Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - I ZR 133/13

bei uns veröffentlicht am23.10.2014
vorgehend
Landgericht Köln, 31 O 356/10, 27.09.2012
Oberlandesgericht Köln, 6 U 183/12, 28.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 1 3 3 / 1 3 Verkündet am:
23. Oktober 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Keksstangen
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a, b, § 8 Abs. 1 Satz 2

a) Eine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens
gegenüber inländischen Verbrauchern folgt nicht ohne weiteres
aus der Präsentation des Produkts (hier: Keksstangen) auf einer internationalen
, ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe.

b) Die bei einem Fachpublikum vorhandenen Kenntnisse der am Markt vertretenen
Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft stehen auch im Hinblick
auf nahezu identische Nachahmungsprodukte regelmäßig der Annahme einer
unmittelbaren Verwechslung mit dem Originalprodukt und der irrtümlichen
Annahme von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen
den beteiligten Unternehmen entgegen, wenn die Produkte in Packungen
mit gegenüber dem Originalprodukt deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen
vertrieben werden.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - I ZR 133/13 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher,
die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin
Dr. Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Juni 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. September 2012 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt in Deutschland seit 1982 unter der Produktbezeichnung "Mikado" dünne Keksstangen, die zu etwa vier Fünfteln ihrer Gesamtlänge mit Schokolade ("Milchschokolade" oder "Zartherb") umhüllt sind. Der Vertrieb erfolgte in nachfolgend wiedergegebenen 75-g-Umverpackungen:
2
Die Beklagte stellt ebenfalls mit Schokolade überzogene Keksstangen her und vertreibt diese in der Türkei und anderen Ländern unter der Bezeichnung "Biscolata Stix" in 50-g-Umverpackungen, die mit ihrer Unternehmensbezeichnung "S. " versehenen sind. Das Produkt und die Verpackung der Beklagten sind in den Klageanträgen abgebildet.
3
Die Beklagte stellte ihr Keksprodukt am 31. Januar 2010 auf der internationalen Süßwarenmesse (ISM) in Köln folgendermaßen aus.


4
Die Klägerin hält die Keksstangen der Beklagten für eine unzulässige Nachahmung ihres Originalprodukts. Sie hat geltend gemacht, infolge der nahezu identischen Nachahmung ihres Produkts durch die Beklagte bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die Beklagte nutze zudem die Wertschätzung des Originalprodukts aus.
5
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Keksprodukte wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4 cm aufweisen und der mit einer Schokoladenkuvertüre umhüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht, hilfsweise, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Keksprodukte wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, auf Messen auszustellen, zu bewerben , einzuführen, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4 cm aufweisen und der mit der Schokoladenkuvertüre umhüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht , wenn dies in einer Verpackung wie nachstehend wiedergegeben erfolgt: .
äußerst hilfsweise, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Keksprodukte wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, auf Messen auszustellen, zu bewerben, einzuführen, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4 cm aufweisen und der mit der Schokoladenkuvertüre umhüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht
, wenn dies in einer Verpackung wie nachstehend wiedergegeben mit den Abmessungen ca. 8,1 x 14,3 x 2,4 cm erfolgt:

.
6
Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Hauptantrag zur Unterlassung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert. Es hat den Hauptantrag abgewiesen und die Beklagte nach dem ersten Hilfsantrag mit Ausnahme des Einführens und des Ausstellens auf Messen zur Unterlassung verurteilt (OLG Köln, GRUR-RR 2013, 472 = WRP 2013, 1508). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren auf vollständige Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
A. Das Berufungsgericht hat den isoliert auf das Produkt als solches bezogenen , auf Unterlassung gerichteten Hauptantrag als verjährt angesehen. Den mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der auf das Verbot des Anbietens des Produkts in der Verpackung gerichtet ist, hat es dagegen als nach §§ 8, 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
8
Die von der Klägerin hergestellten Keksstangen verfügten nicht nur in der Aufmachung, in der sie im verpackten Zustand am Markt angeboten würden, sondern auch als unverpacktes Produkt über wettbewerbliche Eigenart. Sie wiesen eine besondere Gestaltung auf, die sie von vielen alltäglichen, vom Verbraucher keinem bestimmten Unternehmer zugeordneten Produktformen im Keks- und Süßwarenbereich unterscheide. Die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin hergestellten Keksstangen sei zudem durch deren Bekanntheit gesteigert. Die von der Beklagten produzierten Keksstangen stellten eine nahezu identische Nachahmung der "MIKADO"-Keksstangen dar.
9
Aufgrund ihrer nahezu identischen Gestaltung seien die Keksstangen der Beklagten bei einem Vertrieb in der in den Hilfsanträgen wiedergegebenen Verpackung geeignet, eine Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeizuführen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Verpackung außerdem das Herstellerkennzeichen "S. " und die von der Produktbezeichnung "MIKADO" der Klägerin abweichende Bezeichnung "Biscolata Stix" trage. Hierdurch werde jedenfalls die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinn nicht hinreichend vermieden. Die Gefahr, dass das Produkt der Beklagten irrtümlich dem Hersteller des Originalerzeugnisses zugeordnet werde, drohe bereits , wenn Verbraucher, die das unverpackte Erzeugnis der Klägerin bei früheren Gelegenheiten kennengelernt hätten und dieses wegen seiner wettbewerblichen Eigenart einem bestimmten Unternehmen zurechneten, ohne es genau benennen zu können, in der Einkaufssituation das ihnen bekannte Originalprodukt auf der Verpackung des Erzeugnisses der Beklagten wiederzuerkennen glaubten. Hinzu komme, dass auch Verbraucher, denen das Originalprodukt der Klägerin unter ihrer Bezeichnung "MIKADO" bekannt sei oder die es der Herstellermarke "De Beukelaer" zuordneten, die Nachahmung aufgrund der nahezu identischen Produktgestaltung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers halten könnten.
10
Den Gefahren einer Herkunftstäuschung könne die Beklagte durch zumutbare und geeignete Maßnahmen begegnen. Es kämen jedenfalls Änderungen der Verpackungsgestaltung in Betracht, die es entweder von vornherein verhinderten, dass Verbraucher die Nachahmungen der Beklagten auf Grund ihrer Abbildung auf den Verpackungen für die Originale hielten, oder die durch eindeutige Zusätze darüber aufklärten, dass "S. Biscolata Stix" ein eigenständiges und kein vom Originalhersteller der "Mikado"-Kekse unter einer Zweitmarke angebotenes oder lizenziertes Produkt sei.
11
In der nahezu identischen Nachahmung des Produkts der Klägerin liege ferner eine unangemessene, den Absatz der Klägerin beeinträchtigende Ausnutzung seiner Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG), die nicht durch klare Hinweise auf die unterschiedliche Herkunft in der Verpackungsgestaltung aufgehoben werde.
12
Die erforderliche Begehungsgefahr sei für alle im Antrag beschriebenen Verletzungshandlungen gegeben. Durch die Ausstellung ihres Produkts "Biscolata Stix" auf der Internationalen Süßwarenmesse im Jahr 2010 habe die Beklagte hierfür geworben. Insoweit sei eine Wiederholungsgefahr gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gegeben. Aus dem Ausstellen des Produkts auf der Messe folge eine Erstbegehungsgefahr für ein Anbieten, Vertreiben sowie ein sonstiges Inverkehrbringen in Deutschland gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG.
13
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der in die Revisionsinstanz gelangten Unterlassungsanträge (Hilfsanträge).
14
I. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Unterlassungsansprüche bejaht hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat allein eine vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) sowie eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) gegenüber dem Verkehrskreis der Verbraucher angenommen. Es hat sich dabei auf die Ausstellung des beanstandeten Keksprodukts auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln gestützt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich jedoch dem Messeauftritt der Beklagten nicht die für die auf Unterlassung gerichteten Hilfsanträge erforderliche Begehungsgefahr eines unlauteren Verhaltens gegenüber Verbrauchern entnehmen.
15
1. Der Unterlassungsanspruch setzt eine bereits erfolgte oder drohende Zuwiderhandlung voraus (§ 8 Abs. 1 UWG). Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, ihre Keksprodukte in der im Verbotstenor wiedergegebenen Verpackung anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/ oder in sonstiger Weise in Verkehr zu bringen. Es ist davon ausgegangen, dass die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr für alle diese Handlungsformen vorliegt. Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen , das im Streitfall an den Maßstäben des § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG zu messende vorwerfbare Verhalten liege nicht nur in dem Bewerben des Produkts der Beklagten und seiner Verpackung auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln. Es ist darüber hinaus davon ausgegangen, die Beklagte habe durch die Präsentation auf der Messe auch eine Erstbegehungsgefahr dafür geschaffen, dass ihr Keksprodukt in der beanstandeten Verpackung in Deutschland Verbrauchern angeboten werde. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine vermeidbare Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG darin gesehen, dass diejenigen Verbraucher, die aufgrund einer vorherigen Wahrnehmung der Keksstangen der Klägerin eine Vorstellung über die Herkunft dieses Produkts haben, durch die Abbildung der nahezu identischen Produkte auf der angegriffenen Verpackung der Beklagten einer Fehlvorstellung über die Herkunft dieser Produkte unterliegen könnten. Auch bei der Annahme der Aus- nutzung einer Wertschätzung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG hat das Berufungsgericht auf die Anschauung der Verbraucher in und nach der Verkaufssituation abgestellt. Es hat daraus gefolgert, es bestehe eine Begehungsgefahr für einen Vertrieb des beanstandeten Produkts an Verbraucher in Deutschland. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
16
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , im Hinblick auf die zum Gegenstand des beantragten Verbots gemachten Handlungsformen des Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber Verbrauchern liege Erstbegehungsgefahr vor.
17
a) Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Rn. 17 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 17/05, GRUR 2010, 1103 Rn. 23 = WRP 2010, 1508 - Pralinenform II; Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 129/10, GRUR 2012, 728 Rn. 25 = WRP 2012, 935 - Einkauf Aktuell). Da es sich bei der Begehungsgefahr um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Darlegungsund Beweislast beim Anspruchsteller (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07, GRUR 2010, 455 Rn. 24 = WRP 2010, 746 - Stumme Verkäufer

II).


18
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Ausstellen von Produkten auf einer Messe in Deutschland geschehe typischerweise zu dem Zweck, sie an interessierte Messebesucher und damit jedenfalls auch an inländische Abnehmer zu verkaufen. Es sei nach der Lebenserfahrung auch ohne weitere Feststellungen zumindest von einer Erstbegehungsgefahr des Anbietens, Ver- treibens und sonstigen Inverkehrbringens im Inland auszugehen. Deshalb obliege es dem Aussteller, für jeden Messebesucher erkennbare gegenteilige Tatsachen - etwa entsprechend der Handhabung der Beklagten auf der ISMMesse im Folgejahr 2011 durch den Hinweis "NOT FOR SALE IN GERMANY" - darzulegen und zu beweisen. Dem kann nicht zugestimmt werden.
19
c) Ob die Ausstellung eines Produkts auf einer Messe ein hinreichend konkreter Umstand für die Erwartung ist, der Aussteller werde das fragliche Produkt in naher Zukunft in Deutschland anbieten und vertreiben, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Allein die Präsentation eines Erzeugnisses auf einer Messe reicht nicht in jedem Fall für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr aus (vgl. für markenrechtliche Ansprüche BGH, GRUR 2010, 1103 Rn. 21 ff. - Pralinenform II).
20
d) Im Streitfall ergibt sich eine Erstbegehungsgefahr weder aus einem allgemeinen Erfahrungssatz (dazu aa) noch aus den Umständen des Streitfalls (dazu bb).
21
aa) Eine Erstbegehungsgefahr kann nicht mit einem allgemeinen Erfahrungssatz begründet werden, wegen der Präsentation eines Produkts oder einer Produktverpackung auf einer Messe im Inland sei auch von einem bevorstehenden Anbieten, Vertreiben und sonstigen Inverkehrbringen im Inland auszugehen. Diese Betrachtungsweise wird dem Umstand nicht gerecht, dass es verschiedene Formen von Messen und der Präsentation von Produkten auf Messen gibt.
22
(1) So wird es regelmäßig an dem für eine Erstbegehungsgefahr erforderlichen , in naher Zukunft bevorstehenden Vertrieb eines Erzeugnisses fehlen, wenn nicht ein vertriebsfertiges Produkt, sondern lediglich ein Prototyp oder eine Designstudie ausgestellt wird, um die Reaktionen des Marktes auf ein erst im Planungszustand befindliches Produkt zu testen. Weiter kann es darauf ankommen , gegenüber welchem Verkehrskreis das Produkt präsentiert wird. Aus einer Präsentation ausschließlich gegenüber Fachkreisen kann nicht ohne weiteres gefolgert werden, das Produkt werde dem Verbraucher angeboten.
23
(2) Geht es - wie im Streitfall - um Rechtsverletzungen, die die Feststellung einer bestimmten Verkehrsanschauung voraussetzen, ist von Bedeutung, auf welchen Verkehrskreis die Messe und die Präsentation des fraglichen Produkts zugeschnitten sind. So gibt es Publikumsmessen, auf denen die Verbraucher die ausgestellten Produkte bestellen oder erwerben können. Auf der anderen Seite gibt es Messen, zu denen ausschließlich Fachbesucher Zugang haben. Ferner kann ein Hersteller auf einer auch dem allgemeinen Verkehr zugänglichen Messe durch die eindeutige Gestaltung der Präsentation deutlich machen, dass er allein ein Fachpublikum ansprechen will. In den Fällen, in denen der Hersteller ausschließlich Fachleute anspricht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er die Art und Weise seiner Präsentation allein am Maßstab des durchschnittlichen Fachbesuchers ausrichtet. Dieser hat im Regelfall einen höheren Kenntnisstand über die im Markt angebotenen Produkte, ihre Form und Marktanteile sowie über die Hersteller und Vertriebsgesellschaften (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1999 - I ZR 213/96, GRUR 1999, 1106, 1109 = WRP 1999, 1031 - Rollstuhlnachbau; Urteil vom 12. Dezember 2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 361 = WRP 2003, 496 - Pflegebett; Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 32 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil; Urteil vom 5. Mai 2011 - I ZR 157/09, GRUR 2011, 1153 Rn. 41 ff. = WRP 2011, 1593 - Creation Lamis). Ohne konkrete Anhaltspunkte besteht keine allgemeine Vermutung , der auf einer reinen Fachmesse ausstellende Hersteller werde seine Produkte und Produktausstattungen in jedem Fall in der gleichen Form oder Art und Weise auch gegenüber dem allgemeinen Verbraucher vertreiben.
24
(3) Auch im Hinblick auf die Frage, ob ein Vertrieb im Inland gegenüber dem allgemeinen Verkehr droht, kann nicht von einem Erfahrungssatz ausgegangen werden, dass ein Aussteller sein Produkt immer auch am Ausstellungsort vertreiben wird. Maßgebend sind auch insoweit die Umstände des Einzelfalls. So ist es charakteristisch für international ausgerichtete Fachmessen, dass sich dort Aussteller aus verschiedenen Staaten an in- und ausländische Interessenten wenden. Bei internationalen Messen geht es mithin gerade auch um die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen Parteien ohne Inlandsbezug. Ein hinreichend konkreter Anhaltspunkt für einen zeitnahen Vertrieb im Inland folgt nicht ohne weiteres aus der Präsentation eines Produkts auf einer internationalen Messe im Inland.
25
bb) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch kann nicht auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens bejaht werden.
26
(1) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG und einer unangemessenen Ausnutzung der Wertschätzung gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aufgrund des Verkehrsverständnisses des allgemeinen Publikums bejaht. Für die Beurteilung der Erstbegehungsgefahr sind danach allein solche tatsächlichen Anhaltspunkte von Bedeutung, die ein in naher Zukunft bevorstehendes Anbieten, Vertreiben und Inverkehrbringen gegenüber inländischen Verbrauchern begründen können.
27
(2) Solche tatsächlichen Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind im Streitfall auch sonst nicht ersichtlich.
28
Das Berufungsgericht hat die Annahme einer Erstbegehungsgefahr zwar auch darauf gestützt, die Beklagte habe während der Produktpräsentation auf der Messe ISM 2010 unverpackte Keksstangen zum probeweisen Verzehr an- geboten. Damit hat das Berufungsgericht aber keinen Umstand festgestellt, der für ein zeitnahes Anbieten des Keksprodukts der Beklagten in der beanstandeten Packung an den deutschen Verbraucher spricht. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten handelt es sich bei der Internationalen Süßwarenmesse in Köln um eine ausschließlich dem Fachpublikum vorbehaltene Messe (vgl. auch Graf von der Groeben, GRUR 2011, 795 Fn. 6). Das Berufungsgericht hat dementsprechend nicht festgestellt, dass die Beklagte ihr Produkt auf der Messe auch inländischen Verbrauchern zum Verzehr angeboten hat, ohne dass die Revisionserwiderung den Vortrag der Klägerin als übergangen rügt.
29
Der Vortrag der Klägerin, die Beklagte vertreibe alle Produkte, die sie auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln ausstelle, auch in Deutschland, ist für die Darlegung einer Erstbegehungsgefahr ebenfalls nicht ausreichend. Es können produktspezifische Besonderheiten - wie etwa eine besondere Gestaltungsnähe zu den im Inland vertriebenen Konkurrenzprodukten - oder andere rechtliche Risiken einen Hersteller zu einer unterschiedlichen Vertriebsstrategie veranlassen. Zudem kann die Produktpräsentation auf einer Messe nur dem Zweck dienen, eine Vertriebsentscheidung vorzubereiten.
30
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine Erstbegehungsgefahr auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte auf der Internationalen Süßwarenmesse des Jahres 2011 das beanstandete Produkt "Biscolata Stix" mit dem Hinweis "NOT FOR SALES IN GERMANY" ausgestellt hat. Dieser Hinweis kann auf ein von der Klägerin gegen die Beklagte eingeleitetes Verfügungsverfahren zurückzuführen sein. Er erlaubt jedenfalls nicht den Schluss, im Jahr 2010 habe auf Seiten der Beklagten die Absicht zu einem Vertrieb im Inland gegenüber dem allgemeinen Publikum bestanden.
31
Das Berufungsgericht hat schließlich auch nicht festgestellt, dass die Beklagte bei ihrem Auftritt auf der Internationalen Süßwarenmesse in Köln im Jahr 2010 konkret versucht hat, durch den Abschluss von Vereinbarungen mit Mes- sebesuchern den Vertrieb ihres Keksprodukts an inländische Verbraucher in der von der Klägerin beanstandeten Packung auszunehmen.
32
3. Eine Begehungsgefahr für ein Bewerben des fraglichen Produkts der Beklagten gegenüber dem allgemeinen Publikum besteht ebenfalls nicht. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte das fragliche Produkt auf der Süßwarenmesse in Köln ausgestellt und die Produktform damit im Inland im Rahmen ihrer kommerziellen Tätigkeit benutzt hat. Das reicht für sich genommen aber nicht aus. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung und einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung des Originalprodukts im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG allein im Hinblick auf das allgemeine Publikum bejaht. Deshalb kommt es nur auf ein Bewerben des Keksprodukts der Beklagten gegenüber inländischen Verbrauchern an. Das Berufungsgericht, dass allein ein Bewerben des angegriffenen Produkts auf der Internationalen Süßwarenmesse des Jahrs 2010 in Köln angenommen hat, hat dazu jedoch nichts festgestellt.
33
4. Entgegen der Ansicht der Revision folgt eine Begehungsgefahr für sämtliche zum Gegenstand des Unterlassungsantrags gemachten Handlungsformen nicht aus Besonderheiten des Tatbestands des § 4 Nr. 9 UWG. Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, die gesonderte Feststellung einer Begehungsgefahr im Hinblick auf die einzelnen Handlungsformen des Anbietens , Vertreibens und Inverkehrbringens sei entbehrlich, weil die Beklagte ihr Produkt auf der Messe im Jahr 2010 beworben habe und sich daraus eine Begehungsgefahr für sämtliche angegriffenen Verletzungsformen ergebe.
34
Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil im Streitfall eine Begehungsgefahr für ein Bewerben gegenüber dem allgemeinen Publikum nicht vorliegt. Danach ist das Berufungsgericht, das ausschließlich auf eine Herkunftstäuschung und eine Ausnutzung der Wertschätzung gegenüber dem allgemeinen Publikum abgestellt hat, zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG ausgegangen.
35
II. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gemäß § 4 Nr. 9 UWG kann nicht mit der Begründung angenommen werden, die Beklagte habe jedenfalls das auf der Internationalen Süßwarenmesse 2010 in Köln anwesende Fachpublikum über die betriebliche Herkunft ihres Produkts getäuscht oder diesem gegenüber die Wertschätzung des Produkts der Klägerin unangemessen ausgenutzt.
36
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Anschauung der Fachkreise getroffen. Die Revisionserwiderung hat nicht im Wege der Gegenrüge geltend gemacht, die Klägerin habe vorgetragen, das Fachpublikum unterliege aufgrund der angegriffenen Packungsgestaltung einer Fehlvorstellung über die betriebliche Herkunft des Produkts der Beklagten. Eine solche Annahme kommt vorliegend auch nicht in Betracht. Die Wahrnehmung von gewerblichen Wiederverkäufern und Zwischenhändlern beruht auf einem anderen Wissensstand als die Wahrnehmung der Endverbraucher (vgl. BGH, GRUR 2011, 1153 Rn. 43 - Creation Lamis). Dieser Fachkreis verfügt regelmäßig über genauere Kenntnisse der im Markt vertretenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft als das allgemeine Publikum. Diese Kenntnisse stehen im Streitfall der Annahme einer Herkunftstäuschung entgegen, wenn die Produkte - wie vom Berufungsgericht festgestellt - in Packungen vertrieben werden, die mit deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen gekennzeichnet sind. Auch die Annahme eines unter einer Zweitmarke vertriebenen Produkts scheidet für Fachkreise aufgrund ihrer höheren Marktkenntnisse aus (vgl. zur Anschauung der Verbraucher BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 446 = WRP 2001, 534 - Viennetta).
37
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde (§ 562 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht, weil der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst entscheiden kann und weiterer Sachvortrag der Klägerin hierzu nicht zu erwarten ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist abzuweisen, weil die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG nicht vorliegen.
38
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 27.09.2012 - 31 O 356/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.06.2013 - 6 U 183/12 -

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 17/05 Verkündet am: 22. April 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2000 - I ZR 225/98

bei uns veröffentlicht am 19.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 225/98 Verkündet am: 19. Oktober 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2014 - I ZR 133/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2018 - I ZR 71/17

bei uns veröffentlicht am 20.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 71/17 Verkündet am: 20. September 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Industrienähmas

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2018 - I ZR 112/17

bei uns veröffentlicht am 20.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 112/17 Verkündet am: 20. Dezember 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Crailsh

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Feb. 2017 - I ZR 92/16

bei uns veröffentlicht am 23.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DESVOLKES URTEIL I ZR 92/16 Verkündet am: 23. Februar 2017 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Mai 2016 - I ZR 58/14

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 58/14 Verkündet am: 4. Mai 2016 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

17
aa) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf; Urt. v. 14.7.1993 - I ZR 189/91, GRUR 1994, 57, 58 = WRP 1993, 749 - Geld-zurück-Garantie; Urt. v. 15.4.1999 - I ZR 83/97, GRUR 1999, 1097, 1099 = WRP 1999, 1133 - Preissturz ohne Ende; Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, m.w.N.). Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1970 - I ZR 48/68, GRUR 1970, 305, 306 - Löscafé; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 8 Rdn. 1.25; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 10 Rdn. 6 m.w.N.).
23
bb) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch kommt auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht in Betracht. Dieser setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Tz. 17 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; Urt. v. 29.10.2009 - I ZR 180/07 Tz. 25 - Stumme Verkäufer II). Davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, die Beklagte werde in naher Zukunft die beanstandeten Pralinen im Inland anbieten oder in Verkehr bringen. Das Berufungsurteil kann daher hinsichtlich des Verbots des Anbietens und des Inverkehrbringens nicht aufrechterhalten werden. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen ha- ben, ob eine Begehungsgefahr für ein Anbieten oder Inverkehrbringen im Inland vorliegt.
25
ee) Vergeblich verweist die Revision auch darauf, dass sich die Beteiligungsverhältnisse bei der Beklagten und die Mehrheitsverhältnisse auf deren Hauptversammlungen ändern können. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch ist von den Klägern in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden. Er wäre im Übrigen nur dann begründet gewesen, wenn die Kläger eine Erstbegehungsgefahr, das heißt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen hätten, dass die Beklagte sich in naher Zukunft in der entsprechenden Weise rechtswidrig verhalten werde (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, GRUR 2011, 1038 Rn. 44 = WRP 2011, 1609 - Stiftparfüm). Diese Erstbegehungsgefahr muss sich dabei auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen; aufgrund der Umstände muss sich die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen , dass sich die Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Rn. 17 = WRP 2008, 1353 - Metrosex, mwN). Die Kläger hätten daher Umstände vortragen und gegebenenfalls beweisen müssen, die den Schluss hätten rechtfertigen können, die Beklagte werde ihre Postwurfsendung "Einkauf Aktuell" auch bei einer absehbaren Änderung der bei ihr bestehenden Beteiligungsoder Stimmverhältnisse in unveränderter Form fortführen.
24
aa) Die für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr stellt eine materielle Anspruchsvoraussetzung dar (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255 = WRP 2001, 151 - Augenarztanschreiben; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.10 m.w.N.). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (BGHZ 173, 188 Tz. 54 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Bornkamm in Köhler/ Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.11 m.w.N.), liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 110; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 221/00 Verkündet am:
12. Dezember 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Pflegebett
Einem Produkt, das im wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, daß es eine
gestalterische und praktische Grundidee umsetzt (hier: den Gedanken, die Hubsäulenfüße
von Pflegebetten mit Holz zu verkleiden), kommt allenfalls eine geringe
wettbewerbliche Eigenart zu. Ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher
Leistungsschutz kommt in einem solchen Fall grundsätzlich auch dann nicht in
Betracht, wenn das Produkt eine hohe Verkehrsbekanntheit erlangt hat und
vom Verkehr aufgrund der tatsächlichen Marktverhältnisse ohne weiteres einem
bestimmten Unternehmen zugerechnet wird.
BGH, Urt. v. 12. Dezember 2002 - I ZR 221/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck,
Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. August 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Pflegebetten, die vor allem in Alten- und Pflegeheimen und in Krankenhäusern eingesetzt werden.
Die Klägerin ist nach ihrer bestrittenen Behauptung Herstellerin des Hubsäulenbetts "V. ", das seit 1991 zu ihrem Bettenprogramm gehört und in verschiedenen Ausführungen angeboten wird. Bei den "V. "-Pflegebetten kön-
nen die Liegehöhe sowie die Kopf- und Fußteile mithilfe von Elektromotoren auf den Benutzer und die Bedürfnisse der Pflege eingestellt werden. Der Hubmechanismus befindet sich in zwei quaderförmigen Hubsäulen. Die verschiedenen Ausführungsformen des Pflegebetts unterscheiden sich in den Kopf- und Fußteilen und in der Zahl von zwei oder drei Seitenstreben.
Die mit der Klage beanstandeten Pflegebetten der Beklagten nähern sich am meisten der nachstehend abgebildeten Ausführungsform des "V. "Pflegebetts (mit der Holzumrandung "Linie K") an:

Außer den Parteien bietet derzeit kein anderes Unternehmen Pflegebetten mit vergleichbaren kastenförmigen Hubfüßen an.
Die Klägerin ist Inhaberin der folgenden Geschmacksmuster:
(1) Nr. M 9102948.1 (Kranken- oder Pflegebett), Tag der Anmeldung : 23. April 1991. (2) Nr. M 9103296.2 (Kranken- oder Pflegebett), Tag der Anmeldung : 8. Mai 1991. (3) Nr. M 9209318.3 (Pflegebetten), Tag der Anmeldung: 18. Dezember

1992.


Die Beklagte stellte im März 1999 auf der Altenpflegemesse in Nürnberg die nachstehend im Klageantrag wiedergegebenen Pflegebetten aus.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen dieser Pflegebetten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz und aus den für sie eingetragenen Geschmacksmustern geltend gemacht. Das Landgericht hat derartige Ansprüche hinsichtlich eines - im ursprünglichen Unterlassungsantrag zu a) wiedergegebenen - Pflegebett-Modells rechtskräftig zuerkannt. Soweit danach im Rechtsstreit noch von Bedeutung, hat die Klägerin vor dem Landgericht - nach teilweiser Rücknahme der mit der Klage geltend gemachten Nebenansprüche - beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Hubsäulenbetten wie nachfolgend abgebildet in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und diese Handlungen vornehmen zu lassen:

a) ...
b)

c)
Ferner hat die Klägerin bezogen auf die in den Klageanträgen zu b) und c) wiedergegebenen Modelle beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, sowie ihre Schadensersatzpflicht festzustellen.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Klägerin könne keinen ergänzenden Leistungsschutz für die "V. "-Pflegebetten in Anspruch nehmen. Deren Merkmale seien im wesentlichen technisch bedingt oder ästhetisch banal. Vor Eintragung der Geschmacksmuster hätten bereits die Firma E. und deren Rechtsnachfolgerin, die Firma ER. , ein fast gleich gestaltetes Pflegebett unter dem Seriennamen "S. " vertrieben.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte, soweit sie nicht nach dem Unterlassungsantrag zu a) verurteilt worden ist, Berufung eingelegt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß die Klageanträge, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind, aus ergän-
zendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung und der systematischen Behinderung begründet seien. Ob und inwieweit auch Ansprüche aus Geschmacksmusterrecht bestünden, könne daher offenbleiben. Dazu hat das Berufungsgericht - auch durch Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil - ausgeführt:
Die Pflegebettserie "V. ", die seit 1991 erfolgreich vermarktet werde, besitze wettbewerbliche Eigenart und eine hohe Verkehrsbekanntheit. Der ästhetische Gesamteindruck werde jeweils vor allem durch das gleich hohe, an der Oberkante leicht geschwungene Kopf- und Fußteil geprägt, das an den Seiten und der Oberkante rahmenartig eingefaßt sei. Die bei geöffnetem Bett wie "normale" Wangen wirkenden beweglichen Seitenstreben und die beiden quaderförmigen Hubsäulenfüße fügten sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Die ansprechende Kombination von Form und Material gebe Kranken- und Pflegebetten der "V. "-Serie einen wohnlichen Charakter. Die markanten Hubsäulenfüße, die das optische Gesamtbild prägten, hätten zwar eher eine technisch-funktionale Bedeutung; technisch notwendig seien sie in dieser Form aber nicht. Dies gelte insbesondere für ihre konkrete Ausgestaltung als zwei ineinander passende Quader, auf denen der am Kopf- und Fußende deutlich über die Unterkonstruktion hinausragende Bettkopf gleichsam aufgesetzt sei. Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung dürften solche funktionalen Gestaltungsmerkmale grundsätzlich ohne Abstriche berücksichtigt werden.
Der Verkehr schließe aus der konkreten Gestaltung der "V. "-Betten, insbesondere aus der Einkleidung der Hubsäulen, auf die Herkunft des Bettes aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb, zumal nicht dargetan sei, daß es schon vor dem Marktzutritt der Beklagten Anbieter gegeben habe, die auf dem
deutschen Markt Pflegebetten mit vergleichbaren Hubfüßen in nennenswertem Umfang angeboten hätten.
Bei den beanstandeten Pflegebetten seien fast alle Merkmale, aus denen sich die wettbewerbliche Eigenart der "V. "-Betten ergebe, nahezu identisch übernommen. Der Hubsäulenfuß unterscheide sich lediglich durch die leichte Abrundung der Schmalseite, die ihm jedoch nicht sein kastenartiges Gepräge nehme und - insbesondere bei hochgestelltem Fuß - selbst einem aufmerksamen Betrachter nicht auffallen werde. Die Beklagte wiederhole zudem bei dem Pflegebett, das Gegenstand des Unterlassungsantrags zu b) sei, ohne technische Notwendigkeit und trotz zahlreicher abweichender Gestaltungsmöglichkeiten nachschaffend die ästhetisch ansprechende Gestaltung der beiden Schmalseiten des entsprechenden "V. "-Betts mit der leicht geschwungenen Oberkante und der darunter befindlichen Öffnung. Die Beklagte habe keine der ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um ihre Betten optisch von denen der Klägerin abzusetzen. Der angesprochene Verkehr, namentlich die fachkundigen Kunden der Parteien, könnten die von der Beklagten angebotenen Betten ohne weiteres für neue Varianten im "V. "-Programm der Klägerin halten. Auch wer aufgrund seiner Marktkenntnisse wisse, daß die Betten von verschiedenen Herstellern stammten, werde wegen ihrer Ähnlichkeit auf organisatorische und/oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen den Herstellern schließen.
Selbst wenn der von den Parteien angesprochene Kundenkreis nicht einer solchen Herkunftstäuschung unterliegen sollte, wäre das Verhalten der Beklagten unlauter im Sinne des § 1 UWG, weil sie systematisch und zielbewußt die in dieser Form bisher allein von der Klägerin vertriebenen Pflegebetten nachahme, um so die Klägerin - auch durch Preisunterbietung - zu behindern.

Die Klägerin sei Herstellerin der "V. "-Betten, was durch zahlreiche Unterlagen belegt und von der Beklagten jedenfalls zugestanden worden sei. Als solche sei sie befugt, die Ansprüche aus § 1 UWG geltend zu machen. Da die Beklagte schuldhaft gehandelt habe, sei sie nicht nur zur Unterlassung, sondern auch zur Leistung von Schadensersatz sowie zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Klageanträge können entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit Erfolg auf § 1 UWG gestützt werden.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz (§ 1 UWG) gegen die Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 631 = WRP 2002, 1058 - Blendsegel, m.w.N.).

a) Der Vertrieb von Nachahmungen eines Erzeugnisses, das wettbewerbsrechtliche Eigenart besitzt und bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat, ist dementsprechend wettbewerbswidrig, wenn dadurch die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft begründet wird. Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerbli-
chen Umständen besteht dabei eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2002, 629, 631 - Blendsegel, jeweils m.w.N.).
(1) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß dem Pflegebett "V. " in der Ausgestaltung, wie sie vorstehend im Tatbestand abgebildet ist, wettbewerbliche Eigenart zukommt.
Eine solche wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 276 = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen; BGH GRUR 2002, 629, 631 - Blendsegel, jeweils m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart des Pflegebetts in der besonderen Kombination seiner Gestaltungselemente gesehen. Diese tatrichterliche Beurteilung ist rechtsfehlerfrei, weil die äußere Gestaltung des Pflegebetts auch durch zahlreiche nicht technisch bedingte Einzelmerkmale bestimmt ist, die das Pflegebett insgesamt zu einer individuellen Gestaltung machen, an die im Verkehr Vorstellungen über die Herkunft und die Besonderheiten des Erzeugnisses anknüpfen können.
Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht über die Frage der wettbewerblichen Eigenart ohne Einholung eines Sachverständi-
gengutachtens entschieden hat. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine besondere Sachkunde voraussetzen würde. Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart Merkmale berücksichtigt hat, die sich aus dem Gebrauchszweck der Pflegebetten ergeben oder durch ihn nahegelegt werden. Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann sich auch aus Merkmalen ergeben, die durch den Gebrauchszweck nicht zwingend vorgegeben sind, sondern - wenngleich durch diesen bedingt - willkürlich wählbar und austauschbar sind. Dies ist bei den von der Revision angesprochenen Merkmalen der Fall. Dies gilt auch für die Hubsäulenverkleidungen, die zwar u.a. dem praktischen Zweck dienen, die Einrichtung zur Höhenverstellung vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen, aber für den Gebrauchszweck eines Pflegebetts nicht zwingend sind.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß die wettbewerbliche Eigenart von Betten der "V. "-Serie durch den Markterfolg und eine dadurch erreichte hohe Bekanntheit gesteigert worden ist.
Angesichts der sonst sehr wenig charakteristischen Merkmale der "V. "-Pflegebetten kann dies jedoch nur darauf beruhen, daß diese Serie vor allem durch ihre markante, teleskopartig ineinander verschiebbare Einkleidung des Hubsäulenfußes bekannt geworden ist, die nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin vor dem Marktzutritt der Beklagten jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang bei den Erzeugnissen anderer Anbieter auf dem deutschen Markt zu finden war.
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Vertrieb der be- anstandeten Pflegebetten unter den gegebenen Umständen nicht wettbewerbswidrig. Die Beklagte hat die besonderen Merkmale des Pflegebetts "V. " auch in deren Ausführungsform, die den beanstandeten Pflegebetten in der Gestaltung am nächsten kommt, noch nicht in einer Weise übernommen, daß eine wettbewerbsrechtlich unlautere Herkunftstäuschung gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen, die auch nach dem Klagevorbringen im wesentlichen Fachleute sind, anzunehmen ist.
Das Berufungsgericht hat bei seiner abweichenden Beurteilung weitgehend auf Merkmale abgestellt, deren Benutzung jedem Wettbewerber bei der Gestaltung eines Erzeugnisses der vorliegenden Art freistehen muß. Die fast durchgängige Verwendung von Holz für die sichtbaren Teile, der Einsatz gleich hoher Kopf- und Fußteile, die an den Seiten rahmenartig eingefaßt sind und die Ausgestaltung der Seitenstreben in der Art "normaler" Wangen sind freizuhaltende Gestaltungsmittel. Ebensowenig kann der Beklagten entgegengehalten werden, daß sie von den "V. "-Pflegebetten den Gedanken übernommen hat, die Hubsäulenfüße ihrer Betten mit Holz zu verkleiden. Eine solche gestalterische und praktische Grundidee, die einem Sonderschutz nicht zugänglich wäre, kann auch nicht auf dem Weg über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für einen Wettbewerber monopolisiert werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Erzeugnis, das dementsprechend gestaltet ist, und - wie hier festgestellt - eine hohe Verkehrsbekanntheit erlangt hat, vom Verkehr aufgrund der tatsächlichen Marktverhältnisse ohne weiteres einem bestimmten Unternehmen zugerechnet wird (vgl. dazu auch BGH GRUR 2002, 629, 633 - Blendsegel). Wird der Gedanke übernommen, die höhenverstellbaren Hubsäulenfüße mit Holz zu verkleiden, bietet sich die Verkleidung mit zwei ineinander passenden Quadern ohne weiteres - insbesondere unter dem Gesichts-
punkt der einfachen Fertigung, des Gebrauchszwecks und der Verkäuflichkeit der Ware - als eine angemessene Lösung an. Ohne Bestehen eines Sonderrechtsschutzes dürfen andere Unternehmen von solchen Gestaltungslösungen nicht ausgeschlossen werden.
Die sonstigen Übereinstimmungen zwischen den sich gegenüberstehenden Modellen betreffen Merkmale ohne besondere Eigenart. Entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts hat die Beklagte bei ihren Pflegebetten auch diese Merkmale nicht nahezu identisch übernommen. Die Form der Fußteile unterscheidet sich bei beiden angegriffenen Modellen in den einzigen individuellen Merkmalen, der Form des "Fensters" unter der Griffleiste und deren Spannungsbogen, deutlich von der Gestaltung der Ausführungsform des "V. "-Pflegebetts, die den Modellen der Beklagten am nächsten kommt. Auch die Verkleidung der Hubsäulenfüße weist bei den beanstandeten Pflegebetten Besonderheiten auf, wenn diese auch wenig auffallend sind. Sie ist bei diesen an der Vorderseite vorgewölbt, während sie bei den "V. "-Pflegebetten nur an den Kanten leicht gerundet ist. Bei den Modellen der Beklagten ist die Verkleidung der Hubsäulenfüße zudem breiter als bei den "V. "-Pflegebetten.
Mit dem Berufungsgericht kann angenommen werden, daß auch die angesprochenen Verkehrskreise - wie dargelegt jedenfalls im wesentlichen Fachleute - wegen der Ähnlichkeit der beanstandeten Pflegebetten mit Betten der Pflegebettserie "V. " (insbesondere in dessen Ausführungsform "Linie K") und der hohen Verkehrsbekanntheit dieser Pflegebettserie noch einer Herkunftstäuschung unterliegen können, wenn sie dem beanstandeten Modell begegnen. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht eine Gefahr der Verwechslung der beanstandeten Pflegebetten mit einem bestimmten Modell der Klägerin angenommen. Es hat vielmehr nur eine Gefahr festgestellt, die Pflegebetten der Beklag-
ten könnten für neue Varianten der Pflegebettserie "V. " gehalten werden, sowie die Gefahr, daß der Verkehr zwar wisse, daß die Betten von verschiedenen Herstellern stammten, aber organisatorische und/oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen diesen annehme. Es muß hier nicht erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen bei einer Ähnlichkeit von Produkten eine Herkunftstäuschung dieser Art angenommen werden kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.10.1962 - I ZR 21/61, GRUR 1963, 152, 156 = WRP 1963, 87 - Rotaprint; BGH GRUR 2001, 251, 254 - Messerkennzeichnung; BGH, Urt. v. 19.10.2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 = WRP 2001, 534 - Viennetta, jeweils m.w.N.). Auch soweit danach eine Herkunftstäuschung eintreten kann, beruht diese allein auf der Übernahme von Gestaltungselementen der Pflegebettserie "V. ", die freizuhalten sind und nicht für einen Wettbewerber monopolisiert werden dürfen, wie insbesondere der quaderförmigen Verkleidung der Hubsäulenfüße und der fast durchgängigen Verwendung von Holz als Material der sichtbaren Teile. Unter diesen Umständen muß - auch bei Berücksichtigung der Gesamtheit der Übernahmen - eine verbleibende, auch durch die Anbringung der Marke der Beklagten möglicherweise nicht ausgeräumte Herkunftstäuschung im weiteren Sinn hingenommen werden (vgl. dazu auch BGH GRUR 2002, 275, 277 - Noppenbahnen; BGH GRUR 2002, 629, 633 - Blendsegel).

b) Angebot und Vertrieb der beanstandeten Pflegebetten der Beklagten behindern die Klägerin unter den gegebenen Umständen auch nicht in unlauterer Weise (§ 1 UWG). Die Klägerin hat dazu neben der Nachahmung, die - wie dargelegt - unter den gegebenen Umständen nicht die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten begründen kann, keine zusätzlichen Unlauterkeitsmomente aufzeigen können. Preisunterbietungen sind als solche grundsätzlich wettbewerbsgemäß.
2. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Klägerin ihre Klage mit Erfolg auf Rechte aus den im Tatbestand aufgeführten Geschmacksmustern stützen kann.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert
32
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die mit dem Einkauf befassten durchschnittlich informierten und verständigen Fachleute aufgrund ihrer Kenntnisse über die verschiedenen Hersteller und deren jeweilige Produktpalet- te sowie der unterschiedlichen Kennzeichen der Parteien keiner Herkunftstäuschung unterliegen. Soweit die Revision geltend macht, bei Ärzten und Einkäufern der Kliniken erfolge die Einkaufsentscheidung gelegentlich aufgrund einer oberflächlichen Prüfung, kommt es hierauf aus Rechtsgründen nicht an. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf einen durchschnittlich informierten und aufmerksamen Angehörigen der Fachkreise abgestellt, der bei der Einkaufsentscheidung mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht. Dafür, dass bei diesem - selbst bei nur sporadischen Käufen, auf die die Revision abstellt - die Gefahr von Herkunftstäuschungen besteht, ist vom Berufungsgericht nichts festgestellt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Abschlussbericht vom 10. Dezember 2007 zu den Vorkommnissen im Endoprothetikbereich des Krankenhauses H. in B.. Die in diesem Bericht dokumentierten Vorgänge in einem einzelnen Krankenhaus betreffen nicht die Beschaffung der Endoprothesen und lassen keinen Rückschluss auf den im Endoprothetikbereich allgemein eingehaltenen Standard zu. Im Übrigen versucht die Revision mit ihren Ausführungen zur Gefahr einer Herkunftstäuschung lediglich, die Beurteilung des Tatrichters durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzeigen zu können.
41
b) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG festgestellt, dass die von den Beklagten beworbenen Produkte in ihren Ausstattungen und Bezeichnungen noch einen hinreichenden Abstand zu den jeweiligen Originalprodukten aufwiesen, so dass noch keine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung festgestellt werden könne. Für die Sichtweise der Endverbraucher, die das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Für diesen Verkehrskreis kann daher auch die für eine Unlauterkeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG erforderliche Verknüpfung der jeweiligen Waren nicht angenommen werden.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 225/98 Verkündet am:
19. Oktober 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Viennetta
Bei Produkten des täglichen Bedarfs, die sich in der äußeren Erscheinungsform
und insbesondere in der Gestaltung ihrer Verpackung von einer Fülle
ähnlicher Produkte nur wenig unterscheiden (hier: Eiscreme in Haushaltspakkungen
), ist im Rahmen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes
bei der Beurteilung der vermeidbaren Herkunftstäuschung im allgemeinen
davon auszugehen, daß der Verkehr sich in erster Linie an der Produktbezeichnung
und der Herstellerangabe orientiert und die verschiedenen
Erzeugnisse nicht ausschließlich nach der äußeren Gestaltung der Ware oder
der Verpackung unterscheidet. Nur im Falle der identischen Übernahme aller
wesentlichen Gestaltungsmerkmale kann eine Herkunftstäuschung trotz unterschiedlicher
Produkt- oder Herstellerbezeichnungen naheliegen.
BGH, Urt. v. 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof.
Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 31. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin produziert und vertreibt - ihren Angaben zufolge seit dem Jahr 1983, zumindest aber seit dem Jahr 1985 - das Speiseeis "Viennetta". Dabei handelt es sich um ein in Haushaltspackungen servierfertig abgepackt angebotenes Produkt, das aus dünnen übereinanderliegenden Eisschichten
besteht, auf die eine kakaohaltige Fettglasur aufgesprüht ist. Es besitzt eine längliche Rechteckform und weist, wie die nachstehende Abbildung zeigt, an den beiden Längsseiten ein Wellenmuster in vier übereinanderliegenden Reihen auf:
Die Beklagte bringt seit April 1996 das Eis "Café au lait" auf den Markt. Bei diesem Produkt handelt es sich um ein Speiseeis, das, wie die nachstehende Abbildung zeigt, aus zwei übereinander angeordneten Eisschichten besteht :

Die Klägerin sieht hierin einen Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung durch nahezu identische Nachahmung. Sie macht geltend, die wettbewerbliche Eigenart von "Viennetta" liege insbesondere in der vorher nicht bekannten, in der Werbung besonders gepflegten und herausgestellten und bis zum Marktzutritt der Beklagten mit "Café au lait" einzigartig gebliebenen Wellenstruktur der Eiscremeschichten, die rein optische Gründe habe. Die Beklagte habe diese Wellenstruktur mit ihrem beanstandeten Produkt ohne Not übernommen. Auch wenn diesem Produkt der für "Viennetta" ferner charakteristische - zu einem besonderen Geschmackserleb-
nis führende (sogen. Blistereis) - Blättereis-Effekt fehle, werde deshalb ein nicht unbeachtlicher Teil des Verkehrs annehmen, daß das Eis "Café au lait" von der Klägerin stamme.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre Klage ferner auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 2 MarkenG gestützt.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen , ein Speiseeis gemäß nachstehender Abbildungen anzubieten, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß dünne Schichten Speiseeis extrudiert wellig abgelegt angeordnet sind. (Es folgen vier Abbildungen der von der Beklagten für das Eis "Café aulait" verwendeten Verpackungen.)
Sie hat ferner Auskunftserteilung und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat insbesondere die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin in Abrede gestellt und vorgebracht , wellenförmige Verzierungen seien bei Speiseeis gang und gäbe. Bei der "Wellenform" des Eises "Café aulait" handele es sich um ein durch dessen Herstellungsart und Produkteigenschaften bedingtes technisches Merkmal, das der Auflockerung des Eises diene, um so einen Cremeeiseffekt zu erzielen. Angesichts der Unterschiede in der Gestaltung der beiderseitigen Produkte könne von einer unmittelbaren Leistungsübernahme oder einem identischen
Nachmachen des Produkts "Viennetta" sowie von einer Herkunftstäuschung durch die Beklagte keine Rede sein.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß es bei der Verletzungsform auf die Abbildungen von zwei Verkaufspackungen sowie des Produkts der Beklagten Bezug genommen und den Auskunftsanspruch sowie die Schadensersatzfeststellung auf die Zeit seit dem 1. April 1996 beschränkt hat.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche unter dem Gesichtspunkt ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes gemäß § 1 UWG für gerechtfertigt erachtet. Es hat eine vermeidbare Herkunftstäuschung angenommen und hierzu ausgeführt:
Das Produkt "Viennetta" besitze wettbewerbliche Eigenart, weil es nach seinem von dem sogenannten Blättereis-Effekt beeinflußten und durch die charakteristische Wellenstruktur der beiden Längsseiten sowie der übrigen Oberfläche maßgeblich geprägten ästhetischen Gesamteindruck geeignet sei, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft hinzuweisen.
Das folge insbesondere daraus, daß es bis zum Marktzutritt von "Café au lait" im Frühjahr 1996 kein vergleichbar gestaltetes Speiseeis gegeben habe. Die dem Erzeugnis "Viennetta" und dessen Verpackung bereits von Hause aus zukommende , zumindest durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart sei in den mehr als zehn Jahren bis zum Marktzutritt von "Café aulait" beachtlich gestärkt worden.
Vor diesem Hintergrund kämen das Erzeugnis "Café aulait" und dessen Verpackungen nach ihrem optischen Gesamteindruck dem Produkt "Viennetta" so nahe, daß von der Gefahr einer betrieblichen Herkunftstäuschung auszugehen sei. Das Erscheinungsbild von "Café au lait" werde maßgeblich von den übereinandergeschichteten Wellenreihen bestimmt, die optisch dessen Längsseiten beherrschten und deren Bewegung ebenfalls an der Oberfläche des Eises sichtbar sei. Damit beziehe das Produkt der Beklagten seine wettbewerbliche Eigenart gerade aus einem vom Publikum als Besonderheit der Aufmachung von "Viennetta" in Erinnerung behaltenen und bei Konkurrenzprodukten nicht bekannten Gestaltungsmerkmal, wobei sich die optische Übereinstimmung bei der Umsetzung dieses Merkmals fortsetze. Da der Verbraucher sich zudem erfahrungsgemäß eher an den Gemeinsamkeiten als an den Unterschieden der Produkte orientiere, werde ein zumindest nicht unbeachtlicher Teil des Publikums wegen dieser unverkennbaren Gemeinsamkeit der Produkte in einem maßgeblichen ästhetischen Merkmal ohne längeres Nachdenken "Café au lait" für ein Schwesterprodukt des Herstellers von "Viennetta" oder jedenfalls für ein Produkt eines Unternehmens halten, das aufgrund von rechtlichen oder sonstigen Beziehungen zum Hersteller von "Viennetta" zur Verwendung dieser Gestaltung berechtigt sei. Im Hinblick auf die von der Beklagten damit geschaffene Gefahr einer betrieblichen Herkunftstäuschung im mittelbaren sowie im weiteren Sinne spielten der Umstand, daß breite Kreise
der Verbraucher womöglich mit "Viennetta" auch oder sogar in erster Linie spontan die Vorstellung von einem Blättereis verbinden würden, sowie die weiteren Unterschiede zwischen diesem Eis und "Café au lait" keine Rolle mehr.
Bei den mit der Klage angegriffenen Verpackungen der Beklagten bestehe die Gefahr einer betrieblichen Herkunftstäuschung ebenfalls; denn deren Gesamteindruck werde maßgeblich von der in sämtlichen Details groß und deutlich wiedergegebenen Abbildung des Erzeugnisses "Café au lait" geprägt, bei der insbesondere die Wellenstruktur sofort ins Auge springe. Die anderen Elemente der Ausstattung dienten lediglich als beschreibende Hinweise auf den Eisgeschmack oder seien jedenfalls ungeeignet, den Eindruck von "Café au lait" als einer Zweitmarke von "Viennetta" bzw. als einem vom Hersteller von "Viennetta" lizenzierten Produkt ausreichend entgegenzuwirken. Auch der Unternehmenshinweis "S. " auf der Verpackung des Eises schaffe nicht den notwendigen Abstand von "Viennetta".
Die Beklagte handele auch subjektiv unlauter i.S. von § 1 UWG, weil sie die Gestaltung von "Viennetta" in Kenntnis der maßgeblichen Umstände ohne Not nachgeahmt habe.
Da die Klage damit bereits gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet sei, bedürfe es keiner Prüfung , ob sie auch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 2 MarkenG begründet wäre.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei gem. § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes in der Form der vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , daß die Übernahme einer Gestaltungsform, die nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz steht, nach § 1 UWG wettbewerbswidrig sein kann, wenn das Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten , die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 523 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst; Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, Umdr. S. 11 - Messerkennzeichnung , jeweils m.w.N.).
1. Das Berufungsgericht hat dem in Haushaltspackungen angebotenen Speiseeis "Viennetta" der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zugesprochen, da dieses Erzeugnis aufgrund seiner durch die Blättereisstruktur und die an den Längsseiten erkennbare Wellenform geprägte äußere Gestaltung geeignet sei, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft von "Viennetta" hinzuweisen. Es kann dahinstehen, ob die dagegen gerichteten Angriffe der Revision durchgreifen. Es kann unterstellt werden, daß - wie vom Berufungsgericht angenommen - sowohl der äußeren Gestaltung als auch der Verpackung des Produktes der Klägerin von Haus aus zumindest durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart zukommt, die zum Zeitpunkt des Marktzutritts der Beklagten im Frühjahr 1996 mit dem beanstandeten Produkt "Café au lait" sogar beachtlich gestärkt war.
2. Die Revision wendet sich jedenfalls mit Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht das Unlauterkeitsmerkmal einer vermeidbaren Herkunftstäuschung bejaht hat. Dies gilt auch unter Beachtung des Grundsatzes, daß zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung besteht; je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit begründen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 213/96, GRUR 1999, 1106, 1108 = WRP 1999, 1031 - Rollstuhlnachbau).

a) Nach den v om Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Beklagte das Produkt der Klägerin weder identisch noch nahezu identisch übernommen. Es ist jedoch von einer nachschaffenden Übernahme ausgegangen , weil die optische Übereinstimmung unverkennbar und augenfällig sei. Die sich gegenüberstehenden Produkte wiesen an den Längsseiten übereinander geschichtete Wellenreihen auf, die insofern übereinstimmend ausgestaltet seien , als sie aus eng aneinandergereihten Bögen bestünden, die hoch aufgerichtet und markant konturiert seien. Das Berufungsgericht hat dabei nicht verkannt , daß das Produkt der Klägerin vier Wellenreihen, das der Beklagten nur zwei Reihen aufweist und daß auch die Schlaufen unterschiedlich ausgebildet sind. Es hat auch berücksichtigt, daß das Produkt der Klägerin im Gegensatz zu dem der Beklagten eine Blättereisstruktur aufweist, die auch an den Längsseiten sichtbar wird.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß aufgrund der Abweichungen jedenfalls keine unmittelbare Herkunftsverwechslung festgestellt werden kann. Es ist jedoch davon ausgegangen, daß eine betriebliche
Herkunftstäuschung im mittelbaren und weiteren Sinne vorliegt, da nicht unbeachtliche Teile des Publikums das Produkt der Beklagten aufgrund der Übereinstimmungen für ein Schwester- oder Zweitprodukt von "Viennetta" bzw. für das Erzeugnis eines mit dem Hersteller von "Viennetta" rechtlich oder in sonstiger Weise verbundenen Unternehmens halten. Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht ist zwar im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß eine nach § 1 UWG unzulässige vermeidbare Herkunftstäuschung auch dann vorliegen kann, wenn der Verkehr bei dem nachgeahmten Produkt annimmt, es handele sich um eine Zweitmarke des Originalherstellers , oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, Umdr. S. 17 ff. - Messerkennzeichnung, m.w.N.). Diese Voraussetzungen lassen sich indessen auch unter Berücksichtigung einer gesteigerten wettbewerblichen Eigenart des Produkts der Klägerin auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht bejahen, und zwar weder hinsichtlich der Produktgestaltung selbst noch hinsichtlich der vom Verbot ebenfalls erfaßten Verpackung.
aa) Soweit es um die Produktgestaltung selbst geht, mag die Verkehrsvorstellung einer Zweitmarke oder des Bestehens wirtschaftlicher oder organisatorischer Beziehungen in Betracht gezogen werden. Denn das Berufungsgericht verweist zu Recht darauf, daß der Käufer meist nicht beide Erzeugnisse zugleich vor Augen hat und sich daher auf seine Erinnerung verläßt. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz kann auch von der von der Revision beanstandeten Feststellung des Berufungsgerichts ausgegangen werden, daß der Verkehr als charakteristisches Merkmal des Produktes der Klägerin die an den
Längsseiten sichtbare Wellenstruktur in Erinnerung behält und meint, diese trotz der Abweichungen im Produkt der Beklagten wiederzufinden. Gleichwohl kann nicht angenommen werden, daß beachtliche Teile des Verkehrs allein aufgrund der äußeren Gestaltung über die betriebliche Herkunft getäuscht werden. Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend beachtet, daß die in Rede stehenden Produkte beider Parteien dem Verkehr bei der Kaufentscheidung nur in der jeweiligen Verpackung gegenübertreten. Eine Veräußerung des Speiseeises ohne Verpackung scheidet aus. Damit entfällt auch eine Herkunftstäuschung allein aufgrund der äußeren Gestaltung des Produkts in der für die Verkehrsvorstellung in erster Linie maßgebenden Kaufsituation. Auf spätere Situationen, in denen das Eis aus seiner Verpackung entnommen und zum Verzehr präsentiert wird, kann nicht entscheidend abgestellt werden. Davon abgesehen, daß das Eis in dem so präsentierten Zustand ohnehin nur sehr begrenzt haltbar ist, treten mit der Portionierung die an den Schnittflächen augenfälligen substanzmäßigen sowie die aufgrund des Blättereiseffekts auch in geschmacklicher Hinsicht bestehenden - unstreitigen - Unterschiede gegenüber der allenfalls für eine Herkunftstäuschung sprechenden Wellenform des Eises deutlich in den Vordergrund. Dementsprechend liegt auch die Annahme fern, daß sich eine bei der Präsentation des ausgepackten Produkts aufgrund der Wellenstruktur ergebende Ä hnlichkeit des Eises "Café au lait" mit dem Eis "Viennetta" auf eine in der Zukunft zu treffende weitere Kaufentscheidung auswirken wird. Von einer Herkunftstäuschung nicht unbeachtlicher Teile des Verkehrs kann insoweit nicht gesprochen werden.
bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts entfällt eine vermeidbare Herkunftstäuschung aber auch aufgrund der von der Klägerin ebenfalls angegriffenen Gestaltung der Verpackung des Eises "Café au lait" der Beklagten. Das Berufungsgericht hat maßgebend darauf abgestellt, daß die bei-
derseitigen Verpackungen durch die naturalistischen Abbildungen der Erzeugnisse geprägt seien, bei denen insbesondere die Wellenstruktur sofort ins Auge springe. Es entstehe daher der Eindruck von "Café au lait" als einer Zweitmarke von "Viennetta" bzw. eines vom Hersteller von "Viennetta" lizenzierten Produkts. Dem kann nicht beigetreten werden.
Die Herbeiführung der Gefahr von Herkunftstäuschungen ist nur dann wettbewerbswidrig, wenn ihr nicht durch zumutbare Maßnahmen seitens des Nachahmenden entgegengewirkt wird. Die Beantwortung der Frage, welche Maßnahmen im Einzelfall zur Vermeidung von Herkunftsverwechslungen geeignet und zumutbar sind, liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet (BGH GRUR 2000, 521, 524 f. - Modulgerüst, m.w.N.). Insbesondere die Frage, welche Bedeutung der Verkehr der Anbringung von (unterscheidenden) Kennzeichnungen beimißt, bedarf einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls, um feststellen zu können, ob dadurch eine Täuschung des Verkehrs vermieden wird (BGH, Urt. v. 14.1.1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 753 = WRP 1999, 816 - Güllepumpen, m.w.N.). Dem ist das Berufungsgericht im Blick auf die deutlich unterschiedlichen Produktbezeichnungen und Herstellerangaben nicht hinreichend nachgegangen. Soweit es angenommen hat, der Verkehr verstehe aufgrund der gemeinsamen Wellenstruktur die Produktbezeichnung "Café au lait" als Zweitmarke von "Viennetta", hat es unberücksichtigt gelassen, daß der Verkehr die Produktbezeichnung der Beklagten schon allein aufgrund des jeweiligen Unternehmenshinweises - "L. " einerseits und "S. " andererseits - nicht dem Hersteller von "Viennetta" als Zweitmarke zurechnet. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die unterschiedliche Herstellerangabe als ungeeignet angesehen hat, einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken, wird von der allgemeinen Lebenserfahrung nicht getragen. Das Berufungsgericht hat ausge-
führt, es sei zum einen an diejenigen Verbraucher zu denken, die zwar den Namen "Viennetta" und die Gestaltung dieses Eises kennen, sich aber nicht an den Hersteller ("L. ") erinnerten. Zum anderen vermöge selbst aus der Sicht derjenigen, die wüßten, daß "Viennetta" von "L. " stamme, der Hinweis "S. " nicht die Vorstellung auszuschließen, daß "Café au lait" von "S. " sich nur mit Gestattung von "L. " der sonst nur für "Viennetta" charakteristischen Wellenform bedienen dürfe.
Ob die deutliche Hervorhebung des Herstellernamens ausreicht, um die Gefahr einer Herkunftsverwechslung in ausreichendem Maße einzudämmen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine vermeidbare Herkunftstäuschung wäre dann zu bejahen, wenn der Verkehr sich nicht auch an der Herstellerangabe , sondern allein an der äußeren Gestaltung orientieren und diese allein deswegen einem bestimmten Hersteller zuordnen würde (vgl. BGH GRUR 1999, 751, 753 - Güllepumpen). Davon kann bei Eiscremeprodukten nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht ausgegangen werden. Die Revision weist mit Recht darauf hin, der Verkehr sei bei derartigen Produkten gewohnt , sich einer Fülle von Waren und Sortimenten gegenüberzusehen, die sich in ihrer äußeren Erscheinungsform und insbesondere in der Gestaltung ihrer Verpackung meist nicht wesentlich unterscheiden, sondern regelmäßig sehr stark ähneln, trotzdem aber von unterschiedlichen Herstellern stammen. Es erscheint deshalb eher fernliegend, daß der Verkehr sowohl die Produktbezeichnung als auch die Herstellerangabe völlig vernachlässigt und sich ausschließlich an einem Gestaltungsmerkmal - der Wellenstruktur - orientiert; dies insbesondere in einem Fall, in dem nicht einmal eine identische Übernahme vorliegt, weil zumindest ein wesentliches Element, das den Gesamteindruck mitprägt - hier der Blättereis-Effekt -, nicht übernommen worden ist. Für die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daß die Teile des Verkehrs, denen
die Hersteller "L. " und "S. " bekannt seien, von einer Gestattung seitens der Klägerin ausgingen, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Es entspricht nicht der Lebenserfahrung, daß ein Unternehmen seinem Konkurrenten die nachschaffende Übernahme seiner Produkte gestattet.
III. Danach kann das auf die Bejahung einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 1 UWG gestützte Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Klageansprüche unter dem von der Klägerin im Berufungsverfahren ferner geltend gemachten Gesichtspunkt des Markenschutzes, zu dem das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen hat, an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Diese wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.