Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2011 - IV ZB 17/10

bei uns veröffentlicht am12.10.2011
vorgehend
Amtsgericht Brühl, 24 C 227/08, 28.10.2009
Landgericht Köln, 1 S 20/10, 20.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 17/10
vom
12. Oktober 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Die aus dem Gebot des fairen Verfahrens in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip
folgende Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte führt nicht zu einer generellen
Verpflichtung zur sofortigen Prüfung der Zuständigkeit bei Eingang der
Rechtsmittelschrift. Jedoch ist die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift an das zuständige
Gericht im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs geboten, wenn die
Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei"
zu erkennen ist (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 20. April 2011
- VII ZB 78/09, NJW 2011, 2053 Rn. 13; vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11,
MDR 2011, 1193, 1194).
2. Solange die Akte im ordnungsgemäßen Geschäftsgang dem Richter nicht vorgelegen
hat, kommt es für die "leichte Erkennbarkeit" nur auf das Wissen des zuständigen
Geschäftsstellenbeamten an.
3. Die Änderung des § 119 Abs. 1 GVG mit Wirkung zum 1. September 2009 brauchte
ein Geschäftsstellenbeamter im Dezember 2009 nicht zu kennen.
BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011- IV ZB 17/10 - LG Köln
AG Brühl
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und
die Richterin Dr. Brockmöller
am 12. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20. Mai 2010 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 63.000 €

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten über eine Nutzungsentschädigung für ein vom Kläger genutztes Grundstück. Der Beklagte zu 3 wohnt in England. Die negative Feststellungsklage des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts vom 28. Oktober 2009 abgewiesen.
2
Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 2. November 2009 zugestellt. Am 10. November 2009 legte er Berufung beim Oberlandesgericht ein. In diesem Berufungsschriftsatz heißt es unter anderem: "Hinsichtlich der Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich diese aus § 119 Abs. 1 S. 1b GVG. Sollte das angerufene Ge- richt insoweit Bedenken haben, so erbitten wir einen rechtzeitigen Hinweis."
3
Dem Senatsvorsitzenden wurde die Akte erstmals mit einem Antrag des Klägers vom 21. Dezember 2009 auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2009 bewilligte dieser die beantragte Verlängerung und teilte zugleich mit, dass er den erbetenen Hinweis nicht erteilen könne, da sich die Gerichtsakten immer noch beim Amtsgericht befänden.
4
Im Anschluss an diesen Hinweis überprüfte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nochmals die Frage der Zuständigkeit und erkannte nunmehr, dass aufgrund der Änderung des § 119 Abs. 1 GVG mit Wirkung zum 1. September 2009 das Landgericht für die Berufung zuständig ist. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 legte er daraufhin Berufung beim Landgericht ein und beantragte wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Insoweit hat er geltend gemacht, dass ihm die Gesetzesänderung erst Anfang Januar 2010 bekannt geworden sei und auch vorher nicht habe bekannt sein müssen, zudem das Oberlandesgericht weder den erbetenen, ihm möglichen Hinweis erteilt noch die Akten mit der Berufungsschrift an das zuständige Landgericht weitergeleitet habe.
5
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Klägers.
6
II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
7
1. Die Versagung der Wiedereinsetzung verstößt nicht gegen das Grundrecht des Klägers auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG.
8
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein dem Kläger zuzurechnendes (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsfrist vorliegt, weil dieser die Änderung des § 119 Abs. 1 GVG mit Wirkung zum 1. September 2009 nicht kannte, als er im November 2009 Berufung zunächst zum Oberlandesgericht einlegte. Auch die Beschwerde erhebt gegen die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung keine Angriffe.
9
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht darüber hinaus die Kausalität dieses Verschuldens für die eingetretene Fristversäumung bejaht. Sie ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht deshalb zu verneinen, weil sich das Verschulden des Prozessbevollmächtigten wegen einer nachfolgenden Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch das Gericht nicht mehr ausgewirkt hätte.
10
aa) Hierfür kann es dahinstehen, ob der Senatsvorsitzende beim Oberlandesgericht dessen Unzuständigkeit auch ohne die noch nicht eingetroffenen Akten der Vorinstanz leicht erkennen konnte, als ihm die Akten wegen des Fristverlängerungsantrags vom 21. Dezember 2009 erstmalig vorgelegt wurden. Denn zu diesem Zeitpunkt war die am 2. Dezember 2009 endende Berufungsfrist (§ 517 ZPO) bereits abgelaufen. Weder ein Hinweis an den Kläger noch die Weiterleitung der Berufungsschrift an das Landgericht hätten an der Fristversäumnis etwas ändern können.
11
Ein Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens folgt aber auch nicht daraus, dass die Berufungsschrift dem Vorsitzenden nicht sofort zur Prüfung der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts vorgelegt worden ist. Die aus diesem Gebot in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte (vgl. dazu BVerfG NJW 2006, 1579 Rn. 8 f.) führt nicht zu einer generellen Verpflichtung zur sofortigen Prüfung der Zuständigkeit bei Eingang der Rechtsmittelschrift. Die Praxis, eingehende Berufungen zunächst lediglich durch die Geschäftsstelle erfassen zu lassen und erst nach Eingang der Berufungsbegründung einer richterlichen Zuständigkeitsprüfung zu unterziehen, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG aaO Rn. 10 f.). Sie entspricht vielmehr noch einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang.
12
Eine danach nicht bestehende sofortige Prüfungspflicht des Gerichts konnte auch nicht durch die Bitte um einen Hinweis auf etwaige Bedenken gegen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts in der Berufungsschrift begründet werden. Mit dieser Bitte konnte sich der Prozessbevollmächtigte seiner eigenen Verantwortung für die Einhaltung der Formalien bei Einlegung der Berufung nicht entheben.
13
Zwar hat die Erteilung von Hinweisen nach § 139 Abs. 4 ZPO "so früh wie möglich" zu erfolgen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Berufungsschrift dem Richter von der Geschäftsstelle abweichend vom normalen Geschäftsgang beschleunigt vorgelegt werden müsste, nur weil ein Hinweis beantragt ist. Die Vorschrift des § 139 Abs. 4 ZPO betrifft die Verfahrensleitung und Förderung durch das Gericht und greift daher erst ein, wenn der jeweilige Sachbearbeiter mit dem Verfahren befasst wird. Eine Vorverlagerung der Prüfungspflicht des Gerichts, ob und gegebenenfalls welche Hinweise zu erteilen sind, kann der Rechtsmittelführer mit einer einseitigen Bitte nicht herbeiführen.
14
Allerdings sind die Gerichte dann gehalten, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen ist; dies kann die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs gebieten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 2011 - VII ZB 78/09, NJW 2011, 2053 Rn. 13; vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11, MDR 2011, 1193, 1194).
15
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Nachdem - wie dargelegt - die erstmalige Befassung des Richters mit der Zuständigkeitsfrage erst nach Eingang der Rechtsmittelbegründung oder eines Fristverlängerungsantrags nicht zu beanstanden ist, kann es für die Frage der leichten Erkennbarkeit nur auf den Wissensstand des zuständigen Geschäftsstellenbeamten ankommen.
16
In diesem Punkt unterscheidet sich der Sachverhalt wesentlich von demjenigen, der der zitierten Entscheidung des XII. Zivilsenats vom 17. August 2011 zugrunde liegt. Gemäß § 64 FamFG ist in sämtlichen Verfahren in Familiensachen, die nach diesem Gesetz zu führen sind, die Beschwerde bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Die Fehlerhaftigkeit der Adressierung einer gleichwohl beim übergeordneten Gericht eingelegten Beschwerde kann danach auch ein dort tätiger Geschäftsstellenbeamter leicht erkennen.
17
Anders ist dies hier. Nachdem die Oberlandesgerichte über mehrere Jahre für Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte zuständig gewesen waren, wenn eine Partei ihren Wohnsitz im Ausland hat, musste die hier tätig gewordene Beamtin die Unzuständigkeit des Oberlandesgerichts nicht erkennen, weil die Kenntnis von der Änderung des § 119 Abs. 1 GVG von einem Geschäftsstellenbeamten nicht erwartet werden kann (vgl. BVerfG aaO Rn. 11). Damit bestand auch keine Veranlassung, die Akte abweichend von der sonst üblichen Praxis dem Vorsitzenden vorzulegen, damit dieser einen etwaigen Irrtum des Rechtsmittelführers über das zuständige Berufungsgericht rechtzeitig beseitigen konnte.
18
bb) Ebenfalls unerheblich ist es, ob eine Pflichtverletzung der beteiligten Gerichte im Zusammenhang mit der verzögerten Aktenübersendung vom Amtsgericht an das Oberlandesgericht vorliegt.
19
Allerdings legt der Akteninhalt es nahe, dass das Amtsgericht die Pflicht zur unverzüglichen Aktenübersendung nach § 541 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht beachtet hat. Dagegen hat das Oberlandesgericht seine Pflicht zur unverzüglichen Aktenanforderung entsprechend § 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst erfüllt. Ob es nach erstmaligem Ablauf der Wiedervorlagefrist am 26. November 2009 bereits mit solchem Nachdruck auf die Aktenübersendung hätte hinwirken müssen, dass diese bis zum 2. Dezember 2009 gesichert war, erscheint fraglich. Denn die Pflicht zur Aktenanforderung nach § 541 ZPO besteht nicht zum Schutz des Rechtsmittelführers, um diesem gegebenenfalls noch vor seiner Berufungsbegründung rechtliche Hinweise erteilen zu können, sondern dient allein der Verhinderung der Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses (Zöller /Heßler, ZPO 28. Aufl. § 541 Rn. 1).
20
Letztlich kann dies alles dahinstehen, da die Akten nach der oben erwähnten, nicht zu beanstandenden Praxis dem Vorsitzenden auch im Falle eines früheren Akteneingangs nicht vorgelegt worden wären, ehe der Fristverlängerungsantrag gestellt war. Der verspätete Eingang der Vorinstanzakten hat sich somit auf einen unterbliebenen Hinweis vor Ablauf der Berufungsfrist nicht ausgewirkt.
21
2. Nach alledem ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Dies setzte voraus , dass der Fall eine verallgemeinerungsfähige rechtliche Frage aufwirft , für deren rechtliche Beurteilung eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (Senatsbeschluss vom 24. September 2003 - IV ZB 41/02, VersR 2004, 55 unter 2). Wie oben dargelegt, ist es jedoch in der Rechtsprechung geklärt, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens eine sofortige Prüfung der Zuständigkeit durch das Berufungsgericht im Interesse des Rechtsmittelführers nicht gebietet, und kommt es auf die verzögerte Aktenübersendung durch das Amtsgericht nicht entscheidungserheblich an.
22
III. Die Wertfestsetzung beruht auf § 9 ZPO, ausgehend von einem Monatsbetrag von 1.500 €, da sich die Beklagten zu 1 und 3 einer Forde- rung in dieser Höhe berühmt haben. Die Sondervorschrift des § 41 Abs. 1 Satz 1 GKG greift nicht ein, weil der streitige Anspruch auf Nutzungsentschädigung von den Beklagten gerade nicht auf ein Miet- oder ähnliches Nutzungsverhältnis gestützt wird.
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Brühl, Entscheidung vom 28.10.2009 - 24 C 227/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 20.05.2010- 1 S 20/10 -

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(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

13
(2) Etwas anders gilt allerdings dann, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen war und die nicht rechtzeitige Aufdeckung der nicht gegebenen Zuständigkeit auf einem offenkundig nachlässigen Fehlverhalten des angerufenen Gerichts beruht (vgl. BVerfG NJW 2002, 3692, 3693; 2006, 1579). In diesen Fällen stellt es für die Funktionsfähigkeit des angerufenen Gerichts keine nennenswerte Belastung dar, einen fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Geschieht dies nicht, geht die nachfolgende Fristversäumnis nicht zu Lasten des Rechtsuchenden (BVerfG NJW 2006, 1579); das Verschulden des Prozessbevollmächtigten wirkt sich dann nicht mehr aus (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2005, NJW 2005, 3776, 3777 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vor.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 50/11
vom
17. August 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist für das Beschwerdegericht ohne weiteres zu erkennen, dass die an es adressierte
Beschwerdeschrift gemäß § 64 FamFG an das Amtsgericht hätte gerichtet
werden müssen, hat es sie an letzteres im ordentlichen Geschäftsgang weiterzuleiten
(im Anschluss an BGH Beschluss vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09 - WuM
2010, 592 Rn. 7 f. und Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97 - NJW 1998,
908; Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - juris Rn. 12 zur Veröffentlichung
bestimmt; vgl. auch BVerfG NJW 2006, 1579).

b) Wäre der fristgerechte Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht bei der
gebotenen Weiterleitung zu erwarten gewesen, ist dem Rechtsmittelführer bei unterbliebener
Weiterleitung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Das gilt auch dann, wenn er vom Amtsgericht zutreffend über die Einlegung der
Beschwerde belehrt worden ist.
BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - KG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dose,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 3. Januar 2011 aufgehoben. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tempelhof-Kreuzberg vom 20. Mai 2010 gewährt. Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 10.483 €.

Gründe:

A.

1
Der Antragsteller begehrt die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist.
2
Das Amtsgericht hat dessen Antrag auf Abänderung des Unterhalts mit Beschluss vom 20. Mai 2010, dem Antragsteller am 26. Mai 2010 zugestellt, zurückgewiesen. Die Entscheidung beruht auf den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) und enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben sei, die beim Amtsgericht innerhalb eines Monats schriftlich eingegangen sein müsse.
3
Hiergegen hat der Antragsteller mit einem an das Kammergericht adressierten Schriftsatz vom 14. Juni 2010 "Beschwerde" eingelegt, der dort am 15. Juni 2010 eingegangen ist. Nach Eingang der Gerichtsakte beim Kammergericht am 1. Juli 2010 hat der Vorsitzende mit Verfügung vom 5. Juli 2010 den Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Beschwerde beim Amtsgericht hätte eingelegt werden müssen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2011 hat das Kammergericht schließlich die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers vom 12. Juli 2010 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

B.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

I.

5
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
6
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Annahme des Beschwerdegerichts, es sei zu einer Weiterleitung der Beschwerde an das zuständige Amtsgericht vor Eingang der Gerichtsakten nicht verpflichtet gewesen, weshalb dem Antragsteller wegen der mittlerweile eingetretenen Fristversäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, verletzt den Antragsteller in seinem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGH Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10 - WuM 2011, 177 Rn. 3 mwN).

II.

7
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Beschwerdegericht hätte dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen und deshalb die Beschwerde nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
8
1. Das Kammergericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der in § 63 Abs. 1 FamFG bestimmten Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt worden sei. Da der Beschluss dem Antragsteller am 26. Mai 2010 zugestellt worden sei, hätte die Beschwerde spätestens am 28. Juni 2010 (einem Montag) beim Amtsgericht eingehen müssen, was nicht geschehen sei.
9
Wiedereinsetzung könne dem Antragsteller nicht gewährt werden, weil die Versäumung der Beschwerdefrist nicht unverschuldet gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss nicht mehrdeutig, sondern weise unmissverständlich darauf hin, dass eine beabsichtigte Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen sei. Im Übrigen sei der Antragsteller anwaltlich vertreten, weshalb ein Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet sei und einer Wiedereinsetzung entgegenstehe.
10
Entgegen der Ansicht des Antragstellers sei die Ursächlichkeit des Verschuldens seines Verfahrensbevollmächtigten für die Fristversäumung auch nicht deshalb zu verneinen, weil die fehlerhaft adressierte Beschwerdebegründung nicht innerhalb der Beschwerdefrist an das Amtsgericht weitergeleitet worden sei. Abweichend von den vom Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, in denen die beim Ausgangsgericht fälschlicherweise eingegangenen Rechtsmittel an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten seien, sei vorliegend das Beschwerdegericht, bei dem die Rechtsmittelschrift eingegangen sei, mit der Sache zuvor nicht befasst gewesen. Deshalb entfalle der Aspekt der nachwirkenden Fürsorgepflicht, auf den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung maßgeblich abstelle. Das Gericht habe ohne weitere Ermittlung nicht beurteilen können, ob die Beschwerdeschrift wegen der Regelung des § 64 Abs. 1 FamFG an das Amtsgericht hätte adressiert werden müssen. Es hätte hier auch deshalb besonderer Ermittlungen bedurft, weil die Frage der richtigen Adressierung davon abhängig gewesen sei, ob das neue oder das bis zum 30. September 2009 in Familiensachen geltende Verfahrensrecht anzuwenden gewesen wäre. Der Antragsteller habe seinem Rechtsmittel zwar eine Kopie der angefochtenen Entscheidung beigefügt, jedoch habe die Prüfung des anzuwendenden Verfahrensrechts erst anhand der zu diesem Zeitpunkt dem Gericht noch nicht vorliegenden Sachakte erfolgen können. Der Partei und ihrem Verfahrensbevollmächtigten müsse die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und auf unzuständige Gerichte verlagert werden; dies gelte erst recht, wenn die der Entscheidung des Erstge- richts beigefügte Rechtsmittelbelehrung darüber zutreffend aufkläre, an welches Gericht ein beabsichtigtes Rechtsmittel zu adressieren sei und die Partei darüber hinaus von einem Rechtsanwalt vertreten werde.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
12
a) Allerdings ist das Kammergericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerde mangels Einhaltung der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG verfristet ist.
13
b) Jedoch hat das Beschwerdegericht den Wiedereinsetzungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen.
14
aa) Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG sind in Familienstreitsachen, wozu gemäß § 112 Nr. 1 FamFG auch das hier streitgegenständliche Unterhaltsverfahren gehört, die §§ 233 ff. ZPO anzuwenden.
15
Entgegen der von der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren geäußerten Rechtsauffassung hat der Antragsteller den Wiedereinsetzungsantrag auch beim zuständigen Gericht gestellt. Denn gemäß § 237 ZPO entscheidet über den Antrag auf Wiedereinsetzung das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht; deshalb ist das Wiedereinsetzungsgesuch an das Beschwerdegericht zu richten (Nickel MDR 2010, 1227, 1230; Hk-ZPO/Saenger 4. Aufl. § 236 Rn. 2).
16
Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers ist auch in der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO von zwei Wochen eingegangen. Nachdem das Beschwerdegericht den Antragsteller am 5. Juli 2010 auf die Verfristung hingewiesen hatte, hat er mit am 14. Juli 2010 beim Kammergericht eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung beantragt.
17
bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts liegen auch die materiellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vor.
18
(1) Allerdings hat das Beschwerdegericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Antragsteller, der sich das Verhalten seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen muss, die Fristversäumung verschuldet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann von einer Mehrdeutigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung keine Rede sein. Vielmehr ist ihr eindeutig zu entnehmen, dass die Beschwerde innerhalb von einem Monat beim Amtsgericht einzulegen ist. Im Übrigen war der Antragsteller anwaltlich vertreten, weshalb ein möglicher Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet ist (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2011 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).
19
(2) Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdegericht allerdings, soweit es die Ursächlichkeit des Verschuldens für die Fristversäumung bejaht, obgleich es die fehlerhaft adressierte Beschwerde nicht an das zuständige Amtsgericht weitergeleitet hat.
20
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung des Richters, das Verfahren so zu gestalten, wie die Parteien es von ihm erwarten dürfen. Insbesondere sei der Richter allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet. Die Abgrenzung dessen, was im Rahmen einer fairen Verfahrensgestaltung an richterlicher Fürsorge von Verfassungs wegen geboten sei, könne sich aber nicht nur am Interesse des Rechtsuchenden an einer möglichst weitgehenden Verfahrenserleichterung orientieren, sondern müsse auch berücksichtigen, dass die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher Belastung geschützt werden müsse. Danach müsse der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und auf unzuständige Gerichte verlagert werden. Die Abwägung zwischen den betroffenen Belangen falle etwa dann zugunsten des Rechtsuchenden aus, wenn das angegangene Gericht zwar für das Rechtsmittelverfahren nicht zuständig, jedoch vorher mit dem Verfahren befasst gewesen sei. Gleiches gelte für eine leicht und einwandfrei als fehlgeleitet erkennbare Rechtsbehelfsschrift. In diesen Fällen der offensichtlichen eigenen Unzuständigkeit stelle es für die Funktionsfähigkeit des Gerichts keine übermäßige Belastung dar, in Fürsorge für die Verfahrensbeteiligten einen fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Geschehe dies nicht, könne die nachfolgende Fristversäumnis nicht zu Lasten des Rechtsuchenden gehen und es sei Wiedereinsetzung zu gewähren (BVerfG NJW 2006, 1579; siehe auch BVerfG NJW 1995, 3173).
21
(b) Dieser Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (s. etwa BGH Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97 - NJW 1998, 908; Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - juris Rn. 12 - zur Veröffentlichung bestimmt).
22
Anders als in Fällen, in denen fristgebundene Rechtsmittelschriftsätze irrtümlich bei dem im vorangegangenen Rechtszug mit der Sache bereits befassten Gericht eingereicht werden, besteht zwar keine generelle Fürsorgepflicht des für die Rechtsmitteleinlegung unzuständigen Rechtsmittelgerichts, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen ist (vgl. BGH Beschluss vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09 - WuM 2010, 592 Rn. 7 f.; vgl. auch BVerfG NJW 2006, 1579 für den Fall einer "leicht und einwandfrei als fehlgeleitet" erkennbaren Rechtsbehelfsschrift

).

23
(c) Diese Grundsätze sind gleichermaßen auf den vorliegenden Fall anzuwenden , in dem die Beschwerde in einer Familienstreitsache anstatt an das gemäß § 64 Abs. 1 FamFG für ihre Entgegennahme zuständige Amtsgericht an das Beschwerdegericht adressiert wurde. Das angerufene Gericht hat die Beschwerdeschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Amtsgericht weiterzuleiten , wenn ohne weiteres die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts erkennbar und - damit regelmäßig - die Bestimmung des zuständigen Gerichts möglich ist (vgl. auch BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr FamFG § 63 Rn. 46; derselbe FPR 2006, 433, 434; MünchKommZPO/Koritz 3. Aufl. § 64 Rn. 2; Musielak/Borth/Grandel FamFG 2. Aufl. § 63 Rn. 4; Johannsen/Henrich/ Althammer Familienrecht 5. Aufl. § 64 FamFG Rn. 2). Denn auch in diesen Fällen der offensichtlichen eigenen Unzuständigkeit stellt es für die Funktionsfähigkeit des Gerichts keine übermäßige Belastung dar, in Fürsorge für die Verfahrensbeteiligten einen fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. BVerfG NJW 2006,

1579).

24
Daran ändert auch die mit § 39 FamFG eingeführte Rechtsbehelfsbelehrung nichts. Zwar wird durch sie regelmäßig für den Beschwerdeführer hinreichende Klarheit darüber geschaffen, bei welchem Gericht er sich gegen die erstinstanzliche Entscheidung wenden kann (BT-Drucks. 16/6308 S. 206). Legt der Beschwerdeführer trotz zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung sein Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht ein, spricht das - unbeschadet einer anwaltlichen Vertretung - für sein Verschulden im Sinne des § 233 ZPO. Davon unberührt bleibt jedoch die Verpflichtung des Gerichts, bei entsprechender Erkennbarkeit die Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. auch BVerfG NJW 1995, 3173, 3175, wonach bei einer unterbliebenen Weiterleitung der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren ist, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht). Bei Vorliegen der angefochtenen Entscheidung wird dem Gericht die Erkennbarkeit seiner eigenen Unzuständigkeit durch die Rechtsbehelfsbelehrung vielmehr noch erleichtert.
25
Das angerufene Gericht wird seine Unzuständigkeit regelmäßig ohne weiteres erkennen können, wenn der Rechtsmittelführer mit der Beschwerde eine Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung einreicht. Dabei ist maßgeblich, welches Recht das Ausgangsgericht angewandt hat. Ist dieses - wie im Streitfall - von der Anwendung neuen Rechts, also des FamFG, ausgegangen, so hat das Beschwerdegericht (zunächst) von der Anwendung diesen Rechts auszugehen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass das Ausgangsgericht tatsächlich altes Recht hätte anwenden müssen mit der Folge, dass das angerufene Gericht für den Eingang der Beschwerde zuständig gewesen wäre, ist dies für die Zulässigkeit des Rechtsmittels unschädlich. Denn zum einen ändert die Weiterleitung des Rechtsmittels an das Ausgangsgericht nichts an der Tatsache, dass jenes rechtzeitig beim Beschwerdegericht eingegangen ist. Zum anderen greift nach der Rechtsprechung des Senats in solchen Fällen der so genannte Meistbegünstigungsgrundsatz (Senatsbeschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - FamRZ 2011, 966). Danach wird die Rechtsmittelfrist auch durch die Einlegung einer Beschwerde beim Ausgangsgericht gewahrt.
26
Unterbleibt allerdings die Vorlage einer entsprechenden Ausfertigung, die gemäß § 64 FamFG keine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, liegt dem Beschwerdegericht also allein die Beschwerdeschrift vor und lässt sich dieser nicht entnehmen, dass es unzuständig ist, ist es nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen anzustellen. Sofern sich allerdings aus den angeforderten Gerichtsakten seine Unzuständigkeit ergeben sollte, ist das Gericht verpflichtet, nach Eingang der Akten die Beschwerdeschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten, vorausgesetzt, die Frist kann noch im ordentlichen Geschäftsgang gewahrt werden.
27
Weitere Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist, dass die bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang verbleibende Zeit für die Fristwahrung ausreichend ist.
28
(3) Gemessen an diesen Anforderungen hätte das Kammergericht die Beschwerdeschrift an das Amtsgericht weiterleiten müssen und demgemäß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ablehnen dürfen.
29
Für das Beschwerdegericht war anhand der vom Beschwerdeführer eingereichten Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung ohne weiteres erkennbar, dass das Amtsgericht nach dem neuen Verfahrensrecht entschieden hat. So hat das Kammergericht selbst ausgeführt, dass sich aus der angefügten Rechtsbehelfsbelehrung unmissverständlich ergebe, dass die Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen sei. Im Übrigen ist der recht kurz gehaltenen Entscheidung des Amtsgerichts eindeutig zu entnehmen, dass dieses die Vorschriften des FamFG angewandt hat. Entgegen der Auffassung des Kammergerichts war es bei dieser Sachlage nicht gehalten zu überprüfen, ob das Amtsgericht zu Recht das neue Verfahrensrecht angewandt hat. Deshalb durfte es den Eingang der Gerichtsakten, der am 1. Juli 2010 und damit für eine Weiterleitung zu spät erfolgte, nicht abwarten. Dafür, dass der Antragsteller das nach § 58 FamFG statthafte Rechtsmittel einlegen wollte, spricht im Übrigen der Umstand, dass er sein Rechtsmittel als "Beschwerde" und nicht etwa als Berufung bezeichnet hat.
30
Schließlich wäre die fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht im ordentlichen Geschäftsgang auch möglich gewesen. Denn die Beschwerdeschrift war bereits am 15. Juni 2010 beim Kammergericht eingegangen. Demgegenüber lief die Beschwerdefrist erst am 28. Juni 2010 (einem Montag), also knapp zwei Wochen später ab.

III.

31
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben.
32
Soweit es die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anbelangt, konnte der Senat selbst abschließend entscheiden (vgl. § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), weil die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen sind und die Frage der Ursächlichkeit des Verschuldens lediglich noch auf einer rechtlichen Bewertung beruht.
33
In der Sache selbst ist es dem Senat allerdings verwehrt, abschließend zu entscheiden, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Kammergericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die von ihm hilfsweise zur Begründetheit gemachten Ausführungen sind im Rechtsbeschwerderechtszug regelmäßig als in keiner Hinsicht verbindlich und als nicht geschrieben zu behandeln (vgl. BGHZ 46, 281, 285). Insoweit war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen.
Hahne Weber-Monecke RiBGH Dose ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne
Schilling RiBGH Dr. Günter ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 20.05.2010 - 145 F 17688/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.01.2011 - 19 UF 31/10 -

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts hat, nachdem die Berufungsschrift eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern. Die Akten sind unverzüglich an das Berufungsgericht zu übersenden.

(2) Nach Erledigung der Berufung sind die Akten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges nebst einer beglaubigten Abschrift der in der Berufungsinstanz ergangenen Entscheidung zurückzusenden.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.