vorgehend
Landgericht Berlin, 102 O 67/06, 21.11.2006
Kammergericht, 5 U 199/06, 21.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/07 Verkündet am:
29. Oktober 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stumme Verkäufer II
Der Absatz von Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen ("stumme
Verkäufer") ist selbst bei erheblichem Schwund weder unter dem Gesichtspunkt
einer unzulässigen Beeinträchtigung der Kaufinteressenten noch unter dem
Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung wettbewerbswidrig (Aufgabe
von BGH GRUR 1996, 778 - Stumme Verkäufer I).
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Berliner Zeitungsmarkt, unter anderem auf dem Gebiet der entgeltlichen meinungsbildenden Tageszeitungen. Die Klägerin verlegt die "B. Z. " und den "BE. K. ". Zu den von der Beklagten herausgegebenen Zeitungen gehört seit Mai 2004 die Tageszeitung "W. KO. ", die für 70 Cent im Einzelverkauf oder im Abonnement erhältlich ist. Der Marktanteil aller von der Beklagten verlegten Zeitungen auf dem Berliner Zeitungsmarkt beträgt - bezogen auf die verkauften Exemplare - 50%.
2
Die Beklagte plant, die "W. KO. " auch über ungesicherte Verkaufshilfen , sogenannte "stumme Verkäufer", abzusetzen. In einer ersten Testphase stellte sie solche Verkaufshilfen im Juli und August 2005 vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe auf.
3
Nach Ansicht der Klägerin ist der Einsatz ungesicherter Verkaufshilfen für den Vertrieb entgeltlicher Tageszeitungen wettbewerbswidrig. Wegen der zu erwartenden Schwundquote laufe diese Vertriebsart auf eine Gratisabgabe hinaus. Darin liege ein übertriebenes Anlocken. Auch führe diese Praxis zu einer allgemeinen Marktbehinderung.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Kaufzeitung "W. KO. " auf dem Berliner Zeitungsmarkt über mechanische Verkaufshilfen (sogenannte "stumme Verkäufer") anzubieten bzw. anbieten zu lassen und/oder zu vertreiben bzw. vertreiben zu lassen, soweit diese Verkaufshilfen nicht gegen kostenlose Entnahme der in ihnen enthaltenen Zeitungsexemplare gesichert sind.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die "W. KO. " spreche andere Leserschichten an als herkömmliche Zeitungsangebote. Der Leser sei mittlerweile auch an kostenlose Informationsangebote zum Beispiel im Internet gewöhnt und werde deshalb durch stumme Verkaufshilfen nicht unsachlich in seiner Kaufentscheidung beeinflusst. Eine konkrete Störung des Berliner Pressemarktes sei nicht ersichtlich.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
7
In der Berufungsverhandlung hat sich die Beklagte unter Versprechen einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 8.000 € verpflichtet, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ungesicherte Verkaufshilfen für den Vertrieb der "W. KO. " in Berlin zu verwenden, ohne dass auf jedem Automaten ein deutlich sichtbarer Hinweis über den Kaufpreis sowie die Angabe "Diebstahl wird verfolgt, Kontrolleure im Einsatz" erfolgt und durch eine Vereinbarung mit dem für die Bestückung der Automaten zuständigen Dienstleister sichergestellt wird, dass durch regelmäßige stichprobenartige Kontrollen der Automaten gewährleistet wird, dass Zeitungen nur gegen Bezahlung entnommen werden.
8
Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (KG GRUR-RR 2008, 171).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für nicht begründet erachtet und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
11
Ein Unterlassungsanspruch bestehe nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung. Voraussetzung hierfür sei eine konkrete Gefahr , Mitbewerber vom Markt zu drängen. Eine abstrakte Gefährdung des Wettbewerbs reiche nicht aus. Dies gelte nicht nur bei Gratiszeitungen, sondern auch bei Kaufzeitungen. Eine konkrete Gefährdung des Berliner Pressemarktes sei selbst dann nicht anzunehmen, wenn von 3.000 geplanten Verkaufshilfen mit je 25 Exemplaren sowie von einem Schwund von 60% und damit von einem Anteil von 10% der in Berlin verkauften Zeitungen ausgegangen werde. Ob sich die Gefahr einer Marktbehinderung in Zukunft durch Nachahmungshandlungen der Mitbewerber ergeben könne, lasse sich noch nicht hinreichend sicher vorhersehen.
12
Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Wertreklame und des übertriebenen Anlockens nach § 4 Nr. 1 UWG. Zwar seien die Verkaufshilfen der Beklagten bislang so geplant und gestaltet gewesen, dass sie nicht unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs dazu verleiteten, Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Verbraucher würden so in ihrer Kaufentscheidung irrational beeinflusst. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung gewährleiste aber, dass beim Einsatz der Verkaufshilfen ein ausreichender Überwachungsdruck ausgeübt werde, um die Verkehrskreise von der unentgeltlichen Entnahme abzuhalten.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Recht verneint. Die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss i.S. des § 4 Nr. 1 UWG zu beeinträchtigen (dazu II 1); auch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung ist sie nicht als wettbewerbswidrig zu beurteilen (dazu II 2).
14
1. Der Klägerin steht der unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Kaufinteressenten (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) geltend gemachte Anspruch weder als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG noch als vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
15
a) Nach der noch zu § 1 UWG a.F. ergangenen Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH, Urt. v. 15.2.1996 - I ZR 1/94, GRUR 1996, 778 = WRP 1996, 889) kann die kostenlose Abgabe einer entgeltlichen Zeitung - sofern sie in großem Umfang und über einen langen Zeitraum erfolgt - einen unsachlichen Gewöhnungseffekt erzeugen, so dass die Leser dauerhaft der ihnen durch die kostenlose Abgabe bekannt gewordenen Zeitung den Vorzug geben, auch wenn diese später nicht mehr kostenlos abgegeben wird. Der kostenlosen Abgabe stehe eine Vertriebsmethode gleich, bei der - wie beim Vertrieb von Zeitungen über "stumme Verkäufer", die zu einer Schwundquote von 60% führten - von vornherein mit einer so hohen Diebstahls- oder Schwundquote zu rechnen sei, dass sie im Ergebnis auf eine kostenlose Abgabe hinauslaufe (BGH GRUR 1996, 778, 780 - Stumme Verkäufer).
16
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung am 21. September 2007, der für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des Verletzungsunterlassungsanspruchs maßgeblich ist (BGH, Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717, 719 = WRP 2002, 679 - Vertretung der Anwalts-GmbH), lediglich im Juli und August 2005 probeweise vor den Schwimmbädern der Berliner Bäderbetriebe elf Verkaufshilfen aufgestellt hatte. Eine solche zeitlich und räumlich begrenzte Abgabe zu Testzwecken war nach der Lebenserfahrung nicht geeignet, einen unsachlichen Gewöhnungseffekt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu erzeugen.
17
b) Ein auf §§ 3, 4 Nr. 1 UWG gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch scheitert hier jedenfalls daran, dass es insoweit an einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf die Personen fehlt, die sich durch die beanstandete Geschäftsmethode der Beklagten dazu verleiten lassen, die in deren Verkaufshilfen angebotenen Zeitungen ohne Bezahlung zu entnehmen. Die Grenze zur Unlauterkeit ist nach § 4 Nr. 1 UWG erst dann überschritten, wenn eine geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Nachfrageentscheidung der angesprochenen Marktteilnehmer vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Tz. 13 = WRP 2008, 777 - Nachlass bei der Selbstbeteiligung, m.w.N.). Unter dem geltenden, die Vorgaben der Richtiline 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken berücksichtigenden Recht kann zudem darauf abgestellt werden, dass eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers i.S. des § 4 Nr. 1 UWG nur dann gegeben ist, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch unzulässige Beeinflussung i.S.
des Art. 2 lit. j der Richtlinie erheblich beeinträchtigt (Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 1.7b). Dies ist im Hinblick darauf, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, auch im Streitfall zu berücksichtigen.
18
Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einer unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Kunden - gleichgültig, ob sie die entnommene Zeitung ordnungsgemäß bezahlen oder ohne Zahlung mitnehmen - ausgegangen werden. Nach der Lebenserfahrung liegt es fern, dass die Kunden durch die ihnen eröffnete und von ihnen zum Teil auch wahrgenommene Möglichkeit der weithin gefahrlosen Entwendung von Zeitungen nachhaltig beeinflusst werden und in Zukunft beim entgeltlichen Erwerb von Zeitungen nicht mehr rational entscheiden können, welchem Angebot sie den Vorzug geben. Im Übrigen verdient die geschäftliche Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern, die sich selbst nicht marktkonform verhalten, keinen Schutz nach § 4 Nr. 1 UWG.
19
2. Der Klägerin steht der von ihr unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung (§ 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008) geltend gemachte Anspruch aus den oben unter II 1 a genannten und hier entsprechend geltenden Gründen nicht als Verletzungsunterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG zu. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, insoweit bestehe auch kein vorbeugender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
20
a) Die unter der Geltung des § 1 UWG a.F. anerkannte Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung (Marktstörung) ist zwar nicht im Beispielstatbestandskatalog des § 4 UWG 2004 aufgeführt, der seit 30. Dezember 2008 in dem durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) nur geringfügig geän- derten § 4 UWG 2008 fortgilt; sie soll aber nach der Ansicht des Gesetzgebers - entsprechend dem nicht abschließenden Charakter der Beispielstatbestände - gleichwohl unter die Generalklausel des § 3 UWG 20043 Abs. 1 UWG 2008) fallen können (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). In Übereinstimmung damit ist auch der Senat in seiner Rechtsprechung zum UWG 2004 davon ausgegangen, dass die zu dieser Fallgruppe entwickelten Grundsätze weiter fortgelten (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 144/03, GRUR 2006, 596 Tz. 13 ff. = WRP 2006, 888 - 10% billiger; Urt. v. 2.10.2008 - I ZR 48/06, GRUR 2009, 416 Tz. 24 f. = WRP 2009, 432 - Küchentiefstpreis-Garantie). Dieser Ausgangspunkt entspricht auch der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.1; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 1 f.; Harte/Henning /Omsels, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rdn. 248; Fezer/Osterrieth, UWG, 2. Aufl., § 4-S1 Rdn. 11; Lux, Der Tatbestand der allgemeinen Marktbehinderung , 2006, S. 346; zweifelnd Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 28; Müller-Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 346; für die Aufgabe der Fallgruppe der allgemeinen Marktstörung Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 10/97). Da die Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung zudem außerhalb des Regelungsanspruchs der Richtlinie 2005/89/EG über unlautere Geschäftspraktiken liegt (Köhler, GRUR 2005, 793, 799), ist auch unter der Geltung des § 3 Abs. 1 UWG 2008 davon auszugehen, dass eine danach unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung unzulässige geschäftliche Handlung gemäß den hierzu bereits unter der Geltung des § 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 - ad-hoc-Meldung; BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln) dann vorliegt, wenn ein für sich genommen zwar nicht unlauteres , aber immerhin bedenkliches Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, dass der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb in erheblichem Maß eingeschränkt wird.
21
b) In den Entscheidungen "20 Minuten Köln" (BGHZ 157, 55) und "Zeitung zum Sonntag" (Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 120/00, WRP 2004, 746) hatte der Senat den kostenlosen Vertrieb von zwei Zeitungen zu beurteilen: einer an Haltestellen ausgelegten und an belebten Stellen im Stadtgebiet verteilten Zeitung mit einem redaktionellen Teil, der etwa zwei Drittel ihres Inhalts ausmachte und neben lokalen Nachrichten Berichte insbesondere aus Politik, Kultur und Sport enthielt ("20 Minuten Köln"), sowie einer Sonntagszeitung, die ihrem Erscheinungsbild nach eine Leserzeitung war und redaktionelle Beiträge zu regionalen und überregionalen Themen, eine umfassende Sportberichterstattung und einen ausführlichen Veranstaltungskalender enthielt ("Zeitung zum Sonntag"). Weil diese Zeitungen im vollen Umfang durch Anzeigen finanziert wurden, lag kein Verschenken geldwerter Leistungen vor; die Rechtsprechung zur massenweisen unentgeltlichen Abgabe von Originalware war deshalb nicht anwendbar (BGH WRP 2004, 746, 747 - Zeitung zum Sonntag; vgl. auch BGHZ 157, 55, 60 - 20 Minuten Köln). Da die Garantie der Pressefreiheit nicht danach unterscheidet , ob sich eine Zeitung mit redaktionellem Textteil allein durch Anzeigen oder daneben auch durch ein vom Leser für den Erwerb zu zahlendes Entgelt finanziert , können entgeltlich vertriebene Zeitungen im Rahmen der wettbewerblichen Beurteilung nicht auf eine höhere Stufe gestellt werden als anzeigenfinanzierte (BGHZ 157, 55, 62 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Der Umstand, dass bei gratis verteilten Zeitungen eine größere Gefahr der Einflussnahme der Werbetreibenden auf die Arbeit, Ausrichtung und personelle Besetzung der Redaktion bestehen mag, rechtfertigt es ebenfalls nicht, der durch die Leserschaft (mit-)finanzierten Tageszeitung von vornherein einen höheren Schutz vor einer Marktstörung zuzubilligen (BGHZ 157, 55, 63 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonn- tag). Damit kann weder entgeltlich vertriebenen Zeitungen ein präventiver Schutz zugesprochen noch das unentgeltliche Verteilen von Tageszeitungen unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Wettbewerbsbestands als wettbewerbswidrig angesehen werden (BGHZ 157, 55, 63 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 - Zeitung zum Sonntag). Da das Wettbewerbsrecht gerade dem freien Spiel der Kräfte des Markts im Rahmen der gesetzten Rechtsordnung Raum gewähren soll, können die konkurrierenden Zeitungen keine Sicherung ihres Bestands beanspruchen. Mögliche Absatzrückgänge bei Kaufzeitungen führen auch nicht dazu, dass die Gratisverteilung wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre (BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 748 f. - Zeitung zum Sonntag). Wegen der verfestigten Strukturen und der damit extrem hohen Marktzutrittsschranken auf den Pressemärkten können sich neue Anbieter kaum anders als über ausschließlich anzeigenfinanzierte Zeitungen etabliere. Daher führt auch eine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb zu keiner anderen Beurteilung (BGHZ 157, 55, 65 - 20 Minuten Köln; BGH WRP 2004, 746, 749 - Zeitung zum Sonntag).
22
c) Diese Erwägungen haben auch für die Beurteilung der im Streitfall gegebenen Abgabe von entgeltlichen Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen zu gelten, die es mit sich bringt, dass ein erheblicher Teil der Zeitungen entwendet und damit - jedenfalls aus der Sicht der Mitbewerber und des Marktes - unentgeltlich abgegeben wird (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24; MünchKomm.UWG/Heermann, Anh. §§ 1-7 B Rdn. 41 und 51; Müller -Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 357; Köhler , WRP 2005, 645, 652; Lux aaO S. 167 und 429; Fezer/Osterrieth aaO § 4-S1 Rdn. 222). Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass diejenigen Gesichtspunkte, die nach der Senatsrechtsprechung für die grundsätzliche Zulässigkeit der unentgeltlichen Abgabe rein anzeigenfinanzierter Zeitungen spre- chen (vgl. oben unter II 2 b), sämtlich in gleicher oder immerhin vergleichbarer Weise bei der wegen häufiger Entwendungen faktisch teilweise unentgeltlichen Abgabe an sich entgeltlicher Zeitungen vorliegen. Vor allem handelt es sich in beiden Fällen nur bei vordergründiger Betrachtung um eine ganz oder - im Fall der Abgabe über stumme Verkäufer - teilweise unentgeltliche Abgabe; denn tatsächlich erfolgt die Finanzierung im einen Fall ganz über Anzeigen und im anderen Fall teilweise auf diese Weise und im Übrigen über die Zahlungen derjenigen Kunden, die das an den Verkaufshilfen verlangte Entgelt ordnungsgemäß entrichten. Lauterkeitsrechtlich bedenklich werden beide Vertriebssysteme erst dann, wenn sie zu einer dauerhaften Abgabe unter Selbstkosten führen und auf diese Weise den Bestand des Wettbewerbs gefährden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.24). Soweit sich aus der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" Gegenteiliges ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.
23
d) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer Begehungsgefahr für eine allgemeine Marktbehinderung ohne Rechtsfehler verneint.
24
aa) Die für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr stellt eine materielle Anspruchsvoraussetzung dar (BGH, Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255 = WRP 2001, 151 - Augenarztanschreiben; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.10 m.w.N.). Da es sich um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt (BGHZ 173, 188 Tz. 54 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Bornkamm in Köhler/ Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.11 m.w.N.), liegt die Beweislast hierfür beim Anspruchsteller (MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 110; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99).
25
bb) Das Drohen einer Rechtsverletzung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG setzt, soweit eine allgemeine Marktbehinderung in Rede steht, voraus, dass das Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, der auf unternehmerischer Leistung beruhende Wettbewerb werde in erheblichem Maß eingeschränkt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 157, 55, 61 - 20 Minuten Köln, m.w.N.). Von einer solchen Gefahr ist nur dann auszugehen, wenn greifbare Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Entwicklung vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 880 = WRP 2004, 1272 - Werbeblocker ; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.7; Müller-Bidinger/ Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 350; Fezer/Büscher aaO § 8 Rdn. 99). Soweit in diesem Zusammenhang eine Nachahmungsgefahr mit berücksichtigt werden soll, müssen zudem auch greifbare Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verhalten der Mitbewerber sprechen (Köhler in Köhler/ Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.11 m.w.N.).
26
cc) Die durch das erstmalige Drohen begründete Erstbegehungsgefahr kann - anders als die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr, für deren Bestehen eine tatsächliche Vermutung streitet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, GRUR 2004, 446, 447 = WRP 2003, 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rdn. 1.33 m.w.N.) - im Allgemeinen bereits durch ein entgegengesetztes Verhalten und daher, wenn sie - wie im Streitfall - auf Äußerungen beruht, auch schon durch deren Widerruf oder die Erklärung des Unterlassungswillens ausgeräumt werden, sofern mit dieser Äußerung von dem ursprünglichen Vorhaben unmissverständlich und ernstlich Abstand genommen wird (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1176 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe). Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine von der Klägerin nicht hinzunehmende allgemei- ne Marktbehinderung droht, daher mit Recht zugunsten der Beklagten berücksichtigt , dass diese ihre über die aufzustellenden Verkaufshilfen vertriebenen Zeitungen in der Weise gegen Entwendungen schützen will, wie sie es in der von ihr in der Berufungsverhandlung abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung beschrieben hat.
27
dd) Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Beurteilung, dass danach kein hinreichender Grad der Gefährdung des Wettbewerbsbestandes gegeben ist, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
28
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Beklagte 3.000 Verkaufshilfen aufzustellen beabsichtigt und danach bei einer angenommenen Diebstahlsquote von 60% ein Schwund von 45.000 Zeitungen zu erwarten wäre, wobei dieser Schwund in absoluten Zahlen gesehen dreimal so hoch wäre wie in dem der Senatsentscheidung "Stumme Verkäufer I" zugrunde liegenden Fall und 10% der in Berlin insgesamt verkauften Tageszeitungen ausmachen würde. Eine konkrete Gefährdung des Wettbewerbsbestandes wäre damit indessen nicht dargetan. Inwieweit eine solche - unterstellte - Absatzsteigerung der Beklagten zu einem entsprechenden Rückgang des Absatzes anderer Zeitungen führen würde, ist völlig offen. Denn unter denjenigen, die die Möglichkeit zur weithin gefahrlosen Entwendung einer Tageszeitung nutzen, werden nach der Lebenserfahrung nicht wenige sein, die andernfalls entweder gar keine oder eben die Tageszeitung der Beklagten gekauft hätten würden. Im Übrigen könnte auch bei einem Absatzrückgang in der Größenordnung von 10% noch nicht von einer konkreten Bestandsgefährdung ausgegangen werden (vgl. BGHZ 157, 55, 64 f. - 20 Minuten Köln).
29
Unter diesen Umständen stellt sich die vom Senat in der Entscheidung "Stumme Verkäufer I" (BGH GRUR 1996, 778, 780) aufgeworfene Frage nicht, ob sich die Abgabe der Zeitungen über die Verkaufshilfen ausnahmsweise als wettbewerbsrechtlich unbedenklich darstellt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die von der Beklagten zugesagten Sicherungsmaßnahmen die nach den bisherigen Erfahrungen anzunehmende Entwendungsquote von 60% zu senken vermögen.
30
III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 21.11.2006 - 102 O 67/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.09.2007 - 5 U 199/06 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt

Film-, Medien- und Urheberrecht


Die Kanzlei "Streifler & Kollegen" vertritt Sie auch in Angelegenheiten des Film-, Medien- und Urheberrechts.
EnglischFranzösisch 1 mehr anzeigen

Referenzen - Veröffentlichungen

Artikel schreiben

1 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07.

1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07.

UWG: Rechtsprechungsänderung: Absatz von Tageszeitungen über ungesicherte Verkaufshilfen kein unlauterer Wettbewerb

21.04.2010

BGH vom 29.10.2009 - Az: I ZR 180/07 - Anwalt für Wettbewerbsrecht - UWG - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Allgemeines

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. (2) Vorschri

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07 zitiert oder wird zitiert von 24 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2007 - I ZR 60/05

bei uns veröffentlicht am 08.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 60/05 Verkündet am: 8. November 2007 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juni 2004 - I ZR 26/02

bei uns veröffentlicht am 24.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 26/02 Verkündet am: 24. Juni 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2003 - I ZR 120/00

bei uns veröffentlicht am 20.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 120/00 Verkündet am: 20. November 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs h

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2002 - I ZR 137/00

bei uns veröffentlicht am 14.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 137/00 Verkündet am: 14. November 2002 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Mai 2001 - I ZR 106/99

bei uns veröffentlicht am 31.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 106/99 Verkündet am: 31. Mai 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 144/03

bei uns veröffentlicht am 30.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 144/03 Verkündet am: 30. März 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2001 - I ZR 29/99

bei uns veröffentlicht am 25.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 29/99 Verkündet am: 25. Oktober 2001 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2000 - I ZR 128/98

bei uns veröffentlicht am 29.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 128/98 Verkündet am: 29. Juni 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ad-ho

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Okt. 2008 - I ZR 48/06

bei uns veröffentlicht am 02.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 48/06 Verkündet am: 2. Oktober 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2000 - I ZR 141/98

bei uns veröffentlicht am 28.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 141/98 Verkündet am: 28. September 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
14 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2009 - I ZR 180/07.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2013 - IV ZR 215/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 215/12 Verkündet am: 4. Dezember 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG §§

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2014 - I ZR 120/09

bei uns veröffentlicht am 15.05.2014

Berichtigt durch Beschluss vom 15. Mai 2014 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 120/09 Verkündet am: 26. Februar 2014 Führinger Justizangestellte als Ur

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2014 - I ZR 119/09

bei uns veröffentlicht am 15.05.2014

Berichtigt durch Beschluss vom 15. Mai 2014 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 119/09 Verkündet am: 26. Februar 2014 Führinger Justizangestellte als Ur

Bundesgerichtshof Urteil, 03. März 2011 - I ZR 167/09

bei uns veröffentlicht am 03.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 167/09 Verkündet am: 3. März 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 29/99 Verkündet am:
25. Oktober 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Vertretung der Anwalts-GmbH

a) Die Klagebefugnis einer Rechtsanwaltskammer für einen Wettbewerbsverstoß
eines der Kammer angehörenden Rechtsanwalts entfällt nicht deswegen, weil
die Kammer gegen den Rechtsanwalt auch mit berufsrechtlichen Mitteln, z.B.
mit einem belehrenden Bescheid oder einer Rüge, hätte vorgehen können.

b) Die im Wettbewerbsrecht geltende Vermutung der Wiederholungsgefahr entfällt
, wenn eine bestehende Unsicherheit darüber, ob das beanstandete Verhalten
verboten ist, durch eine klarstellende Gesetzesänderung beseitigt worden
ist.
BGH, Urt. v. 25. Oktober 2001 – I ZR 29/99 – OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte nach dem Klageantrag zu a) verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Rechtsanwalt in München. Er ist Gesellschafter und Generalbevollmächtigter der 1995 gegründeten “F. K. & Partner GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft” mit Sitz in Köln. Sämtliche Gesellschafter sind Rechtsanwälte. Zwei von ihnen sind die Geschäftsführer der Gesellschaft, die in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover und München Niederlassun-
gen betreibt. Der Beklagte ist befugt, zusammen mit einem anderen vertretungsberechtigten Rechtsanwalt Mandate anzunehmen. Eine Einzelvertretungsbefugnis hat er nicht.
Klägerin ist die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München. Sie steht auf dem Standpunkt, es verstoße gegen das Zweigstellenverbot des § 28 BRAO und gegen die Bestimmungen über die überörtliche Sozietät in § 59a Abs. 2 BRAO, wenn eine Rechtsanwalts-GmbH nicht an jedem Kanzleiort über einen alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter verfüge, für den diese Kanzlei den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen und ± soweit für das Revisionsverfahren noch von Belang ± beantragt,
dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, seinen Beruf als in München zugelassener Rechtsanwalt im Rahmen einer beim Registergericht in Köln eingetragenen und mit “F. K. & Partner GmbH” firmierenden Rechtsanwaltsgesellschaft zu betreiben, wenn und solange nicht am Kanzleisitz in München sowie an jedem anderen auf den vom Beklagten verwendeten Briefkopf angegebenen Kanzleisitz mindestens ein Anwalt seine berufliche Tätigkeit ausübt, der alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der “F. K. & Partner GmbH” ist, hilfsweise: nicht am Kanzleisitz in München sowie an jedem anderen auf dem vom Beklagten verwendeten Briefkopf angegebenen Kanzleisitz mindestens ein Anwalt seine berufliche Tätigkeit ausübt, der aufgrund organschaftlich oder rechtsgeschäftlich erteilter Einzelvertretungsmacht befugt ist, mit Wirkung für oder gegen die “F. K. & Partner GmbH” Mandatsverträge abzuschließen.
Das Berufungsgericht hat die Klage mit einem weiteren Antrag abgewiesen; insofern ist die Sache nicht ins Revisionsverfahren gelangt. Hinsichtlich der Verurteilung aufgrund eines dritten Antrags hat der Senat die Revision nicht angenommen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten , der Bestimmung des § 59a Abs. 2 BRAO sei bereits dann genügt, wenn in jeder Zweigniederlassung ein Rechtsanwalt mit Gesellschafterstatus und umfassender Vertretungsbefugnis, nicht notwendig Einzelvertretungsbefugnis, seinen Tätigkeitsschwerpunkt habe.
Das Landgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Im Hinblick auf das damals laufende Gesetzgebungsverfahren, in dem es u.a. um die Regelung der Rechtsanwaltsgesellschaft (heute §§ 59c bis 59m BRAO), darunter auch um die Bestimmung des jetzigen § 59i BRAO ging, wonach in Zweigniederlassungen einer Rechtsanwalts-GmbH ein geschäftsführender Rechtsanwalt tätig sein muû, hat das Berufungsgericht im Februar 1998 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Verabschiedung, aber vor Inkrafttreten der Neuregelung am 1. März 1999 hat das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung am 22. Oktober 1998 fortgesetzt und die Berufung des Beklagten mit Urteil vom selben Tage zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 1 UWG i.V. mit §§ 28, 59a BRAO bejaht und zur Begründung ausgeführt:
In dem Verhalten des Beklagten, der den Beruf des Rechtsanwalts ausübe, ohne daû an seinem Kanzleisitz in München sowie an den anderen im Briefkopf benannten Kanzleisitzen ein alleinvertretungsberechtigter geschäftsführender Rechtsanwalt tätig sei, liege ein berufsrechtlicher Verstoû ± und zwar gegen das Zweigstellenverbot (§ 28 BRAO) und gegen die Regelung über die berufliche Zusammenarbeit (§ 59a BRAO) ± sowie ein Wettbewerbsverstoû nach § 1 UWG. Dabei hat sich das Berufungsgericht in erster Linie auf die Neuregelung des § 59i BRAO gestützt, die nunmehr ausdrücklich festlegt, daû Rechtsanwaltsgesellschaften ± also Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist (§ 59c Abs. 1 BRAO) ± sowohl an ihrem Sitz als auch am Ort der Niederlassungen jeweils durch einen geschäftsführenden Rechtsanwalt tätig sein müssen. Zwar ± so das Berufungsgericht ± sei die Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung noch nicht in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen legten jedoch im wesentlichen nur das fest, was schon bisher gegolten habe. Schon unter Geltung des bisherigen Rechts sei in Anlehnung an § 59a Abs. 2 BRAO gefordert worden, daû in Niederlassungen überörtlicher Rechtsanwaltsgesellschaften ein Geschäftsführer tätig sei. Auch der Regelungszweck des Zweigstellenverbots werde dadurch erreicht , daû an jedem Kanzleisitz wenigstens ein Anwalt tätig sei, der Verträge mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft abzuschlieûen befugt sei. Der Beklagte sei passivlegitimiert, weil er durch sein Verhalten unter Verstoû gegen die Vor-
schriften der Bundesrechtsanwaltsordnung zumindest den Wettbewerb der Gesellschaft fördere; diese verschaffe sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil vor gesetzestreuen Rechtsanwälten, daû sie die Kanzleikosten durch den Verzicht auf einen Geschäftsführer an jedem Kanzleiort niedriger halte. Dieser Verstoû sei ohne weiteres wettbewerbsrechtlich relevant.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen in dem Umfang, in dem der Senat die Revision des Beklagten angenommen hat, zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Klägerin ist nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG befugt, Wettbewerbsverstöûe auch der eigenen Mitglieder zu verfolgen.
Eine Rechtsanwaltskammer hat die Klagebefugnis eines rechtsfähigen Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (st. Rspr.; vgl. u.a. BGHZ 109, 153, 156 ± Anwaltswahl durch Mieterverein; 119, 225, 227 ± Überörtliche Anwaltssozietät; BGH, Urt. v. 30.4.1997 ± I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 ± Die Besten II; Urt. v. 9.10.1997 ± I ZR 92/95, WRP 1998, 172, 173 ± Professorenbezeichnung in der Arztwerbung III; Urt. v. 2.4.1998 ± I ZR 4/96, GRUR 1998, 835, 836 = WRP 1998, 729 ± Zweigstellenverbot; Urt. v. 3.12.1998 ± I ZR 112/96, GRUR 1999, 748, 749 = WRP 1999, 824 ± Steuerberaterwerbung auf Fachmessen; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 30.9.1981 ± 1 BvR 545/81; Beschl. v. 18.3.1992 ± 1 BvR 1503/88; zur Klagebefugnis öffentlich-rechtlicher Kammern gemäû § 13 Abs. 2 Nr. 2 AGBG vgl. BGHZ 81, 229, 230). Die Kammern freier Berufe sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil auch sie ± ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung ± die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern haben. Die Klagebefugnis der Rechts-
anwaltskammern besteht ± sofern die sonstigen Voraussetzungen der Klagebefugnis gemäû § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG gegeben sind ± auch hinsichtlich der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche gegen ihre Mitglieder.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Vertreter der Revision es zur Überprüfung durch den Senat gestellt, ob diese Befugnis der Klägerin im Streitfall nicht doch an Grenzen stoûe und die Klägerin als eine mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht gehalten sei, gegen ihre Mitglieder in erster Linie mit den Mitteln des Berufsrechts vorzugehen. Die Klägerin ist indessen auch bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäûigkeit nicht genötigt, auf die Durchsetzung der zivilrechtlichen Unterlassungsansprüche gegenüber ihren Mitgliedern zugunsten von berufsrechtlichen Maûnahmen zu verzichten. Denn berufsrechtlich kann der Vorstand der Klägerin lediglich eine Belehrung (§ 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO) oder eine Rüge (§ 73 Abs. 2 Nr. 4, § 74 Abs. 1 BRAO) aussprechen oder die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens anregen (§§ 120a, 113 ff. BRAO). Dagegen sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, eine Untersagungsverfügung zu erlassen, die ± ähnlich wie ein auf Unterlassung gerichtetes Urteil eines Zivilgerichts ± vollstreckt werden könnte. Eine Belehrung oder eine Rüge geht, selbst wenn sie im anwaltsgerichtlichen Verfahren bestätigt wird (vgl. § 74a BRAO), nicht weiter als ein Feststellungsurteil. Der Klägerin stehen somit keine der zivilrechtlichen Unterlassungsklage entsprechenden berufsrechtlichen Mittel zu Gebote. Daher kann es ihr auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichst schonenden Umgangs mit ihren Mitgliedern nicht verwehrt werden, die ihr zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche auf dem dafür von der Rechtsordnung vorgesehenen Wege durchzusetzen.
2. In der Sache wendet sich die Revision in erster Linie gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bereits nach altem Recht sei in jeder Niederlassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft die Tätigkeit eines geschäftsführenden Rechtsanwalts geboten gewesen. Da das alte Recht ± so die Revision ± kein entsprechendes Gebot aufgestellt habe, fehle es an einer Verletzungshandlung des Beklagten , die eine Wiederholungsgefahr und damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 1 UWG begründen könne. Auf das alte Recht kommt es indessen bei dem in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch nicht mehr an. Ob der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht, ist auch in der Revisionsinstanz allein nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beantworten (vgl. BGHZ 141, 329, 336 ± Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 14.3.2000 ± KZR 15/98, WRP 2000, 759, 760 ± Zahnersatz aus Manila; Urt. v. 9.11.2000 ± I ZR 185/98, GRUR 2001, 348, 349 = WRP 2001, 397 ± Beratungsstelle im Nahbereich, jeweils m.w.N.).
3. Zwar steht das von der Klägerin beanstandete Verhalten des Beklagten mit der Neuregelung in § 59i BRAO nicht in Einklang. Den getroffenen Feststellungen läût sich jedoch keine Wiederholungs- oder (Erst-)Begehungsgefahr entnehmen.

a) Durch die am 1. März 1999 in Kraft getretene Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung hat sich die Rechtslage insoweit verändert, als § 59i BRAO nunmehr eindeutig bestimmt, daû am Sitz und an jeder Zweigniederlassung der Rechtsanwaltsgesellschaft zumindest ein organschaftlicher Vertreter als Rechtsanwalt tätig sein muû.

b) Indessen kann ± worauf die Revision mit Recht hinweist ± allein aus dem Umstand, daû für die Rechtsanwaltsgesellschaft des Beklagten nach den
getroffenen Feststellungen kein geschäftsführender Rechtsanwalt am Kanzleisitz in München tätig war, nicht darauf geschlossen werden, es bestehe nach der erfolgten Gesetzesänderung die Gefahr, der Beklagte werde auch weiterhin auf seinem Standpunkt beharren. Vielmehr entfällt die im Wettbewerbsrecht geltende Vermutung, ein Wettbewerber werde sein in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten auch in der Zukunft fortsetzen oder wiederholen (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 26.10.2000 ± I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 ± TCM-Zentrum ), immer dann, wenn die Wettbewerbswidrigkeit des fraglichen Verhaltens in der Vergangenheit umstritten war, aufgrund einer Gesetzesänderung nunmehr aber eindeutig zu bejahen ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1988 ± I ZR 218/86, NJW-RR 1989, 101, 102 ± Brillenpreise I; Urt. v. 13.3.1997 ± I ZR 34/95, GRUR 1997, 665 = WRP 1997, 719 ± Schwerpunktgebiete; Urt. v. 30.10.1997 ± I ZR 185/95, GRUR 1998, 591, 592 f. = WRP 1998, 502 ± Monopräparate; Köhler in Köhler /Piper, UWG, 2. Aufl., vor § 13 Rdn. 20; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche , 7. Aufl., Kap. 46 Rdn. 39). Denn es kann nicht angenommen werden, daû derjenige, der bei zweifelhafter Rechtslage sein Verhalten mit vertretbaren Gründen gegen den Vorwurf eines Rechtsverstoûes verteidigt, auch dann auf einer Fortsetzung oder Wiederholung seines Handelns besteht, wenn der Gesetzgeber die offene Frage eindeutig im Sinne des zuvor streitigen Verbots entschieden hat.
Nach altem Recht lieû sich allein aus dem Zweigstellenverbot des § 28 BRAO und der Regelung des § 59a Abs. 2 Satz 1 BRAO, wonach im Falle der überörtlichen Sozietät in jeder Kanzlei zumindest ein Mitglied der Sozietät schwerpunktmäûig tätig sein muû, nicht ohne weiteres schlieûen, daû die übe rörtliche Rechtsanwaltsgesellschaft an jedem Standort durch einen Rechtsanwalt vertreten sein muûte, der einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer war. Denn es erscheint zumindest nicht zwingend, daû nur der alleinvertretungsberechtigte ge-
schäftsführende Gesellschafter einer GmbH mit dem in § 59a BRAO angesprochenen Mitglied der Sozietät ± also mit dem Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, um die es sich im Regelfall bei der Sozietät handelt ± vergleichbar ist. Auch wenn, wie die Klägerin vorgetragen hat, die Rechtsanwaltskammern aus Sorge um eine Umgehung des Zweigstellenverbots auf eine restriktive Praxis drängten, wollte jedenfalls ein Teil des Schrifttums es ausreichen lassen , daû an jedem Standort der Rechtsanwalts-GmbH zumindest ein generalbevollmächtigter Gesellschafter den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit hatte (vgl. vor allem Henssler, ZHR 161 [1997], 305, 320; ders., ZIP 1997, 1481, 1485; ders. in Henssler/Prütting, BRAO, Anh. § 59a Rdn. 11; Henssler in Henssler /Streck [Hrsg.], Handbuch des Sozietätsrechts, 2001, Kap. E Rdn. 174). Auch im Gesetzgebungsverfahren war die Frage, wie überörtliche Rechtsanwaltsgesellschaften an den jeweiligen Standorten vertreten sein sollten, durchaus umstritten (vgl. Henssler, NJW 1999, 241, 243; ders., ZIP 1997, 1481, 1485). Die Frage der Alleinvertretungsbefugnis hat auch der Gesetzgeber nicht in dem von der Klägerin für notwendig gehaltenen Sinne geklärt; denn § 59i BRAO sagt nichts darüber aus, ob der geschäftsführende Gesellschafter alleinvertretungsbefugt sein muû (vgl. dazu eingehend Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl., § 59f Rdn. 6 ff.). Mit Recht weist die Revision darauf hin, daû eine Vertretungsregelung, nach der ein geschäftsführender Rechtsanwalt nur zusammen mit einem anderen in derselben Niederlassung tätigen Anwalt vertretungsbefugt ist, auch im Hinblick auf das Zweigstellenverbot keinen Bedenken begegnet (so auch Henssler in Henssler/Streck aaO Kap. E Rdn. 174).
Das Verhalten des Beklagten erlaubt unter diesen Umständen nicht den Schluû, er werde auch nach dem Inkrafttreten des § 59i BRAO weiterhin darauf bestehen, daû in München und anderen Niederlassungen der Rechtsanwaltsgesellschaft kein organschaftlicher Vertreter tätig sein müsse. Das Berufungsgericht
hat zwar eine klarstellende Erklärung des Beklagten nach der Verabschiedung des BRAO-Änderungsgesetzes vermiût. Es hat aber selbst nicht deutlich gemacht , daû es eine derartige Erklärung erwartet hat. In der mündlichen Verhandlung hätte ohne weiteres geklärt werden können, ob der Beklagte sich auch unter der Geltung des (damals noch nicht in Kraft getretenen) künftigen Rechts zu einer Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens für berechtigt hielt.

c) Die Revisionserwiderung tritt dem mit der Erwägung entgegen, für die Frage des Vorliegens der Wiederholungsgefahr komme es allein auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an. Dabei läût sie jedoch unberücksichtigt, daû das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zur Frage der Wiederholungs- oder (Erst-)Begehungsgefahr getroffen hat. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung geht es daher nicht darum , abweichend von § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. (= § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F.) das tatsächliche Vorbringen des Beklagten in der Revisionsinstanz zu verwerten , wonach die Rechtsanwaltsgesellschaft der Gesetzesänderung inzwischen dadurch Rechnung trage, daû in jeder Zweigniederlassung ein Geschäftsführer schwerpunktmäûig tätig sei. Auch wenn der Beklagte seinen Vortrag nicht in dieser Weise ergänzt hätte, wären die durch die Gesetzesänderung notwendig gewordenen ergänzenden Feststellungen zur Wiederholungsgefahr nachzuholen.
Diese Feststellungen können auch nicht ausnahmsweise (dazu Musielak/ Ball, ZPO, 2. Aufl., § 561 Rdn. 10) anhand des in Kopie vorgelegten Auszugs aus dem Handelsregister im Revisionsverfahren getroffen werden. Die Klägerin hat mit Recht darauf verwiesen, daû der ergänzende Vortrag des Beklagten nicht in jeder Hinsicht durch das Handelsregister belegt werde. Es ist einstweilen noch offen, ob der Vortrag des Beklagten zu den inzwischen geltenden Vertretungsverhältnissen unstreitig ist oder nicht.
4. Das angefochtene Urteil kann unter diesen Umständen keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um den Parteien ergänzendes Vorbringen zu ermöglichen und ihnen Gelegenheit zu geben, gegebenenfalls auf den Wegfall der Begehungsgefahr durch geeignete Prozeûerklärungen zu reagieren. Bei der zu treffenden Entscheidung wird das Berufungsgericht ferner zu berücksichtigen haben, daû das beantragte Verbot ungeachtet der Frage der Vertretung durch einen geschäftsführenden Rechtsanwalt in zweifacher Hinsicht einer ergänzenden Begründung bedurft hätte: Zum einen läût sich dem Berufungsurteil nicht ohne weiteres entnehmen, weswegen der Beklagte dafür haften soll, daû an anderen Standorten der Rechtsanwalts-GmbH ebenfalls kein organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft tätig war. Zum anderen kann die Klägerin auch unter der Geltung des neuen Rechts nicht beanspruchen, daû in jeder Niederlassung ein alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer tätig ist. Auch in herkömmlichen Sozietäten könnte vereinbart werden, daû ein Sozius nur mit einem weiteren Rechtsanwalt zur Vertretung berechtigt ist. Mit dem Zweigstellenverbot des § 28 BRAO geriete eine solche Vertretungsregelung erst dann in Konflikt , wenn die in einer Niederlassung tätigen Anwälte auch gemeinsam nicht zur Vertretung berechtigt wären, sondern noch der Mitwirkung eines weiteren, am Hauptsitz oder in einer anderen Niederlassung tätigen Anwalts bedürften.
Erdmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 60/05 Verkündet am:
8. November 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nachlass bei der Selbstbeteiligung
Der Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG setzt die Erfüllung aller Merkmale
des Tatbestandes der das Marktverhalten regelnden gesetzlichen Vorschrift
voraus.
Soweit ein Versicherungsnehmer die Interessen des Versicherers wahrzunehmen
hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten eine unangemessene
unsachliche Beeinflussung i.S. des § 4 Nr. 1 UWG darstellen, wenn
der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot
einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzugeben.
BGH, Urt. v. 8. November 2007 - I ZR 60/05 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. März 2005 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten der ersten Instanz unter Abänderung der Kostenentscheidung im Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen vom 22. September 2004 der Klägerin zu 26% und dem Beklagten zu 74% auferlegt werden.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte betreibt einen Reparaturservice für Schäden an Autoglasscheiben. Er warb im März 2004 mit dem nachstehend verkleinert wiedergegebenen Gutschein:
2
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält diese Werbung für wettbewerbswidrig. Der Rabatt in Höhe von 50% der Selbstbeteiligung locke die Kunden übertrieben an. Zudem werde zum Vertragsbruch verleitet, da der versprochene Nachlass zu Lasten des Versicherers gehe. Selbst wenn der Beklagte mit einigen Versicherern Abmachungen über die Zulässigkeit des beworbenen Preisnachlasses getroffen habe, sei die beanstandete Werbung jedenfalls gegenüber denjenigen Kunden irreführend, mit deren Versicherern keine solche Vereinbarung bestehe.
3
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt, den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der an Letztverbraucher gerichteten Werbung mit dem Hinweis "Bei Windschutzscheiben- und Heckscheiben-Austausch 50% Nachlass der Selbstbeteiligung (bei 150 Euro)" zu werben, insbesondere wenn diese Ankündigung wie ein Gutschein aufgemacht ist, es sei denn, der Beklagte hat zuvor eine Zustimmung der jeweiligen Versicherungsgesellschaft zu der Reduzierung der Selbstbeteiligung eingeholt , und/oder entsprechend der Ankündigung zu verfahren.
4
Der Beklagte hat behauptet, er habe sich in Rahmenverträgen mit verschiedenen Versicherern dazu verpflichtet, nur bestimmte Preise in Rechnung zu stellen. Im Gegenzug hätten die Versicherer sich damit einverstanden erklärt , dass er den Kunden deren Selbstbehalt zur Hälfte erstatte. Die Gutscheine seien ausschließlich in Agenturen von Versicherern hinterlegt worden, mit denen entsprechende Vereinbarungen bestanden hätten. Sie seien so gestaltet, dass sie im Falle ihres Abhandenkommens nicht von Kunden anderer Versicherer verwendet werden könnten. Die Wettbewerbswidrigkeit folge auch nicht daraus , dass die Gutscheine in einem Fall bei einer Agentur der H. , mit der keine entsprechende Vereinbarung bestanden habe, ausgelegen hätten. Die betreffenden Gutscheine seien von der -Autoglas E. in Verkehr gebracht worden; an ihr sei der Beklagte nicht beteiligt.
5
Das Landgericht hat der Klage mit dem vorstehend wiedergegebenen Unterlassungsantrag stattgegeben (LG Essen WRP 2005, 523). Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamm Schaden-Praxis 2006, 439).
6
Mit seiner (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch für gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 263 StGB, § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 1 UWG a.F. begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
8
Die Vorschrift des § 263 StGB sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Ein Wettbewerber, der auf das Wettbewerbsgeschehen betrügerisch einwirke, begehe daher zugleich einen Wettbewerbsverstoß. Dies sei bei dem in Aussicht gestellten fünfzigprozentigen Nachlass auf die Selbstbeteiligung der Fall. Der Versicherer reguliere den Schaden abzüglich des Selbstbehalts. Das Verschweigen des Rabatts stelle daher einen Betrug zu Lasten des Versicherers dar. Dieser sei ein geschützter Marktteilnehmer, weil er wegen der Besonderheiten der Kaskoversicherung hinsichtlich der Preisgestaltung in die Rolle des Kunden rücke.
9
Der Beklagte sei anspruchsverpflichtet, weil er sich durch das Inverkehrbringen des Gutscheins an dem Betrug beteiligt habe. Die Gestaltung des Gutscheins stelle nicht sicher, dass dieser nur bei solchen Schadensfällen verwendet werde, in denen zwischen dem Versicherer des Kunden und dem Beklagten eine entsprechende Absprache bestehe. Das beanstandete Verhalten sei auch schon nach dem früheren Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wettbewerbswidrig gewesen.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Der Klägerin steht der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch zwar nicht wegen eines vom Beklagten zu verantwortenden Rechtsbruchs i.S. des § 4 Nr. 11 UWG zu. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber jedenfalls im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn die von der Klägerin beanstandete Werbung ist geeignet, die Entscheidungsfreiheit der mit ihr angesprochenen Marktteilnehmer durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen (§§ 3, 4 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 2. Altern., Abs. 3 Nr. 2 UWG; §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.).
11
1. Die streitgegenständliche Werbung verstößt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 263 StGB. Sie stellt allenfalls eine versuchte Anstiftung zum Betrug dar, die als solche nicht strafbar ist. Der Rechtsbruchtatbestand setzt demgegenüber die Erfüllung aller Merkmale des Tatbestandes der das Marktverhalten regelnden gesetzlichen Vorschrift voraus (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.50; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 81).
12
2. Die streitgegenständliche Werbung verstößt aber gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, da sie geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Markteilnehmer unangemessen unsachlich zu beeinflussen (vgl. auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.39a).
13
a) Das Werben mit Preisnachlässen ist nach der Aufhebung des Rabattgesetzes allerdings wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Entsprechen- de Angebote unterliegen seither nur einer Missbrauchskontrolle. Ein Preisnachlass ist danach u.a. dann wettbewerbswidrig, wenn von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgeht, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung auch bei einem verständigen Verbraucher vollständig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.2003 - I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 - Einkaufsgutschein; Urt. v. 9.6.2004 - I ZR 187/02, GRUR 2004, 960 = WRP 2004, 1359 - 500 DM-Gutschein für Autokauf). Da die Anlockwirkung , die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, gewollte Folge des Wettbewerbs ist (BGH GRUR 2003, 1057 - Einkaufsgutschein; GRUR 2004, 960 - 500 DM-Gutschein für Autokauf; BGH, Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, GRUR 2006, 161 Tz. 17 = WRP 2006, 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille ), kann der Umstand allein, dass mit einem Rabatt geworben wird, die Unlauterkeit nicht begründen.
14
b) Eine unangemessene unsachliche Beeinflussung kommt aber dann in Betracht, wenn der angesprochene Verkehr bei Entscheidungen, die er zu treffen hat, auch die Interessen dritter Personen zu wahren hat. Soweit ein Versicherungsnehmer die Interessen des Versicherers wahrzunehmen hat, kann das Versprechen eines Vorteils zu seinen Gunsten gegen § 4 Nr. 1 UWG verstoßen , wenn der Versicherungsnehmer dadurch veranlasst werden kann, auf das Angebot einzugehen, ohne den Vorteil an den Versicherer weiterzuleiten. Der Streitfall ist insoweit mit den den Senatsentscheidungen "Kleidersack" (Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886) und "Quersubventionierung von Laborgemeinschaften" (Urt. v. 21.4.2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508) zugrunde liegenden Sachverhalten vergleichbar (vgl. auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.84; Seichter in Ullmann jurisPK-UWG § 4 Nr. 1 Rdn. 71; MünchKomm.UWG /Heermann, § 4 Nr. 1 Rdn. 197 ff.).
15
aa) Die beanstandete Werbung spricht nach den getroffenen Feststellungen die Halter von Kraftfahrzeugen an, für die eine Kaskoversicherung besteht. Diese erhalten den Rabatt für den Abschluss eines Vertrags, für dessen Kosten sie selbst nur in Höhe des Selbstbehalts und im Übrigen die Versicherer aufkommen müssen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AKB sind sie gehalten, alles zu tun, was der Minderung des Schadens dienen kann. Dies schließt neben der Verpflichtung , die Kosten für die Reparatur niedrig zu halten (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 13 AKB Rdn. 51; Jacobsen in Feyock/Jacobsen /Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., § 13 AKB Rdn. 33), auch ein, dass dem Versicherer gegenüber zutreffende Angaben zu den Kosten der Reparatur gemacht werden. Die nach dem Versicherungsvertrag gebotene objektive Entscheidung wird durch die vom Beklagten versprochene Barvergütung eines Teils des Selbstbehalts beeinträchtigt. Der Kunde hat in der Regel durch die Beauftragung einer günstigeren Werkstatt keine wirtschaftlichen Vorteile. Demgegenüber profitiert er von dem vom Beklagten versprochenen Rabatt unmittelbar , wenn er bereit ist, diesen seinem Versicherer zu verschweigen.
16
bb) Das Angebot des Beklagten kann den angesprochenen Verbraucher somit veranlassen, den Beklagten unter Verletzung seiner Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag und gegebenenfalls insbesondere unter Ausschlagung eines gleichwertigen oder günstigeren Angebots eines Mitbewerbers allein deshalb zu beauftragen, weil er den vom Beklagten versprochenen Vorteil erlangen möchte. Von der zugesagten Einsparung in Höhe von 75 € geht, da es sich dabei um einen nicht ganz unerheblichen Betrag handelt, ein hinreichendes Maß an Einflussnahme aus. Zwar wird ein Teil der Marktteilnehmer bei der Schadensabwicklung seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag beachten und daher den ihm in Aussicht gestellten Vorteil an den Versicherer weiterleiten. Nach der Lebenserfahrung besteht jedoch bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Bereitschaft, die Interessen der Versicherer im Blick auf den eigenen Vorteil nicht hinreichend zu wahren.
17
cc) Die Revision weist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend darauf hin, dass es an einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung fehlte, wenn der Beklagte ausschließlich an Kunden von Versicherern heranträte, die über die Art der Abrechnung unterrichtet und mit ihr einverstanden wären. Der Kunde würde in diesen Fällen nicht unsachlich in seiner Entscheidung beeinflusst , da er aufgrund des Einverständnisses den Interessen seines Versicherers nicht zuwiderhandelte (vgl. auch BGH, Urt. v. 8.11.2007 - I ZR 121/06, Ziffer II 2 b der Entscheidungsgründe). Dieser Vortrag verhilft der Revision jedoch im Ergebnis nicht zum Erfolg.
18
(1) Da das Berufungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen hat, ist im Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten von seinem Vortrag auszugehen, er habe mit bestimmten Versicherern entsprechende Vereinbarungen getroffen und seine Gutscheine auch nur bei Agenturen dieser Versicherer hinterlegt. Des Weiteren ist zu unterstellen, dass der Beklagte nicht bereit ist, den Rabatt anderen Kunden zu gewähren. Beides ändert jedoch nichts daran, dass sein Verhalten gegen § 4 Nr. 1 UWG verstößt.
19
(2) Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangegriffen - festgestellt, dass die Gutscheine auch Personen zugänglich waren, die ihr Fahrzeug bei anderen Versicherern versichert hatten. Frei von Rechtsfehlern ist auch seine Annahme, die Gestaltung der Gutscheine habe nicht erkennen lassen , dass der Vorteil nur dann gewährt werde, wenn für das Fahrzeug eine Kaskoversicherung bei einem Unternehmen bestehe, das mit dem Beklagten eine entsprechende Vereinbarung getroffen habe. Der Umstand, dass in die Gutscheine auch die Versicherungsagentur einzutragen war, steht dem nicht entgegen, da die entsprechende Angabe auch vom Versicherungsnehmer gemacht werden konnte. Die Gutscheine waren damit geeignet, auch solche Kunden anzulocken, die ihr Fahrzeug bei einem Unternehmen versichert hatten, mit dem der Beklagte keine Vereinbarung geschlossen hatte. Da es für die Beurteilung , ob ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG vorliegt, auf die Anlockwirkung ankommt , ist es im Übrigen unerheblich, inwieweit der Beklagte bereit war, diesen Kunden den in Aussicht gestellten Vorteil gleichwohl zu gewähren.
20
3. Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass der Beklagte für die beanstandete Werbung wettbewerbsrechtlich verantwortlich ist.
21
Die Haftung als Täter einer i.S. des § 3 UWG unzulässigen Wettbewerbshandlung setzt voraus, dass der in Anspruch Genommene durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne dieser Bestimmung adäquat kausal verwirklicht (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm aaO § 8 UWG Rdn. 2.5). So verhält es sich im Streitfall. Der Beklagte hat die streitgegenständlichen Gutscheine mit in den Verkehr gebracht. Zwar wäre sein Vorgehen nicht wettbewerbswidrig, wenn die Werbung sich auf Personen beschränkt hätte, die ihr Fahrzeug bei Versicherungsunternehmen versichert hatten, die mit dem Geschäftsmodell des Beklagten einverstanden waren. Der Beklagte hat aber eine Gefahrenlage geschaffen, da es - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat - nahelag, dass die Gutscheine auch Kunden von Versicherern, mit denen keine entsprechenden Abkommen geschlossen waren, zugänglich wurden und auf diese Weise eine unlautere Anlockwirkung entfalteten. Eine solche Verhaltensweise rechtfertigt die Bejahung einer wettbewerbsrechtlichen Verantwortung, wenn der Gefährdung nicht entgegengewirkt wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1993 - I ZR 14/91, GRUR 1993, 561, 562 = WRP 1993, 476 - Produktinformation I; Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 130/94, GRUR 1997, 139, 140 = WRP 1997, 24 - Orangenhaut). Auch der Beklagte hat hier keine ausreichenden Vorkehrungen dagegen getroffen, dass die Gutscheine nicht in die Hände Unbefugter gelangten. Wie bereits oben unter II 2 b cc (2) dargelegt, ergab sich aus den Gutscheinen nicht, dass der Preisnachlass nur dann gewährt werden sollte, wenn eine Fahrzeugversicherung bei einem Unternehmen bestand, das mit dem Beklagten eine entsprechende Vereinbarung getroffen hatte.
22
4. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, sein Verhalten sei als berechtigte wettbewerbliche Abwehr zu beurteilen, da einzelne Versicherer den Erlass einer Selbstbeteiligung anböten, wenn die Reparatur in einer von ihnen empfohlenen Werkstatt durchgeführt werde. Soweit der Beklagte hierin einen Verstoß gegen das Kartellrecht erblickt, kann er gegen ihn gemäß § 33 GWB vorgehen. Außerdem darf durch eine Abwehrmaßnahme grundsätzlich nicht in die Rechte oder berechtigten Interessen Dritter eingegriffen werden (vgl. BGHZ 111, 188, 191 - Anzeigenpreis I; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., § 18 Rdn. 8, jeweils m.w.N.).
23
5. Entgegen der Auffassung der Revision reicht die ausgesprochene Verurteilung auch nicht zu weit. Es ist anerkannt, dass bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag und entsprechend bei einer Verurteilung im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig sind, sofern das Charakteristische der konkreten Verletzungsform auch in dieser Form zum Ausdruck kommt (BGHZ 126, 287, 295 f. - Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 511 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017, 1018 = WRP 1999, 1035 - Kontrollnummerbeseitigung I). Das Charakteristische der im Streitfall zu beurteilenden konkreten Verletzungsform besteht darin, dass die Übernahme eines Teils der Selbstbeteiligung gegenüber Versicherungsnehmern angeboten wird, mit deren Versicherern keine Absprachen über die Zu- lässigkeit entsprechender Rabatte bestehen. Insoweit kommt es daher nicht maßgeblich darauf an, ob für ein solches Geschäftsmodell mittels eines Gutscheins oder in anderer Form geworben wird.
24
6. Die streitgegenständliche Werbung war auch schon im März 2004 wettbewerbswidrig. Der Verstoß ergab sich seinerzeit aus § 1 UWG a.F. Eine Änderung der Rechtslage ist daher insoweit durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht eingetreten (vgl. auch BGH GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack).
25
III. Danach hat die Revision des Beklagten in der Sache keinen Erfolg.
26
Das Landgericht hat dem Beklagten allerdings zu Unrecht die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz auferlegt. Es hat dabei nicht berücksichtigt , dass es die Fälle, in denen eine Zustimmung der Versicherer vorlag, vom Unterlassungsgebot ausgenommen hat. Die Kosten der ersten Instanz sind daher gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu teilen.
27
Die Kostenentscheidung für die Rechtsmittelinstanzen folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 22.09.2004 - 41 O 93/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.03.2005 - 4 U 174/04 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 144/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
10%billiger
Eine Preisgestaltung, durch die lediglich die abstrakte Gefahr begründet wird,
dass in einzelnen Fällen Waren unter Einstandspreis abgegeben werden, ist
keine unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung von Mitbewerbern
unlautere Wettbewerbshandlung. Sie ist objektiv nicht geeignet, einen oder
mehrere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen oder den Bestand des Wettbewerbs
ernstlich zu gefährden.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 144/03 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2003 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - IV. Kammer für Handelssachen - Sitz Pforzheim - vom 21. November 2002 teilweise abgeändert.
Die Klage wird mit dem Unterlassungsantrag abgewiesen.
Die Beklagte trägt 8,5% der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt Baumärkte. Sie warb am 13. August 2001 in der P. Zeitung mit der nachfolgend verkleinert auszugsweise wiedergegebenen ganzseitigen Anzeige:
2
Ebenfalls am 13. August 2001 eröffnete in der Nähe der Beklagten deren Mitbewerber B. einen Baumarkt, für den er mit einer Sonderzeitung mit Eröffnungsangeboten warb.
3
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat die Werbung der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der gezielten Behinderung als wettbewerbswidrig beanstandet. Die Werbung der Beklagten sei darauf gerichtet, den Mitbewerber durch systematisches Unterbieten der Preise zu verdrängen. Ein derart geführter Preiskampf sei auch wegen der Auswirkungen auf den übrigen Handel unlauter.
4
Sie hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in an letzte Verbraucher gerichteten Mitteilungen, insbesondere Zeitungsanzeigen , zu werben wie folgt: "Wir waren, sind und bleiben die Günstigsten! Sollten Sie bei irgendeinem örtlichen Einzelhändler einen identischen Artikel zum gleichen Zeitpunkt noch günstiger finden, auch wenn es ein Werbe- oder Eröffnungsangebot ist, machen wir Ihnen diesen Preis und Sie erhalten darauf 10% extra."
5
Weiter hat die Klägerin mit der Klage Erstattung von Kosten in Höhe von 842,66 € begehrt, die ihr durch die Rechtsverfolgung wegen einer anderen Werbeaktion der Beklagten entstanden sind.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
7
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie lediglich ihre Verurteilung zur Unterlassung angefochten hat, zurückgewiesen (OLG Karlsruhe OLG-Rep 2003, 500).
8
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung des Unterlassungsantrags gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe gemäß § 1 UWG a.F. die streitgegenständliche Werbung zu unterlassen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Es stehe einem Unternehmer zwar grundsätzlich frei, seine Preisgestaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen und dabei auch Konkurrenzpreise zu unterbieten. Die Preisunterbietung sei grundsätzlich selbst dann nicht zu beanstanden, wenn vorübergehend einzelne Artikel unter den eigenen Einstandspreisen abgegeben würden. Die Schwelle zur Unlauterkeit werde jedoch dann überschritten, wenn zum bloßen Angebot unterhalb der eigenen Einstandspreise weitere Unlauterkeitskriterien hinzuträten. Ein solches Unlauterkeitskriterium sei in der Rechtsprechung beispielsweise darin gesehen worden, dass die nicht kostengerechte Preiskalkulation auf Dauer angelegt sei und bezwecke , bestimmte Mitbewerber vom Markt zu verdrängen. Ein weiteres Unlauterkeitskriterium könnten Verkäufe unter dem Einstandspreis nach dieser Rechtsprechung erfüllen, wenn sie dazu führten, dass allgemein Mitbewerber vom Markt verdrängt würden, und wenn dadurch der Wettbewerb auf diesem Markt völlig oder nahezu aufgehoben werde.
11
Diese Voraussetzungen würden durch die Werbeanzeige der Beklagten erfüllt. Es handele sich um eine Preisunterbietung unterhalb der eigenen Einstandspreise. Dies gelte auch dann, wenn das Angebot in keinem Fall dazu geführt habe, dass die Beklagte ihre Einstandspreise tatsächlich habe unterschreiten müssen. Entscheidend sei, dass die Beklagte bei Verbreitung ihrer Werbeanzeige auch durchaus Verkaufspreise unterhalb der eigenen Einstandspreise in Kauf genommen habe. Wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei die Werbung der Beklagten wegen des Hinzutretens weiterer Unlauterkeitskriterien. Zum einen habe die Zielsetzung der für unbestimmte Zeit gültigen Werbemaßnahme der Beklagten vor allem darin bestanden, einen einzelnen Mitbewerber - nämlich den am Tag des Erscheinens der Werbung eröffneten Markt des Mitbewerbers B. - zu verdrängen. Dies ergebe sich daraus, dass das Wort "Eröffnungsangebot" in der Anzeige blickfangartig verwendet und gegenüber dem sonstigen Werbetext im Schriftgrad deutlich herausgehoben worden sei. Zum anderen ergebe sich die Wettbewerbswidrigkeit der Werbeanzeige aus deren allgemeiner Zielrichtung, Mitbewerber vom Markt zu verdrängen und dadurch den Wettbewerb insgesamt aufzuheben oder zumindest erheblich zu stören. Der von der Beklagten eröffnete ruinöse Preiskampf sei geeignet, mögliche dritte Konkurrenten vom Markt auszuschließen und somit die Existenz eines Wettbewerbs überhaupt zu gefährden.
12
II. Die Angriffe der Revision gegen diese Beurteilung haben Erfolg. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer gezielten Behinde- rung durch Preisunterbietung in Verdrängungsabsicht (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG; § 1 UWG a.F.) zu.
13
1. Im Rahmen der geltenden marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung steht es einem Unternehmen grundsätzlich frei, seine Preisgestaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen und auch die Preise von Konkurrenten zu unterbieten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 129, 203, 212 - Hitlisten-Platten; BGH, Urt. v. 6.10.1983 - I ZR 39/83, GRUR 1984, 204, 206 - Verkauf unter Einstandspreis II). Der Grundsatz der Preisunterbietungsfreiheit gilt auch beim Angebot identischer Waren (BGH GRUR 1984, 204, 206 f. - Verkauf unter Einstandspreis II). Auch der Verkauf unterhalb des Einstandspreises ist nicht grundsätzlich , sondern nur bei Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig (BGH, Urt. v. 31.1.1979 - I ZR 21/77, GRUR 1979, 321, 322 - Verkauf unter Einstandspreis I; Urt. v. 27.10.1988 - I ZR 29/87, GRUR 1990, 371, 372 = WRP 1989, 468 - Preiskampf m.w.N.). Entsprechend liegt in dem Anbieten von Waren unter Einstandspreis durch ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht nur dann eine unbillige Behinderung kleiner oder mittlerer Wettbewerber i.S. von § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB, wenn das Angebot nicht nur gelegentlich erfolgt und sachlich nicht gerechtfertigt ist, § 20 Abs. 4 Satz 2 GWB. Ein Angebot unter den Einstandspreisen des Unternehmens ist in der Rechtsprechung insbesondere dann als unlauter angesehen worden, wenn es in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, einen oder mehrere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen, und zu diesem Zweck eingesetzt wird (BGH GRUR 1979, 321, 322 - Verkauf unter Einstandspreis I).
14
2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seiner Auffassung, die von der Klägerin beanstandete Werbeanzeige der Beklagten erfülle die genannten Voraussetzungen einer unlauteren Preisunterbietung unterhalb der eigenen Einstandspreise, kann jedoch nicht gefolgt werden.
Der Sachvortrag der Parteien lässt nicht die Feststellung zu, dass das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten objektiv geeignet ist, durch Verkäufe unterhalb der Einstandspreise einen oder mehrere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen oder den Bestand des Wettbewerbs ernstlich zu gefährden.
15
a) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung das - von der Klägerin im zweiten Rechtszug nicht mehr bestrittene - Vorbringen der Beklagten zugrundegelegt , ihr Angebot habe in keinem Fall dazu geführt, dass sie ihre Einstandspreise tatsächlich habe unterschreiten müssen. Es meint allerdings, bei der vorliegenden Werbung komme es nicht darauf an, welche Preise die Beklagte letztlich in Erfüllung ihres Rabattversprechens tatsächlich habe gewähren müssen. Vielmehr sei entscheidend, dass sie sich im Voraus abstrakt zur Gewährung von Rabatten in einem Umfange verpflichtet habe, bei dem sie durchaus auch Verkaufspreise unterhalb der eigenen Einstandspreise in Kauf genommen habe, beispielsweise wenn der Mitbewerber B. seine Endverkaufspreise in Höhe der Einstandspreise der Beklagten festgesetzt hätte.
16
b) Diesen Ausführungen kann nicht zugestimmt werden. Unverzichtbare Voraussetzung für die Annahme einer unlauteren Preisunterbietung ist im Handel ein Angebot unter Einstandspreis (vgl. Großkomm.UWG/Brandner/ Bergmann, § 1 Rdn. A 51). Es genügt nicht, wenn eine Werbemaßnahme lediglich die abstrakte Gefahr begründet, dass Waren unter Einstandspreis abgegeben werden. Eine derartige Preisgestaltung ist objektiv nicht geeignet, einen oder mehrere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen.
17
aa) Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, der von der Beklagten beworbene Preisnachlass von 10% führe wegen der bekannt geringen Margen im Baustoffeinzelhandel zu einem Verkauf weit unter dem Einstandspreis, bestritten. Unter Hinweis auf ihren Geschäftsbericht 2000/2001 hat sie vorgetragen , ihre Handelsspanne in Prozent des Nettoumsatzes habe danach in dem relevanten Zeitraum (August 2001) bei 36,2% gelegen; ihre Mitbewerber, insbesondere der Mitbewerber B. , hätten keine geringeren Spannen erzielt. Ferner hat sie dargelegt, dass sie von den vierzehn Artikeln, die Gegenstand der Eröffnungswerbung des Mitbewerbers B. waren, im Zeitpunkt der Bewerbung drei Artikel angeboten hat. Für diese drei Artikel hat sie den von dem Mitbewerber B. verlangten Preis sowie ihre eigenen Verkaufs - und Einkaufspreise angegeben. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte unter Bezugnahme darauf geltend gemacht, mit diesem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen sei widerlegt, dass bereits die einmalige Herabsetzung des (von dem Mitbewerber verlangten) Preises zu einem Verkauf unter Einstandspreis führe; die einmalige Herabsetzung belasse ihr vielmehr eine ausreichende Gewinnspanne. Die Klägerin hat auf das Vorbringen der Beklagten zu der konkreten Preisgestaltung hinsichtlich der genannten Waren und zu der von dieser angegebenen Handelsspanne nur entgegnet, selbst wenn die gezielte Behinderung der Eröffnungswerbung des Konkurrenten (noch) nicht zu einem Verkauf unter Einstandspreis führen würde, bliebe doch das Merkmal der gezielten Behinderung erhalten.
18
bb) Nach dem danach maßgeblichen Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beanstandete Werbung der Beklagten die ernsthafte Gefahr begründet, es werde infolge der Gewährung des beworbenen Preisnachlasses in einem nicht mehr hinnehmbaren Umfang zu Verkäufen unter Einstandspreis kommen. In den von der Beklagten dargelegten Fällen der übereinstimmenden Artikel anlässlich der Eröffnungswerbung des Mitbewerbers ergab sich auch nach einer Reduzierung des von dem Mitbewerber geforderten Preises um 10% ein weit über dem jeweiligen Einkaufspreis der Beklagten liegender Preis. Angesichts der von der Beklagten vorgetragenen durchschnittli- chen Handelsspanne kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass hinsichtlich des sonstigen Sortiments eine im Vergleich zu den dargelegten Beispielsfällen abweichende Beurteilung angezeigt sein könnte.
19
cc) Selbst wenn nicht ausgeschlossen werden könnte, dass bei einem entsprechend niedrigen einzelnen Angebot eines Mitbewerbers die Beklagte mit der Gewährung des Preisnachlasses von 10% in einem Einzelfall Ware unter ihrem Einstandspreis abgeben müsste, kann daraus nicht die Wettbewerbswidrigkeit der veranstalteten Werbeaktion hergeleitet werden. Eine Werbemaßnahme , die zur Folge hat, dass (nur) gelegentlich auch ein Verkauf unter Einstandspreis stattfindet, ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. In Handelsbetrieben mit breitem Sortiment wie dem der Beklagten muss die Preisgestaltung nicht darauf ausgerichtet sein, mit jeder einzelnen Ware einen Stückgewinn zu erzielen; der Kaufmann darf vielmehr davon ausgehen, mit dem Absatz des gesamten Angebots ein möglichst günstiges Betriebsergebnis zu erreichen (vgl. BGHZ 129, 203, 212 - Hitlisten-Platten; BGH GRUR 1984, 204, 206 - Verkauf unter Einstandspreis II).
20
In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass sich das Angebot der Beklagten, dem Kunden einen Abschlag von 10% auf den Preis zu gewähren, sofern er die Ware bei einem anderen örtlichen Einzelhändler günstiger findet, nur auf identische Artikel bezieht, die zum selben Zeitpunkt angeboten werden. Die Beklagte und ihre Mitbewerber bieten jedoch nicht nur identische Artikel an. So hat die Beklagte von den vierzehn Artikeln, die der Mitbewerber B. als Eröffnungsangebote mit einer Sonderzeitung bewarb, zum Zeitpunkt ihrer Werbung nur drei angeboten. Die "Preisgarantie" der Beklagten betrifft demnach lediglich einen Teil des Warensortiments der Mitbewerber. Das übrige Sortiment, auch soweit es sich um zwar vergleichbare, aber eben nicht identische Waren handelt, ist durch die Werbemaßnahme der Beklagten von vornherein nicht berührt.
21
Die von der Werbeaktion der Beklagten ausgehenden Wirkungen auf den Preiswettkampf mit ihren Mitbewerbern sind ferner dadurch beschränkt, dass der beworbene Preisnachlass nicht generell gewährt, sondern als "Prämie" nur denjenigen Kunden der Beklagten gezahlt werden soll, die bei einem Mitbewerber einen günstigeren Preis finden. Die Beklagte wirbt außerdem nicht damit, jeden Konkurrenzpreis zu unterbieten. Bietet nämlich ein Mitbewerber einen identischen Artikel zu demselben Preis an wie die Beklagte, erhält der Kunde auf den Preis der Beklagten den beworbenen Abschlag nicht. Die Werbung der Beklagten zwingt deren Mitbewerber folglich nicht, ihrerseits die Preise der Beklagten für identische Artikel zu unterbieten. Die Gefahr einer ein breites Warensegment ergreifenden "Preisspirale", die zwangsläufig zu Verkäufen unter den Einstandspreisen führen müsste, wird auch deshalb nicht begründet, weil die beanstandete "Preisgarantie" sich nur auf identische Artikel bezieht, die Mitbewerber der Beklagten aber ein breit gefächertes Sortiment auch an bloß vergleichbaren Waren führen und insoweit mit der Beklagten im Preiswettbewerb stehen. Die niemals auszuschließende Möglichkeit, dass ein an sich erlaubtes günstiges Angebot durch ein noch niedrigeres eines Mitbewerbers unterboten wird, stellt als solche keinen Umstand dar, der die Wettbewerbswidrigkeit begründen könnte (vgl. BGH GRUR 1990, 371, 372 - Preiskampf).
22
c) Unter diesen Umständen kann die Wettbewerbswidrigkeit der Werbemaßnahme der Beklagten auch nicht daraus hergeleitet werden, dass sie nach Ansicht des Berufungsgerichts vor allem gegen einen einzelnen Mitbewerber (B. ), aber auch gegen mögliche dritte Konkurrenten auf dem örtlichen Markt gerichtet war. Die Preisgestaltung - auch durch Unterbieten der Preise von Mitbewerbern (vgl. BGHZ 85, 84, 95 - ADAC-Verkehrsrechtsschutz) - ist vorrangiges Mittel des Wettbewerbs. Im Rahmen des zulässigen Preiswettkampfs ist es dem Unternehmer auch erlaubt, auf Sonderangebote oder Sonderaktionen seiner Mitbewerber, z.B. auf reduzierte Preise anlässlich einer Eröffnung eines neuen Ladenlokals, gleichfalls mit günstigen oder sogar günstigeren Preisen zu reagieren. Eine nach kaufmännischen Grundsätzen vertretbare Preisgestaltung, die objektiv nicht die ernsthafte Gefahr der Verdrängung von Mitbewerbern begründet, führt selbst dann nicht zur Annahme einer unlauteren (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG) oder unbilligen Behinderung (§ 20 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB), wenn sie (subjektiv) in gezielter Weise gegen Mitbewerber eingesetzt wird.
23
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Der Senat hat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind. Unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als der gezielten Behinderung durch unlautere Preisunterbietung ist die Werbung der Beklagten nicht angegriffen worden. Da der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht, ist die Klage insoweit unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 21.11.2002 - 15 O 50/02 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.05.2003 - 6 U 195/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 48/06 Verkündet am:
2. Oktober 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Küchentiefstpreis-Garantie
UWG §§ 3, 4 Nr. 10; UWG a.F. § 1
Eine Preisgarantie, die lediglich die abstrakte Gefahr begründet, dass in einzelnen
Fällen Waren unter Einstandspreis abgegeben werden, ist auch dann
grundsätzlich keine unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung von
Mitbewerbern unlautere Wettbewerbshandlung, wenn sie die angesprochenen
Kunden dazu veranlassen kann, dem Handelnden von Mitbewerbern erstellte
Planungsunterlagen zur Verfügung zu stellen (Ergänzung zu BGH GRUR 2006,
596 - 10% billiger).
UWG § 4 Nr. 10, § 8 Abs. 3 Nr. 2; UWG a.F. §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2
Rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen sind nur insoweit
zur Geltendmachung von Abwehransprüchen wegen gezielter Mitbewerberbehinderung
befugt, als neben den Interessen der Mitbewerber auch die
Interessen anderer Personen wie insbesondere der Verbraucher beeinträchtigt
sind.
BGH, Urt. v. 2. Oktober 2008 - I ZR 48/06 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken vom 8. März 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts in Saarbrücken vom 9. März 2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt mehrere Einrichtungshäuser, zu deren Angebot unter anderem Küchen gehören. In einer am 27. Dezember 2003 in der "Saarbrücker Zeitung" erschienenen Anzeige warb sie mit folgender Ankündigung: M. M. - KÜCHEN-TIEFSTPREIS-GARANTIE Egal, wer beim Küchenkauf anbietet - Wir garantieren Ihnen einen Preis, der 13% unter jedem MITBEWERBER-ANGEBOT liegt.
2
Von Januar bis April 2004 warb die Beklagte dann im Rundfunk in Rheinland -Pfalz und im Saarland mit den Aussagen Den günstigsten Preis macht M. M. , garantiert 13% unter jedem Wettbewerbspreis und Bei M. M. Küchen-Tiefpreis-Garantie. Wir liefern garantiert unter jedem Wettbewerbspreis.
3
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat diese Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet. Mit ihrer Klage hat sie beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in an Letztverbraucher gerichteter Werbung oder sonst werblich den Verkauf von Einbauküchen mit der Ankündigung M. M. - KÜCHEN-TIEFSTPREIS-GARANTIE Egal, wer beim Küchenkauf anbietet - Wir garantieren Ihnen einen Preis, der 13% unter jedem MITBEWERBER-ANGEBOT liegt. zu bewerben und/oder entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren.
4
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Saarbrücken WRP 2005, 1185). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Saarbrücken OLG-Rep 2006, 638).
6
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin aus §§ 3, 8 Abs. 1 UWG bejaht und hierzu ausgeführt:
8
Die Klägerin habe zu Umständen, die die Annahme einer individuellen Behinderung i.S. des § 4 Nr. 10 UWG rechtfertigten, nicht ausreichend vorgetragen. Da aber die Aufzählung in § 4 UWG nicht abschließend sei, könne, wenn die Voraussetzungen der dort aufgeführten Beispielsfälle nicht erfüllt seien , auf § 3 UWG zurückgegriffen werden. Danach sei das Vorliegen einer unlauteren Behinderung aufgrund einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Wettbewerber zu beurteilen. Die insoweit gebotene Bewertung führe im Streitfall zur Annahme einer unzulässigen Behinderung durch Preisunterbietung. Die Preisunterbietung sei zwar wesentliches Element des freien Wettbewerbs, werde aber beim Hinzutreten weiterer Umstände wettbewerbswidrig. Die Beklagte fordere potentielle Interessenten einer Küche mit der beanstandeten Werbung geradezu auf, sich bei einem Mitbewerber eine Küchenplanung als Grundlage eines Angebots erstellen zu lassen, um sich dann an die Beklagte zu wenden, die den vom Mitbewerber erarbeiteten und angebotenen Preis um mindestens 13% unterbiete. Es komme hinzu, dass die Ausarbeitung eines detaillierten Angebots gerichtsbekannt viel Zeit und Mühe koste. Die von der Beklagten angegebenen eine bis anderthalb Arbeitsstunden seien vollkommen unrealistisch. Die Werbung der Beklagten ziele gerade darauf ab, sich des Konkurrenten und seines Arbeitsergebnisses zu bedienen, um sich selbst Kunden zu verschaffen und diese zwangsläufig nach einem Beratungsgespräch bei dem Mitbewerber in ihr eigenes Haus zu führen. Der Mitbewerber könne seine Leistung damit am Markt auch durch einen noch so günstigen Preis nicht mehr angemessen zur Geltung bringen, da er in jedem Fall unterboten werde. Die Beklagte nehme bei ihrer Garantie auch Verkaufspreise unterhalb der eigenen Einstandspreise in Kauf. Dem die Planungsarbeit leistenden Mitbewerber werde damit jede realistische Chance auf die Auftragserteilung genommen.
9
Der Klageanspruch sei auch unter dem Gesichtspunkt der Übernahme einer fremden Leistung begründet. Die Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. a bis c UWG sei insoweit ebenfalls nicht abschließend. Ein Wettbewerber, der ein fremdes schutzwürdiges Arbeitsergebnis unmittelbar übernehme, könne den Grundsatz der Nachahmungsfreiheit auch dann nicht für sich in Anspruch nehmen , wenn dem Arbeitsergebnis keine oder nur geringe wettbewerbliche Eigenart zukomme. Soweit die Beklagte die Übernahme fremder Planungsleistungen leugne, stehe dies in Widerspruch zu ihrer eigenen Werbeaussage.
10
II. Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.
11
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht unter dem Gesichtspunkt einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern (§§ 3, 4 Nr. 10 UWG; § 1 UWG a.F.) zusteht.
12
a) Nach den getroffenen Feststellungen kann im Streitfall nicht von einer nach diesen Bestimmungen unzulässigen Preisunterbietung in Verdrängungsabsicht ausgegangen werden.

13
aa) Einem Unternehmen steht es grundsätzlich frei, seine Preise in eigener Verantwortung zu gestalten und die Preise der Konkurrenten insbesondere auch beim Verkauf identischer Waren zu unterbieten (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.1983 - I ZR 39/83, GRUR 1984, 204, 206 - Verkauf unter Einstandspreis II; BGHZ 129, 203, 219 - Hitlisten-Platten; BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 144/03, GRUR 2006, 596 Tz. 13 = WRP 2006, 888 - 10% billiger, m.w.N.). Auch der Verkauf unterhalb des Einstandspreises ist nicht grundsätzlich, sondern nur beim Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig (BGH, Urt. v. 31.1.1979 - I ZR 21/77, GRUR 1979, 321, 322 - Verkauf unter Einstandspreis I; Urt. v. 27.10.1988 - I ZR 29/87, GRUR 1990, 371, 372 = WRP 1989, 468 - Preiskampf; BGH GRUR 2006, 596 Tz. 13 - 10% billiger). Ein entsprechendes Angebot ist danach zwar dann als unlauter anzusehen, wenn es geeignet und dazu bestimmt ist, Mitbewerber aus dem Markt zu drängen. Sind die Preise aber nach kaufmännischen Grundsätzen vertretbar kalkuliert, reicht allein der Umstand, dass die Preisgestaltung gezielt gegen Mitbewerber eingesetzt wird, nicht aus, um einen Wettbewerbsverstoß zu begründen (vgl. BGH GRUR 2006, 596 Tz. 13 und 22 - 10% billiger).
14
bb) Bereits der eigene Sachvortrag der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme , dass die Beklagte Mitbewerber mit der beanstandeten Verhaltensweise in unlauterer Weise gezielt behindert. Die Klägerin hat in dieser Hinsicht lediglich vorgebracht, die Beklagte nehme es billigend in Kauf, dass es zu Verkäufen unter Einstandspreis komme. Es genügt aber nicht, wenn eine Werbemaßnahme lediglich die abstrakte Gefahr begründet, dass Waren unter Einstandspreis abgegeben werden (BGH GRUR 2006, 596 Tz. 16 - 10% billiger).
15
b) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines unlauteren Abfangens von Kunden als wettbewerbswidrig dar.
16
Das Ausspannen und Abfangen von Kunden ist allein dann wettbewerbswidrig , wenn auf Kunden, die bereits dem Mitbewerber "zuzurechnen" sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten (BGHZ 148, 1, 8 - Mitwohnzentrale.de; BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Tz. 25 = WRP 2007, 1341 - Änderung der Voreinstellung). Eine unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt insbesondere dann vor, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses aufzudrängen, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen (BGH GRUR 2007, 987 Tz. 25 - Änderung der Voreinstellung, m.w.N.). Dementsprechend sind Maßnahmen, die dem Anlocken von Kunden dienen, nicht schon deshalb als unlauter anzusehen, weil sie sich auf den Absatz des Mitbewerbers nachteilig auswirken können, sondern erst dann, wenn sie auf die Verdrängung des Mitbewerbers abzielen oder den Kunden unzumutbar belästigen oder unangemessen unsachlich beeinflussen (vgl. BGH GRUR 2007, 987 Tz. 25 - Änderung der Voreinstellung; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 Rdn. 10.25). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht erfüllt.
17
c) Die Beklagte behindert ihre Mitbewerber auch nicht dadurch in unzulässiger Weise, dass sie sich mit ihrem Verhalten deren Planunterlagen unredlich verschafft.
18
aa) Voraussetzung für ein unredliches Sich-Verschaffen wäre das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses, das mit der Auflage verbunden ist, Informationen und Unterlagen vertraulich zu behandeln und nur im Interesse oder nach den Weisungen des Überlassenden zu verwenden, wobei ein solches Vertrauensverhältnis auch bereits im Rahmen der Anbahnung eines Vertragsverhältnisses entstehen kann. Eine entsprechende Abrede oder vorvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen zur Überlassung von Unterlagen kommt (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1963 - Ib ZR 21/62, GRUR 1964, 31, 32 - Petromax II; Urt. v. 27.10.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 379 = WRP 1983, 484 - Brombeer-Muster; MünchKomm.UWG/Wiebe, § 4 Nr. 9 Rdn. 203; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 9.62).
19
bb) Ein entsprechendes Vertrauensverhältnis besteht bei der Planung einer Küche regelmäßig nicht. Der Anbieter muss hier damit rechnen, dass der Kaufinteressent vor seiner Kaufentscheidung im Hinblick auf die Kosten und die Langlebigkeit des Kaufgegenstands Vergleichsangebote einholt, um auf diese Weise das für ihn günstigste Angebot zu ermitteln. Eine solche - nach der Lebenserfahrung zumindest naheliegende - Vorgehensweise setzt jedoch regelmäßig voraus, dass die Küche bei dem Konkurrenzangebot identisch geplant wird, da anderenfalls ein Vergleich, wenn nicht unmöglich, so doch jedenfalls erheblich erschwert ist. Unter diesen Umständen kann der einen Küchenplan erstellende Anbieter grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass der Kaufinteressent die Planunterlagen vertraulich behandeln und deshalb davon absehen wird, sie Mitbewerbern des Anbieters zugänglich zu machen, damit diese ihm ein Vergleichsangebot erstellen.
20
cc) Der Planersteller muss es danach zwar grundsätzlich hinnehmen, dass ein Mitbewerber anhand der ihm vom Kunden überreichten Planung ein eigenes Angebot ausarbeitet. Er ist insoweit aber nicht rechtlos gestellt. Denn er kann sich etwa dadurch absichern oder jedenfalls abzusichern suchen, dass er für die Planerstellung eine Vergütung verlangt, die gegebenenfalls mit dem Kaufpreis verrechnet wird, oder dass er mit dem Kunden die vertrauliche Behandlung der Planunterlagen ausdrücklich vereinbart und diese Vereinbarung gegebenenfalls auch auf den Planunterlagen dokumentiert (vgl. auch MünchKomm.UWG /Sosnitza, § 3 Rdn. 154 a.E.; MünchKomm.UWG/Jänich, § 4 Nr. 10 Rdn. 163 Fn. 428). Er kann sich auch dadurch absichern, dass er dem Kunden nicht die Planunterlagen, sondern nur das nackte Angebot überlässt, aus dem sich die einzelnen zu erwerbenden Elemente und deren Kosten sowie gegebenenfalls die Kosten des Einbaus ergeben. Es kommt hinzu, dass den Mitbewerbern durch die Überlassung der Planunterlagen regelmäßig kein sonst nicht ohne weiteres zugängliches Know-how hinsichtlich der Gestaltung der gewünschten Küche vermittelt wird (vgl. BGH GRUR 1983, 377, 379 - BrombeerMuster ; BGH, Urt. v. 21.3.1991 - I ZR 158/89, GRUR 1992, 523, 524 = WRP 1991, 575 - Betonsteinelemente). In diesem Zusammenhang ist nämlich zu beachten , dass bereits die Hersteller der Küchen deren Gestaltungselemente vorgeben , so dass es bei der Planung einer Küche jedenfalls im Wesentlichen um die Anordnung der einzelnen Bauelemente geht. Außerdem hängt die Gestaltung des Plans in erster Linie von den Wünschen den Kaufinteressenten sowie den technischen Möglichkeiten und Notwendigkeiten und damit von Umständen ab, die der Planende nicht oder jedenfalls nur schwer beeinflussen kann, so dass sich sein Gestaltungsspielraum entsprechend verringert. Überdies ist das für den Aufbau und die Kombination der einzelnen Küchenelemente benötigte Know-how für die das jeweilige Produkt vertreibenden Händler frei zugänglich.
21
dd) Im Übrigen zielt die beanstandete Werbung der Beklagten entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht notwendig auf die Übernahme eines fremden Arbeitsergebnisses ab. Es mag Fälle geben, in denen ein Kunde sich bei einem Mitbewerber eine vollständig ausgearbeitete Planung mit einem umfassenden Angebot für eine neue Küche erstellen lässt, um die Beklagte dann um ein entsprechendes Angebot zu bitten. Die beanstandete Werbung der Beklagten betrifft aber in erster Linie Angebote der Wettbewerber für den Kauf einer Küche, womit etwa der Kauf eines aus mehreren Elementen bestehenden Küchenblocks gemeint ist. In derartigen Angeboten werden die Elemente, die zu dem jeweiligen Küchenblock gehören, im Einzelnen aufgeführt; eine individuelle , auf die räumlichen Verhältnisse in der Wohnung des Kunden zugeschnittene Detailplanung umfasst ein solches Angebot aber nicht. Darauf, dass die Werbung auch von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden worden ist, deutet das vom Berufungsgericht zwar angeführte, aber zu Unrecht für irrelevant erachtete Vorbringen der Beklagten hin, es sei bislang noch kein Kunde mit einer detaillierten Planung eines Mitbewerbers zu ihr gekommen.
22
e) Der Klägerin fehlt im Übrigen insoweit, als sie allein eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern ohne Beeinträchtigung der Interessen anderer Personen wie insbesondere von Verbrauchern geltend macht, die gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. erforderliche Klagebefugnis. Denn es muss den einzelnen Mitbewerbern, die von einer möglichen Behinderung betroffen werden, überlassen bleiben, ob sie die Behinderung hinnehmen oder nicht (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Nr. 10 Rdn. 220; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 213; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 8 Rdn. 104).
23
2. Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch auf den Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen unredlichen Sich-Verschaffens der Planungsunterlagen (§§ 3, 4 Nr. 9 lit. c UWG; § 1 UWG a.F.) und wegen Behinderung der Mitbewerber (§§ 3, 4 Nr. 9 UWG; § 1 UWG a.F.) gestützt hat, fehlt ihr ebenfalls bereits die An- spruchsberechtigung. Denn auch insoweit steht der durch die genannten Vorschriften vermittelte Schutz zur Disposition der durch die betreffenden Verhaltensweisen beeinträchtigten Mitbewerber (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm aaO § 4 Rdn. 9.86; Piper in Piper/Ohly aaO § 4 Rdn. 9/108; Ullmann in Ullmann jurisPK-UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 27 und 31, jeweils m.w.N.). Es kommt hinzu, dass der sich aus § 4 Nr. 9, § 1 UWG a.F. ergebende Schutz vor Nachahmungen nur für Leistungsergebnisse besteht, denen wettbewerbliche Eigenart zukommt, und der Klageantrag hierauf ebenso wenig abstellt wie darauf, dass die Beklagte von ihren Mitbewerbern eine danach geschützte Leistung übernimmt.
24
3. Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung durch Preisunterbietung (§ 3 UWG; § 1 UWG a.F.) begründet.
25
Eine solche allgemeine Marktbehinderung liegt dann vor, wenn eine Preisunterbietung sachlich nicht gerechtfertigt ist und dazu führen kann, dass Mitbewerber vom Markt verdrängt werden und der Wettbewerb dadurch auf diesem Markt völlig oder nahezu aufgehoben wird (vgl. BGH GRUR 1979, 321, 323 - Verkauf unter Einstandspreis I; BGHZ 85, 84, 95 - ADAC-Verkehrsrechtsschutz ; BGH GRUR 1990, 371, 372 - Preiskampf). Eine sachliche Rechtfertigung besteht, solange das Unternehmen seine Selbstkosten oder seinen Einstandspreis nicht unterschreitet oder sich - im Falle der Unterschreitung der Selbstkosten - von einem nachvollziehbaren Interesse an der Förderung des eigenen Absatzes leiten lässt. Sachlich nicht vertretbar ist der Verkauf unter Selbstkosten oder Einstandspreis daher erst dann, wenn für ihn kein anderer nachvollziehbarer Grund erkennbar ist als die Schädigung von Mitbewerbern unter Inkaufnahme eigener Verluste (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.15). Eine generelle Vermutung für eine solche wettbewerblich zu missbilligende Absicht besteht nicht. Sie kann aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere des Marktanteils und der Finanzkraft des Preisunterbieters, der Eigenart, Dauer, Häufigkeit und Intensität der Maßnahme sowie der Zahl, Größe und Finanzkraft der Mitbewerber, nur dann angenommen werden, wenn sich das Verhalten des Preisunterbieters kaufmännisch nur damit erklären lässt, dass auf diese Weise Mitbewerber aus dem Markt gedrängt werden und auf diese Weise auf längere Sicht auskömmliche Preise erzielt werden können (vgl. BGH GRUR 1979, 321, 323 - Verkauf unter Einstandspreis I; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.15). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine derartige Verkaufsstrategie regelmäßig nur von Unternehmen mit hohem Marktanteil und großer Finanzkraft und auch nur auf Märkten mit hohen Zutrittsschranken verfolgt werden kann (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 12.16). Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sein könnten.
26
4. Die Frage, ob die beanstandete Werbung irreführend ist, weil aus ihr nicht deutlich wird, dass sich das Angebot nur auf Küchen bezieht, die die Beklagte in ihrem Sortiment hat, ist nach einer entsprechenden Unterwerfungserklärung der Beklagten nicht mehr im Streit.
27
III. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO).
28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm RiBGH Pokrant ist krankheitsbedingt Schaffert abwesend und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 09.03.2005 - 7I O 100/04 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 08.03.2006 - 1 U 123/05-44- -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 128/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ad-hoc-Meldung
Zur Frage der unlauteren individuellen Behinderung eines Mitbewerbers und
der wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung durch kostenlose
Erbringung von geldwerten Dienstleistungen.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 128/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 2. April 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind die einzigen Wettbewerber, die von Unternehmen, Verbänden und Organisationen stammende Presseinformationen mit Hilfe technischer Übertragungsmittel - wie Fax, E-mail, Datex P oder Satellit - an Wirtschaftsinformationsdienste, die Tagespresse, den Rundfunk, das Fernsehen sowie an Presseagenturen verbreiten. Zum einen leiten sie von den Unternehmen redigierte Originaltexte in deren Auftrag an die Medien weiter, wofür die Unternehmen pauschalierte Gebühren zahlen, während diese Leistung für die Medien kostenlos erfolgt. Zum anderen übermitteln sie sogenannte ad-hoc-
Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften an ihre Abnehmer; damit hat es folgende Bewandtnis:
Eine börsennotierte Aktiengesellschaft muß nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes als Emittent von Wertpapieren unverzüglich eine neue Tatsache veröffentlichen, die geeignet ist, den Börsenpreis der Wertpapiere erheblich zu beeinflussen (ad-hoc-Meldung). Diese Veröffentlichung kann nach § 15 Abs. 3 Halbsatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem vorgenommen werden. Die Aktiengesellschaften genügen dieser Verpflichtung, indem sie ihre ad-hocMeldungen der Deutschen Gesellschaft für ad-hoc-Publizität (DGAP) übersenden , die diese ihrerseits zur Weiterverbreitung an die Deutsche Börse AG, Reuters, vwd, Bloomberg, Bridge und Dow Jones Telerate weiterleitet. Die allgemeinen Presseagenturen wie dpa und ap gehören nicht zu den Empfängern dieser Meldungen. Die ad-hoc-Meldungen erreichen durch die Weiterleitung der DGAP zwar die Investoren, nicht aber die allgemeine Öffentlichkeit.
Um die ad-hoc-Meldungen an ihre Abnehmer, also Wirtschaftsinformationsdienste , Tagespresse, Rundfunk, Fernsehen und Presseagenturen - und damit letztlich auch an die allgemeine Öffentlichkeit - weiterleiten zu können, zahlen die Parteien für den Bezug dieser Meldungen monatlich eine Pauschalvergütung von 4000,-- DM an die DGAP und 1000,-- DM an Reuters. Von ihren Abnehmern verlangen die Parteien für die Übermittlung der Meldungen kein Entgelt. Während die Klägerin von den 80 Aktienunternehmen unter ihren etwa 250 Kunden für die Weiterleitung von ad-hoc-Meldungen eine Vergütung fordert und erhält, verbreitet die Beklagte die ad-hoc-Meldungen, ohne von den Aktiengesellschaften hierfür ein Entgelt zu verlangen. Mit dieser kostenlosen Leistung wirbt die Beklagte bei Unternehmen, die bereits zu ihren Auftragge-
bern für die Verbreitung von Originaltexten gehören, und bei Gesellschaften, die sie erst als Kunden gewinnen möchte.
Die Klägerin hält die kostenlose Verbreitung von ad-hoc-Meldungen für rechtswidrig, weil die Beklagte - die eine Enkelgesellschaft der Deutschen Presseagentur (dpa) ist - unter Ausnutzung der Finanzkraft der dpa-Gruppe kostenträchtige Dienstleistungen unentgeltlich abgebe, um sie, die Klägerin, aus dem Markt zu drängen und in ihrer Existenz zu vernichten. Sie behauptet, das Verhalten der Beklagten verursache bei ihr einen Jahresumsatzverlust von 340.000,-- DM.
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, kostenlos ad-hocMeldungen von börsennotierten Aktiengesellschaften über die DGAP an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und die Medien zu verbreiten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat in Abrede gestellt, daß sie durch Preisunterbietung einen Verdrängungswettbewerb betreibe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, an Presseagenturen , Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene
ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, daß das Verhalten, das der Beklagten verboten werden solle, gegen § 1 UWG verstoße. Dazu hat es ausgeführt :
Das begehrte Verbot ergäbe nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin nur einen Sinn, wenn es etwa die Fassung hätte, "an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene ad-hocMeldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen". Denn daß ad-hoc-Meldungen kostenlos an Nachrichtenkunden weitergeleitet würden, treffe unstreitig auch auf die Klägerin selbst zu; ein derartiges Verbot könne sie schwerlich anstreben. Es gehe nicht darum, daß Empfänger von Nachrichten diese kostenlos erhielten , sondern daß die nach § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes zur Veröffentlichung verpflichteten Aktiengesellschaften, in deren Interesse Meldungen weitergegeben und verbreitet würden, nichts bezahlten.
Wenn die Beklagte eine Nachrichtenübermittlung, die für sie mit Kosten verbunden sei, zu Gunsten dieser Unternehmen erbringe, ohne dafür ein Entgelt zu verlangen, so verschenke sie eine Leistung. Das Verschenken von Leistungen sei aber nicht schlechthin wettbewerbswidrig; vielmehr müßten im Ein-
zelfall konkrete Umstände hinzutreten, die die unentgeltliche Leistung unlauter erscheinen ließen. So kämen beispielsweise ein übertriebenes Anlocken, das Ausüben eines psychologischen Kaufzwanges oder eine Behinderung in Betracht. Am Vortrag zu solchen Umständen lasse es die Klägerin jedoch fehlen. Es sei nicht anzunehmen, daß den Unternehmen daran gelegen sei, die Medien und Presseagenturen auch über für den Börsenkurs nachteilige ad-hocMeldungen zu unterrichten. Darüber hinaus lasse sich nicht beurteilen, ob die Unternehmen bereit seien, für die Verbreitung anderer ad-hoc-Meldungen zu bezahlen. Da die Beklagte die Verbreitung der ad-hoc-Meldungen auch Unternehmen anbiete, die nicht ihre Auftraggeber für die Verbreitung von Originaltexten seien, sei ein Unternehmen nicht gehindert, bei seiner Entscheidung, über welche der beiden Parteien es seine Originaltexte verbreiten wolle, Leistungen und Preiswürdigkeit gegeneinander abzuwägen. Schließlich lasse sich zu den Beeinträchtigungen der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten nichts sagen, weil die genannte Umsatzeinbuße von 340.000,-- DM unsubstantiiert sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Neufassung des Klageantrages durch die Klägerin in der Revisionsinstanz stellt eine zulässige Klarstellung und - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - keine unzulässige Ä nderung des Klageantrages dar.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß das begehrte Verbot, "kostenlos ad-hoc-Meldungen von börsennotierten Aktiengesellschaften über die DGAP an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und die Medien
zu verbreiten", nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin nur einen Sinn ergäbe, wenn es etwa die Fassung hätte, "an Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdienste und Medien von der DGAP erhaltene ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbreiten, ohne von diesen Unternehmen ein Entgelt zu verlangen". Diese Auslegung des Klageantrages durch das Berufungsgericht, die der Senat als Auslegung einer Prozeßerklärung in vollem Umfang nachprüfen kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1998 - I ZR 85/96, GRUR 1998, 1041, 1042 = WRP 1998, 1068 - Verkaufsveranstaltung in Aussiedlerwohnheim, m.w.N.), läßt keine Rechtsfehler erkennen.
Dem Wortlaut des in der ursprünglichen Fassung gestellten Klageantrags war nicht eindeutig zu entnehmen, inwieweit der Beklagten die kostenlose Verbreitung von ad-hoc-Meldungen untersagt werden soll. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibt sich jedoch zweifelsfrei, daß sie das Verbreiten der von der DGAP erhaltenen ad-hoc-Meldungen durch die Beklagte nicht deshalb beanstandet , weil diese - ebenso wie sie selbst - von ihren Abnehmern, also den Presseagenturen, Wirtschaftsinformationsdiensten und Medien, hierfür keine Vergütung fordert, sondern daß sie der Beklagten dieses Verhalten nur insoweit verbieten lassen will, als sie - im Gegensatz zu ihr, der Klägerin - von den börsennotierten Aktiengesellschaften dafür kein Entgelt verlangt.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Verschenken gewerblicher Leistungen nicht schlechthin, sondern nur dann wettbewerbswidrig ist, wenn im Einzelfall konkrete Umstände hinzutreten, die die Unentgeltlichkeit der Leistung unlauter erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift, m.w.N.). Es hat dabei nicht verkannt , daß sich die Unlauterkeit im Streitfall unter dem Gesichtspunkt des Be-
hinderungswettbewerbs ergeben kann. Eine unlautere individuelle Behinderung von Mitbewerbern kann vorliegen, wenn eine unentgeltliche Leistung gezielt dazu benutzt wird, bestimmte Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, und sie eine konkrete Marktbehinderung zur Folge hat (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1991- I ZR 55/89, GRUR 1991, 616, 617 = WRP 1991, 484 - MotorbootFachzeitschrift , insoweit nicht in BGHZ 114, 82 abgedruckt). Eine wettbewerbswidrige allgemeine Behinderung des Marktes kann gegeben sein, wenn die Gewährung einer kostenlosen Leistung die ernstliche Gefahr begründet, daß der Leistungswettbewerb auf einem bestimmten Markt in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift , m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte eine Leistung verschenkt, indem sie eine Nachrichtenübermittlung, die für sie mit Kosten verbunden ist, zu Gunsten der börsennotierten Aktiengesellschaften erbringt, ohne von ihnen dafür ein Entgelt zu verlangen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht konkret geprüft, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten zu einer unlauteren individuellen Behinderung der Klägerin oder einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Behinderung des Marktes führt, sondern es hat das Vorliegen besonderer Unlauterkeitsumstände generell mit der Erwägung verneint, daß für die Verbreitung von ad-hocMeldungen über Presseinformationsdienste und die sonstigen Medien kein Markt bestehe, da nicht davon ausgegangen werden könne, daß die börsennotierten Aktiengesellschaften ein Interesse daran haben könnten, daß die Presse auch über die für den Börsenkurs nachteiligen ad-hoc-Meldungen unterrichtet werde; soweit es um andere - also für das Unternehmen positive - adhoc -Meldungen gehe, sei nicht erkennbar, ob die Unternehmen bereit seien,
dafür ein Entgelt zu bezahlen. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Die Revision macht zu Recht geltend, daß sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft über unstreitiges Vorbringen der Klägerin hinweggesetzt hat. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, von ihren rund 250 Kunden seien 80 Kunden börsennotierte Aktiengesellschaften. Diese Kunden seien daran interessiert, daß ihre ad-hoc-Meldungen nicht nur die Investoren (Banken) erreichten , sondern insbesondere auch die Medien. Sie bedienten sich deshalb der Klägerin, um ihre ad-hoc-Meldungen, die sie an die DGAP weitergeben, auch bis zu den Medien gelangen zu lassen. Der Verbreitungsservice der Klägerin werde dafür eingesetzt und von den Kunden, den börsennotierten Aktiengesellschaften , auch bezahlt.
Auf der Grundlage dieses Vorbringens ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß den börsennotierten Aktiengesellschaften daran gelegen ist, die Medien über ad-hoc-Meldungen zu unterrichten , und daß diese bereit sind, für die Verbreitung derartiger Informationen ein Entgelt zu bezahlen. Damit ist der Beurteilung des Berufungsgerichts die tragende Begründung entzogen mit der Folge, daß das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann.
3. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zu den Voraussetzungen einer unlauteren individuellen Behinderung der Klägerin oder einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung getroffen hat.

a) Eine individuelle Behinderung kommt im Streitfall in Betracht, wenn die Beklagte - wie die Klägerin behauptet - mit der kostenlosen Erbringung der in Rede stehenden Dienstleistung das Ziel verfolgt, die Klägerin unter Ausnutzung der Finanzkraft der dpa-Gruppe aus dem Markt zu verdrängen oder zu vernichten. Das Berufungsgericht hat eine solche Behinderung mit der Begründung verneint, die Klägerin habe zur behaupteten Umsatzeinbuße nicht genügend vorgetragen; insbesondere habe sie nicht dargelegt, in welchem Verhältnis die verbreiteten ad-hoc-Meldungen zu den Originaltexten stehen (BU 7 a.E.). Mit dem Hinweis darauf, die genannte Umsatzeinbuße von 340.000,-- DM sei unsubstantiiert, läßt sich eine individuelle Behinderung indessen nicht verneinen.
Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 30. Januar 1997 vorgetragen, sie verliere durch die kostenlose Verbreitung der ad-hoc-Meldungen seitens der Beklagten jährlich etwa 340.000,-- DM an Umsatz, und dies dahin erläutert, von ihren rund 250 Kunden seien 80 börsennotierte Aktiengesellschaften, bei denen von einem durchschnittlichen Jahresumsatz von 3.000,-- DM je Kunde ausgegangen werden könne, der ihr durch das beanstandete Verhalten der Beklagten verloren gehe. Allerdings beruht der von der Klägerin behauptete Umfang ihres Umsatzverlustes auf einem offensichtlichen Rechenfehler. Denn aus ihrem eigenen Vortrag ergibt sich - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - lediglich ein jährlicher Umsatzverlust von 240.000,-- DM. Diese angebliche Umsatzeinbuße bezieht sich - anders als es das Berufungsgericht vermutet hat - nicht auf den gesamten - also sowohl den mit ad-hocMeldungen , als auch den mit Originaltexten erzielten - Umsatz. Bereits der die Erläuterung der Klägerin abschließende Hinweis, wonach sich der durchschnittliche Jahresumsatz von 3.000,-- DM pro Kunde auf ein Abonnement mit zehn Meldungen beziehe, macht hinreichend deutlich, daß die Klägerin in die-
sem Zusammenhang ausschließlich die ad-hoc-Meldungen meint. Es kommt hinzu, daß das gesamte Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 30. Januar 1997 ausschließlich das Geschäft mit der Verbreitung von ad-hocMeldungen zum Gegenstand hat.
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang die Klägerin durch das beanstandete Verhalten der Beklagten bei dem Geschäft mit der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen Umsatzeinbußen erlitten hat und inwieweit sich diese auf den Gesamtumsatz der Klägerin (einschließlich des Geschäfts betreffend die Verbreitung der Originaltexte) ausgewirkt haben, sowie ob und in welcher Anzahl die Klägerin aufgrund des Verhaltens der Beklagten Kunden verloren hat. Die Parteien haben Gelegenheit, hierzu im wiedereröffneten Berufungsverfahren noch ergänzend unter Beweisantritt vorzutragen. Soweit das Berufungsgericht Klagevorbringen dazu vermißt, in welchem Verhältnis die verbreiteten ad-hoc-Meldungen bei der Beklagten stehen, wird aus der bislang gegebenen Begründung nicht hinreichend deutlich, inwieweit sich allein daraus zwingende Rückschlüsse darauf ergeben könnten, daß die Beklagte nicht den Zweck verfolgt habe, die Klägerin vom Markt zu verdrängen.

b) Bei der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage läßt sich auch nicht ausschließen, daß ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen allgemeinen Marktbehinderung in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang kommt es konkret darauf an, ob der Wettbewerb auf dem Markt der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen börsennotierter Aktiengesellschaften an die Medien dadurch gefährdet wird, daß die Beklagte den Aktiengesellschaften die kostenlose Verbreitung dieser Meldungen anbietet und gewährt. Das Berufungsgericht hat dies offensichtlich verneinen wollen, wenn es
(BU 7) meint, Aktiengesellschaften könnten sich eher für die Klägerin entscheiden , weil die Beklagte die Kosten für die Verbreitung der ad-hoc-Meldungen über die Preise bei der Verbreitung von Originaltexten wieder hereinholen müßte. Hierbei handelt es sich indes lediglich um eine Vermutung, die nicht ohne weiteres durch die allgemeine Lebenserfahrung nahegelegt wird. Die Revision weist insoweit zutreffend darauf hin, daß es erfahrungswidrig sei anzunehmen , die wirtschaftlich orientierten Aktiengesellschaften würden ihre adhoc -Meldungen nicht kostenlos über die Beklagte, sondern statt dessen oder daneben entgeltlich durch die Klägerin an die Medien und Presseagenturen verbreiten lassen. Damit könnte die Gefahr bestehen, daß das kostenlose Angebot der Beklagten das gleichartige entgeltliche Angebot der Klägerin auf Dauer ersetzt und daß auf diese Weise der Wettbewerb auf dem Markt der Verbreitung von ad-hoc-Meldungen nicht nur gestört, sondern sogar beseitigt wird. Denn eine Monopolisierung des Marktes der Verbreitung von ad-hocMeldungen liegt vor allem deshalb besonders nahe, weil die Parteien die einzigen Wettbewerber auf diesem Markt sind und die Beklagte ihre unentgeltliche Leistung nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft anbietet und gewährt.
4. Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus § 35 Abs. 1 GWB i.V. mit § 26 Abs. 4 GWB a.F. (neu: § 33 GWB i.V. mit § 20 Abs. 4 GWB) hergeleitet werden, da es insoweit bereits an hinreichendem Tatsachenvortrag fehlt.
III. Danach war auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 120/00 Verkündet am:
20. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 4. Zivilsenat in Freiburg – vom 18. Mai 2000 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage auch mit dem geänderten Antrag abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlegt die Sonntagszeitungen „Bild am Sonntag“ und „Welt am Sonntag“. Die Insolvenzschuldnerin (im folgenden: die Beklagte) gab ab November 1997 eine Sonntagszeitung mit dem Titel „Zeitung zum Sonntag“ heraus, die sich ausschließlich durch Anzeigen finanzierte und mit einer Auflage von 120.000, später 155.000 Exemplaren kostenlos im Raum Freiburg und Umgebung verteilt wurde. Dem äußeren Erscheinungsbild nach handelte es sich um eine Leserzeitung. Sie umfaßte in der Regel 40 Seiten mit redaktionellen Beiträgen zu regionalen und überregionalen Themen, eine umfangreiche Sportberichterstattung sowie einen ausführlichen Veranstaltungskalender.
Die Klägerin hat den kostenlosen Vertrieb der „Zeitung zum Sonntag“ als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (OLG Karlsruhe ZUM-RD 2000, 430 = K&R 2000, 401).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Während des Revisionsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet worden. Nachdem der Insolvenzverwalter mitgeteilt hatte, daß der Geschäftsbetrieb eingestellt sei und sämtliche Mitarbeiter gekündigt seien, hat die Klägerin den Unterlassungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der beklagte Insolvenzverwalter hat das Verfahren aufgenommen. Er tritt der Erledigungserklärung entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet. Sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage auch mit dem geänderten Antrag abzuweisen ist.
I. In der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung der Klägerin liegt eine in der Revisionsinstanz zulässige Klageänderung. Im Revisionsverfahren kann die Erledigung der Hauptsache einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, durch das sich die Hauptsache erledigt haben soll (hier: Einstellung des Geschäftsbetriebs der Beklagten, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist),
als solches außer Streit steht (vgl. BGHZ 106, 359, 368 m.w.N.). Der geänderte Klageantrag ist auf die Feststellung gerichtet, daß die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und daß sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Dieser Antrag ist unbegründet, weil der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustand. Mit Recht hat das Berufungsgericht in dem beanstandeten Verhalten der Beklagten keinen Wettbewerbsverstoß gesehen.
II. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der Vertrieb der „Zeitung zum Sonntag“ begegne nicht schon deswegen rechtlichen Bedenken, weil diese Zeitung ausschließlich durch Anzeigen finanziert sei. Der Umstand, daß die Zeitung unentgeltlich abgegeben werde, sei allenfalls dann wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn es der Beklagten allein darum ginge, ihre Zeitung im Markt zu etablieren, um sie dann gegen Entgelt zu vertreiben. Der Umstand, daß die Beklagte ihr Blatt bereits seit 2 ½ Jahren unentgeltlich abgebe, spreche für die Absicht, die Zeitung auf Dauer auf diese Weise zu vertreiben. Der unentgeltliche Vertrieb sei auch unter dem Gesichtspunkt der Wertreklame nicht zu beanstanden. Denn es gehe nicht darum, die Leser zu einem anderen Geschäftsabschluß zu bewegen. Die Beklagte verfolge mit ihrer „Zeitung zum Sonntag“ auch nicht das Ziel, die Klägerin mit ihren Sonntagszeitungen vom Markt zu verdrängen.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung könne das Verhalten der Beklagten nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden. Denn von dem Blatt der Beklagten gehe keine Existenzgefährdung für die bundesweit vertriebenen Sonntagszeitungen der Klägerin aus. Da die Klägerin ihre Zeitungen bundesweit verbreite, führe ein durch die „Zeitung zum Sonntag“ möglicherweise verursachter Absatzrückgang nur zu einem geringfügigen Rückgang ihrer Erlöse. Allerdings sei der Klägerin zuzugeben, daß von dem Vertriebskonzept
der Beklagten eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr ausgehe; diese ändere jedoch nichts an der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung. Die mitunter angeführten Qualitätseinbußen bei kostenlos verteilten Zeitungen seien nicht zu beobachten. Auch eine besondere Gefahr der Beeinflussung des redaktionellen Teils durch Anzeigenkunden bestehe nicht. Dem Einwand der Klägerin, die Abhängigkeit des Verlegers von der Kaufentscheidung des Lesers gehöre zu den maßgeblichen Strukturprinzipien der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten freien Presse , sei entgegenzuhalten, daß die verfassungsrechtlich gesicherte Pressefreiheit der unentgeltlich vertriebenen Zeitung ebenso zugute komme. Dies gelte jedenfalls so lange, als Presseerzeugnisse überall erhältlich seien und damit die Grundversorgung der Öffentlichkeit gewährleistet sei. Dieses Ziel könne bei einer flächendeckenden Verteilung von Gratiszeitungen sogar noch eher verwirklicht sein als durch Kauf- oder Abonnementzeitungen.
III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Der auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete Antrag der Klägerin ist daher unbegründet.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß im Streitfall die Voraussetzungen einer wettbewerbswidrigen Wertreklame im Sinne einer unlauteren Kundenbeeinflussung nach § 1 UWG nicht vorliegen.

a) Der Begriff der Wertreklame besagt, daß ein Kaufmann nicht mit Worten, sondern mit Werten Werbung treibt, daß er also etwas verschenkt, sei es eine ungekoppelte Werbegabe, sei es eine Zugabe oder sei es die Ware selbst, für deren entgeltlichen Absatz er damit zugleich wirbt. Eine solche Wertreklame ist nicht stets wettbewerbswidrig, sie kann aber im Einzelfall – etwa unter dem Gesichtspunkt einer Preisverschleierung, eines übertriebenen Anlockens oder eines psychischen Kaufzwangs – ausnahmsweise gegen die Regeln lauteren Wettbewerbs
verstoßen (BGH, Urt. v. 18.9.1997 – I ZR 119/95, GRUR 1998, 475, 476 = WRP 1998, 162 – Erstcoloration; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 – Schmuck-Set; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 192/96, GRUR 1999, 755, 756 = WRP 1999, 828 – Altkleider-Wertgutscheine; BGHZ 151, 84, 88 ff. – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 980 ff. = WRP 2002, 1259 – Kopplungsangebot II; Urt. v. 22.5.2003 – I ZR 185/00, GRUR 2003, 804 f. = WRP 2003, 1101 – Foto-Aktion; Urt. v. 22.5.2003 – I ZR 8/01, GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 – Einkaufsgutschein I, jeweils m.w.N.).

b) Im Streitfall kommt eine wettbewerbswidrige Wertreklame von vornherein nicht in Betracht, weil bei einem Zeitungsvertrieb, der auf Dauer darauf eingerichtet ist, die Zeitung ohne Entgelt abzugeben, eine auf den Erwerb einer entgeltlichen Leistung gerichtete unsachliche Beeinflussung des Empfängers ausscheidet (vgl. BGHZ 81, 291, 294 f. – Bäckerfachzeitschrift; OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 119). Ein Zeitungsverleger setzt seine Ware oder Leistung auf zwei verschiedenen Märkten ab, auf dem Lesermarkt und auf dem Anzeigenmarkt. Entscheidet er sich dafür, nur auf dem einen der beiden Märkte ein Entgelt zu verlangen, verursacht das unentgeltliche Angebot auf dem anderen Markt keine unsachliche Beeinflussung der Marktgegenseite, weil diese von vornherein nicht für ein Umsatzgeschäft gewonnen werden soll. Der Vorwurf, er verschenke eine geldwerte journalistische Leistung, kann dem Verleger, der seine Zeitung unentgeltlich abgibt, nicht gemacht werden, solange sie sich – wenn auch nicht in der Anlaufphase, so doch auf längere Sicht – ausschließlich durch Anzeigen finanzieren soll. Denn er läßt sich seine Leistung in diesem Fall bezahlen, wenn auch nicht vom Leser, so doch vom Anzeigenkunden (vgl. Hefermehl in der Anmerkung zur Senatsentscheidung „Bliestal-Spiegel“ GRUR 1985, 881, 883; OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 119 f.). Derartige Finanzierungsmodelle sind auch sonst gang und gäbe, et-
wa bei Internet-Diensten oder beim privaten Rundfunk, ohne daß hierin ein wettbewerbswidriges Verhalten gesehen wird.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung nach § 1 UWG verneint.

a) Das Verschenken von Ware kann auch dann wettbewerbswidrig sein, wenn es eine allgemeine Marktbehinderung oder Marktstörung zur Folge hat. Ein solcher Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann gegeben, wenn das Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit zu erwartenden gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb werde in erheblichem Maße eingeschränkt (vgl. BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift; BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80, 81 = WRP 2000, 1394 – ad-hocMeldung ; Urt. v. 14.12.2000 – I ZR 147/98, GRUR 2001, 752, 753 = WRP 2001, 688 – Eröffnungswerbung). Damit soll im Interesse der betroffenen Wettbewerber, in dem sich das Interesse der Allgemeinheit am Bestand des Wettbewerbs widerspiegelt , auch in Fällen, in denen eine gezielte Verdrängungsabsicht nicht vorliegt, verhindert werden, daß durch ein systematisches Verschenken von Waren oder durch einen Verkauf unter Einstandspreis der Wettbewerbsbestand gefährdet wird (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1988 – I ZR 29/87, GRUR 1990, 371, 372 = WRP 1989, 468 – Preiskampf).
Eine Marktverhaltenskontrolle läuft in diesem Fall – ähnlich wie bei den die Kontrolle von Marktmacht betreffenden Bestimmungen der §§ 19 und 20 GWB, die den Wettbewerb als Institution zu schützen bestimmt sind – gleichzeitig auf eine Marktstrukturkontrolle hinaus. Dieser Umstand und die damit verbundene parallele Anwendung der Bestimmungen des UWG und des GWB führen dazu, daß auch
bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung stets die Zielsetzung des Gesetzes ge- gen Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt werden muß. Insbesondere ist zu beachten, daß dem lauterkeitsrechtlichen Verbot nicht die Wirkung zukommt, ohnehin bestehende Marktzutrittsschranken zu erhöhen und damit zu einer Marktabschottung beizutragen.

b) Die Revision verweist darauf, daß die Möglichkeiten der massenweisen unentgeltlichen Abgabe von Originalware zum Zwecke der Markterprobung und -einführung von der Rechtsprechung eingeschränkt worden seien (BGHZ 23, 365 – SUWA; 43, 278 – Kleenex). Diesen Entscheidungen sei zu entnehmen, daß der auf Dauer angelegte unentgeltliche Vertrieb von Originalprodukten jedenfalls wegen der dadurch bewirkten Marktstörung unzulässig sei. Dabei berücksichtigt die Revision jedoch nicht hinreichend, daß von einem Verschenken geldwerter Leistungen im Streitfall – wie dargelegt – nicht ausgegangen werden kann, weil sich die Sonntagszeitung der Beklagten allein aus Anzeigen finanzieren sollte.

c) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Gratisverteilung von Anzeigenblättern, die über einen redaktionellen Teil verfügen, unter besonderen Umständen gegen § 1 UWG verstoßen kann (vgl. BGHZ 19, 392, 397 f. – Freiburger Wochenbericht; 51, 236, 238 – Stuttgarter Wochenblatt I; BGH, Urt. v. 22.11.1984 – I ZR 98/82, GRUR 1985, 881, 882 = WRP 1985, 330 – Bliestal-Spiegel ). Ein solcher Verstoß soll insbesondere dann vorliegen, wenn der redaktionelle Teil des Anzeigenblattes geeignet sei, für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums eine Tageszeitung zu ersetzen, und wenn die ernstliche Gefahr bestehe, daß deshalb die Tagespresse als Institution in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Bestand bedroht sei (BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel, m.w.N.). Dabei hat der Senat jedoch klargestellt, daß auch die ständige Gratisverteilung von Anzeigenblättern und Fachzeitschriften mit einem gewissen Eigenwert des redaktionellen Teils nicht ohne weiteres, sondern nur unter besonderen
Umständen gegen § 1 UWG verstößt (BGHZ 81, 291, 294 – Bäckerfachzeitschrift; BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel). Außerdem hat der Senat betont, daß im Geschäftsleben niemand Anspruch auf eine unveränderte Erhaltung seines Kundenkreises hat und daß auch neuartige und vielleicht besonders wirksame Wettbewerbsmaßnahmen nicht schon deshalb als unlauter zu mißbilligen sind, weil sie sich für Mitbewerber wegen ihres Erfolges nachteilig auswirken (BGHZ 51, 236, 242 – Stuttgarter Wochenblatt I; BGH, Urt. v. 12.10.1989 – I ZR 155/87, GRUR 1990, 44, 45 = WRP 1990, 266 – Annoncen-Avis; BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift).

d) Die Klägerin kann nicht beanspruchen, daß der Bestand ihrer Sonntagszeitungen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen vor dem Wettbewerb durch die unentgeltlich vertriebene Sonntagszeitung der Beklagten geschützt wird.
aa) Die Garantie der Pressefreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterscheidet nicht danach, ob sich eine Zeitung mit redaktionellem Textteil allein durch Anzeigen oder daneben auch dadurch finanziert, daß der Leser für den Erwerb ein Entgelt zahlen muß (vgl. BGHZ 51, 236, 246 f. – Stuttgarter Wochenblatt I). Bei der institutionellen Garantie der Presse durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geht es nicht darum, den Bestand eines Presseorgans gegen den Wettbewerb durch ein anderes Presseorgan zu schützen. Nur wenn der Bestand eines meinungsbildenden Blattes – also einer Zeitung, die „sich redaktionell vor allem mit allgemein interessierenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gegenständen“ befaßt und dabei „informierend und kommentierend an der Bildung der öffentlichen Meinung“ mitwirkt (BGH GRUR 1985, 881, 882 – Bliestal-Spiegel) – durch ein Konkurrenzprodukt gefährdet würde, das diese Funktionen nicht wahrnehmen könnte, käme ein Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe WRP 1996, 118, 120; vgl. auch Hefermehl in der Anmerkung zur Senatsentscheidung „Stuttgarter Wochenblatt II“ GRUR 1971, 477, 479).
bb) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, weshalb den von der Klägerin verlegten Sonntagszeitungen gegenüber der Zeitung der Beklagten von Verfassungs wegen eine Vorrangstellung zukommen sollte. Die Bedenken, die die Revision in diesem Zusammenhang generell gegenüber anzeigenfinanzierten Zeitungen äußert, können nicht dazu führen, die eine Form der Zeitung gegenüber der anderen auch im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung auf eine höhere Stufe zu stellen. Die Revision meint, bei der gratis verteilten Zeitung sei auch die gesamte redaktionelle Arbeit anzeigenfinanziert, so daß die Gefahr der Einflußnahme der Werbetreibenden auf die Arbeit, Ausrichtung und personelle Besetzung der Redaktion bestehe. Diese Erwägung liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung (vgl. BGHZ 114, 82, 86 – Motorboot-Fachzeitschrift; ferner Teplitzky, GRUR 1999, 108, 111). Daraus folgt aber nicht, daß der über die Leserschaft (mit-)finanzierten Zeitung von vornherein ein höherer Schutz vor einer Marktstörung zugebilligt werden müßte. Ohne die ebenfalls nicht fernliegende Abhängigkeit der mischfinanzierten Presse von wirtschaftlich bedingten meinungsbildenden Faktoren zu gewichten, schlägt das verfassungsrechtliche Gebot, bei der Wertung redaktioneller Berichterstattung Neutralität zu wahren, auch bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung durch. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Klägerin deshalb auch kein präventiver Schutz zugesprochen und das unentgeltliche Verteilen von (Sonntags -)Zeitungen unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Bestands als wettbewerbswidrig angesehen werden. Eine dahingehende Äußerung kann der Senatsentscheidung „Stumme Verkäufer“ (Urt. v. 15.2.1996 – I ZR 1/94, GRUR 1996, 778, 780 = WRP 1996, 889) nicht entnommen werden. In keinem Fall reicht eine abstrakte Gefährdung aus, um das beanstandete Marktverhalten zu verbieten. Im übrigen gelten für die einen wie für die anderen Zeitungen dieselben presse- und lauterkeitsrechtlichen Regeln, mit denen beispielsweise eine redaktionell getarnte Werbung verhindert werden kann.
cc) Nicht weiterführend ist die Parallele, die die Revision zur Rundfunkord- nung ziehen möchte. Sie verweist darauf, daß das mit einer ausschließlichen Werbefinanzierung verbundene Gefährdungspotential für den Rundfunk schon seit längerem bekannt sei; dies habe zur Folge, daß das Bundesverfassungsgericht die ausschließliche Werbefinanzierung als unvereinbar mit der grundgesetzlich geschützten Informationsfreiheit und der Institution eines freien Rundfunks angesehen habe. Die Revision verkennt hierbei, daß in der dualen Rundfunkordnung neben den öffentlichrechtlichen Anstalten auch die ausschließlich werbefinanzierten privaten Rundfunkunternehmen ihren festen Platz haben. Im übrigen kann auch das mit den Abonnementzeitungen am ehesten vergleichbare sogenannte Bezahlfernsehen, das sich durch Abonnenten finanziert, nicht beanspruchen, daß ihm durch werbefinanzierte Fernsehsender kein Wettbewerb erwächst.

e) Auch die weiteren Umstände des Streitfalls, die sämtlich zur Prüfung heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 81, 291, 294 – Bäckerfachzeitschrift; Hefermehl, GRUR 1985, 883), rechtfertigen es nicht, der Beklagten den Betrieb einer rein anzeigenfinanzierten Zeitung mit Hilfe des Wettbewerbsrechts zu untersagen.
aa) Der vorgetragene Absatzrückgang bei den Zeitungen der Klägerin deutet entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf hin, daß das Verhalten der Beklagten wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wäre. Mit dem Absatzrückgang läßt sich die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten nicht begründen. Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, den Bestand bestehender wettbewerblicher Strukturen zu bewahren und wirtschaftlichen Entwicklungen entgegenzusteuern, in denen die bisherigen Marktteilnehmer mit Recht eine Bedrohung ihres Kundenstammes erblicken. Denn es ist gerade Sinn der Wettbewerbsrechtsordnung, dem freien Spiel der Kräfte des Marktes im Rahmen der gesetzten Rechtsordnung Raum zu gewähren (BGH GRUR 1990, 44, 45 – Annoncen-Avis; BGHZ 114, 82, 84 – Motorboot-Fachzeitschrift). Die Klägerin kann daher keine Sicherung ihres
Bestandes – schon gar nicht auf dem vor Eintritt des Wettbewerbers gehaltenen Niveau – beanspruchen.
bb) Eine Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb führt zu keiner anderen Sichtweise. Die Revision stellt in diesem Zusammenhang weniger darauf ab, daß der Bestand der Sonntagszeitungen der Klägerin durch die unentgeltlich vertriebene Zeitung der Beklagten gefährdet werde. Sie verweist vielmehr darauf, daß eine kostenlose Sonntagszeitung den Marktzutritt für weitere Anbieter von Kaufzeitungen versperre. Diese Erwägungen werden indessen den Verhältnissen auf dem Markt(-segment) der Sonntagszeitungen nicht gerecht. Die Revisionserwiderung verweist mit Recht darauf, daß es kaum andere Sonntagszeitungen als die der Klägerin gibt. Es liegt auf der Hand, daß die Marktzutrittsschranken für weitere Kauf- oder Abonnementzeitungen sehr hoch sind. Am Sonntag stehen nur wenige Verkaufsstellen für Zeitungen zur Verfügung, und es begegnet erheblichen Schwierigkeiten, potentielle Leser dazu zu bewegen, am Sonntagmorgen eine solche Verkaufsstelle, etwa einen Zeitungskiosk im Bahnhof, aufzusuchen, um eine neue, bislang noch nicht eingeführte Sonntagszeitung zu erwerben. Abonnenten werden allenfalls die Anbieter eingeführter Tageszeitungen mit einigem Erfolg akquirieren können; darüber hinaus wird ein Wettbewerber, der nicht bereits über die bestehende Vertriebsstruktur für eine Tageszeitung verfügt, kaum in der Lage sein, einen flächendeckenden sonntäglichen Zustelldienst einzurichten. Diese Schwierigkeiten bestehen verstärkt für den Verleger einer lokalen oder regionalen Sonntagszeitung, der mit einer Kauf- oder Abonnementzeitung kaum jemals eine auskömmliche Auflagenhöhe erreichen könnte. Bestünde für ihn nicht die Möglichkeit, die Sonntagszeitung ausschließlich über Anzeigen zu finanzieren und den Lesern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wäre ihm der Marktzutritt mit einiger Wahrscheinlichkeit vollständig verschlossen (vgl. Berst, AfP 1999, 425, 429). Diesen aufkeimenden
Wettbewerb mit Hilfe des Lauterkeitsrechts zu verbieten und sich zur Rechtferti- gung auf den Schutz des Wettbewerbs zu berufen, hieße, die Dinge auf den Kopf zu stellen.
IV. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage auch mit dem geänderten Feststellungsantrag abzuweisen ist. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ullmann RiBGH Prof. Starck ist altersbedingt aus Bornkamm dem richterlichen Dienst ausgeschieden und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Ullmann
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 141/98 Verkündet am:
28. September 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Augenarztanschreiben
MBO-Ä 1997 Kap. B § 34 Abs. 5
Ein an Augenärzte gerichtetes Werbeschreiben eines Augenoptikunternehmens
enthält keine gegen § 1 UWG verstoßende Verleitung der Adressaten zu
einem nach Kap. B § 34 Abs. 5 MBO-Ä 1997 standeswidrigen Verhalten, wenn
es keine Aufforderung zu einem bestimmten Handeln und insbesondere weder
das Versprechen noch das Inaussichtstellen irgendwelcher Vorteile enthält.
BGH, Urt. v. 28. September 2000 - I ZR 141/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 30. April 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer für Handelssachen 16, vom 24. Oktober 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt Kaufhäuser, in denen sie auch Leistungen von Optikerfachgeschäften anbietet. Sie wandte sich im Dezember 1996 vor dem Hintergrund des Beitragsentlastungsgesetzes vom 1. November 1996, nach dem die Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an Brillengestellen mit Ablauf des Jahres 1996 wegfiel, mit einem Schreiben ihrer Hauptverwaltung an Augenärzte. Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:
"Ihre Patienten sind unsere Kunden. Daher möchten wir Sie informieren. Wie Sie wissen wurde die Position der Brillenfassung aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen. Für den gesetzlich Versicherten bedeutet das: Es gibt eigentlich keine NulltarifBrille mehr. Aber nicht bei K. , denn ... K. bleibt auch 1997 beim Nulltarif Was bedeutet das für Ihre Patienten? 1. Bei Vorlage einer Verordnung für 2 Brillengläser liefert die K. - Augenoptik nach wie vor eine komplette Brille. Das heißt also - auf Kundenwunsch zuzahlungsfrei - zwei Gläser und eine Brillenfassung aus unserem Nulltarif-Sortiment. 2. Auf Wunsch erhält der Kunde Kunststoffgläser (Typ CR 39) ohne Aufpreis. - Auch wenn diese nicht verordnet sind! 3. Wünscht sich der Kunde bei verordneten Binokelgläsern Gleitsichtgläser , so erhält er diese auf Wunsch sogar ohne Zuzahlung! 4. Keine Zuzahlung für größere Brillengläser! K. Augenoptik hilft durch dieses neue, umfangreiche Null-Tarif-Paket sparen. - Zum Vorteil für die Krankenkassen und für die Kunden. Haben Sie Fragen zur K. -Augenoptik? - Rufen Sie uns an. Unter ... geben wir Ihnen gerne Auskunft." Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat dieses Schreiben beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung in
Anspruch genommen. Sie sieht einen Verstoß gegen § 1 UWG darin begründet , daß es der Beklagten in dem Schreiben nicht um die Information der Ä rzte gehe, sondern allein darum, ihre Produkte und Leistungen zu bewerben und in diesem Zusammenhang die Ä rzte zu Empfehlungen zu veranlassen, die, da es hierfür keine medizinischen Gründe gebe, gegen § 30 Abs. 4 der Musterberufsordnung für Ä rzte in der Fassung des Beschlusses des 98. Ä rztetages (im weiteren: MBO-Ä a.F.) verstießen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot sei bei der Verschreibung von Brillen nicht berührt, weil die Kassen für Brillenfassungen ohnehin keinerlei Erstattungen mehr leisteten und im übrigen für Sehhilfen festgesetzte Festbeträge zahlten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, Augenärzte anzuschreiben, um sie über das augenoptische Angebot der Beklagten und darüber zu informieren, welche nicht-medizinischen Vorteile dieses den Patienten, den Kunden der Beklagten, bietet.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Die Berufung der Beklagten ist mit der Maßgabe ohne Erfolg geblieben, daß von dem Verbot ein Rundschreiben der Beklagten vom 14. Januar 1997 ausgenommen worden ist.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F. unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Vorsprungs durch Rechtsbruch in Form der Verleitung zu standeswidrigem Verhalten bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Vorschrift des § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F., die Eingang in praktisch alle Landesberufsordnungen der Ä rzte gefunden habe, untersage diesen u.a., ohne hinreichenden Grund auf bestimmte Geschäfte zu verweisen und bei der Verordnung von Hilfsmitteln ohne sachlich gebotenen Grund Erzeugnisse bestimmter Hersteller zu nennen. Da sich die Verordnung des Arztes bei optischen Sehhilfen zudem auf ein allein gattungsmäßig bestimmtes Erzeugnis beschränke, komme eine Einflußnahme des Arztes auf die Auswahl des Optikers lediglich beim Vorliegen hinreichender sachlich gebotener Gründe in Betracht. Die hierzu vorrangig zu zählenden medizinischen Gründe habe die Klägerin dadurch berücksichtigt, daß sie in ihrem Antrag lediglich auf die Information über nicht-medizinische Vorteile der Leistungen der Beklagten abgestellt habe. Bei der Verschreibung nur gattungsmäßig bestimmter optischer Hilfsgeräte kämen ansonsten möglicherweise zu berücksichtigende Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht in Betracht. Die Vorgehensweise der Beklagten habe zweifelsfrei dem Zweck gedient, die angeschriebenen Ä rzte zu der gegen § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F. verstoßenden und damit standeswidrigen Weitergabe der übermittelten Informationen an die Patienten zu veranlassen. Da die in dieser Bestimmung enthaltene Regelung zudem einer gefestigten und einheitlich be-
folgten Standesüberzeugung entspreche und die Beklagte durch die Veranlassung Dritter zur Verletzung von Standespflichten den eigenen Wettbewerb zu Lasten rechtstreuer Mitbewerber habe fördern wollen, verstoße deren Verhalten gegen § 1 UWG.
Der Klageantrag kennzeichne in seiner verallgemeinernden Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform, d.h. die Information der Ä rzte über das augenoptische Angebot der Beklagten und dessen nicht-medizinische Vorteile für die Patienten, in denen der wesentliche Kern des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten liege. Der Antrag sei auch hinreichend bestimmt ; denn die Frage, was zu den nicht-medizinischen Vorteilen zu zählen sei, unterliege keinen ernsthaften Zweifeln.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß der Unterlassungsantrag ausreichend bestimmt ist.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen ist, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017 = WRP 1999, 1035, 1036 - Kontrollnummernbeseitigung,
m.w.N.). Soweit die Revision geltend macht, der Begriff des "nichtmedizinischen Vorteils" sei nicht eindeutig, hat das Berufungsgericht in den bei der Auslegung des Verbotsausspruchs mit zu berücksichtigenden Gründen seiner Entscheidung klarstellend ausgeführt, daß dazu alle nicht unmittelbar auf dem Gebiet der Medizin liegenden Vorteile zu rechnen sind. Soweit die Revision des weiteren beanstandet, der Kreis möglicher "nicht-medizinischer Vorteile" sei nahezu unbegrenzt und gehe weit über die konkreten Angaben in dem Rundschreiben vom Dezember 1996 hinaus, betrifft dies die als materielle Anspruchsvoraussetzung erst im Rahmen der Begründetheit der Klage zu prüfende Frage der Begehungsgefahr. Entsprechendes gilt auch für den von der Revision ferner erhobenen Einwand, der Klageantrag kennzeichne nicht das Charakteristische der Verletzungsform.
2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, das Rundschreiben der Beklagten vom Dezember 1996 beinhalte eine gegen § 1 UWG verstoßende Verleitung der Adressaten zu einem standeswidrigen Verhalten, begegnet dagegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Regelungen in § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F. einer gefestigten und einheitlich befolgten Standesüberzeugung entsprechen, dem Gemeinwohl durch Schutz der Heilungssuchenden vor nicht hinnehmbaren Beeinflussungen zu dienen, damit in direkter Form die Volksgesundheit betreffen, und deshalb ein Verstoß hiergegen zugleich unlauter i.S. des § 1 UWG ist.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß die MBO-Ä a.F. - ebenso wie die im Jahr 1997 an ihre Stelle getretene neu gefaßte (Muster-)Be-
rufsordnung für die deutschen Ä rztinnen und Ä rzte (MBO-Ä 1997, abgedr. in NJW 1997, 3076) - keine Rechtsnormqualität besaß (BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 59/98, WRP 2000, 1121, 1124 - Verkürzter Versorgungsweg). Jedoch stimmen die in den Berufsordnungen der einzelnen Ä rztekammern enthaltenen berufsrechtlichen Verbote, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Geschäfte oder Anbieter zu verweisen (vgl. etwa Kap. B § 34 Abs. 5 der Berufsordnung für die Ä rzte Bayerns vom 12.10.1997, Bayerisches Ä rzteblatt 1997 Nr. 11 S. 1), inhaltlich mit den insoweit früher in § 30 Abs. 4 MBO-Ä a.F. und mittlerweile in Kap. B § 34 Abs. 5 MBO-Ä 1997 vorgesehenen Regelungen überein (vgl. BGH WRP 2000, 1121, 1124 f. - Verkürzter Versorgungsweg). Allerdings stehen die dortigen Verbote einer Verweisung des Patienten nicht nur, wie das Berufungsgericht gemeint hat, dann nicht entgegen, wenn hierfür unmittelbar auf dem Gebiet der Medizin liegende Vorteile sprechen. Vielmehr können auch andere sachliche Gründe wie etwa die Qualität der Versorgung, die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten oder schlechte Erfahrungen mit anderen Anbietern den Arzt zu Verweisungen an bestimmte Leistungserbringer berechtigen (vgl. BGH WRP 2000, 1121, 1125 - Verkürzter Versorgungsweg).
Ob der Arzt insoweit im übrigen nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Versorgung seiner Patienten für die Krankenkassen (vgl. insoweit § 12 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB V sowie BGH WRP 2000, 1121, 1125 - Verkürzter Versorgungsweg ), sondern auch für die Patienten selbst berücksichtigen darf oder sogar muß, kann hier dahinstehen, weil das von den Instanzgerichten gegen die Beklagte ausgesprochene Verbot jedenfalls aus den nachfolgend dargestellten Gründen keinen Bestand hat.

b) Das Berufungsgericht hat die Unlauterkeit der Verhaltensweise der Beklagten damit begründet, daß sie ihren eigenen Wettbewerb zu Lasten rechtstreuer Mitbewerber durch die Veranlassung Dritter zur Verletzung der diesen obliegenden Standespflichten veranlasse. Dementsprechend komme es nicht darauf an, daß rechtswidrige Handlungen bereits zu verzeichnen gewesen seien, sondern es reiche aus, daß solche zu befürchten seien.
Das Berufungsgericht ist damit - im rechtlichen Ansatz durchaus zutreffend - davon ausgegangen, daß es lauterem Wettbewerbsverhalten nicht entspricht , Dritte planmäßig zu Verstößen gegen für diese bindendes Recht aufzufordern , um sich durch entsprechende Gesetzesverstöße der Angesprochenen Vorteile gegenüber solchen Wettbewerbern zu verschaffen, die die Rechtsverbindlichkeit der betreffenden Regelung anerkennen (BGH, Urt. v. 4.10.1990 - I ZR 299/88, GRUR 1991, 540, 542 = WRP 1991, 157, 159 - Gebührenausschreibung ).
Das Berufungsgericht hat einen Verstoß allerdings namentlich deshalb bejaht, weil es, wie bereits vorstehend ausgeführt, zu Unrecht der Auffassung ist, daß die einschlägige berufsrechtliche Bestimmung eine Verweisung des Patienten auch dann nicht zulasse, wenn für die Verweisung zwar sachliche Gründe sprechen, diese aber nicht unmittelbar auf dem Gebiet der Medizin liegen. Außerdem hat es nicht hinreichend berücksichtigt, daß Ä rzte erfahrungsgemäß Adressaten vielfacher Werbeschreiben und -maßnahmen sind und daher den Umgang mit diesen gewohnt und dementsprechend durch sie nicht leicht zu einem bestimmten oder gar berufsrechtswidrigen Verhalten zu veranlassen sind. Letzteres gilt insbesondere für Informationsschreiben, die - wie das im vorliegenden Fall zu beurteilende - keine Aufforderung zu einem be-
stimmten Handeln und insbesondere weder das Versprechen noch das Inaussichtstellen irgendwelcher Vorteile enthalten. Es bleibt der freien unbeeinflußten Entscheidung der angesprochenen Ä rzte überlassen, ob und in welcher Weise sie im Rahmen ihrer Standespflichten von den Informationen Gebrauch machen.
Hinzu kommt, daß in dem beanstandeten Schreiben der Beklagten unter den einzelnen Nummern Angebote für besondere Patientenwünsche enthalten sind, bei denen unter bestimmten Voraussetzungen durchaus sachliche Gründe vorliegen können, die dem Arzt eine Verweisung des Patienten an die Beklagte gestatten. Zu denken ist namentlich an den Fall, daß der Patient dem Arzt gegenüber äußert, er werde angesichts der neuen Kostenregelung eine seinen Bedürfnissen entsprechende Sehhilfe nicht ohne eigene Zuzahlung erhalten , könne sich eine solche aber nicht leisten.
Für den grundsätzlich informativen Charakter des Schreibens spricht schließlich auch der dortige Hinweis an den Arzt, daß für ihn bei noch verbliebenen Fragen zu dem augenoptischen Angebot der Beklagten die Möglichkeit einer Rücksprache bestehe.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 26/02 Verkündet am:
24. Juni 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Werbeblocker

a) Zwischen einem (privaten) Fernsehsendeunternehmen und einem Unternehmen
, das ein zum Anschluß an den Fernseher oder Videorekorder bestimmtes
Gerät produziert und vertreibt, mit dem Werbeinseln aus dem laufenden
Programm automatisch ausgeblendet werden können (Werbeblokker
), besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.

b) Die Werbung und der Vertrieb eines Werbeblockers und die Ausstrahlung
von Befehlssignalen für diesen verstoßen auch unter Berücksichtigung des
verfassungsrechtlichen Schutzes, den das Fernsehsendeunternehmen aus
Art. 5 und Art. 12 GG genießt, weder unter dem Gesichtspunkt einer produktbezogenen
Behinderung noch wegen Werbebehinderung gegen § 1
UWG und stellen auch keine nach dieser Bestimmung unzulässige allgemeine
Marktbehinderung dar.
BGH, Urt. v. 24. Juni 2004 - I ZR 26/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. Juli 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt einen ausschließlich durch Einnahmen aus kommerzieller Werbung finanzierten Fernsehsender. Sie plaziert die Werbung über ihr gesamtes Programm verteilt und insbesondere auch während laufender Sendebeiträge, so daß diese regelmäßig durch sogenannte Werbeinseln unterbrochen werden. Die von der Klägerin erzielten Werbeumsätze belaufen sich auf mehr als 1 Milliarde Euro netto; ihr Gewinn belief sich im Jahr 2000 auf 497 Millionen DM.
Die Beklagte produziert und vertreibt ein von ihr als "Fernseh-Fee" bezeichnetes Vorschaltgerät. Dieses ist zum Anschluß an den Fernseher oder Videorekorder bestimmt und verfügt seit Ende 1999 u.a. über eine sogenannte Werbeblocker-Funktion ("spot-stop-Funktion"). Das Gerät der Beklagten kann damit vom Nutzer so programmiert werden, daß Werbeinseln aus dem laufenden Programm automatisch ausgeblendet werden. Zu diesem Zweck sendet die Beklagte Befehlssignale aus, mittels deren das Vorschaltgerät den Fernseher oder Videorekorder für die Zeit, während der im gewählten Programm Werbung ausgestrahlt wird, auf ein werbefreies Programm umschaltet und nach dem Ende des Werbeblocks wieder zurückschaltet.
Die Klägerin sieht in der Bewerbung und in dem Vertrieb des mit einer solchen Werbeblocker-Funktion ausgerüsteten Vorschaltgeräts, in der Ausstrahlung der entsprechenden Befehlssignale und in der Bewerbung dieser Dienstleistung ein unter den Gesichtspunkten der Behinderung, der Ausbeutung erbrachter Vorleistungen und der allgemeinen Marktstörung nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten. Zur Begründung führt sie insbe-
sondere aus, die Beklagte verletze die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit der Klägerin, da sie in unzulässiger Weise in deren in der Erzielung von Werbeeinnahmen bestehende wirtschaftliche Grundlage eingreife. Bei entsprechender Werbung liege der Markt für das WerbeblockerSystem der Beklagten noch über den von dieser in Veröffentlichungen genannten 20 % der Fernsehhaushalte. Die Beklagte gefährde damit - auch im Hinblick auf die gegebene Nachahmungsgefahr - in erheblichem Maße die Finanzierung der Klägerin. Zudem greife sie in das als Datenbankwerk geschützte Fernsehprogramm der Klägerin durch Umgestaltung ein.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) ein Vorschaltgerät zum Anschluß an TV-Geräte wie in der beiliegenden Ablichtung beworben anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, soweit mit diesem Gerät Fernsehwerbung im RTL-Programm der Klägerin derart unterdrückt wird, daß das Vorschaltgerät das angeschlossene Fernsehempfangsgerät während der Übertragung von Fernsehwerbung auf dem eingestellten RTL-Kanal auf einen anderen zu dieser Zeit werbefreien Kanal umschaltet,
und/oder

b) an diese Vorschaltgeräte gerichtete Befehlssignale auszustrahlen bzw. ausstrahlen zu lassen, die bewirken, daß an das Vorschaltgerät angeschlossene Fernsehempfangsgeräte während Werbeübertragungen im RTL-Programm der Klägerin auf einen ggf. werbefreien Kanal umschalten und/oder eine entsprechende Dienstleistung zu bewerben.

Die Beklagte macht demgegenüber geltend, es fehle bereits an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Sie betätige sich in einer anderen Branche und auf einer anderen wirtschaftlichen Stufe als die Klägerin. Die angebotenen Leistungen schlössen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzten sich. Eine unzulässige Behinderung liege nicht vor, da auch weiterhin der Verbraucher entscheide, ob er Werbung sehen möchte. Die Perfektionierung des Umschaltens in ein anderes Fernsehprogramm während der Ausstrahlung der Werbeinseln durch die jederzeit abänderbare Programmierung des Vorschaltgeräts begründe kein Unwerturteil. Der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkte Schutz der Rundfunkfreiheit erschöpfe sich in dem Verbot staatlicher Regelungen, die die Existenz der Klägerin erheblich gefährden oder beeinträchtigen könnten; dazu gehöre der Schutz der finanziellen Mittel nicht. Aufgrund des geringen Verbreitungsgrades der "Fernseh-Fee" drohe tatsächlich auch keine Gefahr für die Einnahmen der Klägerin.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG Berlin ZUM-RD 2000, 144). Die Berufung der Beklagten führte zur Abweisung der Klage (KG MMR 2002, 483).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe, da der aus Werbebeiträgen bestehende Teil des von der Klägerin angebotenen Programms und das Werbeblocker-System der Beklagten einander behindern könnten. Es hat aber die Bewerbung und den Vertrieb des mit der Werbeblokker -Funktion ausgerüsteten Vorschaltgeräts sowie die Ausstrahlung der an dieses gerichteten Befehlssignale durch die Beklagte nicht als i.S. des § 1 UWG wettbewerbswidrige Verhaltensweisen angesehen. Die Verletzung eines Urheberrechts der Klägerin oder des Rechts an deren eingerichtetem und ausgeübtem Gewerbebetrieb hat es ebenfalls verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt :
Für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer produktbezogenen Behinderung fehle es, da die Entscheidung insoweit bei den Zuschauern verbleibe, an einer unmittelbaren oder auch nur mittelbaren wettbewerbswidrigen Einwirkung auf die von der Klägerin angebotenen Leistungen. Die Beklagte stelle den Zuschauern, die das Programm der Klägerin verlassen wollten, lediglich eine technische Hilfe zur Verfügung.
Eine produktbezogene Behinderung der Klägerin sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in ihr Grundrecht auf Rundfunkfreiheit zu bejahen. Allerdings erfasse diese im Rahmen ihrer im Verhältnis der Parteien zueinander bestehenden mittelbaren Drittwirkung auch die von der Klägerin gesendete Werbung. Das Verhalten der Beklagten erschwere zudem die Ausübung der Rundfunkfreiheit nicht unerheblich, da ihr Verhalten die Werbeein-
nahmen der Klägerin zu vermindern drohe. Trotz der überragenden Bedeutung der zugunsten der Klägerin zu berücksichtigenden Rundfunkfreiheit seien aber die Belange der Beklagten schutzwürdiger als die der Klägerin. Durch die Werbeblocker -Funktion könnten sich für die Klägerin, wie der Berufungssenat aufgrund der Lebenserfahrung seiner Mitglieder beurteilen könne, zwar nicht ganz unempfindliche finanzielle Einbußen ergeben, nicht aber eine existentielle Gefährdung. Als Kunden des von der Beklagten vertriebenen Geräts kämen vornehmlich Zuschauer in Betracht, die sich der Werbung bislang ohnehin durch Umschalten auf ein anderes Programm, Ausschalten des Fernsehers oder seines Tones oder Verlassen des Raumes entzogen hätten. Zu berücksichtigen seien ferner der für die Masse der Durchschnittsverdiener nicht geringe Anschaffungspreis für das Gerät von knapp 400 DM und - wenn auch möglicherweise eher geringe - monatliche Gebühren für die Dienstleistungen der Beklagten. Zudem sei die Anziehungskraft des Werbeblockers maßgeblich dadurch geschwächt, daß er die Unterbrechung des laufenden Sendebeitrags während der Ausstrahlung der Werbeinseln nicht vermeiden könne. Soweit sich die Klägerin über den von der Beklagten zugestandenen Verkauf von 1.000 Geräten monatlich hinaus auf deren Äußerungen zur geplanten Pr oduktion von 3.000 Geräten pro Monat und zu einem Marktpotential von 20 % der Fernsehhaushalte bzw. 15 Millionen Fernsehhaushalte beziehe, seien diese Zahlen eindeutig werblich motiviert; ihr Erreichen liege fern. Außerdem habe es die Klägerin als Programmveranstalterin in der Hand, gemeinsam mit ihren Werbekunden die Anziehungskraft der Werbung für den Zuschauer zu erhöhen oder die Werbung mit der Einblendung redaktioneller Sendeleistungen zu verbinden. Auch Neuerungen wie die Teilbelegung eines Bildes (Werbung mit Einblendung redaktioneller Sendeleistungen) schränkten die Gefahren für die Klägerin weiter ein. Demgegenüber drohten dem nach Art. 14 und Art. 2 GG geschützten Unternehmen der Beklagten bei einer Untersagung des Werbeblockers, der den prä-
genden und werbewirksamen Kern ihrer Geschäftsidee darstelle, existenzgefährdende Einbußen. Bei der Gesamtabwägung sei zudem zu berücksichtigen, daß die Klägerin den Geschäftserfolg der Beklagten beobachten könne. Zeigten sich wider Erwarten doch gravierende Einnahmeverluste im gesamten Bereich des privaten Werbefernsehens, könne immer noch ein Eingriff erfolgen, der der Beklagten einen gewissen Erfolg ihrer Geschäftsidee belasse.
Ein Anspruch aus § 1 UWG sei auch nicht unter den von der Klägerin des weiteren geltend gemachten Gesichtspunkten der kundenbezogenen Behinderung , der Werbebehinderung, der Ausbeutung einer fremden Leistung sowie der allgemeinen Marktbehinderung zu bejahen.
Die Klage sei im übrigen auch weder aus § 97 Abs. 1, § 4 Abs. 2 UrhG unter dem Gesichtspunkt eines widerrechtlichen Eingriffs in ein der Klägerin zustehendes Datenbankwerk noch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB wegen Eingriffs in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begründet.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß der Vertrieb der von der Beklagten hergestellten und vertriebenen, mit einer WerbeblockerFunktion ausgestatteten "Fernseh-Fee" und die Ausstrahlung der an diese gerichteten Befehlssignale nicht nach § 1 UWG wettbewerbswidrig ist. Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, das von der Klägerin erstrebte Verbot sei ferner weder aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG noch aus § 823 Abs. 1 i.V. mit § 1004 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu.

a) Die Klägerin ist allerdings als unmittelbar betroffene Mitbewerberin nach § 1 UWG klage- und sachbefugt. Als unmittelbar von einer zu Wettbewerbszwecken begangenen Handlung betroffen sind grundsätzlich diejenigen Mitbewerber anzusehen, die zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförderten ) in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, GRUR 2001, 258 = WRP 2001, 146 - Immobilienpreisangaben ; Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 237/98, GRUR 2001, 260 = WRP 2001, 148 - Vielfachabmahner, jeweils m.w.N.). Im Streitfall besteht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
aa) Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 = WRP 1998, 1065 - Preisvergleichsliste II; BGH GRUR 2001, 258 - Immobilienpreisangaben ; GRUR 2001, 260 - Vielfachabmahner; BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 903 = WRP 2002, 1050 - VanityNummer , m.w.N.). An einem solchen Wettbewerbsverhältnis aufgrund der eigentlichen beruflichen Tätigkeiten der Parteien fehlt es hier allerdings. Denn bei dem Betreiben eines privaten Fernsehsenders durch die Klägerin einerseits und bei dem Vertrieb eines mit verschiedenen Funktionen zur Nutzung des Mediums Fernsehen ausgestatteten Geräts durch die Beklagte andererseits handelt es sich nicht um gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen.

bb) Im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes sind an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses allerdings keine hohen Anforderungen zu stellen; es wird daher insbesondere keine Branchengleichheit vorausgesetzt. Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung geht, genügt es, daß die Parteien durch eine Handlung miteinander in Wettbewerb getreten sind, auch wenn ihre Unternehmen im übrigen unterschiedlichen Branchen angehören (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1972 - I ZR 60/70, GRUR 1972, 553 - Statt Blumen ONKO-Kaffee; BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE; BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; Urt. v. 7.12.1989 - I ZR 3/88, GRUR 1990, 375, 376 = WRP 1990, 624 - Steuersparmodell). Das ist hier der Fall.
Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin als werbefinanzierter Fernsehsender ist durch ihr Auftreten auf zwei verschiedenen Märkten gekennzeichnet : Zum einen bietet die Klägerin gegen Entgelt Sendeplätze für die Ausstrahlung von Werbung an, woraus sie sich finanziert. Zum anderen präsentiert sie den Fernsehzuschauern unentgeltlich ihr Programm. Auf diesem Markt tritt die Beklagte mit dem angegriffenen Verhalten mit der Klägerin in Wettbewerb. Das von ihr angebotene Gerät mit Werbeblocker-Funktion stellt zwar eine andersartige gewerbliche Leistung dar als diejenige, die die Klägerin den Zuschauern präsentiert. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Angebot aber ebenso wie die Klägerin - wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung - an Fernsehkonsumenten. Während die Klägerin möglichst viele Zuschauer zu erreichen versucht , die sich ihr Programm und insbesondere die darin enthaltene Werbung anschauen, wendet sich die Beklagte an Fernsehzuschauer, die während der Unterbrechung laufender Sendebeiträge durch Werbeinseln statt der Werbung
lieber Sendebeiträge eines zu dieser Zeit werbefreien Senders sehen möchten. Eine geringere Anzahl von Werbezuschauern mindert aus der Sicht der Werbekunden die Attraktivität der von der Klägerin angebotenen Werbesendeplätze und kann daher deren Absatz behindern.

b) Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer individuellen Behinderung mit Recht verneint (ebenso im Ergebnis LG Frankfurt am Main MMR 1999, 613, 614 f.; OLG Frankfurt am Main GRUR 2000, 152, 153 f.; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 414; a.A. Apel in: Festschrift für Hertin, 2000, S. 337, 349 ff.).
aa) Eine wettbewerbswidrige Behinderung in diesem Sinne setzt stets eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers voraus (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de). Die Behinderung kann sich auf alle Wettbewerbsparameter des Mitbewerbers wie beispielsweise Absatz, Bezug, Werbung, Produktion, Finanzierung oder Personal beziehen (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 385; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht , 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 208). Da aber grundsätzlich jeder Wettbewerb die Mitbewerber zu beeinträchtigen vermag, müssen weitere Umstände hinzutreten, damit von einer unzulässigen individuellen Behinderung gesprochen werden kann (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; Großkomm.UWG /Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 3; Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 208; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 386). Insoweit ist eine Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls geboten, bei der die sich gegenüberstehenden Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; Großkomm.UWG/Brandner/
Bergmann, § 1 Rdn. A 6; Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 208; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 386).
bb) Das Berufungsgericht hat eine unlautere produktbezogene Behinderung aufgrund einer umfassenden Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen verneint. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
(1) Eine unlautere produktbezogene Behinderung kommt beim Vorliegen einer unmittelbaren Einwirkung auf das Produkt des Mitbewerbers - etwa dadurch , daß dieses vernichtet oder beschädigt wird - in Betracht (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 399). An einer solchen unmittelbaren Einwirkung auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen durch die Beklagte fehlt es im Streitfall. Die Beklagte wirkt auf die Sendebeiträge der Klägerin und namentlich auch auf die darin enthaltene Werbung nicht unmittelbar ein. Sie ermöglicht es den Fernsehkonsumenten durch ihr Vorschaltgerät mit WerbeblockerFunktion und die Ausstrahlung der an dieses gerichteten Befehlssignale lediglich , das Fernsehgerät für die Dauer der Programmunterbrechung durch Werbeinseln aus- oder auf einen werbefreien Sender umzuschalten. Der Gebrauch der Werbeblocker-Funktion bleibt jeweils dem Zuschauer überlassen.
(2) Allerdings kann auch eine mittelbare Einwirkung auf die Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers wettbewerbsrechtlich unlauter sein (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 399). So verhält es sich etwa bei dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen, die geeignet sind, Dritten einen unberechtigten kostenlosen Zugang zu einer entgeltlich angebotenen Leistung zu verschaffen (vgl. zum Vertrieb von "Piratenkarten" zum kostenlosen Empfang von PayTV -Programmen: OLG Frankfurt am Main NJW 1996, 264 f.). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

(3) Die von der Beklagten über den entgeltlichen Vertrieb des Werbeblockers dem Fernsehzuschauer angebotene technische Erleichterung hindert die Klägerin nicht daran, ihre Leistungen auf dem Markt in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Zwar läuft der Einsatz des Werbeblockers dem Interesse der Klägerin zuwider, nicht nur mit ihren redaktionellen Programmbeiträgen , sondern insbesondere auch mit ihren Werbesendungen möglichst viele Zuschauer zu erreichen, da hiervon die Höhe ihrer Werbeeinnahmen abhängt. Das allein macht das Angebot und den Vertrieb der Leistungen der Beklagten aber noch nicht wettbewerbsrechtlich unlauter. Ein wettbewerbswidriges Verhalten wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn sich die Beklagte dabei nicht wettbewerbseigener Mittel bediente (vgl. BGHZ 110, 156, 162 ff. - HBV-Familienund Wohnungsrechtsschutz; Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 208). Das ist jedoch nicht der Fall.
cc) Aus den vorstehend genannten Gründen liegt des weiteren - wie das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat - keine unlautere Werbebehinderung vor.
Allerdings kann die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers - etwa durch deren Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung oder Verdeckung - im Einzelfall eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers darstellen (vgl. Großkomm.UWG/Brandner/Bergmann, § 1 Rdn. A 274 ff.; Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 225 ff.; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 414 ff.). Dabei handelt es sich aber typischerweise um die Beeinträchtigung der Werbewirkung gegenüber einem mit der Werbung angesprochenen breiteren Publikum oder - etwa in den Fällen einer Erinnerungswerbung - gegenüber den Erwerbern eines bestimmten Produkts, ohne daß dies auf einer freien Entschei-
dung derer beruht, an die sich die Werbung richtet (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.1972 - I ZR 82/70, GRUR 1972, 558, 559 - Teerspritzmaschinen; OLG Hamburg GRUR 1994, 316; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 1515). Anders verhält es sich jedoch im Streitfall. Die von der Klägerin gesendete Werbung erreicht, wenn der Werbeblocker der Beklagten zum Einsatz kommt, nur diejenigen Fernsehzuschauer nicht, die sich bewußt dafür entschieden haben, keine Werbung sehen zu wollen.
dd) Auch der verfassungsrechtliche Schutz, den die Klägerin aus Art. 5 und Art. 12 GG genießt, gebietet unter den gegebenen Umständen keinen weiterreichenden wettbewerbsrechtlichen Schutz.
(1) Die Klägerin handelt bei der Ausstrahlung ihrer Sendungen, zu denen die gesendete Werbung mit gehört, im Rahmen ihrer durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) geschützten Aufgabenstellung (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 282/97, GRUR 2000, 703, 707 = WRP 2000, 1243 - Mattscheibe ). Das ist bei der Auslegung und Anwendung des § 1 UWG zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.8.2001 - 1 BvR 1188/92, GRUR 2001, 1058, 1059 f. = WRP 2001, 1160 - Therapeutische Äquivalenz). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den Schutzumfang der Rundfunkfreiheit zutreffend bestimmt. Die Programmfreiheit, die den Kern der Rundfunkfreiheit bildet (vgl. BVerfGE 97, 228, 268 m.w.N.), wird durch die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme nicht berührt. Die Rechtsordnung darf den privaten Rundfunk zwar nicht Bedingungen unterwerfen , die die Ausübung der grundrechtlichen Freiheit wesentlich erschweren oder gar praktisch unmöglich machen würden (vgl. auch BVerfGE 73, 118, 157; 83,
238, 297; 97, 228, 268). Aus der institutionellen Garantie des Staates für die Freiheit des Rundfunks läßt sich aber ein Anspruch der Fernsehsender auf ungestörte geschäftliche Betätigung nicht herleiten. Der Schutz des Rundfunks als einer meinungsbildenden Institution gebietet grundsätzlich keinen Bestandschutz über die Zuerkennung zivilrechtlicher Ansprüche. Auch Unternehmen des Medienbereichs müssen sich den Herausforderungen des Marktes stellen, der von der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und von der Kraft der Innovation lebt. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts liegt es nicht fern, daß die Klägerin Beeinträchtigungen etwa dadurch erfolgreich entgegenwirken kann, daß sie in Zusammenarbeit mit der werbungtreibenden Wirtschaft das Interesse des Zuschauers am Werbeprogramm weckt und wach hält oder daß sie ihrerseits mit technischen Neuerungen einer Ausblendung der Werbebeiträge entgegenwirkt. Unabhängig davon kann die rechtliche Beurteilung nicht davon abhängen, ob schon heute Maßnahmen benannt werden können, mit deren Hilfe eine existenzgefährdende Beeinträchtigung der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin durch die Beklagte vermieden werden kann.
(3) Im Blick auf die verfassungsrechtlich geschützte Position der Klägerin ist bei der Beurteilung des Verhaltens der Beklagten unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten eine umfassende Interessenabwägung geboten. Diese hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler vorgenommen. Zutreffend hat es dabei auch die ebenfalls grundrechtlich geschützten Positionen der Beklagten mitberücksichtigt.
Es kann dahinstehen, ob im Streitfall das durch Art. 14 GG geschützte Recht der Beklagten an ihrem Unternehmen in Rede steht. Jedenfalls genießt das von der Klägerin beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten den
Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG gilt gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für juristische Personen des Privatrechts (vgl. BVerfGE 97, 228, 253). Der hierdurch bewirkte Schutz umfaßt insbesondere die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung (vgl. BVerfGE 97, 228, 253). Diese Voraussetzungen sind bei dem Vertrieb der "Fernseh-Fee" mit der beanstandeten Werbeblocker-Funktion durch die Beklagte und bei der beanstandeten Ausstrahlung der Sendesignale gegeben.

c) Ein Anspruch aus § 1 UWG wegen allgemeiner Marktbehinderung scheidet schon deshalb aus, weil nach den verfahrensrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts der Vertrieb des Werbeblokkers durch die Beklagte die geschäftliche Tätigkeit des werbefinanzierten Fernsehens zwar erschwert, nicht aber existentiell bedroht.
aa) Die Frage, ob in einem beanstandeten Wettbewerbsverhalten eine unzulässige allgemeine Marktbehinderung zu sehen ist, kann nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber und der Allgemeinheit beurteilt werden (vgl. BGHZ 114, 82, 84 - Motorboot-Fachzeitschrift). Dabei ist auch den kollidierenden Grundrechtspositionen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG GRUR 2001, 1058, 1060 - Therapeutische Äquivalenz).
bb) Die Klägerin hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine konkreten Tatsachen wie etwa Einbußen bei ihren eigenen Werbeeinnahmen oder denjenigen ihrer Mitbewerber (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.1984 - I ZR 98/82, GRUR 1985, 881, 882 = WRP 1985, 330 - BliestalSpiegel ) vorgetragen, die auf eine Gefährdung des Bestandes der durch Werbung finanzierten privaten Fernsehsender schließen lassen könnten. Die Revi-
sion macht auch nicht geltend, daß das Berufungsgericht in dieser Hinsicht Sachvortrag der Klägerin übergangen habe. Die damit lediglich in Betracht zu ziehende Möglichkeit, daß Werbekunden der Klägerin und der anderen durch Werbung finanzierten privaten Fernsehsender bei einer erheblichen Verbreitung des Werbeblocker-Systems der Beklagten weniger Sendezeit buchen oder nurmehr einen geringeren Preis pro Zeiteinheit zu zahlen bereit sein könnten und daß es deshalb bei Privatsendern wie der Klägerin zu Einnahmeverlusten kommen könnte, reicht für die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1989 - I ZR 155/87, GRUR 1990, 44, 46 = WRP 1990, 266 - Annoncen-Avis).
2. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin verneint. Es kann dahinstehen, ob dem aus redaktionellen und werbemäßigen Beiträgen bestehenden Programm der Klägerin Werkschutz zukommt. Das Verhalten der Beklagten stellt jedenfalls keinen Eingriff in ein urheberrechtliches Verwertungsrecht dar.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 823 Abs. 1 i.V. mit § 1004 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint.
Die Anwendung dieses Auffangtatbestandes kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn es darum geht, eine regelungsbedürftige Lücke im Rechtsschutz zu schließen (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.1983 - I ZR 207/80, GRUR 1983, 467, 468 = WRP 1983, 398 - Photokina). Das ist hier nicht der Fall. Da - wie oben unter Ziffer II. 1. a) ausgeführt wurde - zwischen den Parteien ein
Wettbewerbsverhältnis besteht, sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften grundsätzlich vorrangig anzuwenden. Ein nach ihnen nicht zu beanstandendes Verhalten stellt auch keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO Allg Rdn. 130; Köhler in Köhler/Piper aaO Einf Rdn. 41).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 137/00 Verkündet am:
14. November 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Preisempfehlung für Sondermodelle
Von einer zulässigen unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers ist nicht
auszugehen, wenn ein Hersteller an einen beschränkten Kreis von Händlern
Sondermodelle zu einem besonderen Preis vertreibt.
BGH, Urt. v. 14. November 2002 - I ZR 137/00 - OLG Koblenz
LG Mainz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 14. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18. Mai 2000 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und in dem Umfang aufgehoben, der sich aus der nachstehenden Neufassung des Berufungsurteils ergibt: Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer - 3. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 20. Januar 1998 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der weitergehenden Anschlußberufung in dem aus der nachfolgenden Verurteilung der Beklagten ersichtlichen Umfang geändert: 1. Die Beklagte wird unter Beibehaltung der Androhung der Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber dem letzten Verbraucher Markenartikel der Unterhaltungselektronik und des Sortiments der Haushaltsgeräte unter Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (UVP) zu bewerben , die überhaupt nicht bzw. nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe besteht, insbesondere wie geschehen in der Werbung der "A. Zeitung " vom 26. März 1997 für Radiorecorder, in den Werbebeilagen zum "M. " und zur "R. Zeitung" vom 21. Juli 1997 für Waschmaschinen und in der Anzeigenbeilage der "W. Zeitung" vom 30. Juli 1997 für Kühlautomaten.
2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin all denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Werbung in der "A. Zeitung " vom 26. März 1997 für Radiorecorder, in den Werbebeilagen zum "M. " und zur "R. Zeitung" vom 21. Juli 1997 für Waschmaschinen und in der Anzeigenbeilage der "W. Zeitung" vom 30. Juli 1997 für Kühlautomaten entstanden ist und noch entstehen wird.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Auflagenhöhe der in Ziffer 1 näher bezeichneten Werbebeilagen zu erteilen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber im Einzelhandel u.a. mit Elektronik- und Elektrogeräten. Die Beklagte bot in einer Beilage zur Ausgabe der "A. Zeitung " vom 26. März 1997 einen Radiorecorder der Marke "Sony" unter Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers von 299,-- DM zu einem Preis von 144,-- DM an. Tatsächlich betrug die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zu diesem Zeitpunkt 229,-- DM.
In Anzeigenbeilagen der Zeitung "M. " und der "R. Zeitung" vom 21. Juli 1997 warb die Beklagte für eine Waschmaschine der Marke Bauknecht mit einem Preis von 999,-- DM und in einer Beilage zur "W. Zeitung" vom 30. Juli 1997 für einen Kühlautomaten desselben Herstellers mit einem Preis von 498,-- DM. Die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers gab die Beklagte in den Anzeigen mit 1.639,-- DM (Waschmaschine ) und 749,-- DM (Kühlautomat) an.
Die Klägerin hat die Werbung als irreführend beanstandet. Sie hat geltend gemacht, bei der Waschmaschine und dem Kühlautomaten habe es sich um Sondermodelle für Großmärkte gehandelt, die nicht an den Elektrofachhandel abgegeben worden seien und für die keine unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers bestanden hätten.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber dem letzten Verbraucher Markenartikel unter Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (UVP) zu bewerben, die nicht
oder nicht mehr in der angegebenen Höhe bestehe, insbesondere wie geschehen in der Werbung in der "A. Zeitung " vom 26. März 1997, 2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1 genannte Wettbewerbshandlung entstanden sei oder künftig noch entstehe, 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wann und wie oft sie seit dem 26. März 1997 mit fehlerhaften UVP geworben habe, aufzuschlüsseln nach Werbedatum, Werbemedium und Auflagenhöhe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, jedoch nicht, soweit die Klägerin die Werbung mit der unrichtigen Preisempfehlung des Herstellers für den Radiorecorder von "Sony" beanstandet hat. Sie hat vorgetragen, für die beworbene Waschmaschine und den Kühlautomaten hätten die von ihr angegebenen unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers bestanden.
Das Landgericht hat der Klage insgesamt stattgegeben.
Im Berufungsverfahren hat die Beklagte beantragt,
die landgerichtliche Entscheidung teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als die zugesprochenen Unterlassungs -, Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftsansprüche über Radiorecorder hinausgehen. Die Klägerin, die der Berufung der Beklagten entgegengetreten ist, hat im Wege der Anschlußberufung beantragt,
unter Aufrechterhaltung der Ordnungsmittelandrohung der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber dem letzten Verbraucher Markenartikel ihres Sortiments unter Angabe einer unverbindlichen Preisempfeh-
lung des Herstellers (UVP) zu bewerben, die überhaupt nicht bzw. nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe bestehe, insbesondere wie geschehen in der Werbung in der "A. Zeitung " vom 26. März 1997 für Radiorecorder, in der Werbebeilage zum "M. " und zur "R. Zeitung" vom 21. Juli 1997 für Waschmaschinen und in der Anzeigenbeilage der "W. Zeitung" vom 30. Juli 1997 für Kühlautomaten. Das Berufungsgericht hat die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufung - nach dem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Antrag verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter, soweit nicht Radiorecorder betroffen sind.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Unterlassungsanspruch sei, auch soweit er nicht auf einen Verstoß bei der Werbung für Radiorecorder beschränkt sei, sondern sich allgemein auf Markenartikel erstrecke, aus § 3 UWG gerechtfertigt. Der Beklagten falle bei der beanstandeten Werbung für die Waschmaschine und den Kühlautomaten eine Irreführung des Verkehrs zur Last. Eine zulässige unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers habe zum Zeitpunkt der Werbung nicht bestanden. Die Werbung sei daher geeignet gewesen, die Verbraucher in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise irrezuführen. Aus der zeitlichen Nähe der Verstöße ergebe
sich, daß die Beklagte planmäßig mit nicht oder nicht mehr bestehenden Preisempfehlungen geworben habe. Die angegriffene Werbung habe sich auf wesentliche Teile des Sortiments der Beklagten bezogen. Dies rechtfertige es, die Verurteilung auf sämtliche Markenartikel zu erstrecken.
II. Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit die Beklagte über Artikel der Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte hinaus zur Unterlassung verurteilt worden ist. Im übrigen (soweit Artikel der Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte betroffen sind) bleibt es bei dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Unterlassungsgebot. Die Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind nur insoweit begründet, als sie sich auf die konkreten Verletzungshandlungen beziehen.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß der Klägerin ein Anspruch nach § 3 UWG gegen die Beklagte zusteht. Die angegriffene Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers ist als irreführend zu beanstanden.

a) Die Bezugnahme auf eine kartellrechtlich zulässige (§ 38a GWB a.F. = § 23 GWB n.F.) unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist auch wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie ist dann als irreführend anzusehen , wenn nicht klargestellt wird, daß es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 131/97, GRUR 2000, 436, 437 = WRP 2000, 383 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung, m.w.N.).


b) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den vom Hersteller für die Waschmaschine und den Kühlautomaten angegebenen Preisempfehlungen handele es sich nicht um angemessene Verkaufspreise, die aufgrund ernsthafter Kalkulation ermittelt worden seien. Es habe sich bei den beworbenen Geräten nach der von der Beklagten vorgelegten "Basisliste Sonderprogramm Standgeräte von Bauknecht" um Sondermodelle gehandelt, die anscheinend nur an die M. - und S. -Gesellschaften ausgeliefert worden seien. Die Beklagte habe auch nicht näher dargetan, daß es sich bei den in dieser Liste mit "u.V.P." bezeichneten Gerätepreisen um solche gehandelt habe, die dem von der Mehrheit der Empfänger voraussichtlich geforderten Preis entsprochen hätten.
aa) Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar trägt grundsätzlich die Klägerin die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß die angegriffenen Angaben über geschäftliche Verhältnisse geeignet sind, die betroffenen Verbraucher irrezuführen (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 822 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity Peep-Show). Gleichwohl hält die Feststellung des Berufungsgerichts, die unverbindliche Preisempfehlung sei nicht aufgrund ernsthafter Kalkulation ermittelt worden, im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
bb) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich bei den von der Beklagten beworbenen Artikeln um Sondermodelle. Diese wurden nach dem Vortrag der Parteien nur einem beschränkten Kreis von Großabnehmern angeboten. Dies belegt auch die von der Beklagten in den Prozeß eingeführte mit "Sonderprogramm Standgeräte von Bauknecht" bezeichnete Preisliste. In Anbetracht des nur beschränkten Abnehmerkreises der beworbenen Sondermodelle konnte das Berufungsgericht
davon ausgehen, die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers beruhten nicht auf einer ernsthaften Kalkulation durchschnittlicher Verkaufspreise. Von einer zulässigen unverbindlichen Preisempfehlung i.S. des § 23 GWB n.F. kann nur ausgegangen werden, wenn die unverbindliche Preisempfehlung in der Erwartung ausgesprochen wird, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Zu den Adressaten der unverbindlichen Preisempfehlung rechnen danach grundsätzlich sämtliche Marktteilnehmer und nicht nur ein beschränkter Händlerkreis. Denn die Verbraucher erwarten von der Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers eine sachgerechte Orientierungshilfe für die Preisüberlegungen und nicht nur eine Möglichkeit für den Händler zu einer attraktiven Preiswerbung (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2001 - I ZR 121/99, GRUR 2002, 95, 96 = WRP 2001, 1300 - Preisempfehlung bei Alleinvertrieb). Diese Funktion der unverbindlichen Preisempfehlung wird nicht erfüllt, wenn - wie im Streitfall - ein Hersteller an einen beschränkten Kreis von Händlern Sondermodelle zu einem besonderen Preis vertreibt.
Die Irreführung ist auch wettbewerbsrechtlich relevant, weil sie geeignet ist, die wirtschaftliche Entschließung der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen (vgl. BGH GRUR 2000, 436, 438 - Ehemalige Herstellerpreisempfehlung ).
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht das Unterlassungsgebot auf sämtliche Markenartikel der Beklagten ausgedehnt hat. Zwar sind gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern in ihnen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Die durch eine Verletzungshandlung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr beschränkt sich nicht allein auf die genau identische Verletzungsform , sondern umfaßt alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen
(vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 802 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte; BGH GRUR 2000, 436, 437 - Ehemalige Herstellerpreis- empfehlung). Die Werbung der Beklagten mit unzutreffenden unverbindlichen Preisempfehlungen für einen Radiorecorder, eine Waschmaschine und einen Kühlautomaten begründet danach die Annahme der Wiederholungsgefahr für Artikel der Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Auf diese ist - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - das Unterlassungsgebot jedoch zu beschränken. Die konkreten Verletzungshandlungen der Beklagten vermögen nicht eine Wiederholungsgefahr für sämtliche von ihr vertriebenen Markenartikel zu begründen (vgl. BGH GRUR 1996, 800, 802 - EDV-Geräte).
3. Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und der Auskunftsanspruch sind nur insoweit begründet, als sie sich auf die konkret beanstandete Werbung beziehen.

a) Der Schadensersatzanspruch nach §§ 3, 13 Abs. 6 Nr. 1 UWG beruht auf der Werbung mit - unzulässigen - Herstellerpreisempfehlungen für den Radiorecorder , die Waschmaschine und den Kühlautomaten in den Werbebeilagen vom 26. März sowie 21. und 30. Juli 1997. Dagegen kann die Klägerin keine Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung in der von ihr beantragten umfassenden Form verlangen. Ohne Anführung weiterer Verstöße - an der es vorliegend fehlt - ist die Wahrscheinlichkeit eines weitergehenden Schadenseintritts nicht dargelegt.

b) Auch der Auskunftsanspruch ist im Streitfall auf die konkret angeführten Wettbewerbsverstöße zu beschränken. Denn ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob der Verletzer ähnliche Handlungen begangen hat, die neue Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 910 = WRP 2000, 1258
- Filialleiterfehler, m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 38 Rdn. 7). Die Klägerin kann daher im Rahmen ihres Antrags nur Auskunft darüber beanspruchen, in welcher Auflagenhöhe die in Rede stehenden Werbebeilagen mit der beanstandeten Werbung erschienen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 106/99 Verkündet am:
31. Mai 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Berühmungsaufgabe

a) Eine Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft
drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen
auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung
in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden. Die Tatsache allein,
daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung
äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht
als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet.

b) An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger
strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung
begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in
der Zukunft. Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und
mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe
der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und
eindeutigen Erklärung, daß die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht
vorgenommen werde.
BGH, Urt. v. 31. Mai 2001 - I ZR 106/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 25. Februar 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 11. Juni 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln für die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) mit sog. Beta -Interferonen. Das Arzneimittel der Beklagten "R. ", das auf CHO-BetaInterferon ("Interferon-Beta-1a") beruht, ist in Europa nicht für die MS-Behandlung zugelassen; seine Zulassung in Italien betrifft andere Indikationen.
Die Beklagte versandte im Dezember 1995 an Ä rzte die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie". Einer der Beiträge darin enthält Hinweise auf das Arzneimittel "R. " der Beklagten und dessen Eignung zur MSTherapie.
Auf Abmahnung der Klägerin verpflichtete sich die Beklagte in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 24. Januar 1996, bestimmte in der Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" enthaltene Aussagen zu unterlassen. Am 29. Januar 1996 erging gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung. Diese hatte das Verbot zum Inhalt, die Broschüre an Ä rzte und sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben, auch wenn sie diejenigen Aussagen nicht mehr enthalte, die von der Unterlassungserklärung vom 24. Januar 1996 erfaßt würden. In der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 verpflichtete sich die Beklagte zudem mit einem Vertragsstrafeversprechen gegenüber der Klägerin, die Broschüre an Ä rzte und sonstige an der MSTherapie Interessierte nicht abzugeben, wenn darin auf Seite 18 "A. " als Hersteller und/oder auf Seite 23 oder 24 das Produkt "R. " genannt werde.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin der Sache nach begehrt, der Beklagten zu verbieten, die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" in einer den
Unterlassungserklärungen vom 24. Januar und 31. Juli 1996 entsprechenden Form an Ä rzte oder sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben. Auch in dieser Form wäre die Broschüre noch eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das Arzneimittel "R. ", das für die MS-Therapie nicht zugelassen sei. Wie aus den Erklärungen des Prozessvertreters der Beklagten in der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 hervorgegangen sei, beabsichtige diese weiterhin, die Broschüre als Werbemittel zu verwenden.
Die Beklagte hat entgegnet, eine ihren Unterlassungsverpflichtungen entsprechende Broschüre könne nicht als Werbung für ein bestimmtes Produkt angesehen werden. Der Unterlassungsanspruch sei jedenfalls verjährt. Eine Erstbegehungsgefahr sei nicht gegeben. In der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 sei die Broschüre lediglich als zulässig verteidigt worden; ein Vorbehalt, sie weiter abzugeben, sei nicht erklärt worden. Bereits mit einem Schreiben vom 29. Januar 1997, aber auch im vorliegenden Verfahren, sei klargestellt worden, daß die Rechtsverteidigung nicht als Berühmung zu verstehen sei.
Das Landgericht hat dem Klageantrag mit einer geringfügigen Abwandlung stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat erneut vorgebracht, sie habe sich gegen die einstweilige Verfügung von Anfang an nicht in der Absicht gewandt, die Broschüre, die seit zwei Jahren nicht mehr abgegeben werde, weiter zu verwenden. Eine solche Absicht bestehe auch jetzt nicht. In ihrem Schriftsatz vom 30. September 1997 erklärte sich die Beklagte bereit, die vorprozessual mit Schreiben vom 29. Januar 1997 abgegebe-
ne Erklärung, die streitgegenständliche Broschüre auch zukünftig nicht mehr abzugeben, durch ein Vertragsstrafeversprechen zu sichern.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zunächst beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, die dem Urteil anzuheftende Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" an Ä rzte oder sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben, soweit folgende Veränderungen in der Broschüre vorgenommen worden sind:
a) Auf Seite 19 wird nicht mehr behauptet, E.coli-IFN-ß sei nur in den USA gegen MS zugelassen, und
b) auf Seite 19 unten wird die Behauptung "die zitierten Wirkungen (nämlich Minderung der Schubzahl, Reduktion der Läsionen im ZNS und Verlangsamung der MS) sind für das CHO-Beta-Interferon - und nur für dieses - in großen Studien belegt" mit einem verdeutlichenden Hinweis versehen, daß die Besonderheit darin liegt, daß für das CHO-Beta-Interferon sämtliche dieser Wirkungen in Studien belegt seien, und
c) auf Seite 19 in der Tabelle bei dem Hinweis, daß CHO-Beta-Interferon "in Europa als Arzneimittel zugelassen" sei, erfolgt ein verdeutlichender Zusatz, daß CHOBeta -Interferon in Europa bisher nicht bei MS zugelassen ist, und
d) auf Seite 18 entfällt die Herstellerangabe "A. " und auf den Seiten 23 und 24 entfällt die Bezeichnung "R. ".
In der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Beklagte dargelegt, ihre Erklärung im Schriftsatz vom 30. September 1997 sei als Angebot einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verstehen. Die Klägerin hat dieses Angebot angenommen und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Beklagte hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen und dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsantrag ursprünglich begründet gewesen sei. Der Antrag sei darauf gerichtet gewesen, der Beklagten zu verbieten, die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" nach Vornahme der Ä nderungen, die
durch ihre strafbewehrten Unterlassungserklärungen erforderlich geworden seien, weiter abzugeben.
Die Broschüre wäre auch in einer solchen geänderten Form eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das nicht zugelassene Arzneimittel "R. ". Auf ihrer Vorder- und Rückseite werde die Firma der Beklagten genannt. Das Mittel "R. " werde durch die werbenden Ausführungen zu Beta-Interferon ("Interferon-Beta-1a"), seinem Wirkstoff, der in Europa sonst nur in einem einzigen weiteren Arzneimittel verwendet werde, ohne weiteres erkennbar gemacht. In der Broschüre sei von den Kosten der Therapien (und damit mittelbar auch von "R. ") die Rede. Es werde auf die Möglichkeit des Importbezugs nach einer Einzelverordnung hingewiesen. Diese eindeutige Produktwerbung sei nicht deshalb zulässig, weil die Broschüre auch Beiträge und Hinweise zu anderen Wirkstoffen enthalte.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei allerdings bereits verjährt gewesen, soweit er auf die tatsächliche Verbreitung der Broschüre gestützt gewesen sei. Durch das Verhalten der Beklagten in der Widerspruchsverhandlung des Verfügungsverfahrens vom 31. Juli 1996 sei jedoch - unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr - ein neuer Unterlassungsanspruch begründet worden. Diese Begehungsgefahr sei erst durch die Unterlassungserklärung der Beklagten in der Berufungsverhandlung beseitigt worden.
Bereits das Antwortschreiben der Beklagten auf die Abmahnung, in dem sie eine Teilunterlassungserklärung abgegeben habe, enthalte die Berühmung, die Broschüre in veränderter Form weiter abgeben zu dürfen. Damit sei auch ernsthaft zu rechnen gewesen, weil die Broschüre mit ihren wissenschaftlich anspruchsvollen Beiträgen selbst nach den notwendig gewordenen geringfügi-
gen Ä nderungen noch ein wertvolles Werbemittel gewesen sei. Dem entspreche die Art und Weise, wie die Beklagte mit Schreiben vom 26. April 1996 auf das Abschlußschreiben der Klägerin geantwortet und sich im Verfügungsverfahren eingelassen habe. Sie habe dabei das angegriffene Verhalten uneingeschränkt als rechtmäßig verteidigt, ohne klarzustellen, daß damit nicht das Recht zu einem entsprechenden künftigen Handeln in Anspruch genommen werde. In der Widerspruchsverhandlung habe die Beklagte zwar eine weitere Verpflichtungserklärung abgegeben, nach wie vor aber den verbleibenden, der Hauptsacheklage entsprechenden Verfügungsantrag bekämpft. Deshalb sei ernsthaft zu befürchten gewesen, daß die Beklagte die Broschüre nach geringfügigen Ä nderungen weiter benutzen werde. Die Begehungsgefahr habe nicht dadurch beseitigt werden können, daß die Beklagte - wie sie behaupte - in der Widerspruchsverhandlung klargestellt habe, die Broschüre nicht weiter verwenden zu wollen. Die Beklagte hätte zumindest eine verbindliche Unterlassungserklärung abgeben müssen. Es könne dahinstehen, ob dies wegen der wiederholten eindeutigen Berühmungen hätte strafbewehrt geschehen müssen.
Das Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 1997 enthalte keine eindeutige Aufgabe der Berühmung. Dies gelte ebenso für ihre schriftsätzlichen Ä ußerungen im vorliegenden Verfahren bis hin zu ihrem Schriftsatz vom 30. September 1997.
Der Unterlassungsantrag habe sich jedoch dadurch erledigt, daß die Beklagte ihre im Schriftsatz vom 30. September 1997 abgegebene strafbewehrte Verpflichtungserklärung in der Berufungsverhandlung eindeutig klargestellt habe.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Feststellungsantrag, den die Klägerin nach der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten gestellt hat, wäre nur begründet, wenn die ursprüngliche Unterlassungsklage bis zu diesem Ereignis zulässig und begründet gewesen wäre (vgl. BGHZ 83, 12, 13; BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 801 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte; Urt. v. 5.5.1999 - XII ZR 184/97, NJW 1999, 2520, 2522). Dies ist, wie die Revision mit Erfolg geltend macht, nicht der Fall.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" auch nach Vornahme der Veränderungen , die in dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag aufgeführt sind, als eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das Arzneimittel "R. " anzusehen wäre.
Nach § 3a HWG ist es unzulässig, für Arzneimittel zu werben, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Dieses Verbot bezieht sich auf die produktbezogene Werbung (Produkt-, Absatzwerbung), nicht aber auf die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens-, Imagewerbung ), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt, obwohl auch diese - mittelbar - den Absatz der Produkte des Unternehmens fördern kann und soll (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 154/92, GRUR 1995, 223 = WRP 1995, 310 - Pharma-Hörfunkwerbung; vgl. weiter Doepner, Heilmittelwerbegesetz,
2. Aufl., § 1 Rdn. 12, § 3a Rdn. 9; Gröning, Heilmittelwerberecht, § 1 HWG Rdn. 21 ff.). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die angegriffene Broschüre auch in abgeänderter Form eine Werbung für das Arzneimittel "R. " wäre, weil dieses auch ohne namentliche Nennung anhand des näher behandelten Wirkstoffs ohne weiteres individualisierbar wäre, ist rechtsfehlerfrei. Ihre tatsächlichen Grundlagen werden von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.
2. Der vor der einseitigen Erledigterklärung gestellte Unterlassungsantrag war jedoch - wie die Revision zu Recht geltend macht - mangels einer Begehungsgefahr nicht begründet.

a) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsantrag nicht auf die Abgabe der Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" im Dezember 1995 gestützt, sondern daraus hergeleitet, daß sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung über ihren Widerspruch gegen die ergangene einstweilige Verfügung am 31. Juli 1996 berühmt habe, die Broschüre in veränderter Form weiter abgeben zu dürfen, und dadurch eine Erstbegehungsgefahr begründet habe.

b) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 14.7.1993 - I ZR 189/91, GRUR 1994, 57, 58 = WRP 1993, 749 - Geld-zurück-Garantie; Urt. v. 15.4.1999 - I ZR 83/97, GRUR 1999, 1097, 1099 = WRP 1999, 1133 - Preissturz ohne Ende, m.w.N.). Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechts be-
rühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1986 - I ZR 158/84, GRUR 1987, 125, 126 = WRP 1987, 169 - Berühmung ).
Eine Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 420 = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker). Die Tatsache allein, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1967 - Ib ZR 119/65, GRUR 1968, 49, 50 = WRP 1968, 54 - Zentralschloßanlagen; Urt. v. 24.4.1986 - I ZR 56/84, GRUR 1987, 45, 46 f. = WRP 1986, 603 - Sommerpreiswerbung; Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 278/88, WM 1990, 1839, 1841 - Kreishandwerkerschaft II; Urt. v. 24.1.1991 - I ZR 133/89, GRUR 1991, 764, 765 f. = WRP 1991, 470 - Telefonwerbung IV, insoweit nicht in BGHZ 113, 282; Urt. v. 19.3.1992 - I ZR 122/90, GRUR 1992, 627, 630 = WRP 1992, 553 - Pajero; GroßKomm /Köhler, Vor § 13 UWG Rdn. 79; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche , 7. Aufl., Kap. 10 Rdn. 10, 12; Borck, WRP 1984, 583, 587). Andernfalls würde der Beklagte in der wirksamen Verteidigung seiner Rechte, zu der auch das Recht gehört, in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen klären zu lassen, und in seinem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beschränkt (vgl. dazu auch Ullmann, WRP 1996, 1007, 1010). Einem Beklagten, der sich gegen einen Anspruch, den er für unbegründet hält, verteidigt, kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, er werde selbst eine gerichtliche Entscheidung, mit der die
Rechtslage geklärt worden ist, nicht beachten (vgl. GroßKomm/Köhler, Vor § 13 UWG Rdn. 79; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 301; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000, S. 180 f.).
Eine Rechtsverteidigung kann aber dann eine Erstbegehungsgefahr begründen , wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten , sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten. An einer Erstbegehungsgefahr fehlt es jedoch insbesondere, wenn eindeutig klargestellt wird, daß es dem Beklagten nur um die Rechtsverteidigung geht und keine Rechtsverletzungen zu besorgen sind (vgl. BGH WM 1990, 1839, 1841 - Kreishandwerkerschaft II). Wäre sein Verhalten sonst als eine die Erstbegehungsgefahr begründende Berühmung anzusehen, ist es allerdings Sache des Beklagten, zweifelsfrei deutlich zu machen, daß es ihm nur um das Obsiegen im Prozeß geht (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 20/90, GRUR 1992, 404, 405 = WRP 1992, 311 - Systemunterschiede; BGH GRUR 1999, 1097, 1099 - Preissturz ohne Ende).

c) Die Frage, ob eine Erstbegehungsgefahr besteht, ist nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung zu beantworten (vgl. BGH GRUR 1994, 57, 58 - Geld-zurück-Garantie, m.w.N.). Diese Beurteilung ist im wesentlichen tatsächlicher Natur und im Revisionsverfahren nur beschränkt, nämlich darauf nachprüfbar, ob der Tatrichter von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und keine wesentlichen Tatumstände außer acht gelassen hat (vgl. BGH GRUR 1987, 45, 46 - Sommerpreiswerbung, m.w.N.). Die Revision
rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat und bei der Würdigung des Sachverhalts wesentliche Umstände außer acht gelassen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat die Erstbegehungsgefahr vor allem aus dem vorprozessualen Verhalten der Beklagten hergeleitet. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß es dabei rechtsfehlerhaft angenommen hat, daß bereits die bloße Rechtsverteidigung eine Berühmung darstellt, aus der sich eine Erstbegehungsgefahr ergibt, wenn sie nicht mit dem ausdrücklichen Vorbehalt versehen wird, daß es nur um die Vertretung eines Rechtsstandpunkts gehe.
Das Berufungsgericht hat angenommen, daß schon das Anwaltsschreiben vom 24. Januar 1996, mit dem die Beklagte auf die Abmahnung geantwortet hat, die Erwartung begründet habe, daß sie die Broschüre im wesentlichen unverändert weiter verwenden werde. Ob dies zutrifft, kann offenbleiben, weil die Beklagte davon jedenfalls später ausdrücklich Abstand genommen hat (vgl. dazu nachstehend unter (2)). Dem Anwaltsschreiben der Beklagten vom 26. April 1996 konnte dagegen - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - bei rechtlich zutreffender Beurteilung nicht einmal eine Berühmung entnommen werden. Denn dort wird lediglich mitgeteilt, daß die einstweilige Verfügung gegen die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" als unbegründet angesehen und nicht als endgültige Regelung anerkannt werde; es werde zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit Widerspruch eingelegt werden, um ein mit Entscheidungsgründen versehenes Urteil zu erhalten.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte eine Erstbegehungsgefahr insbesondere durch Erklärungen begründet, die sie in der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 1996 über ihren Widerspruch gegen die einst-
weilige Verfügung abgegeben habe. Diese Beurteilung wird von der Revision zu Recht als verfahrensfehlerhaft beanstandet, weil das Berufungsgericht dabei einen von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis zu ihren Erklärungen in diesem Verhandlungstermin übergangen hat. Eine Nachholung dieser Beweisaufnahme ist jedoch entbehrlich. Denn selbst wenn die Beklagte in der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 durch ihre Einlassung eine Erstbegehungsgefahr begründet haben sollte, wäre diese durch das weitere Verhalten der Beklagten im vorliegenden Hauptsacheverfahren jedenfalls beseitigt worden.
(2) An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1991 - I ZR 31/90, GRUR 1992, 116, 117 = WRP 1991, 719 - Topfgucker-Scheck). Anders als für die durch einen begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung (BGH, Urt. v. 23.2.1989 - I ZR 18/87, GRUR 1989, 432, 434 - Kachelofenbauer I). Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, daß die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde (vgl. BGH GRUR 1992, 116, 117 - Topfgucker-Scheck; Urt. v. 19.3.1992 - I ZR 166/90, GRUR 1993, 53, 55 = WRP 1992, 762 - Ausländischer Inserent; Urt. v. 6.10.1994 - I ZR 155/90, GRUR Int. 1995, 503, 505 = NJW 1995, 868 - Cliff Richard II; Baumbach/Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 306; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Vor § 13 Rdn. 21 m.w.N.; Teplitzky aaO Kap. 10 Rdn. 21 f.).
Die Beklagte hat eine durch Berühmung etwa begründete Erstbegehungsgefahr schon vor Klageerhebung durch ihre Erklärungen im Schreiben vom 29. Januar 1997 ausgeräumt. Dort ist ausgeführt:
"Soweit Sie darlegen, das streitgegenständliche Verhalten meiner Mandantin sei in der mündlichen Verhandlung verteidigt worden, ist dies zutreffend. Eine die Begehungsgefahr für neue Verstöße begründende Berühmung ist darin freilich nicht zu sehen, weil die erstinstanzlichen Ausführungen, welche am Schluß der mündlichen Verhandlung dann auch mit der Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung endeten, lediglich der Rechtsverteidigung gedient haben. Ich stelle dies hiermit nochmals ausdrücklich klar. Die streitgegenständliche Broschüre wird von unserer Mandantin ungeachtet der Reichweite des Verbotes auch in Zukunft nicht mehr abgegeben werden." Für die Ansicht des Berufungsgerichts, daß diesen Ausführungen keine eindeutige Aufgabe der Berühmung zu entnehmen sei, fehlt eine nachvollziehbare Begründung. Ebenso unmißverständlich wie in ihrem vorprozessualen Schreiben vom 29. Januar 1997 hat die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren - bereits in der Klageerwiderung und danach immer wieder in ihren Schriftsätzen (vgl. Schriftsätze vom 11.4.1997 und vom 13.5.1997 sowie Berufungsbegründung vom 30.9.1997) - klargestellt, daß sie sich nicht des Rechts berühme , die streitgegenständliche Broschüre - nach Vornahme der durch die Unterlassungserklärungen notwendig gewordenen Ä nderungen - wieder zu verwenden. Die Beklagte konnte kaum deutlicher erklären, daß sie nicht die Absicht hatte, die Broschüre erneut abzugeben, zumal sie diese nach ihren unwiderlegten Angaben schon bei Absendung ihres Schreibens vom 29. Januar 1997 seit über einem Jahr nicht mehr verwendet hatte. Dem steht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht entgegen, daß die Beklagte auch Ausführungen dazu gemacht hat, daß ihre vorprozessualen Erklärungen nicht als Berühmung zu verstehen seien. Selbst wenn diese unzu-
treffend gewesen sein sollten, wären jedenfalls ihre im Verfahren abgegebenen Erklärungen als unzweideutige Aufgabe einer Berühmung zu werten.
Umstände, die dem entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die Tatsache, daß die Beklagte in verjährter Zeit bereits eine Verletzungshandlung begangen hat, kann nicht mehr als Grundlage für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr herangezogen werden, weil sonst die Regelung der Verjährung in § 21 UWG umgangen würde (vgl. BGH GRUR 1994, 57, 58 - Geld-zurückGarantie ; Teplitzky aaO Kap. 10 Rdn. 17, Kap. 16 Rdn. 31; GroßKomm /Messer, § 21 UWG Rdn. 12). Ebensowenig kann die bloße Möglichkeit einer werbewirksamen Wiederverwendung der Broschüre in veränderter Gestalt eine für die Annahme der Erstbegehungsgefahr hinreichende Wahrscheinlichkeit ihrer tatsächlichen Verwendung begründen (vgl. dazu auch BGH GRUR 1992, 404, 405 - Systemunterschiede).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann schließlich auch daraus , daß die Beklagte zunächst nur - in zeitlichem Abstand - Teilunterlassungserklärungen abgegeben hat, nichts für eine Erstbegehungsgefahr hergeleitet werden. Angesichts des sonstigen Verhaltens der Beklagten war ihr Zögern , sich strafbewehrt zur Unterlassung zu verpflichten, nur als Folge aus der von ihr vertretenen Rechtsansicht, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, zu verstehen. Selbst wenn dem Berufungsgericht darin zugestimmt werden könnte, daß die Beklagte in der Berufungsbegründung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht bereits angeboten, sondern erst angekündigt hat, war dieser Erklärung jedenfalls erneut ein ernsthaftes und eindeutiges Abstandnehmen von einer etwaigen Berühmung zu entnehmen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte demgemäß die Vereinbarung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung in der mündlichen Berufungsverhandlung mangels Bestehens eines Unterlassungsanspruchs keine erledigende Wirkung haben.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf ihre Berufung das Urteil des Landgerichts abzuändern. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)