch von einer Verwirklichung des Merkmals 4 mit äquivalenten Mitteln könne nicht ausgegangen werden. Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen sei bei der angegriffenen Mehrgangnabe die Aufgabe, durch bestimmte Schaltelemente den Kraftfluss über den Feststellmechanismus des gewählten Sonnenrades zu verhindern, außerhalb des Bereichs der Sonnenräder über mehrere Bauelemente gelöst. Zwar riefen die Nockenstangen die gleiche praktische Wirkung hervor wie das erfindungsgemäße Schaltglied, jedoch sei der Sachverständige der Auffassung, dass die Lehre des Klagepatents A, mit nur einem Schaltglied verschiedene Wirkflächen zu aktivieren , keinen Hinweis auf die bei der angegriffenen Mehrgangnabe realisierte Lösung gebe.
24
2. Zum Verständnis von Merkmal 3 des Klagepatents B verweist das Berufungsgericht gleichfalls auf die Ausführungen des Sachverständigen. Nach diesen seien beim Erfindungsgegenstand die beiden Planetenträger drehfest miteinander verbunden und erfolge der Antrieb für die Nabenhülse stets nur über den ersten Planetenträger (4a), auch dann, wenn die Kraft über den zweiten Planetenträger (5a) eingeleitet werde. Die zur Arretierung der Sonnenräder (21, 22) dienenden Schaltmittel legten fest, ob der Antrieb für die Nabenhülse (3) unmittelbar vom ersten Planetenträger (4a) über die Freilaufkupplung (17) oder vom Zahnkranz (15) über die Freilaufkupplung (18) erfolge. Der Sachverständige habe insoweit klargestellt, dass das Antriebsmoment zur Nabenhülse nicht nochmals gewandelt werden dürfe.
25
Bei der angegriffenen Ausführungsform werde nach den Darlegungen des Sachverständigen nur über den Zahnkranz (13) und die Kupplung (14) und nicht (unmittelbar) über einen Planetenträger Kraft auf die Nabenhülse weitergeleitet. Während beim Gegenstand des Klagepatents die Getriebe (4 u. 5) hintereinander geschaltet seien, seien bei der angegriffenen Ausführungsform die Getriebe (21 u. 22) parallel geschaltet. Keiner ihrer Zahnkränze (11 bis 13) könne eindeutig dem in Merkmal 3 bezeichneten Zahnkranz (15) zugewiesen werden. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei zudem die auf die Nabenhülse übertragene Gesamtleistung nicht mit der auf den Planetenträger (22) übertragenen Leistung identisch. Merkmal 3 sei damit nicht wortsinngemäß verwirklicht. Auch eine Benutzung des Merkmals mit äquivalenten Mitteln scheide aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde das Drehmoment für den Antrieb der Nabenhülse sowohl vom ersten Planetenträger (18) und Zahnkranz (11) als auch von einem zweiten Planetenträger (22) und Zahnkranz (13) übertragen. Damit fehle es nach der Auffassung des Sachverständigen an der erforderlichen Gleichwirkung, da die Lösung, den Antrieb vom Planetenträger und vom Zahnkranz abzuleiten, Merkmal 3 nur "anteilig" beschreibe.
26
Ob die angegriffene Ausführungsform Merkmal 4 b verwirklicht, hat das Berufungsgericht dahinstehen lassen.
27
3. Zum Klagepatent C habe der Sachverständige ausgeführt, dass der Antrieb der Nabenhülse (3), wie dem Fachmann aus dem Stand der Technik geläufig, entweder über die in Merkmal 5 oder die in Merkmal 6 bezeichnete Abtriebskupplung erfolge. Die Abtriebskupplungen (17, 18) müssten nach den Feststellungen des Sachverständigen stets alternativ geschaltet sein. Aus den Merkmalen 5 und 6 ergebe sich, dass die beiden Abtriebskupplungen parallel zur Nabenhülse angeordnet seien. Das Planetengetriebe ermögliche folglich nur dann eine Kraftübertragung, wenn entweder die erste oder die zweite Abtriebskupplung geschlossen sei.
28
Bei der angegriffenen Nabe seien die Kupplungen (14, 16) nicht stets alternativ geschaltet. Die Kupplung (14) sei bei der Übertragung eines Kraftmoments auf die Nabenhülse immer im Eingriff. Die ebenfalls nicht stets alternativ geschaltete Kupplung (17) sei nicht zwischen Zahnkranz und Nabenhülse angeordnet und stelle daher keine Abtriebskupplung dar. Auch die Kupplung (16) sei keine Abtriebskupplung, da die von ihr auf den zweiten Planetenträger (22) und das Planetenrad (41) übertragene Leistung nicht mit der (letztlich) auf die Nabenhülse übertragenen Leistung identisch, sondern größer sei. Aufgrund dieser Darlegungen des Sachverständigen sei eine wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmale 5 und 6 zu verneinen. Auch eine Verwirklichung mit äquivalenten Mitteln sei nicht gegeben, da es nach den Ausführungen des Sachverständigen keine gleichwirkende Lösung darstelle, die Kupplungen im Momentenfluss hintereinander zu schalten. Ein Hinweis auf eine solche Lösung sei dem Klagepatent C nicht zu entnehmen.

III.


29
Mit diesen Ausführungen genügt das angefochtene Urteil nicht den rechtlichen Anforderungen, die an die Auslegung eines Patentanspruchs und die Prüfung seiner Verwirklichung durch eine im Patentverletzungsprozess angegriffene Ausführungsform zu stellen sind.
30
1. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, bedarf es zunächst der Befassung mit der technischen Lehre, die sich aus der Sicht des vom Klagepatent angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit ergibt (BGHZ 171, 120 Tz. 18 – Kettenradanordnung; Sen.Beschl. v. 17.4.2007 – X ZB 9/06, GRUR 2007, 859 Tz. 13 – Informationsübermittlungsverfahren I [für BGHZ 172, 108 vorgesehen]). Der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, sind unter Heranziehung der den Patentanspruch erläuternden Beschreibung und Zeichnungen (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ; § 14 Satz 2 PatG) durch Auslegung zu ermitteln. Was sich hieraus als geschützter Gegenstand ergibt, ist eine Rechtsfrage, weshalb die Auslegung des Patentanspruchs vom Revisionsgericht auch in vollem Umfang nachgeprüft werden kann (st. Rspr.; s. nur BGHZ 142, 7, 15 – Räumschild; BGHZ 160, 204, 213 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Die Aufgabe der Auslegung des Patentanspruchs darf somit nicht dem gerichtlichen Sachverständigen überlassen werden, sondern obliegt dem Gericht (BGHZ 171, 120 Tz. 18 – Kettenradanordnung).
31
Zwar bildet das fachmännische Verständnis der im Patentanspruch verwendeten Begriffe und des Gesamtzusammenhangs des Patentanspruchs die Grundlage der Auslegung, weil sich der Patentanspruch an die Fachleute eines bestimmten Gebiets der Technik richtet. Das bedeutet jedoch nur, dass sich der Tatrichter gegebenenfalls sachverständiger Hilfe bedienen muss, wenn es um die Frage geht, inwieweit objektive technische Gegebenheiten, ein etwaiges Vorverständnis der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen, ihre üblicherweise zu erwartenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen und die methodische Herangehensweise solcher Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm und in der Beschreibung verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können (BGHZ 164, 261, 268 – Seitenspiegel ; BGHZ 171, 120 Tz. 18 – Kettenradanordnung).
32
Das auf dieser Grundlage zu klärende richtige Verständnis des Patentanspruchs kann hingegen nicht durch Sachaufklärung "festgestellt" werden, sondern ist das Ergebnis richterlicher Auslegung vor dem Hintergrund des – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – festgestellten technischen Sachverhalts (BGHZ 160, 204, 213 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Die primäre Aufgabe des Sachverständigen ist – im Patentverletzungsverfahren nicht anders als sonst im Zivilprozess – die Vermittlung von Fachwissen zur richterlichen Beurteilung von Tatsachen (BGHZ 37, 389, 393 f.; 159, 254, 262; BGH, Urt. v. 18.3.1993 – IX ZR 198/92, NJW 1993, 1796, 1797); darüber hinaus kann dem Sachverständigen die Ermittlung von Anknüpfungstatsachen überlassen werden, wenn schon dafür eine dem Richter fehlende besondere Sachkunde erforderlich ist (§ 404a Abs. 5 ZPO). Der Sachverständige wird deshalb im Patentverletzungsprozess nicht hinzugezogen, um das Klagepatent auszulegen, sondern um dem Gericht, wenn hierzu der Vortrag der Parteien nicht ausreicht, diejenigen fachlichen Kenntnisse zu verschaffen, die es benötigt , um die geschützte technische Lehre zu verstehen und den diese Lehre – als Grundlage der Verletzungsprüfung und der Schutzbereichsbestimmung – definierenden Patentanspruch unter Ausschöpfung seines Sinngehalts selbst auslegen zu können. Das Gericht ist deswegen gehindert, die Schlüsse, die ein Sachverständiger aus seinem Fachwissen auf den Inhalt der technischen Lehre des Klagepatents zieht, ohne weiteres zu übernehmen. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil der Sachverständige vielfach geneigt sein wird, sich eher an den aus seiner fachlichen Sicht typischerweise aussagekräftigeren Ausführungsbeispielen der Erfindung als an den abstrakteren Formulierungen des Patentanspruchs zu orientieren. Sachverständige Äußerungen sind vom Tatrichter deshalb stets eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen (Sen.Urt. v. 7.3.2001 – X ZR 176/99, GRUR 2001, 770, 772 – Kabeldurchführung II). Das Verständnis des Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis einer Partei (BGHZ 171, 120 Tz. 18 – Kettenradanordnung).
2. Das angefochtene Urteil genügt den sich hieraus ergebenden An33 forderungen an die Auslegung eines Patentanspruchs nicht. Das Berufungsgericht hat nicht den Sinngehalt der Patentansprüche unter Heranziehung der Patentbeschreibungen und der Zeichnungen ermittelt, sondern sich darauf beschränkt , die Ausführungen des Sachverständigen wiederzugeben und auf sie zu verweisen, ohne sie daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie mit den im Lichte der jeweiligen Beschreibung interpretierten Patentansprüchen in Einklang stehen und deren Sinngehalt und Reichweite ausschöpfen. Ohne die vorstehenden Grundsätze zu beachten, ist das Berufungsgericht allein vom Verständnis des gerichtlichen Sachverständigen ausgegangen, das es als aufgrund dessen fachlicher Autorität maßgeblich angesehen hat, anstatt eigenverantwortlich den technischen Sinngehalt der Patentansprüche zu ergründen. Deutlich wird dies insbesondere, soweit sich das Berufungsgericht die Auffassung des Sachverständigen zu eigen gemacht hat, das in Merkmal 4 des Klagepatents A genannte Kupplungsbetätigungsteil sei als ein Bereich des Schaltglieds zu verstehen, welches aus nur einem Bauteil bestehen dürfe, bei seiner Annahme, Merkmal 3 des Klagepatents B setze voraus, dass die beiden Planetenträger – obwohl erst der untergeordnete Patentanspruch 3 ebendies ausdrücklich beansprucht – drehfest miteinander verbunden seien, dass die Planetengetriebe hintereinander geschaltet seien und dass das Antriebsmoment zwischen Nabenhülse und Planetenträger oder Zahnkranz nicht nochmals gewandelt werde, sowie bei der Annahme, die in den Merkmalen 5 und 6 des Klagepatents C genannten Abtriebskupplungen müssten parallel zur Nabenhülse angeordnet und stets alternativ geschaltet sein. Dem Wortlaut der jeweiligen Patentansprüche 1 sind diese Vorgaben nicht zu entnehmen. Dass – unter Heranziehung der Patentbeschreibungen und Zeichnungen – erkennbare technische Notwendigkeiten oder Zusammenhänge ein eingeschränktes Verständnis der im Patentanspruch beschriebenen Lehre gebieten, hat das Berufungsgericht weder geprüft noch festgestellt.
Von dieser Prüfung war das Berufungsgericht auch nicht entbunden, so34 weit die Ausführungen des Sachverständigen in Einklang mit den in den Patentbeschreibungen erläuterten und dargestellten Ausführungsbeispielen stehen. Denn eine entsprechende Beschränkung der Auslegung wäre mit dem Grundsatz unvereinbar, dass ein Ausführungsbeispiel regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlaubt (BGHZ 160, 204, 210 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung ; Sen.Urt. v. 17.4.2007 – X ZR 72/05, GRUR 2007, 778 Tz. 18, 21 – Ziehmaschinenzugeinheit [für BGHZ 172, 88 vorgesehen]).
35
3. Ist somit die technische Lehre der Patentansprüche nicht ermittelt, fehlt es bereits an der erforderlichen Grundlage, um sachgerecht prüfen können , ob das angegriffene Erzeugnis wortsinngemäß oder als äquivalente Ausführungsform in den Schutzbereich der Klagepatente fällt. Auch eine eigene Auslegung der Patentansprüche durch das Revisionsgericht kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht (vgl. Sen.Urt. v. 31.5.2007 – X ZR 172/04, GRUR 2007, 1059 Tz. 39 – Zerfallszeitmessgerät [für BGHZ vorgesehen]). Die Möglichkeit, die für die Anspruchsauslegung relevanten tatsächlichen Feststellungen durch eine Revisionsrüge oder eine Gegenrüge als verfahrensfehlerhaft getroffen oder unvollständig zu rügen, ist erheblich erschwert, wenn der Tatrichter keine eigene Auslegung des Patentanspruchs vorgenommen hat und den Parteien erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht die (mögliche) Relevanz bestimmter tatsächlicher Gesichtspunkte für die richterliche Auslegung des Patentanspruchs verdeutlicht wird. Gerade bei komplexen Sachverhalten, wie sie im Streitfall vorliegen, entspricht es zudem fairer Verfahrensführung , die erste vollständige richterliche Bewertung des technischen Sachverhalts nicht erst in letzter Instanz vorzunehmen und damit der Überprüfung in dem vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelverfahren zu entziehen.

IV.


36
Der Rechtsstreit ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
37
1. Das Berufungsgericht wird bei der Auslegung der Klagepatente insbesondere zu prüfen haben, inwieweit seine bisherigen Annahmen zur Ausgestaltung und Wirkungsweise der erfindungsgemäßen Mehrgangnaben lediglich mögliche Ausführungsformen der beanspruchten technischen Lehren betreffen oder diese selbst in der allgemeinen Form charakterisieren, in der sie im jeweiligen Patentanspruch 1 für die Klägerin geschützt sind. Aus der stets gebotenen Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen kann sich dabei ein engeres Verständnis des Patentanspruchs ergeben, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahelegt (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 f. – Spannschraube). Jedoch bedarf dies im Einzelnen sorgfältiger Prüfung und darf insbesondere nicht daraus geschlossen werden, dass Beschreibung und Abbildungen lediglich einige der unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden möglichen Ausführungsformen betreffen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll. In diesem Zusammenhang können auch objektive technische Gegebenheiten eine Rolle spielen, die in der Patentschrift nicht erwähnt sind, jedoch zum Wissen des Fachmanns gehören, und daher das Verständnis des Patentanspruchs beeinflussen können, etwa weil aus der Sicht des Fachmanns nur eine bestimmte Ausgestaltung geeignet erscheint, den erfindungsgemäßen Erfolg herbeizuführen oder sich umgekehrt eine bestimmte Ausgestaltung von vornherein zur Erreichung des erfindungsgemäßen Erfolges ungeeignet darstellt.
38
Sofern sich das Berufungsgericht bei dieser Prüfung erneut sachverständig beraten lassen sollte, wird es zu erwägen haben, einen anderen Sachverständigen hinzuzuziehen, da der Umstand, dass der Sachverständige Prof. Dr.Ing. H. sein für das Landgericht erstattetes schriftliches Gutachten bereits dreimal schriftlich ergänzt hat und in beiden Instanzen schon einmal mündlich angehört worden ist, den unbefangenen Zugang des Sachverständigen zu den Sachfragen behindern könnte, bei deren Beurteilung er das Berufungsgericht beraten soll.
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2. Zu den einzelnen Klagepatenten ist noch zu bemerken:
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a) KlagepatentA
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Zu den für die Auswahl der Übersetzung notwendigen Kupplungsmitteln (clutch means) gehören gemäß Merkmal 2 die für die Festlegung der jeweiligen Sonnenräder auf der Welle zuständigen Feststellklauen (lock claws 73, 74) und die mit ihnen zusammenwirkenden Eingriffsteile (engaging members 71, 72). Mit der Betätigung des insoweit gelehrten Feststellmechanismus befasst sich die vom Berufungsgericht als nicht verwirklicht angesehene Merkmalsgruppe 4, wobei Patentanspruch 1 in diesem Funktionszusammenhang das Schaltglied (control member 80) als Schaltmittel (control means 80) bezeichnet. Dass trotz divergierender Bezeichnungen keine unterschiedlichen Bauteile angesprochen sein dürften, zeigt sich neben der schon im Anspruchswortlaut enthaltenen Bezugnahme (said) auch darin, dass sowohl in Merkmal 4 b bb als auch in der Patentbeschreibung der Begriff "control member" in synonymer Form bei der Umschreibung des Feststellmechanismus für die Sonnenräder verwendet wird (vgl. etwa S. 2 Z. 44-46; S. 4 Z. 48-53 [Übersetzung S. 3 zweiter Abs.; S. 9 erster Abs.]).
42
Das Schaltmittel umfasst dem Anspruchswortlaut zufolge ein Kupplungsbetätigungsteil mit einer Vielzahl von Wirkbereichen (includes a clutch control member … having a plurality of effecting portions). Anordnung und Ausgestal- tung der Wirkbereiche werden mittelbar durch ihre räumlich-körperliche Beziehung zu den in Merkmal 2b genannten Eingriffsteilen (Merkmal 4 b aa) und durch ihre Umschaltfunktion (Merkmal 4 b bb) umschrieben. Im zuletzt genannten Zusammenhang wird gelehrt, dass die Wirkbereiche den Eingriff bestimmter Feststellklauen jeweils in Abhängigkeit von der Stellung des Schaltglieds (in dependence on the position of the control member) verhindern. Ob diese Ab- hängigkeit Folge einer einteiligen Ausgestaltung von Schaltglied und Kupplungsbetätigungsteil oder Folge eines – wie z.B. beim ersten Schaltbereich durch Formschluss erreichten (vgl. S. 5 Z. 16-22; Fig. 15 [Übersetzung S. 10 letzter Abs. übergreifend auf S. 11]) – funktionalen Zusammenwirkens beider Teile ist, lässt Patentanspruch 1 nach seinem Wortlaut offen.
43
Dafür, dass die zur Auslegung heranzuziehende Patentbeschreibung ein eingeschränktes Verständnis des Patentanspruchs tragen könnte, sind bislang keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Erzielung des in der Patentbeschreibung (S. 2 Z. 44-46; S. 4 Z. 51-53 [Übersetzung S. 3 zweiter Abs.; S. 9 erster Abs. a.E.]) herausgestellten Vorteils, sowohl das Übersetzungsverhältnis als auch die an der Achse festzusetzenden Sonnenräder durch eine einfache Drehbewegung des Schaltgliedes auswählen zu können, muss eine mehrteilige Ausgestaltung nicht entgegenstehen. Ebenso wenig muss mit ihr ein im Verhältnis zu einer einteiligen Ausgestaltung weitergehender Betätigungsaufwand verbunden sein, wie ihn die Klagepatentschrift mit Blick auf die deutsche Offenlegungsschrift 24 58 871 kritisiert (S. 2 Z. 28-29 [Übersetzung S. 2 dritter Abs.]).
Dass beim Ausführungsbeispiel des Klagepatents eine einteilige Ausführungsform verwirklicht ist, da dort die – in der Patentbeschreibung auch als zweiter und dritter Schaltbereich bezeichneten – Wirkbereiche (82, 83) durch vorspringende Abschnitte (projecting portions) gebildet werden, die sich zwischen Nuten des zylindrischen Betätigungsteils befinden (S. 5 Z. 23 ff.; Fig. 8-12 [Übersetzung S. 11 zweiter Abs.]), rechtfertigt, wie ausgeführt, für sich genommen kein anderes Auslegungsergebnis.
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Das Berufungsgericht wird auch zu berücksichtigen haben, dass Merkmal 3 a eine Merkmal 4 entsprechende Formulierung bezogen auf das Verhältnis des Schaltglieds zu seinem ersten Schaltbereich enthält (control member including … a first control portion), mit der die Patentbeschreibung ausdrücklich eine mehrteilige Ausgestaltung verbindet, wenn dort ausgeführt wird, dass der erste Schaltbereich als selbständiges Bauteil ausgebildet sein kann, welches lediglich drehfest mit dem Schaltglied zusammengesteckt ist (vgl. S. 5 Z. 16-22; Fig. 15 [Übersetzung S. 10 letzter Abs. übergreifend auf S. 11]).
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Das Schaltglied ist zwar gemäß Merkmal 1 d drehbar auf der Achse angebracht , um durch eine von außen gesteuerte Drehbetätigung (rotational ope- ration) auch eine Festlegung der Sonnenräder herbeiführen zu können (vgl. S. 2 Z. 44-46 [Übersetzung S. 3 zweiter Abs.]). Das bedeutet jedoch nicht notwendigerweise , dass das Kupplungsbetätigungsteil und seine Wirkbereiche ihrer Funktion ebenfalls im Rahmen einer Drehbewegung um die Achse nachkommen müssen. Merkmal 4 b bb gebietet, dass die Positionsveränderung der Wirkbereiche in Abhängigkeit von der (Dreh-)Stellung des Schaltglieds erfolgt. Die Annahme, dass dieser Funktionszusammenhang auf die Herbeiführung einer mit dem Betätigungsteil übereinstimmenden Drehbewegung des Kupplungsbetätigungsteils und seiner Wirkbereiche beschränkt sein soll, bedarf der Überprüfung und entsprechend den Ausführungen zu 1 gegebenenfalls näherer Begründung.
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Das Kupplungsbetätigungsteil muss verstellbar sein, um die in der Merkmalsgruppe 2 genannte, aus Feststellklauen und Eingriffsteilen bestehende Kupplung zu betätigen. Dass Merkmal 4 a diese Funktion in räumlichen Zusammenhang zu den Sonnenrädern (shiftable in a region of the sun gears) stellt, wird vor dem Hintergrund zu sehen sein, dass die in Richtung zu den Eingriffsteilen gespannten Feststellklauen auf den Sonnenrädern vorgesehen sind (Merkmal 2 a) und sich ein Verstellen des Kupplungsbetätigungsteils dementsprechend im Bereich der Sonnenräder auswirken muss. Dazu verfügt das Kupplungsbetätigungsteil über Wirkbereiche, welche relativ zu den Eingriffsteilen in verschiedene Positionen bewegt werden können und so in vorgegebener Weise den Eingriff bestimmter Feststellklauen und die damit verbundene Arretierung eines Sonnenrads an der Achse verhindern (vgl. Merkmal 4 b bb). Dies hat im Bereich der die Feststellklauen aufweisenden Sonnenräder zu geschehen. Für den von Merkmal 4 a geforderten räumlichen Bezug zu den Sonnenrädern könnte es genügen, wenn das Kupplungsbetätigungsteil ein derartiges Verstellen seiner Wirkbereiche in verschiedene Positionen erlaubt. Dass darüber hinausgehend die räumliche Ausdehnung des Kupplungsbetätigungsteils auf den Bereich der Sonnenräder beschränkt ist oder die Verstellbewegung ausschließlich in diesem Bereich stattfinden oder von ihm ausgehen darf, ist hingegen auf der Grundlage des bislang festgestellten Sachverhalts nicht zu erkennen. Da die Positionierung der Wirkbereiche des Kupplungsbetätigungsteils von der Stellung des Schaltglieds abhängig ist, besteht zwischen den Teilen ein funktionaler Zusammenhang, der einschließt, dass die Verstellbewegung des Kupplungsbetätigungsteils durch die (Dreh-)Bewegung des – über den Bereich der Sonnenräder hinausgehenden (vgl. S. 5 Z. 4-5 [Übersetzung S. 10 zweiter Abs.]) und von außerhalb des Nabenkörpers betätigbaren (vgl. Merkmal 3 b) – Schaltglieds ausgelöst und gesteuert wird und mit dieser sogar identisch ist, wenn – wie beim Ausführungsbeispiel der Erfindung – Schaltglied und Kupplungsbetätigungsteil einstückig ausgestaltet sind oder wenn zwischen beiden Teilen eine drehfeste Verbindung besteht. Dann erscheint es aber technisch ohne Belang, ob das Kupplungsbetätigungsteil räumlich über den Bereich der Sonnenräder hinausgeht und erst dort in das Schaltglied übergeht oder in sonstiger Weise eine Verbindung mit ihm herstellt.
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b) KlagepatentB
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Um die Nabenhülse antreiben zu können, muss zwischen Antreiber (2) und Nabenhülse (3) ein Kraftfluss bestehen. Erstes und zweites Planetengetriebe sind in diesem Kraftfluss angeordnet (Merkmal 2 a), also in getriebespezifischer Weise zur Übertragung der vom Antreiber ausgehenden Kraft auf die Nabenhülse in der Lage. In welcher Weise und auf welchem Weg die Kraftübertragung erfolgt, gibt Merkmal 2 a seinem Wortlaut nach nicht vor. Patentanspruch 1 verlangt allerdings das Vorhandensein von Schaltmitteln. Diese müssen , wie aus Merkmal 3 folgt, derart ausgestaltet und angeordnet sein, dass sie die geforderte Ableitung des Antriebs für die Nabenhülse ermöglichen, d.h. wahlweise in einem Schaltzustand die Ableitung vom Planetenträger und in einem anderen Schaltzustand die Ableitung vom Zahnkranz erlauben.
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Die Verneinung der Verletzungsfrage durch das Berufungsgericht beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass nach Merkmal 3 nicht nur eine Wahl zwischen Planetenträger und Zahnkranz des ersten Planetengetriebes möglich, sondern der Antrieb außerdem ausschließlich, also daneben nicht auch zu einem Anteil von einem parallel geschalteten weiteren Planetengetriebe, sowie in unmittelbarer, nicht weiter (z.B. durch ein weiteres Getriebe) umgewandelter Form von den in Merkmal 3 genannten Antriebsmitteln auf die Nabenhülse ab- geleitet sein muss. Den Antrieb wahlweise vom Planetenträger oder Zahnkranz abzuleiten, ist aus dem Klagepatent A bekannt. Die in der Klagepatentschrift B an dem bekannten Nabenaufbau bemängelte Notwendigkeit, die Bewegung der Sonnenräder in beiden Drehrichtungen unterbinden zu müssen, beruht darauf, dass der Zahnkranz nicht allein als Abtriebselement des (einzigen) Planetengetriebes eingesetzt wird, sondern ihm daneben auch die Aufgabe zufällt, das Antriebsmoment vom Antreiber zu übernehmen, wenn nicht er, sondern der Planetenträger als Abtriebselement des Planetengetriebes verwendet wird. Dies führt je nachdem, ob als Element zur Übernahme des Antriebsmoments (vom Antreiber ) der Planetenträger und als Abtriebselement (zur Nabenhülse) der Zahnkranz eingesetzt werden oder ob Planetenträger und Zahnkranz die jeweils umgekehrte Funktion wahrnehmen, dazu, dass die auf die Sonnenräder ausgeübte Kraft einmal in die eine und einmal in die andere Drehrichtung der Sonnenräder wirkt (vgl. S. 2 Z. 13 ff.). Patentanspruch 1 des Klagepatents B vermeidet diese Konsequenz durch das Vorsehen eines zweiten Planetengetriebes mit einem (zweiten) Planetenträger (5a) und einem (zweiten) Zahnkranz (16). Da nunmehr diese selektiv als Element zur Übernahme des Antriebsmoments vom Antreiber benutzt werden können (vgl. S. 4 Z. 9-11; Unteranspruch 4), entfällt die Notwendigkeit , dem Zahnkranz (15) des ersten Planetengetriebes neben seiner Funktion als Abtriebselement auch noch die Funktion eines Antriebselements für das erste Planetengetriebe mit den oben beschriebenen nachteiligen Folgen zuweisen zu müssen. Beim erfindungsgemäßen Nabenaufbau reicht es demgemäß für die Übertragung des Antriebsmoments auf die Nabenhülse aus, die Drehbewegung der Sonnenräder (jeweils) in nur einer Drehrichtung zu unterbinden (vgl. S. 2 Z. 42-44; S. 3 Z. 3-5). Jedem der Sonnenräder braucht deshalb nur eine – in eine Drehrichtung wirkende – Sonnenradkupplung zugewiesen werden, die durch dieselbe Steuereinrichtung betätigbar ist (vgl. Merkmal 4 b; S. 2 Z. 45-47; S. 9 Z. 26-30).
Es bedarf der näheren Prüfung, ob und gegebenenfalls inwiefern es für
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das Erreichen dieser mit der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 verbundenen Vorteile und Wirkungen von Belang ist, ob Planetenträger und Zahnkranz des ersten Planetengetriebes das Antriebsmoment unmittelbar oder nur mittelbar – etwa über ein weiteres Planetengetriebe gewandelt – zur Nabenhülse ableiten. Gegebenenfalls bedarf es ferner der näheren Erörterung, ob und inwiefern es dem Eintritt dieser Wirkungen und Vorteile entgegensteht, wenn der Antrieb nicht ausschließlich, sondern nur zu einem Anteil vom ersten Planetengetriebe abgeleitet wird. Denn letzteres bedeutet nicht zwangsläufig, dass für die Übertragung des Antriebsmoments eine Unterbrechung der Drehbewegung der Sonnenräder in beide Drehrichtungen möglich sein muss.
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Entgegen der Ansicht der Revisionsbeklagten folgt auch nicht daraus, dass Patentanspruch 1 lediglich im Hinblick auf den Planetenträger und den Zahnkranz des ersten Planetenträgers eine Ableitung des Antriebs für die Nabenhülse voraussetzt, ohne weiteres im Umkehrschluss, dass eine parallele Ableitung des Antriebs über das zweite oder die nach der Beschreibung (S. 9 Z. 24-26) möglichen weiteren Planetengetriebe ausgeschlossen sein soll. Dem könnte schon entgegenstehen, dass Patentanspruch 1 für das zweite Planetengetriebe wie für das erste nur ganz allgemein voraussetzt, dass es "im Kraftfluss" zwischen Antreiber und Nabenhülse angeordnet ist (Merkmal 2 a), was auch eine parallele Antriebsableitung einschließen würde. Im Übrigen bietet die Patentbeschreibung keinen ersichtlichen Anhalt für die Annahme, dass Parallelableitungen grundsätzlich Aufbau- und Betätigungsnachteile mit sich bringen, denen mit der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre begegnet werden soll. Insbesondere ist bislang nichts dafür erkennbar, dass aus der Sicht des von dem Klagepatent angesprochenen Fachmanns etwas anderes aus der Kritik des Klagepatents (S. 2 Z. 32-34) an dem Betätigungsaufwand und dem Abmessungsumfang einer aus mehreren Getrieben gemäß Klagepatent A ge- bildeten Nabe und den damit zusammenhängenden objektiven technischen Gegebenheiten folgen könnte.
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c) KlagepatentC
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Für die Verwirklichung der in Patentanspruch 1 des Klagepatents C unter Schutz gestellten technischen Lehre genügt ein Planetengetriebe (4). Ihm ist die Funktion zugewiesen, den Antrieb vom Antreiber (2) aufzunehmen (Merkmal
2) und mittels des Getriebemechanismus (zur Nabenhülse) zu übersetzen (Merkmal 2 e). Der Planetenträger wirkt dabei als Antriebsteil (Merkmal 2 e). Der Abtrieb des vom Planetengetriebe aufgenommenen und übersetzten Antriebsmoments erfolgt über die in den Merkmalen 5 und 6 genannten Abtriebskupplungen. Diese ermöglichen aufgrund ihrer unterschiedlichen Anordnung – einmal zwischen Nabenhülse und Planetenträger und einmal zwischen Nabenhülse und Zahnkranz – unterschiedliche Abtriebswege, nämlich entsprechend ihrer Anordnung einmal über den Planetenträger und einmal über den Zahnkranz. In der Patentbeschreibung (S. 2 Z. 48-51) werden die beiden Abtriebskupplungen deshalb auch als Abtriebswahlkupplung bezeichnet.
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Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob es erforderlich ist, die Abtriebskupplungen unmittelbar vor der Nabenhülse und unmittelbar hinter dem Planetenträger bzw. dem Zahnkranz anzuordnen, um die Wahl zwischen den beiden unterschiedlichen Abtriebswegen zu ermöglichen. Sollte dies nicht der Fall sein, muss die Zwischenschaltung weiterer Bauteile in den Kraftfluss zwischen Nabenhülse und Planetenträger oder Zahnkranz auch sonst der Erzielung der erfindungsgemäßen Wirkungen und Vorteile nicht zwangsläufig entgegenstehen. Das gilt sowohl, soweit die Patentschrift herausstellt, die erfindungsgemäßen Kupplungen wirkten nur in eine Richtung und erforderten keine Ansteuerung von außen (vgl. S. 2 Z. 51-54), als auch, soweit es dem Klagepa- tent darum geht, eine Vereinfachung des Nabenaufbaus dadurch zu erreichen, dass die Drehbewegung der Sonnenräder nur noch in einer Richtung relativ zur Welle unterbunden können werden muss (vgl. S. 2 Z. 41-46). Dass daneben eine Vereinfachung des Nabenaufbaus auch durch die beim erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiel verwirklichte Anordnung der Abtriebskupplungen unmittelbar zwischen Nabenhülse einerseits und Planetenträger und Zahnkranz andererseits erreicht werden soll, lässt sich dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 und der zu seiner Auslegung heranzuziehenden Patentbeschreibung hingegen nicht erkennbar entnehmen.
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Dies könnte dagegen sprechen, aus der in den Merkmalen 5 a und 6 a gelehrten Anordnung der Abtriebskupplungen herzuleiten, diese dürften im Verhältnis zur Nabenhülse nur parallel wie beim Ausführungsbeispiel und nicht auch hintereinander geschaltet sein. Denn auch bei einer Hintereinanderschaltung über ein gemeinsames Bauteil können die Abtriebskupplungen – wenn auch nicht unmittelbar – zwischen Nabenhülse einerseits und Planetenträger und Zahnkranz andererseits angeordnet sein und damit eine Wahl des Abtriebswegs über den Planetenträger oder den Zahnkranz ermöglichen. Da Patentanspruch 1 keine Vorgaben zu den Schaltungsverhältnissen der ersten und zweiten Abtriebskupplung macht, muss es aus dem Anspruch auch nicht herausführen , dass im Kraftfluss hintereinander angeordnete Abtriebskupplungen bei der Kraftübertragung nicht stets alternativ, sondern auch kumulativ geschaltet werden. Ob sich, wie die Revisionsbeklagten meinen, aus dem in der Patentbeschreibung (vgl. S. 2 Z. 9-11, Z. 48-51) verwendeten Begriff der Abtriebswahlkupplung etwas anderes ableiten lässt, erscheint zweifelhaft. Denn auch ihm sind keine einschränkenden Vorgaben dafür zu entnehmen, mit welchen konkreten Schaltungsverhältnissen die aus erster und zweiter Abtriebskupplung gebildete Funktionseinheit "Abtriebswahlkupplung" die Wahl des Abtriebswegs zu erreichen hat.
Demgemäß wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob die in
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den Merkmalen 5 a und 6 a gelehrte Anordnung der Abtriebskupplungen nicht auch dann verwirklicht wird, wenn die Kupplungen (16, 14) nicht parallel, sondern hintereinander angeordnet sind und im Kraftfluss nicht stets alternativ, sondern gleichzeitig – mit stetem Eingriff der Kupplung (14) – geschaltet werden.
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Ebenso wird das Berufungsgericht die vom ihm in Bezug genommene Annahme des Sachverständigen kritisch zu prüfen haben, bei der Kupplung (16) der angegriffenen Ausführungsform handle es sich um keine Abtriebskupplung , da die von ihr auf den zweiten Planetenträger (22) übertragene Leistung mit der (letztlich) auf die Nabenhülse übertragenen Leistung nicht identisch, sondern größer sei. Die in dem Begriff Abtriebskupplung zum Ausdruck kommende Funktion der Kupplung bezieht sich auf den Abtrieb des vom (ersten) Planetengetriebe aufgenommenen und übersetzten Antriebsmoments. Der in Merkmal 5 a gelehrten räumlich-körperlichen Anordnung der ersten Kupplung zwischen dem (ersten) Planetenträger und der Nabenhülse kommt damit – jedenfalls primär – der Sinngehalt zu, einen Abtriebsweg zwischen beiden Elementen zu eröffnen. Dass mit der gelehrten Anordnung darüber hinaus auch sichergestellt werden soll, dass die vom (ersten) Planetenträger übernommene Leistung auf diesem Weg nicht – z.B. durch ein zwischengeschaltetes Getriebe – weiter gewandelt wird und mit der an die Nabenhülse abgegebenen Leistung identisch ist, ist gegenwärtig nicht zu erkennen. Gegen ein solches Verständnis könnte vielmehr sprechen, dass die Patentbeschreibung (S. 8 Z. 35-41) Anzahl und Aufbau verwendbarer Planetengetriebe grundsätzlich in das Belieben des Fachmanns stellt, soweit dadurch die Erzielung der erfindungsgemäßen Wirkungen wie die Übertragung des Antriebsmoments in eine Richtung mit Hilfe von nur in eine Richtung wirkenden Sonnenradkupplungen nicht in Frage gestellt wird. Ist das gewährleistet, muss auch die Zwischenschaltung eines Pla- netengetriebes in den Kraftfluss zwischen Abtriebskupplung und Nabenhülse nicht ausgeschlossen sein.
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Schließlich wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob es gegen die Verwirklichung des Merkmals 5 a spricht, wenn bei der angegriffenen Nabe nur ein Teil des Antriebs für die Nabenhülse über das erste Planetengetriebe und dessen Kupplung (16) läuft. Die Kupplung verliert hierdurch weder ihre Abtriebsfunktion für das (erste) Planetengetriebe, noch ändert sich etwas daran, dass sie im Sinne des Merkmals 5 a zwischen (erstem) Planetenträger und Nabenhülse angeordnet ist und dadurch ein Abtriebsweg zwischen beiden Teilen eröffnet wird. Ebenso wie beim Klagepatent B erscheint erörterungsbedürftig , ob eine parallele Ableitung des Antriebs für die Nabenhülse vermieden werden soll und den Merkmalen 5 und 6 der Sinngehalt beizumessen ist, mit den Abtriebskupplungen die alleinigen Mittel zu bezeichnen, über die der Antrieb auf die Nabenhülse abzuleiten ist.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 09.07.2003 - 21 O 9433/99 -
OLG München, Entscheidung vom 29.09.2005 - 6 U 4244/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 275/02 Verkündet am:
23. Oktober 2007
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 1. Oktober 2002 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 16. Juni 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldung 15 78 77/92 vom 17. Juni 1992 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 575 163 (Streitpatents ). Es betrifft eine Zündkerze. Das Streitpatent umfasst zehn Ansprüche. Die Patentansprüche 1, 4, 5, 6 und 10 haben in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut: "1. A spark plug (100) comprising a ground electrode (1) and a centre electrode (4) having a front end (4A) with a firing tip (6) welded thereto, the firing tip forming a spark gap with said ground electrode (1), characterised by an annular, laser weld extending around the circumference of the external interface between said front end (4A) and said firing tip (6), and into said centre electrode at said external interface.
4. A spark plug according to any one of the preceding claims, wherein said front end (4A) is constricted as compared with the rest of said centre electrode (4).
5. A spark plug according to claim 4, where D is a diameter of said firing tip (6), T is a thickness of said firing tip (6), L is a length of said front end (4A) of said centre electrode (4), A is a depth of penetration of said weld (7), R is a radius of said firing tip (6), and B is a width of said weld (7) measured at an outer surface of both said front end (4A) and said firing tip (6), and wherein a dimensional relationship between D, T, L, A, R and B is as follows: 0,5 mm ≤ D ≤ 1,5 mm, 0,3 mm ≤ T ≤ 0,6 mm, 0,2 mm ≤ L ≤ 0,5 mm, R/3 ≤ A < R, 0,3 mm ≤ B ≤ 0,8 mm.
6. A spark plug according to any one of the preceding claims, wherein the weld comprises a plurality of overlapping neighbouring spot shots (71) whereby the weld extends around the full said circumference.
10. A method of manufacture of a spark plug with a ground electrode (1) and a center electrode (4) having a front end (4A) with a firing tip (6) attached thereto and forming a spark gap with said ground electrode (1), wherein said method includes the step of laser welding said firing tip (6) to said front end (4A) and is characterised by carrying out the welding by applying a laser beam around the circumference of the external interface between said front end (4A) and said firing tip (6) such that weld extends partially into said centre electrode (4) at said external interface to form an annular weld."
2
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 und 3 sowie 7 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin hat die Nichtigerklärung des Patents im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 4, 6, 7, 9 und 10 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begehrt und zur Begründung geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu hat sie sich auf die japanische Offenlegungsschrift (sho) 57-151 183 (Anl. KW 3), die britische Patentschrift 976 798 (Anl. KW 4), den Beitrag "Gegenwärtiger Stand des YAGLaserschweißens" in der japanischen Zeitschrift "Welding Technique" von August 1982, S. 21 bis 27 und 94 (Anl. KW 5), die japanische Auslegeschrift (sho) 59-47 436 (Anl. KW 6), die US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) und die japanische Offenlegungsschrift (hei) 1-289 084 (Anl. KW 8) berufen.
4
Die Beklagte hat das Streitpatent im Wesentlichen dadurch eingeschränkt verteidigt, dass sie aus dem erteilten Patentanspruch 5 die geometrische Beziehung R > A ≥ R/3 sowie die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 6 in die Patentansprüche 1 und 10 aufgenommen hat und diese Ansprüche folgende Fassung erhalten sollten (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv): "1. Zündkerze (100) umfassend eine Masseelektrode (1) und eine Mittelelektrode (4) mit einem vorderen Ende (4A), an dessen Stirnfläche (43) eine Zündspitze (6) angeschweißt ist, wobei die Zündspitze mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke bildet, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass sich eine ringförmige Laserschweißnaht um den Umfang der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) und der Zündspitze (6) und in die Mittelelektrode an der äußeren Grenzfläche erstreckt , wobei die Schweißnaht eine Vielzahl von einander überlappenden, benachbarten Schweißpunkten (71) derart umfasst, dass sie sich über den gesamten Umfang erstreckt und dass A die Eindringtiefe der Schweißnaht (7) sowie R der Radius der Zündspitze (6) ist, wobei folgender Zusammenhang für A und R gilt: R > A ≥ R/3.
10. Verfahren zur Herstellung einer Zündkerze mit einer Masseelektrode (1) und einer Mittelelektrode (4), die ein vorderes
Ende (4A) besitzt, an dessen Stirnfläche (43) eine Zündspitze (6) angeschweißt ist, und die mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke bildet, wobei das Verfahren den Schritt des Laserschweißens der Zündspitze (6) an das vordere Ende (4A) umfasst und d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ist, dass das Schweißen dadurch erfolgt, dass ein Laserstrahl in- termittierend auf den Umfang der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) und der Zündspitze (6) gerichtet wird, um eine Vielzahl von einander überlappenden, benachbarten Schweißpunkten (71) derart zu bilden, dass sich die Schweißnaht um den gesamten Umfang erstreckt und dass sich die Schweißnaht teilweise in die Mittelelektrode (4) an der äußeren Grenzfläche erstreckt, so dass eine ringförmige Schweißnaht entsteht, wobei A die Eindringtiefe der Schweißnaht (7) sowie R der Radius der Zündspitze (6) ist und wobei folgender Zusammenhang für A und R besteht: R > A ≥ R/3."
5
Im Übrigen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt.
6
Die Klägerin hat die Änderung für unzulässig erachtet, weil aus den funktional zusammenwirkenden Bemessungsregeln des (nicht angegriffenen) Unteranspruchs 5 lediglich eine herausgegriffen worden sei und im Übrigen auch die neuen Ansprüche 1 und 10 nicht für patentfähig angesehen.
7
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die verteidigte Fassung hinausgeht, und die weitergehende Nichtig- keitsklage abgewiesen. Mit der Berufung, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.
8
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr.-Ing. L. B. eingeholt und die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 11. April 2006 zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat die 3. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts dieses Urteil aufgehoben. In der erneuten mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Sachverständige sein Gutachten erläutert und ergänzt. Die Klägerin hat ein von ihr im parallelen Nichtigkeitsverfahren gegen den britischen Teil des Streitpatents eingeholtes Gutachten des Dr. P. T. zu den Akten gereicht.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
10
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Zündkerze für einen Verbrennungsmotor , bei der eine Zündspitze am vorderen Ende einer Mittelelektrode befestigt ist, und ein Verfahren für die Anbringung dieser Zündspitze durch Laserschweißen.
11
Die Streitpatentschrift geht eingangs auf verschiedene Methoden und Verfahren zur Anbringung der Zündspitze an der Mittelelektrode von Zündkerzen für Verbrennungsmotoren ein. Mit der in der japanischen Patentveröffentlichung 59-2152 beschriebenen Methode der Befestigung der Zündspitze am vorderen Ende des Mantelmetalls der Mittelelektrode der Zündkerze durch elektrisches Widerstandsschweißen werde die Verbesserung ihres Widerstands gegen Funkenerosion erstrebt. Bei diesem Schweißvorgang würden die scharfen Kanten der Zündspitze jedoch abgerundet, was unerwünscht sei, weil die Zündkerze dann für die Entladung zwischen den Elektroden eine höhere Spannung benötige. Um die für eine einwandfreie Entladung erforderlichen scharfen Kanten wiederherzustellen, müsse die Zündspitze gefräst werden, wodurch wertvolles Edelmetall verloren gehe.
12
Die japanische Patentveröffentlichung 63-57 919 sehe eine Bohrung an der vorderen Stirnfläche des Mantelmetalls vor, in welcher die Zündspitze angeordnet sei, um eine Laserstrahlschweißung vom vorderen Ende des Mantelmetalls zu der Zündspitze anzuwenden. Da die Zündspitze hierbei tief genug in der Bohrung angeordnet werden müsse, um gegen Ablösung gesichert zu sein, werde wiederum eine erhöhte Menge des teuren Edelmetalls verbraucht.
13
Die Streitpatentschrift schildert sodann die von der US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) vorgeschlagene Lösung für die Befestigung der Zündspitze. Dabei wird ein Laserstrahl auf die Stirnfläche der an dem vorderen Ende der Mittelelektrode positionierten Zündspitze gerichtet und die dabei erzeugte Schweißnaht erstreckt sich über die gesamte Grenzfläche zwischen der Spitze und der Elektrode.
14
Auf diese US-Patentschrift stützt sich das Streitpatent für den Oberbegriff von Patentanspruch 1 (vgl. Sp. 1 Abs. 6) und auf dieser Grundlage schlägt es, ohne ausdrücklich eine Aufgabe zu formulieren, ein Verfahren für das Anschweißen der Zündspitze durch Laserstrahl an das vordere Ende der Mittelelektrode sowie eine Zündkerze mit einer im Einzelnen beschriebenen ringförmigen Laserschweißnaht vor.

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2. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents in der von der Beklagten verteidigten Fassung vor (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv): 1. Zündkerze (100) mit einer Masseelektrode (1) und einer Mittelelektrode

(4).


2. Eine Zündspitze (6) 2.1 ist am vorderen Ende (4A) der Mittelelektrode (4) angeschweißt und 2.2 bildet mit der Masseelektrode (1) eine Funkenstrecke.
3. Eine ringförmige Laserschweißnaht 3.1 erstreckt sich 3.1.1 rings des Umfangs der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (4A) der Mittelelektrode (4) und der Zündspitze (6) und 3.1.2 an der äußeren Grenzfläche in die Mittelelektrode, 3.2 umfasst eine Vielzahl benachbarter Schweißpunkte (71), 3.2.1 die einander überlappen und 3.2.2 sich über den gesamten Umfang erstrecken und 3.3 hat eine Eindringtiefe A, für deren Beziehung zum Radius R der Zündspitze (6) R > A ≥ R/3 gilt.
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3. Streitig und auslegungsbedürftig ist allein die Merkmalsgruppe 3.2.
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Unter Heranziehung der Figur 3 des Streitpatents (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ) ergibt die Auslegung, dass die Merkmalsgruppe 3.2 das Ergebnis eines Arbeitsablaufs festlegt, bei dem das Werkzeug nach Setzen eines Schweißpunktes um einen definierten Weg bewegt und der inzwischen erstarrte Schweißpunkt zum Teil, überlappend, mit der nächsten Punktschweißung wieder aufgeschmolzen wird.
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a) Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage (st. Rspr., vgl. BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild mwN; 160, 204, 212 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung mwN; zum Ganzen auch Melullis, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 503 ff.). Sofern Fragen der objektiven technischen Gegebenheiten, des Vorverständnisses der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Sachkundigen oder die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen sowie die methodische Herangehensweise dieser Fachleute das Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder jedenfalls beeinflussen können , sind ggfs. Sachverständige heranzuziehen. Denn der Patentauslegung zugrunde zu legen ist, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt (BGHZ 164, 261, 268 - Seitenspiegel; Sen.Urt. v. 31.5.2007 - X ZR 172/04, WRP 2007, 1231 Tz 38 - Zerfallzeitmessgerät, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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b) Der maßgebliche Fachmann, ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Elektrotechnik, der sich über die für die Herstellung von Zündkerzen relevante Laserschweißtechnik durch Rückfragen bei entsprechenden Fachleuten informiert, wird bestrebt sein, dem Patent einen sinnvollen Gehalt zu entnehmen. Er wird die Merkmalsgruppe 3.2 schon deshalb nicht als Be- schreibung einer gewöhnlichen Schweißnaht auffassen, weil ihm die Patentbeschreibung anhand eines Ausführungsbeispiels anschaulich schildert (Sp. 4 Z. 31-47 mit Fig. 3), wie die patentgemäße Schweißnaht erzeugt wird. Danach wird die Berührungsfläche zwischen der Unterseite der Zündspitze und der Oberseite der Mittelelektrode genügend oft Laserstrahlen mit einer Schussenergie von 2 J ausgesetzt, um die Schweißnaht zu erzeugen. Die Laserstrahlen werden in einzelnen Schüssen abgefeuert, während die zu bearbeitende Zündkerze axial gedreht wird (Bezugszeichen X in Fig. 3 des Streitpatents). Die aufeinander folgende Abgabe einzelner Laserschüsse führt dazu, dass die Legierungszone des vorhergehenden Schusses bereits erkaltet, wenn der nächste Schuss auftrifft. Daraus ergibt sich, dass die Schüsse mit einer Frequenz abgefeuert werden müssen, die diesen Erfolg, d.h. voneinander abgrenzbare Schweißpunkte infolge zwischenzeitlichen zumindest teilweisen Erkaltens des letzten Schweißpunktes vor Erzeugung des nächsten, zulassen. Im Zusammenhang mit der Erläuterung der auch in Anspruch 5 enthaltenen Parameter spricht die Streitpatentschrift außerdem von einem bevorzugt intermittierenden Laserschweißen (Sp. 2 Z. 42 f.). Dabei entsteht die patentgemäße Schweißnaht , bei der einzeln erzeugte Schweißpunkte einander überlappen. Damit entspricht die der Patentbeschreibung für das Ausführungsbeispiel zu entnehmende Schweißtechnik der vom gerichtlichen Sachverständigen als unkonventionell bezeichneten Schweißmethode, bei der in der Beschreibung erläuterten Herstellungsart allerdings mit dem Unterschied, dass nicht das Werkzeug, sondern die Zündkerze als Werkstück zwischen dem Setzen der Schweißpunkte um einen definierten Weg bewegt wird und wobei die Relation R > A ≥ R/3 eingehalten wird, um die erforderliche Festigkeit zuverlässig zu erreichen, ohne dass es zu einer vollflächigen, unnötigen Energieeinsatz erfordernden Verschweißung kommen muss (Merkmal 3.3).
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c) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann diese Auslegung - etwa aus Gründen der Kostenintensität - gar nicht in Erwägung ziehen würde. Der Sachverständige hat auf Befragen angegeben, dass der Schweißvorgang , wenn die einzelnen Punkte so gesetzt werden, dass der jeweils vorangegangene erkalten kann, vermutlich etwa doppelt so lang dauert, wie bei einer herkömmlichen Technik, dass dabei aber etwas Energie gespart werde. Er hat auch darauf hingewiesen, dass bei der herkömmlichen Verschweißung die Gefahr besteht, dass sich das Zündplättchen verzieht. Dementsprechend wird der Fachmann im Streitpatent den Vorschlag eines Schweißverfahrens erkennen, das von den ihm bekannten anderen Verfahren abweicht und das er entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von vornherein verwirft, sondern für das er sich nach Abwägung seiner Vorzüge und Nachteile unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten entscheiden kann.
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II. 1. Die Verteidigung von Patentanspruch 1 des Streitpatents durch die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 6 des erteilten Patents sowie der Bemessungsregel R > A ≥ R/3 aus Anspruch 5 ist zulässig. Soweit es die aus Anspruch 6 übernommene Merkmalsgruppe 3.2 betrifft, erhebt die Berufung auch keine Bedenken. Sie meint jedoch, die isolierte Aufnahme nur einer von insgesamt fünf zusammenhängend beanspruchten Bemessungsangaben aus dem erteilten Anspruch 5 erweitere den Gegenstand des erteilten Patents in unzulässiger Weise gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Patentanmeldung (Art. 123 Abs. 2, 138 Abs. 1 EPÜ). Das trifft nicht zu.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung hat es der Patentinhaber in der Hand, sein Patent durch Aufnahme einzelner oder sämtlicher Merkmale eines Ausführungsbeispiels zu beschränken, wenn diese Merkmale in der ursprünglichen Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen wa- ren (vgl. Sen.Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 50 f. - Drehmomentübertragungseinrichtung ). Die Klägerin hat mit der Bemessungsregel R > A ≥ R/3 ein einzelnes Merkmal eines Ausführungsbeispiels (Anspruch 5) in den Hauptanspruch aufgenommen. Da Anspruch 1 in der erteilten Fassung keine Bemessungsregel für die Eindringtiefe enthält, wird er durch Hinzufügung einer solchen Bemessungsregel beschränkt. Eine Erweiterung liegt auch nicht darin, dass die Bemessungsregel ursprünglich, durch den Rückbezug von Anspruch 5 auf Anspruch 4 für Zündkerzen galt, die - abweichend von Anspruch 1 - die von Anspruch 4 vorgegebene Ausformung der Mittelelektrode aufwiesen. Unerheblich ist des Weiteren, dass die übrigen Bemessungsregeln des Anspruchs 5 nicht mit übernommen wurden. Dies ändert nichts daran, dass Patentanspruch 1 durch Hinzufügung der einen Bemessungsregel beschränkt wurde. Eine zulässige Beschränkung erfordert nicht die Übernahme sämtlicher Bemessungsregeln aus Anspruch 5.
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b) Die Bemessungsregel R > A ≥ R/3 ist bereits in Anspruch 5 in der Fassung der ursprünglichen Anmeldung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend offenbart. Ohne Bedeutung ist, dass der Rückbezug von Anspruch 5 auf alle vorhergehenden Ansprüche im Erteilungsverfahren durch einen ausschließlichen Rückbezug auf Anspruch 4 ersetzt wurde. Das konnte weder den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung einschränken noch die fragliche Bemessungsregel, die weiter in Anspruch 5 enthalten war, aus dem Gegenstand der Erfindung herausführen.
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c) Die aus Anspruch 5 in die Ansprüche 1 und 10 aufgenommene Bemessungsregel setzt die Eindringtiefe A der Schweißerstarrungslegierung, die beim Legen der ringförmigen Schweißnaht entsteht, in Beziehung zum Radius R der Zündspitze. Dabei erhöht die Beachtung der Regel A ≥ R/3 die Festig- keit der Verbindung zwischen der Zündspitze und der Mittelelektrode und damit die Lebensdauer der Zündkerze. Die Obergrenze A < R dient dazu, Gaseinschlüsse zu vermeiden, welche die Qualität der Schweißnaht beeinträchtigen würden (Streitpatentschrift Sp. 6 Z. 19-48). Da die Bemessungsregel somit in ihrer Bedeutung für die in Anspruch genommene Erfindung zu erkennen gewesen ist, führt ihre Aufnahme in den Hauptanspruch zu keinem wesensverschiedenen Aliud, mit dem der Kreis zulässiger Beschränkungen verlassen würde (vgl. BGHZ 110, 123, 125 ff. - Spleißkammer). Entgegen der Auffassung der Berufung ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der mit der Erfindung angestrebte Erfolg, insbesondere die erhöhte Lebensdauer der Zündkerze, maßgeblich auch von den anderen, nicht in Patentanspruch 1 übernommenen Bemessungsregeln des Anspruchs 5 abhängt. Denn die Regel zur Eindringtiefe ist bereits in der ursprünglichen Anmeldung als zur Erfindung gehörendes Merkmal erkennbar gewesen, das die Festigkeit der Verbindung zwischen Mittelelektrode und Zündspitze erhöht, ohne zugleich das Risiko von Gaseinschlüssen zu vergrößern.
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d) Mit der Aufnahme einer Bemessungsregel aus Anspruch 5 in Anspruch 1 wurde der Schutzbereich des Streitpatents, wie oben dargelegt, nicht erweitert, sondern beschränkt, so dass entgegen der Auffassung der Berufung auch kein Verstoß gegen Art. 123 Abs. 3 EPÜ vorliegt.
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2. Das Bundespatentgericht hat die Neuheit der Zündkerze nach dem verteidigten Patentanspruch 1 bejaht. Dem tritt der Senat bei. Keine der Entgegenhaltungen offenbart die Bemessung der Eindringtiefe A der Schweißnaht nach der Regel R > A ≥ R/3 (Merkmal 3.3). Ebenso wenig gehört zum Stand der Technik im Prioritätszeitpunkt die Befestigung der Zündspitze einer Zündkerze mittels einer Vielzahl einander überlappender, benachbarter Schweißpunkte, die sich über den gesamten Umfang erstrecken (Merkmalsgruppe 3.2, vgl. oben I.3.). Die vom Streitpatent vorgeschlagene Schweißmethode entspricht, worauf zurückzukommen sein wird (unten II.3.d) insbesondere nicht dem in Foto 2 des Beitrags "Welding Technique" Bd. 30, August 1982, S. 21-27 und 94 dokumentierten Ergebnis einer Impulsschweißung.
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Bei keiner anderen der in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen wird die Zündspitze mittels einer patentgemäßen Laserschweißnaht aus einer Vielzahl sich überlappender, benachbarter Schweißpunkte auf der Mittelelektrode befestigt. In der japanischen Offenlegungsschrift 1-289 084 (Anl. KW 8) wird das Laserschweißen der Naht zwar durch aufeinander folgendes Verschieben der Bestrahlungsposition durchgeführt (deutsche Übers. S. 3, Z. 12, 13). Dieser Schrift ist jedoch nichts über eine Laserbestrahlung mittels einzelner Schüsse oder eine Schweißnaht zu entnehmen, die aus einer Vielzahl überlappender, benachbarter Schweißpunkte besteht. Ebenso wenig ist ein solches Verfahren oder eine solche Oberflächenstruktur der Schweißnaht für die in den Fig. 2, 4 und 6 wiedergegebenen Ausführungsformen der japanischen Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) mit ringförmiger Naht ersichtlich. Die US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7) erwähnt ebenfalls ein Ausführungsbeispiel , bei dem die Mittelelektrode während des Aufschweißens der Zündspitze axial gedreht wird (Sp. 4 Z. 16-24 m. Fig. 2). Auch dies geschieht jedoch während einer kontinuierlichen Laserbestrahlung durch einen Impulslaser, bei der keine einzelnen Schweißpunkte erzeugt werden.
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3. Der Senat vermag nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen einschließlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht anzunehmen, dass der Gegenstand des Streitpatents einem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist.
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a) Dem maßgeblichen Fachmann war im Prioritätszeitpunkt zwar bereits seit langem bekannt, dass die Betriebseigenschaften einer Zündkerze vorteilhaft beeinflusst werden, wenn die Mittelelektrode mit einer Zündspitze aus Edelmetall versehen wird, aber auch, dass die dafür erforderliche Verschweißung unterschiedlicher Metalle zu Problemen führte. Es gehört zum allgemeinen Fachwissen, dass eine Schweißnaht brüchig werden kann, wenn an ihr Metalle unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten zusammentreffen und sie, wie im Verbrennungsraum eines Motors, sehr unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt wird. In der Folge kann dies dazu führen, dass die Zündspitze abfällt, was die Lebensdauer der Zündkerze beschränkt und wodurch das Innere des Motorraums beschädigt werden kann. Um dem zu begegnen, waren im Stand der Technik Lösungen bekannt, die durch Schaffung einer Legierungszone einen kontinuierlichen Übergang der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten zwischen Mittelelektrode und Zündspitze ermöglichten. In dieser Legierungszone nimmt die Konzentration des Edelmetalls von dem äußeren Ende der Zündspitze zur Mittelelektrode hin kontinuierlich ab und umgekehrt die Konzentration des Mantelmaterials, in der Regel eine auf Nickel basierenden Legierung, kontinuierlich zu (vgl. etwa Beschr. der japanischen Auslegeschrift 59-47 436 (Anl. KW 6), deutsche Übers. S. 2 und 3).
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Durch die japanische Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) war eine Zündkerze bekannt, die gemäß der deutschen Übersetzung (Anl. KW 3') eine Masseelektrode (S. 5 Z. 36) sowie eine Mittelelektrode (S. 5 Z. 37) mit einem vorderen Ende (S. 5 Z. 13, Bezugszeichen 21 a, 31 a der Zeichnungen 4 und 5), einer daran angeschweißten Zündspitze (Edelmetallplättchenelektrode, z.B. S. 4 Z. 14-15, Bezugszeichen 22, 32) und mit einer ringförmigen Laserschweißnaht (S. 5 Z. 8) aufweist, die sich rings des Umfangs der äußeren Grenzfläche zwischen dem vorderen Ende (21 a, 31 a) und der Zündspitze (22, 32) in die Mittelelektrode erstreckt (Anl. KW 3, Ansprüche 1 bis 3 i.V.m. den Ausführungen zu den Fig. 2, 4 und 6). Als selbstverständlich wird vom Fachmann bei dieser Zündkerze mitgelesen, dass die Zündspitze mit der Masseelektrode eine Funkenstrecke bildet, da sie anderenfalls nicht funktionsfähig wäre. Damit erfüllt die Anl. KW 3, wie auch das Bundespatentgericht festgestellt hat, die Merkmalsgruppen 1., 2. und 3.1 des verteidigten Patentanspruchs 1.
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b) Ohne dies ausdrücklich zu erwähnen, mag die japanische Offenlegungsschrift 57-151 183 (Anl. KW 3) darüber hinaus auch, entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts, die Verwendung eines Impulslasers für die Herstellung der von ihr vorgeschlagenen Zündkerze zumindest nahelegen. Denn die Zweckmäßigkeit der Verwendung eines Impulslasers für die Befestigung der Zündspitze war dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt aus dem japanischen Fachaufsatz (Anl. KW 5, vgl. dazu insbesondere deutsche Übers., S. 2 Z. 6-10, 24-35, S. 6 Z. 2-4, 15 ff. u. 25-30) und der US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7, Sp. 4 Z. 24) bekannt. Der Einsatz eines Impulslasers führt jedoch nicht automatisch zur Erfüllung der Merkmalsgruppe 3.2 des Streitpatents. Denn eine mit einem Impulslaser hergestellte, umlaufende ringförmige Naht ergibt nicht eine Vielzahl einander überlappender, benachbarter Schweißpunkte , sondern eine der Fahrspur eines Raupenfahrzeugs ähnelnde Oberflächenstruktur , wie aus Foto 2 auf S. 24 des japanischen Fachaufsatzes (Anl. KW 5) ersichtlich. Hinweise zur Erzeugung von Schweißpunkten mit den speziellen Eigenschaften der Schweißpunkte nach dem Streitpatent, insbesondere der dabei einzuhaltenden Frequenz der Impulse oder der speziellen Struktur der Schweißpunkte, enthält dieser Aufsatz nicht.
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c) Es kann nicht angenommen werden, dass es für den Fachmann, dem es um die Verlängerung der Lebensdauer von Zündkerzen bei geringstmögli- chem Einsatz von Edelmetall für die Zündspitze ging, nahelag, die Zündspitze an der Mittelelektrode mit einander überlappenden Laserschweißpunkten zu befestigen. Eine Anregung, die Zündspitze einer Zündkerze mit einer aus einzelnen Laserschüssen erzeugten Mehrzahl von Schweißpunkten zu befestigen, war dem Stand der Technik nicht zu entnehmen. Dieser blieb in den Lösungsalternativen der vollflächigen Verschweißung (z.B. japanische Auslegeschrift 59-47 436 (Anl. KW 6) u. US-Patentschrift 4 963 112 (Anl. KW 7)) oder einer durch kontinuierliche Laserbestrahlung bei Drehung des Werkstücks erzeugten, ringförmigen Schweißnaht (z.B. japanische Offenlegungsschriften 57-151 183 (Anl. KW 3), Ausführungsbeispiele 2, 4 und 6 sowie 1-289 084 (Anl. KW 8)) verhaftet. Auch der Beitrag in "Welding Technique" von August 1982 S. 21 ff. gab dem Fachmann keine Anregung für die patentgemäße Schweißanweisung. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten erläutert, der Beitrag sei ihm seit 1985, durch seine Tätigkeit in der Abteilung für Entwicklungsplanung für Zündkerzen und Zündsysteme eines Automobilzulieferers bekannt. Die dort vorgestellte Schweißtechnik werde aber anhand von Anwendungen in der Elektronikindustrie beschrieben. Da die thermischen und mechanischen Belastungen von Bauteilen in der Elektronik nicht mit den Bedingungen im Motorraum vergleichbar seien, sei man in seinem Team damals zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Serieneinsatz dieser Technik erst in einigen Jahren erfolgen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige diese Ausführungen dahin ergänzt, die Nutzbarmachung der Laserschweißtechnik einschließlich eines eventuellen Verfahrens mit auseinandergezogenen Schweißpunkten hätte die Durchführung aufwendiger Versuchsreihen vorausgesetzt, ohne die nichts Substanzielles zur Vorteilhaftigkeit des Laserschweißens in der Zündkerzenherstellung gesagt werden konnte. Unternehmensintern habe aber keine Bereitschaft bestanden, die dafür erforderlichen Mittel zu bewilligen.
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Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beitrag aus "Welding Technique" zu der patentgemäßen, durch einzelne Laserschüsse erzeugten und aus einander überlappenden Schweißpunkten bestehenden Schweißnaht angeregt hätte, bei deren Herstellung zugleich die für die Lebensdauer der Zündkerze und die Wirtschaftlichkeit ihrer Produktion vorteilhafte Bemessungsregel gemäß Merkmal 3.3 eingehalten wird. Alle technischen, in der Entwicklungsabteilung besagten Zuliefererunternehmens angestellten Überlegungen standen unter dem Vorbehalt der versuchsweisen Erprobung. Hinzu kommt ohnehin, dass die in dem Zeitschriftenbeitrag in Foto 2 als Ergebnis von Impulsschweißen gezeigte Oberflächenstruktur einer Schweißnaht keine überlappenden Schweißpunkte erkennen lässt, sondern dass die Naht, wie schon ausgeführt, der Fahrspur eines Raupenketten-Fahrzeugs auf erdiger Unterlage ähnelt. Dieses Ergebnis hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf Befragen bestätigt. Er hat angegeben, das Foto zeige eine normale Schweißraupe. Die Schweißpunkte lägen aufgrund hoher Impulsfolge sehr nahe beieinander; eine patentgemäß hergestellte Spur sähe anders aus, als die aus Foto 2 des Beitrags ersichtliche. Auch insoweit geht von dem Beitrag keine Anregung für das patentgemäße Schweißverfahren aus.
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d) Der Klägerin kann auch nicht in ihrer Auffassung beigetreten werden, die Besonderheit der Anordnung der Schweißpunkte könne bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden, weil sich das Patent dazu ausschweige, wie die Schweißpunkte gesetzt werden sollen; dies könnte auch so geschehen, wie in Foto 2 des japanischen Zeitschriftenbeitrags. Dem Fachmann, der sich mit der Lehre des Streitpatents befasst, ist die beim herkömmlichen , in dem japanischen Beitrag beschriebenen Schweißverfahren mit hoher Impulsfolge entstehende Gestalt der Schweißnaht geläufig. Er entnimmt der Figur 3 in Verbindung mit der Beschreibung, dass das Streitpatent die Schweißpunkte prinzipiell anders, auseinandergezogen, gesetzt wissen will. Der zweckmäßige Abstand wird, wie dem Fachmann ebenfalls geläufig ist, dadurch nach oben begrenzt, dass bei allzu großen Abständen Lunkereinschlüsse zu befürchten sind, und ggfs. durch Versuche ermittelt. Zur Konkretisierung bedurfte es keiner weiteren Parameter in der Patentschrift mehr, insbesondere mussten keine Abstände für das Setzen der Schweißpunkte vorgegeben werden.
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4. Mit dem Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung haben auch die unmittelbar und mittelbar auf ihn rückbezogenen, angegriffenen Unteransprüche 2 bis 4, 7 und 9 Bestand. Für die Patentfähigkeit des Anspruchs 10 gelten die Ausführungen zu Patentanspruch 1 sinngemäß.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 ZPO; für die kostenrechtliche Behandlung nach Zurückverweisung des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht gilt § 37 GKG.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.10.2002 - 2 Ni 25/01 (EU) -

(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen.

(2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.