Haftungsrecht: Deutsche Gerichte müssen „Vorflugregeln“ des italienischen Luftrechts anwenden

originally published: 09/05/2020 05:23, updated: 27/10/2023 10:50
Haftungsrecht: Deutsche Gerichte müssen „Vorflugregeln“ des italienischen Luftrechts anwenden
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Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte über Schadenersatzansprüche aus einem Flugunfall in Norditalien zu entscheiden. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren italienische "Vorflugregeln" - Streifler & Kollegen Rechtsanwälte - Anwalt für Haftungsrecht Berlin

Der aus Köln stammende Kläger war dort mit einem Hängegleiter (Drachen) unterwegs, der aus dem Bonner Umland stammende Beklagte mit einem Gleitschirm. Es herrschte reger Flugbetrieb mit mehr als zehn Gleitschirmen in der Luft, als die Parteien bei schwacher Thermik in rund 80 Meter Höhe kollidierten. Der Drache des Klägers wurde auf den Rücken gedreht, der Kläger fiel von oben in das Segel und stürzte ab. Trotz der Höhe zog er sich lediglich Prellungen und eine Stauchung des linken Handgelenks zu. Der Beklagte konnte seinen Rettungsschirm öffnen und blieb unverletzt.

Kläger verlangt Schadensersatz für Flugunfall in Italien

Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagte den Unfall verschuldet habe. Er verlangte Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.500 EUR sowie Ersatz weiterer Schäden in Höhe von rund 5.000 EUR.

Mit dieser Forderung blieb er vor dem OLG ohne Erfolg. Die Richter wiesen darauf hin, dass die deutschen Gerichte bei ihrer Entscheidung zwar Anspruchsgrundlagen des deutschen Rechts anzuwenden haben. Sie müssen dabei aber auch die Sicherheits- und Verhaltensregeln nach italienischem Luftrecht berücksichtigen.

Anzuwendende Italienische Flugregeln

Nach dem einschlägigen italienischen Präsidialdekret und den Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC (Nationale Anstalt für die Zivilluftfahrt) haben nicht motorisierte Fluggeräte, welche in einem thermischen Aufwind in einer kreisförmig nach oben steigenden Drehung fliegen, das Vorflugrecht. Andere nicht motorisierte Fluggeräte müssen ausweichen. Dabei gibt derjenige den Drehsinn vor, der sich als erster in dem thermischen Aufwind befindet. Außerdem gilt die allgemeine Sichtflugregelung. Danach ist fortgesetzter Blickkontakt mit möglichen anderen Formen des Luftverkehrs erforderlich. Zudem gilt ein Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

Beweisführung durch aufgezeichnete Flugwege der Parteien

Bei der Klärung des Sachverhalts konnte das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen die von den Instrumenten aufgezeichneten Flugwege der Parteien nachvollziehen. Danach ergab sich, dass nicht der Beklagte, sondern der Kläger gegen die Flugregeln verstoßen hatte. Die Auswertung der Daten belegte, dass der Beklagte sich schon vor dem Kläger im Bereich der Thermik befunden hatte. Er war im Steigflug, als sich der Kläger rund zehn Sekunden vor der Kollision mit einer gefährlichen Rechtskurve vor den Gleitschirm des Beklagten setzte. Da der Kläger anstatt um das gemeinsame Drehzentrum der Thermik zu kreisen auf dieses zugeflogen war, Wirbelschleppen erzeugt hatte, die den Gleitschirm ins Straucheln hätten bringen können, nicht stets einen Überblick über die in seiner Nähe befindlichen anderen Piloten gehabt und gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen hatte, traf ihn ein erhebliches Verschulden an dem Unfall. Außerdem berücksichtigte der Senat, dass ein Drache grundsätzlich eine höhere Betriebsgefahr hat. Er fliegt schneller als Gleitschirme und ermöglicht dem Piloten nur eine eingeschränkte Sicht. Die grundsätzlich zu berücksichtigende Betriebsgefahr des Gleitschirms des Beklagten trat dahinter vollständig zurück.

 

Das OLG Köln (1. Zivilsenat) hat mit Urteil vom 27.03.2020 – 1 U 95/19 – entschieden:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 17.10.2019 - 18 O 338/16 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

1. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Flugunfalls. Er flog am 06.04.2014 mit seinem Hängegleiter (Drachen) auf dem Fluggelände in A/Italien in der Nähe des Startplatzes B. Es herrschten gute Wetterbedingungen und ein reger Flugbetrieb. Neben dem Kläger waren noch etwa zehn weitere Personen mit ihren Gleitschirmen in der Luft. So flog auch der Beklagte mit seinem Gleitschirm im Umfeld des Klägers. Als sich die Parteien gleichzeitig in einer schwachen Thermik bewegten und der Kläger enge Kurven flog, kollidierten sie während des Fluges um 11:07:50 Uhr etwa 80 Meter über dem Grund. Infolge der Kollision wurde der Hängegleiter des Klägers auf den Rücken gedreht. Der Kläger fiel von oben in das Segel des Hängegleiters und stürzte ab. Dabei zog er sich Verletzungen in Form von Prellungen und eine Stauchung des linken Handgelenks zu. Der Beklagte konnte seinen Rettungsschirm öffnen und blieb unverletzt. Die jeweiligen Flugwege der Parteien wurden durch Fluginstrumente, welche die Parteien jeweils bei sich führten, aufgezeichnet.

Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagte den Unfall allein verschuldet habe, da er das Vorflugrecht des Klägers schuldhaft verletzt habe. Nach italienischem Recht habe dasjenige nicht-motorisierte Fluggerät Vorrang vor anderen nicht-motorisierten Fluggeräten, das aufgrund thermischer Bedingungen spiralförmig noch oben kreise. Hierzu hat er behauptet, sei anders als der Beklagte, bereits vor der Kollision in engen Kurven und mit Höhengewinn in der Thermik gekreist. Der Beklagte hingegen sei nicht in der Thermik gekreist, sondern sei die letzten zehn Sekunden vor dem Zusammenstoß in einem konstanten Geradeausflug geflogen. Sein, des Klägers, Flugweg sei für den Beklagten vorhersehbar gewesen. Dieser hätte die Kollision durch ein Ausweichen nach links vermeiden können und die für ihn absehbare Flugbahn des Klägers meiden müssen. Dies sei ihm, dem Kläger, nicht möglich gewesen, da sein Sichtfeld aufgrund des engen Kreisens durch den gesenkten Innenflügel eingeschränkt gewesen sei und er den Beklagten daher nicht rechtzeitig habe sehen und ihm ausweichen können.

Der Kläger hat immaterielle und materielle Schadenspositionen geltend gemacht. Er hat ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 EUR als angemessen angesehen. Im Übrigen hat er behauptet, infolge des Unfalls habe er Gesichtsprellungen und eine Platzwunde neben dem Auge erlitten. Ferner seien Leistungen eines Physiotherapeuten zur Behandlung der unfallbedingten Verletzungen erforderlich gewesen. In diesem Zusammenhang seien ihm Fahrtkosten in Höhe von 252,00 EUR entstanden. Weiterhin hat er behauptet, die unfallbedingte Reparatur seines Drachens habe einen Aufwand von 2.367,41 EUR erfordert. Es sei ein Minderwert in Höhe von 800,00 EUR verblieben. Zudem seien Helm und Brille durch den Unfall zerstört worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.925,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 08.10.2016 zu zahlen;

den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 08.10.2016 zu zahlen;

den Beklagten zu verurteilen, ihm die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 08.10.2016 zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er war der Auffassung, der Kläger habe den Unfall allein dadurch verursacht habe, dass er gegen die in Italien geltende Flugregel verstoßen habe, Flüge in der Nähe anderer Luftfahrzeuge mit einem ausreichendem Abstand durchzuführen, um die Gefahr eines Zusammenstoßes zu vermeiden. Außerdem habe der Kläger das Sichtfluggebot missachtet. Hierzu hat der Beklagte behauptet, er habe den Unfall auch nicht durch ein Ausweichen nach links vermeiden können, da er weder eine Veranlassung zum Ausweichen noch - aufgrund des sich in der Nähe befindlichen Hangs - die Möglichkeit gehabt habe. Zum Unfall sei es allein deswegen gekommen, da der Kläger in engen Kreisen vor bzw. rechts neben dem Beklagten geflogen sei und ihn von hinten, in einem Bereich der für ihn nicht einsehbar gewesen sei, berührt habe.

Der Beklagte hat die Gesichtsverletzungen des Klägers mit Nichtwissen bestritten.

2. Das Landgericht hat - nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen und Einholung von Sachverständigengutachten - die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch aus den nach internationalem Privatrecht anwendbaren § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB zu. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Beklagten auf Grundlage der italienischen Regelungen zum Flugverhalten mit nichtmotorisierten Fluggeräten kein pflichtwidriges Verhalten nachgewiesen werden könne. Vielmehr habe der Kläger durch Nichtbeachtung dieser Regelungen die Kollision alleine verursacht. Durch sein pflichtwidriges und rücksichtsloses Flugverhalten habe der Kläger den Beklagten zudem in eine Lage gebracht, in der er das Flugverhalten des Klägers nicht mehr habe absehen und die Kollision durch ein Ausweichverhalten vermeiden können.

3. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzlich geltend gemachtes Interesse weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, der Beklagte habe den Unfall verhindern müssen. Hierzu behauptet er, der Unfall sei allein aufgrund des Umstands passiert, dass der Kläger den Beklagten nicht sehen konnte und er fast doppelt so schnell flog wie der Beklagte. Der Beklagte habe den Kläger wegen seiner Rundum-Sicht mit dem Gleitschirm jedoch gesehen. Der Beklagte sei mit seinem Gleitschirm in den Kurvenradius des Klägers geflogen. Zudem sei der Kläger die engen Kurven nur geflogen, um zunächst das stärkste Steigen des Aufwindes zu finden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 17.10.2019, 18 O 338/16, aufzuheben und den Beklagten entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte rügt die Zulässigkeit der Berufung. Die Berufungsbegründung genüge nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Im Übrigen verteidigt er die landgerichtlichen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und den Inhalt der zu den Akten gereichten wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht im Ergebnis einen auf Erstattung der geltend gemachten materiellen und immateriellen Schäden gerichteten Anspruch des Klägers gegen den Beklagten abgelehnt. Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

1. Die Berufung ist zulässig. Soweit der Beklagte die Zulässigkeit der Berufung mit den Erwägungen rügt, der Kläger habe bloß seinen erstinstanzlichen Standpunkt wiederholt bzw. auf sein erstinstanzliches Vorbringen verwiesen, verfängt dies nicht. Um der Funktion der Berufung als Instrument der Fehlerkontrolle und -Beseitigung gerecht zu werden, muss sich der Inhalt der Berufungsbegründung daran orientieren. Erforderlich ist eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche Punkte des angefochtenen Urteils aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen beanstandet werden (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, zitiert juris Rn. 8; Beschluss vom 27. Mai 2008 - XI ZB 41/06, NJW-RR 2008, 1308, zitiert juris Rn. 11; Beschluss vom 11. Oktober 2016 - XI ZB 32/15, NJW-RR 2017, 365, zitiert juris Rn. 10). Entsprechend sind die § 520 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZPO auf das Prüfungsprogramm des § 513 Abs. 1 in Verbindung mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugeschnitten. Da das Berufungsgericht danach an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), muss die Berufung, die den festgestellten Sachverhalt angreifen will, eine Begründung dahin enthalten, warum die Bindung an die festgestellten Tatsachen ausnahmsweise nicht bestehen soll. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 3 und 4 ZPO regeln diese Anforderungen näher. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss der Berufungsführer konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2003, aaO.).

Diesen Anforderungen wird die Berufung (noch) gerecht. Mit seinem Berufungsvorbringen greift der Kläger die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Ob die Erwägungen durchgreifen und Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen, ist eine Frage der Begründetheit.

2. Die Berufung ist indes unbegründet. Mit Recht hat das Landgericht nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme im Ergebnis einen Anspruch auf Ersatz von aus dem Unfallgeschehen am 06.04.2014 resultierenden materiellen und immateriellen Schäden des Klägers gegen den Beklagten verneint.

a) Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht allein § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB als Anspruchsgrundlagen in Betracht gezogen hat, indes die nach § 4 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II) anwendbaren Anspruchsnormen §§ 33 Abs. 1, 41 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) außer Acht gelassen hat. Denn auch unter Anwendung dieser Normen ist ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten nicht gegeben.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ist der Halter eines Luftfahrzeugs zum Schadensersatz verpflichtet, wenn bei Betrieb seines Luftfahrzeugs durch Unfall jemand u.a. in seiner körperlichen Integrität oder seiner Gesundheit verletzt wird.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger infolge der Kollision und dem Absturz Prellungen im Bereich der Brust erlitt. Sowohl der Gleitschirm des Klägers als auch der Gleitschirm des Beklagten sind Luftfahrzeuge im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG sein. Luftfahrzeuge sind u.a. nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 LuftVG Luftsportgeräte. Darunter fallen Personenfallschirme und Hängegleiter (Lampe, in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 226. EL August 2019, § 1 LuftVG Rn. 6). In Zusammenhang mit dem Betrieb des Gleitschirms ist es auch zu einem Unfall gekommen. Bei einem Unfall handelt es sich um ein auf einer äußeren Einwirkung beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmtes Ereignis, das zu einem Schaden geführt hat (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1975 - III ZR 79/73, LM Nr. 13 zu LuftVG, zitiert juris Rn. 11; vom 27.Mai 1993 - III ZR 59/92, BGHZ 122, 363, zitiert juris Rn. 20; Förster, in BeckOGK LuftVG, Stand 01.10.2019, § 33 Rdn. 15). Abhängig davon, welche spezifischen Triebkräfte das jeweilige Luftfahrzeug nutzt, befindet es sich im Betrieb, sobald es auch nur einer dieser Kräfte unterworfen ist (Förster, a.a.O., § 33 Rdn. 13 f.). Gleitschirme sind für ihre Fortbewegung von Wind, Schwerkraft und Temperaturunterschieden abhängig. Im Zeitpunkt der plötzlichen Kollision um 11:07:50 Uhr wurde der Gleitschirm des Klägers von diesen Kräften angetrieben.

b) Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG hängt die Schadensersatzpflicht und der Umfang des Ersatzes der Halter untereinander von den Einzelfallumständen ab, insbesondere davon, wie weit der Schaden überwiegend von dem einen oder anderen verursacht worden ist. Bei der hiernach gebotenen Abwägung der gegenseiteigen Verursachungsbeiträge hält der Senat ein vollständiges Zurücktreten der von dem Gleitschirm des Beklagten ausgehenden Betriebsgefahr gegenüber der von dem Hängegleiter des Klägers ausgehenden Betriebsgefahr für gerechtfertigt.

aa) Von dem Hängegleiter des Klägers geht eine erhöhte Betriebsgefahr aus. Unstreitig und auch vom Kläger selbst vorgetragen ist, dass Hängegleiter deutlich schneller, nämlich nahezu doppelt so schnell, fliegen können wie Gleitschirme. Zudem ist unstreitig, dass Hängegleiter - anders als Gleitschirme - nicht abrupt abbremsen und die Richtung wechseln können. Bereits vor diesem Hintergrund ist die von einem Hängegleiter ausgehende Gefahr deutlich erhöht. Durch die höhere Geschwindigkeit und die fehlende Brems- bzw. Reaktionsmöglichkeit können bereits ohne das Hinzutreten weiterer Umstände unfallträchtige Flug- und Überforderungssituationen auch für einen geübten Hängegleiterpiloten entstehen. Zudem wirken Unfällen höhere physikalische Kräfte und höhere Aufprallgeschwindigkeiten, durch welche die Verletzungsgefahr naturgemäß erhöht ist. Hinzu tritt die nach dem eigenen Vortrag des Klägers und nach den - vom Kläger insoweit mit der Berufung nicht angegriffenen - Ausführungen des Sachverständigen für Hängegleiter und Gleitsegelunfälle Dipl.-Ing. C gegebene eingeschränkte Sicht eines Hängegleiterpiloten infolge seiner liegenden Position und des über ihm befindlichen Segels, die ebenfalls zu einer Erhöhung der von einem Hängegleiter ausgehenden Betriebsgefahr führt.

bb) Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass zu dieser erhöhten Betriebsgefahr ein dem Kläger anzulastendes erhebliches Verschulden tritt, sodass die dem Beklagten anzulastende Betriebsgefahr vollständig dahinter zurücktritt (vgl. BeckOGK, aaO., § 41 Rn. 10 mwNachw). Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

(1) Das Landgericht ist zunächst vom richtigen Prüfungsmaßstab ausgegangen. Nach Art. 17 Rom II-VO sind die Sicherheits- und Verhaltensregeln nach italienischem Recht zu beurteilen. Das Landgericht hat sich die Ausführungen des Sachverständigen Dr. D zu der Anwendung der Art. 10 Abs. 3 des italienischen Präsidialdekrets Nr. 133/2010 vom 09.07.2010, Art. 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 und die allgemeinen Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC vom 3.10.2016 Nr. 48/2006 in der am 23.04.2012 geänderten Fassung zu eigen gemacht. Diesbezüglich ist der Senat an die Feststellungen des Landgerichts nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, zumal von der Berufung insofern auch nichts Gegenteiliges angeführt wird.

Art. 10 Abs. 3 des italienischen Präsidialdekrets Nr. 133/2010 vom 09.07.2010 regelt u.a., dass den nicht motorisierten Fluggeräten, die in einem thermischen Aufwind in einer kreisförmig nach oben steigenden Drehung fliegen, durch die anderen nicht motorisierten Fluggeräte ausgewichen werden muss. Der Drehsinn des Fluges - rechts oder links - innerhalb des thermischen Aufwindes wird vom ersten nicht motorisierten Fluggerät bestimmt, das diesen thermischen Aufwind nutzt. Die nicht motorisierten Fluggeräte, die sich danach in denselben thermischen Aufwind begeben, müssen unabhängig von der Höhe ihren Drehsinn jenem des nicht motorisierten Fluggeräts anpassen, das sich bereits dort befindet. Gemäß Artikel 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 gilt zusätzlich die allgemeine Sichtflugregelung, die bestimmt, dass „das Fliegen mit Fluggeräten für den Freizeit- oder Sportflug entsprechend den Tagflugregeln, den Luftfahrtregeln und den anderen anwendbaren Regelungen, die auf die genutzten Lufträume Anwendung finden, durchgeführt wird, die von der ENAC (Nationale Anstalt für die Zivilluftfahrt) erlassen sind, und in jedem Fall außerhalb von Wolken und bei Wetterbedingungen und einer solchen Sicht, die einen fortgesetzten Blickkontakt mit dem Boden, Wasserflächen, Hindernissen und der möglichen Anwesenheit von jeder anderen Form des Luftverkehrs erlauben“. Nach Punkt 3.2.1. der allgemeinen Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC vom 3.10.2016 Nr. 48/2006 in der am 23.04.2012 geänderten Fassung gilt ferner, dass kein Luftfahrzeug in einer solchen Nähe zu anderen Luftfahrzeugen geführt werden darf, dass die Gefahr einer Kollision besteht. Zudem gibt nach Art. 10 Abs. 3 des italienischen Präsidialdekrets Nr. 133/2010 derjenige den Drehsinn vor, der sich als erster in dem thermischen Aufwind befindet.

(2) Die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger sowohl gegen Art. 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 als auch gegen Punkt 3.2.1. der allgemeinen Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC vom 3.10.2016 Nr. 48/2006 in der am 23.04.2012 geänderten Fassung erheblich verstoßen hat, begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat die Berufung keine durchgreifenden Umstände aufgezeigt, warum die vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Feststellungen des Sachverständigen C in seinen Gutachten vom 04.10.2018 und 09.01.2019 nebst persönlicher Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2019 nicht nach § 529 Abs. 1 ZPO bindend für den Senat sind.

(2.1) Unter Auswertung der Daten aus den sowohl in dem Fluggerät des Klägers als auch in dem des Beklagten vorhandenen Aufzeichnungsgeräte hat der Sachverständige nachvollziehbar festgestellt, dass nicht erst das zweite, sondern bereits das erste Flugmanöver des Klägers, bei welchem er sich zwischen 11:07:38 Uhr und 11:07:43 Uhr durch eine Rechtskurve vor den Gleitschirm des Beklagten setzte (s. Gutachten vom 04.06.2018 Abb.12 -14 und S. 16 f.), latent gefährlich war. Insoweit hat er widerspruchsfrei ausgeführt, dass nach den aufgezeichneten Flugbewegungen sich der vom Kläger gesteuerte Hängegleiter um 11:06:22 dem ihm aus nordöstlicher Richtung in gerade Linie heran fliegenden Gleitschirm des Beklagten näherte, wobei der Gleitschirm gerade den thermischen Bereich erreicht hatte und sich in leichtem Steigen befand (vgl. Seite 14 des Gutachtens vom 04.10.2018). Nachdem der Hängegleiter nachfolgend den Thermikrand erreicht hatte, habe er dort zunächst bis 11:07:13 drei enge geschlossene Kurven geflogen; während dieser Zeit sei der Gleitschirm kurzzeitig aus der Thermik gefallen und habe sich infolge eines Zurücksteuerns mitten in der Thermik befunden. Um 11:07:21 habe der Hängegleiter den Thermikrand gegen 11:07:21 Uhr verlassen und sei in einem dem Gleitschirm ausweichenden Bogen nach Norden geschwenkt. Nach weiteren Kurven habe sich der Hängegleiter schließlich bis 11:07:43 direkt vor die Flugbahn des Gleitschirms gesetzt. Ferner hat der Sachverständige schlüssig dargelegt, dass die Gefahr zum einen darin bestand, dass der Kläger - anstatt um das gemeinsame Drehzentrum zu kreisen - auf das Drehzentrum zuflog und dadurch die Kollisionsgefahr erhöhte, und zum anderen in dem Erzeugen von Wirbelschleppen bestand, die den Gleitschirm ins Straucheln hätten bringen können. Des Weiteren hat der Sachverständige ebenso schlüssig dargelegt, dass ein Abdriften des Beklagten zur linken Seite - obwohl zu den Bergen genügend Abstand war - keine weniger Gefahr erhöhende Maßnahme gewesen sei. Unter Heranziehung von Daten zur Geschwindigkeit, Höhe und Zeitfaktoren konnte der Sachverständige nachvollziehbar darlegen, dass die Kollisionsgefahr beim Ausweichen nach links ebenso hoch war (s. Abb. 5 des Gutachtens vom 09.01.2019), da der Beklagte nicht sicher davon ausgehen konnte, dass der Kläger statt einer Rechtskurve eine Linkskurve in den Flugweg des Beklagten fliegt.

Zweifel an diesen Feststellungen bzw. an der vom Landgericht diesbezüglich vorgenommenen Würdigung sind nicht veranlasst. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen gebieten. Letzteres ist hier nicht der Fall.

Derartige Zweifel können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Dazu zählt neben einem Übergehen von Tatsachenvortrag und/oder Beweisangeboten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Sptember 2004 - III ZR 283/03, NJOZ 2005, 230, 231 f; MüKo-ZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl. 2012, § 529 Rn. 17 f. m w N.) bzw. erkennbaren Widersprüchlichkeiten zwischen Protokoll und Beweiswürdigung in den Urteilsgründen (Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 529 Rn. 7) vor allem eine inhaltlich unzureichende Beweiswürdigung, d. h. eine solche, die den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO nicht gerecht wird. Typische Fälle sind insofern Widersprüchlichkeiten oder Verstöße gegen allgemeine Denkgesetze. Dabei genügt es, wenn ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird, weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann und mithin die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses besteht (BGH, Urteil vom 12.März 2004 - V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, zitiert juris Rn. 11; vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 164/03, BGHZ 160, 83, zitiert juris Rn. 19; vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, zitiert juris Rn. 5 ff.).

Gemessen an diesem Maßstab sind Umstände, die geeignet wären, die Feststellungen des Landgerichts in Zweifel zu ziehen, weder von der Berufung aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Soweit die Berufung selbst vorträgt, der Kläger sei fast doppelt so schnell geflogen wie der Beklagte und habe den Beklagten aufgrund der Beschaffenheit seines Fluggeräts und seiner Flugmanöver (Rechtskurve) nicht sehen können, liegt bereits nach diesen Ausführungen ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 vor. Denn obwohl an dem Unfalltag - unstreitig - ein reger Betrieb von Fluggeräten war, hat der Kläger kein Flugverhalten gezeigt, durch welches er sich in jeder Lage einen Überblick über die in seiner Nähe befindlichen anderen Piloten verschaffen konnte. Anders als der Kläger meint, ist er aufgrund der Beschaffenheit seines Fluggeräts nicht von dieser Pflicht befreit, vielmehr muss er sich gerade aufgrund dieser Eigenschaften im Flugraum so verhalten, dass er die größtmögliche Sichtfläche hat. Dies kann bei Vornahme von engen Kurven nicht angenommen werden.

(2.2) Darüber hinaus hat der Kläger erheblich gegen das Rücksichtnahmegebot aus Punkt 3.2.1. der allgemeinen Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC vom 3.10.2016 Nr. 48/2006 in der am 23.04.2012 geänderten Fassung verstoßen. Entscheidend ist demnach, ob der Kläger seinen Hängegleiter so in der Nähe zu dem Beklagten geführt hat, dass die Gefahr einer Kollision bestand. Dies ist nach den landgerichtlichen Feststellungen der Fall, wonach der Kläger sich rücksichtlos gegenüber anderen Flugteilnehmern verhielt, indem er es unterließ, einen Kurs einzuschlagen, der ihm ein gefahrenloses Kreisen mit dem Beklagten um ein gemeinsames Drehzentrum ermöglicht hätte und anstatt dessen - trotz der Erkenntnis, dass sich ein anderer Flugteilnehmer in der Nähe der gleichen Thermik befinde - seine Kreise immer enger zog.

Soweit die Berufung die Würdigung des Landgerichts hinsichtlich dieser Feststellungen dahingehend angreift, der Kläger habe den Beklagten nicht gesehen und habe darüber hinaus Flugmanöver vornehmen dürfen, weil eine ständige Änderung der Schräglage des Hängegleiters notwendig sei, um das stärkste Steigen des Aufwindes zu finden, verfängt auch dies nicht. Der Sachverständige hat nachvollziehbar unter Auswertung der Daten aus den Aufzeichnungsgeräten zum einen dargelegt, dass der Beklagte sich bereits vor dem Kläger in dem (schwachen) Thermikbereich am Kollisionsort befand (Abbildung 4 im Gutachten vom 04.10.2018), und zum anderen - unter Berücksichtigung der Sichtverhältnisse, zeitlichen Komponenten, physischen Eigenschaften des Hängegleiters und der Flugmanöver des Klägers - veranschaulicht, dass der Kläger den Gleitschirm des Beklagten gesehen haben muss (s. S. 20 f. und Abb. 18 im Gutachten vom 04.10.2018). Auch hier sind Zweifel an den festgestellten Tatsachen im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht veranlasst.

cc) Entgegen der Auffassung der Berufung ist demgegenüber ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beklagten mit den auch insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht ersichtlich. Wie gezeigt, gibt nach Art. 10 Abs. 3 des italienischen Präsidialdekrets Nr. 133/2010 derjenige den Drehsinn vor, der sich als erster in dem thermischen Aufwind befindet. Wie ebenfalls bereits oben ausgeführt, hatte nach den von der Berufung nicht mit Erfolg angegriffenen Feststellungen des Landgerichts der Beklagte als erster die relevante thermische Zone erreichte, so dass nicht er sich nach dem Drehsinn des Klägers zu richten hatte, sondern vielmehr der Kläger nach dem Drehsinn des Beklagten. Der Beklagte hat auch nicht gegen Art. 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 verstoßen. Ein Verstoß kommt danach nur in Betracht, wenn außerhalb einer solchen Sicht geflogen wird, die einen fortgesetzten Blickkontakt mit der möglichen Anwesenheit jeder anderen Form des Luftverkehrs erlaubt. Die Berufung trägt indes selbst vor (Bl. 396 GA), der Beklagte habe in seinem Gleitschirm den Kläger zu jeder Zeit sehen können. Sie geht demgemäß selbst von einem Verhalten des Beklagten aus, welches in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 1 des Präsidialdekrets Nr. 133/2010 steht.

Soweit der Beklagte gegen Punkt 3.2.1. der allgemeinen Ausweichregeln des Regolamento Regole dell`Aria Italia des ENAC vom 3.10.2016 Nr. 48/2006 in der am 23.04.2012 geänderten Fassung verstoßen haben könnte, kommt es darauf an, ob der Beklagte seinen Gleitschirm so in der Nähe des Beklagten führte, dass die Gefahr der Kollision bestand. Dies wäre nur der Fall, wenn der Beklagte dem Flugmanöver des Klägers hätte ausweichen können und müssen, wodurch die Gefahr einer Kollision hätte vermieden werden können. Dies ist nicht anzunehmen. Nach den auch insoweit nahvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen C (vgl. Seite 23 des Gutachtens vom 04.10.2018) hat der Beklagte mit seinem Entschluss, geradeaus zu fliegen, den Flugweg gewählt, der für andere Piloten der berechenbarste war; da er zudem das langsamere Fluggerät steuerte, gab es für ihn in dem Zeitpunkt, in dem die Absicht des Hängegleiterpiloten erkennbar wurde, keine Möglichkeit mehr, die Kollision zu vermeiden. Soweit die Berufung (Bl. 396 f. GA) insoweit vorträgt, der Kläger habe den Beklagten nicht gesehen, sondern der Beklagte habe den Kläger über die ganze Zeit sehen können und sei dennoch in den Kurvenradius des Klägers geflogen, obwohl er gewusst habe, dass der Hängegleiter etwa doppelt so schnell flog wie der Gleitschirm, greift sie - mangels Aufzeigens berufungsrechtlich relevanter Umstände - erneut ohne Erfolg die Würdigung des Landgerichts hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen C an, der Flug geradeaus habe sich aus Sicht des Klägers nicht als eine unvorhersehbare Gefahrerhöhung dargestellt mit der er nicht rechnen musste, sondern vielmehr der Beklagte habe das Flugverhalten des Klägers nicht rechtzeitig absehen können, wodurch er eine Kollision sicher hätte vermeiden können.

c) Nach dem Gesagten ergibt sich auch aus § 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten mangels eines pflichtwidrigen schuldhaften Verhalten nicht.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 97 ZPO und §§ 708 Nr. 7 und Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

IV.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zulassung der Revision ist auch nicht i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da nicht über streitige oder zweifelhafte Rechtsfragen zu entscheiden war. Insbesondere weicht der Senat mit seiner Entscheidung auch nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab.

Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 6.425,27.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Annotations

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 165/02
vom
28. Mai 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nach neuem
Recht gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2-4 i.V. mit § 531 Abs. 2 ZPO.
BGH, Beschluß vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - LG Köln
AG Leverkusen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin
Dr. VØzina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Landgerichts Köln vom 15. August 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.663

Gründe:

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz wegen nicht zurückgegebener Mietgegenstände geltend. Sie überließ dem Beklagten, der bei der Veranstaltung "Rhein in Flammen" vom 5. bis 6. Mai 2000 mehrere Getränkestände betrieb, 10.752 Mehrwegbecher sowie mehrere Transportboxen. Vereinbarungsgemäß sollte die Klägerin diese am Ende der Veranstaltung (zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr) an den Ständen abholen. Da die Klägerin zur Abholung nicht erschien, stellte der Beklagte gegen 4.15 Uhr Becher und Boxen zur Abholung bereit und verließ
den Veranstaltungsort. Die Klägerin verlangt Ersatz für nicht zurückgegebene 13 Transportboxen mit 4.180 Bechern. Der Beklagte erkennt lediglich eine Fehlmenge von 763 Bechern an und verlangt im Wege der Widerklage die geleistete Kaution zurück. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 699,03 nsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, weil die Begründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprochen habe. Die Berufung enthalte u.a. die neue Behauptung, die Mitarbeiter der Klägerin seien in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai 2000 plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen, und benenne dafür einen neuen Zeugen. Zu einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO gehöre nicht nur die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel, sondern auch die Bezeichnung von Tatsachen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen seien. Aus der Berufungsbegründung gehe nicht hervor, daß die Verspätung nicht auf Nachlässigkeit beruhe. Der Beklagte sage nicht, was er in den vergangenen zwei Jahren unternommen habe, um zu ermitteln, daß die Mitarbeiter plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen seien. Zu solchen Nachforschungen habe Anlaß bestanden. Im übrigen wäre die Berufung auch nicht begründet, wenn der neue Sachvortrag als wahr unterstellt werde. Selbst wenn die Mitarbeiter der Klägerin plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen seien, folge daraus noch kein Annahmeverzug der Klägerin. Seinen Angaben zufolge habe der Beklagte den Festplatz schon um 4.15 Uhr verlassen. Nach den Bekundungen des Zeugen W. stehe aber fest, daß die Mitarbeiter der Klägerin ca. 170.000 Becher hätten einsammeln müssen und dies bis 7.00 Uhr morgens gedauert habe. Um 4.15 Uhr habe der Beklagte deshalb noch nicht davon ausgehen dürfen, daß die Mitarbeiter der Klägerin nicht zurückkämen, um die restlichen Becher abzu-
holen. Er habe keinen Anspruch darauf gehabt, daß die Becher von seinen Ständen zuerst eingesammelt würden, sondern habe sich darauf einstellen müssen, daß er zu den Letzten gehöre. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Dem steht nicht entgegen, daß der Wert der "!# $ % $ ' )( geltend gemachten Beschwer 20.000 & nach § 26 Nr. 8 EGZPO nur für die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und kann auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß nicht entsprechend angewendet werden (BGH, Beschluß vom 19. September 2002 - V ZB 31/02 - NJW-RR 2003, 132, 133). Sie ist zulässig nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da sie grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Norm kommt einer Rechtssache dann zu, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02 - NJW 2002, 2957). Die Frage, welche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO zu stellen sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt. An der Entscheidung dieser Frage besteht ein erhebliches Allgemeininteresse.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung des Beklagten enthalte keine ausreichende Begründung und sei deshalb unzulässig, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat unangemessen hohe Anforderungen an eine Begründung für eine zulässige Berufung gestellt.
a) Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung mußte die Berufung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen , Beweismittel und Beweiseinreden, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat, enthalten. Die Mindestanforderungen an eine Berufungsbegründung waren in der Rechtsprechung geklärt. Es bestand Einigkeit , daß formularmäßige Sätze und allgemeine Redewendungen nicht genügten (BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II ZR 172/98 - NJW 2000, 1576). Die Berufung mußte auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sei (BGH, Beschluß vom 10. Juli 1990 - XI ZB 5/90 - NJW 90, 2628). Wurden nur Rechtsausführungen angegriffen, dann mußte die eigene Rechtsansicht dargelegt werden (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1982 - VIII ZR 224/82 - NJW 84, 177); es reichte nicht aus, die Auffassung des Erstrichters als falsch oder die Anwendung einer bestimmten Vorschrift als irrig zu rügen (BGH, Urteil vom 9. März 1995 - XI ZR 143/94 - NJW 95, 1560). Auf entgegenstehende tatsächliche Feststellungen mußte eingegangen werden (BGH, Beschluß vom 6. März 1997 - VII ZR 26/96 - MDR 97, 682). Daß die Ausführungen in der formell ordnungsgemäßen Berufungsbegründung tatsächlich oder rechtlich neben der Sache lagen, machte die Berufung nicht unzulässig (BGH, Urteil vom 27. Mai 1964 - VIII ZR 174/63 - VersR 64, 949; Zöller /Gummer ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 34). Weder die Schlüssigkeit noch auch nur die Vertretbarkeit der Begründung waren Zulässigkeitsvoraussetzungen
(BGH, Urteil vom 4. Oktober 1999 - II ZR 361/98 - NJW 99, 3784; Zöller /Gummer aaO).
b) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO konkretisiert gegenüber § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsgründe. Die Neufassung trägt der verstärkten Funktionsdifferenzierung zwischen erster und zweiter Instanz Rechnung. Da die Berufung - abweichend von ihrer bisherigen Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz - nunmehr in erster Linie ein Instrument zur Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung sein soll, muß sich sinnvollerweise auch der Inhalt der Berufungsbegründung an dieser Zielsetzung orientieren. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO sind auf das Prüfungsprogramm des § 513 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugeschnitten, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO auf das des § 513 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO (Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 520 Rdn. 29, 30). Da das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), muß die Berufung, die den festgestellten Sachverhalt angreifen will, eine Begründung dahin enthalten, warum die Bindung an die festgestellten Tatsachen ausnahmsweise nicht bestehen soll. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 ZPO regeln diese Anforderungen näher. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muß der Berufungsführer konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO muß er, wenn er neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen will, dartun, warum er diese nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht hat. Diese Ausrichtung der Begründung am jeweiligen Berufungsangriff bedeutet aber keine qualitative Erhöhung, sondern lediglich eine Präzisierung der Berufungsanforderungen, soweit es die Zulässigkeit der Berufung betrifft. Eine Verschärfung kann weder dem Gesetzestext noch den Materialien ent-
nommen werden. Eher ist das Gegenteil der Fall. Während § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. die "bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung" verlangte, läßt § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO jetzt die "Bezeichnung der Umstände" genügen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Nach der Gesetzesbegründung sollen damit die Anforderungen an den Inhalt der Rüge falscher Rechtsanwendung sogar gesenkt werden (BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Auch die Kommentare zur Zivilprozeßordnung gehen einhellig nicht von einer Erhöhung der Anforderungen aus. Sie orientieren sich vielmehr ohne nähere Begründung an den Anforderungen, die die Rechtsprechung zu § 519 Abs. 2 Nr. 2 a.F. ZPO aufgestellt hat (MünchKomm-ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 49 f.; Baumbach/Albers ZPO 61. Aufl. § 520 Rdn. 22 f.; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 520 Rdn. 20 f.; Musielak/Ball ZPO 3. Aufl. § 520 Rdn. 28 f.). Zöller/Gummer (ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 27 f.) verweist darauf, daß nach der Gesetzesbegründung die Anforderungen an die Rüge falscher Rechtsanwendung gesenkt worden seien. Auch der Senat ist der Auffassung, daß sich die Begründungsanforderungen nicht erhöht haben, soweit es um die Zulässigkeit der Berufung geht.
c) Den danach zu stellenden Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung ist der Beklagte gerecht geworden. Mit der Benennung der Zeugin G. hat der Beklagte ein neues Verteidigungsmittel benannt. Er hat dargelegt, warum er die Zeugin nicht bereits in erster Instanz angeboten hat. Er hat ausgeführt, er sei nach der Aussage des Zeugen W. davon ausgegangen, daß die Mitarbeiter der Klägerin durchgehend bis 7.00 Uhr am Festplatz anwesend gewesen seien. Erst nach Einlegung der Berufung habe er von der Zeugin G. erfahren, daß die Mitarbeiter der Klägerin tatsächlich verschwunden gewesen seien und es deshalb zahlreiche Beschwerden auch anderer Teilnehmer gegeben habe. Damit hat der Beklagte konkrete Anhaltspunkte vorgetragen, die
Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO), und er hat zugleich damit auch vorgetragen, warum das neue Verteidigungsmittel zuzulassen sei (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 i.V. mit § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Das erfüllt die formellen Anforderungen an eine Berufungsbegründung. Ob die Verspätung tatsächlich auf einer Nachlässigkeit des Beklagten beruht oder nicht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), ist eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels. Da bereits dieser in ordnungsgemäßer Weise vorgebrachte Berufungsangriff ausreicht, um die Berufung zulässig zu machen, kommt es auf die Ausführungen des Landgerichts zur Frage eines Verstoßes gegen die Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht mehr an. 3. Soweit das Berufungsgericht hilfsweise Ausführungen zur Begründetheit gemacht hat, gelten diese als nicht geschrieben (BGHZ 11, 222, 224), damit Gegenstand und Umfang der Rechtskraft nicht im Ungewissen bleiben. 4. Der angefochtene Beschluß kann daher keinen Bestand haben. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Das Berufungsgericht geht davon aus, nach den Bekundungen des Zeugen W. stehe fest, daß die Mitarbeiter der Klägerin bis gegen 7.00 Uhr morgens Becher eingesammelt haben. Demgegenüber hat der Beklagte die Zeugen B. und G. zum Beweis dafür angeboten, daß die Mitarbeiter der Klägerin in der Nacht verschwunden gewesen seien und es deshalb zu zahlreichen Beschwerden anderer Teilnehmer gekommen sei. Das Landgericht wird die angebotenen Zeugen vernehmen und sich anhand des gewonnenen Beweisergebnisses die Frage vorlegen müssen, ob die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug
vorliegen und dem Beklagten die Haftungserleichterungen nach § 300 Abs. 1 BGB zugute kommen. Hahne Sprick Fuchs
Ahlt Vézina
11
a) Nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt (BGH, Urteile vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, vom 24. Juni 2003 - IX ZR 228/02, NJW 2003, 3345 und vom 14. November 2005 - II ZR 16/04, NJW-RR 2005, 499, 500). Die Darstellung muss dabei auf den Streitfall zugeschnitten sein (BGH, Beschluss vom 5. März 2007 - II ZB 4/06, NJW-RR 2007, 1363).
10
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH, Beschluss vom 25. November 1999 - III ZB 50/99, BGHZ 143, 169, 171, Urteil vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00, WM 2004, 442, Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04, NJW-RR 2006, 285 und vom 12. Mai 2009 - XI ZB 21/08, juris Rn. 13, jeweils mwN).

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wird beim Betrieb eines Luftfahrzeugs durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter des Luftfahrzeugs verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Für die Haftung aus dem Beförderungsvertrag gegenüber einem Fluggast sowie für die Haftung des Halters militärischer Luftfahrzeuge gelten die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54. Wer Personen zu Luftfahrern ausbildet, haftet diesen Personen gegenüber nur nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.

(2) Benutzt jemand das Luftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Halters, so ist er an Stelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Luftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Ist jedoch der Benutzer vom Halter für den Betrieb des Luftfahrzeugs angestellt oder ist ihm das Luftfahrzeug vom Halter überlassen worden, so ist der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet; die Haftung des Benutzers nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften bleibt unberührt.

(1) Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird.

(2) Luftfahrzeuge sind

1.
Flugzeuge
2.
Drehflügler
3.
Luftschiffe
4.
Segelflugzeuge
5.
Motorsegler
6.
Frei- und Fesselballone
7.
(weggefallen)
8.
Rettungsfallschirme
9.
Flugmodelle
10.
Luftsportgeräte
11.
sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können.
Raumfahrzeuge, Raketen und ähnliche Flugkörper gelten als Luftfahrzeuge, solange sie sich im Luftraum befinden. Ebenfalls als Luftfahrzeuge gelten unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollstation, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden (unbemannte Luftfahrtsysteme).

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Luftfahrzeuge verursacht und sind die Luftfahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Schadensersatz verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Halter untereinander Pflicht und Umfang des Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Schaden überwiegend von dem einen oder dem anderen verursacht worden ist. Dasselbe gilt, wenn der Schaden einem der Halter entstanden ist, bei der Haftpflicht, die einen anderen von ihnen trifft.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn neben dem Halter ein anderer für den Schaden verantwortlich ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 283/03
Verkündet am:
16. September 2004
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung"T. I mmobilien" ein Maklerunternehmen. Er nimmt als Rechtsnachfolger der "T. Immobilien GbR" die Beklagte auf Zahlung von 163.903,02 € an Maklerprovisionen nebst Zinsen in Anspruch. Der Kläger hat behauptet, die ursprünglich anspruchsberechtigte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei am 31. Mai 2001 aufgelöst worden. Hier-
bei sei zwischen den Gesellschaftern vereinbart worden, daß sämtliche Forderungen auf ihn übergingen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kl äger bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung seine Anspruchsberechtigung nicht unter Beweis gestellt habe, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Für die Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung über die Revision niemand erschienen. Der Kläger hat den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.

Entscheidungsgründe


Über die Revision des Klägers ist antragsgemäß durch Versä umnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht die Entscheidung jedoch nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung de s angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Feststellung, d aß der Kläger hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen seiner Aktivlegitimation beweis-
los geblieben sei, sei im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeiten im Berufungsverfahren nicht zu beanstanden.
Der Kläger habe zwar bereits in der Klagebegründung seinen ehemaligen Mitgesellschafter H. als Zeugen dafür benannt, daß eine Abtretung der eingeklagten Ansprüche an ihn tatsächlich vereinbart worden sei. Einen etwaigen Verfahrensfehler des Landgerichts (unterlassene Vernehmung des Zeugen ) könne das Berufungsgericht aber gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht prüfen, da der Kläger diesen Mangel in seiner Berufungsbegründung nicht gerügt habe.
Den ferner vom Kläger verspätet - nach Ablauf der vom L andgericht für das schriftliche Verfahren bestimmten Frist - zusammen mit der Kopie einer Gesellschaftervereinbarung eingereichten Schriftsatz vom 9. August 2002 habe das Landgericht wegen § 296a ZPO nicht mehr berücksichtigen dürfen. Auch die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hätten nicht vorgelegen. Daß der Einzelrichter dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Verwertung des Schriftsatzes zugesichert habe, wie von diesem vorgetragen, sei nicht bewiesen. Die Darlegungen und Beweismittel in jenem Schriftsatz seien daher neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO und mangels Vorliegens eines der dort genannten Ausnahmetatbestände vom Berufungsgericht nicht mehr zu berücksichtigen.

II.


Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Es mag dahinstehen, ob das Landgericht wegen des nachgereichten Schriftsatzes vom 9. August 2002 zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verpflichtet war, wie die Revision geltend macht. Das Berufungsgericht durfte jedenfalls den nach seinen unangegriffenen Feststellungen erstinstanzlich vom Kläger für die Abtretung der Klageforderung an ihn angebotenen Zeugenbeweis nicht deshalb ablehnen, weil der Kläger das Übergehen seines Beweisantrags in der Berufungsbegründung nicht gerügt hatte. Der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts ergibt sich insofern nicht aus § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO, sondern allein aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das hat der Bundesgerichtshof inzwischen - nach Erlaß des Berufungsurteils - entschieden (Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - NJW 2004, 1876, 1877 ff., für BGHZ bestimmt). Der erkennende Senat schließt sich dem an.
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Festgestellt in diesem Sinne sind auch Tatsachen, die das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung ohne Prüfung ihrer Wahrheit in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt hat, etwa, weil sie nicht bestritten seien oder - wie hier - die beweisbelastete Partei für das von ihr behauptete Gegenteil keinen hinreichenden Beweis angeboten habe (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - NJW 2004, 2152, 2153, für BGHZ vorgesehen). Anhaltspunkte, die die Bindung des Berufungsgerichts entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern bei der Ermittlung des Sachverhalts ergeben (Begründung zum Regierungsentwurf eines Zivilprozeßreformgeset-
zes, BT-Drucks. 14/4722 S. 100; BGH, Urteil vom 12. März 2004 aaO S. 1876; Urteil vom 19. März 2004 aaO; Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - Umdruck S. 6 f.; Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - Umdruck S. 8 f.; jeweils m.w.N.), hier das Übersehen des vom Kläger ordnungsgemäß angetretenen Zeugenbeweises.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dafür e ine formale Berufungsrüge in der Begründung der Berufung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO nicht erforderlich. Die Vorschrift regelt lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, beschränkt aber nicht die inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Urteils. Das ergibt sich auch nicht aus § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Parteivortrag aufgrund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (BTDrucks. 14/4722 aaO). Dann kann und muß das Berufungsgericht jedoch erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, ohne Rücksicht darauf, ob der Berufungskläger diesen Mangel zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht hat. Für die Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils ist darum ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO und nicht § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO maßgebend; eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf selbst dann nicht stattfinden, wenn die zu Zweifeln Anlaß gebenden Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil zugleich auf einem Verfahrensmangel beruhen (BGH, Urteil vom 12. März 2004 aaO S. 1878 m.w.N., auch zu der Gegenmeinung; abweichend auch OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 139 f.).

III.


Hiernach kann das Berufungsurteil nicht bestehenbleiben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Klageansprüche an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 257/03 Verkündet am:
12. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern
ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen
sind.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1
Ist eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten, so beurteilt sich die
Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verpflichtet ist, nach denselben Grundsätzen wie aus der Zeit vor Geltung
des Zivilprozeßreformgesetzes.
ZPO (2002) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Wird in der Berufungsbegründung gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe Parteivorbringen
übergangen, so ist eine genaue Bezeichnung unter Angabe der Fundstelle in den
Schriftsätzen der Vorinstanz nicht erforderlich.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
Auch bei einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts obliegt dem Berufungsgericht
nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die tatsächliche Inhaltskontrolle
des erstinstanzlichen Urteils ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.
Für schriftsätzlich angekündigtes Vorbringen kommt dem Urteilstatbestand keine negative
Beweiskraft zu.
BGH, Urt. v. 12. März 2004 - V ZR 257/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).

b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.

III.


Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.