Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 StR 142/14

bei uns veröffentlicht am27.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 142/14
vom
27. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Januar
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 9. Juli 2013, soweit es den Angeklagten D. betrifft, aufgehoben
a) im Strafausspruch und
b) im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. - neben den Mitangeklagten K. und S. - wegen 69 Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Es hat ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es gegen den Angeklagten den Verfall von Wertersatz in einer Höhe von 30.000 Euro angeordnet. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den Strafausspruch sowie die Höhe des angeordneten Verfalls von Wertersatz beschränkten Revision die Verletzung materiellen Rechts, ohne dabei die diesen Aussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen anzugreifen. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


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1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) In den Jahren 2010/2011 sahen sich die Zollbehörden mit einer neuen Form international organisierter Kriminalität konfrontiert. Sie bestand darin, als Formenöl deklariertes Gasöl zur Verwendung als Kraftstoff in mittel- und osteuropäische Länder zu veräußern. Da es in Tschechien nur eine Raffinerie gab und die Eigenproduktion die Nachfrage nicht decken konnte, gab es dort einen erheblichen Bedarf an Dieselkraftstoff. Hintergrund dieser Kriminalitätsform ist, dass Gasöl im Gegensatz zu Formenöl der Energiesteuer unterliegt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG).
4
Auch die gesondert verfolgten G. und Ga. planten die Herstellung eines scheinbaren Formenöls, um es unbelastet mit deutscher Energiesteuer als Kraftstoff insbesondere in Tschechien und Polen zu vermarkten. Sie bedienten sich hierfür der Firma Sy. Sp. (im Folgenden: Sy. ), bei der durch simples Vermischen von einem hohen Anteil von Dieselkraftstoff und einem geringen Anteil von Basisöl ein Gemisch hergestellt werden sollte, das weiterhin als Kraftstoff verwendbar war. Das Produkt sollte zwar als Formenöl ausgegeben werden, das etwa als Trennmittel im Baugewerbe verwendet werden kann; es sollte aber als Kraftstoff vermarktet werden.
5
Nach den Planungen von G. und Ga. sollte den Zollbehörden zunächst vorgetäuscht werden, dass durch Zumischen von Basisöl ein energiesteuerfreies Formenöl entstehe, um sich die Erlaubnis zum Bezug unversteuerten Dieselkraftstoffs zu erschleichen. Denn gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG dürfen Energieerzeugnisse mit behördlicher Erlaubnis steuerfrei zu anderen Zwecken als zur Verwendung als Kraftoder Heizstoff verwendet werden. Geplant war aber eine unzulässige Verwendung , weil das herzustellende Gemisch weiterhin die Eigenschaften von Gasöl im Sinne der Kombinierten Nomenklatur (KN; vgl. Verordnung [EG] Nr. 948/2009 der Kommission vom 30. September 2009 zur Änderung von Anhang I der Verordnung [EWG] Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. EU Nr. L 287 vom 31. Oktober 2009, S. 1) besaß.
6
Zum Nachweis der Eignung dieses „Formenöls“ als Kraftstoff für die Ab- nehmer, zugleich aber zur Verschleierung und eigenen Absicherung, sollten die Produkteigenschaften durch ein für das Prüfgebiet Mineralöl akkreditiertes Labor bestätigt werden. Durch dieses sollten neun für Dieselkraftstoff charakteristische Parameter geprüft werden, bei denen acht die Sollwerte für Dieselkraftstoff nach der DIN EN 590 einhalten sollten. Lediglich der Sollwert dieser DINNorm für die Destillation von 95% bei maximal 360 Grad Celsius sollte um wenige Grad überschritten werden. Ein solches Prüfergebnis sollte zugleich als Beleg für die vordergründige Behauptung dienen, es handele sich bei dem Produkt wegen der Normüberschreitung bei der DIN in einem Punkt gar nicht um Dieselkraftstoff und deswegen auch nicht um zu versteuerndes Gasöl. Demnach sollte das Produkt zwar einerseits für die Abnehmer als Dieselkraftstoff erkennbar sein, andererseits aber für die Zollbehörden kein Dieselkraftstoff sein. Für die Steuerpflicht nach dem Energiesteuergesetz kommt es jedoch allein auf die zolltarifliche Einreihung als Gasöl und nicht auf die Einhaltung aller Sollwerte der DIN EN 590 an.
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Der anderweitig verfolgte G. beauftragte den Angeklagten damit, eine Betriebsstätte ausfindig zu machen und sodann in dem Betrieb als Vertrauensmann und Aufpasser vor Ort zu fungieren. Der Angeklagte, der in alle Umstände eingeweiht wurde, war einverstanden und wollte G. bei seinen auf Dauer angelegten Verbrauchsteuerhinterziehungen unterstützen. Er wollte - ebenso wie die Mitangeklagten K. und S. , die lediglich billigend in Kauf nahmen, dass der Geschäftsbetrieb der Sy. die Herstellung eines Scheinprodukts zur Verwendung als Kraftstoff zum Gegenstand hatte - im Wege der Entlohnung seiner Zuarbeit von dem auf die Hinterziehung von Energiesteuer ausgerichteten Geschäftsprinzip profitieren. Auf der Grundlage seiner Bemühungen konnte die Sy. ein Biodieselwerk in Gr. als Betriebsstätte für drei Jahre anmieten.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 beantragte G. als Geschäftsführer der Sy. beim Hauptzollamt Stralsund die Erlaubnis als Verwender nach § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG und erklärte hierbei, dass Dieselkraftstoff zur Vermischung mit einem Basisöl verwendet werden solle, um hierdurch ein „Formenöl“ der Unterposition 2710 1999 der Kombinierten Nomenklatur herzu- stellen. Dem Antrag war eine Betriebserklärung beigefügt, mit der angezeigt wurde, dass durch Mischen von 88 Anteilen Dieselkraftstoff und 12 Anteilen Basisöl das „Endprodukt Schmieröl (KN 2710 1999)“, d.h. Formenöl, hergestellt werde.
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Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 erteilte das Hauptzollamt Stralsund der Sy. die Erlaubnis, Dieselkraftstoff nach Maßgabe der vorgelegten Betriebserklärung steuerfrei nach § 25 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG zu verwenden. In dem beigefügten Merkblatt für Verwender wurde darauf hingewiesen, dass Energiesteuer entsteht, wenn die Energieerzeugnisse entgegen der in der Er- laubnis genannten Zweckbestimmung verwendet werden, und dass in diesem Fall unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben ist.
10
Auf der Grundlage dieser Erlaubnis stellte die Sy. ausunversteuert bezogenem Dieselkraftstoff und steuerfreiem Basisöl angeblich Formenöl her. Bei dem Gemisch handelte es sich aber um Gasöl im Sinne der Kombinierten Nomenklatur. Das somit im Gegensatz zu Formenöl der Energiesteuer unterliegende Mischprodukt wurde zur Verwendung als Kraftstoff hergestellt. Die Energiesteuer wurde weder angemeldet noch entrichtet. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5. August 2010 bis 12. Dezember 2011 in 69 Fällen 32.483.922 Liter dieser Mischung ausgeliefert und mangels Abgabe von Steueranmeldungen Energiesteuer im Umfang von 15.280.436,91 Euro verkürzt.
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b) Bei der Produktion fungierte der Angeklagte als Bindeglied zwischen G. und Ga. einerseits und dem Betriebsleiter der Sy. in Gr. , dem Mitangeklagten K. , andererseits. Ihm kam zudem die Aufgabe zu, die Daten der Fahrer der Tankfahrzeuge, die das hergestellte Produkt abholten , zu überprüfen und dem Mitangeklagten K. die Freigabe der jeweiligen Lieferung mitzuteilen. Zudem übernahm er es, Proben zum Prüflabor der Firma GU. zu bringen und für einen laufenden Bürobetrieb zu sorgen.
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c) Den Zollbehörden wurden über die Zusammensetzung des hergestellten Gemischs die folgenden Umstände bekannt:
13
Der Vertreter des Lieferanten des Dieselkraftstoffs, der Zeuge Dr. , hatte erfahren, dass das Produkt der Sy. nach Tschechien ausgeführt werden sollte. Nachdem er Verdacht geschöpft hatte, dass der steuerfrei gelieferte Dieselkraftstoff nicht regulär verwendet wurde, übergab er das vom Mitange- klagten K. erhaltene Ergebnis einer Laboranalyse am 13. Oktober 2010 an den Prüfungsdienst des Hauptzollamtes Hannover. Hieraus ergab sich, dass die Probe bei 350 Grad Celsius einen Destillationswert von 93 Raumhundertteilen (Volumenprozent) aufwies und dass es sich somit in Wirklichkeit um Gasöl nach der Kombinierten Nomenklatur handelte.
14
Veranlasst durch die Informationen des Zeugen Dr. verlangte der Zollbeamte Di. vom Hauptzollamt Hannover am 16. November 2010 im Rahmen der Steueraufsicht eine Probe des hergestellten Gemischs zur Prüfung der zweckgerechten Verwendung des steuerfrei bezogenen Dieselkraftstoffs. Die Probe wurde durch das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung untersucht. Nach dessen Untersuchungszeugnis vom 31. Januar 2011 handelt es sich bei dem Gemisch um Gasöl nach Unterposition 2710 1941 der Kombinierten Nomenklatur. Am selben Tag leitete das Zollfahndungsamt gegen die Verantwortlichen der Sy. ein Ermittlungsverfahren ein. In Anbetracht des Steuergeheimnisses schwieg der Zollbeamte Di. , der den Betrieb der Sy. im monatlichen Rhythmus zur Überprüfung der Verbuchung der versandten Ware aufsuchte, zu dem Untersuchungsergebnis.
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Am 22. November 2010 kontrollierte die Zolldirektion Prag einen Tankwagen mit dem von der Sy. produzierten „Formenöl“. Das Fahrzeug und die Ladung wurden beschlagnahmt. Die Überprüfung von sieben Proben ergab am 30. November 2010, dass es sich bei sämtlichen Proben um Gasöl handelte. Gleichwohl unterrichtete der Zollverbindungsbeamte der tschechischen Botschaft die deutschen Zollbehörden am 19. Januar 2011 im Rahmen einer „Spontanauskunft“ dahin, dass in vier Kammern des Tankwagens Formenöl und in drei Kammern Gasöl geladen gewesen sei. Erst am 21. März 2011 korrigierte der Zollverbindungsbeamte seine Auskunft dahin, dass es sich um einen Irrtum gehandelt habe und sämtliche sieben Proben Gasöl enthalten hätten.
16
Nach der Fahrzeugbeschlagnahme in Prag stellte die Sy. die Produktion bis Mitte Dezember 2010 ein und verlangte dann von dem Prüflabor Prüfberichte, in denen für die Vorlage beim Zoll eine Bestätigung des Labors enthalten war, dass es sich bei dem Produkt um Formenöl handele. Die Lieferungen nach Tschechien wurden erst im Juni 2011 wieder aufgenommen (UA S. 14).
17
Erst mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 widerrief das Hauptzollamt Stralsund die Erlaubnis vom 29. Juni 2010 mit der Begründung, es bestehe der Verdacht, dass entgegen der Erlaubnis und entgegen der Betriebserklärung kein Schmieröl nach Unterposition 2710 1999 der Kombinierten Nomenklatur, d.h. kein Formenöl, hergestellt werde.
18
2. Das Landgericht hat die Mitwirkung des Angeklagten als 69 Fälle der Beihilfe zur Hinterziehung von Energiesteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 4 EnergieStG sowie § 23 Abs. 6 Satz 3 EnergieStG, § 27 Abs. 1 StGB) gewertet.
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a) Indem mit der Vermischung des steuerfrei bezogenen Gasöls mit Basisöl entgegen der in der Erlaubnis enthaltenen Zweckbestimmung wiederum Gasöl hergestellt worden sei, sei gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG für den verwendeten Dieselkraftstoff Energiesteuer entstanden. Für das zur Herstellung des Gemischs eingesetzte Basisöl sei die Steuer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnergieStG mit der Abgabe entstanden, weil das Gemisch ein Energieerzeugnis nach § 4 EnergieStG gewesen sei.
20
b) Die Sy. sei gemäß § 30 Abs. 2 Satz 4 bzw. § 23 Abs. 6 Satz 3 EnergieStG verpflichtet gewesen, unverzüglich die entstandene Energiesteuer anzumelden. Dieser Verpflichtung sei der anderweitig verfolgte G. als gesetzlicher Vertreter der Sy. nicht nachgekommen. Er habe hierdurch das Hauptzollamt in allen 69 Fällen in Unkenntnis darüber gelassen, dass Energiesteuer entstanden sei. Dadurch habe er jeweils die Energiesteuer verkürzt. Zwar habe ab Anfang Februar 2011 nach Bekanntwerden des Ergebnisses der im November 2010 gezogenen Produktprobe und erst Recht nach einer erneu- ten „positiven“ Probe aus dem September 2011 Anlass zu der Annahme be- standen, es werde erlaubniswidrig Gasöl hergestellt. Die beiden Stichproben hätten aber noch keine für eine Steuerfestsetzung hinreichende Anknüpfungsbasis geboten. Weder die zolltarifliche Einreihung des im verbleibenden Produktionszeitraum erzeugten Gemischs sei hinreichend sicher zu beurteilen gewesen , noch seien die hergestellten und veräußerten Mengen hinreichend überschaubar gewesen (UA S. 42).
21
c) Die in den einzelnen Produktionswochen geleisteten Unterstützungshandlungen des Angeklagten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zur Steuerhinterziehung des G. gewertet.

II.


22
Die zum Nachteil des Angeklagten D. eingelegte und wirksam auf den Strafausspruch und die Verfallsentscheidung (ohne die zugrunde liegenden Feststellungen) beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.
23
1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
24
a) Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen , sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Juni 2013 - 1 StR 226/13, wistra 2013, 471; BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127; jeweils mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier indes vor.
25
b) Das Landgericht hat bei der Strafzumessung strafmildernd gewertet, dass der Angeklagte Untersuchungshaft von über einem Jahr erlitten hat (UA S. 43). Dies ist rechtsfehlerhaft. Denn der durch Untersuchungshaft erlittene Freiheitsentzug ist bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe wegen der vollen Anrechenbarkeit nach § 51 StGB kein strafmildernd zu berücksichtigender Nachteil (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21; BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, wistra 2012, 350). Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft für den Angeklagten verbundene besondere Erschwernisse hat das Landgericht nicht festgestellt.
26
Bereits dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung aller Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht höhere Strafen verhängt hätte, wenn es den Vollzug der Untersuchungshaft nicht strafmildernd gewertet hätte.
27
c) Darüber hinaus begegnet in den Fällen 25 bis 69 der Urteilsgründe die Zumessung der Einzelstrafen weiteren durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
28
In diesen Fällen hat das Landgericht die Indizwirkung der Regelbeispiele der Steuerverkürzung in großem Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) und der bandenmäßigen Begehung (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO) mit der Begründung als widerlegt angesehen, die Aufrechterhaltung der Erlaubnis, steuerfreien Dieselkraftstoff zu beziehen, sei ab Februar 2011 vorwerfbar im Sinne eines Eigenverschuldens des geschädigten Fiskus gewesen (UA S. 45). Es hat deshalb die Strafen dem gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommen.
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aa) Bereits die Annahme des Landgerichts, bei ordnungsgemäßem Handeln der Zollbehörden hätte es ab Februar 2011 zu keinen Steuerverkürzungen mehr kommen können, ist rechtsfehlerhaft.
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Dieser Annahme liegt die Prämisse zugrunde, dass mit Bekanntwerden der Ergebnisse der zollinternen Untersuchung der bei der Sy. gezogenen Gemischprobe am 31. Januar 2011 für die Zollbehörden Anlass bestanden habe , unverzüglich eine weitere Probe zu nehmen und sofort zu untersuchen. Hätten sie dies aber getan, hätten sie erkannt, dass die Erlaubnis der Sy. zum steuerfreien Bezug von Dieselkraftstoff zwingend gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 EnergieStG hätte widerrufen werden müssen. Wäre aber die Erlaubnis widerru- fen worden, hätte die Produktion des „Formenöls“ bei der Sy. ein „unmittelbares Ende“ gefunden. Damit wären auch keine weiteren Steuerschäden entstanden (UA S. 45). Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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(1) Zwar trifft es zu, dass hier gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 EnergieStG ein Grund für den Widerruf der Erlaubnis gegenüber der Sy. zumsteuerfreien Bezug von Dieselkraftstoff bestand. Denn die Sy. stellte (auch weiterhin) ein Gemisch her, das Gasöl und damit Kraftstoff im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG war. Damit fehlte ihr die für die Gewährung einer Erlaubnis der steuerfreien Verwendung von Dieselkraftstoff erforderliche steuerliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 24 Abs. 5 Satz 2 EnergieStG. Wäre im Rahmen der Steueraufsicht bei der Sy. eine weitere Probe des hergestellten Gemischs genommen und untersucht worden, hätte der Widerrufsgrund auch erkannt werden können.
32
(2) Allerdings war das Verhalten der Zollbehörden nur dann vorschriftswidrig , wenn sie sich zu dieser Probe gedrängt sehen mussten. Zu dieser Frage sind die Ausführungen des Landgerichts lückenhaft.
33
Zum einen hat das Landgericht Umstände rechtsfehlerhaft nicht in den Blick genommen, die gegen eine steuerliche Unzuverlässigkeit der Firma Sy. und damit gegen das Vorliegen eines Widerrufsgrundes gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 EnergieStG sprechen konnten. Denn nach den Urteilsfeststellungen hatte die Sy. die Lieferungen nach Tschechien eingestellt, nachdem dort im November 2010 ein Tankwagen beschlagnahmt worden war. Damit bestand für den Zoll, der die Verbuchung der Auslieferungen bei der Sy. monatlich prüfte (UA S. 13) jedenfalls kein Anhaltspunkt mehr für eine zweckwidrige Verwendung des steuerfreien Dieselkraftstoffs als Kraftstoff für den tschechischen Markt. Erst nach mehreren Monaten nahm die Sy. dieProduktion für den tschechischen Markt wieder auf (UA S. 14). Das Landgericht hat dies nicht berücksichtigt. Zudem hat das Landgericht in seine Erwägungen nicht einbezogen , dass der Zollverbindungsbeamte der tschechischen Botschaft die deutschen Zollbehörden am 19. Januar 2011 im Rahmen einer Spontanauskunft (objektiv unzutreffend) dahingehend informiert hatte, dass in vier von sieben Kammern Formenöl geladen gewesen sei (UA S. 13).
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Auch hat das Landgericht in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft nicht erörtert, dass das unabhängige Prüflabor nunmehr Bestätigungen mit angegebener Zolltarifnummer vorlegte, mit denen bescheinigt wurde, dass es sich bei dem jeweils geprüften Produkt um Formenöl handelte. Die Wertung des Landgerichts, es habe „aller Anlass bestanden, unverzüglich eine weitere Probe zu nehmen und sofort zu untersuchen“ (UA S. 45), beruht somit auf einer lückenhaften Erörterung des festgestellten Sachverhalts und ist damit rechtsfehlerhaft.
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(3) Schließlich hat das Landgericht auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen es den Zollbehörden möglich gewesen sein sollte, bei einer erneuten Probennahme am 31. Januar 2011, wobei die Probe erst noch untersucht werden musste, schon Anfang Februar 2011 im Besitz der für den Widerruf der Erlaubnis erforderlichen Nachweise der steuerlichen Unzuverlässigkeit der Sy. zu sein.
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bb) Auch die Wertung der Strafkammer, es sei als Mitverschulden des Staates am Steuerschaden zu werten, dass effektive strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen erst nach Monaten ergriffen worden seien, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Das Landgericht ist der Auffassung, es sei in solchen Fällen vor dem Hintergrund des weiter anwachsenden Steuerschadens nur dann vertretbar, die strafrechtlichen Ermittlungen verdeckt zu halten, um weitere Tatverdächtige und eventuelle Hintermänner festzustellen, wenn alsbald effektive Ermittlungsmaßnahmen , die die Ahnungslosigkeit der Tatbeteiligten voraussetzen, insbesondere Observationen und Telekommunikationsüberwachung, auch durchgeführt würden. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Observationen hätten erst ab Juni 2011 und Telekommunikationsüberwachungen erst ab September 2011 stattgefunden (UA S. 45).
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Damit verkennt das Landgericht, dass ein Anspruch eines Straftäters darauf , dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern, nicht besteht (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, BGHR § 370 Abs. 1 Strafzumessung 23). Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 Rn. 31, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Angaben 10; BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 1 StR 391/12, wistra 2013, 107 mwN; vgl. auch BVerfG [Kammer] Beschluss vom 4. Dezember 2003 - 2 BvR 328/03).
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Es war daher bereits im Ansatz rechtsfehlerhaft, in den Fällen 25 bis 69 der Urteilsgründe die Art und Weise der Durchführung der strafrechtlichen Ermittlungen seitens der Strafverfolgungsbehörden als Mitverschulden des Staates an den mit Unterstützung des Angeklagten herbeigeführten Steuerverkürzungen zu werten. Ein Straftäter hat auch dann keinen Anspruch auf ein frühzeitiges Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden, wenn durch sein Handeln fortlaufend weitere hohe Steuerschäden entstehen.
40
cc) Auch die Wertung des Landgerichts, es begründe eine Mitverantwortung des Staates für den entstandenen Steuerschaden, wenn die Zollbehörden weitere Steuerstraftaten zuließen, weil sie trotz Vorliegens eines Widerrufsgrundes die Erlaubnis für die Verwendung steuerfreien Dieselkraftstoffs nicht widerriefen, ist rechtsfehlerhaft.
41
(1) Zwar trifft es zu,dass das Verhalten des Steuerfiskus als Verletztem - nicht anders als bei einem sonstigen Geschädigten einer Straftat - strafmildernd berücksichtigt werden kann, wenn es für den Taterfolg mitverantwortlich war.
42
(2) Jedoch ist zu beachten, dass das Besteuerungssystem auf wahrheitsgemäße Angaben des Steuerpflichtigen angewiesen ist; eine umfassende Überprüfung aller steuerrechtlich relevanten Sachverhalte durch die Finanzverwaltung ist ausgeschlossen. Die Kontrollmechanismen der Finanzverwaltung müssen in vielen Bereichen auf Stichproben beschränkt bleiben. Missbraucht ein Täter diese systembedingt nicht sehr intensiven Kontrollmechanismen, kann ihm dies nicht zugutekommen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1847). Deswegen ist eine staatliche Mitverantwortung für Steuerverkürzungen regelmäßig nur dann gegeben, wenn das staatlichen Stellen vorwerfbare Verhalten unmittelbar auf das Handeln des Täters Einfluss genommen hat (etwa weil dieser bislang nicht tatgeneigt war oder ihm wenigstens durch das Verhalten der Finanzbehörden die Tat erleichtert wurde) und den staatlichen Stellen die Tatgenese vorgeworfen werden kann (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 Rn. 30, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Angaben 10 mwN; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, BGHR § 370 Abs. 1 Strafzumessung 23; vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. Mai 1983 - 1 StR 25/83, wistra 1983, 145). Die bloße kausale Mitverursachung eines Taterfolgs durch staatliche Stellen genügt demgegenüber nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - 3 StR 474/08, NStZ-RR 2009, 167).
43
(3) Es kann daher zwar bei der Gesamtwürdigung des Schuldgehalts einer Tat im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden, wenn der Fiskus einem Steuerpflichtigen steuerliche Vergünstigungen gewährt, obwohl deren Voraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben sind. Ein Strafmilderungsgrund mit dem Gewicht einer staatlichen Mitverantwortung für die begangenen Steuerstraftaten und deren Verkürzungsumfang liegt darin jedoch nicht. Hier wurden die Taten nicht bereits durch den von der Zollbehörde ermöglichten steuerfreien Bezug des Dieselkraftstoffs begangen, sondern erst durch dessen zweckwidrige Verwendung durch die Sy. entgegen § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG.
44
(4) Durch den nicht vorgenommenen Widerruf der Erlaubnis schafften die Zollbehörden für die Sy. lediglich die allgemeine Möglichkeit, durch zweckwidrige Verwendung rechtmäßig steuerfrei erworbener Energieerzeugnisse Steuern zu hinterziehen. Denn die Steuern, die Gegenstand der Steuerstraftaten waren, entstanden überhaupt erst mit der zweckwidrigen Verwendung des Dieselkraftstoffs durch die Sy. . Damit hatte der unterlasseneWiderruf lediglich zur Folge, dass die Tatbeteiligten die tatsächliche Möglichkeit hatten, Energiesteuern auf diese Weise zu verkürzen. Eine staatliche Verantwortung für den aus den Steuerhinterziehungen sich ergebenden Steuerschaden ergab sich daraus nicht.
45
dd) Schließlich ist zu besorgen, dass das Landgericht bei der Strafrahmenwahl dem Verhalten des Fiskus ein zu großes Gewicht beigemessen hat.
Denn die Wertung des Landgerichts, das Verhalten der Finanzbehörden in den Fällen 25 bis 68 der Urteilsgründe habe die Indizwirkung zweier Regelbeispiele für Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 5 AO) vollständig kompensiert, beruht auf einem weiteren Rechtsfehler.
46
Kommt Versäumnissen staatlicher Organe im Rahmen der Strafzumessung Bedeutung zu, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in jedem Fall strafschärfendes Verhalten des Tatbeteiligten (etwa Skrupellosigkeit, Raffinesse oder Hartnäckigkeit) ins Verhältnis zum Verhalten der zum Schutze der staatlichen Vermögensinteressen berufenen Beamten gesetzt werden (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 Rn. 30, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Angaben 10 mwN). Nutzt ein Täter gezielt die Schwächen der Kontrollmechanismen der Finanzverwaltung aus, wird dies im Ergebnis strafschärfend und nicht strafmildernd zu werten sein (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, BGHR § 370 Abs. 1 Strafzumessung 23). Dies gilt erst recht, wenn der Täter zur Täuschung der Finanzbehörden sein Verhalten gezielt verschleiert.
47
Hier hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung nicht zu dem der Zollbehörden ins Verhältnis gesetzt. Dies war rechtsfehlerhaft. Denn die Vorgehensweise der Tatbeteiligten zur Täuschung der Zollbehörden wurde nach dem Aufgriff des Tankwagens in Tschechien am 22. November 2010 sogar noch verfeinert. Gerade der Angeklagte sorgte dafür, dass in die Prüfberichte des Prüflabors von da an eine ausdrückliche Bestätigung aufgenommen wurde, dass es sich bei dem Produkt um Formenöl handele , welches den Produktanforderungen der Unterposition 2710 1999 der Kombi- nierten Nomenklatur entspreche. Dieser Umstand hatte auch für das Gewicht der Beihilfehandlungen des Angeklagten erhebliche Bedeutung.
48
ee) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne diese Rechtsfehler die Indizwirkung der Regelbeispiele besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung nicht verneint und die Einzelstrafen entweder dem gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO oder (unter Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes Beihilfe) dem Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO (ohne weitere Milderung gemäß §§ 27, 49 StGB) entnommen hätte.
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2. Der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz hat ebenfalls keinen Bestand. Die Handhabung der Härtevorschrift des § 73c StGB durch das Landgericht war rechtsfehlerhaft.
50
a) Die Annahme einer „unbilligen Härte“ im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB setzt nach ständiger Rechtsprechung eine Situation voraus, nach der die Anordnung des Verfalls das Übermaßverbot verletzen würde, also schlechthin „ungerecht“ wäre. Die Auswirkungen müssen im konkreten Einzel- fall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen; es müssen besondere Umstände vorliegen, auf Grund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, wistra 2009, 23).
51
b) Diesen Maßstäben werden die Erwägungen des Landgerichts zum Vorliegen einer „unbilligen Härte“ nicht gerecht.
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Das Landgericht hat zunächst die Beträge festgestellt, die der Angeklagte im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB für die von ihm begangenen Taten erhalten hat. Es hat sodann den Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) auf den Betrag von 30.000 Euro beschränkt. Als Begründung hierfür hat es lediglich angeführt, dass in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und des Umstands, dass er mit einer Inanspruchnahme für die Steuerschulden der Sy. aus § 71 AO zu rechnen habe, eine Verfallsanordnung in voller Höhe der erlangten Beträge für ihn eine unbillige Härte darstellen würde. Ohne nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten kann der Senat jedoch nicht feststellen, ob diese Wertung zutrifft.
53
3. Einer Aufhebung der dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht, da sie von den Wertungsfehlern und Erörterungsmängeln nicht betroffen sind, wegen derer das Urteil teilweise aufgehoben wird (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht hat mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehende ergänzende Feststellungen zu treffen. Im Hinblick auf die Frage des Verfalls wird es dabei insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten in den Blick nehmen.
Rothfuß Graf Jäger
Radtke Mosbacher

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 StR 142/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 StR 142/14 zitiert 18 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 51 Anrechnung


(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 2 Steuertarif


(1) Die Steuer beträgt 1.für 1 000 l Benzin der Unterpositionen 2710 12 41, 2710 12 45 und 2710 12 49 der Kombinierten Nomenklatur a) mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg669,80 EUR, b) mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg654,50 E

Abgabenordnung - AO 1977 | § 71 Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers


Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese n

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 4 Anwendungsbereich


Die folgenden Energieerzeugnisse unterliegen dem Steueraussetzungsverfahren (§ 5): 1. Waren der Positionen 1507 bis 1518 der Kombinierten Nomenklatur, die dazu bestimmt sind, als Kraft- oder Heizstoff verwendet zu werden,2. Waren der Unterpositionen

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 24 Begriffsbestimmungen, Erlaubnis


(1) Verfahren der Steuerbefreiung sind die steuerfreie Verwendung und die steuerfreie Verteilung. Energieerzeugnisse, die nach den §§ 25 bis 29 steuerfrei verwendet werden dürfen, können zu diesen Zwecken steuerfrei abgegeben werden. (2) Wer Ener

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 25 Steuerbefreiung für Verwendungen zu anderen Zwecken


(1) Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 dürfen steuerfrei verwendet werden zu anderen Zwecken als1.zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff,2.zur Herstellung von in § 4 genannten Kraft- oder Heizstoffen.Eine steuerfreie Verwendung ist ausgeschlossen,

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 23 Entstehung der Steuer für sonstige Energieerzeugnisse


(1) Für andere als in § 4 genannte Energieerzeugnisse, ausgenommen Kohle und Erdgas, entsteht die Steuer vorbehaltlich § 20 Abs. 1 dadurch, dass sie1.erstmals im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraf

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 30 Zweckwidrigkeit


(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich § 21 nach dem zutreffenden Steuersatz des § 2, wenn die Energieerzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung verwendet oder abgegeben werden, nicht in den Betrieb aufgenommen werden oder der

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(1) Die Steuer beträgt

1.für 1 000 l Benzin der Unterpositionen 2710 12 41, 2710 12 45 und 2710 12 49 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg
669,80 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg
654,50 EUR,
2.für 1 000 l Benzin der Unterpositionen 2710 12 31, 2710 12 51 und 2710 12 59 der Kombinierten Nomenklatur721,00 EUR,
3.für 1 000 l mittelschwere Öle der Unterpositionen 2710 19 21 und 2710 19 25 der Kombinierten Nomenklatur654,50 EUR,
4.für 1 000 l Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 und der Unterpositionen 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg
485,70 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg
470,40 EUR,
5.für 1 000 kg Heizöle der Unterpositionen 2710 19 62 bis 2710 19 68 und der Unterpositionen 2710 20 31 bis 2710 20 39 der Kombinierten Nomenklatur130,00 EUR,
6.für 1 000 l Schmieröle und andere Öle der Unterpositionen 2710 19 81 bis 2710 19 99 und 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur485,70 EUR,
7.für 1 MWh Erdgas und 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe31,80 EUR,
8.für 1 000 kg Flüssiggase
a)
unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen
409,00 EUR,
b)
andere
1 217,00 EUR,
9.für 1 GJ Kohle0,33 EUR,
10.für 1 GJ Petrolkoks der Position 2713 der Kombinierten Nomenklatur0,33 EUR.

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Steuer

1.
für 1 Megawattstunde Erdgas und 1 Megawattstunde gasförmige Kohlenwasserstoffe
a)
bis zum 31. Dezember 202313,90 EUR,
b)
vom 1. Januar 2024 bis
zum 31. Dezember 2024
18,38 EUR,
c)
vom 1. Januar 2025 bis
zum 31. Dezember 2025
22,85 EUR,
d)
vom 1. Januar 2026 bis
zum 31. Dezember 2026
27,33 EUR;
2.
für 1 000 kg Flüssiggase unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen
a)
bis zum 31. Dezember 2018180,32 EUR,
b)
vom 1. Januar 2019 bis
zum 31. Dezember 2019
226,06 EUR,
c)
vom 1. Januar 2020 bis
zum 31. Dezember 2020
271,79 EUR,
d)
vom 1. Januar 2021 bis
zum 31. Dezember 2021
317,53 EUR,
e)
vom 1. Januar 2022 bis
zum 31. Dezember 2022
363,94 EUR.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 beträgt die Steuer

1.für 1 000 l ordnungsgemäß gekennzeichnete Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 und der Unterpositionen 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur
a)
mit einem Schwefelgehalt von mehr als 50 mg/kg
76,35 EUR,
b)
mit einem Schwefelgehalt von höchstens 50 mg/kg
61,35 EUR,
2.für 1 000 kg Heizöle der Unterpositionen 2710 19 62 bis 2710 19 68 und der Unterpositionen 2710 20 31 bis 2710 20 39 der Kombinierten Nomenklatur25,00 EUR,
3.für 1 000 l Schmieröle und andere Öle der Unterpositionen 2710 19 81 bis 2710 19 99 und 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur61,35 EUR,
4.für 1 MWh Erdgas und 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe5,50 EUR,
5.für 1 000 kg Flüssiggase60,60 EUR,


wenn sie zum Verheizen oder zum Antrieb von Gasturbinen und Verbrennungsmotoren in begünstigten Anlagen nach den §§ 3 und 3a verwendet oder zu diesen Zwecken abgegeben werden. Nach Satz 1 versteuerte Energieerzeugnisse können auch aus dem Steuergebiet verbracht oder ausgeführt oder zu den in den §§ 25 bis 27 Absatz 1 und § 44 Absatz 2 genannten steuerfreien Zwecken abgegeben oder verwendet werden, soweit die Energieerzeugnisse von diesen Vorschriften erfasst werden; nach Satz 1 Nummer 4 versteuertes Erdgas kann darüber hinaus zu den in den §§ 25 und 26 genannten steuerfreien Zwecken abgegeben oder verwendet werden.

(4) Andere als die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse unterliegen der gleichen Steuer wie die Energieerzeugnisse, denen sie nach ihrem Verwendungszweck und ihrer Beschaffenheit am nächsten stehen. Zunächst ist der Verwendungszweck als Kraftstoff oder als Heizstoff zu bestimmen. Kann das Energieerzeugnis für diese Verwendung als Kraftstoff oder als Heizstoff durch eines der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse ersetzt werden, unterliegt es der gleichen Steuer wie das genannte Energieerzeugnis bei gleicher Verwendung. Kann das Energieerzeugnis für die festgestellte Verwendung nicht durch eines der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Energieerzeugnisse ersetzt werden, unterliegt es der gleichen Steuer, wie dasjenige der genannten Energieerzeugnisse, dem es nach seinem Verwendungszweck und seiner Beschaffenheit am nächsten steht. Werden Ölabfälle der Unterpositionen 2710 91 und 2710 99 der Kombinierten Nomenklatur oder andere vergleichbare Abfälle zu den in Absatz 3 genannten Zwecken verwendet oder abgegeben, sind abweichend von den Sätzen 1 bis 4 für den Vergleich mit der Beschaffenheit ausschließlich die in Absatz 1 Nummer 9 und 10 und Absatz 3 Satz 1 genannten Energieerzeugnisse heranzuziehen. Der Steuersatz nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 kommt nur bei einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung der Energieerzeugnisse zur Anwendung. Satz 6 gilt nicht für Biokraft- und Bioheizstoffe sowie Abfälle im Sinn des Satzes 5.

(4a) Abweichend von Absatz 4 Satz 1 bis 4 beträgt die Steuer für 1 Gigajoule feste Energieerzeugnisse 0,33 Euro, soweit diese auf Grund ihrer Beschaffenheit keinem der in Absatz 1 genannten Energieerzeugnisse sinnvoll zugeordnet werden können.

(5) Das zuständige Hauptzollamt kann in Einzelfällen auf Antrag die Steuer für Leichtöle und mittelschwere Öle bis auf 20 Euro für 1 000 Liter ermäßigen, wenn diese Öle bei der Herstellung oder beim Verbrauch von Energieerzeugnissen angefallen sind und im Betrieb verheizt werden, weil sie zur Verwendung als Kraftstoff oder zu einer steuerfreien Verwendung im Betrieb nicht geeignet sind.

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(1) Verfahren der Steuerbefreiung sind die steuerfreie Verwendung und die steuerfreie Verteilung. Energieerzeugnisse, die nach den §§ 25 bis 29 steuerfrei verwendet werden dürfen, können zu diesen Zwecken steuerfrei abgegeben werden.

(2) Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 verwenden will, bedarf der Erlaubnis als Verwender. Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 abgeben will, bedarf vorbehaltlich Absatz 3 der Erlaubnis als Verteiler.

(3) Einer Erlaubnis als Verteiler bedarf nicht der Inhaber eines Steuerlagers, soweit er Energieerzeugnisse aus dem Steuerlager zu steuerfreien Zwecken abgibt. In diesem Fall befinden sich die Energieerzeugnisse mit der Entfernung aus dem Steuerlager im Verfahren der Steuerbefreiung des Empfängers.

(4) Inhabern einer Erlaubnis nach Absatz 2 kann auch die Ausfuhr und das Verbringen von Energieerzeugnissen aus dem Steuergebiet erlaubt werden, sofern Steuerbelange nicht beeinträchtigt sind.

(5) Die Erlaubnis nach den Absätzen 2 und 4 wird auf Antrag unter Widerrufsvorbehalt Personen erteilt, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Sind Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar, ist die Erlaubnis von einer Sicherheit bis zur Höhe des Steuerwerts der voraussichtlich im Jahresdurchschnitt während zwei Monaten verwendeten oder verteilten Energieerzeugnisse abhängig. Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzung nach Satz 1 nicht mehr erfüllt ist oder eine angeforderte Sicherheit nicht geleistet wird. Die Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn eine geleistete Sicherheit nicht mehr ausreicht.

(6) Der Erlaubnisinhaber hat die Energieerzeugnisse, soweit er sie in seinem Betrieb verwenden will, unverzüglich aufzunehmen. Die Energieerzeugnisse dürfen nur zu dem in der Erlaubnis genannten Zweck verwendet oder abgegeben werden.

(1) Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 dürfen steuerfrei verwendet werden zu anderen Zwecken als

1.
zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff,
2.
zur Herstellung von in § 4 genannten Kraft- oder Heizstoffen.
Eine steuerfreie Verwendung ist ausgeschlossen, wenn in der Verwendung eine Herstellung nach § 6 liegt. Satz 2 gilt nicht, wenn zur Herstellung eines Energieerzeugnisses im Sinn des § 4 Waren der Unterpositionen 2710 12 21, 2710 12 25, 2710 19 29 und mittelschwere Öle der Unterposition 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur eingesetzt werden und diese im Sinn des § 4 Nr. 3 nicht unter Steueraussetzung befördert werden können.

(2) Energieerzeugnisse dürfen steuerfrei verwendet werden als Probe zu Untersuchungszwecken.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich § 21 nach dem zutreffenden Steuersatz des § 2, wenn die Energieerzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung verwendet oder abgegeben werden, nicht in den Betrieb aufgenommen werden oder der Verbleib der Energieerzeugnisse nicht festgestellt werden kann. Die Steuer entsteht nicht, wenn die Energieerzeugnisse untergegangen oder an Personen abgegeben worden sind, die zum Bezug von steuerfreien Energieerzeugnissen berechtigt sind. Darüber hinaus entsteht auch keine Steuer, wenn Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 an Steuerlagerinhaber abgegeben werden. Schwund steht dem Untergang gleich.

(2) Steuerschuldner ist der Erlaubnisinhaber, wenn er vor Entstehung der Steuer Besitz an den Energieerzeugnissen erlangt hat, sonst der Steuerlagerinhaber. Werden Energieerzeugnisse zu steuerfreien Zwecken an einen Nichtberechtigten abgegeben, ist daneben auch der Nichtberechtigte Steuerschuldner. Mehrere Steuerschuldner sind Gesamtschuldner. Der Steuerschuldner hat für Energieerzeugnisse, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort fällig. Das Hauptzollamt kann für Energieerzeugnisse, die entsprechend der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung verwendet worden sind, ohne dabei verbraucht zu werden, auf Antrag eine § 8 Absatz 3 bis 6 entsprechende Regelung treffen; § 6 Absatz 3 Satz 2 und 3 und § 8 Absatz 7 gelten sinngemäß.

(1) Für andere als in § 4 genannte Energieerzeugnisse, ausgenommen Kohle und Erdgas, entsteht die Steuer vorbehaltlich § 20 Abs. 1 dadurch, dass sie

1.
erstmals im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben werden,
2.
im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden, wenn eine Steuer nicht nach Nummer 1 entstanden ist,
3.
mit Energieerzeugnissen im Sinn des § 4 außerhalb eines Steuerlagers gemischt werden, wenn das Gemisch ein Energieerzeugnis im Sinn des § 4 ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird, oder
4.
mit versteuertem Erdgas gemischt werden, wenn das Gemisch Erdgas ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird.
Eine Abgabe im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff im Sinn des Satzes 1 Nummer 1 liegt auch dann vor, wenn der Verbleib der Energieerzeugnisse nicht festgestellt werden kann. Kann im Falle einer Abgabe nicht festgestellt werden, ob die Energieerzeugnisse als Kraftstoff oder als Heizstoff verwendet werden sollen, gelten sie als Kraftstoff abgegeben. Eine erstmalige Abgabe als Heizstoff liegt bei Energieerzeugnissen nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 dann nicht vor, wenn die Energieerzeugnisse zur Abfallentsorgung ausgesondert oder geliefert werden und nicht ausdrücklich eine Bestimmung als Heizstoff vorgenommen wird.

(1a) Die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 entsteht nicht, wenn der Steuerschuldner innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach der Abgabe nachweist, dass die Energieerzeugnisse aus dem Steuergebiet verbracht oder ausgeführt worden sind. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 auf Grund der Fiktion des Absatzes 1 Satz 2 entstanden ist.

(1b) Bei der Steuerentstehung nach Absatz 1 sind nachweisliche Vorversteuerungen anzurechnen. Die Steuer nach Absatz 1 entsteht nicht, wenn die Voraussetzungen eines Verfahrens der Steuerbefreiung (§ 24 Absatz 1) vorliegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Schmierstoffe zur Herstellung von Zweitaktergemischen,
2.
für Wasser zur Herstellung von Diesel-Wasser-Gemischen und
3.
für andere Energieerzeugnisse, die zur Verwendung als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen bestimmt sind und an ein Steuerlager im Steuergebiet abgegeben werden.

(3) Steuerschuldner ist

1.
im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 derjenige, der die Energieerzeugnisse abgibt, wenn dieser im Steuergebiet ansässig ist, andernfalls der Empfänger,
2.
im Übrigen derjenige, der eine der genannten Handlungen vornimmt.

(4) Wer Energieerzeugnisse nach Absatz 1 abgeben, beziehen oder verwenden will, hat dies dem zuständigen Hauptzollamt vorher anzuzeigen. Erfolgen die Handlungen nicht nur gelegentlich, kann das Hauptzollamt auf weitere Anzeigen verzichten.

(5) Für die nach Absatz 1 entstehende Steuer ist im Voraus Sicherheit zu leisten, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar sind.

(6) Der Steuerschuldner hat für Energieerzeugnisse, für die in einem Monat die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Für die Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und die Fälligkeit der Steuer gilt § 8 Abs. 3 bis 6 entsprechend. Wird das Verfahren nach Absatz 4 nicht eingehalten oder eine nach Absatz 5 angeforderte Sicherheit nicht geleistet, hat der Steuerschuldner für die entstandene Steuer unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort fällig.

(7) Wer Energieerzeugnisse im Sinn des Absatzes 4 Satz 2 nicht nur gelegentlich abgibt, kann den Nachweis nach Absatz 1a abweichend von dem dort genannten Zeitraum zusammen mit der Steuererklärung nach Absatz 6 Satz 1 und 2 erbringen. Absatz 5 gilt sinngemäß.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Die Steuer entsteht vorbehaltlich § 21 nach dem zutreffenden Steuersatz des § 2, wenn die Energieerzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung verwendet oder abgegeben werden, nicht in den Betrieb aufgenommen werden oder der Verbleib der Energieerzeugnisse nicht festgestellt werden kann. Die Steuer entsteht nicht, wenn die Energieerzeugnisse untergegangen oder an Personen abgegeben worden sind, die zum Bezug von steuerfreien Energieerzeugnissen berechtigt sind. Darüber hinaus entsteht auch keine Steuer, wenn Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 an Steuerlagerinhaber abgegeben werden. Schwund steht dem Untergang gleich.

(2) Steuerschuldner ist der Erlaubnisinhaber, wenn er vor Entstehung der Steuer Besitz an den Energieerzeugnissen erlangt hat, sonst der Steuerlagerinhaber. Werden Energieerzeugnisse zu steuerfreien Zwecken an einen Nichtberechtigten abgegeben, ist daneben auch der Nichtberechtigte Steuerschuldner. Mehrere Steuerschuldner sind Gesamtschuldner. Der Steuerschuldner hat für Energieerzeugnisse, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort fällig. Das Hauptzollamt kann für Energieerzeugnisse, die entsprechend der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung verwendet worden sind, ohne dabei verbraucht zu werden, auf Antrag eine § 8 Absatz 3 bis 6 entsprechende Regelung treffen; § 6 Absatz 3 Satz 2 und 3 und § 8 Absatz 7 gelten sinngemäß.

(1) Für andere als in § 4 genannte Energieerzeugnisse, ausgenommen Kohle und Erdgas, entsteht die Steuer vorbehaltlich § 20 Abs. 1 dadurch, dass sie

1.
erstmals im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben werden,
2.
im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden, wenn eine Steuer nicht nach Nummer 1 entstanden ist,
3.
mit Energieerzeugnissen im Sinn des § 4 außerhalb eines Steuerlagers gemischt werden, wenn das Gemisch ein Energieerzeugnis im Sinn des § 4 ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird, oder
4.
mit versteuertem Erdgas gemischt werden, wenn das Gemisch Erdgas ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird.
Eine Abgabe im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff im Sinn des Satzes 1 Nummer 1 liegt auch dann vor, wenn der Verbleib der Energieerzeugnisse nicht festgestellt werden kann. Kann im Falle einer Abgabe nicht festgestellt werden, ob die Energieerzeugnisse als Kraftstoff oder als Heizstoff verwendet werden sollen, gelten sie als Kraftstoff abgegeben. Eine erstmalige Abgabe als Heizstoff liegt bei Energieerzeugnissen nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 dann nicht vor, wenn die Energieerzeugnisse zur Abfallentsorgung ausgesondert oder geliefert werden und nicht ausdrücklich eine Bestimmung als Heizstoff vorgenommen wird.

(1a) Die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 entsteht nicht, wenn der Steuerschuldner innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach der Abgabe nachweist, dass die Energieerzeugnisse aus dem Steuergebiet verbracht oder ausgeführt worden sind. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 auf Grund der Fiktion des Absatzes 1 Satz 2 entstanden ist.

(1b) Bei der Steuerentstehung nach Absatz 1 sind nachweisliche Vorversteuerungen anzurechnen. Die Steuer nach Absatz 1 entsteht nicht, wenn die Voraussetzungen eines Verfahrens der Steuerbefreiung (§ 24 Absatz 1) vorliegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Schmierstoffe zur Herstellung von Zweitaktergemischen,
2.
für Wasser zur Herstellung von Diesel-Wasser-Gemischen und
3.
für andere Energieerzeugnisse, die zur Verwendung als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen bestimmt sind und an ein Steuerlager im Steuergebiet abgegeben werden.

(3) Steuerschuldner ist

1.
im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 derjenige, der die Energieerzeugnisse abgibt, wenn dieser im Steuergebiet ansässig ist, andernfalls der Empfänger,
2.
im Übrigen derjenige, der eine der genannten Handlungen vornimmt.

(4) Wer Energieerzeugnisse nach Absatz 1 abgeben, beziehen oder verwenden will, hat dies dem zuständigen Hauptzollamt vorher anzuzeigen. Erfolgen die Handlungen nicht nur gelegentlich, kann das Hauptzollamt auf weitere Anzeigen verzichten.

(5) Für die nach Absatz 1 entstehende Steuer ist im Voraus Sicherheit zu leisten, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar sind.

(6) Der Steuerschuldner hat für Energieerzeugnisse, für die in einem Monat die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Für die Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und die Fälligkeit der Steuer gilt § 8 Abs. 3 bis 6 entsprechend. Wird das Verfahren nach Absatz 4 nicht eingehalten oder eine nach Absatz 5 angeforderte Sicherheit nicht geleistet, hat der Steuerschuldner für die entstandene Steuer unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort fällig.

(7) Wer Energieerzeugnisse im Sinn des Absatzes 4 Satz 2 nicht nur gelegentlich abgibt, kann den Nachweis nach Absatz 1a abweichend von dem dort genannten Zeitraum zusammen mit der Steuererklärung nach Absatz 6 Satz 1 und 2 erbringen. Absatz 5 gilt sinngemäß.

Die folgenden Energieerzeugnisse unterliegen dem Steueraussetzungsverfahren (§ 5):

1.
Waren der Positionen 1507 bis 1518 der Kombinierten Nomenklatur, die dazu bestimmt sind, als Kraft- oder Heizstoff verwendet zu werden,
2.
Waren der Unterpositionen 2707 10, 2707 20, 2707 30 und 2707 50 der Kombinierten Nomenklatur,
3.
Waren der Unterpositionen 2710 12 bis 2710 19 68 und der Unterpositionen 2710 20 bis 2710 20 39 und mittelschwere Öle der Unterposition 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur; für die Beförderung unter Steueraussetzung gilt dies für Waren der Unterpositionen 2710 12 21, 2710 12 25, 2710 19 29 und mittelschwere Öle der Unterposition 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur nur dann, wenn sie als lose Ware befördert werden,
4.
Waren der Position 2711 der Kombinierten Nomenklatur mit Ausnahme der Unterpositionen 2711 11, 2711 21 und 2711 29 der Kombinierten Nomenklatur,
5.
Waren der Unterposition 2901 10 der Kombinierten Nomenklatur,
6.
Waren der Unterpositionen 2902 20, 2902 30, 2902 41, 2902 42, 2902 43 und 2902 44 der Kombinierten Nomenklatur,
7.
Waren der Unterposition 2905 11 00 der Kombinierten Nomenklatur, die nicht von synthetischer Herkunft sind und die dazu bestimmt sind, als Kraft- oder Heizstoff verwendet zu werden,
8.
Waren der Unterpositionen 3811 11 10, 3811 11 90, 3811 19 00 und 3811 90 00 der Kombinierten Nomenklatur,
9.
Waren der Unterpositionen
a)
3824 99 86, 3824 99 93,
b)
3824 99 92 und 3824 99 96 (jeweils ausgenommen zubereitete Rostschutzmittel, Amine als wirksame Bestandteile enthaltend, sowie zusammengesetzte anorganische Löse- und Verdünnungsmittel für Lacke und ähnliche Erzeugnisse),
c)
3826 00 10 und 3826 00 90
der Kombinierten Nomenklatur, die dazu bestimmt sind, als Kraft- oder Heizstoff verwendet zu werden.

(1) Für andere als in § 4 genannte Energieerzeugnisse, ausgenommen Kohle und Erdgas, entsteht die Steuer vorbehaltlich § 20 Abs. 1 dadurch, dass sie

1.
erstmals im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben werden,
2.
im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden, wenn eine Steuer nicht nach Nummer 1 entstanden ist,
3.
mit Energieerzeugnissen im Sinn des § 4 außerhalb eines Steuerlagers gemischt werden, wenn das Gemisch ein Energieerzeugnis im Sinn des § 4 ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird, oder
4.
mit versteuertem Erdgas gemischt werden, wenn das Gemisch Erdgas ist und als Kraft- oder Heizstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen abgegeben oder verwendet wird.
Eine Abgabe im Steuergebiet als Kraft- oder Heizstoff im Sinn des Satzes 1 Nummer 1 liegt auch dann vor, wenn der Verbleib der Energieerzeugnisse nicht festgestellt werden kann. Kann im Falle einer Abgabe nicht festgestellt werden, ob die Energieerzeugnisse als Kraftstoff oder als Heizstoff verwendet werden sollen, gelten sie als Kraftstoff abgegeben. Eine erstmalige Abgabe als Heizstoff liegt bei Energieerzeugnissen nach § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 dann nicht vor, wenn die Energieerzeugnisse zur Abfallentsorgung ausgesondert oder geliefert werden und nicht ausdrücklich eine Bestimmung als Heizstoff vorgenommen wird.

(1a) Die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 entsteht nicht, wenn der Steuerschuldner innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach der Abgabe nachweist, dass die Energieerzeugnisse aus dem Steuergebiet verbracht oder ausgeführt worden sind. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen die Steuer nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 auf Grund der Fiktion des Absatzes 1 Satz 2 entstanden ist.

(1b) Bei der Steuerentstehung nach Absatz 1 sind nachweisliche Vorversteuerungen anzurechnen. Die Steuer nach Absatz 1 entsteht nicht, wenn die Voraussetzungen eines Verfahrens der Steuerbefreiung (§ 24 Absatz 1) vorliegen.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Schmierstoffe zur Herstellung von Zweitaktergemischen,
2.
für Wasser zur Herstellung von Diesel-Wasser-Gemischen und
3.
für andere Energieerzeugnisse, die zur Verwendung als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraft- oder Heizstoffen bestimmt sind und an ein Steuerlager im Steuergebiet abgegeben werden.

(3) Steuerschuldner ist

1.
im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 derjenige, der die Energieerzeugnisse abgibt, wenn dieser im Steuergebiet ansässig ist, andernfalls der Empfänger,
2.
im Übrigen derjenige, der eine der genannten Handlungen vornimmt.

(4) Wer Energieerzeugnisse nach Absatz 1 abgeben, beziehen oder verwenden will, hat dies dem zuständigen Hauptzollamt vorher anzuzeigen. Erfolgen die Handlungen nicht nur gelegentlich, kann das Hauptzollamt auf weitere Anzeigen verzichten.

(5) Für die nach Absatz 1 entstehende Steuer ist im Voraus Sicherheit zu leisten, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar sind.

(6) Der Steuerschuldner hat für Energieerzeugnisse, für die in einem Monat die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Für die Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und die Fälligkeit der Steuer gilt § 8 Abs. 3 bis 6 entsprechend. Wird das Verfahren nach Absatz 4 nicht eingehalten oder eine nach Absatz 5 angeforderte Sicherheit nicht geleistet, hat der Steuerschuldner für die entstandene Steuer unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Die Steuer ist sofort fällig.

(7) Wer Energieerzeugnisse im Sinn des Absatzes 4 Satz 2 nicht nur gelegentlich abgibt, kann den Nachweis nach Absatz 1a abweichend von dem dort genannten Zeitraum zusammen mit der Steuererklärung nach Absatz 6 Satz 1 und 2 erbringen. Absatz 5 gilt sinngemäß.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 226/13
vom
13. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2013 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Januar 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Höhe der Steuerverkürzungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten macht ein Verfahrenshindernis geltend und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch und zur Zurückverweisung der Sache insoweit an das Landgericht (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen hat die Revision des Angeklagten keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts befasst sich der Angeklagte mit dem Bau und der Vermarktung von Hochseekatamaranen. Die Organisation dieses Unternehmens wird von zahlreichen Firmen getragen, die ihren Sitz überwiegend in sog. Steueroasen haben und die der Angeklagte durch Treuhänder führen lässt. Der Angeklagte zog Anfang 2004 von Lübeck nach Monaco um, wo er bis längstens September 2008 ansässig war. Anschließend übersiedelte er in die Schweiz. Er ist nach wie vor deutscher Staatsangehöriger.
3
1. Im Jahr 2004 erhielt der Angeklagte von seinem Vater im Wege mehrerer Schenkungen Teile von dessen Privatvermögen. Es handelte sich dabei um eine Off-shore-Gesellschaft in der Gesellschaftsform einer Limited , ein Bankkonto und ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtwert von 6.762.730,42 Euro. Im Juli 2007 übertrug ihm sein Vater im Wege der Schenkung ein Luxus-Penthouse in Monaco im Wert von 5 Mio. Euro.
4
2. Dem Angeklagten war „von Beginn an“ bewusst, dass er die erhalte- nen Schenkungen in Deutschland „zu versteuern“ hatte und sie dazu binnen einer Frist von drei Monaten bei dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt deklarieren musste. Dennoch unterließ er diese Anzeige , weil er mit Steuerschulden in Millionenhöhe rechnete. Er verkürzte hierdurch im Jahr 2004 Schenkungsteuer in Höhe von 1.508.271 Euro und im Jahr 2007 von weiteren 1.150.000 Euro.
5
3. Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens im August 2011 leistete der Angeklagte umfangreiche Aufklärungshilfe und ließ durch einen Schriftsatz seiner Anwälte die Schenkungen und deren Wert bestätigen. Die Steuerschuld aus den Schenkungen tilgte der Angeklagte nach Festsetzung durch die Finanzbehörden.

II.


6
Die Taten sind nicht verjährt. Auch für die Hinterziehung von Schenkungsteuer im Jahr 2004 ist die Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten.
7
1. Zwar betrug die Verjährungsfrist für diese Tat zunächst nur fünf Jahre (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), die bei Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) bereits verstrichen gewesen wären (zum Fristbeginn bei Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2011 - 1 StR 631/10, Rn. 41 ff., BGHSt 56, 298, 312). Die Verjährungsfrist hatte sich jedoch durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I, 2794, 2828) für die in den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO genannten Fällen auf zehn Jahre erhöht (§ 376 Abs. 1 AO).
8
2. Die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO liegen hier vor, denn die Tat erfüllt das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (Steuerverkürzung in großem Ausmaß). Der Umstand, dass dieses Regelbeispiel bis zur Änderung durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198, 3209) und damit zum Zeitpunkt der Tatbeendigung enger gefasst war - es enthielt noch das einschränkende Merkmal des Handelns aus grobem Eigennutz -, steht der Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 StR 73/13 mit Nachweisen zum Meinungsstand in der Literatur). Maßgeblich ist allein, dass die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO erfüllt sind und die Tat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verjährungsvorschrift (vgl. Art. 97 § 23 EGAO) noch nicht verjährt war (BGH aaO).
Beides ist hier der Fall. Damit kommt die zehnjährige Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO unabhängig davon zur Anwendung, ob die Tat zum Zeitpunkt der Tatbegehung eines der Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Satz 2 AO erfüllt hat, namentlich, ob der Angeklagte „aus grobem Eigennutz“ i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF gehandelt hat.

III.


9
Die Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insbesondere führen die Verfahrensrügen zu keinem weitergehenden Erfolg.
10
1. Den weitgehend identischen Verfahrensrügen liegt Folgendes zu Grunde:
11
Drei Beweisanträge mit insgesamt 66 Beweisbehauptungen waren auf den Nachweis gerichtet, dass der Angeklagte niemals sein Vermögen vor dem deutschen Fiskus verschleiert hat. In der Begründung der Anträge wird auf ein in den Gerichtsakten befindliches Schreiben der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts an die Staatsanwaltschaft verwiesen. Darin wird näher geschildertes Verhalten des Angeklagten als verschleiernd bewertet und gefolgert, sol- ches Verhalten lasse „einen konkreten Schluss auf die Gesinnung des Beschuldigten bei Tatbegehung zu“. Die Beweisanträge sehen diese Bewertung als bedeutsam für Vorsatz und Strafzumessung (grober Eigennutz) an; könne dagegen nicht von Verschleierungshandlungen ausgegangen werden, so wird im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, sei der auf die gegenteilige Annahme gestützten Bewertung der Ermittlungsbehörden der Boden entzogen.
12
Die Strafkammer hat die Anträge als bedeutungslos zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Verschleierungshandlungen seien weder Tatbestandsmerkmal für die Hinterziehung von Schenkungsteuer noch notwendiges Indiz für groben Eigennutz.
13
2. Der Schuldspruch hat Bestand.
14
a) Die Verfahrensrügen, die für den Schuldspruch allein unter dem Blickwinkel des Vorsatzes Bedeutung haben, greifen nicht durch.
15
Im Ansatz zutreffend hat die Revision ausgeführt und belegt, dass die Ablehnung eines Beweisantrags als bedeutungslos regelmäßig eine konkretisierte Begründung erfordert. Es kann jedoch letztlich auf sich beruhen, ob der Hinweis des Gerichts, Verschleierung betreffe kein Tatbestandsmerkmal, diesen Anforderungen genügt: Wenn der Beweisantrag auf eine bestimmte beweiswürdigende Schlussfolgerung der Ermittlungsbehörden Bezug nimmt (Vorsatz ergebe sich aus der Verschleierung) und andererseits der Ablehnungsbeschluss die dieser Schlussfolgerung zu Grunde liegende Tatsachenbewertung (Verschleierung) für bedeutungslos erklärt, so bringt dies mit noch hinlänglicher Klarheit zum Ausdruck, dass das Gericht die Auffassung der Ermittlungsbehörden , die durch die Anträge widerlegt werden soll, im Ergebnis nicht teilt, letztlich also der Sache nach dem Antrag folgt.
16
Unabhängig davon kann aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine (möglicherweise) unzulängliche Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags dann unschädlich sein, wenn den Urteilsgründen im Ergebnis die Beweisbehauptungen zu Grunde liegen (BGH, Beschluss vom 29. April 2010 - 1 StR 644/09, wistra 2010, 410, 412). Entsprechendes gilt hier, da die Strafkammer auch im Urteil einer Schlussfolgerung der Ermittlungsbe- hörden, der durch die Beweisanträge die Grundlage entzogen werden sollte, nicht gefolgt ist. Die Annahme, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt, ist vielmehr ausschließlich auf Indizien gestützt, die mit der Frage, ob er verschleiernde Maßnahmen ergriffen hat, in keinem Zusammenhang stehen.
17
b) Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Auch vom Tatvorsatz des Angeklagten hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei überzeugt. Die in einem „Exkurs“ enthaltenen Urteilsausführungen (UA S. 10 f.) zur Abgrenzung von Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) und Verbotsirrtum (§ 17 StGB) sind überflüssig; sie gefährden den Bestand des Urteils nicht, weil sich das Landgericht ohne Rechtsfehler davon überzeugt hat, dass der Angeklagte keinem Irrtum unterlegen ist (UA S. 10).
18
c) Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Hinterziehung von Schenkungsteuer in zwei Fällen. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte als Beschenkter (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG) die von seinem Vater in den Jahren 2004 und 2007 erhaltenen Schenkungen den deutschen Finanzbehörden nicht gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG angezeigt, obwohl die Wegverlegung seines Wohnsitzes aus Deutschland mit dauerndem Aufenthalt im Ausland noch nicht fünf Jahre zurücklag (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG). Dabei war ihm bewusst, dass er diese Schenkungen in Deutschland binnen einer Frist von drei Monaten nach Ausführung der jeweiligen Zuwendung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) bei dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen hatte (UA S. 6). Er rechnete mit Steuerschulden in Millionenhöhe.
19
3. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand und ist aufzuheben.
20
a) Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127; jeweils mwN).
21
b) Solche Rechtsfehler liegen hier vor.
22
Soweit sich die Verfahrensrügen auf die Annahme von grobem Eigennutz beziehen, gilt allerdings letztlich Vergleichbares wie hinsichtlich des Vorsatzes (vgl. oben Abschnitt III. 2. Buchst. a). Es ist nicht ersichtlich, dass die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz gehandelt , (auch) auf Gesichtspunkte gestützt wäre, die mit Verschleierungshandlungen zusammenhängen. Der Strafausspruch kann aber dennoch keinen Bestand haben, weil die Bestimmung des Strafrahmens teilweise auf lückenhafter Tatsachengrundlage und im Übrigen auf einer nicht rechtsfehlerfreien Würdigung der Feststellungen beruht.
23
aa) Das Landgericht hat angenommen, dass die in den Jahren 2004 und 2007 begangenen Steuerhinterziehungen mit einem Hinterziehungsumfang von 1.508.271 Euro und 1.150.000 Euro dem Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO entsprechen. Es hat dabei die Taten - im Ansatz zutreffend - an der zu den Tatzeiten und noch bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung dieser Vorschrift gemessen, bei der das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO neben der Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß auch noch ein Handeln aus grobem Eigennutz verlangte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1985 - 4 StR 219/85, NStZ 1985, 459). Das Landgericht hat deshalb jeweils den erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO zugrunde gelegt - er reicht von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe - und für die Taten Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.
24
bb) Grob eigennützig handelt, wer sich bei seinem Verhalten von dem Streben nach Vorteil in besonders anstößigem Maße leiten lässt. Dabei muss das Gewinnstreben des Täters das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1984 - 2 StR 220/84, NJW 1985, 208; Urteil vom 20. November 1990 - 1 StR 548/90, wistra 1991, 106; Urteil vom 23. Januar 1991 - 3 StR 365/90, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 4; Urteil vom 24. Juli 1985 - 3 StR 191/85, wistra 1985, 228). Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, hat das Tatgericht einen vom Revisionsgericht hinzunehmenden Beurteilungsspielraum (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1984 - 2 StR 220/84, NJW 1985, 208; BGH, Urteil vom 7. November 1986 - 2 StR 280/86, wistra 1987, 71). Erforderlich ist jedoch eine vom Tatgericht vorzunehmende Gesamtbetrachtung sämtlicher Tatumstände, namentlich der vom Täter gezogenen Vorteile, der Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung und des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. Diese Umstände müssen im Zusammenhang gesehen und daraufhin überprüft werden, ob sie den Schluss auf groben Eigennutz des Täters rechtfertigen (vgl. BGH, Be- schluss vom 22. Juni 1990 - 3 StR 471/89, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 3 mwN).
25
cc) Diesen Anforderungen wird die Würdigung des Gewinnstrebens des Angeklagten durch das Landgericht nicht gerecht.
26
(1) Allerdings ist es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dem sehr großen Ausmaß der hinterzogenen Steuer indizielle Wirkung für die Annahme eines grob eigennützigen Verhaltens des Täters beigemessen hat. Denn der Umfang der verkürzten Steuern lässt je nach den Umständen des Einzelfalls Rückschlüsse auf das Maß des Gewinnstrebens des Täters zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 1990 - 3 StR 471/89, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 3, und vom 13. Januar 1993 - 5 StR 466/92, wistra 1993, 109). Auch durfte das Landgericht in den Blick nehmen, dass der Angeklagte zur Entrichtung der Schenkungsteuer finanziell ohne weiteres in der Lage gewesen wäre.
27
(2) Die vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Tatumstände kann gleichwohl keinen Bestand haben. Denn das Landgericht hat die Annahme , der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz gehandelt, letztlich allein auf die Höhe des dem Angeklagten nach Abzug der geschuldeten Schenkungsteuer noch verbleibenden Rests der Schenkungen gestützt. Es hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass der Angeklagte auch bei Abführung der Steuern „ein sehr reicher Mann“ geblieben wäre und „in Saus und Braus“ hätte leben können (UA S. 15).
28
Der Umstand, dass der Angeklagte in der Lage war, aus legal durch Schenkungen erworbenem Vermögen die Schenkungsteuer ohne Einbußen in seiner Lebensführung zu entrichten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 132), belegt groben Eigennutz für sich allein indes nicht. Zudem kommt es für die Frage, ob der Angeklagte aus grobem Eigennutz gehandelt hat, nicht auf die Höhe der erhaltenen Schenkungen an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Angeklagte gerade hinsichtlich der verkürzten Steuern von besonders anstößigem Gewinnstreben hat leiten lassen. Hierzu hätte das Landgericht eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, die für die Beurteilung des Maßes des Gewinnstrebens des Angeklagten von Bedeutung sein konnten, vornehmen müssen. Zu diesen Umständen gehören neben den vom Täter gezogenen Vorteilen auch Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung sowie des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. An einer solchen Gesamtbetrachtung fehlt es hier. Feststellungen zur Handlungsmotivation des Angeklagten, etwa Geldgier, fehlen gänzlich. Somit ist die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Steuern hinterzogen und daran anknüpfend die Annahme besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO nicht rechtsfehlerfrei begründet.
29
dd) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten auf der rechtsfehlerhaften Begründung der Strafrahmenwahl beruht. Zwar liegt bei sehr hohen Hinterziehungsbeträgen die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß § 370 Abs. 3 Satz 1 AO auch dann nicht fern, wenn ein Regelbeispiel nach der zur Tatzeit geltenden Fassung nicht gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. August 2012 - 1 StR 257/12, Rn. 29, wistra 2013, 28; Beschluss vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, Rn. 22, NJW 2009, 690). Auch die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung bedürfte jedoch einer fehlerfreien Gesamtwürdigung aller bestimmenden Strafzumessungserwägungen durch das Tatgericht, an der es hier gerade fehlt. Es bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Strafzumessung.
30
4. Die aufgezeigten Mängel betreffen weder die Feststellungen zum Wert der Schenkungen noch die auf dieser Grundlage festgestellte Höhe der hinterzogenen Steuern (Schuldumfang). Da diese Feststellungen auch sonst rechtsfehlerfrei sind, können sie bestehen bleiben.
31
5. Hinsichtlich der bisher unterbliebenen Festsetzung des Anrechnungsmaßstabs für Auslieferungshaft weist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts hin.
Wahl RiBGH Rothfuß ist urlaubs- Graf abwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Wahl Jäger Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 525/11
vom
7. Februar 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung „in Millionenhöhe“
(Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR
416/08, BGHSt 53, 71).
BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin - in der Verhandlung -
als Verteidigerin des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 8. April 2011 im gesamten Strafausspruch aufgehoben, soweit es den Angeklagten G. betrifft. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den Strafausspruch beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft sachlich-rechtliche Fehler bei der Strafzumessung zum Vorteil des Angeklagten. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Den Urteilsfeststellungen liegen zwei Taten zugrunde: Die Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2002 und von Lohnsteuer für den Mo- nat Oktober 2006. Zum Tatgeschehen hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
3
a) Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2002
4
Der Angeklagte war im Jahr 2001 Gesellschafter und Geschäftsführer der von ihm mitgegründeten P. (im Folgenden: P. GmbH). Am Stammkapital der Gesellschaft war der Angeklagte mit 25% beteiligt. DieP. GmbH hielt wiederum 49% der Anteile der P B. GmbH.
5
Die Geschäftsanteile an beiden Gesellschaften veräußerte der Angeklagte in den Jahren 2001 und 2002 für einen Kaufpreis von 80 Mio. DM an die in Luxemburg ansässige T. AG, wobei die Anteile auf deren Veranlassung auf zwei andere in Luxemburg und in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaften übertragen wurden. Aus diesem Veräußerungsgeschäft erhielt der Angeklagte von der T. AG und von Mitgesellschaftern der P. GmbH im Jahr 2002 folgende Zuwendungen: Für seine eigenen Gesellschaftsanteile erhielt er von der T. AG einen Kaufpreis von 28,8 Mio. DM. Daneben zahlten ihm zwei Mitgesellschafter der P. GmbH je 300.000 DM als „Auskehrung Kaufpreis“. Zusätzlich zum Kaufpreis wurden ihm vom „verantwortlichen“ Gesellschafter der T. AG Aktien dieser Ge- sellschaft im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür zugewendet, dass er der T. AG den Kauf auch der übrigen Gesellschaftsanteile der P. GmbH sowie der P. B. GmbH ermöglicht hatte; diese Gegenleistung liegt der ersten Tat zugrunde.
6
Um „in den Vorzugder Versteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren zu gelangen“, bezeichneteder Angeklagte im Februar 2004 in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 das ihm zugewendete Aktienpaket der T. AG als weiteres Kaufpreiselement für die Veräußerung der Geschäftsanteile neben dem „eigentlichen“ Veräußerungserlös und den Zuwendungen der Mitgesellschafter. Dabei unterließ er es bewusst, dem Finanzamt die der Übertragung des Aktienpakets zugrunde liegende Vereinbarung vom 24. Januar 2001 über die „Zahlung“ von 7,2 Mio. DM vorzulegen, um die Fi- nanzbehörden hierüber in Unkenntnis zu lassen. Die unrichtige Bezeichnung der Einkünfte als Teil des Veräußerungserlöses hatte zur Folge, dass auch diese Einkünfte (gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG aF i.V.m. § 17 Abs. 2 EStG) dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren unterworfen wurden. Tatsächlich handelte es sich bei der Übertragung der Aktien aber nicht um einen Veräußerungserlös gemäß § 17 EStG, sondern um Provisionszahlungen, die als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG in vollem Umfang zu versteuern gewesen wären. Aufgrund der unrichtigen Qualifizierung der Einkünfte als Veräußerungserlöse wurde die Einkommensteuer in dem im April 2004 erlassenen Einkommensteuerbescheid 2002 um einen Betrag von 892.715 € zu niedrig festgesetzt, der hierdurch verkürzt wurde.
7
b) Hinterziehung von Lohnsteuer für den Monat Oktober 2006
8
Auch nach der Veräußerung seiner Geschäftsanteile war der Angeklagte noch im Jahr 2006 Geschäftsführer der P. GmbH. Ihm standen aus seinem Geschäftsführeranstellungsvertrag Tantiemenzahlungen zu. Diese Zahlungen hatte er in die Lohnsteueranmeldungen gemäß § 41a Abs. 1 Nr. 1 EStG aufzunehmen, für deren Richtigkeit er als Geschäftsführer verantwortlich war.
9
Um der P. GmbH Lohnsteuer und sich selbst später Einkom- mensteuer „zu ersparen“, kam der Angeklagte auf die Idee, die Auszahlung dieser Tantiemen nicht direkt an sich vorzunehmen, sondern als angebliche Schenkungen der Gesellschaft an seine Söhne bzw. seine Ehefrau „zu kaschie- ren“. Hierzu ließ er sich von seinem- hierfür mittlerweile wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilten - Steuerberater beraten. Dieser stellte dem Angeklagten eine Übersicht über Freibeträge und Steuersätze bei der Schenkungsteuer zur Verfügung, woraus sich der Angeklagte eine Steuerbelastung von nur etwa 21,9% errechnete.
10
In der Folgezeit verhandelte der Angeklagte mit Vertretern der neuen Gesellschafterin der P. GmbH, der R. AG mit Sitz in Luxemburg, über „gesplittete Zahlungen“ an seine Ehefrau und seine beiden Söhne im Gegenzug zur Abgabe einer formalen Verzichtserklärung im Hinblick auf die Tantiemenansprüche. Nach einem Hinweis, dass die Verzichtserklärung „auf Januar 2005 zurückdatiert werden müsse“, legte der Steuerberater eine unzutreffend auf Januar 2005 datierte Verzichtserklärung vor. Gleichzeitig machte er in Absprache mit dem Angeklagten die Gegenzeichnung der Verzichtserklärung davon abhängig, dass der Geldeingang an die Söhne bzw. die Ehefrau erfolgte. Tatsächlich wurde die Verzichtserklärung erst im November 2006 unterzeichnet. Bereits im Oktober 2006 erhielten die Söhne des Angeklagten von der R. AG vereinbarungsgemäß Überweisungen von jeweils 260.000 € und die Ehefrau des Angeklagten eine solche in Höhe von 53.500 €. Sowohl die Söhne als auch die Ehefrau erklärten die ihnen zu- gewendeten Beträge als Schenkungen der R. AG, für die - später berichtigte - Schenkungsteuer von insgesamt 125.356 € entrichtet wurde.
11
Demgegenüber unterließ der Angeklagte in der Lohnsteueranmeldung für den Monat Oktober 2006, die ihm zugewendeten Tantiemenzahlungen in Höhe von 573.500 € zu erklären. Hierdurch wurde – mit der Absicht einer Hinterziehung auf Dauer – Lohnsteuer in Höhe von 240.870 € verkürzt. Der steuerlich beratene Angeklagte wusste hierbei, dass die Verzichtserklärung und die Gestaltung der Tantiemenzahlungen über das Konstrukt von Schenkungen lediglich dazu dienten, die mit der Tantiemenzahlung verbundene Steuerbelastung zu verringern und Steuern in entsprechender Höhe zu hinterziehen.
12
2. Das Landgericht hat gegen den geständigen Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten (Einkommensteuerhinterziehung 2002) sowie von zehn Monaten (Lohnsteuerhinterziehung Oktober 2006) verhängt und hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat es eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt, weil der Anspruch des Angeklagten auf Behandlung der Strafsache binnen angemessener Frist aus Art. 6 Abs.1 MRK dadurch verletzt worden sei, dass das Verfahren nach Eingang der Anklage und schriftlicher Stellungnahme des Angeklagten im Zeitraum zwischen November 2009 und Anfang Januar 2011 nicht gefördert worden sei.
13
Das Landgericht hat in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung angenommen, weil mit Verkürzungsbeträgen von 892.715 € und 240.870 € jeweils im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO Steuern in großem Ausmaß verkürzt worden seien, und hat deshalb die Einzelstrafen jeweils dem erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe entnommen.
14
Im Rahmen der Zumessung der Einzelstrafen hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten die hohen Steuerschäden und im Fall der Lohnsteuerhinterziehung die Vertuschung durch eine falsch datierte Verzichtserklärung gewertet. Zu seinen Gunsten hat es sein Geständnis, die von ihm ausgesprochene Entschuldigung, die vollständige Schadenswiedergutmachung, vorhandene psychische Belastungen des Angeklagten einschließlich der ihn belasten- den Verfahrensdauer von dreieinhalb Jahren und den Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Bei der Einkommensteuerhinterziehung hat das Landgericht darüber hinaus strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte „durch einen Steuerberater begleitet wurde und insofern nur von bedingtem Vorsatz auszugehen“ sei. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Strafkammer auch gewertet, dass er die erhaltene Provision der steuerlichen Veranlagung nicht gänzlich entzogen hat und sie sich nicht geheim (z.B. im Ausland) hat auszahlen lassen. Bei der Lohnsteuerhinterziehung hat sie zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die geleisteten Zahlungen bei seinen Angehörigen der Schenkungsteuer unterworfen wurden.
15
Bei der Gesamtstrafenbildung hat das Landgericht insbesondere die „deutlich erkennbare Reue“ des Angeklagtenund den Umstand berücksichtigt, dass er durch das Verfahren „weit überdurchschnittlich beeindruckt und beeinflusst“ gewesen sei. Die „trotz des fehlenden zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs“ noch verhängte Bewährungsstrafe begründet das Landgerichtdamit , „dass eine höhere als die erkannte Gesamtfreiheitstrafe bei positiver Aus- setzungsprognose nicht mehr hätte ausgesetzt werden können“.

II.

16
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
17
Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320 mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verlet- zung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, GS, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04).
18
Solche Rechtsfehler liegen hier indes vor; sowohl die Einzelfreiheitsstrafen als auch die Gesamtfreiheitsstrafe können keinen Bestand haben. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen können demgegenüber bestehen bleiben , da hier lediglich Wertungsfehler vorliegen.
19
1. Das Landgericht hat bereits bei der Zumessung der Einzelstrafen unzutreffende Maßstäbe angelegt; auch unter Zugrundelegung des dargelegten eingeschränkten Prüfungsmaßstabes halten die Einzelstrafaussprüche daher rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
20
a) Soweit das Landgericht hinsichtlich der Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 2002 (der ersten Tat) zugunsten des Angeklagten gewertet hat, dass er seine Vermittlungsprovision der steuerlichen Veranlagung nicht gänzlich entzogen und sie sich nicht geheim (z.B. im Ausland) hat auszahlen lassen, zeigt es keinen Strafmilderungsgrund auf. Wäre der Angeklagte so wie vom Landgericht beschrieben vorgegangen, wäre der Steuerschaden deutlich höher gewesen. Bei der Bemessung der Strafe, der das Landgericht zutref- fend nur den tatsächlich angerichteten Steuerschaden zugrunde gelegt hat, kann nicht strafmildernd berücksichtigt werden, dass nicht mit noch höherer krimineller Energie ein noch höherer Schaden angerichtet wurde.
21
Die strafmildernde Wertung, der Angeklagte habe lediglich mit bedingtem Tatvorsatz gehandelt, steht - unbeschadet der Frage der generellen Eignung der Vorsatzform für die Strafzumessung (vgl. hierzu Schäfer/Sander/van Gemmeren, 4. Aufl. Rn. 338) - im Widerspruch mit den Urteilsfeststellungen. Aus diesen ergibt sich, dass der Angeklagte mit der Angabe, es handele sich bei den Zahlungen um einen Teil des Veräußerungserlöses, dem Finanzamt bewusst einen unrichtigen Grund für die Übertragung des Aktienpaketes an ihn genannt hat, um in den Genuss des Halbeinkünfteverfahrens als für ihn steuerlich vorteilhafte Regelung zu gelangen, die auf Provisionen nicht anwendbar war. Sein Handeln zielte also darauf ab, die Provision in Höhe von 7,2 Mio. DM nur zur Hälfte der Besteuerung zu unterwerfen. Damit belegen die Urteilsgründe , dass der Angeklagte mit Hinterziehungsabsicht (dolus directus 1. Grades) handelte.
22
b) Es liegt nahe, dass bereits die aufgezeigten Mängel bei der Zumessung der Einzelstrafe für die Einkommensteuerhinterziehung auch die Aufhebung der weiteren Einzelstrafe für die Tat der Lohnsteuerhinterziehung bedingen.
23
Bei Tatmehrheit kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Aufhebung eines Einzelstrafausspruchs dann zur Aufhebung weiterer, für sich genommen sogar rechtsfehlerfreier Strafaussprüche führen, wenn nicht auszuschließen ist, dass diese durch den Rechtsfehler im Ergebnis beeinflusst sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 1995 – 1 StR 117/95 mwN). Dies kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn es sich bei der rechtsfehlerhaft festgesetzten Einzelstrafe um die höchste Einzelstrafe (sog. Einsatzstrafe) handelt oder wenn die abgeurteilten Taten in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Die rechtsfehlerhaft festgesetzte Strafe für die Einkommensteuerhinterziehung ist wesentlich höher als diejenige für die Lohnsteuerhinterziehung. Für einen inneren Zusammenhang der Taten spricht, dass sie demselben Motiv entsprangen und jeweils Einkünfte betrafen, die der Angeklagte im Rahmen seiner Tätigkeit bei der P. GmbH erzielt hatte.
24
c) Unabhängig davon ist die Strafe für die (zweite) Tat der Lohnsteuerhinterziehung aber auch für sich genommen nicht rechtsfehlerfrei zugemessen. Der Angeklagte hat nicht nur seinen Steuerberater zur „Steuerhinterziehungsberatung“ veranlasst, sondern auchseine Angehörigen als Empfänger von Zu- wendungen der P. GmbH vorgeschoben. Dies deutet darauf hin, dass der Angeklagte andere - sei es auch in unterschiedlicher Form - in seine Straftat hineingezogen hat; seinen Steuerberater hat er sogar in die Tatbegehung verstrickt. Diesen gewichtigen Gesichtspunkt hat das Landgericht nicht erkennbar erwogen; insbesondere ist er in der im Zusammenhang mit den Angehörigen allein angestellten Erwägung, dass bei diesen die „kaschierten“ Tantiemenzahlungen der Schenkungsteuer unterworfen wurden, nicht enthalten.
25
2. Mit der Aufhebung der Einzelstrafen entfällt auch die Grundlage für die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Diese hält zudem schon deswegen revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sie sich angesichts der vom Landgericht festgestellten Umstände nach unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Das Landgericht hat die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Hinterziehung in Millionenhöhe geltenden Maßstäbe für die Strafzumessung nicht zutreffend angewandt.
26
a) Für die Strafzumessung in Fällen der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Folgendes:
27
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. In Fällen, in denen – wie hier – noch die vorherige Gesetzesfassung dieser Vorschrift Anwendung findet, weil die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen wurde , ist das Regelbeispiel nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat.
28
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat seit der Grundsatzentscheidung vom 2. Dezember 2008 (im Verfahren 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 84 ff.) mehrfach bestätigt und fortgeschrieben hat (vgl. zusammenfassend BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 1 StR 579/11), ist das nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbei- spiels „in großem Ausmaß“ dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (BGHSt 53, 71, 85).
29
Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung ist bei besonders hohen Hinterziehungsbeträgen dadurch Rechnung zu tragen, dass bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGHSt 53, 71, 86 mwN).
30
b) Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem am 3. Mai 2011 (BGBl. I, 676) in Kraft getretenen Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages heißt es dazu unter Bezugnahme auf das in BGHSt 53, 71 abgedruckte Senatsurteil (BT-Drucks. 17/5067 neu, S. 18): „Bei den Beratungen der geplanten Maßnahmen zur Verhinderung der Steuerhinterziehung waren sich alle Fraktionen in der Bewertung einig, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei und entsprechend bekämpft werden müsse. Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP haben dabei betont, … Eine Aussetzung der Freiheitsstrafe auf Bewährung bei Hinterzie- hung in Millionenhöhe sei nach einer Entscheidung des BGH nicht mehr mög- lich.“ Damit hat der Gesetzgeber diese Rechtsprechung gebilligt (vgl. dazube- reits BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 1 StR 116/11 Rn. 14, wistra 2011,

347).

31
c) Nach diesen Maßstäben stellt die vom Landgericht auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren keinen gerechten Schuldausgleich mehr dar. Sie kann daher keinen Bestand haben.
32
aa) Zwar trifft die Feststellung des Landgerichts zu, dass sich im Rah- men der Gesamtstrafenbildung eine „schematische Betrachtung“ verbietet. Dies bedeutet aber nicht, dass das Tatgericht die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Strafzumessungsmaßstäben zusammengefassten Wertungen des Gesetzgebers übergehen dürfte, wenn sich damit nicht die vom Tatgericht für angemessen erachtete Strafe begründen lässt.
33
Das Tatgericht hat zwar bei der Strafzumessung einen Spielraum für die Festsetzung der schuldangemessenen Strafe. Ob es dabei von zutreffenden Maßstäben ausgegangen ist, obliegt aber der uneingeschränkten Rechtsüberprüfung durch das Revisionsgericht. In Fällen der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe , bei denen das Tatgericht – wie hier – gleichwohl keine höhere Freiheitsstrafe als zwei Jahre verhängt hat, prüft das Revisionsgericht daher auch, ob die hierfür vom Tatgericht angeführten schuldmindernden Umstände solche von besonderem Gewicht sind.
34
bb) Milderungsgründe von besonderem Gewicht hat das Landgericht nicht genannt; ihr Vorliegen ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe.
35
(1) Zwar durfte das Landgericht der Unbestraftheit des Angeklagten, seiner Entschuldigung, der Verfahrensdauer und den psychischen Belastungen , denen der Angeklagte angesichts einer drohenden Haftstrafe ausgesetzt war, strafmildernde Bedeutung beimessen. Auch stellen – ungeachtet der hier bestehenden Beweislage – das in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis sowie die vollständige Nachzahlung der von dem Angeklagten hinterzogenen Steuern bestimmende Strafmilderungsgründe dar.
36
(2) Allerdings sind diese Umstände hier keine besonders gewichtigen Milderungsgründe. Dies gilt auch für die Nachzahlung der geschuldeten und hinterzogenen Steuern. Durch die Nachentrichtung hat der Angeklagte diejenigen Steuern abgeführt, die von ihm nach dem Gesetz geschuldet waren und zu deren Zahlung er auch als ehrlicher Steuerpflichtiger ohnehin verpflichtet gewesen wäre. Das Gewicht dieser Schadenswiedergutmachung verliert hier dadurch an Gewicht, dass der Angeklagte diese angesichts seiner komfortablen Vermögensverhältnisse ohne erkennbare Einbuße seiner Lebensführung erbringen konnte. Hinzu kommt, dass sie – unbeschadet der naheliegenden Vollstreckungsmöglichkeiten der Finanzbehörden – offensichtlich keinen besonderen persönlichen Verzicht darstellte.
37
Die Gesamtverfahrensdauer von dreieinhalb Jahren bis zum erstinstanzlichen Urteil ist in einer Wirtschaftsstrafsache wie der hier vorliegenden ebenfalls regelmäßig kein besonders gewichtiger Milderungsgrund. Soweit das Landgericht auf die „erheblichen psychischen Belastungen“ angesichts einer drohenden Haftstrafe abstellt, die sich in einer „sehr angespannten emotionalen Verfassung des Angeklagten“ ausgedrückt habe, kommen darin keine beson- deren Umstände zum Ausdruck, die sich wesentlich von der Situation unterscheiden , in der sich jeder Beschuldigte befindet, dem eine nicht mehr zur Bewährung aussetzbare Freiheitsstrafe droht.
38
cc) Den festgestellten Milderungsgründen stehen zudem gewichtige Strafschärfungsgründe gegenüber.
39
Der Angeklagte täuschte die Finanzverwaltung in zwei Fällen durch falschen Tatsachenvortrag bewusst, ohne dass die eine Tat auf der anderen aufgebaut hätte oder deren Folge gewesen wäre. Bei der zweiten Tat verwendete er dabei ein nicht nur - worauf die Strafkammer abstellt - rückdatiertes, sondern insbesondere auch inhaltlich unrichtiges Schriftstück, das der Steuerberater eigens für die Verschleierungszwecke des Angeklagten erstellt hatte.
40
3. Das Landgericht hat darüber hinaus die Zumessung der Strafhöhe unzulässig mit Erwägungen zur Strafaussetzung zur Bewährung vermengt. Dies verstößt gegen die Grundsätze der Strafzumessung.
41
a) Der Tatrichter hat zunächst die schuldangemessene Strafe zu finden; erst wenn sich ergibt, dass die der Schuld entsprechende Strafe innerhalb der Grenzen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB liegt, ist Raum für die Prüfung, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung gegeben sind (BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321; BGH, Urteil vom 24. August 1983 – 3 StR 89/83, BGHSt 32, 60, 65).
42
Zwar begründet der Umstand, dass die Frage der Aussetzbarkeit der Strafvollstreckung bei der Findung schuldangemessener Sanktionen mitberücksichtigt worden ist, für sich allein noch keinen durchgreifenden Rechtsfehler (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 – 4 StR 363/01, wistra 2002, 137). Denn das Gericht hat auch die Wirkungen, die von einer Strafe ausgehen, in den Blick zu nehmen (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Liegt daher die - schuldangemessene - Strafe in einem Spielraum, in dem grundsätzlich noch eine aussetzungsfähige Strafe in Betracht kommt, dürfen bereits bei der Strafzumessung die Wirkungen einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe berücksichtigt werden (sog. Spielraumtheorie; vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 32 sowie Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl. Rn. 461 ff. mwN).
43
Rechtsfehlerhaft sind solche Erwägungen bei der Strafzumessung aber dann, wenn - wie hier - eine zur Bewährung aussetzungsfähige Strafe nicht mehr innerhalb des Spielraums für eine schuldangemessene Strafe liegt. Denn die Grenzen dieses Spielraums dürfen nicht überschritten werden. Von ihrer Bestimmung als gerechter Schuldausgleich darf sich die Strafe weder nach oben noch nach unten lösen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 32; BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320). Das Gericht darf auch nicht deshalb eine nicht mehr schuldangemessene Strafe festsetzen, um den Täter noch eine Strafaussetzung zu ermöglichen. Ebenso wenig wie die Anordnung einer Maßregel zur Unterschreitung der schuldangemessenen Strafe führen darf, darf das Bestreben, dem Täter die Rechtswohltat der Strafaussetzung zur Bewährung zu verschaffen , dazu führen, dass die Strafe das Schuldmaß unterschreitet (BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321 f.).
44
b) So verhält es sich aber hier. Das Landgericht hat eine zur Bewährung aussetzungsfähige Gesamtstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe gerade des- halb verhängt, weil „eine höhereals die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe bei po- sitiver Aussetzungsprognose nicht mehr zur Bewährung hätte ausgesetzt wer- den können“.
45
Das Landgericht hat damit Gesichtspunkte im Sinne der Findung einer schuldangemessenen Strafe mit solchen der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) unzulässig vermengt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 1992 – 4 StR 154/92, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 29; Urteil vom 14. Juli 1993 – 3 StR 251/93, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 19; Urteil vom 19. Dezember 2000 – 5 StR 490/00, NStZ 2001, 311; Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, NJW 2004, 2248, 2254 f.; Urteil vom 5. April 2007 – 4 StR 5/07, wistra 2007, 341; Beschluss vom 19. August 2008 – 5 StR 244/08, NStZ-RR 2008, 369). Es ist dabei auch zu besorgen, dass das Landgericht nicht nur die Bemessung der Gesamtstrafe, sondern auch bereits der Einzelstrafen so vorgenommen hat, dass die Vollstreckung noch zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Bei der für die zweite Tat verhängten Einzelstrafe wird dies schon daraus deutlich, dass das Landgericht für diese Wiederholungstat , eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall, für die ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet war (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO), lediglich eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt hat, obwohl es selbst die bei dieser Tat mittels der Verzichtserklärung begangene Vertuschung strafschärfend berücksichtigt hat.
46
4. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob im vorliegenden Fall die Aussetzung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung schon deshalb nicht mehr in Betracht gekommen wäre, weil die Verteidigung der Rechtsordnung deren Vollstreckung geboten hätte (vgl. § 56 Abs. 3 StGB). Der Senat sieht jedoch Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass es bei Steuerhinterziehungen beträchtlichen Umfangs von Gewicht ist, die Rechtstreue der Bevölkerung auch auf dem Gebiet des Steuerrechts zu erhalten. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kann sich daher zur Verteidigung der Rechtsordnung als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Strafaussetzung vertraut (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – 1 StR 342/08, BGHSt 53, 311, 320 mwN).
47
5. Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass das Recht des Angeklag- ten „auf Behandlung der Strafsache binnen angemessener Frist aus Art. 6 Abs. 1 MRK verletzt“ worden sei, ist dem Senat mangels erhobener Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 – 1 StR 445/03, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 19, und BGH, Beschluss vom 13. Februar 2008 – 2 StR 356/07, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 36) eine Überprüfung verwehrt. Die Ausführungen des Landgerichts zum Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung geben dem Senat jedoch Anlass, erneut (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07, BGHR StPO § 213 Terminierung 1) auf die Besonderhei- ten beim Ablauf des gerichtlichen Verfahrens in Wirtschaftsstrafsachen hinzuweisen :
48
a) Die Annahme des Landgerichts, das Verfahren sei von November 2009 bis Anfang Januar 2011, also während des gesamten Zeitraums zwischen dem Eingang der Stellungnahme des Angeklagten nach Anklageerhebung und der Eröffnung des Hauptverfahrens und Terminierung der Hauptverhandlung rechtsstaatswidrig verzögert worden, ist nicht tragfähig.
49
Solches wäre allenfalls dann der Fall, wenn das Landgericht, wovon der Senat nicht ausgeht, die Eröffnung des Hauptverfahrens nur unzureichend vorbereitet hätte. Die zur sorgfältigen Vorbereitung und Terminierung – zumal einer Wirtschaftsstrafsache – erforderliche Zeit ist selbst dann nicht als Zeitraum einer (rechtsstaatswidrigen) Verfahrensverzögerung anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 – 1 StR 238/08, wistra 2009, 147), wenn nicht näher belegt ist, wie dieser Zeitraum vom Gericht genutzt wurde. Denn das gebotene gründliche Aktenstudium der Berufsrichter vor Eröffnung des Hauptverfahrens und Terminierung der Hauptverhandlung schlägt sich regelmäßig nicht in den Akten nieder (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07, BGHR StPO § 213 Terminierung 1). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn – wie hier – dem Angeklagten vom Gericht eine Verständigung gemäß § 257c StPO über eine Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung und die Zahlung von einer Mio. € als Bewährungsauflage vorgeschlagen wird. Die – auch hier zutreffende – Erwartung, der Angeklagte werde einer solchen Verständigung zustimmen, kann die hinreichende Befassung mit dem Verfahrensstoff nicht ersetzen, selbst wenn – anders als hier – auch mit der Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu rechnen ist.
50
b) Beim gerichtlichen Verfahren in Wirtschaftsstrafsachen bestehen Besonderheiten (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07, BGHR StPO § 213 Terminierung 1), die regelmäßig einen Vorrang der Gründlichkeit vor der Schnelligkeit gebieten:
51
Der Eingang einer Anklageschrift ist auch bei Wirtschaftsstrafkammern nicht vorhersehbar. Denn die Zuteilung an die einzelnen Strafkammern muss so erfolgen, dass auch nur der Eindruck der Möglichkeit einer Manipulation des gesetzlichen Richters ausgeschlossen ist. Jede Strafkammer ist dann – und sollte dies auch sein – zunächst mit anderen Sachen ausgelastet. Bei komplexen und umfangreichen Strafsachen ist es unter diesen Umständen nicht möglich , dass sich der Vorsitzende und der Berichterstatter sofort mit der neu eingegangenen Anklageschrift intensiv befassen. In aller Regel ist das dann nur parallel zu bereits laufenden – oder anstehenden – Verhandlungen möglich, die im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot bei vorausschauender, auch größere Zeiträume umfassender Hauptverhandlungsplanung (vgl. BVerfG - KammerBeschlüsse vom 19. September 2007 – 2 BvR 1847/07 – und vom 23. Januar 2008 – 2 BvR 2652/07) langfristig im Voraus zu terminieren waren. In diesem frühen Stadium des gerichtlichen Verfahrens ist ein Ausblenden anderweitiger Belastungen der Strafkammer bei der Prüfung, ob der Pflicht zur Erledigung des Verfahrens in angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) genügt wurde , nicht möglich und deshalb auch nicht geboten.
52
Dem Zwischenverfahren kommt im Hinblick auf den Schutz des Angeklagten große Bedeutung zu. Zur Vorbereitung der Eröffnungsberatung bedarf es schon deshalb einer intensiven Einarbeitung des Vorsitzenden und des Berichterstatters in die Sache - parallel zur Förderung und Verhandlung anderer Verfahren. Diese Vorarbeit schlägt sich hinsichtlich des Umfangs naturgemäß nicht als verfahrensfördernd in den Akten nieder, wie auch andere Vorgänge der meist gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Verfahrensstoff in der Regel nicht. Am Ende einer intensiven Vorbereitung und der Eröffnungsberatung steht häufig nur ein Eröffnungsbeschluss, der aus einem Satz besteht (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 StR 488/07, BGHR StPO § 213 Terminierung

1).


III.

53
Durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, die gemäß § 301 StPO eine Urteilsaufhebung auch zugunsten des Angeklagten nach sich ziehen würden, sind nicht vorhanden. Zwar erwähnt das Landgericht bei der Strafzumessung das zu den Tatzeitpunkten für die Annahme des Regelbeispiels gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF jeweils noch erforderliche Handeln aus grobem Eigennutz nicht ausdrücklich. Bei dem vorliegenden Tatbild war dieses Merkmal aber erkennbar erfüllt. Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 103/12
vom
22. Mai 2012
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben
nach § 373 AO in Millionenhöhe kommt eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe
nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht.
2. Sowohl beim Schmuggel nach § 373 AO wie auch bei der Steuerhinterziehung
nach § 370 AO ist es dabei ohne Bedeutung, ob die Millionengrenze durch eine einzelne
Tat oder erst durch mehrere gleichgelagerte Einzeltaten erreicht worden ist.
(Fortführung von BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71
und BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Mai 2012,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin - beide in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten J. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. November 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten J. hat es des gewerbsmäßigen Schmuggels in 32 Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Auflösung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. November 2010 und Einbeziehung der dieser zugrundeliegenden Einzelstrafen erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es wiederum zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten und den Straf- ausspruch beschränkten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg und führen - bei unwirksamer Rechtsmittelbeschränkung - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt.

I.

3
1. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lassen sich noch folgende Feststellungen entnehmen:
4
Die Angeklagten importierten „im bewussten und arbeitsteiligen Zusam- menwirken“ und „mit Unterstützung der gesondert Verfolgten Z. und L. “ sowie, um sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen, Mobiltelefone und MP-Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland und veräußerten „diese Unterhaltungselektronik“ (UA S. 12) in Deutschland sodann über Inter- netplattformen. Bei der Einfuhr gestellten sie die elektronischen Geräte nicht, sondern meldeten lediglich Tarnware an und verkürzten dadurch Einfuhrumsatzsteuer und Zoll. Die auf die Veräußerung der Geräte anfallende Umsatzsteuer wurde ebenfalls nicht angemeldet.
5
a) Zum gewerbsmäßigen Schmuggel
6
In einem Fall im Februar 2009 sowie in 30 Fällen im Januar und Februar 2010 (Fälle 1 bis 31 der Urteilsgründe) führten die Angeklagten Mobiltelefone (nachgebaute IPhones) aus der Volksrepublik China per See- oder Luftfracht nach Deutschland ein, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (in Hö- he von rund 205.000 €) zu entrichten. Die Mobiltelefone waren in funktionslose Netzteile verpackt und wurden beim Zoll entsprechend als Netzteile deklariert. Die Einfuhr erfolgte - mit Ausnahme eines den Februar 2009 betreffenden Falles - über eine in Hamburg ansässige D. GmbH, „deren Geschäftsführer ein Zh. war“ (UA S. 13) und für die der Angeklagte G. Büroräume angemietet, ein Konto in China eröffnet und Bestellungen in China vorgenommen hat.
7
Im Februar 2009 (Fall 26 der Urteilsgründe) erfolgte die Einfuhr der Mobiltelefone über eine ebenfalls in Hamburg ansässige Firma O. GmbH, deren zunächst formeller (vgl. UA S. 12) und sodann faktischer Geschäftsführer (vgl. UA S. 14) der Angeklagte J. war. Die O. GmbH „war Teil einer von China aus handelnden Vertriebsorganisation für den europäischen Raum“ (UA S. 10). Der AngeklagteJ. und der gesondert Verfolgte Z. „veranlassten die Überweisungen der aus den Verkäufen verein- nahmten Entgelte nicht nur auf das Firmenkonto …, sondern zur Verschleierung der Geldflüsse“ auch auf Konten „von Strohleuten aus der Bekanntschaft des Z. “ (UA S. 10). Für diese Firma war der Angeklagte G. seit Anfang des Jahres 2007 zunächst von China aus tätig; er kaufte dort „insbesonde- re Maniküreartikel und Hundehalsbänder“ (UA S. 12). Ende Mai 2009 kam der Angeklagte G. , der zuvor in Deutschland drei Semester Volkswirtschaft studiert hatte und sich auch in der Zwischenzeit immer wieder für kurze Zeit in Deutschland aufhielt, dauerhaft nach Deutschland. Für die O. GmbH übernahm er zunächst nur Empfang und Weiterversand der Mobil- telefone, später „auch die Lagerverwaltung“ (UA S. 13). Für diese Tätigkeit er- hielt der Angeklagte G. 2.100 € monatlich brutto, nicht jedoch eine ihm zunächst in Höhe von bis zu 20 % des Gewinns zugesagte Provision.
8
Des Weiteren führten die Angeklagten in einem nicht festgestellten Zeitraum entweder über die O. GmbH oder die D. GmbH („Empfänger unbekannt“, UA S. 16; „Import der Waren erfolgte insbesondere, und bezüglich der hier abgeurteilten Taten ausschließlich, über die O. GmbH … und die D. GmbH“, UA S. 12) und in nicht festgestelltem Umfang („Anzahl unbekannt“, UA S. 16) MP- Player aus der Volksrepublik China nach Deutschland ein, ohne hierfür Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll „zu entrichten“ (UA S. 12). Hierdurch sei ein „Schaden EUSt inkl. Zollsatz 2 %“ in Höhe von 1.000.501,61 € abzüglich eines 10%igen Sicherheitsabschlags entstanden (UA S. 16). Der Schadensberech- nung hat die Kammer „die Berechnung des Zolls (Anlage 2 der Anklageschrift) zugrunde gelegt. … Diese Berechnung des Zolls war für die Kammer hinrei- chend detailliert und nachvollziehbar“ (UA S. 22).
9
b) Zur Umsatzsteuerhinterziehung
10
Die Geräte wurden in Deutschland über Internetplattformen an Endkunden veräußert, ohne dass dann die auf die ausgeführten Lieferungen anfallende Umsatzsteuer angemeldet wurde. Dies war bereits Gegenstand eines früheren Strafverfahrens gegen den Angeklagten J. . Weil dieser Angeklagte Umsätze der genannten Art in den für die O. GmbH abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2009 sowie Januar bis März 2010 verschwieg und für das Jahr 2008 entgegen der ihm bekannten Verpflichtung keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgab (er verkürzte hierdurch Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 819.858,89 €), wurde er vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 12. November 2010 - rechtskräftig seit Juli 2011 - zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
11
Nach den Feststellungen im hier gegenständlichen Verfahren unterstützte der Angeklagte G. den Angeklagten J. bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer dadurch, dass er die Lagerverwaltung übernahm und sein Konto in China zur Verfügung stellte, was J. zusätzlich ein Gefühl der Sicherheit vermittelte; dabei wusste und wollte G. , dass die elektroni- schen Geräte verkauft werden und die hierfür anfallende Umsatzsteuer „nicht abgeführt“ wird (UA S. 18; Fall 33 der Urteilsgründe).
12
2. Das Landgericht hat die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe bei beiden Angeklagten als gewerbsmäßigen Schmuggel (§ 373 Abs. 1 AO) gewertet. Eine bandenmäßige Begehungsweise hat es dagegen verneint, weil „tragende Feststellungen zu einer Bandenstruktur mitsamt Bandenabrede“(UA S. 24) nicht hätten getroffen werden können. Den Fall 33 der Urteilsgründe, der lediglich den Angeklagten G. betrifft, hat das Landgericht als einheitliche Beihilfe zu den beim Angeklagten J. bereits im November 2010 abgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung gewertet.
13
3. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht die Fälle 1 bis 32 der Urteilsgründe für beide Angeklagte jeweils als minder schwere Fälle des Schmuggels im Sinne von § 373 Abs. 1 Satz 2 AO angesehen. Es hat dafür jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, eine solche von acht Monaten und im Übrigen Geldstrafen zwischen 90 und 120 Tagessätzen verhängt.
14
Im Fall 33 der Urteilsgründe (Beihilfe des Angeklagten G. zur Umsatzsteuerhinterziehung) hat das Landgericht der Strafzumessung den gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde gelegt und gegen den Angeklagten G. eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.
15
Strafmildernd hat das Landgericht bei beiden Angeklagten jeweils ein umfassendes und beim Angeklagten G. ein auch von Reue getragenes Geständnis berücksichtigt, was zu einer erheblichen Verkürzung der Hauptverhandlung beigetragen habe, sowie den Umstand, dass den Angeklagten hinsichtlich der Schmuggeltaten eine untergeordnete Rolle zukam und sie nicht Initiatoren waren, zudem die von ihnen als Erstverbüßer erlittene Untersuchungshaft und eine besondere Haftempfindlichkeit. Zugunsten der Angeklagten hat das Landgericht jeweils auch gewertet, dass sie keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatten, der aber (lediglich) in Höhe von rund 12.000 € berech- tigt gewesen wäre. Zu Lasten der Angeklagten hat das Landgericht berücksich- tigt, dass ein „erheblicher Schaden entstanden“ sei.
16
Zugunsten des Angeklagten G. hat das Landgericht auch dessen Unbestraftheit sowie den Umstand gewertet, dass dieser Angeklagte außer einem „Gehalt in Höhe von 2.100 € brutto“ keine finanziellen Vorteile aus den Taten erlangt habe.
17
Zugunsten des Angeklagten J. hat das Landgericht weiterhin be- rücksichtigt, dass er zur Tatzeit nur unwesentlich bestraft war. „Insbesondere“ sei auch die lange Verfahrensdauer zugunsten des Angeklagten J. zu bewerten, der sich „über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr … der Ver- folgung durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt“ sah, „obwohl es sich- insbe- sondere, aber nicht nur, für ihn - um die gleiche Angelegenheit handelte und er mit Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im November 2011 davon ausgehen konnte, dass dieser Lebensabschnitt damit für ihn abge- schlossen war“ (UA S. 29).
18
Bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe betreffend den Angeklagten J. hat das Landgericht „insbesondere“ berücksichtigt, dass dieser sich „in dem vorliegenden Verfahren das zweite Mal gerichtlich verantworten muss- te, obwohl es sich bei den Fällen 1 bis 32 und der vorangegangenen Verurteilung um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt, der im Hinblick auf den Angeklagten nicht zusammen in einem Verfahren angeklagt, sondern unnatür- lich in zwei verschiedene Verfahren von der Staatsanwaltschaft aufgespalten wurde“ (UA S. 30).

II.

19
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt, weil die knappen und lückenhaften , dadurch unklaren und zudem widersprüchlichen Urteilsgründe keine hinreichende Grundlage für die Prüfung eines Rechtsfolgenausspruchs bieten. Angesichts solcher Feststellungen ist auch die Beschränkung der Rechtsmittel auf den Strafausspruch unwirksam.
20
1. Die Urteilsgründe sind unklar, lückenhaft und widersprüchlich.
21
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagten Mobiltelefone und MP-Player nach Deutschland einführten, ohne die jeweils anfallende Einfuhrumsatzsteuer (und Zoll) „zu entrichten“ und „diese Unterhaltungselektronik … unter Umgehung der Umsatzsteuer“ veräußerten (UA S. 12), ist es er- kennbar davon ausgegangen, dass es sich bei den geschmuggelten und den weiterverkauften Elektronikgegenständen jeweils um die nämliche Ware aus dem Einfuhrschmuggel handelt. Diese Annahme steht jedoch mit den vom Landgericht der Entscheidung zugrunde gelegten Tatzeitpunkten, soweit solche überhaupt festgestellt wurden, im Widerspruch.
22
Nach den - insoweit aus der vorangehenden, rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten J. entnommenen - wiedergegebenen Urteilsfest- stellungen war die Umsatzsteuer aus dem Weiterverkauf der „geschmuggelten“ Elektronikgegenstände bereits im Zeitraum zwischen dem Jahr 2008 und März 2010 hinterzogen worden. Da andererseits nach den Urteilsfeststellungen die Mobiltelefone - mit Ausnahme einer Einfuhr im Februar 2009 - erst im Januar und Februar 2010 nach Deutschland eingeführt wurden, bleibt unklar, inwieweit der Umsatzsteuerhinterziehung die Lieferung von Waren zugrunde liegen konnte , auf die sich die ausgeurteilten Schmuggeltaten beziehen. Die im Jahr 2010 eingeschmuggelten Elektronikgeräte konnten jedenfalls nicht bereits vorher an Abnehmer in Deutschland ausgeliefert worden sein.
23
Für die MP-Player hat das Landgericht keine Feststellungen zum konkreten Einfuhrzeitpunkt innerhalb des vom Landgericht angenommenen Gesamttatzeitraums vorgenommen. Es begnügt sich vielmehr mit der Mitteilung eines anzunehmenden Gesamtschadens und der Angabe eines Verkaufspreises an deutsche Endkunden, ohne auch nur ansatzweise sonstige Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen (zu den Anforderungen an die Urteilsdarstellungen in Steuerstrafsachen vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11; BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, wistra 2009, 398). Es kann - wie auch die Ausführungen des Generalbundesanwalts belegen - lediglich vermutet werden, dass es ganz oder teilweise die in Fall 32 der Urteilsgründe genannten MP-Player waren, die Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung gewesen sein könnten. Auf eine bloße Vermutung kann eine Verurteilung indes nicht gestützt werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 24. November 1992 - 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11).
24
Die Strafkammer wäre freilich nicht gehindert gewesen, tragfähige Feststellungen auf ein nach ihrer Überzeugung glaubwürdiges Geständnis zu stützen , sofern die Feststellungen - wozu sich das Urteil jedoch ebenfalls nicht verhält - Gegenstand eines Geständnisses hätten sein können (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10). Selbst wenn Angeklagte den Anklagevorwurf nur knapp einräumen, darf das Gericht dem freilich auf seine Zuverlässigkeit geprüften Geständnis Glauben schenken und Feststellungen darauf stützen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 2 StR 156/98, NStZ 1999, 92). Auch kann, wenn das Tatgericht von einem strafbaren Verhalten des Täters überzeugt ist, die Bestimmung des Schuldumfangs im Wege der Schätzung erfolgen , namentlich wenn sich Feststellungen auf andere Weise nicht treffen lassen , etwa weil über die kriminellen Geschäfte keine Belege oder Aufzeichnungen vorhanden sind (BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148; BGH, Urteil vom 12. August 1999 - 5 StR 269/99, wistra 1999, 426). Eine solche Schätzung nimmt die Strafkammer hier indes gerade nicht vor, vielmehr stützt sie sich auf eine als Anlage der Anklageschrift beigefügte Schadensberechnung. Abgesehen davon, dass die Strafkammer allein durch die Bezugnahme auf das Ergebnis von Dritten gefertigter Steuer- oder Zollberechnungen den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben nicht entsprechen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 1 StR 154/11), wird der Inhalt der Berechnungsdarstellung nicht mitgeteilt und ist somit der Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - 5 StR 17/06, NStZ 2007, 478).
25
Der Widerspruch bezüglich der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang hinsichtlich der ausgeurteilten 16 Taten der Umsatzsteuerhinterziehung - hinsichtlich derer sich die Feststellungen auf den Umfang der in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen pflichtwidrig nicht angemeldeten Umsätzen beschränken - und der 32 Fälle des gewerbsmäßigen Schmuggels Warenidentität bestand, lässt sich auch nicht aus dem weiteren Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe heraus beseitigen. Die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung, dass allein im Fall 26 der Urteilsgründe eine entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für zuvor eingeführte Gegenstände abzugsfähig gewesen wäre, in anderen Fällen der Import „für die D. GmbH“ (UA S. 27) erfolgt sei oder aber - im Fall 32 der Urteilsgründe - gar nicht feststellbar sei, für welche Gesellschaft die Waren eingeführt worden waren, legen die Nämlichkeit der Waren ebenfalls nur zugrunde, ohne diese zu belegen.
26
2. Schon die aufgezeigten Mängel müssen hier zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung und zur Aufhebung des gesamten Urteils mit den Feststellungen führen. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
27
a) Eine - hier sogar ausdrücklich erklärte - Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359,364). Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist jedoch - ausnahmsweise - zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine getrennte Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht ermöglichen, ohne dass der nicht angefochtene Teil mitberührt würde. Dies ist hier - wie aufgezeigt - jedoch der Fall, weil die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar und zudem widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 318 Rn. 16 mwN).
28
b) Dies bedingt zugleich die Aufhebung des Urteils insgesamt. Zwar erfordert ein lediglich den Schuldumfang betreffender Rechtsfehler regelmäßig nicht die Aufhebung auch des Schuldspruchs, da sich die Verurteilung jedenfalls im Ergebnis rechtfertigt (Kuckein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13 mwN). So lässt es bei Steuerhinterziehung den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Be- schluss vom 24. Mai 2007 - 5 StR 58/07, wistra 2007, 345). Der Schuldspruch ist hier jedoch aufzuheben, weil - insbesondere mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG - wesentliche Modalitäten zu dem auch den Schuldumfang determinierenden Tathergang unklar bleiben (hierzu vgl. Kuckein in Karlsruher Kommentar , StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 18 mwN) und dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben ist, eine Entscheidung ohne Bindung an die bisherigen - widersprüchlichen - Feststellungen zu treffen (hierzu vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, NStZ-RR 1997, 72, 73).

III.

29
Die Erwägungen zur Strafzumessung im angefochtenen Urteil geben dem Senat Anlass, für den - angesichts der Geständnisse der Angeklagten zum Tatablauf naheliegenden - Fall eines erneuten Schuldspruchs durch den neuen Tatrichter Folgendes anzumerken:
30
1. Die Annahme minder schwerer Fälle des Schmuggels gemäß § 373 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet bei einer Hinterziehung von Einfuhrabgaben in großem Ausmaß regelmäßig aus. Dies ergibt sich aus Folgendem:
31
Bei Schmuggel gemäß § 373 AO handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand gegenüber dem Grundtatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Liegen Qualifikationsmerkmale - wie etwa gewerbsmäßiges Handeln - nicht vor, ist die Hinterziehung von Einfuhrabgaben eine Steuerhinterziehung. Denn gemäß § 3 Abs. 3 AO sind Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodexes Steuern im Sinne der Abgabenordung. Sind in einem solchen Fall durch eine Tat Einfuhrabgaben in großem Ausmaß (hierzu zuletzt BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11) verkürzt, liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung vor, bei dem ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet ist. Dieser Strafrahmen entspricht dem des Schmuggels nach § 373 AO.
32
Tritt ein Merkmal hinzu, das die Tat zum Schmuggel qualifiziert - etwa Gewerbsmäßigkeit (§ 373 Abs. 1 AO) - entfaltet der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO, wenn er ohne das qualifizierende Merkmal anzuwenden wäre, eine Sperrwirkung. Deswegen kommt bei einem Schmuggel „in großem Ausmaß“ ein minder schwerer Fall mit einem auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verminderten Strafrahmen (§ 373 Abs. 1 Satz 2 AO) allenfalls in besonderen Ausnahmefällen noch in Betracht.
33
Ein solcher Ausnahmefall liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn - wie hier vom Landgericht festgestellt - der Schmuggel in organisierten Vertriebsstrukturen stattgefunden hat. Denn nach der Intention des Gesetzgebers soll der mildere Strafrahmen für minder schwere Fälle eine angemessene Bestrafung des bandenmäßigen Schmuggels z.B. in Fällen, die nicht der typischen organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, ermöglichen (BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.).
34
2. Aus dem Umstand, dass es sich beim Schmuggel um einen Qualifikationstatbestand der Steuerhinterziehung handelt, folgt zudem, dass die Rechtsprechung zur Strafzumessung bei Hinterziehung in Millionenhöhe auch auf Schmuggeltaten Anwendung findet. Demnach kommt eine (aussetzungsfähige) Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren auch bei Schmuggel gemäß § 373 AO nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht. Dabei ist es für den Unrechtsgehalt ohne Bedeutung, ob die Millio- nengrenze durch eine einzelne oder mehrere Taten erreicht worden ist und ob eine Gesamtstrafe zu bilden ist.
35
a) Für die Strafzumessung in Fällen der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Gesetzgeber in den Beratungen zu dem am 3. Mai 2011 (BGBl. I, 676) in Kraft getretenen Schwarzgeldbekämpfungsgesetz aufgegriffen und gebilligt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11), Folgendes:
36
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung ) in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt. Dieses nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Merkmal des Regelbeispiels „in großem Ausmaß“ ist dann erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag (bei einem „Griff in die Kasse des Staates“ ) 50.000 € übersteigt. Beschränkt sich das Verhalten des Täters darauf, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und führt das lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruchs, liegt die Wertgrenze zum „großen Ausmaß“ bei 100.000 € (vgl. zusammenfassend BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11, NJW 2012,

1015).

37
Der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist bei hohen Hinterziehungsbeträgen im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen, gleichviel ob dieser Betrag durch eine einzelne Tat hervorgerufen wurde oder durch eine Serie gleichgelagerter Taten, selbst wenn jede für sich genommen die Grenze zum großen Ausmaß nicht überschreitet. Schon bei der Einzelstrafbemessung ist nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden entscheidend, sondern auch die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221). Es ist ferner - zumal bei der Bildung einer Gesamtstrafe aus so gebildeten Einzelstrafen - die Wertung des Gesetzgebers zu beachten, dass bei Überschreiten zur Grenze des „großen Ausmaßes“ eine Freiheitsstrafe von nicht unter sechs Monaten schuldangemessen ist, bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe demzufolge nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein kann. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe - also bei einem Gesamthinterziehungsumfang, der die Millionengrenze überschreitet - kommt eine aussetzungsfähige, also eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 mwN, BGHSt 53, 71, zuletzt bestätigt in BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458).
38
b) Diese Grundsätze sind auch in Fällen des Schmuggels gemäß § 373 AO anzuwenden.
39
Zwar ist § 373 AO ein selbständiger Qualifikationstatbestand zu § 370 Abs. 1 AO. Mit der dies klarstellenden Fassung des § 373 AO durch Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen und zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198) wurde aber zugleich - mit Wirkung zum 1. Januar 2008 - der Strafrahmen des gewerbsmäßigen, gewaltsamen oder bandenmäßigen Schmuggels erhöht und an den Strafrahmen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO angepasst. Eine Regelung für besonders schwere Fälle des § 373 AO oder eine Verweisung auf den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO und damit auch die Notwendigkeit, für besonders schwere Fälle des § 373 AO den Strafrahmen der Strafzumessungsregel in § 370 Abs. 3 AO zu entnehmen, wurde dadurch entbehrlich (vgl. BT-Drucks. 16/5846, S. 174 ff.). Wenn aber allein eine gewerbsoder bandenmäßige Begehung regelmäßig einen sechs Monate übersteigenden Strafrahmen eröffnet, kann durch eine zugleich verwirklichte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben „in großem Ausmaß“ im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung zu § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO regelmäßig keine geringere Freiheitsstrafe verwirkt sein. Demzufolge kann entsprechend den Wertungen des Gesetzgebers auch bei einer gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhroder Ausfuhrabgaben in Millionenhöhe eine zwei Jahre nicht überschreitende Freiheitsstrafe regelmäßig nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht kommen.
40
c) Die bislang getroffenen Feststellungen belegen derartige Milderungsgründe nicht.
41
Ein solcher kann sich insbesondere nicht daraus ergeben, dass der Angeklagte J. bereits im November 2010 wegen Taten der Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt wurde und sich nun einem weiteren Strafverfahren ausgesetzt sah. Der Umstand, dass sich bei einem diesen Taten vorgelagerten (Einfuhr -) Schmuggel aus Sicht der Angeklagten gegebenenfalls um einen Teil einer einheitlichen Gesamthinterziehungsstrategie gehandelt hat, führt weder zu einem Strafklageverbrauch, noch schafft er einen Vertrauenstatbestand, der einer gesonderten Verfolgung eines der Umsatzsteuerhinterziehung vorgelagerten Schmuggels entgegenstehen würde. Sofern bei beiden Taten die nämliche Ware betroffen ist, kann dies - wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen - lediglich dazu führen, dass der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Einfuhrum- satzsteuer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG) im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen ist.
42
Auf der Grundlage der - allerdings widersprüchlichen - Feststellungen kann auch aus dem Verfahren und dessen Dauer ein Strafmilderungsgrund nicht erblickt werden. Zwar stellt die belastende Wirkung einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer (als Folge der Tat für den Täter) einen allgemeinen Milderungsgrund dar (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1992 - 3 StR 440/91, NStZ 1992, 229; vgl. aber auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, NJW 2012, 1458). Eine solche ist aber im Urteil ebenso wenig festgestellt wie Umstände, die beim Angeklagten J. ein schutzwürdiges Vertrauen hätten begründen können, mit der Verurteilung vom 12. November 2010 hätte es sein Bewenden. Eine nach den Ausführungen im Urteil zum Verfah- rensgang, namentlich zur „unnatürlichen“ Aufspaltung der Verfahren durchdie Staatsanwaltschaft hier zu besorgende Annahme des Landgerichts, es sei an eine bei außerhalb des von § 257c StPO vorgegebenen Rahmens geführten Gesprächen in Aussicht gestellte Strafobergrenze gebunden (die sich für das erkennende Gericht überdies nur auf den zu seiner Kognition gestellten Sachverhalt beziehen könnte), könnte gegebenenfalls sogar schon für sich den Bestand eines Urteils gefährden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11). Erst recht wäre der neue Tatrichter an solche Gespräche - sollten sie geführt worden sein - nicht gebunden.
43
Auch könnte es den Angeklagten G. nicht entlasten, dass er - sofern auch das neue Tatgericht zu entsprechenden Feststellungen gelangen sollte - über einen monatlichen Bruttolohn von 2.100 € hinaus keine weiteren Vorteile erzielt hat. Denn für gewerbsmäßiges Handeln genügt bereits die Absicht , sich durch wiederholte Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen (vgl. die Nachweise bei Jäger in Klein, AO, 11. Aufl., § 373 Rn. 16). Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war das Tätigwerden des Angeklagten G. hier sogar auf eine Gewinnbeteiligung von bis zu 20 % ausgerichtet.
44
Ebenso wenig stellt der durch Untersuchungshaft erlittene Freiheitsentzug bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe wegen der vollen Anrechenbarkeit nach § 51 StGB einen strafmildernd zu berücksichtigenden Nachteil für den Angeklagten dar (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - 2 StR 34/ 06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21).
45
d) Die Grundsätze zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß bzw. in Millionenhöhe sind auch dann zu beachten, wenn lediglich - wie vom Landgericht hier bei dem Angeklagten G. angenommen - eine einheitliche Beihilfe zu einer Mehrzahl von Fällen der Steuerhinterziehung in Betracht kommt. Übersteigt in einem solchen Fall der Gesamtverkürzungsumfang der durch die Beihilfe geförderten Haupttaten die Betragsgrenze des Regelbeispiels Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, muss deshalb das Tatgericht ausgehend von einer Gesamtwürdigung erörtern, ob im Rahmen der Strafzumessung statt des gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 370 Abs. 1 AO von dem gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten (erhöhten) Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO oder dem nicht gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO auszugehen ist.
46
3. Das neue Tatgericht wird auch Gelegenheit haben, zu prüfen, ob das Tatgeschehen bei der Einfuhr der Elektronikartikel (auch) den Tatbestand eines bandenmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) erfüllt, was angesichts der bisherigen Feststellungen zur organisierten Vertriebsstruktur nahe liegt. Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Verfahren der Steuerbefreiung sind die steuerfreie Verwendung und die steuerfreie Verteilung. Energieerzeugnisse, die nach den §§ 25 bis 29 steuerfrei verwendet werden dürfen, können zu diesen Zwecken steuerfrei abgegeben werden.

(2) Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 verwenden will, bedarf der Erlaubnis als Verwender. Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 abgeben will, bedarf vorbehaltlich Absatz 3 der Erlaubnis als Verteiler.

(3) Einer Erlaubnis als Verteiler bedarf nicht der Inhaber eines Steuerlagers, soweit er Energieerzeugnisse aus dem Steuerlager zu steuerfreien Zwecken abgibt. In diesem Fall befinden sich die Energieerzeugnisse mit der Entfernung aus dem Steuerlager im Verfahren der Steuerbefreiung des Empfängers.

(4) Inhabern einer Erlaubnis nach Absatz 2 kann auch die Ausfuhr und das Verbringen von Energieerzeugnissen aus dem Steuergebiet erlaubt werden, sofern Steuerbelange nicht beeinträchtigt sind.

(5) Die Erlaubnis nach den Absätzen 2 und 4 wird auf Antrag unter Widerrufsvorbehalt Personen erteilt, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Sind Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar, ist die Erlaubnis von einer Sicherheit bis zur Höhe des Steuerwerts der voraussichtlich im Jahresdurchschnitt während zwei Monaten verwendeten oder verteilten Energieerzeugnisse abhängig. Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzung nach Satz 1 nicht mehr erfüllt ist oder eine angeforderte Sicherheit nicht geleistet wird. Die Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn eine geleistete Sicherheit nicht mehr ausreicht.

(6) Der Erlaubnisinhaber hat die Energieerzeugnisse, soweit er sie in seinem Betrieb verwenden will, unverzüglich aufzunehmen. Die Energieerzeugnisse dürfen nur zu dem in der Erlaubnis genannten Zweck verwendet oder abgegeben werden.

(1) Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 dürfen steuerfrei verwendet werden zu anderen Zwecken als

1.
zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff,
2.
zur Herstellung von in § 4 genannten Kraft- oder Heizstoffen.
Eine steuerfreie Verwendung ist ausgeschlossen, wenn in der Verwendung eine Herstellung nach § 6 liegt. Satz 2 gilt nicht, wenn zur Herstellung eines Energieerzeugnisses im Sinn des § 4 Waren der Unterpositionen 2710 12 21, 2710 12 25, 2710 19 29 und mittelschwere Öle der Unterposition 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur eingesetzt werden und diese im Sinn des § 4 Nr. 3 nicht unter Steueraussetzung befördert werden können.

(2) Energieerzeugnisse dürfen steuerfrei verwendet werden als Probe zu Untersuchungszwecken.

(1) Verfahren der Steuerbefreiung sind die steuerfreie Verwendung und die steuerfreie Verteilung. Energieerzeugnisse, die nach den §§ 25 bis 29 steuerfrei verwendet werden dürfen, können zu diesen Zwecken steuerfrei abgegeben werden.

(2) Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 verwenden will, bedarf der Erlaubnis als Verwender. Wer Energieerzeugnisse steuerfrei in den Fällen der §§ 25 bis 29 abgeben will, bedarf vorbehaltlich Absatz 3 der Erlaubnis als Verteiler.

(3) Einer Erlaubnis als Verteiler bedarf nicht der Inhaber eines Steuerlagers, soweit er Energieerzeugnisse aus dem Steuerlager zu steuerfreien Zwecken abgibt. In diesem Fall befinden sich die Energieerzeugnisse mit der Entfernung aus dem Steuerlager im Verfahren der Steuerbefreiung des Empfängers.

(4) Inhabern einer Erlaubnis nach Absatz 2 kann auch die Ausfuhr und das Verbringen von Energieerzeugnissen aus dem Steuergebiet erlaubt werden, sofern Steuerbelange nicht beeinträchtigt sind.

(5) Die Erlaubnis nach den Absätzen 2 und 4 wird auf Antrag unter Widerrufsvorbehalt Personen erteilt, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Sind Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar, ist die Erlaubnis von einer Sicherheit bis zur Höhe des Steuerwerts der voraussichtlich im Jahresdurchschnitt während zwei Monaten verwendeten oder verteilten Energieerzeugnisse abhängig. Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzung nach Satz 1 nicht mehr erfüllt ist oder eine angeforderte Sicherheit nicht geleistet wird. Die Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn eine geleistete Sicherheit nicht mehr ausreicht.

(6) Der Erlaubnisinhaber hat die Energieerzeugnisse, soweit er sie in seinem Betrieb verwenden will, unverzüglich aufzunehmen. Die Energieerzeugnisse dürfen nur zu dem in der Erlaubnis genannten Zweck verwendet oder abgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 312/07
vom
17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2007 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 26. März 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Dass bei der Tat II.2.b der Angeklagte die beiden Beihilfehandlungen - Transport von Geldmitteln aus Großbritannien in die Schweiz sowie Umtausch von Geldmitteln in eine andere Währung - erst nach der Sicherstellung der Betäubungsmittel beging, ohne allerdings hierüber informiert zu sein, hindert seine Strafbarkeit nicht (vgl. BGHR BtMG § 29 Beihilfe 1). Es bedurfte auch nicht weiterer Feststellungen, wie der anderweitig verfolgte F. diese Geldmittel anschließend im Einzelnen verwendete oder zu verwenden beabsichtigte. Aus dem Urteil ergibt sich hinreichend, dass der Angeklagte durch die Handlungen das auf den Umsatzerfolg zielende, auf einem organisierten Bezugs- und Absatzsystem basierende Verhalten des F. und seiner Mittäter unterstützte (vgl. in diesem Sinne BGHSt 43, 158; BGHR aaO).
Rechtliche Bedenken bestehen allerdings insoweit, als das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, die Ermittlungsbehörden hätten aus ermittlungstaktischen Erwägungen nicht schon früher eingegriffen. Einen Anspruch eines Straftäters darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern , gibt es nicht; insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 MRK (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 172; Berg StraFo 2007, 74, 75 f.). Hierdurch ist der Angeklagte jedoch nicht beschwert. Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander
31
Ein Anspruch eines Straftäters darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern, besteht nicht. Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 506/02, NStZ-RR 2003, 172 f.; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635). Es wäre daher rechtsfehlerhaft gewesen, dies hier zugunsten des Angeklagten zu werten.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 391/12
vom
21. November 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2011 werden als
unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2
StPO). Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden und von den Gegenerklärungen
nicht entkräfteten Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen
Antragsschriften vom 18. September 2012. Die Annahme lediglich bedingt vorsätzlichen
Handelns beschwert die Angeklagten jedenfalls nicht.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Revision des Angeklagten R.
P. :
1. Der Rüge nach § 338 Nr. 3 StPO bleibt der Erfolg versagt; sie ist
schon im Ansatz verfehlt. Der Beschwerdeführer sieht die bereits mit Ablehnungsantrag
geltend gemachte Befangenheit der Berufsrichter der Strafkammer
darin, dass diese sich im Zwischenverfahren konkret zu einem möglichen
Strafmaß im Falle einer - dann nicht zustande gekommenen - Verständigung
ungefragt geäußert haben. § 202a StPO sieht jedoch gerade vor, dass das Gericht
- nach seinem Ermessen - den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten
erörtern kann, was neben einer bloßen Strukturierung des weiteren
Verfahrens auch die Vorbereitung einer verfahrensbeendenden Absprache umfasst
(vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 202a Rn. 2; Ritscher in BeckOKStPO
, § 202a Rn. 4; Reinhart in Radtke/Hohmann, StPO, § 202a Rn. 3). Hierbei
kann auch eine Strafober- und eine Strafuntergrenze angegeben werden
(vgl. § 257c StPO). § 202a StPO begründet für das Gericht weder eine Pflicht,
verfahrensfördernde Gespräche zu führen, noch eine solche, bei einem Gespräch
bezüglich der Straferwartung zu schweigen. Eine Bindungswirkung entfaltet
die Erörterung des Verfahrensstandes nach § 202a StPO nicht (BGH,
Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 426/11, NStZ-RR 2012, 148),
gleich ob der Verfahrensstand mündlich besprochen wurde oder dieser - wie
hier - Eingang in eine schriftliche Ausarbeitung gefunden hat, die zum Gegenstand
eines Gesprächs mit den Verfahrensbeteiligten gemacht wurde. Nach
§ 202a Satz 2 StPO ist der Inhalt geführter Erörterungen ohnedies zu dokumentieren
(vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10, wistra
2011, 139).
2. Auch die Rüge einer Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO wegen
der Ablehnung eines Beweisantrags als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos
greift nicht durch.

a) Die Verteidigung hatte beantragt, einen Referatsleiter der Oberfinanzdirektion
dazu zu vernehmen, dass die im Januar 2010 erklärte Zustimmung zur
Erstattung von Umsatzsteuer ebenso wie eine auf Antrag erteilte Unbedenk-
lichkeitsbescheinigung aus „ermittlungstaktischen Erwägungen“ erteilt worden
sei und „der Vorrang ermittlungstaktischer Erwägungen mit dem Landesfinanzministerium
abgeklärt war“. Diesen Antrag hat die Strafkammer- nach vorangegangenem
Hinweis („Erklärung des Vorsitzenden“, Anlage 4 zum Haupt-
verhandlungsprotokoll vom 5. Dezember 2012) - als aus tatsächlichen Gründen
bedeutungslos abgelehnt. Die Feststellung von Schuld und Schuldumfang werde
durch die unter Beweis gestellte Einbeziehung der Finanzbehörden nicht
beeinflusst, zumal es sich (angesichts des seinerzeit nicht ausermittelten Sachverhalts
und des andernfalls gefährdeten Ermittlungserfolges) nicht um vorwerfbares
Verhalten der Ermittlungsbehörden gehandelt habe, das die Tatgenese
ausgelöst hätte.

b) Die Behandlung dieses Beweisantrags weist keinen Rechtsfehler auf.
Sie entspricht vielmehr den im Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2010
(1 StR 275/10, NJW 2011, 1299 mwN) dargelegten Grundsätzen, von denen
abzuweichen der Senat auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens
keine Veranlassung sieht.
(1) Der Tatbestand der Steuerhinterziehung in der hier einschlägigen Variante
des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt keine gelungene Täuschung voraus; anders
als bei § 263 StGB kann daher eine Tatvollendung auch nicht dadurch
entfallen, dass die „Täuschung“ erkannt wird. Im Gegensatz zu § 370 Abs. 1
Nr. 2 AO ist bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - schon nach seinem Wortlaut - nicht auf
eine Kenntnis oder Unkenntnis der Finanzbehörden abzustellen oder das ungeschriebene
Merkmal der "Unkenntnis" der Finanzbehörde vom wahren Sachverhalt
in den Tatbestand hineinzulesen (BGH, Beschluss vom 14. Dezember
2010 - 1 StR 275/10, NJW 2011, 1299 mwN; aA Joecks in Franzen/Gast/
Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rn. 198 f.). Es genügt vielmehr,
dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche
Tatsachen in anderer Weise als durch eine Täuschung für die Steuerverkürzung
oder das Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile ursächlich werden.
Selbst wenn (was hier nicht einmal behauptet wird) der zuständige Veranlagungsbeamte
und die zuständige Finanzbehörde von allen für eine zutreffende
Besteuerung bedeutsamen Tatsachen Kenntnis haben und im Besitz aller hierfür
erforderlichen Beweismittel sind, kann dies einer Tatvollendung daher nicht
entgegen stehen.
Entgegen der Auffassung der Revision gelten diese Grundsätze unbeschadet
davon, ob allein das Täterhandeln (wie z.B. in Fällen des § 168 Satz 1
AO) oder aber erst das hieran anknüpfende Handeln der Finanzbehörden (wie
hier gemäß § 168 Satz 2 AO) die zum Taterfolg führende Steuerfestsetzung
bewirkt. Für alle diese Fälle sieht § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 AO eine
Strafschärfung vor, wenn ein Finanzbeamter an der Tat mitwirkt. Da § 370
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AO nicht nur auf den unzuständigen Beamten anzuwenden
ist (die Unzuständigkeit ist nur eine Form des zur Strafschärfung führenden
Amtsmissbrauchs; vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07, NStZ
2007, 596 mwN; Jäger in Klein, AO, 11. Aufl. § 370 Rn. 285), kann auch die
Kenntnis aller Tatumstände beim zuständigen Finanzbeamten (etwa demjenigen
, der von ihm für seinen Zuständigkeitsbereich selbst gefertigte falsche
Steuererklärungen bearbeitet) einer Tatvollendung nicht entgegenstehen,
gleich ob er kollusiv mit dem Erklärenden zusammenwirkt oder nicht. In dem
aus Sicht des Täters erwartungsgemäß eingetretenen Taterfolg realisieren sich
stets der durch Abgabe einer unrichtigen Erklärung in Gang gesetzte Kausalverlauf
und die von § 370 AO rechtlich missbilligte Gefährdung des Steueraufkommens.
Ein Vergleich mit Fällen eigenverantwortlicher Selbstschädigung (so
Steinberg wistra 2012, 45 ff.) muss versagen, wie die unter Umständen in Betracht
kommende Strafbarkeit des wissenden, aber pflichtwidrig (vgl. § 85 AO)
gleichwohl veranlagenden Finanzbeamten nach § 266 StGB zeigt. Die Kenntnis
des Veranlagungsbeamten oder der Finanzbehörden vom wahren Sachverhalt,
mag sie dem Täter bekannt oder unbekannt sein, entlässt diesen nicht aus seiner
Verantwortung zur Abgabe zutreffender Steuererklärungen; dass zu seinem
Handeln das eigenverantwortliche Handeln eines Finanzbeamten hinzutritt,
lässt die Zurechnung des vom Täter verursachten Handlungserfolgs nicht entfallen.
(2) Mit dem Beweisantrag wurden auch keine Umstände behauptet, die
zur Nichtigkeit eines die Steuerfestsetzung bewirkenden Verwaltungsaktes geführt
haben. Weder die durch die Ermittlungen bestätigte materielle Unrichtig-
keit der Steuerfestsetzung noch die behaupteten „ermittlungstaktischen Gründe“
stellen einenNichtigkeitsgrund i.S.v. § 125 AO dar. Ein Verwaltungsakt ist
nicht allein deswegen nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder
die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden
sind. Die zur Nichtigkeit führende besondere Schwere eines Fehlers liegt nur
vor, wenn er die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen
in einem so hohen und offenkundigen Maße verletzt, dass von niemandem
erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlichanzuerkennen
(BFH, Urteil vom 16. September 2010 - V R 57/09, DStR 2010, 2400). Hier
durften die Finanzbehörden (zumal, wenn dies - wie behauptet - „mit dem Lan-
desfinanzministerium abgeklärt“ gewesenwar) angesichts der Gefahr, andernfalls
den Erfolg der äußerst umfangreichen Ermittlungen zur Aufdeckung und
Zerschlagung eines groß angelegten Umsatzsteuerhinterziehungssystems (hier
mit einem Gesamtschaden von weit mehr als 100 Mio. €) zu gefährden, der
Ermittlungstaktik Vorrang vor der Verhinderung einer einzelnen Tatvollendung
durch Ablehnung der Zustimmung gemäß § 168 Satz 2 AO geben. Denn Straftäter
haben keinen Anspruch darauf, dass die Finanz- oder die Ermittlungsbehörden
rechtzeitig gegen sie einschreiten, um den Eintritt des Taterfolgs zu
verhindern (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10, NJW
2011, 1299 mwN).
(3) Auch soweit die Revision vorbringt, die Beweisbehauptung habe für
die subjektive Tatseite Bedeutung, weil die nur aus ermittlungstaktischen Gründen
erteilte Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO und eine aus den gleichen
Gründen antragsgemäß erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung „Einfluss auf
die subjektive Einschätzung“ des Angeklagten „ausüben konnten“, zeigt sie kei-
nen Rechtsfehler auf. Es kann dahinstehen, ob die Revision schon deswegen
versagt, weil nach dem Hinweis in der Erklärung des Vorsitzenden und den
Gründen des Ablehnungsbeschlusses offensichtlich war, dass die Strafkammer
diese nicht naheliegende Bedeutung dem Beweisantrag nicht beizumessen
vermochte, und es die Verteidigung gleichwohl unterlassen hat, diesem aus
ihrer Sicht bestehenden Fehlverständnis entgegenzuwirken (zu diesem
Rechtsgedanken vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2008 - 5 StR 113/08,
NStZ-RR 2008, 382; BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 181/08, NStZ
2009, 171; auch BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09, Rn. 28).
Denn es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt
davon ausging, dass die für das Bestehen eines Umsatzsteuerhinterziehungssystems
sprechenden Umstände (UA S. 96 ff.) nicht nur ihm, sondern
auch den Finanzbehörden bekannt und damit Gegenstand von deren Prüfung
waren, so dass nicht erkennbar ist, dass der von der Revision angeführte Gesichtspunkt
tatsächlich von Bedeutung hätte sein können.
(4) Die Strafkammer musste dem Beweisantrag auch mit Blick auf die
Strafzumessung keine Bedeutung zubilligen. Es kann einen Täter regelmäßig
nicht entlasten, dass Ermittlungsbehörden nicht rechtzeitig gegen ihn einschreiten
, um den Eintritt des Taterfolgs zu verhindern, oder ihm laufende Ermittlungen
nicht offenbart werden (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR
275/10, NJW 2011, 1299 mwN). Umstände, die einen über eine bloße Mitursächlichkeit
hinausgehenden konkreten Einfluss auf die Tatausführung gehabt
(hierzu vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - 3 StR 474/08, NStZ-RR 2009,
167) oder ein Einschreiten der Finanz- und Ermittlungsbehörden unabweisbar
geboten hätten (dazu vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR
191/04, NJW 2005, 763) und die daher Einfluss auf die Strafzumessung hätten
haben können (zum Ganzen auch Miebach in MünchKomm-StGB, 2. Aufl., § 46
Rn. 142 ff.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung,
5. Aufl., Rn. 1847, 1860; Meyberg PStR 2011, 58, 59), hat die Verteidigung
nicht unter Beweis gestellt.
RiBGH Dr. Wahl ist erkrankt
und deshalb an der Unterschrift
gehindert.
Nack Nack Jäger
Sander Radtke
31
Ein Anspruch eines Straftäters darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern, besteht nicht. Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 506/02, NStZ-RR 2003, 172 f.; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635). Es wäre daher rechtsfehlerhaft gewesen, dies hier zugunsten des Angeklagten zu werten.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 474/08
vom
29. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Januar
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
- in der Verhandlung,
Staatsanwalt
- bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 17. Juni 2008 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit dem wirksam auf den Strafausspruch beschränkten, zu Lasten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision hat keinen Erfolg.
2
Die Strafe hat Bestand. Das Landgericht hat allerdings mit "erheblichem Gewicht" zugunsten des Angeklagten gewürdigt, dass die Justizvollzugsanstalt "in nicht mehr nachvollziehbarer Weise" den "wegen einer Reihe von erheblichen Gewaltdelikten vorbestraften schwerkriminellen" Angeklagten mit dem Geschädigten R. eine psychisch labile, suizid-gefährdete Person, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte, in eine Zelle gelegt und damit eine Eigendynamik in Gang gesetzt habe. Der Angeklagte habe sich vor der Tat zu einem zukünftig straffreien Leben entschlossen gehabt, sich nun aber durch die charakterlich angelegte Konflikt- und Durchsetzungsschwäche des Geschädigten zur Tatbegehung provoziert gefühlt.
3
Das Landgericht könnte mit diesen Erwägungen zu Gunsten des Angeklagten eine staatliche Mitverantwortung für das strafbare Geschehen - einen bestimmenden Strafzumessungsgrund (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 60) - berücksichtigt haben. Indes ergibt sich - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - eine staatliche Mitverantwortung aus den getroffenen Feststellungen nicht. Der Angeklagte war zwar schon mehrfach wegen Gewaltdelikten verurteilt worden, diese standen jedoch jeweils im Zusammenhang mit Vermögensdelikten. Hinweise darauf, dass er Gewalt angewendet hätte , um Schwächere zu demütigen oder gar Sexualdelikte zu begehen, wie bei der vorliegenden Tat, lagen nicht vor. Schlussfolgerungen darauf, dass eine Zusammenlegung mit dem Geschädigten zu einem Delikt wie dem Vorgefallenen hätte führen können, waren daher entgegen der Auffassung der Kammer aus den festgestellten Vorstrafen nicht zu ziehen, zumal die Kammer selbst hervorgehoben hat, dass der Angeklagte sich vor der Tat zu einem künftig straffreien Leben entschlossen und dies auch durch sein Verhalten in der Justizvollzugsanstalt bestätigt hatte. Eine Vorhersehbarkeit der Tat für die Verantwortlichen der Vollzugsanstalt in dem Sinne, dass ihnen die Tatgenese vorwerfbar und aus diesem Grund die Schuld des Angeklagten gemindert wäre, wird somit durch die Feststellungen nicht getragen. Die bloße kausale Verursachung durch das Zusammenlegen vom Angeklagten und Geschädigten ist als solche nicht geeignet, sich auf den Schuldumfang auszuwirken, zumal die Suizidneigung des Geschädigten objektiv gegen dessen Unterbringung in einer Einzelzelle sprach.
4
Gleichwohl nötigen diese rechtlich bedenklichen Erwägungen unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil bei Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutsamen Gesichtspunkte die verhängte Rechtsfolge jedenfalls noch angemessen ist (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO).
5
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach dieser Vorschrift (vgl. dazu BVerfG NStZ 2007, 598) liegen vor. Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter , vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Es gibt keine Anhaltspunkte für erst nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend feststellen und berücksichtigen würde. Becker Miebach von Lienen Sost-Scheible Schäfer

(1) Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 dürfen steuerfrei verwendet werden zu anderen Zwecken als

1.
zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff,
2.
zur Herstellung von in § 4 genannten Kraft- oder Heizstoffen.
Eine steuerfreie Verwendung ist ausgeschlossen, wenn in der Verwendung eine Herstellung nach § 6 liegt. Satz 2 gilt nicht, wenn zur Herstellung eines Energieerzeugnisses im Sinn des § 4 Waren der Unterpositionen 2710 12 21, 2710 12 25, 2710 19 29 und mittelschwere Öle der Unterposition 2710 20 90 der Kombinierten Nomenklatur eingesetzt werden und diese im Sinn des § 4 Nr. 3 nicht unter Steueraussetzung befördert werden können.

(2) Energieerzeugnisse dürfen steuerfrei verwendet werden als Probe zu Untersuchungszwecken.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

31
Ein Anspruch eines Straftäters darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern, besteht nicht. Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 Abs. 1 EMRK (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 506/02, NStZ-RR 2003, 172 f.; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 1 StR 312/07, NStZ 2007, 635). Es wäre daher rechtsfehlerhaft gewesen, dies hier zugunsten des Angeklagten zu werten.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 407/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 30. März 2012 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte B. wurde wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen , davon drei Fälle des Versuchs, zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Von der zeitlich ersten Tat abgesehen, hat er nach den Urteilsfeststellungen die Taten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten M. begangen. Dieser wurde wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen, davon drei Fälle des Versuchs, ebenso zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Der Angeklagte B. war alleiniger Gesellschafter der H. GmbH (künftig: H. ); der Angeklagte M. (formal) deren alleiniger Geschäftsführer.
4
Den Taten liegt im Kern zugrunde, dass in den für die H. abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. Dieser ging auf Scheinrechnungen mit Umsatzsteuerausweis zurück, die bei der H. entsprechend verbucht worden waren.
5
Zu Vorgeschichte und Ablauf der Taten ist Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte B. war Alleinverantwortlicher der HAB, die mit gebrauchten Baumaschinen handelte. Sie hatte wirtschaftliche Schwierigkeiten, als er Ende 2008/Anfang 2009 den Angeklagten M. kennenlernte. Dieser hatte ebenfalls wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mehrere von ihm geführte Unternehmen hatten Insolvenz anmelden müssen. Er war nach Verbüßung einer im Jahre 2003 wegen Umsatzsteuerhinterziehung (Schaden über 1,5 Mio. DM) verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erwerbslos und musste von Angehörigen unterstützt werden. Die Angeklagten vereinbarten , künftig im Rahmen der H. gezielt Umsatzsteuer zu hinterziehen, „ähnlich wie M. … in der Vergangenheit“.
7
M. wurde nach der ersten Tat im Mai 2009 wegen der guten "Zusammenarbeit" zum (alleinigen) Geschäftsführer der H. bei einem Fixgehalt von 1.200 Euro netto bestellt. Von seiner Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen abgesehen, hatte er mit den Geschäften der H. kaum zu tun, war in die Abgabe von Steuererklärungen nicht involviert und konnte nur begrenzt auf Firmenkonten zugreifen. „Eigentlicher Chef“ der H. war und blieb B. .
8
Durchgeführt wurden die Umsatzsteuerhinterziehungen wie folgt:
9
M. hatte und schuf Kontakte zu Verkäufern von Baumaschinen in den Niederlanden und erwarb dort Baumaschinen mit Bargeld, das ihm B. hierfür überlassen hatte. Dabei spiegelte M. den niederländischen Verkäufern vor, nicht für die H. , sondern für andere deutsche Firmen aufzutreten, sodass die Verkäufer ihre Ausgangsrechnungen auf die vermeintlich von M. vertretenen Firmen ausstellten. Als einer der Verkäufer mit der vermeintlich von M. vertretenen Firma in Kontakt treten wollte, sorgte M. dafür, dass ihn, „um die Legende nicht zu gefährden“, zu diesem Zweck der (hier wegen Beihilfe ebenfalls abgeurteilte, nicht revidierende) Mitangeklagte K. begleitete.
10
Soweit einzelne Baumaschinen in anderen EU-Ländern gekauft worden waren, war dort nicht M. , sondern ein Angestellter der H. mit Wissen und Wollen der Angeklagten so wie geschildert tätig geworden.
11
In der Buchhaltung der H. wurden hinsichtlich der Baumaschinenan- käufe Scheinrechnungen verbucht, aus denen sich „ein inländischer Erwerb ergab“. In den Rechnungsköpfen waren jeweils als Veräußerer verschiedene in Deutschland ansässige, allerdings nicht im Baumaschinenhandel tätige Firmen ausgewiesen.
12
Diese Scheinrechnungen „ließ(en) sich unter Ausnutzung von Kontakten des Angeklagten M. leicht“ erstellen. Er kannte den gesondert verfolgten I. , der aus früherer Tätigkeit über vorlagegeeignete Unterlagen dieser Firmen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen verfügte.
13
Auf der Grundlage von 194 Scheinrechnungen wurde vom ersten Quartal 2009 bis Dezember 2010 in insgesamt 20 Voranmeldungszeiträumen unberechtigter Vorsteuerabzug geltend gemacht. Den in den Umsatzsteuervoranmeldungen bis einschließlich Mai 2010 und nochmals im Juli und August 2010 jeweils geltend gemachten Erstattungen erteilte das Finanzamt die Zustimmung und es kam zur Auszahlung seitens des Finanzamts. Wegen dieser Auszahlungen kam es bereits im Frühjahr 2010 zu einer Umsatzsteuersonderprüfung. Auch wenn sie zunächst keine konkreten Verdachtsmomente ergab, führte sie dazu, dass die H. nunmehr Belege (also die Scheinrechnungen) vorlegen musste. Deren Überprüfung führte letztlich dazu, dass für die Voranmeldungszeiträume September bis November 2010 der jeweils geltend gemachten Auszahlung von Guthaben nicht mehr zugestimmt wurde. In den letztlich vergeblichen Versuch, in diesem Zusammenhang das Finanzamt zu täuschen, war auf Initiative M. s erneut auch K. verwickelt.
14
In den Voranmeldungszeiträumen Juni und Dezember 2010 meldete die H. Zahllasten an, so dass es einer Zustimmung des Finanzamts in diesen Fällen nicht bedurfte.
15
Insgesamt belief sich der unberechtigt geltend gemachte Vorsteuerabzug auf über 1,3 Mio. Euro.
16
Im weiteren Verlauf wurde ein gegen die H. gerichteter Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.
17
Die Revision des Angeklagten B. ist näher ausgeführt auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt, die Revision des Angeklagten M. auf die näher ausgeführte Sachrüge. Die Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
18
I. Verfahrensrüge(n) des Angeklagten B. :
19
Das Vorbringen, „diverse“ Beweisanträge seien zurückgewiesen und Hilfsbeweisanträge „zum Teil“ nicht beschieden, genügt nicht den Anforderun- gen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und wäre unbegründet.
20
1. Die Strafkammer hat die von der Revision genannten Anträge mit einzelfallbezogener Begründung (z.B. wegen Bedeutungslosigkeit, Wahrunterstellung u.a.) abgelehnt.
21
Nach dem Revisionsvorbringen sollen sämtliche Beschlüsse im Kern (offenbar ) deshalb fehlerhaft sein, weil die Strafkammer die von ihr erhobenen Beweise nach Auffassung der Revision falsch gewürdigt hat. Insoweit, so die Revision selbst, „vermengt sich die … Prozessrüge mit der Sachrüge“. Auf die Ablehnung der einzelnen Anträge geht die Revision nur vereinzelt konkret ein.
22
Bei einer Reihe dieser Anträge handelte es sich nicht um Beweisanträge, sondern Beweisermittlungsanträge:
23
a) Der Antrag auf Vernehmung sämtlicher in der Anklage aufgeführten (§ 200 Abs. 1 Satz 2 StPO), aber noch nicht vernommenen Zeugen nennt kein Beweisthema. Auch verdeutlicht das Revisionsvorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, um welche Zeugen es sich konkret handelt.
24
b) Der Zeuge W. sollte bekunden, er hätte „entweder bei einer Baufirma oder einer Nutzfahrzeugshandelsfirma“ Fahrzeuge abgeholt, und dabei im Auf- trag M. s entweder „in dessen eigenem oder fremden Namen“ gehandelt. Sind mehrere, sich gegenseitig ausschließende Tatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt, fehlt auch bei einem einheitlichen Beweisziel eine bestimmte Tatsachenbehauptung (BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN).
25
c) Der Antrag, zum Beweis des Herkunftsorts der Lieferungen des ersten Halbjahres 2009 die „entsprechenden Frachtpapiere“ zu verlesen,hätte erfordert , die einschlägigen Dokumente erst aus einer Vielzahl vergleichbarer Dokumente herauszusuchen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98 mwN).
26
d) Ob der Antrag auf erneute Vernehmung eines Zeugen ein Beweisantrag ist, hängt davon ab, wozu er bereits ausgesagt hatte (BGH, Urteil vom 21. März 2002 - 5 StR 566/01 mwN). Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.
27
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch Zurückweisung dieser Anträge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1997 - 1 StR 627/97 mwN) ist weder ausdrücklich noch der Sache nach in zulässiger Form geltend gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Strafkammer zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt hätte.
28
2. Die Behauptung, Hilfsbeweisanträge seien im Urteil übergangen, ist unbehelflich, da deren Inhalt nicht mitgeteilt ist.
29
3. Auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus dem insgesamt pauschal gehaltenen Revisionsvorbringen und den Urteilsgründen Teile herauszufiltern, die zu einer hinreichend angebrachten Rüge zusammengefügt werden könnten. Dann bestimmte statt des hierzu berufenen Revisionsführers das Revisionsgericht selbst den Gegenstand seiner Überprüfung.

30
4. Selbst wenn man - in welchem Umfang auch immer - einzelne Verfahrensrügen für zulässig erhoben hielte (was, wie dargelegt, zu verneinen ist), wären sie unbegründet, wie dies der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat.
31
II. Zur Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs:
32
1. Die Auffassung (Revisionsbegründung M. ), der Umfang der hinterzogenen Steuern sei mangels hinreichender Darlegung nicht überprüfbar, ist unzutreffend. Jede Scheinrechnung ist tabellarisch aufgeführt, ebenso die darin ausgewiesene Umsatzsteuer. Auch ist für jeden Voranmeldungszeitraum die sich daraus ergebende Gesamtsumme zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuer ausdrücklich genannt.
33
2. Auch sonst sind die Schuldsprüche rechtsfehlerfrei.
34
a) Angeklagter B. :
35
Das Revisionsvorbringen zeigt die Möglichkeit einer den Angeklagten belastenden rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung nicht auf.
36
b) Angeklagter M. :
37
Die Strafkammer hat, ihren Beurteilungsspielraum bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (BGH, Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04) nicht überschritten. Zwar erbrachte M. seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der falschen Steuererklärungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86); aufgrund dieser Tatbeiträge kam ihm jedoch nach der rechtsfehlerfreien Wertung der Strafkammer eine „Schlüsselstellung“ bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zu. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen und die erforderlichen Kontakte und sorgte dafür, dass I. und K. die Taten unterstützten. Unter diesen Umständen brauchte die Strafkammer auch die Annahme von Mittäterschaft nicht breiter als geschehen zu begründen.
38
Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht ersichtlich.
39
III. Zur Sachrüge hinsichtlich der Strafaussprüche:
40
1. Zu den Strafrahmen:
41
Die Strafkammer hat die Strafrahmen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt, jedoch ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten:
42
a) Täuscht der Täter, wie hier, steuermindernde Umstände vor, indem er nicht bestehende Vorsteuerbeträge geltend macht, liegt (hier auf den jeweiligen Anmeldungszeitraum bezogen) ab einem Betrag von 50.000 Euro eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) vor. Dies hat die Strafkammer nicht verkannt, sie hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht auf die allein maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten (bzw. in den Versuchsfällen: geltend gemachten) Vorsteuerabzugs abgestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 1 StR 579/11). Vielmehr hat sie darauf abgestellt, ob es „zu Auszahlungen in Höhe von mehr als 50.000 Euro gekommen war“.
43
b) Die Frage, ob und in welcher Höhe es zu Auszahlungen gekommen ist, sagt aber nichts über die Höhe der verkürzten Steuern aus. Vielmehr hängt die Höhe von Auszahlungen oder verbleibenden Zahllasten allein von der Höhe der gemäß § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer einerseits und der Höhe der insgesamt geltend gemachten Vorsteuerbeträge andererseits ab. In dieses Ergebnis (Saldo) können also auch wahrheitsgemäß geltend gemachte Vorgänge einfließen. Wahrheitsgemäße Angaben können aber auf die Höhe des durch falsche Angaben zu anderen Vorgängen verursachten Schadens keinen Einfluss haben.
44
c) Der aufgezeigte Mangel bei der Strafrahmenbestimmung bleibt hier im Ergebnis unschädlich. In den Fällen, in denen die Strafkammer von einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes ausgegangen ist, lag der Verkürzungsbetrag stets über 50.000 Euro. Soweit die Strafkammer wiederholt, meist durch das Abstellen auf die Höhe der Auszahlungsbeträge (für die Abrechnungszeiträume zweites Quartal 2009, Dezember 2009, Februar 2010, Juni 2010, August 2010, September 2010, November 2010) zu Unrecht eine Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall verneint hat (zum Strafrahmen in den Versuchsfällen vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 mwN), sind die Angeklagten nicht beschwert.
45
d) Soweit besonders schwere Fälle angenommen sind, bestehen zur subjektiven Seite (auch) des Angeklagten M. - anders als seine Revision meint - keine Bedenken. Er war bei der H. ausschließlich zum Zwecke der Steuerhinterziehung tätig und hat sie maßgeblich ermöglicht. Die Möglichkeit, dass sein Vorsatz eine Steuerhinterziehung in dem jeweilig gegebenen Umfang nicht umfasst hätte, liegt daher fern (in vergleichbarem Sinne BGH, Beschluss vom 26. März 2004 - 1 StR 567/03; Urteil vom 4. September 1996 - 2 StR 299/96), auch wenn er an der Erstellung der unrichtigen Steuererklärungen nicht unmittelbar beteiligt war. Fernliegende Möglichkeiten sind aber nicht erörterungsbedürftig.
46
2. Zur konkreten Strafzumessung:
47
a) Auch hierbei hat sich der aufgezeigte Mangel nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt. In den meisten Fällen führte er dazu, dass die Strafkammer von einem zu niedrigen Hinterziehungsbetrag ausgegangen ist. Die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung des Steuerschadens hat sich aber auch in den wenigen Fällen nicht verändert, in denen die Strafkammer von einem zu hohen Betrag ausgegangen ist.
48
b) Das Revisionsvorbringen des Angeklagten M. zeigt die Möglichkeit beschwerender Rechtsfehler nicht auf:
49
(1) Zu Unrecht nicht strafmildernd gewertetes Verhalten des Finanzamts ist nicht ersichtlich. Das Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der Sonderprüfung - so sei etwa ein gebotener Abgleich von Steuernummern unterblieben - kann auf sich beruhen. Ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass staatliche Stellen rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. (Vorwerfbares) Verhalten des Steuerfiskus kann regelmäßig allenfalls dann zu einer milderen Beurteilung von Steuerhinterziehung führen, wenn es das Täterverhalten unmittelbar beeinflusst hat und die Tatgenese den staatlichen Entscheidungsträgern vorzuwerfen ist (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10 mwN). Hierfür spricht vorliegend nichts. Vielmehr haben die Ermittlungen des Finanzamtes den (die) Angeklagten nicht von der Fortsetzung des bisherigen strafbaren Verhaltens abgehalten. Dies spricht für besondere kriminelle Hartnäckigkeit, ergibt aber offensichtlich keine strafmildernden Gesichtspunkte.
50
(2) Vergeblich macht die Revision geltend, die Strafkammer habe die strafmildernde Bedeutung serienmäßiger Tatbegehung verkannt:
51
Eine strafmildernde Berücksichtigung serienmäßiger Tatbegehung kann vor allem dann zu erwägen sein, wenn die einzelnen Taten räumlich, zeitlich oder sonst besonders eng verschränkt sind. Dies ist hier nicht der Fall. Im Übrigen kann sich das Vorliegen einer Vielzahl gleichartiger Taten je nach den Umständen des Falles auf die Strafzumessung unterschiedlich auswirken (BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - 2 StR 130/91 mwN). Allein die zunehmende Gewöhnung an die Begehung gleichartiger Straftaten wäre aber nicht strafmildernd (BGH, Urteil vom 18. September 1995 - 1 StR 463/95). Anderes ist hier nicht ersichtlich.
52
Der Senat bemerkt, dass der Unwertgehalt von Steuerstraftaten maßgeblich auch durch die Höhe des Steuerschadens bestimmt ist. Da serienmäßige Tatbegehung bei Steuerstraftaten zu höherem Steuerschaden führt, hat sie regelmäßig strafschärfende Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 jew. mwN).
53
(3) Die Revision meint, I. habe zwar einen „gleichgewichtigen oder gar noch gewichtigeren Tatbeitrag“ geleistet, sei aber dennoch bisher nicht angeklagt oder verurteilt worden. Dies hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.
54
Die Urteilsgründe ergeben schon keine nachvollziehbare Grundlage für die genannte Gewichtung des Tatbeitrages von I. und bestätigen auch den behaupteten Verfahrensstand nicht.
55
Unabhängig davon hat aber der Stand eines Verfahrens gegen einen anderen Tatbeteiligten ohnehin für die Strafzumessung keine Bedeutung. Es gilt nichts anderes als hinsichtlich der Strafzumessung gegen Tatbeteiligte in anderen Urteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 mwN). Die Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf Rechtsprechung zur Strafzu- messung gegen „Mauerschützen“ (BGH, Urteil vom 3.November 1992 - 5 StR 370/92) oder in vergleichbaren Fällen (BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92), wonach auch eine Rolle spielte, dass damals hierarchisch übergeordnete Verantwortliche noch nicht abgeurteilt waren. Derartige Besonderheiten liegen hier nicht vor.
56
(4) Die Revision hält es unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 für strafmildernd, dass der Angeklagte trotz seines verhältnismäßig geringen Beuteanteils gemäß § 71 AO als Haftungsschuldner für die gesamte hinterzogene Steuer herangezogen werden könne.
57
Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
58
aa) § 71 AO hat Schadensersatzcharakter und ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten (vgl. zusammenfassend Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 71 Rn. 2 mwN). Letztlich muss derjenige, der sich an einer Steuerhinterziehung beteiligt, für den von ihm (mit)verschuldeten Schaden ebenso einstehen, wie sonst ein Beteiligter an einer unerlaubten Handlung auch (§ 830 BGB). Allein die gesetzliche Pflicht, schuldhaft - hier vorsätzlich - (mit)verursachten Schaden ersetzen zu müssen, kann sich jedenfalls regelmäßig nicht strafmildernd auswirken.
59
bb) Es entspricht auch nicht der sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , möglicherweise wegen der Straftat (bzw. des Strafurteils) zu erwartenden behördlichen Anordnungen strafzumessungsrechtliche Bedeutung zuzuerkennen, wenn die Verwaltungsbehörde dabei die Umstände des Einzelfalls in ihre Entschließung einzubeziehen hat (st. Rspr.; zu möglichen ausländerrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 mwN). Die Möglichkeit fachgerichtlicher Überprüfung dieser Maßnahmen schützt vor besonderen, vom Gesetzeszweck nicht umfassten Härten (BGH aaO).
60
Es liegt nahe, diese Grundsätze auch hier anzuwenden. Ein Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 AO steht im Ermessen der Finanzbehörden (zu den dabei wesentlichen Gesichtspunkten vgl. Rüsken aaO § 191 Rn. 30 - 62 mwN). Eine entsprechende Entscheidung unterliegt finanzgerichtlicher Überprüfung ; dabei ist Besonderheiten des Einzelfalles erforderlichenfalls Rechnung zu tragen (vgl. nur BFH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XI R 3/03; zu vorläufigem gerichtlichen Rechtsschutz vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 24. April 2012 - 2 V 233/11).
61
cc) Unabhängig davon käme eine strafmildernde Berücksichtigung einer möglichen Heranziehung gemäß § 71 AO allenfalls dann in Betracht, wenn der Angeklagte nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung „rechnen muss“ (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01) und dies eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Ur- teil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06). Anhaltspunkte für eine solche Prognose sind jedoch nicht erkennbar:
62
Der Angeklagte ist erwerbs- und vermögenslos. Daher würden ihn auch die praktischen Folgen eines Haftungsbescheides schwerlich in besonderem Maße belasten, selbst wenn das Finanzamt, das schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen naheliegend auch berücksichtigt, bei wem der Steueranspruch „am schnellsten, leichtesten und sichersten realisiert werden kann“ (Rüsken aaO Rn. 60 mwN), einen solchen Bescheid gegen ihn erlassen sollte.
63
Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass fern liegende Möglichkeiten nicht erörtert werden müssen.
64
(5) Die Revision hält das Alter des (1949 geborenen) Angeklagten bei den Taten und bei einem (etwaigen) Strafantritt nicht für hinlänglich gewürdigt.
65
Das „fortgeschrittene Alter“ desAngeklagten ist bei der Strafzumessung genannt. Weitere Ausführungen waren nicht geboten.
66
Im Alter von 60 und 61 Jahren begangene Steuerhinterziehungen im Rahmen eines hierfür selbst geschaffenen komplexen Systems sprechen gegen einen für das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung bedeutsamen Altersabbau. Dies gilt umso mehr bei einem Angeklagten, der gleichartige Taten auch schon früher begangen hat (BGH, Urteil vom 11. August 1998 - 1 StR 338/98 mwN).

67
Die Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe hat den Angeklagten nicht von einschlägigen neuen Taten abgehalten. Ohne konkrete Anhaltspunkte musste daher hier nicht allein wegen des Zeitablaufs seit der letzten Strafverbüßung erwogen werden, ob er jetzt gleichwohl durch den Strafvollzug voraussichtlich besonders stark beeindruckbar (haftempfindlich) sein könnte.
68
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Alter des Angeklagten hier die Erörterung seiner Chance, zu Lebzeiten „wieder der Freiheit teilhaftig zu werden“ (BGH, Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05 mwN), erfordert hätte.
69
(6) Die Auffassung der Revision, für die Bemessung der Dauer des - angesichts seiner aus den Urteilsgründen ersichtlichen Komplexität ohne erkennbare Verzögerung durchgeführten - Verfahrens sei der Beginn des strafbaren Verhaltens maßgeblich, liegt neben der Sache.
70
(7) Gleiches gilt für die Ausführungen zu einer „Nähe der Tilgungsreife“ hinsichtlich der Vorstrafe. Diese wäre selbst bei straffreiem Verhalten erst 2020 tilgungsreif geworden (§ 46 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 47 Abs. 3 BZRG).
71
(8) Schließlich gehen auch die Angriffe dagegen fehl, dass der Angeklagte ebenso hoch bestraft wurde wie der Angeklagte B. . Die Strafkammer hat insoweit zusammenfassend erwogen, dass B- zwar ein „größeres Eigeninteresse“ an den Taten hatte, also hiervon erheblich mehr pro- fitierte, dafür aber nicht vorbestraft ist. Die Ausführungen der Revision erschöpfen sich in dem unbehelflichen Versuch, rechtsfehlerfreies tatrichterliches Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen.
72
3. Auch sonst sind keine die Angeklagten beschwerenden rechtsfehlerhaften Strafzumessungserwägungen ersichtlich.

RiBGH Hebenstreit ist in den Ruhestand getreten und daher an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Jäger Sander

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 153/08
vom
2. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Münster bei dem Amtsgericht Bocholt vom 11. September 2007, soweit es den Angeklagten M. betrifft, im Ausspruch über den Verfall eines Geldbetrages mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Zugleich hat es gegen ihn den Verfall eines Geldbetrages von 10.000 € angeordnet. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und wirksam (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 270; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 318 Rdn. 22) auf den Ausspruch über den Wertersatzverfall beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet.

II.


2
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte im Zeitraum Juli 2004 bis April 2006 in insgesamt 39 Fällen in den Niederlanden von diversen Lieferanten jeweils 300 g Kokain zu Grammpreisen von 35 oder 37 €, führte das Rauschgift sodann gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten L. in die Bundesrepublik Deutschland ein und veräußerte die Betäubungsmittel schließlich zu einem Grammpreis von 50 bis 60 € an verschiedene Abnehmer. Mit L. war pro Fahrt eine Entlohnung von 450 € vereinbart, die er sich vom Angeklagten größtenteils in Kokain auszahlen ließ.
3
2. Das Landgericht hat ungeachtet der missverständlichen Tenorierung ersichtlich - wie auch die Liste der angewendeten Vorschriften zeigt - gegen den Angeklagten in Anwendung der §§ 73, 73 a StGB den Verfall von Wertersatz angeordnet. Dies lässt im Ansatz Rechtsfehler nicht erkennen, da die vom Angeklagten unmittelbar aus den Drogengeschäften erlangten Geldscheine (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB) sich nicht mehr in dessen Besitz befinden, so dass ihr Verfall aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich im Sinne von § 73 a Satz 1 StGB ist. Zur Bemessung der Höhe des Verfallsbetrages hat die Strafkammer ausgeführt:
4
Der Angeklagte habe das Kokain gewinnbringend an seine Endabnehmer für einen Preis von zumindest 50 € je Gramm weiter veräußert, so dass er aus den Verkäufen der insgesamt 11,7 kg Kokain einen Gesamterlös von mindestens 585.000 € „erzielt haben dürfte“. Gleichwohl werde „unter Anwendung der Vorschrift der §§ 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB“ lediglich ein Geldbetrag von 10.000 € für verfallen erklärt. Der Angeklagte verfüge derzeit nur noch über einen Pkw im Wert von 8.814,57 €, eine Unfallversiche- rung mit einem Rückkaufwert von 3.511,86 € und eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 8.341,31 €, mithin über Vermögen im Gesamtwert von 20.673,74 €. Weitere Geldmittel oder Vermögen besitze er nachweisbar nicht. Sie - die Strafkammer - erachte lediglich die Anordnung eines Wertersatzverfalls von 10.000 € „als darstellbar“. Die Lebensversicherung sei 1994 abgeschlossen und ab November 2001 beitragsfrei gestellt worden. Damit stehe fest, dass dieser Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben worden sei. Bezüglich des dem Angeklagten darüber hinaus noch verbleibenden Restbetrages sei von den Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB auszugehen. In Anbetracht des ohnehin geringen Restvermögens sowie der Unterhaltsverpflichtungen des Angeklagten gegenüber seinen beiden Kindern erscheine eine weiter gehende Anordnung eines Wertersatzverfalls über den Betrag von 10.000 € hinaus als unbillige Härte.
5
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
a) Soweit das Landgericht von der Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB abgesehen hat, fehlt es hierfür an einer tragfähigen Begründung. Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB in erster Linie Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte maßgeblichen Umstände unterliegt daher grundsätzlich nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Mit der Revision kann jedoch beanstandet werden, dass das Tatbestandsmerkmal der „unbilligen Härte“ rechtsfehlerhaft interpretiert worden ist (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425).
7
aa) Die Annahme einer „unbilligen Härte“ im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB setzt nach ständiger Rechtsprechung eine Situation voraus, nach der die Anordnung des Verfalls das Übermaßverbot verletzen würde, also schlechthin „ungerecht“ wäre (vgl. BGH NStZ 1995, 495; wistra 2003, 424, 425; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 c Rn. 3). Die Auswirkungen müssen im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen; es müssen besondere Umstände vorliegen, auf Grund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann (W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rn. 7).
8
bb) Derartige Umstände hat das Landgericht nicht dargetan. Der Gesichtspunkt , dass dem Angeklagten nur ein „geringes Restvermögen“ verbleibe, stellt kein taugliches Kriterium dar. Aus § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB folgt, dass die - auch vollständige - Entreicherung des Täters als solche keine Härte darstellt , die (zwingend) zum Ausschluss der Verfallsanordnung nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB führt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; wistra 2003, 424, 425). Denn diese Bestimmung stellt die Anordnung des Verfalls auch in den Fällen in das Ermessen des Gerichts, in denen der Wert des Erlangten zur Gänze nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, d.h. auch in Fällen vollständiger Vermögenslosigkeit. Erst recht kann nicht von einer unbilligen Härte gesprochen werden, wenn dem Betroffenen - wie hier - ein Restvermögen von immerhin mehr als 10.000 € verbliebe. Ebenso wenig ist der nicht weiter spezifizierte Hinweis auf die Unterhaltsverpflichtungen des Angeklagten gegenüber seinen Kindern geeignet, die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 zu rechtfertigen (vgl. auch W. Schmidt in LK aaO). Ansprüche von Unterhaltsberechtigten werden regelmäßig durch Verfallsanordnungen betroffen. Darüber hinaus gehende besondere Umstände, die insoweit eine unzumutbare Härte begründen könnten, sind nicht festgestellt.
9
b) Auch die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB sind nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
10
aa) Allerdings beanstandet die Revision zu Unrecht, dass das Landgericht den Wert der Lebensversicherung des Angeklagten bei der Berechnung des Wertes des ihm verbliebenen Vermögens außer Ansatz gelassen hat.
11
(1) Zwar kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu den Straftaten hat; ebenso wenig hängt die Anordnung des Verfalls davon ab, ob der Angeklagte die vorhandenen Vermögenswerte unmittelbar mit Drogengeldern erworben hat oder ob er mit Drogengeldern andere Aufwendungen bestritten und erst mit den so eingesparten Mitteln das noch vorhandene Vermögen gebildet hat (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2 = wistra 2000, 298; Fischer aaO § 73 c Rn. 4 m.w.N.). Daher scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB regelmäßig aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem „verfallbaren“ Betrag zurückbleibt (BGH aaO).
12
(2) Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Steht zweifelsfrei fest, dass der fragliche Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde, ist eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB insoweit nicht ausgeschlossen (vgl. Senat BGHSt 48, 40, 42 f. mit zust. Anm. Rönnau NStZ 2003, 367; BGH NStZ-RR 2005, 104 [3. Strafsenat]; Joecks in Müko-StGB § 73 c Rn. 17 f.; Wolters/Horn in SK-StGB § 73 c Rn. 6; a.A. [nicht tragend] BGHSt 51, 65, 70 Tz. 23 [1. Strafsenat] mit abl. Anm. Dannecker NStZ 2006, 683). So liegt es hier. Das Landgericht hat zutreffend einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb des durch die 1994 abgeschlossene und im November 2001 beitragsfrei gestellte Lebensversicherung verkörperten Vermögenswerts und den vom Angeklagten Jahre später im Zeitraum Juli 2004 bis April 2006 erlangten Drogenerlösen ausgeschlossen.
13
(3) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird dadurch eine effektive Vermögensabschöpfung über die Verfallsvorschriften nicht in Frage gestellt (vgl. bereits BGHSt 48, 40, 43). Denn vorhandenes Vermögen behält, auch wenn es in keiner denkbaren Beziehung zum - nicht mehr vorhandenen - Wert des Erlangten steht und deshalb die Anwendbarkeit des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB nicht hindert, seine Bedeutung im Rahmen der nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung. Bestehen etwa Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bewusst unbemakeltes Vermögen geschont und seine Lebensführung und sonstige Ausgaben mit dem aus den Straftaten Erlangten bestritten hat, wird dies regelmäßig dazu führen, dass von der Möglichkeit des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kein Gebrauch zu machen ist.
14
bb) Die Urteilsausführungen lassen jedoch besorgen, dass das Landgericht bei der Verfallsentscheidung nicht im Blick gehabt hat, dass es sich bei § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB um eine Ermessensvorschrift handelt.
15
Das Landgericht hat, soweit es von einem Verfall des Wertersatzes nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB abgesehen hat, dies allein damit begründet, dass der durch die Lebensversicherung verkörperte Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben worden ist. Dies betrifft jedoch lediglich die Eingangsvoraussetzung der Norm, nicht aber die in einem zweiten Schritt vorzunehmende Ermessensentscheidung.
16
cc) Jedenfalls bilden die getroffenen Feststellungen keine tragfähige Grundlage für eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB.
17
Maßgebend für die Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB ist neben der Gesamthöhe des Erlangten und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere der Grund, aus welchem das Erlangte bzw. dessen Wert sich nicht mehr im Vermögen des Angeklagten befindet (vgl. BGH NStZ 2005, 455; NStZ-RR 2005, 104, 105; Joecks in Müko-StGB § 73 c Rn. 20 f.; W. Schmidt in LK aaO § 73 c Rn. 12). Hierbei können etwa das „Verprassen“ der erlangten Mittel oder ihre Verwendung für Luxus und zum Vergnügen gegen die Anwendung der Härtevorschrift sprechen; andererseits kann ihr Verbrauch in einer Notlage oder zum notwendigen Lebensunterhalt des Betroffenen und seiner Familie als Argument für eine positive Ermessensentscheidung dienen (BGHSt 38, 23, 25; BGH NStZ-RR 2005, 104, 105). Hierzu verhält sich das Urteil indes nicht. Der Senat vermag daher nicht zu überprüfen, ob das Landgericht diesen Gesichtspunkt - wie geboten - berücksichtigt hat und ob es insoweit von einem rechtlich zutreffenden Maßstab ausgegangen ist.
18
4. Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung der Verfallsentscheidung mit den zugehörigen Feststellungen. Bei der Bemessung des Wertes des vom Angeklagten aus den Drogenverkäufen Erlangten hat das Landgericht im Übrigen nicht berücksichtigt, dass nach den getroffenen Feststellungen der frühere Mitangeklagte L. sich seine Entlohnung von 450 € pro Fahrt vom Angeklagten „größtenteils“ in Kokain auszahlen ließ. Zwar hat der Angeklagte durch die Weitergabe des Kokains „an Zahlung Statt“ Aufwendungen in Form entsprechender Geldzahlungen erspart und damit aus den Taten auch etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt (vgl. W. Schmidt in LK aaO § 73 Rn.
22; Fischer aaO § 73 Rn. 9). Der Wert des dergestalt Erlangten kann jedoch nicht ohne weiteres nach den von den Abnehmern des Angeklagten für das Kokain gezahlten Grammpreisen bemessen werden. Insoweit wird der neue Tatrichter gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 73 b StGB) neue Feststellungen zu treffen haben.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Mutzbauer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.