vorgehend
Landgericht Konstanz, 8 O 13/12, 04.01.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 4 U 31/13, 02.08.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 266/13 Verkündet am:
14. Mai 2014
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
CISG Art. 1, Art. 4; Rom I-VO Art. 4, Art. 17, Art. 19; Brüssel I-VO Art. 6; BGB § 387, § 390;
EGBGB Art. 3; ZPO § 293, § 322; Codice civile Art. 1242, Art. 1243

a) Bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates unterliegt
die Aufrechnung gemäß Art. 17 Abs. 1 Rom I-VO der für die Hauptforderung berufenen
Rechtsordnung mit der Folge, dass das Vertragsstatut der Hauptforderung auch über
die Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung entscheidet.
Das ist bei einer Aufrechnung gegen eine Forderung aus einem Kaufvertrag, der
dem einheitlichen UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) unterfällt, das unvereinheitlichte
Recht des Staates, nach dessen Recht der Kaufvertrag ohne Eingreifen des Übereinkommens
zu beurteilen wäre (Bestätigung des Senatsurteils vom 23. Juni 2010 - VIII ZR
135/08, WM 2010, 1712 Rn. 24, insoweit in BGHZ 186, 81 nicht abgedruckt).

b) Über eine nach dem anwendbaren ausländischen Recht als prozessrechtlich zu qualifizierende
Aufrechnungsvoraussetzung ist ungeachtet der Frage, ob das deutsche Prozessrecht
zu deren Feststellung eine damit übereinstimmende prozessuale Norm bereithält, in
einem vor deutschen Gerichten geführten Prozess nach deutschem Recht unter Anwendung
des nach den Regeln des Internationalen Privatrechts für das streitige Rechtsverhältnis
maßgeblichen ausländischen Rechts zu entscheiden. Danach kann eine prozessuale
Aufrechnungsvoraussetzung des ausländischen Rechts wie eine materiellrechtliche
Vorschrift angewendet werden, wenn sie in ihrem sachlich-rechtlichen Gehalt
den in §§ 387 ff. BGB als Teil des materiellen Rechts geregelten deutschen Aufrechnungsvoraussetzungen
gleichkommt (Fortführung des Senatsurteils vom 9. Juni 1960
- VIII ZR 109/59, NJW 1960, 1720 unter II 1).
BGH, Urteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Konstanz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2014 durch den Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die
Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. August 2013 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in Italien ansässige Klägerin und die in Deutschland ansässige Beklagte gehören einer auf unterschiedliche Staaten verteilten Gruppe von sechs Unternehmen an, die unter dem gemeinsamen Firmenkern und der Marke "M. " weltweit Kaffeeprodukte vertreiben und auf Gesellschafter- wie auf Geschäftsführerebene miteinander verbunden sind. Eines dieser Unternehmen ist die in Dubai ansässige M. General Trading LLC (im Folgenden: M. LLC), zu deren Gesellschaftern und Geschäftsführern unter anderem der Geschäftsführer der Klägerin und der in Dubai ansässige Geschäftsführer der Beklagten Ma. B. gehören; die Rolle der M. LLC bei der Abwicklung der Geschäftsbeziehungen der Unternehmensgruppe ist streitig.
2
Aus den in diesem Rahmen zwischen den Parteien bestehenden Lieferbeziehungen macht die Klägerin für im Jahre 2011 erfolgte Lieferungen von Kaffeeprodukten mit ihrer Klage einen unstreitigen Kaufpreisanspruch von 19.005,60 € nebst Zinsengegen die Beklagte geltend. Die Beklagte rechnet hiergegen in nachstehender Reihenfolge unter anderem mit folgenden von ihr behaupteten Gegenansprüchen auf:
3
a) Aus abgetretenem Recht eines von ihrem Geschäftsführer seinerzeit in der Schweiz betriebenen Einzelunternehmens Ma. B. Consulting beansprucht die Beklagte die Zahlung rückständiger Zinsen für den Zeitraum vom 30. September 2009 bis 20. Januar 2011 in Höhe von 2.750,14 € aus einem der Klägerin gewährten und im Übrigen bereits zurückgezahlten Darlehen über 70.000 €. Die Klägerin bestreitet die Darlehensgewährung und macht geltend, dass es sich - wie auch in dem darüber aufgesetzten "Shareholder Loan Contract" zum Ausdruck komme - in Wirklichkeit um eine auf Gesellschafterebene der M. LLC beschlossene Liquiditätshilfe gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin gehandelt habe, die vereinbarungsgemäß über die M. LLC abgewickelt und von dieser auch zurückgeführt worden sei. Im Zusammenhang mit dieser Rückführung sei zudem vereinbart worden, dass keine weiteren Ansprüche aus dem Darlehen mehr bestünden.
4
b) Aus abgetretenem Recht der in der Schweiz ansässigen Ma. B. Consulting AG, die im Frühjahr 2011 Verbindlichkeiten der Klägerin aus Warenlieferungen gegenüber einer in Italien ansässigen C. S.r.l. in Höhe von 28.809,20 € getilgt haben will, beansprucht die Beklagte von der Klägerin den Ersatz dieser Aufwendungen, die sie mit einem erstrangigen Teilbetrag in Höhe der Klageforderung zur Aufrechnung stellt. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass die Ma. B. Consulting AG in diesem Zusammenhang nicht nur ihre Verbindlichkeiten, sondern auch Verbindlichkeiten der M. LLC getilgt und dabei mit der M. LLC überein gekommen sei, dass Ansprüche auf Ersatz dieser Aufwendungen von Letzterer insgesamt getragen werden sollten; dieser Aufwendungsersatzanspruch sei jedoch nicht sofort fällig gestellt, sondern entsprechend einem Gesellschafterbeschluss in ein der M. LLC gewährtes Darlehen umgewandelt worden. Die Klägerin ihrerseits habe die getätigten Aufwendungen gegenüber der M. LLC begleichen sollen, was Ende 2011 im Rahmen einer Abtretung von Forderungen der Klägerin aus Lieferungen gegen Dritte an die M. LLC geschehen sei.
5
c) Aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers Ma. B. beansprucht die Beklagte die Rückzahlung eines der Klägerin von diesem Ende 2010 gewährten Darlehens über 30.000 €;insoweit rechnet sie in Höhe eines der Klageforderung entsprechenden erstrangigen Teilbetrages auf. Die Klägerin bestreitet eine Darlehensgewährung an sie und behauptet, es habe sich dabei um ein der M. LLC gegebenes Darlehen gehandelt, von dem ein Teilbetrag in Höhe von 30.000 € in Absprache mit der M. LLC direkt an die Klägerin überwiesen worden sei, um darüber Kaufpreisforderungen der Klägerin gegenüber der M. LLC aus der Lieferung von Kaffeeprodukten zu begleichen.
6
Die Klage hat in den Vorinstanzen, die sich auf Rüge der Klägerin mit den vorbezeichneten Gegenforderungen wegen insoweit fehlender internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte sachlich nicht befasst haben, Erfolg gehabt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht auf die Nichtbefassung mit den genannten Gegenforderungen beschränkt zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die unstreitige Klageforderung sei durch die erklärte Aufrechnung mit den geltend gemachten Gegenforderungen nicht erloschen. Über die Aufrechnung mit den vorbezeichneten drei Gegenforderungen sei schon deshalb nicht zu entscheiden gewesen, weil es dafür an der mit Blick auf die Rechtskraftwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO erforderlichen internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte gefehlt habe. Fehle es an dieser Zuständigkeit, stehe einer Aufrechnung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12. Mai 1993 - VIII ZR 110/92; offen gelassen im Urteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00) ein zwingendes prozessuales Hindernis jedenfalls dann entgegen , wenn es - wie hier - um bestrittene und inkonnexe Gegenforderungen gehe, für deren selbstständige Geltendmachung die Gerichte im Heimatstaat der Klägerin international zuständig seien und auf deren Berücksichtigung die Klägerin sich nicht rügelos eingelassen habe. Das Erfordernis der internationalen Zuständigkeit hinsichtlich dieser zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sei auch nicht durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juli 1995 (C-341/93) überholt, da sich hiernach die Voraussetzungen, unter denen eine Prozessaufrechnung zuzulassen sei, nach nationalem Recht - vorliegend dem deutschen Prozessrecht - richteten.
10
Die danach erforderliche internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Entscheidung über die Gegenforderungen sei hier bis auf eine Aus- nahme nicht gegeben. Für den Anspruch auf Zahlung der Darlehenszinsen bestehe gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs.1 EuGVVO lediglich eine aus dem Sitz der Klägerin abgeleitete Entscheidungszuständigkeit italienischer Gerichte beziehungsweise bei Anknüpfung an den Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVVO allenfalls noch eine Zuständigkeit schweizerischer Gerichte. Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte dagegen lasse sich noch nicht einmal aus einer analogen Anwendung des § 33 ZPO herleiten, da es zwischen den mit der Klage geltend gemachten Kaufpreisansprüchen und dem aus abgetretenem Recht zur Aufrechnung gestellten Darlehensanspruch an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen den einander gegenüberstehenden Ansprüchen fehle. Das gelte genauso für die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche auf Aufwendungs- ersatz und auf Rückzahlung des angeblichen Darlehens über 30.000 €. Allein der Umstand, dass bei Letzterem die Überweisung des Betrages über ein deutsches Konto des Geschäftsführers der Beklagten ausgeführt worden sei, sei nicht geeignet, eine Zuständigkeit deutscher Gerichte unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVVO zu begründen, zumal auch zu den näheren Umständen der Darlehensgewährung und den dazu getroffenen Vereinbarungen nichts Näheres vorgetragen sei.
11
Lediglich für eine weiter zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung der Beklagten aus den Lieferbeziehungen der Parteien sei eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben. Diese Forderung sei aber in der Sache nicht begründet.

II.

12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
13
Der nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) zu beurteilende Kaufpreisanspruch der Klägerin (Art. 3 Nr. 2 EGBGB, Art. 1 Abs. 1 Buchst. a, Art. 53 CISG) steht zwischen den Parteien außer Streit. Mit ihrem hiergegen auf die drei vorgenannten Gegenforderungen gestützten Aufrechnungseinwand dringt die Beklagte nicht durch. Denn ungeachtet der Frage, ob es zur Beachtlichkeit dieses Einwandes der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über die Gegenforderungen bedarf, scheitert die Aufrechnung schon daran , dass dafür die nach dem unvereinheitlichten italienischen Recht zu beurteilenden Aufrechnungsvoraussetzungen nicht gegeben sind.
14
1. Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 12. Mai 1993 (VIII ZR 110/92, WM 1993, 1755 unter B III 2) davon aus, dass die Entscheidung über im Wege der Prozessaufrechnung geltend gemachte Gegenforderungen voraussetze, dass das Prozessgericht auch insoweit international zuständig sei, dass es angesichts der von der Klägerin erhobenen Zuständigkeitsrüge daran aber bei den hier streitigen und inkonnexen Gegenforderungen fehle und dass es die Aufrechnung deshalb in diesem Verfahren nicht zu beachten brauche.
15
a) Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen streitig und inkonnex sind, also mit der Klageforderung nicht in einer erforderlichen rechtlichen Verbindung stehen, und dass für diese Gegenforderungen, würden sie im Wege der (Wider-)Klage geltend gemacht, ein Gerichtsstand in Deutschland nicht gegeben wäre. Sie meint aber, dass es hierauf vor dem Hintergrund des zum sachlich unverändert gebliebenen Art. 6 Nr. 3 EuGVÜ ergangenen Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Juli 1995 (C-341/93, WM 1995, 2161 Tz. 13 - Danværn v. Otterbeck) nicht ankommen könne. Denn diese Entscheidung sei mit einer im Schrifttum verbreitet vertretenen Auffassung so zu verstehen, dass in Fällen, in denen der Rechtsstreit - wie hier - dem Anwendungsbereich der EuGVVO unterfalle , die Frage der internationalen Entscheidungszuständigkeit abschließend in der Verordnung geregelt sei und dass es deshalb für die Entscheidung über eine im Prozess zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung allein auf die Voraussetzungen des dafür berufenen nationalen materiellen Rechts ankomme (zum Meinungsstand Senatsurteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, BGHZ 149, 120, 126 f.; ferner etwa Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 868a ff.; Staudinger/Hausmann, BGB, Neubearb. 2011, IntVertrVerfR Rn. 213 ff.; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 6 Brüssel I-VO Rn. 30 ff.; jeweils mwN).
16
b) Der Senat hat in seinem Urteil vom 7. November 2001 (VIII ZR 263/00, aaO) offen gelassen, ob angesichts der genannten Entscheidung des Gerichtshofs an der bisherigen Senatsrechtsprechung festgehalten werden kann, wonach im Geltungsbereich der EuGVÜ zu einer Entscheidung über die Aufrechnung mit bestrittenen, inkonnexen Gegenforderungen auch hinsichtlich der Gegenforderungen eine aus dem deutschen internationalen Prozessrecht abgeleitete internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben sein muss. Einer Entscheidung zu dieser Frage bedarf es auch vorliegend nicht. Denn ungeachtet einer etwaigen Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte über den Forderungsbestand lässt bereits das als Aufrechnungsstatut berufene materielle italienische Recht eine Aufrechnung mit den von der Beklagten angesetzten Gegenforderungen nicht zu.
17
2. Art. 17 Abs. 1 Rom I-VO regelt, dass in Fällen, in denen - wie hier - das Recht zur Aufrechnung nicht vertraglich vereinbart ist, für die Aufrechnung das Recht gilt, dem die Forderung unterliegt, gegen die aufgerechnet wird. Die Aufrechnung unterliegt danach also der für die Hauptforderung maßgeblichen Rechtsordnung mit der Folge, dass das Vertragsstatut der Hauptforderung auch über die Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung entscheidet (Senatsurteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08, WM 2010, 1712 Rn. 24 mwN, insoweit in BGHZ 186, 81 nicht abgedruckt).
18
a) Auf die mit der Klage als Kaufpreisanspruch geltend gemachte Hauptforderung findet das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf Anwendung. Da dieses aber jedenfalls nicht die Aufrechenbarkeit solcher Ansprüche regelt, die sich - wie hier - nicht lediglich aus einem dem Übereinkommen unterliegenden Vertragsverhältnis ergeben (vgl. Art. 4 CISG), bestimmt sich das zur Beurteilung der Aufrechnung einschließlich seiner Voraussetzungen berufene Recht gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Rom I-VO nach dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hier also nach dem gemäß Art. 19 Abs. 1 Rom IVO für den Sitz der Hauptverwaltung der Klägerin maßgeblichen unvereinheitlichten italienischen Recht (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08, aaO; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 17 Rom I-VO Rn. 19; jeweils mwN).
19
b) Anders als das unvereinheitlichte deutsche Recht, das in §§ 387, 390 BGB als Aufrechnungsvoraussetzungen lediglich die Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Fälligkeit und Einredefreiheit der einander gegenüberstehenden Forderungen verlangt, stellt das unvereinheitlichte italienische Recht in rechtlich beachtlicher Weise weitere Anforderungen an die Liquidität der Gegenforderung (vgl. Staudinger/Magnus, aaO Rn. 32 mwN), die vorliegend nicht gegeben sind.
20
aa) Der italienische Codice civile (Cc) sieht abgesehen von der hier nicht einschlägigen einverständlichen Aufrechnung (Compensazione volontaria) gemäß Art. 1252 Cc eine gesetzliche und eine gerichtliche Aufrechnung vor, deren Voraussetzungen in Art. 1243 Cc geregelt sind. Die gesetzliche Aufrech- nung (Compensazione legale) findet gemäß Art. 1243 Abs. 1 Cc nur zwischen Schulden statt, die einen Geldbetrag oder eine Menge vertretbarer Sachen der gleichen Gattung zum Gegenstand haben und die gleichermaßen feststehen (che sono ugualmente liquidi) und fällig sind. Zur gerichtlichen Aufrechnung (Compensazione giudiziale) bestimmt Art. 1243 Abs. 2 Cc, dass in Fällen, in denen die zur Aufrechnung eingewendete Schuld zwar nicht feststeht (non è liquido), sie aber leicht und schnell festzustellen ist (ma è di facile e pronta liquidazione ), das Gericht die Aufrechnung hinsichtlich des von ihm als bestehend anerkannten Teils der Schuld erklären und auch die Verurteilung hinsichtlich der feststehenden Forderung bis zur Feststellung der zur Aufrechnung eingewendeten Forderung aussetzen kann. Weder die Voraussetzungen der gesetzlichen noch der gerichtlichen Aufrechnung sind vorliegend jedoch gegeben.
21
(1) Eine gemäß Art. 1242 Abs. 1 Cc ex tunc wirkende gesetzliche Aufrechnung scheitert bereits daran, dass die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen mangels der dazu erforderlichen Liquidität nicht feststehen. Denn hierzu darf nach der insoweit maßgeblichen und durch die Rechtsprechung der Corte di Cassazione geprägten italienischenRechtspraxis (vgl. dazu BGH, Urteile vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01, WM 2002, 1186 unter II 2 b; vom 24. März 1987 - VI ZR 112/86, NJW 1988, 648 unter II 3 a) die Gegenforderung nicht bestritten sein, es sei denn, ein Bestreiten ist offensichtlich unbegründet (prima facie pretestuosa ed infondata) und damit rechtsmissbräuchlich (Kannengießer, Die Aufrechnung im internationalen Privat- und Verfahrensrecht , 1998, S. 15; Kindler, IPRax 1996, 16, 20; Gebauer, Jahrbuch für Italienisches Recht 12 [1999], 31, 41; Stürner, RIW 2006, 338, 343; jeweils mwN). Die Gegenforderungen sind aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestritten. Dafür, dass dieses Bestreiten offensichtlich unbegründet wäre, besteht ebenfalls kein Anhalt.
22
(2) Auch eine gerichtliche Aufrechnung nach Art. 1243 Abs. 2 Cc, durch die bei fehlender Liquidität der Gegenforderung mit Wirkung ex nunc über Bestand und Höhe der Gegenforderung sowie die damit einhergehende Aufhebung der sich einander gegenüberstehenden Forderungen (vgl. Art. 1241 Cc) rechtsgestaltend entschieden werden kann (vgl. Kannengießer, aaO S. 43 f.; Gebauer, aaO; Kindler, aaO S. 21; Stürner, aaO), kommt nicht in Betracht, weil es dazu an der erforderlichen leichten und schnellen Feststellbarkeit der von der Beklagten erhobenen Gegenforderungen fehlt.
23
(a) Allerdings steht einer Anwendung des Art. 1243 Abs. 2 Cc durch deutsche Gerichte und damit einer Berücksichtigung dieser im Vergleich zur gesetzlichen Aufrechnung gelockerten Aufrechnungsvoraussetzungen nicht bereits entgegen, dass sie in eine prozessuale Norm des italienischen Rechts zur Regelung der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine rechtsgestaltende Ersetzung des an sich bestehenden Liquiditätserfordernisses eingebettet sind, die sich in dieser Form in der in Deutschland nach der lex fori-Regel maßgeblichen deutschen Zivilprozessordnung nicht findet (so aber etwa OLG Stuttgart , RIW 1995, 943, 944; ähnlich Busse, MDR 2001, 729, 734). Selbst wenn die in dieser Bestimmung genannten Aufrechnungsvoraussetzungen nach italienischem Recht dem Verfahrensrecht und nicht dem materiellen Recht zuzurechnen sein sollten, hindert das den deutschen Richter nicht, sie auf ihren materiellen Gehalt zu befragen und wie materiell-rechtliche Vorschriften anzuwenden. Denn ob die italienischen Aufrechnungsvoraussetzungen als materiellrechtlich oder prozessrechtlich zu qualifizieren sind, muss ungeachtet der Frage , ob das deutsche Prozessrecht zu deren Feststellung eine damit übereinstimmende prozessuale Norm bereithält, in einem vor deutschen Gerichten geführten Prozess nach deutschem Recht unter Anwendung des nach den Regeln des internationalen Privatrechts für das streitige Rechtsverhältnis maßgeblichen ausländischen Rechts entschieden werden. Dies richtet sich danach, ob die dort bestimmten Voraussetzungen für die Aufrechnung in ihrem sachlichrechtlichen Gehalt den in §§ 387 ff. BGB als Teil des materiellen Rechts geregelten deutschen Aufrechnungsvoraussetzungen gleichkommen (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 1960 - VIII ZR 109/59, NJW 1960, 1720 unter II 1 mwN; LG München I, RIW 1996, 688, 689; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht , 7. Aufl., § 6 Rn. 23; Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB, 3. Aufl., Art. 17 Rom I-VO Rn. 7). Das ist für das nach italienischem Recht bestehende Liquiditätserfordernis und seine prozessuale Ersatzform der leichten und schnellen Feststellbarkeit von Bestand und Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung zu bejahen (so etwa auch OLG Düsseldorf, IHR 2004, 203, 208; LG München I, aaO; Stürner, aaO; jeweils mwN; Kannengießer, aaO S. 13 f., 79 f.).
24
Danach ist auch Art. 1243 Abs. 2 Cc in dem Umfang anzuwenden, wie er eine Verrechnungswirkung zulässt (LG München I, aaO; Nagel/Gottwald, aaO; Kindler, aaO; Kronke, IPRax 1996, 139, 140; Stürner, aaO). Dass das deutsche Prozessrecht ein nach dieser Bestimmung zu erlassendes Gestaltungsurteil nicht kennt, ist unschädlich, weil - wie § 322 Abs. 2 ZPO zeigt - über den Bestand einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung auch im deutschen Recht mit einer vergleichbaren Gestaltungswirkung erkannt werden kann (vgl. Gebauer, aaO S. 56; Kindler, aaO; Busse, aaO). Allerdings kommt - anders als die Revision meint - der Erlass eines Vorbehaltsurteils gemäß § 302 ZPO nicht in Betracht, wenn es - wie nachstehend unter II 2 b (2) (b) ausgeführt - von vornherein an der von Art. 1243 Abs. 2 Cc geforderten Liquidität der Gegenforderungen und damit an einer als materiell-rechtlich zu qualifizierenden Aufrechnungsvoraussetzung fehlt (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1957 - VIII ZR 67/56, BGHZ 25, 360, 365 f.).
25
(b) Die gemäß Art. 1243 Abs. 2 Cc bestehenden Aufrechnungsvoraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Berufungsgericht hatdies zwar - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft. Es bedarf dazu jedoch keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen, weil der Senat diese anhand des unstreitigen Inhalts der Akten selbst treffen kann (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 1999 - IX ZR 129/99, WM 2000, 959 unter I 3; vom 18. Mai 2006 - I ZB 57/05, GRUR 2006, 702 Rn. 21; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 19).
26
Für die Frage, ob die Gegenforderung leicht und schnell festzustellen ist, kommt es nach der durch die Rechtsprechung der Corte di Cassazione geprägten italienischen Rechtspraxis darauf an, ob diese Feststellung rasch und ohne besondere Schwierigkeiten getroffen werden kann. Die dazu erforderlichen Ermittlungen in Bezug auf die Gegenforderung dürfen deshalb nicht aufwändig sein, und die Entscheidung über die Hauptforderung darf nicht erheblich verzögert werden (Kannengießer, aaO S. 42; Gebauer, aaO S. 43; Kindler, aaO; jeweils mwN). Das ist hier angesichts einer sowohl in rechtlicher wie auch tatsächlicher Hinsicht zu erwartenden Komplexität und Dauer der zur Feststellung der Gegenforderungen anzustellenden Ermittlungen zu verneinen.
27
(aa) Einer nach diesen Maßstäben leichten und schnellen Feststellung der Gegenforderungen steht bereits entgegen, dass, wie die Beklagte selbst erkannt hat, zu dieser Beurteilung zunächst einmal weitere rechtliche Ermittlungen anzustellen wären. Insoweit wäre selbständig an das für die Gegenforderungen nach dem internationalen Privatrecht jeweils maßgebliche eigene Statut anzuknüpfen (MünchKommBGB/Spellenberg, 5. Aufl., Art. 17 VO (EG) 593/2008 Rn. 20; Soergel/von Hoffmann, BGB, 12. Aufl., Art. 32 Rn. 51; jeweils mwN; Palandt/Thorn, BGB, 73. Aufl., Art. 17 Rom I-VO Rn. 2). Das wäre - worauf schon das Landgericht hingewiesen hat - in keinem der Fälle das deutsche Recht, sondern ein erst noch zu ermittelndes ausländisches Recht.
28
Hinsichtlich der geltend gemachten Darlehenszinsen bestimmt sich das Vertragsstatut am Maßstab des hierauf noch anwendbaren Art. 28 Abs. 1, 2, 5 EGBGB in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die Verordnung [EG] Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 [BGBl. I S. 1574]) entweder nach schweizerischem Recht oder - was angesichts der Fixierung des Darlehens in dem darüber in Dubai aufgesetzten "Shareholder Loan Contract" und seinem unübersehbaren Zusammenhang mit den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zur dort ansässigen M. LLC noch näher liegen könnte - nach dem Recht von Dubai. Der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch bestimmt sich nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 2 bis 4, Art. 11 Abs. 2 bis 4 Rom II-VO in gleicher Weise entweder nach schweizerischem oder nach italienischem Recht oder - was im Zusammenhang mit den die Aktivitäten der Parteien verknüpfenden gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zur M. LLC ebenfalls am nächsten liegt - nach dem Recht von Dubai. Letztgenanntes Recht ist - nicht zuletzt angesichts des unstreitigen Wohnsitzes von Ma. B. in Dubai - auch hinsichtlich der behaupteten Gewährung eines Darlehens über 30.000 € nach Art. 4 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO als das für den Darlehensanspruch nächstliegende Recht in Betracht zu ziehen.
29
Weder zu den Tatsachen, die eine solche Anknüpfung ermöglichen, noch zum Inhalt des danach anzuwendenden Rechts ist jedoch von der Beklagten vorgetragen worden. Ungeachtet dessen würde aber auch nach Klärung der Anknüpfungstatsachen eine dann gemäß § 293 ZPO aller Voraussicht nach unerlässliche inhaltliche Ermittlung des anzuwendenden ausländischen Rechts, das jedenfalls hinsichtlich des Rechts von Dubai nicht ohne Weiteres erschlossen werden kann, in allen Fällen die Einholung eines umfänglichen und zeitraubenden Rechtsgutachtens erfordern. Schon aus diesem Grunde ist deshalb auszuschließen, dass eine Feststellung der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen rasch und ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist.
30
(bb) Vor allem aber müsste nach inhaltlicher Klärung des anzuwendenden ausländischen Rechts und einer erst danach zu beurteilenden Erheblichkeit des Vorbringens der Beklagten noch eine durch umfängliche und zeitraubende Beweiserhebungen geprägte Klärung der tatsächlichen Grundlagen der erhobenen Gegenforderungen durchgeführt werden, die deren leichter und schneller Feststellbarkeit zusätzlich entgegenstünde. Hinsichtlich des dem Zinsanspruch zugrunde liegenden Darlehens ist bereits der darüber aufgesetzte "Shareholder Loan Contract" nicht derart eindeutig, dass sich der im Einzelnen näher ausgeführte Einwand der Klägerin, es habe sich nicht um ein ihr gewährtes Darlehen, sondern um eine auf Gesellschafterebene der M. LLC beschlossene Liquiditätshilfe gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin gehandelt, ohne Weiteres entkräften ließe. Zur Klärung dieser Frage müsste - soweit angetreten - deshalb im Wege ausländischer Rechtshilfe gegebenenfalls ebenso Beweis erhoben werden wie zu dem von der Klägerin unter Zeugenbeweis gestellten Verzicht der Beklagten auf weitere Zahlungen nach Rückführung des Darlehenskapitals. Entsprechendes würde für die näheren Umstände des von der Beklagten beanspruchten Aufwendungsersatzes sowie für die Abrede über die Gewährung des behaupteten Darlehens über 30.000 € gelten, sofern die Beklagte dafür am Maßstab des zu ermittelnden ausländischen Rechts überhaupt tauglichen Sachvortrag gehalten hätte und einen dann gegebenenfalls noch erforderlichen tauglichen Beweis antreten würde. Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 04.01.2013 - 8 O 13/12 KfH -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 02.08.2013 - 4 U 31/13 -

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IPR: Zur Aufrechnung nach internationalem Privatrecht

09.10.2014

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13 zitiert 9 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 302 Vorbehaltsurteil


(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen. (2) Enthält das Urteil

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 390 Keine Aufrechnung mit einredebehafteter Forderung


Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Apr. 2002 - XI ZR 136/01

bei uns veröffentlicht am 23.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 136/01 Verkündet am: 23. April 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2006 - I ZB 57/05

bei uns veröffentlicht am 18.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 57/05 vom 18. Mai 2006 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Erstattung von Patentanwaltskosten GeschmMG § 15 Abs. 5 i.d.F. v. 13.12.2001; GebrMG § 27 Abs. 5 i.d.F. v. 13

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05

bei uns veröffentlicht am 26.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 47/05 Verkündet am: 26. Juni 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 676 f; InsO §§ 9

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 135/08 Verkündet am: 23. Juni 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja (zu I, II) BG
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juli 2015 - III ZR 346/14

bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 346/14 Verkündet am: 23. Juli 2015 P e l l o w s k i Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2015 - VIII ZR 80/14

bei uns veröffentlicht am 15.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 80/14 Verkündet am: 15. April 2015 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2015 - VIII ZR 360/13

bei uns veröffentlicht am 25.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 360/13 Verkündet am: 25. März 2015 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2014 - VIII ZR 394/12

bei uns veröffentlicht am 24.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 394/12 Verkündet am: 24. September 2014 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

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Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 135/08 Verkündet am:
23. Juni 2010
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu I, II)
BGHR: ja
Rom I-VO Art. 1, Art. 3, Art. 5 Nr. 1, Art. 6, Art. 23, Art. 27, Art. 60; CISG Art. 4,
Art. 31, Art. 57; EGBGB Art. 28, Art. 32

a) Bei einem grenzüberschreitenden Versendungskauf ist für die Bestimmung des
Erfüllungsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO
an den Ort anzuknüpfen, an dem die mit dem Kaufvertrag erstrebte Übertragung
der Sachen vom Verkäufer an den Käufer durch deren Ankunft an ihrem endgültigen
Bestimmungsort vollständig abgeschlossen ist und der Käufer die tatsächliche
Verfügungsgewalt über die Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen (Anschluss
an EuGH, NJW 2010, 1059).

b) Ein nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO bestehender besonderer
Gerichtsstand des Erfüllungsortes erfasst sämtliche Klagen aus ein und
demselben Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen und nicht nur diejenige
aus der Lieferverpflichtung an sich. Das gilt ungeachtet der jeweils gewählten Klageart
oder Rechtsschutzform.
BGH, Urteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 135/08 - OLG München
LG München I
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Milger,
die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin Dr. Fetzer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der in Deutschland ansässige Kläger war für die in Italien ansässige Beklagte , die Holzwaren nach Deutschland importiert, in langjähriger Geschäftsbeziehung als Handelsvertreter tätig. Dieses Handelsvertreterverhältnis kündigte er aus Altersgründen zum 31. August 2006. Daneben bezog er auf eigene Rechnung von der Beklagten Holzwaren. Aus diesen Lieferungen sind noch zwei Kaufpreisforderungen in Höhe von unstreitig insgesamt 43.141,42 € für Waren offen, welche die Beklagte auf der Grundlage der dabei verwendeten Klausel "Resa: Franco Partenza" aus Italien an den Geschäftssitz des Klägers in Deutschland versandt hatte. Insoweit hat die Beklagte nach Rechtshängigkeit der vorliegenden Klage ihrerseits gegen den Kläger bei dem für ihren Sitz zuständigen italienischen Gericht Klage auf Zahlung erhoben.
2
Der Kläger hält die Kaufpreisforderungen aufgrund einer von ihm erklärten Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 49.007,11 € für erloschen. Diese Gegenforderungen leitet er aus offenen Handelsvertreterprovisionen , einem von ihm beanspruchten Handelsvertreterausgleich sowie einer von ihm ferner beanspruchten Vergütung für weitere in Deutschland erbrachte Dienstleistungen her. Der von ihm hierauf gestützten negativen Feststellungsklage , dass er der Beklagten aus den beiden Warenlieferungen nichts mehr schulde, ist die Beklagte in beiden Rechtszügen in erster Linie mit der Rüge der fehlenden örtlichen und internationalen Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen Landgerichts München I entgegengetreten; hilfsweise hat sie sich gegen den Bestand der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sowie die Zulässigkeit einer Aufrechnung gewandt.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage (als unzulässig) abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (OLG München, IPRax 2009, 69) hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
6
Zur Entscheidung über die erhobene Klage sei entgegen der Auffassung des Landgerichts eine internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts nicht gegeben. Eine vertragliche Regelung zum Erfüllungsort hätten die Parteien nicht getroffen. Die Klausel "Resa: Franco Partenza", was mit "Lieferung frei Absendung" zu übersetzen sei, betreffe nur die Frage der Frachtkosten , enthalte jedoch keine Regelung zum Erfüllungsort. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsrechtszug die Vereinbarung einer Bringschuld beziehungsweise die Bestellung auf der Grundlage einer Ankunftsklausel behauptet habe, sei dieser Vortrag wegen Verspätung nicht zu berücksichtigen und widerspreche im Übrigen auch den vorgelegten Transportdokumenten, welche die Vereinbarung eines Erfüllungsortes widerlegten. Keinen Einfluss auf den Erfüllungsort des den Gegenstand der Feststellungsklage bildenden Kaufpreisanspruchs habe weiter der Umstand, dass es dem Kläger im Ergebnis um eine Durchsetzung seiner zur Aufrechnung gestellten eigenen Gegenforderungen gehe. Ebenso wenig ergebe sich ein inländischer Erfüllungsort aus Art. 6 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12 S. 1 - EuGVVO), da diese Vorschrift keine Anwendung finde, wenn eine Forderung als bloßes Verteidigungsmittel in das Verfahren eingeführt werde.
7
Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht aus der Erfüllungsortzuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO. Im Sinne dieser Bestimmung sei als Ort, an dem nach dem Vertrag geliefert worden ist, der Ort der Übergabe an das (selbständige) Transportunternehmen und damit der Absendeort zu verstehen. Zwar ließen die Textfassungen einzelner Amtssprachen auch eine Auslegung zu, nach der eine Zuständigkeitsanknüpfung an den Ort der Ankunft der Ware bei dem Käufer möglich sei. Insgesamt spreche ein Fassungsvergleich aber deutlich für eine Anknüpfung an den Ort der Absendung. Dieses Auslegungsergebnis sei deshalb aus Gründen der Rechtsklarheit vorzugswürdig, zumal dem für eine Anknüpfung an den Ankunftsort angeführten Argument der Sach- und Beweisnähe längst nicht in allen Fällen eine hinreichende Bedeutung zukomme.

II.

8
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zulässigkeit der Klage nicht verneint werden.
9
1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einem Fehlen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen zu prüfen ist (BGHZ 153, 82, 84 ff.; Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 119/08, NZM 2010, 251, Tz. 8 m.w.N.), ausgegangen.
10
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte beurteilt sich, da die Parteien ihren Sitz jeweils im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben und die in Italien ansässige Beklagte abweichend von Art. 2 EuGVVO vor den Gerichten eines anderen Mitgliedsstaates, nämlich in Deutschland, verklagt wird, gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 EuGVVO nach Maßgabe der Art. 5 bis 24 EuGVVO. Die Beklagte hat das Fehlen einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte in beiden Rechtszügen von Anfang an gerügt und in zulässiger Weise lediglich vorsorglich für den Fall, dass das angerufene deutsche Gericht den Gerichtsstaat nach dem maßgeblichen Zuständigkeitsrecht für international zuständig halten sollte, auch Ausführungen zur Hauptsache gemacht, so dass es an einer zuständigkeitsbegründenden Einlassung auf das Verfahren im Sinne von Art. 23 EuGVVO fehlt (vgl. Gei- mer/Schütze/Geimer, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., A. 1 Art. 24 Rdnr. 46 m.w.N.). Jedoch ist eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Maßgabe von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und b EuGVVO gegeben, weil der Erfüllungsort für die den Streitgegenstand bildende Verpflichtung des Klägers zur Kaufpreiszahlung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts am Sitz des Klägers in Deutschland anzusiedeln ist.
11
a) Nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO kann eine Person, die ihren (Wohn-)Sitz (Art. 59 f. EuGVVO) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, vor dem Gericht desjenigen Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Für den Verkauf beweglicher Sachen wird diese Bestimmung in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO dahin ergänzt, dass im Sinne dieser Vorschrift und sofern nichts anderes vereinbart worden ist, der Erfüllungsort der Verpflichtung der Ort in einem Mitgliedsstaat ist, an dem die Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen.
12
aa) In der Rechtsprechung und im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ist für den Verkauf beweglicher Sachen umstritten, an welchen Ort bei Fehlen einer bestimmten Vereinbarung der Vertragsparteien im Falle einer Versendung der Sachen für die Zuständigkeitsbestimmung anzuknüpfen ist. Teilweise wird angenommen, dies bestimme sich nach dem zugrunde liegenden materiellen Recht, hier vorbehaltlich abweichender vertraglicher Regelungen nach Art. 31 Buchst. a des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 5. Juli 1989 (BGBl. II S. 588 - CISG), der gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. a CISG auf die Vertragsbeziehungen Anwendung findet und wonach die Lieferpflicht des Verkäufers darin besteht, die Ware dem ersten Beförderer zur Übermittlung an den Käufer zu übergeben. Nach anderer Auffassung hat die Bestimmung nach rein tatsächlichen Kriterien ohne Rückgriff auf die jeweils zur Anwendung kommenden materiell-rechtlichen Regelungen autonom zu erfolgen, hier nach dem Ort, an dem der Käufer die Ware als vertragsgemäße Lieferung tatsächlich abnimmt (zum Meinungsstand Senatsbeschluss vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 184/07, IHR 2008, 189, Tz. 18 ff.).
13
bb) Auf Vorlagebeschluss des Senats vom 9. Juli 2008 (aaO) hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 25. Februar 2010 (Rs. C-381/08, NJW 2010, 1059 - Car Trim GmbH / KeySafety Systems Srl) die Frage wie folgt beantwortet: "Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass bei Versendungskäufen der Ort, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrags zu bestimmen sind. Lässt sich der Lieferort auf dieser Grundlage ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bestimmen, ist dieser Ort derjenige der körperlichen Übergabe der Waren, durch die der Käufer am endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen."
14
Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausführt, dass sich bei einem Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen der in der Verordnung autonom definierte Lieferort der Waren in erster Linie nach dem Willen der Vertragsparteien bestimme, so dass zunächst zu prüfen sei, ob der Lieferort aus den Vertragsbestimmungen hervorgehe. Könne so der Lieferort ermittelt werden , ohne auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht Bezug zu nehmen, sei dieser Ort als der Ort anzusehen, an dem im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich EuGVVO geliefert worden sei oder hätte geliefert werden müssen (Rdnr. 55 f). Enthalte der Vertrag dagegen keine Bestimmungen , die den Willen der Parteien hinsichtlich des Lieferortes der Waren ohne Rückgriff auf das anwendbare materielle Recht erkennen ließen, sei nach Entstehungsgeschichte und Systematik der Verordnung der Lieferort nicht dort anzusiedeln, wo die Waren an den ersten Beförderer zur Übermittlung an den Käufer übergeben werden, sondern am endgültigen Bestimmungsort, an dem die Ware dem Käufer körperlich übergeben worden sei oder hätte übergeben werden müssen (Rdnr. 59 f.).
15
b) Hiernach hätte das Berufungsgericht eine internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts zur Entscheidung über die vom Kläger erhobene negative Feststellungsklage nicht verneinen dürfen.
16
aa) Allerdings hat das Berufungsgericht in der zwischen den Parteien verwendeten Lieferklausel "Resa: Franco Partenza" ohne Rechtsfehler keine Vereinbarung eines Erfüllungsortes, sondern nur eine Regelung zur Kostentragung gesehen. Diese Auslegung ist möglich (vgl. BGHZ 134, 201, 206 ff.). Sie wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Ebenso wenig beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht eine abweichende Liefervereinbarung insbesondere aufgrund der vorgelegten Transportdokumente für widerlegt erachtet hat.
17
bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner davon abgesehen, die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen aus dem Handelsvertreterverhältnis der Parteien unter Anwendung des Art. 6 Nr. 3 EuGVVO zur Bestimmung des Erfüllungsortes heranzuziehen. Denn Gegenstand des Rechtsstreits sind allein die Kaufpreisforderungen der Beklagten, deren Fortbestand der Kläger verneint (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1991 - VIII ZR 32/91, WM 1992, 627, unter II 2 a). Demgegenüber stellt die Aufrechnung mit den erhobenen Gegenforderungen lediglich ein Verteidigungsmittel dar, auf das Art. 6 Nr. 3 EuGVVO keine Anwendung findet (EuGH, Urteil vom 13. Juli 1995 - Rs. C-341/93, WM 1995, 2161, Rdnr. 12 ff. - Danværn Production A/S / Schuhfabriken Otterbeck GmbH & Co.) und das auch sonst nicht geeignet ist, eine Erfül- lungsortzuständigkeit für die den Streitgegenstand bildenden Kaufpreisforderungen zu begründen.
18
cc) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht dagegen, soweit es für eine Bestimmung des Erfüllungsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO auf den Absendeort als den Übergabeort an den Beförderer abgestellt hat.
19
(1) Allerdings hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass eine dem Erfüllungsort folgende Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO auch die Verpflichtung des Klägers zur Kaufpreiszahlung (Art. 53 CISG) selbst dann erfasst, wenn diese nach Art. 57 Abs. 1 Buchst. b CISG am Ort der italienischen Niederlassung der Beklagten zu leisten ist. Denn der nach dieser Vorschrift bestehende besondere Gerichtsstand erfasst sämtliche Klagen aus ein und demselben Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen und nicht nur diejenige aus der Lieferverpflichtung an sich (EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010, aaO, Rdnr. 50 m.w.N.). Das gilt ungeachtet der jeweils gewählten Klageart oder Rechtsschutzform, also nicht nur für Leistungsklagen, sondern auch für Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines durch den Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses im Ganzen oder einer bestimmten Vertragspflicht, hier eines Fortbestandes der Pflicht zur Kaufpreiszahlung (OLG München, RIW 1996, 1035; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVO Rdnr. 9; Dauses/Kreuzer/Wagner, Handbuch des EUWirtschaftsrechts (2010), Rdnr. Q 433; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. Anh. I Art. 5 EuGVVO Rdnr. 15; Geimer/Schütze/Geimer, aaO, A. 1 Art. 5 Rdnr. 55 ff. m.w.N.).
20
(2) Für die Bestimmung des Ortes in einem Mitgliedsstaat, an dem die verkauften beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, ist ohne Rückgriff auf das hier nach Art. 31 Buchst. b CISG zum italienischen Sitz der Beklagten weisende materielle Recht für den autonom zu bestimmenden Begriff des Lieferortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO nach der Entstehungsgeschichte, den Zielen und der Systematik der Verordnung aus Gründen seiner Vorhersehbarkeit und der räumlichen Sachnähe zu dem zur Entscheidung berufenen Gericht an den Ort anzuknüpfen, an dem die mit dem Kaufvertrag erstrebte Übertragung der Sachen vom Verkäufer an den Käufer durch deren Ankunft an ihrem endgültigen Bestimmungsort vollständig abgeschlossen ist und der Käufer die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen (EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010, aaO, Rdnr. 60 ff.). Das war nach den insoweit unter Bezugnahme auf die jeweiligen Transportdokumente getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Sitz des Klägers in Deutschland.
21
2. Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig dar. Zwar entfällt das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage im Regelfall, wenn eine auf die Durchsetzung desselben Anspruchs gerichtete Leistungsklage erhoben wird und diese einseitig - durch den Anspruchsteller - nicht mehr zurückgenommen werden kann (BGHZ 134, 201, 208 f.; 165, 301, 309; jeweils m.w.N.). Es kann dahin stehen, ob diese Voraussetzungen nach dem insoweit maßgeblichen italienischen Prozessrecht für die Zahlungsklage gegeben sind, welche die Beklagte wegen der im Streit stehenden Kaufpreisforderungen nach Rechtshängigkeit in dieser Sache ihrerseits vor dem für ihren Sitz zuständigen italienischen Gericht gegen den Kläger erhoben hat. Denn ein Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung besteht trotz dieser Zahlungsklage schon deshalb fort, weil er nicht davon aus- gehen kann, dass über das Bestehen der Kaufpreisansprüche der Beklagten im Rahmen des in Italien anhängigen Verfahrens entschieden wird.
22
Nach Art. 27 EuGVVO hat das später angerufene Gericht, vorliegend das Gericht in Italien, das bei ihm anhängige Verfahren von Amts wegen auszusetzen , bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen deutschen Gerichts feststeht, und sich für unzuständig zu erklären, sobald diese Zuständigkeit feststeht. Da der hier normierte Grundsatz der zeitlichen Priorität auch dann eingreift, wenn einerseits eine negative Feststellungsklage und andererseits eine Leistungsklage erhoben worden sind, würde das Rechtsschutzinteresse des Klägers für seine negative Feststellungsklage deshalb selbst dann nicht entfallen, wenn die Beklagte ihre Zahlungsklage nicht mehr einseitig zurücknehmen könnte. Denn das mit der Zahlungsklage befasste italienische Gericht ist bei der von ihm zu erwartenden Befolgung des Art. 27 EuGVVO nicht in der Lage, eine für einen Vorrang der Leistungsklage erforderliche Sachentscheidung zu treffen (so schon zum gleichlautenden Art. 21 EuGVÜ BGHZ 134, 201, 209 ff.; Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - VIII ZR 106/01, WM 2002, 1725, unter II 1; jeweils m.w.N.).

III.

23
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zum Bestand der vom Kläger zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sowie zu den Voraussetzungen einer Aufrechnung getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
24
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht , dessen internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sich vorliegend jedenfalls aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich EuGVVO ergeben dürfte (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 2010 - Rs. C-19/09, NJW 2010, 1189, Rdnr. 33 ff. - Wood Floor Solutions Andreas Domberger GmbH / Silva Trade SA; Geimer/Schütze/Geimer , aaO, A. 1 Art. 5 Rdnr. 90 m.w.N.), auch zu prüfen haben wird, ob die Voraussetzungen , das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung im Gegensatz zu der von ihm in der Berufungsverhandlung gebilligten Sichtweise des Landgerichts, das die Aufrechnung ersichtlich nach deutschem Recht als der lex fori beurteilt hatte, nicht stattdessen nach unvereinheitlichtem italienischem Recht zu beurteilen sein werden. Denn die Aufrechnung unterliegt nach dem hier noch anwendbaren Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB (vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die Verordnung [EG] Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 [BGBl. I S. 1574]) der für die Hauptforderung maßgeblichen Rechtsordnung; das Vertragsstatut der Hauptforderung entscheidet deshalb auch über die Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung (BGHZ 38, 254, 256; BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, WM 1994, 394 unter B V 2, insoweit in BGHZ 124, 237 nicht abgedruckt; MünchKommBGB/Spellenberg, 4. Aufl., Art. 32 EGBGB Rdnr. 65; Erman/Hohloch, BGB, 12. Aufl., Art. 32 EGBGB Rdnr. 13; jeweils m.w.N.). Da jedoch das auf die Hauptforderungen anwendbare Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf jedenfalls nicht die Aufrechenbarkeit solcher Ansprüche regelt, die sich - wie hier - nicht lediglich aus einem dem Übereinkommen unterliegenden Vertragsverhältnis ergeben, bestimmt sich das zur Beurteilung der Aufrechnung berufene Recht vorliegend gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 4, Art. 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EGBGB nach dem gemäß Art. 4 Satz 1 CISG sonst zur Anwendung kommenden unvereinheitlichten italienischen Recht (vgl.
Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl., Art. 4 Rdnr. 39; Staudinger/Magnus, BGB (2005), Art. 4 CISG Rdnr. 46; jeweils m.w.N.). Ball Dr. Milger Dr. Achilles
Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 16.08.2007 - 5 HKO 18480/06 -
OLG München, Entscheidung vom 17.04.2008 - 23 U 4589/07 -

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 136/01 Verkündet am:
23. April 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Tatrichter hat das für seine Entscheidung maßgebliche ausländische
Recht von Amts wegen zu ermitteln. Diese Ermittlungspflicht umfaßt auch die
ausländische Rechtspraxis, wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des
betreffenden Landes zum Ausdruck kommt.
Bei Rechtsgeschäften, die in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen
werden, gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw.
Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln des § 138 Abs. 1 BGB vor. Etwas
anderes gilt nur dann, wenn das Rechtsgeschäft besondere, über die
Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände aufweist.
BGH, Urteil vom 23. April 2002 - XI ZR 136/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses B. (nachfolgend: B.-Bank) und das des Komplementärs M. H.. Er
nimmt die Beklagte, die Ehefrau des inzwischen verstorbenen M. H., als Gesellschafterin einer US-amerikanischen Personengesellschaft auf Rückzahlung eines dieser Gesellschaft gewährten Darlehens nebst Zinsen sowie auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eheleute H. gründeten gemeinsam mit ihren vier Söhnen am 1. Januar 1979 eine General Partnership unter dem Namen "H.-Farms" (nachfolgend: HFGP) für den Betrieb von zwei im US-amerikanischen Bundesstaat New York gelegenen Farmen. Zum 1. Januar 1980 wurde die HFGP umgewandelt in eine bis zum 31. Dezember 1989 befristete Limited Partnership (nachfolgend: HFLP) mit der Beklagten und ihrem Ehemann als Limited-Partner und den teilweise noch minderjährigen Söhnen als General-Partner.
Die HFGP und HFLP nahmen bei der B.-Bank Kredit auf, der zum Zeitpunkt der Umwandlung 831.196,41 DM betrug, letztmals bis Mai 1985 verlängert wurde und sich bis zum 31. Juli 1985 auf 2.169.649,77 DM erhöhte. Zur Sicherheit bestellte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Ehemann insbesondere zwei Grundschulden (Mortgages) am Farmgrundstück in New York. Das Einverständnis mit den verschiedenen Kreditvereinbarungen unterzeichnete für die HFLP jeweils die Beklagte.
Der Kläger verlangt als Konkursverwalter der B.-Bank von der Beklagten Darlehensrückzahlung in Höhe von 2.169.649,77 DM nebst 5% Zinsen seit dem 1. August 1985 sowie als Konkursverwalter des M. H.
20.000 DM Schadensersatz wegen der unterbliebenen Rückübertragung eines Anteils an den H.-Farms.
Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Rückzahlungsanspruch im wesentlichen auf den gesetzlichen Ausschluû ihrer persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der HFLP sowie auf eine Haftungsfreistellungserklärung , die M. H. am 28. November 1979 für die B.-Bank abgegeben haben soll, und macht die Einrede der Verjährung geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Der erkennende Senat hat die auf Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gerichtete Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als die Beklagte zur Darlehensrückzahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung , im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte hafte trotz ihrer formalen Stellung als Limited-Partner für die Verbindlichkeiten der HFLP persönlich und unbeschränkt nach § 96 des Partnership Law (P.L.) von New York, da sie nach auûen an der Geschäftsführung maûgeblich beteiligt gewesen sei (Control over management ), sowie "als in Deutschland handelnde Kreditnehmerin". Auch nach der Auflösung (Dissolution) der HFLP durch Ablauf der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Zeit habe die Haftung der Beklagten fortbestanden , weil der Betrieb der H.-Farms unter Mitwirkung der Beklagten fortgesetzt worden und das Unternehmen nunmehr wieder als General Partnership anzusehen gewesen sei. Die Verpflichtung der Beklagten sei durch ihr Handeln begründet und könne nicht mit dem Hinweis auf die Grundsätze des Vertrauen begründenden Rechtsscheins verneint werden. Daû der damalige Alleininhaber der B.-Bank, der Ehemann der Beklagten , die rechtlichen Verhältnisse gekannt habe, sei nicht von Bedeutung.
Die Haftungsfreistellungserklärung vom 28. November 1979 sei dahin auszulegen, daû davon nur Haftungsrisiken in direktem Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten erfaût werden sollten, nicht jedoch Verbindlichkeiten aus der Darlehensaufnahme oder deren Verlängerungen. Wenn die Erklärung dagegen als Freistellung für die Familienmitglieder auch als Darlehensnehmer zu verstehen sein sollte, sei sie nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Eine Verjährung sei weder nach dem Recht des Staates New York noch nach deutschem Recht eingetreten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
1. Für eine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten als Darlehensnehmerin fehlt jeder Anhaltspunkt. Insbesondere werden in den Darlehensverträgen die "H. Farms" ausdrücklich als Vertragspartner genannt.
2. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht bejahten persönlichen Haftung der Beklagten nach dem Gesellschaftsrecht des Bundesstaates New York beanstandet die Revision mit Recht die unzureichende Ermittlung des ausländischen Rechts.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der HFGP und HFLP sich nach dem Recht des Bundesstaates New York beurteilt.
Das internationale Gesellschaftsrecht ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen entscheidet das Personalstatut einer Gesellschaft über die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (BGHZ 78, 318, 334; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1953 - IV ZR 114/53, LM § 105 HGB Nr. 7). Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika be-
urteilt sich das Personalstatut nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des DeutschAmerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II 487, 500). Maûgeblich ist danach das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde (OLG Celle WM 1992, 1703, 1706; OLG Düsseldorf WM 1995, 808, 810; Soergel/ Lüderitz, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 10 Anh. Rdn. 13). Zur Gründung hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen. Aufgrund des Sitzes der HFGP und HFLP im US-Bundesstaat New York, der Eintragung der HFLP im dortigen Register sowie der unwidersprochen gebliebenen Erwähnung ihrer Gründung nach dem Recht dieses Staates in einem von der Beklagten vorgelegten Gutachten ist jedoch davon auszugehen , daû sich das Personalstatut der Gesellschaften und damit auch die persönliche Haftung der Beklagten als deren Gesellschafterin nach dem Recht des Bundesstaates New York bestimmt.

b) Das somit maûgebliche ausländische Recht hat der Tatrichter nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Eine Verletzung dieser Ermittlungspflicht kann mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (BGHZ 118, 151, 162; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - XI ZR 357/99, WM 2001, 502, 503 und vom 26. Juni 2001 - XI ZR 241/00, BGHReport 2001, 894). Zu ermitteln und anzuwenden ist dabei nicht nur das ausländische Gesetzesrecht, sondern das Recht, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Die Ermittlungspflicht des Tatrichters umfaût daher gerade auch die ausländische Rechtspraxis , wie sie in der Rechtsprechung der Gerichte des betreffenden Landes zum Ausdruck kommt. In welcher Weise er sich die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäûen Ermessen. Die
Anforderungen sind um so gröûer, je detaillierter und kontroverser die Parteien eine ausländische Rechtspraxis vortragen (BGHZ 118, 151, 164). Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGHZ 118, 151, 163 f.; Senatsurteile vom 30. Januar 2001 und vom 26. Juni 2001 je aaO). Gibt das Berufungsurteil keinen Aufschluû darüber, daû der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rechtsprechung und Rechtslehre Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (Senatsurteil vom 26. Juni 2001 aaO m.w.Nachw.).

c) Danach ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft.
aa) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die persönliche Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 96 P.L.. Feststellungen zum Inhalt dieser Regelung enthält weder das Berufungsurteil noch das darin in Bezug genommene Urteil des Landgerichts. Ausführungen zur Auslegung dieser Norm durch die amerikanische Rechtsprechung und Rechtslehre fehlen völlig. Schon deshalb ist von einer unzureichenden Ermittlung des ausländischen Rechts auszugehen.
bb) Auch aus dem übrigen Akteninhalt ergibt sich, daû die von beiden Parteien beantragte Einholung eines rechtswissenschaftlichen Sachverständigengutachtens zu § 96 P.L. ermessensfehlerhaft unterblieben ist.

Dem Berufungsgericht lagen lediglich eine vom Kläger vorgelegte gutachterliche Stellungnahme der Rechtsanwälte R. in New York, ein vom Beklagten vorgelegtes rechtswissenschaftliches Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. sowie eine vom Gericht erbetene kurze Stellungnahme des amerikanischen Rechtsanwalts Bl. vor. Hinreichende Informationen zu dem vom Berufungsgericht im Rahmen des § 96 P.L. für maûgeblich erachteten Gesichtspunkt der Haftung eines Gesellschafters wegen maûgeblicher Beteiligung an der Geschäftsführung nach auûen (Control over management) enthält keine der drei Unterlagen. Die Stellungnahme der Rechtsanwälte R. geht auf diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht ein. Das Gutachten des Privatdozenten Dr. Ra. enthält zwar allgemein gefaûte Darlegungen zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 96 P.L., verzichtet aber ausdrücklich auf nähere Ausführungen zu diesem Punkt. Auch die kurze Stellungnahme des Rechtsanwalts Bl., die vom Verfasser einleitend als nicht auf Nachforschungen beruhend, allgemein und mangels Kenntnis aller Fakten zwangsläufig etwas vage bezeichnet wird, enthält nur sehr kurze Ausführungen zur Haftung eines Gesellschafters wegen Beteiligung an der Geschäftsführung und setzt sich dabei weder mit der einschlägigen Rechtsprechung noch mit der Rechtslehre auseinander.
3. Auch die Auslegung der auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung des M. H. durch das Berufungsgericht wird von der Revision mit Recht angegriffen.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es allerdings nicht zu beanstanden , daû das Berufungsgericht bei der Auslegung der Freistellungserklärung deutsches Recht und nicht das Recht des Staates New York zugrunde gelegt hat.
Das vor dem 1. September 1986 geltende deutsche Internationale Privatrecht, das nach Art. 220 Abs. 1 EGBGB für die Auslegung der genannten Freistellungserklärung maûgebend bleibt, kannte, anders als der geltende Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB, keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über das für das Erlöschen von Schuldverhältnissen maûgebende Recht. Es war jedoch anerkannt, daû für die Frage des Erlöschens einer Verbindlichkeit grundsätzlich das Recht maûgebend war, dem das Schuldverhältnis selbst unterstand (BGHZ 9, 34, 37 m.w.Nachw.), daû aber eine gesonderte Rechtswahl für den Erlaû einer Schuld zulässig war (OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 367, 368 m.w. Nachw.; ebenso für das geltende Recht MünchKomm/Spellenberg, BGB 3. Aufl. Art. 32 EGBGB Rdn. 59).
Im vorliegenden Zusammenhang kann offenbleiben, ob das Schuldverhältnis, das durch die Freistellungserklärung zum Erlöschen gebracht werden sollte, die nach New Yorker Recht zu beurteilende gesellschaftsrechtliche Haftung oder die Darlehensverbindlichkeit selbst war. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die Freistellungserklärung ergibt sich nämlich bereits aus einer gesonderten Rechtswahl der Parteien für diese Erklärung. Diese Rechtswahl wurde zwar nicht ausdrücklich vereinbart. Sie ist jedoch den Umständen des Falles und dem prozessualen Verhalten der Parteien zu entnehmen. Die Haftungsfreistel-
lungserklärung war in deutscher Sprache abgefaût und alle Beteiligten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland. Sowohl im vorliegenden Rechtsstreit als auch in dem bereits abgeschlossenen Parallelprozeû des Klägers gegen einen der Söhne der Beklagten sind die Parteien insoweit übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Daû in der Frage der Rechtswahl das prozessuale Verhalten der Beteiligten als wesentliches Indiz für den hypothetischen ursprünglichen Parteiwillen oder auch für eine nachträgliche stillschweigende Einigung gewertet werden kann, hat der Bundesgerichtshof wiederholt anerkannt (BGHZ 40, 320, 323 f.; 103, 84, 86; Senatsurteile vom 28. Januar 1992 - XI ZR 149/91, WM 1992, 567, 568 und vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 200/92, WM 1993, 2119, jeweils m.w.Nachw.).

b) Bei der Anwendung deutscher Auslegungsgrundsätze auf die Haftungsfreistellungserklärung sind dem Berufungsgericht jedoch entscheidende Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Die Auslegung individualvertraglicher Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Für das Revisionsgericht ist sie jedoch nicht bindend, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senatsurteil vom 31. Januar 1995 - XI ZR 56/94, WM 1995, 743, 744 m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es, daû die Auslegung in erster Linie den Wortlaut der Erklärung und den diesem zu entneh-
menden objektiv erklärten Parteiwillen berücksichtigen muû (BGHZ 121, 13, 16; Senatsurteil vom 31. Januar 1995 aaO; BGH, Urteile vom 27. November 1997 - IX ZR 141/96, WM 1998, 776, 777 und vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196) sowie daû vertragliche Willenserklärungen nach dem Willen der Parteien in aller Regel einen rechtserheblichen Inhalt haben sollen und daher im Zweifel nicht so ausgelegt werden dürfen, daû sie sich als sinnlos oder wirkungslos erweisen (BGH, Urteile vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536 und vom 1. Oktober 1999 aaO).
bb) Ein Verstoû gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze liegt darin, daû das Berufungsgericht den Wortlaut der Freistellungserklärung nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gericht hat seine einschränkende Auslegung dieser Erklärung lediglich auf die einleitende Erwähnung einer unmittelbar bevorstehenden Grundschuldbestellung sowie auf die im Schluûabsatz enthaltene Bestimmung über die Unabhängigkeit der Freistellung von etwaigen künftigen Grundschuldbestellungen und Sicherungsübereignungen gestützt. Dagegen hat es die zentralen Bestimmungen der Freistellungserklärung völlig auûer Betracht gelassen, nach denen alle Gesellschafter der H.-Farms "keinesfalls ... dem Bankhaus B. in der persönlichen Haftung" sein sollten und in denen für den Fall, daû "aus irgendwelchen Gründen eine persönliche Haftung jetzt oder auch später bestehen sollte, ... hierauf ein für alle Male verzichtet" wurde.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch dadurch gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoûen, daû es die Freistellungser-
klärung im Wege der Auslegung auf eine persönliche Haftung aus der Grundschuldbestellung beschränkte, ohne der nahe liegenden Frage nachzugehen, ob eine solche Beschränkung die Erklärung nicht jeder realen rechtlichen Wirkung beraubte und sie dadurch sinnlos machte. Daû für die Beklagte und die anderen Gesellschafter der H.-Farms aus der Bestellung von Sicherheiten persönliche Haftungsrisiken hätten entstehen können, wurde vom Berufungsgericht nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
4. Für die Revisionsinstanz muû daher zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, daû die auf den 28. November 1979 datierte Freistellungserklärung des M. H. sich auch auf eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms erstreckt. Die Annahme des Berufungsgerichts, in diesem Fall sei die Freistellungserklärung nach § 138 BGB unwirksam, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.

a) Einen Verstoû gegen § 138 BGB hat das Berufungsgericht darin gesehen, daû M. H. mit der Freistellungserklärung die B.-Bank sittenwidrig geschädigt habe. Das ist, wie die Revision mit Recht rügt, schon deshalb nicht richtig, weil M. H. am 28. November 1979, als er die Freistellungserklärung angeblich abgegeben hat, Alleininhaber der B.-Bank war und daher allenfalls sich selbst, nicht dagegen eine rechtlich von ihm verschiedene Bank geschädigt haben könnte. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Ablichtungen aus dem Handelsregister, deren inhaltliche Richtigkeit von der Gegenseite nicht in Frage gestellt worden ist,
war M. H. von 1974 bis 1983 Alleininhaber der B.-Bank, die erst danach als Kommanditgesellschaft weitergeführt wurde.

b) Auch der vom Berufungsgericht zusätzlich erwähnte Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung vermag auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Gerichts einen Verstoû der Freistellungserklärung gegen § 138 BGB nicht zu begründen.
aa) Rechtsgeschäfte, die ein Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, verstoûen zwar in der Regel gegen die guten Sitten (BGH, Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, WM 1973, 303, 304). Jedoch gehen die besonderen Bestimmungen der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung den allgemeinen Regeln der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB vor, es sei denn, das Rechtsgeschäft weist besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände auf (BGHZ 53, 174, 180; 56, 339, 355; 130, 314, 331; 138, 291, 299 f.).
bb) Im vorliegenden Fall legen die Begleitumstände der Freistellungserklärung die Annahme nahe, daû M. H. diese Erklärung in der Absicht abgegeben hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, und daû dies der Beklagten auch bekannt war. Bereits zu dem Zeitpunkt, als die Freistellungserklärung angeblich abgegeben wurde, waren die H.-Farms gegenüber der B.-Bank in erheblichem Umfang verschuldet und die Notwendigkeit weiterer Kredite war absehbar. Die Grundschulden auf dem Farmgrundstück in New York boten angesichts der bekannten Schwierigkeiten und Kosten einer Rechtsverfolgung in Amerika keine ausreichen-
de Sicherheit. Deshalb war die persönliche Haftung der in Deutschland ansässigen Gesellschafter der damals noch in der Rechtsform der General Partnership betriebenen H.-Farms für die B.-Bank besonders wichtig. Daû M. H. ihnen gegenüber auf die Haftung verzichtete, obwohl sie darauf keinen Anspruch hatten, spricht dafür, daû er sie aus verwandtschaftlicher Rücksichtnahme vor dem Risiko einer persönlichen Inanspruchnahme bewahren wollte und dabei eine Schädigung seiner Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Es liegt auch nahe, daû der Beklagten als Ehefrau des M. H. und leitender Mitarbeiterin der B.-Bank diese Umstände bekannt waren.
cc) Für zusätzliche, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände, die eine Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnten, enthalten die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte.
Dem Berufungsurteil läût sich zwar entnehmen, daû die Haftungsfreistellungserklärung nicht zu den Kreditakten der B.-Bank genommen, sondern auf der Farm in Amerika aufbewahrt wurde mit der Folge, daû eine Überprüfung des Vorgangs durch die Aufsichtsbehörden der Bank verhindert und eine rechtzeitige Anfechtung durch den Kläger erschwert oder unmöglich gemacht wurde. Diese Vorgänge liegen aber zeitlich nach der Abgabe der Freistellungserklärung. Für die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als sittenwidrig kommt es auf den Zeitpunkt seiner Vornahme an, wobei der Sittenwidrigkeitsvorwurf nur auf Umstände gestützt werden kann, die die Beteiligten in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben (BGHZ 130, 314, 331 f.; 138, 291, 300; BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989
- III ZR 34/88, WM 1990, 54, 56). Im vorliegenden Fall setzt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB daher voraus, daû M. H. und die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Freistellungserklärung die Verheimlichung dieses wichtigen Vorgangs geplant oder zumindest als ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit in ihr Bewuûtsein aufgenommen haben. Zu diesem Punkt enthält das Berufungsurteil keinerlei Feststellungen.
5. Soweit das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Verjährungseinrede als nicht durchgreifend angesehen hat, hält dies zwar hinsichtlich der Hauptforderung auf Darlehensrückzahlung, nicht dagegen in vollem Umfang hinsichtlich der Zinsforderung den Angriffen der Revision stand.

a) Die Verjährung der Hauptforderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht verneint. Dabei kommt es auf die von der Revision angegriffenen Ausführungen des Gerichts zu den Verjährungsregeln des Bundesstaates New York nicht an, weil das streitgegenständliche Darlehen einschlieûlich der Frage seiner Verjährung nach deutschem Recht zu beurteilen ist mit der Folge, daû die regelmäûige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von dreiûig Jahren Anwendung findet.
Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Ziffer 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken in der 1984 unverändert gebliebenen Fassung von 1977 (abgedruckt in: Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. S. 1350), die in den Kreditverträgen zwischen der B.-Bank und den H.-Farms jeweils ausdrücklich in Bezug genommen
worden waren. Nach dieser Bestimmung waren für die Rechtsbeziehungen mit auûerhalb der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Kunden die Geschäftsräume der kontoführenden Stelle der Bank für beide Teile der Erfüllungsort (Satz 1), und der Erfüllungsort war zugleich maûgeblicher Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht (Satz 2). Diese Regelung kommt hier zur Anwendung, weil die H.-Farms ihren Sitz in Amerika hatten.

b) Die Verjährung der Zinsforderung hat das Berufungsgericht dagegen insoweit zu Unrecht verneint, als es um Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 1990 geht. Ansprüche auf rückständige Zinsen für diesen Zeitraum waren im Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung durch Einreichung der vorliegenden Klage (§ 209 Abs. 1 BGB a.F., § 253 Abs. 1 ZPO, § 270 Abs. 3 ZPO a.F.) am 11. Februar 1994 bereits nach den §§ 197, 201 BGB a.F. verjährt.
6. Die Revision rügt ferner mit Recht, daû das Berufungsgericht die Höhe der dem Kläger zuerkannten Zinsforderung nicht hinreichend begründet hat.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Verzinsung von 5% entspreche dem "seinerzeit langfristigen Darlehenszins", reicht zur Begründung der Zinsforderung nicht aus. Der zwischen der B.-Bank und den H.-Farms vertraglich vereinbarte Darlehenszins von 5% galt nur für die Laufzeit des Darlehens, die mit Ablauf der letzten Vertragsverlängerung vom 30. Mai 1984 am 31. Mai 1985 endete. Für die Zeit danach
kommen nur Zinsansprüche auf gesetzlicher Grundlage in Betracht. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich weder eine anderweitige Begründung einer Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms noch kann auf der Grundlage dieser Feststellungen ausgeschlossen werden, daû eine etwaige Haftung durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist.
1. Eine Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der H.Farms könnte nicht nur aufgrund des vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellten Verhaltens der Beklagten während des Zeitraums, als die H.-Farms als Limited Partnership betrieben wurden, sondern auch aufgrund der Stellung der Beklagten als Gesellschafterin der im Jahre 1979 bestehenden General Partnership sowie aufgrund ihrer etwaigen Beteiligung an einer Fortsetzung des Farmbetriebs nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 in Betracht kommen.

a) Die Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin der anfänglichen General Partnership für die bis Ende 1979 aufgenommenen Kredite der H.-Farms haftet, hat das Berufungsgericht offengelassen. Der Senat kann diese Frage nicht klären, weil dazu Fest-
stellungen zu den tatsächlichen Vorgängen beim Übergang von der General Partnership zur Limited Partnership sowie auch zum Inhalt des darauf anwendbaren New Yorker Rechts erforderlich sind, die das Berufungsgericht unterlassen hat.

b) Eine selbständige Haftungsanknüpfung an die Vorgänge nach der Auflösung der Limited Partnership Ende 1989 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht bejaht werden. Dabei mag offenbleiben, ob die Feststellung des Berufungsgerichts , der Betrieb der H.-Farms sei nach dem Ende der Limited Partnership unter Mitwirkung der Beklagten fortgeführt worden, den Angriffen der Revision stand hält. Es fehlt jedenfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob nach dem Recht des Bundesstaats New York die Haftung der an der Fortsetzung einer aufgelösten Limited Partnership Mitwirkenden nur neu begründete Verbindlichkeiten erfaût oder sich auch auf die Altschulden der Limited Partnership erstreckt.
2. Auch die Frage, ob eine etwaige Haftung der Beklagten für die Darlehensverbindlichkeiten der H.-Farms durch die Freistellungserklärung des M. H. beseitigt worden ist, läût sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht klären. Die Unwirksamkeit dieser auf den 28. November 1979 datierten Freistellungserklärung stünde zwar fest, wenn sie, wie der Kläger behauptet, von M. H. erst nach dem Zusammenbruch der B.-Bank und damit zu einer Zeit abgegeben worden wäre, als M. H. die Bank nicht mehr vertreten konnte. Dem steht aber die Behauptung der Beklagten entgegen, die Freistellungserklärung sei am 28. November 1979 abgegeben worden. Dafür hat die
Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, auch Beweis angetreten. Dazu , wann die Erklärung tatsächlich abgegeben worden ist, hat das Berufungsgericht bisher keinerlei Feststellungen getroffen.

IV.


Das Berufungsurteil muûte daher in dem Umfang aufgehoben werden , in dem der erkennende Senat die Revision der Beklagten angenommen hat (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Insoweit war die Sache, die wegen
der in mehreren Punkten noch fehlenden Feststellungen tatsächlicher Art und zum Inhalt ausländischen Rechts nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Wassermann

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(4) In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

21
Die der Höhe nach nicht umstrittenen Kosten des mitwirkenden Patentanwalts der Klägerin sind auch hinsichtlich der durch die mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme entstandenen Gebühren erstattungsfähig. Nach dem 1. Januar 2002 haben weitere Verhandlungstermine und Beweiserhebungen stattgefunden. Dies vermag der Senat anhand des Akteninhalts selbst festzustellen , ohne dass es hierzu einer Zurückverweisung an das Beschwerdegericht bedarf. Unschädlich ist, dass sämtliche Gebühren des Patentanwalts bereits vor dem 1. Januar 2002 entstanden waren, weil vor diesem Zeitpunkt bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden und die Beweisaufnahme begonnen hatte. Für die uneingeschränkte Erstattung nach § 15 Abs. 5 GeschmMG in der Fassung vom 13. Dezember 2001 reicht es aus, dass nach diesem Stichtag die Gebührentatbestände (erneut) verwirklicht worden sind.
19
Fälligkeit Zur der Forderung der Beklagten hat das Berufungsgericht zwar keine Feststellungen getroffen. Es ergibt sich aber aus den zu den Akten gereichten und in Bezug genommenen Unterlagen, dass die Verrechnungslage erst nach dem Eröffnungsantrag, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die Beklagte bereits Kenntnis von dem Eröffnungsantrag hatte, hergestellt worden ist. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 27. November 2003, das den Eingangsstempel des 28. November 2003 trägt, unter Beifügung ihres Kündigungsschreibens vom 26. November 2003 ihre Forderung mitgeteilt.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.