Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - 3 StR 307/18

bei uns veröffentlicht am13.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 307/18
vom
13. Dezember 2018
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
In den Fällen der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB hindert ein von
dem Angeklagten erklärter Verzicht auf die Herausgabe der betreffenden Gegenstände
das Tatgericht zwar nicht, die Einziehung gleichwohl anzuordnen, wenn es
davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige
Taten erlangt hat; es ist ihm aber unbenommen, mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung
von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 3 StR 307/18 - LG Stade
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:131218U3STR307.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 15. November 2018 in der Sitzung am 13. Dezember 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Hoch, Dr. Leplow als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizhauptsekretärin - in der Verhandlung -, Justizfachangestellte - bei der Verkündung - als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 20. Februar 2018 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen mehrerer Taten des schweren Bandendiebstahls sowie Wohnungseinbruchdiebstahls zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung eines als Tatmittel verwendeten Mobiltelefons und des Wertes der jeweiligen Taterträge angeordnet. Überdies hat die Strafkammer die erweiterte Einziehung einer sichergestellten Armbanduhr der Marke Rolex angeordnet, die sich bei der Festnahme des Angeklagten A. in dessen Besitz befand. Von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung weiterer, in einer Anlage ("Anlage I") zur Anklageschrift aufgeführten Gegenstände, die bei den Angeklagten aufgefunden und sichergestellt wurden, hat das Landgericht demgegenüber abgesehen.
2
Die Staatsanwaltschaft richtet sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen allein dagegen, dass es das Landgericht unterlassen hat, über die erweiterte Einziehung der in der Anlage I zur Anklageschrift bezeichneten Gegenstände zu entscheiden. Die wirk- sam auf die unterbliebene Anordnung der erweiterten Einziehung beschränkten Rechtsmittel (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 - 3 StR 560/17, juris Rn. 4 mwN) haben keinen Erfolg.

I.


3
Den Urteilsgründen zufolge konnten die in der Anlage I zur Anklageschrift bezeichneten Gegenstände ebenso wie die bei der Festnahme des Angeklagten A. sichergestellte Armbanduhr der Marke Rolex weder einer konkreten Straftat noch einem der Geschädigten zugeordnet werden. Die Einziehung der Armbanduhr hat die Strafkammer angeordnet, weil sie zu der Überzeugung gelangt war, dass A. die Uhr durch eine andererechtswidrige Tat erlangt hatte (§ 73a Abs. 1 StGB). Sie hat sich insoweit zu einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung veranlasst gesehen, weil A. nicht auf die Herausgabe der Uhr verzichtet hatte. Von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung der in der Anlage I zur Anklageschrift aufgeführten Gegenstände hat das Landgericht demgegenüber mit Rücksicht darauf abgesehen , dass die Angeklagten in der Hauptverhandlung erklärt hatten, auf eine Herausgabe dieser Gegenstände zu verzichten.

II.


4
Die Rechtsmittel sind unbegründet.
5
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer mit Rücksicht auf die Verzichtserklärungen der Angeklagten von einer Ent- scheidung über die erweiterte Einziehung der in der Anlage I zur Anklageschrift bezeichneten Gegenstände abgesehen hat. Insoweit gilt:
6
Die Neuregelung der Vorschriften über die strafrechtliche Vermögensabschöpfung durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) hat die in der gerichtlichen Praxis verbreitete "formlose" Vermögensabschöpfung nicht eingeschränkt. In den hier in Rede stehenden Fällen der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB hindert ein von dem Angeklagten erklärter Verzicht auf die Herausgabe der betreffenden Gegenstände das Tatgericht zwar nicht, die Einziehung gleichwohl anzuordnen, wenn es davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. Es ist ihm aber unbenommen, mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen, insbesondere wenn die Frage, ob die Voraussetzungen des § 73a Abs. 1 StGB erfüllt sind, weiterer Sachaufklärung bedarf. Im Einzelnen:
7
1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war zum alten Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung anerkannt, dass der Verzicht auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände durch den Angeklagten die Anordnung der Einziehung oder des Verfalls entbehrlich machte; eine gerichtliche Einziehungs- bzw. Verfallsentscheidung wurde in solchen Fällen als überflüssig und unverhältnismäßig angesehen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 16. Juli 1965 - 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257; vom 27. Juli 2005 - 2 StR 241/05, juris Rn. 13; Beschlüsse vom 18. November 2015 - 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83; vom 6. Juni 2017 - 2 StR 490/16, juris Rn. 2; vom 11. Oktober 2017 - 2 StR 365/17, juris Rn. 5). Erklärt sich der Angeklagte mit einer "außergerichtlichen" Einziehung sichergestellter Gegenstände einverstanden bzw. verzichtet er auf deren Herausgabe, so wird darin auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ein unwiderruflicher Verzicht auf etwaige Herausgabeansprüche gesehen, woraus auch immer diese sich ergeben könnten. Der Angeklagte gibt eine etwaige ihm zustehende Rechtsposition auf, um den Strafverfolgungsbehörden unter Verzicht auf alle Förmlichkeiten sofort eine Verwertung der betreffenden Gegenstände zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1965 - 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257; BayObLG, Beschluss vom 8. Juli 1996 - 4 St RR 76/96, NStZ-RR 1997, 51; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. September 1992 - 2 Ws 405/92, NStZ 1993, 452).
8
Falls - wie hier - nicht davon auszugehen ist, dass die betreffenden Gegenstände dem Angeklagten gehören, der wahre Eigentümer aber nicht bekannt ist, richtet sich das weitere Verfahren nach den zivilrechtlichen Fundvorschriften (§ 983 iVm §§ 979 ff. BGB). Danach kann die Staatsanwaltschaft die Sache öffentlich versteigern lassen (§ 979 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Versteigerung ist indes erst zulässig, nachdem etwaige Rechtsinhaber in einer öffentlichen Bekanntmachung zur Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind und die Frist verstrichen ist (§ 980 Abs. 1 BGB).
9
Die danach für zulässig erachtete "außergerichtliche" bzw. "formlose" Einziehung von Gegenständen im Wege einer Verzichtserklärung seitens des Angeklagten hat erhebliche praktische Bedeutung erlangt (BT-Drucks. 18/9529, S. 61; Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 422); sie gehört mittlerweile "zum Gerichtsalltag" (Thode, NStZ 2000, 62). Denn die "formlose" Vermögensabschöpfung stellt aus Sicht des erkennenden Gerichts in verschiedener Hinsicht eine beachtliche Verfahrensvereinfachung dar (vgl. Rönnau, aaO Rn. 425). Insbesondere bedarf es, falls - wie hier - die erweiterte Einziehung etwaigen Diebesguts in Betracht kommt, keiner Überzeugungsbil- dung des Gerichts, ob die Gegenstände, auf deren Herausgabe der Angeklagte verzichtet hat, überhaupt aus einer anderen rechtswidrigen Tat herrühren (§ 73a Abs. 1 StGB). Dadurch wird unter Umständen eine umfangreiche Beweisaufnahme entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1965 - 6 StE 1/65, BGHSt 20, 253, 257).
10
2. Die Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) hat an der Zulässigkeit der gerichtlichen Praxis, im Falle einer Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Einziehungsentscheidung abzusehen, nichts geändert (so auch BGH, Urteil vom 10. April 2018 - 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116, 118 ff.; Beschluss vom 12. September 2018 - 5 StR 400/18, juris Rn. 13, jeweils zur Einziehung sichergestellter Betäubungsmittelerlöse [§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB]). Das lässt sich dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers entnehmen.
11
a) "Kernstück des Reformvorhabens" war danach "die grundlegende Neuregelung der Opferentschädigung" (BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 49). Als "Dreh- und Angelpunkt" wurde die Streichung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF und damit der Wegfall des an diese Vorschrift anknüpfenden Modells der Opferentschädigung in Form der "Rückgewinnungshilfe" angesehen (BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 46, 49). Insbesondere "die komplizierte Vorschrift" über den staatlichen "Auffangrechtserwerb" (§ 111i StPO aF) sollte dadurch entfallen, wodurch "zeitraubende zivilrechtliche" Fragen künftig vermieden werden sollten (BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 46). Aus Sicht des Gesetzgebers hatte sich das Konzept der Rückgewinnungshilfe als "zentrales Hindernis" einer effektiven Vermögensabschöpfung erwiesen, weshalb § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF nicht zu Unrecht als "Totengräber des Verfalls" bezeichnet worden sei (BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 46). Die Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF hat zur Folge, dass etwaige Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten der Einziehung nicht mehr entgegenstehen. Deren Ansprüche werden nunmehr gemäß den §§ 459h ff. StPO im Vollstreckungsverfahren befriedigt (BT-Drucks. 18/9525, S. 94).
12
Das neue Opferentschädigungsmodell des § 459h StPO knüpft an die Bestimmungen des § 75 StGB über die Wirkung der Einziehungsentscheidung an. Die hier in Rede stehenden Fälle der erweiterten Einziehung etwaigen durch andere rechtswidrige Taten erlangten, nicht zuordenbaren Diebesguts unterfallen § 75 Abs. 1 Satz 2 StGB (BT-Drucks. 18/9525, S. 71; vgl. auch Köhler, NStZ 2017, 497, 500 f.). Danach geht das Eigentum an einer Sache, die einem unbekannten Dritten gehört, mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht vorher bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet ("kleiner" Auffangrechtserwerb). Einzelheiten ergeben sich aus den §§ 459h ff. StPO. Danach ist der Eintritt der Rechtskraft der Einziehungsanordnung dem Verletzten unverzüglich mitzuteilen (§ 459i Abs. 1 Satz 1 StPO); das kann, falls der Verletzte - wie hier - unbekannt ist, durch einmalige Mitteilung im Bundesanzeiger oder durch Veröffentlichung in anderer geeigneter Weise geschehen (§ 459i Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 iVm § 111l Abs. 4 Sätze 1 bis 3 StPO).
13
b) In der Gesetzesbegründung ist ausdrücklich klargestellt worden, dass die Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF und die dementsprechende Neufassung von § 73 StGB als "grundlegender" materieller Vorschrift des Rechts der Vermögensabschöpfung "die Möglichkeit der 'formlosen Einziehung' nicht" einschränken, sondern vielmehr "diese in der Praxis verbreitete 'formlose' Vermögensabschöpfung" von "rechtlichen Unwägbarkeiten" befreien sollte, die mit dem Ausschluss der staatlichen Abschöpfung in den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF einhergingen (BT-Drucks. 18/9525, S. 61). Diese Klarstellung ist in der weiteren Gesetzesbegründung oder im weiteren Gesetzgebungsverfahren an keiner Stelle relativiert worden. Insbesondere lässt sich den Materialien nicht entnehmen, dass die Möglichkeit der "formlosen" Vermögensabschöpfung in denjenigen Fällen eingeschränkt werden sollte, in denen die erweiterte Einziehung etwaigen nicht zuordenbaren Diebesguts in Betracht kommt.
14
aa) So sind im Zusammenhang mit § 75 Abs. 1 Satz 2 StGB nF im Wesentlichen die Vorzüge des "kleinen" Auffangrechtserwerbs hervorgehoben worden : "Angelehnt an die zivilrechtlichen Fundvorschriften" gehe das Eigentum an dem eingezogenen Gegenstand auf den Staat über, wenn der Geschädigte sein Recht nicht innerhalb von sechs Monaten nach Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung bei der Vollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft) anmelde. Die Vorschrift ermögliche damit insbesondere die rechtsbeständige Einziehung von nicht zuordenbarem Diebesgut, "ohne auf die für gänzlich andere Sachverhalte gedachten zivilrechtlichen Fundvorschriften (§ 983 iVm §§ 979 ff. BGB) zurückgreifen zu müssen" (BT-Drucks. 18/9525, S. 71). Ein Hinweis darauf , dass eine "formlose Vermögensabschöpfung deshalb in solchen Fällen abweichend von den Ausführungen zur Neufassung der "grundlegenden" Vorschrift des § 73 StGB nF ausgeschlossen sein solle, findet sich hingegen nicht.
15
Gleiches gilt im Hinblick auf § 459h StPO nF. Auch im Zusammenhang mit dieser als "grundlegende Vorschrift des Reformmodells der Opferentschädigung" bezeichneten Regelung (BT-Drucks. 18/9525, S. 94) enthält die Gesetzesbegründung keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Praxis der "formlosen" Vermögensabschöpfung eingeschränkt werden sollte. Das Fehlen eines einschränkenden Hinweises unterstreicht indes den Willen des Gesetzgebers, dass es dem erkennenden Gericht auch in den Fällen, in denen die erweiterte Einziehung etwaigen nicht zuordenbaren Diebesguts in Betracht kommt, unbenommen sein soll, mit Rücksicht auf eine Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen.
16
bb) Gerade im Zusammenhang mit den Vorschriften über das neue Modell der Opferentschädigung wäre eine einschränkende Klarstellung zu erwarten gewesen, falls der Gesetzgeber die Praxis der "formlosen" Vermögensabschöpfung insoweit hätte ausschließen wollen. Denn die mit dem Wegfall von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF verbundene Reform der Opferentschädigung vereinfacht nicht nur das strafrechtliche Erkenntnisverfahren; sie führt vielmehr auch zu einer Stärkung des Opferschutzes (BT-Drucks. 18/9525, S. 54), die indes nur zum Tragen kommt, wenn das Gericht eine Einziehung anordnet.
17
So waren Tatgeschädigte auf der Grundlage des bisherigen Modells der Rückgewinnungshilfe gehalten, für die Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche selbst Sorge zu tragen. Sie mussten einen zivilrechtlichen Titel erstreiten , auf dessen Grundlage sie die Zwangsvollstreckung in die von der Strafjustiz gesicherten Vermögensgegenstände betreiben konnten. Zusätzlich hing die Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche von einer gesonderten strafprozessualen Zulassung der Zwangsvollstreckung ab. Außerdem galt bei mehreren Verletzten für deren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Prioritätsgrundsatz. Dieses zuweilen mit einem "Windhundrennen" verglichene Modell konnte dazu führen, dass ein Verletzter vollständige oder weitgehende Befriedigung erlangte, während andere Tatopfer leer ausgingen (vgl. zu allem BT-Drucks. 18/9525, S. 46 mwN).
18
Demgegenüber stärkt das Reformmodell den Opferschutz, indem es den Tatgeschädigten einen einfachen und kostengünstigen Weg eröffnet, Schadenswiedergutmachung zu erlangen. Sie müssen weder einen zivilrechtlichen Titel erstreiten noch die Zwangsvollstreckung und deren strafprozessuale Zulassung betreiben. Überdies sichert das Reformmodell die Insolvenzfestigkeit der Ansprüche von Geschädigten (BT-Drucks. 18/9525, S. 76, 79); deren Entschädigung nach dem Prioritätsprinzip hat es beseitigt mit der Folge, dass nunmehr mehrere Tatopfer gleichbehandelt werden (BT-Drucks. 18/9525, S. 54).
19
Die mit dem Reformmodell der Opferentschädigung verbundene Besserstellung des Tatopfers tritt indes nur dann ein, wenn das Gericht die Einziehung anordnet, nicht dagegen bei einer "formlosen" Vermögensabschöpfung (vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 500 f.). Das gilt insbesondere in den hier in Rede stehenden Fällen des § 75 Abs. 1 Satz 2 StGB. Die Einziehungsanordnung ist Voraussetzung dafür, dass das Eigentum an dem betreffenden Gegenstand im Wege des "kleinen" Auffangrechtserwerbs auf den Staat übergeht. Das ist nicht der Fall, wenn das Gericht mit Rücksicht auf eine Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Entscheidung über die (erweiterte) Einziehung absieht. Denn der Angeklagte kann das Eigentum an Diebesgut nicht auf den Staat übertragen (§ 935 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zudem gewährleistet nur die "förmliche" Einziehung den Eigentumserwerb des Staates auch dann, wenn nach Beschlagnahme des Diebesguts (§§ 111b, 111c Abs. 1 StPO) über das Vermögen des Einziehungsbetroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet wird (§ 75 Abs. 4 StGB, § 111d Abs. 1 Satz 2 StPO). Damit soll der Gefahr, dass Diebesgut im Insolvenzverfahren entgegen § 35 Abs. 1, § 47 InsO zu Lasten der Geschädigten verwertet wird, begegnet werden (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, S. 79 aE).
20
Vor diesem Hintergrund hätte es nahe gelegen, die Möglichkeit der "formlosen" Vermögensabschöpfung ausdrücklich für unzulässig zu erklären, falls es dem Gesetzgeber darauf angekommen wäre, das Reformmodell der Opferentschädigung im Hinblick auf die damit verbundene Stärkung des Opferschutzes ausnahmslos zum Tragen kommen zu lassen. Das Fehlen einer solchen Einschränkung belegt deshalb, dass die Verbesserung des Opferschutzes aus Sicht des Gesetzgebers gegenüber der Vereinfachung der Vermögensabschöpfung im Erkenntnisverfahren keinen unbedingten Vorrang erhalten sollte.
21
cc) Das Fortbestehen der Möglichkeit des Verzichts auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände entspricht auch Sinn und Zweck des Gesetzes , die in erster Linie darin bestehen, eine effektive Vermögensabschöpfung sicherzustellen. Die mit der Reform verbundene Stärkung des Opferschutzes war demgegenüber kein Selbstzweck und nicht das wesentliche Ziel der Neuregelung. Der vom Gesetzgeber gesehene Reformbedarf resultierte vielmehr daraus, dass das bisherige Recht die wirksame Abschöpfung strafrechtswidrig erlangter Vermögenswerte nur unzureichend gewährleistete, was auf die aufgezeigten Mängel des Modells der Rückgewinnungshilfe zurückgeführt wurde. Die Reform der Opferentschädigung, insbesondere deren Verlagerung in das Vollstreckungsverfahren , diente dementsprechend im Wesentlichen dem Zweck, die Effektivität der Vermögensabschöpfung zu erhöhen. Die Vermögensabschöpfung sollte dem Tatgericht möglichst einfach gemacht werden, damit sie auch tatsächlich praktiziert und damit klargestellt wird, dass Straftaten "sich nicht lohnen" dürfen (Köhler, NStZ 2017, 497, 498).
22
Dem Anliegen des Gesetzgebers, dass Straftäter deliktisch erlangte Vermögenswerte nicht dauerhaft behalten dürfen (BT-Drucks. 18/9525, S. 45), dient indes auch die "formlose" Vermögensabschöpfung. Deshalb ist es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber sie ungeachtet der mit dem neuen Modell der Opferentschädigung verbundenen Vorteile für den Geschädigten nicht einschränken wollte.
23
c) Für die hier in Rede stehenden Fälle, in denen der Angeklagte auf die Herausgabe sichergestellter Gegenstände verzichtet hat, in Bezug auf die eine erweiterte Einziehung in Betracht kommt, ergibt sich daraus Folgendes:
24
Einerseits ist es dem erkennenden Gericht unbenommen, die Einziehung anzuordnen, falls es zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat. Mit Rücksicht auf die Besserstellung des Geschädigten durch das neue Opferentschädigungsmodell kann es im Einzelfall sogar sachgerecht sein, es nicht bei einer "formlosen" Vermögensabschöpfung zu belassen (vgl. dazu Köhler, NStZ 2017, 497, 501; Reitemeier, ZJJ 2017, 354, 363; AG München, Urteil vom 10. Oktober 2017 - 814 Ds 261 Js 160705/17, BeckRS 2017, 132027). Jedenfalls erweist sich eine Einziehungsanordnung in solchen Konstellationen nicht als überflüssig und dementsprechend auch nicht als unverhältnismäßig (Gleiches gilt in Bezug auf der Regelung des § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB unterfallende Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften; anders insoweit BGH, Urteil vom 10. April 2018 - 5 StR 611/17, BGHSt 63, 116).
25
Andererseits steht es dem Gericht stets frei, mit Rücksicht auf die Verzichtserklärung des Angeklagten von einer Entscheidung über die erweiterte Einziehung abzusehen. Das gilt vor allem dann, wenn es weiterer Beweiserhebungen bedarf, um zu klären, ob der Angeklagte die Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten erlangt hat.
26
In solchen Fällen erwiese es sich insbesondere nicht als sachgerecht, das Verfahren über die Einziehung gemäß § 422 Satz 1 StPO abzutrennen und später - ungeachtet der von dem Angeklagten bereits abgegebenen Verzichtserklärung - in einem gesonderten Verfahren der Frage nachzugehen, ob die Gegenstände aus einer anderen rechtswidrigen Tat des Angeklagten herrühren. Es liefe der vom Gesetzgeber angestrebten effektiven strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zuwider, die Herkunft eines Gegenstandes in einem aufwändigen Verfahren - womöglich gemäß § 423 Abs. 4 StPO im Rahmen einer weiteren Hauptverhandlung - näher aufzuklären, obwohl dessen "formlose" Einziehung ohne Weiteres möglich ist.
27
d) Der Zulässigkeit der "formlosen" Vermögensabschöpfung steht schließlich nicht entgegen, dass es im Einzelfall - wie hier - zu einem Nebeneinander von "formloser" und förmlicher Einziehung kommen kann, die möglicherweise mit einem erheblichen Mehraufwand im Vollstreckungsverfahren verbunden ist, weil mit den formlos eingezogenen Gegenständen - wie hier den in der Anlage I zur Anklageschrift bezeichneten - nach § 983 iVm den §§ 979 ff. BGB verfahren und in Bezug auf die förmlich eingezogenen Gegenstände - wie hier der Armbanduhr der Marke Rolex - das Verfahren nach den §§ 459h ff. StPO durchgeführt werden muss. Das hat der Gesetzgeber ersicht- lich in Kauf genommen. Es kam ihm vor allem darauf an, das Erkenntnisverfahren zu vereinfachen (BT-Drucks. 18/9525, S. 54), nicht dagegen das Vollstreckungsverfahren.
Schäfer Gericke Tiemann
Hoch Leplow

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2018 - 5 StR 611/17

bei uns veröffentlicht am 10.04.2018

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 73 Hat ein Angeklagter wirksam auf die Rückgabe bei ihm sichergestellter Betäubungsmittelerlöse verzichtet, bedarf es auch aufgrund der seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB regelmäß

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Feb. 2018 - 3 StR 560/17

bei uns veröffentlicht am 08.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 560/17 vom 8. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2018:080218U3STR560.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Nov. 2015 - 2 StR 399/15

bei uns veröffentlicht am 18.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 399/15 vom 18. November 2015 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2015:1811152STR399.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2018 - 3 StR 307/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2019 - 3 StR 67/19

bei uns veröffentlicht am 20.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 67/19 vom 20. März 2019 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2019:200319B3STR67.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung de

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 1 StR 434/19

bei uns veröffentlicht am 22.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 434/19 vom 22. Oktober 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hier: Revision des Angeklagten I. ECLI:DE:BGH:2019:221019B1STR434.19.0

Referenzen

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

4
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die unterbliebene Einziehungsentscheidung ist wirksam. Zwar konnte nach früherer Rechtslage die Revision regelmäßig nicht wirksam auf eine Entscheidung über die Einziehung nach § 74 StGB aF beschränkt werden: Da jedenfalls die Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF eine Nebenstrafe und damit Teil der Strafzumessung war, konnte der Strafausspruch nur insgesamt angegriffen werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1992 - 1 StR 618/92, NStZ 1993, 400). Jedoch handelt es sich bei der Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB nF, die in der Sache dem Verfall nach § 73 StGB aF entspricht, nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, so dass sie, wie der Verfall nach alter Rechtslage, den Strafausspruch in der Regel nicht berührt und einer Beschränkung der Revision jedenfalls dann zugänglich ist, wenn die Entscheidung - wie hier - losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104; vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.).

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 399/15
vom
18. November 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2015:1811152STR399.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 14. Juli 2015 im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Daneben hat es unter anderem die sichergestellten Betäubungsmittel eingezogen und den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrags von 84.000 € angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den Verfall von Wertersatz; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs sowie der Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hat die Anordnung des Verfalls von Wertersatz keinen Bestand.
3
1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte einen Betrag in Höhe von 84.000 € im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. Die aus eigenen Betäubungsmittelgeschäften resultierenden Erlöse in Höhe von 39.000 € hat der Angeklagte jeweils „aus der Tat“ erlangt. Daneben unterliegt auch der Betrag in Höhe von 45.000 €, den der Angeklagte aufgrund der Beteiligung an den Taten erhalten hat, als „für die Tat“ erlangter Tatlohn dem Verfall. Anders als das Landgericht meint, handelt es sich allerdings nicht um einen Fall des erweiterten Verfalls (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 73d StGB), da die Gelder nicht aus anderen, nicht angeklagten Taten herrührten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 3 StR 224/13; vgl. auch Volkmer in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 187). Hat das Tatgericht konkrete Betäubungsmitteltaten festgestellt und sind – wie hier – die aufgrund der Begehung dieser Taten konkret erlangten Gelder nicht mehr vorhanden (zu dem mit erlangten Geldern bezahlten Pkw siehe unter 2.), ist vielmehr der Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) in Höhe eines entsprechenden Geldbetrags anzuordnen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255).
4
2. Die Anordnung des Wertersatzverfalls käme hier lediglich in Höhe von 67.000 € in Betracht. Nach den Urteilsgründen hat sich der Angeklagte im April 2014 einen gebrauchten Pkw gekauft und den Kaufpreis in Höhe von 17.000 € aus den deliktisch erlangten Geldern bezahlt (UA S. 6). Auf das Eigentum an diesem Pkw hat der Angeklagte am 15. Mai 2015 schriftlich und unwiderruflich verzichtet (UA S. 13/21 f.). Bei dem Pkw handelt es sich um einen Gegenstand, den der Angeklagte als Surrogat im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB erworben hat. Hierzu zählen auch solche Gegenstände, die der Täter unter Verwendung (deliktisch) erlangter Geldbeträge angeschafft hat (vgl. Joecks in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 73 Rn. 59; Schmidt, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 46). Das Landgericht hätte daher den Pkw gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB für verfallen erklären und im Übrigen in Höhe von 67.000 € den Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) anordnen können (vgl. Joecks aaO § 73 Rn. 61). Infolge des Verzichts des Angeklagten wurde eine Verfallsanordnung hinsichtlich des Pkws entbehrlich (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73 Rn. 41). Ungeachtet dessen hat der Verzicht zur Folge, dass sich die Höhe der Anordnung des Wertersatzverfalls entsprechend verringert (vgl. Senatsurteil vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40), da andernfalls der Wert des Erlangten zwei Mal abgeschöpft werden könnte (vgl. Schönke/ Schröder/Eser, StGB, 29. Aufl., § 73 Rn. 46).
5
3. Der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz kann aber auch in Höhe von 67.000 € keinen Bestand haben, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 73c StGB nur unzureichend geprüft hat.
6
Das Landgericht hat ausgeführt, dass „weder eine unbillige Härte vorliegt noch Billigkeitserwägungen ein Absehen von dieser [Verfalls-]Anordnung nahe legen“ (UA S. 23). Das Urteil enthält indes keine Feststellungen dazu, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Entsprechende Feststellungen wären jedoch für die Prüfung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB erforderlich gewesen. Nach dieser Vorschrift, die gegenüber § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB vorrangig ist (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73c Rn. 2), kann eine Verfallsanordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist. Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat erlangt hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüber zu stellen. Ist auch ein Gegenwert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 2013 - 3 StR 52/13, StV 2013, 630;Beschluss vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13, BGHR StGB § 73c Härte 16 mwN).
7
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte zumindest einen Teil der verbleibenden 67.000 € für seinen Lebensunterhalt verbraucht und zudem einen Großteil des Geldes in die Türkei transferiert (vgl. UA S. 6). Anlässlich der Festnahme des Angeklagten konnte lediglich ein Bargeldbetrag in Höhe von 1.125 € sichergestellt werden (UA S. 8). Dazu, ob der Angeklagte , der arbeitslos ist und bis Ende 2010 Sozialleistungen bezog, über weitere Vermögenswerte verfügt, verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Es ist daher nicht auszuschließen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten weder das Erlangte noch ein Gegenwert vollständig vorhanden waren. Daran anknüpfend hätte sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für eine Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB auseinandersetzen und die gebotene Ermessensentscheidung treffen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2015 - 1 StR 187/15 mwN).
8
Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den Verfall von Wertersatz. Die bislang getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben. Sie können durch ihnen nicht widersprechende neue Feststellungen ergänzt werden. Appl Eschelbach Ott Zeng Bartel

(1) Die Behörde oder die Verkehrsanstalt kann die an sie abgelieferte Sache öffentlich versteigern lassen. Die öffentlichen Behörden und die Verkehrsanstalten desReichs,derBundesstaatenund der Gemeinden können die Versteigerung durch einen ihrer Beamten vornehmen lassen.

(1a) Die Versteigerung kann nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften auch als allgemein zugängliche Versteigerung im Internet erfolgen.

(1b) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates für ihren Bereich Versteigerungsplattformen zur Versteigerung von Fundsachen zu bestimmen; sie kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die fachlich zuständigen obersten Bundesbehörden übertragen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für ihren Bereich entsprechende Regelungen zu treffen; sie können die Ermächtigung auf die fachlich zuständigen obersten Landesbehörden übertragen. Die Länder können Versteigerungsplattformen bestimmen, die sie länderübergreifend nutzen. Sie können eine Übertragung von Abwicklungsaufgaben auf die zuständige Stelle eines anderen Landes vereinbaren.

(2) Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.

(1) Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem die Empfangsberechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind und die Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn eine Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist.

(2) Die Bekanntmachung ist nicht erforderlich, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Hat ein Angeklagter wirksam auf die Rückgabe bei ihm sichergestellter
Betäubungsmittelerlöse verzichtet, bedarf es auch
aufgrund der seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB regelmäßig
keiner förmlichen Einziehung.
BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17
LG Hamburg –
ECLI:DE:BGH:2018:100418U5STR611.17.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 611/17
vom 10. April 2018 in der Strafsache gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

ECLI:DE:BGH:2018:100418U5STR611.17.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. April 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. September 2017 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich allein dagegen, dass weder Betäubungsmittel noch Verkaufserlöse eingezogen worden sind. Sie bleibt erfolglos.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielt der Angeklagte Ende Februar 2017 eine Menge von 55 kg Marihuana sowie 537,1 g Amphetamine zum gewinnbringenden Verkauf vorrätig. Bis 11. April 2017 verkaufte er von dem Marihuana 4.312,7 g. Die übrigen Betäubungsmittel wurden am genannten Tag durch die Polizei ebenso sichergestellt wie 5.230 Euro Verkaufserlös. Der glaubhaft geständige Angeklagte hat in der Hauptverhandlung auf die Rückga- be der sichergestellten Gegenstände verzichtet. Im Hinblick darauf hat das Landgericht davon abgesehen, eine Einziehungsentscheidung zu treffen.
3
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft meint, nach den seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB sei das Landgericht verpflichtet gewesen, die sichergestellten Betäubungsmittel und Gelder trotz des Verzichts des Angeklagten förmlich einzuziehen. Zudem habe es die ihm obliegende Prüfung versäumt, ob der Angeklagte durch die Marihuanaverkäufe über die von ihm als Erlös bezeichneten 5.230 Euro hinaus Einnahmen erzielt habe.
4
3. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel bleibt erfolglos. Eine Verpflichtung , die von der Staatsanwaltschaft begehrten Einziehungsentscheidungen zu treffen, besteht nicht (dazu lit. a). Es ist von Rechts wegen auch nicht zu beanstanden , dass das Landgericht nicht erörtert hat, ob der Angeklagte aus den Verkäufen mehr als den genannten Betrag erlangt hat (dazu lit. b).
5
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es der Anordnung der Einziehung bzw. des Verfalls sichergestellter Gegenstände regelmäßig nicht bedarf, wenn ein Angeklagter auf deren Rückgabe wirksam verzichtet hat (siehe nur BGH, Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 241/05; Beschlüsse vom 18. November 2015 – 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, 84, und vom 6. Juni 2017 – 2 StR 490/16; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51; KG, NStZ-RR 2005, 358, 359). Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser in der forensischen Praxis bewährten Handhabung abzuweichen.
6
aa) Hinsichtlich einer Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel ist ohnehin die bis 30. Juni 2017 geltende Rechtslage maßgeblich. Nach Art. 316h EGStGB sind lediglich die durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, S. 872) neu gefassten Bestimmungen zur Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB; hier des Verkaufserlöses), nicht also die der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach §§ 74 ff. StGB auch auf vor ihrem Inkrafttreten verübte Taten anwendbar. Die insoweit geltenden neuen Regelungen sind für den Angeklagten nicht milder (§ 2 Abs. 1, 3 und 5 StGB). Ein tragfähiger Grund, die bisherige Rechtsprechung zum weiterhin anzuwendenden Einziehungsrecht zu ändern, ergibt sich nicht.
7
bb) Für die dem neuen Recht unterliegende Einziehung der Taterlöse gilt Folgendes:
8
(1) Soweit die Beschwerdeführerin ihre Ansicht darauf stützt, nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 StGB („ordnet an“) sei die Einziehung zwingend, zeigt sie kein tragfähiges Argument auf. Zwar räumt die Norm dem Gericht kein Ermessen ein. Insofern gilt aber nichts anderes als bei ihrer Vorgängervorschrift (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF). Bewusst gestrichen hat der Gesetzgeber freilich die Härtevorschrift (§ 73c StGB aF), die es unter bestimmten Voraussetzungen gestattete, eine Verfallsanordnung ganz oder teilweise zu unterlassen. Eine der in dieser – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (siehe hierzu [3]) konkretisierenden Regelung – vorgesehenen Konstellationen ist jedoch in § 421 StPO eingestellt worden. Diese Vorschrift sieht im Übrigen – wie zuvor § 430 Abs. 1 StPO aF – weitere prozessuale Möglichkeiten vor, von einer Einziehung abzusehen.
9
(2) Maßgebliche Bedeutung für die Auslegung kommt vorliegend dem aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu. Da- nach schränkt die „Neufassung der Vorschrift … die Möglichkeit der ‚formlosen Einziehung‘ des Erlangten nicht ein“ (BT-Drucks.18/9525, S. 61 unter Bezugnahme auf die Analyse der tatgerichtlichen Praxis der sogenannten außerge- richtlichen Einziehung bei Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis 2. Aufl. Rn. 422 ff.). Ferner hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, das Recht der Vermögensabschöpfung zu vereinfachen sowie Gerichte und Staatsanwaltschaften zu entlasten (vgl. etwa BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 48, 54 f. und 59). Dem würde es zuwiderlaufen, den Tatgerichten die Pflicht aufzuerlegen, durch im Urteil zu begründende Entscheidung auch Gegenstände einzuziehen, auf deren Rückgabe der Angeklagte wirksam verzichtet hat.
10
(3) Hinzu kommt, dass eine derartige Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen würde. Dieser verlangt, dass jede staatliche Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein muss (vgl. BVerfG, NJW 1985, 121, 122 ff.; LR-StPO/Kühne, 27. Aufl., Einl. Abschn. I Rn. 96 f.). Hat aber ein Angeklagter – wie hier – wirksam den aus seinem früheren Besitz erwachsenden Herausgabeanspruch bezüglich des durch Drogengeschäfte erlangten Geldes aufgegeben, so ginge dessen Einziehung ins Leere und wäre mithin ungeeignet, ihr Ziel zu erreichen. Denn da der Angeklagte nach § 134 BGB am Kauferlös kein Eigentum erwerben konnte (hierzu Köhler NStZ 2017, 497, 500), könnte ihm mehr als das Besitzrecht auch nach § 73 StGB nicht entzogen werden. Einer dennoch vorgenommenen Einziehungsanordnung käme ihm gegenüber nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1993, 452; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51).
11
Im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist es etwa bei Entscheidungen nach § 55 Abs. 2 StGB in vergleichbarer Weise anerkannt, dass es des Aufrechterhaltens einer der dort genannten Rechtsfolgen nicht bedarf, sofern diese bereits mit der Rechtskraft des einbezogenen Judikats wirksam geworden ist. Dies wird beispielsweise für die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 – 2 StR 351/09, NStZ-RR 2010, 58, und vom 18. November 2015 – 4 StR 442/15) und für Einziehungsanordnungen angenommen (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 3StR 123/05; Urteil vom 20. Juli 2016 – 2 StR 18/16, NStZ-RR 2016, 368, 369; jeweils zu den §§ 74 ff. StGB aF). Ein Fall der einen Eingriff in das Eigentum eines Dritten gestattenden Sicherungseinziehung (§ 74b StGB) wird in Bezug auf die Drogenerlöse kaum je vorliegen.
12
(4) Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Revisionsführerin , ohne formale Einziehungsentscheidung käme es zu keinem staatlichen Eigentumserwerb (§ 75 StGB). Dies trifft in dieser Allgemeinheit im Blick auf die Erwerbsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht nicht zu (vgl. insbesondere § 948 BGB). Zudem ist der Einwand bei einer Konstellation wie der vorliegenden ohne praktische Bedeutung. Fälle, in denen sich ein Betäubungsmittelerwerber an die Strafverfolgungsbehörden wendet, um von diesen das seinem „Dealer“ als Kaufpreishingegebene Geld ausgezahlt zu bekommen, sind dem Senat nicht bekannt geworden. Einem derartigen Ansinnen bräuchte selbst dann nicht entsprochen zu werden, wenn das Geld im Eigentum des Betreffenden stünde. Vielmehr wäre gegen ihn – sofern nicht sogar ein Anfangsverdacht des Handeltreibens besteht – ein Ermittlungsverfahren wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) einzuleiten. In diesem Verfahren könnte das zum Kauf verwendete Geld nach § 74 Abs. 1 und 3 Satz 1 StGB mit der Folge des Eigentumsübergangs auf den Staat eingezogen werden.
13
(5) Schließlich würde das von der Beschwerdeführerin erstrebte Gesetzesverständnis einem Angeklagten die Möglichkeit nehmen, sich – durch eine entsprechende Verzichtserklärung glaubhaft dokumentiert – von seiner Tat zu distanzieren und das Tatgericht so unter dem Gesichtspunkt gezeigter Reue zu einer milderen Strafe zu bewegen (zu diesem Strafmilderungsgrund BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 1 StR 3/10, NStZ-RR 2010, 152; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51; Brauch, NStZ 2013, 503, 504). Demgemäß hat das Landgericht dem Angeklagten auch im vorliegenden Verfahren den freiwillig erklärten Verzicht im Rahmen der Strafzumessung zugute gehalten.
14
b) Von der seitens der Beschwerdeführerin vermissten Prüfung, ob der Angeklagte aus seinen Betäubungsmittelgeschäften mehr als 5.230 Euro erzielt hat, war das Landgericht freilich nicht schon infolge des insoweit erklärten Verzichts entbunden. Die diesbezügliche – revisionsgerichtlicher Überprüfung nur eingeschränkt zugängliche (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 413/14) – Beweiswürdigung zu den erzielten Verkaufserlösen weist je- doch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf; sie ist insbesondere nicht lückenhaft.
15
Das Landgericht hat seinen Feststellungen das umfassende Geständnis des Angeklagten zugrunde gelegt. Es hat dessen durch erhobene Beweismittel bestätigte Angaben als insgesamt glaubhaft angesehen. Den unterdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt des gehandelten Rauschgifts von 6,6 % hat es der kriminaltechnischen Untersuchung des sichergestellten Marihuanas entnommen. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Revisionsbegründungsschrift und der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Umstände anführen, die ihrer Ansicht nach weiterer Aufklärung bedurft hätten, wäre für die revisionsgerichtliche Prüfung eine entsprechende Verfahrensrüge erforderlich gewesen; eine solche ist nicht erhoben worden.
16
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO.
Mutzbauer Sander Schneider
König Berger
13
Da der Angeklagte auf die Rückgabe der sichergestellten, direkt aus Betäubungsmittelgeschäften herrührenden 12.600 Euro wirksam verzichtet hat, bedarf es insoweit keiner Einziehungsanordnung mehr (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, NStZ 2018, 333). Sofern wiederum die Einziehung des Wertes des Tatertrages angeordnet werden sollte, wird der gesamte Verzichtsbetrag hiervon abzuziehen sein.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ein nach den §§ 73 bis 73b des Strafgesetzbuches eingezogener Gegenstand wird demjenigen, dem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder dessen Rechtsnachfolger zurückübertragen. Gleiches gilt, wenn der Gegenstand nach § 76a Absatz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, eingezogen worden ist. In den Fällen des § 75 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches wird der eingezogene Gegenstand demjenigen, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, herausgegeben, wenn dieser sein Recht fristgerecht bei der Vollstreckungsbehörde angemeldet hat.

(2) Hat das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nach den §§ 73c und 76a Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, angeordnet, wird der Erlös aus der Verwertung der auf Grund des Vermögensarrestes oder der Einziehungsanordnung gepfändeten Gegenstände demjenigen, dem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder an dessen Rechtsnachfolger ausgekehrt. § 111i gilt entsprechend.

(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder
2.
einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet.

(2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte

1.
wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
2.
das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat.

(3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung.

(1) Der Eintritt der Rechtskraft der Einziehungsanordnung nach den §§ 73 bis 73c und 76a Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, wird demjenigen, dem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, unverzüglich mitgeteilt. Die Mitteilung ist zuzustellen; § 111l Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Die Mitteilung ist im Fall der Einziehung des Gegenstandes mit dem Hinweis auf den Anspruch nach § 459h Absatz 1 und auf das Verfahren nach § 459j zu verbinden. Im Fall der Einziehung des Wertersatzes ist sie mit dem Hinweis auf den Anspruch nach § 459h Absatz 2 und das Verfahren nach den §§ 459k bis 459m zu verbinden.

(1) Die Staatsanwaltschaft teilt die Vollziehung der Beschlagnahme oder des Vermögensarrests demjenigen mit, dem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist.

(2) In den Fällen der Beschlagnahme einer beweglichen Sache ist die Mitteilung mit dem Hinweis auf den Regelungsgehalt des Verfahrens über die Herausgabe nach den §§ 111n und 111o zu verbinden.

(3) Wird ein Vermögensarrest vollzogen, so fordert die Staatsanwaltschaft den Anspruchsinhaber zugleich mit der Mitteilung auf zu erklären, ob und in welcher Höhe er den Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten, der ihm aus der Tat erwachsen ist, geltend machen wolle. Die Mitteilung ist mit dem Hinweis auf den Regelungsgehalt des § 111h Absatz 2 und der Verfahren nach § 111i Absatz 2, § 459h Absatz 2 sowie § 459k zu verbinden.

(4) Die Mitteilung kann durch einmalige Bekanntmachung im Bundesanzeiger erfolgen, wenn eine Mitteilung gegenüber jedem einzelnen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre. Zusätzlich kann die Mitteilung auch in anderer geeigneter Weise veröffentlicht werden. Gleiches gilt, wenn unbekannt ist, wem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder wenn der Anspruchsinhaber unbekannten Aufenthalts ist. Personendaten dürfen nur veröffentlicht werden, soweit ihre Angabe zur Wahrung der Rechte der Anspruchsinhaber unerlässlich ist. Nach Beendigung der Sicherungsmaßnahmen veranlasst die Staatsanwaltschaft die Löschung der Bekanntmachung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder
2.
einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet.

(2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte

1.
wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
2.
das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat.

(3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ein nach den §§ 73 bis 73b des Strafgesetzbuches eingezogener Gegenstand wird demjenigen, dem ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder dessen Rechtsnachfolger zurückübertragen. Gleiches gilt, wenn der Gegenstand nach § 76a Absatz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, eingezogen worden ist. In den Fällen des § 75 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches wird der eingezogene Gegenstand demjenigen, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, herausgegeben, wenn dieser sein Recht fristgerecht bei der Vollstreckungsbehörde angemeldet hat.

(2) Hat das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nach den §§ 73c und 76a Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 76a Absatz 3 des Strafgesetzbuches, angeordnet, wird der Erlös aus der Verwertung der auf Grund des Vermögensarrestes oder der Einziehungsanordnung gepfändeten Gegenstände demjenigen, dem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der Tat erwachsen ist, oder an dessen Rechtsnachfolger ausgekehrt. § 111i gilt entsprechend.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder
2.
einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet.

(2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte

1.
wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
2.
das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat.

(3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung.

(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Die Beschlagnahme einer beweglichen Sache wird dadurch vollzogen, dass die Sache in Gewahrsam genommen wird. Die Beschlagnahme kann auch dadurch vollzogen werden, dass sie durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird.

(2) Die Beschlagnahme einer Forderung oder eines anderen Vermögensrechtes, das nicht den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch Pfändung vollzogen. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte sind insoweit sinngemäß anzuwenden. Die Aufforderung zur Abgabe der in § 840 Absatz 1 der Zivilprozessordnung bezeichneten Erklärungen ist in den Pfändungsbeschluss aufzunehmen.

(3) Die Beschlagnahme eines Grundstücks oder eines Rechts, das den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt, wird durch ihre Eintragung im Grundbuch vollzogen. Die Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung über den Umfang der Beschlagnahme bei der Zwangsversteigerung gelten entsprechend.

(4) Die Beschlagnahme eines Schiffes, eines Schiffsbauwerks oder eines Luftfahrzeugs wird nach Absatz 1 vollzogen. Ist der Gegenstand im Schiffs- oder Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, ist die Beschlagnahme in diesem Register einzutragen. Zu diesem Zweck können eintragungsfähige Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge zur Eintragung angemeldet werden; die Vorschriften, die bei der Anmeldung durch eine Person, die auf Grund eines vollstreckbaren Titels eine Eintragung im Register verlangen kann, anzuwenden sind, gelten hierbei entsprechend.

(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder
2.
einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet.

(2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte

1.
wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
2.
das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat.

(3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung.

(1) Die Vollziehung der Beschlagnahme eines Gegenstandes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkung der Beschlagnahme wird von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen nicht berührt; Maßnahmen nach § 111c können in einem solchen Verfahren nicht angefochten werden.

(2) Eine beschlagnahmte bewegliche Sache kann dem Betroffenen zurückgegeben werden, wenn er einen den Wert der Sache entsprechenden Geldbetrag beibringt. Der beigebrachte Betrag tritt an die Stelle der Sache. Sie kann dem Betroffenen auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden; die Maßnahme kann davon abhängig gemacht werden, dass der Betroffene Sicherheit leistet oder bestimmte Auflagen erfüllt.

(3) Beschlagnahmtes Bargeld kann hinterlegt oder auf ein Konto der Justiz eingezahlt werden. Der mit der Einzahlung entstandene Auszahlungsanspruch tritt an die Stelle des Bargeldes.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.

(1) Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn der Gegenstand

1.
dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit gehört oder zusteht oder
2.
einem anderen gehört oder zusteht, der ihn für die Tat oder andere Zwecke in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
In anderen Fällen geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit Ablauf von sechs Monaten nach der Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung auf den Staat über, es sei denn, dass vorher derjenige, dem der Gegenstand gehört oder zusteht, sein Recht bei der Vollstreckungsbehörde anmeldet.

(2) Im Übrigen bleiben Rechte Dritter an dem Gegenstand bestehen. In den in § 74b bezeichneten Fällen ordnet das Gericht jedoch das Erlöschen dieser Rechte an. In den Fällen der §§ 74 und 74a kann es das Erlöschen des Rechts eines Dritten anordnen, wenn der Dritte

1.
wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
2.
das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat.

(3) Bis zum Übergang des Eigentums an der Sache oder des Rechts wirkt die Anordnung der Einziehung oder die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4) In den Fällen des § 111d Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung findet § 91 der Insolvenzordnung keine Anwendung.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Hat ein Angeklagter wirksam auf die Rückgabe bei ihm sichergestellter
Betäubungsmittelerlöse verzichtet, bedarf es auch
aufgrund der seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB regelmäßig
keiner förmlichen Einziehung.
BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17
LG Hamburg –
ECLI:DE:BGH:2018:100418U5STR611.17.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 611/17
vom 10. April 2018 in der Strafsache gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

ECLI:DE:BGH:2018:100418U5STR611.17.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. April 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. September 2017 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich allein dagegen, dass weder Betäubungsmittel noch Verkaufserlöse eingezogen worden sind. Sie bleibt erfolglos.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielt der Angeklagte Ende Februar 2017 eine Menge von 55 kg Marihuana sowie 537,1 g Amphetamine zum gewinnbringenden Verkauf vorrätig. Bis 11. April 2017 verkaufte er von dem Marihuana 4.312,7 g. Die übrigen Betäubungsmittel wurden am genannten Tag durch die Polizei ebenso sichergestellt wie 5.230 Euro Verkaufserlös. Der glaubhaft geständige Angeklagte hat in der Hauptverhandlung auf die Rückga- be der sichergestellten Gegenstände verzichtet. Im Hinblick darauf hat das Landgericht davon abgesehen, eine Einziehungsentscheidung zu treffen.
3
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft meint, nach den seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB sei das Landgericht verpflichtet gewesen, die sichergestellten Betäubungsmittel und Gelder trotz des Verzichts des Angeklagten förmlich einzuziehen. Zudem habe es die ihm obliegende Prüfung versäumt, ob der Angeklagte durch die Marihuanaverkäufe über die von ihm als Erlös bezeichneten 5.230 Euro hinaus Einnahmen erzielt habe.
4
3. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel bleibt erfolglos. Eine Verpflichtung , die von der Staatsanwaltschaft begehrten Einziehungsentscheidungen zu treffen, besteht nicht (dazu lit. a). Es ist von Rechts wegen auch nicht zu beanstanden , dass das Landgericht nicht erörtert hat, ob der Angeklagte aus den Verkäufen mehr als den genannten Betrag erlangt hat (dazu lit. b).
5
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es der Anordnung der Einziehung bzw. des Verfalls sichergestellter Gegenstände regelmäßig nicht bedarf, wenn ein Angeklagter auf deren Rückgabe wirksam verzichtet hat (siehe nur BGH, Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 241/05; Beschlüsse vom 18. November 2015 – 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, 84, und vom 6. Juni 2017 – 2 StR 490/16; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51; KG, NStZ-RR 2005, 358, 359). Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser in der forensischen Praxis bewährten Handhabung abzuweichen.
6
aa) Hinsichtlich einer Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel ist ohnehin die bis 30. Juni 2017 geltende Rechtslage maßgeblich. Nach Art. 316h EGStGB sind lediglich die durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, S. 872) neu gefassten Bestimmungen zur Einziehung von Taterträgen (§§ 73 ff. StGB; hier des Verkaufserlöses), nicht also die der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nach §§ 74 ff. StGB auch auf vor ihrem Inkrafttreten verübte Taten anwendbar. Die insoweit geltenden neuen Regelungen sind für den Angeklagten nicht milder (§ 2 Abs. 1, 3 und 5 StGB). Ein tragfähiger Grund, die bisherige Rechtsprechung zum weiterhin anzuwendenden Einziehungsrecht zu ändern, ergibt sich nicht.
7
bb) Für die dem neuen Recht unterliegende Einziehung der Taterlöse gilt Folgendes:
8
(1) Soweit die Beschwerdeführerin ihre Ansicht darauf stützt, nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 StGB („ordnet an“) sei die Einziehung zwingend, zeigt sie kein tragfähiges Argument auf. Zwar räumt die Norm dem Gericht kein Ermessen ein. Insofern gilt aber nichts anderes als bei ihrer Vorgängervorschrift (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF). Bewusst gestrichen hat der Gesetzgeber freilich die Härtevorschrift (§ 73c StGB aF), die es unter bestimmten Voraussetzungen gestattete, eine Verfallsanordnung ganz oder teilweise zu unterlassen. Eine der in dieser – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (siehe hierzu [3]) konkretisierenden Regelung – vorgesehenen Konstellationen ist jedoch in § 421 StPO eingestellt worden. Diese Vorschrift sieht im Übrigen – wie zuvor § 430 Abs. 1 StPO aF – weitere prozessuale Möglichkeiten vor, von einer Einziehung abzusehen.
9
(2) Maßgebliche Bedeutung für die Auslegung kommt vorliegend dem aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu. Da- nach schränkt die „Neufassung der Vorschrift … die Möglichkeit der ‚formlosen Einziehung‘ des Erlangten nicht ein“ (BT-Drucks.18/9525, S. 61 unter Bezugnahme auf die Analyse der tatgerichtlichen Praxis der sogenannten außerge- richtlichen Einziehung bei Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis 2. Aufl. Rn. 422 ff.). Ferner hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, das Recht der Vermögensabschöpfung zu vereinfachen sowie Gerichte und Staatsanwaltschaften zu entlasten (vgl. etwa BT-Drucks. 18/9525, S. 2, 48, 54 f. und 59). Dem würde es zuwiderlaufen, den Tatgerichten die Pflicht aufzuerlegen, durch im Urteil zu begründende Entscheidung auch Gegenstände einzuziehen, auf deren Rückgabe der Angeklagte wirksam verzichtet hat.
10
(3) Hinzu kommt, dass eine derartige Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen würde. Dieser verlangt, dass jede staatliche Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein muss (vgl. BVerfG, NJW 1985, 121, 122 ff.; LR-StPO/Kühne, 27. Aufl., Einl. Abschn. I Rn. 96 f.). Hat aber ein Angeklagter – wie hier – wirksam den aus seinem früheren Besitz erwachsenden Herausgabeanspruch bezüglich des durch Drogengeschäfte erlangten Geldes aufgegeben, so ginge dessen Einziehung ins Leere und wäre mithin ungeeignet, ihr Ziel zu erreichen. Denn da der Angeklagte nach § 134 BGB am Kauferlös kein Eigentum erwerben konnte (hierzu Köhler NStZ 2017, 497, 500), könnte ihm mehr als das Besitzrecht auch nach § 73 StGB nicht entzogen werden. Einer dennoch vorgenommenen Einziehungsanordnung käme ihm gegenüber nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1993, 452; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51).
11
Im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist es etwa bei Entscheidungen nach § 55 Abs. 2 StGB in vergleichbarer Weise anerkannt, dass es des Aufrechterhaltens einer der dort genannten Rechtsfolgen nicht bedarf, sofern diese bereits mit der Rechtskraft des einbezogenen Judikats wirksam geworden ist. Dies wird beispielsweise für die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 – 2 StR 351/09, NStZ-RR 2010, 58, und vom 18. November 2015 – 4 StR 442/15) und für Einziehungsanordnungen angenommen (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 3StR 123/05; Urteil vom 20. Juli 2016 – 2 StR 18/16, NStZ-RR 2016, 368, 369; jeweils zu den §§ 74 ff. StGB aF). Ein Fall der einen Eingriff in das Eigentum eines Dritten gestattenden Sicherungseinziehung (§ 74b StGB) wird in Bezug auf die Drogenerlöse kaum je vorliegen.
12
(4) Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Revisionsführerin , ohne formale Einziehungsentscheidung käme es zu keinem staatlichen Eigentumserwerb (§ 75 StGB). Dies trifft in dieser Allgemeinheit im Blick auf die Erwerbsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht nicht zu (vgl. insbesondere § 948 BGB). Zudem ist der Einwand bei einer Konstellation wie der vorliegenden ohne praktische Bedeutung. Fälle, in denen sich ein Betäubungsmittelerwerber an die Strafverfolgungsbehörden wendet, um von diesen das seinem „Dealer“ als Kaufpreishingegebene Geld ausgezahlt zu bekommen, sind dem Senat nicht bekannt geworden. Einem derartigen Ansinnen bräuchte selbst dann nicht entsprochen zu werden, wenn das Geld im Eigentum des Betreffenden stünde. Vielmehr wäre gegen ihn – sofern nicht sogar ein Anfangsverdacht des Handeltreibens besteht – ein Ermittlungsverfahren wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) einzuleiten. In diesem Verfahren könnte das zum Kauf verwendete Geld nach § 74 Abs. 1 und 3 Satz 1 StGB mit der Folge des Eigentumsübergangs auf den Staat eingezogen werden.
13
(5) Schließlich würde das von der Beschwerdeführerin erstrebte Gesetzesverständnis einem Angeklagten die Möglichkeit nehmen, sich – durch eine entsprechende Verzichtserklärung glaubhaft dokumentiert – von seiner Tat zu distanzieren und das Tatgericht so unter dem Gesichtspunkt gezeigter Reue zu einer milderen Strafe zu bewegen (zu diesem Strafmilderungsgrund BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 1 StR 3/10, NStZ-RR 2010, 152; BayObLG, NStZ-RR 1997, 51; Brauch, NStZ 2013, 503, 504). Demgemäß hat das Landgericht dem Angeklagten auch im vorliegenden Verfahren den freiwillig erklärten Verzicht im Rahmen der Strafzumessung zugute gehalten.
14
b) Von der seitens der Beschwerdeführerin vermissten Prüfung, ob der Angeklagte aus seinen Betäubungsmittelgeschäften mehr als 5.230 Euro erzielt hat, war das Landgericht freilich nicht schon infolge des insoweit erklärten Verzichts entbunden. Die diesbezügliche – revisionsgerichtlicher Überprüfung nur eingeschränkt zugängliche (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 413/14) – Beweiswürdigung zu den erzielten Verkaufserlösen weist je- doch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf; sie ist insbesondere nicht lückenhaft.
15
Das Landgericht hat seinen Feststellungen das umfassende Geständnis des Angeklagten zugrunde gelegt. Es hat dessen durch erhobene Beweismittel bestätigte Angaben als insgesamt glaubhaft angesehen. Den unterdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt des gehandelten Rauschgifts von 6,6 % hat es der kriminaltechnischen Untersuchung des sichergestellten Marihuanas entnommen. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Revisionsbegründungsschrift und der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift Umstände anführen, die ihrer Ansicht nach weiterer Aufklärung bedurft hätten, wäre für die revisionsgerichtliche Prüfung eine entsprechende Verfahrensrüge erforderlich gewesen; eine solche ist nicht erhoben worden.
16
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO.
Mutzbauer Sander Schneider
König Berger

Würde die Herbeiführung einer Entscheidung über die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches die Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren oder verzögern, kann das Gericht das Verfahren über die Einziehung abtrennen. Das Gericht kann die Verbindung in jeder Lage des Verfahrens wieder anordnen.

(1) Trennt das Gericht das Verfahren nach § 422 ab, trifft es die Entscheidung über die Einziehung nach der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache. Das Gericht ist an die Entscheidung in der Hauptsache und die tatsächlichen Feststellungen, auf denen diese beruht, gebunden.

(2) Die Entscheidung über die Einziehung soll spätestens sechs Monate nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache getroffen werden.

(3) Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(4) Abweichend von Absatz 3 kann das Gericht anordnen, dass die Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil ergeht. Das Gericht muss die Anordnung nach Satz 1 treffen, wenn die Staatsanwaltschaft oder derjenige, gegen den sich die Einziehung richtet, dies beantragt. Die §§ 324 und 427 bis 431 gelten entsprechend; ergänzend finden die Vorschriften über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.