Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2016 - 4 StR 354/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:261016B4STR354.16.0
bei uns veröffentlicht am26.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 354/16
vom
26. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:261016B4STR354.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Oktober 2016 gemäß § 44 Satz 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 Satz 1 StPO analog beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 30. März 2016 gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 30. März 2016 dahin geändert und neu gefasst, dass
a) der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, Sachbeschädigung sowie Urkundenfälschung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Idar-Oberstein vom 21. Mai 2015 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt ist;
b) eine der für die Fälle II. 5 und 6 der Urteilsgründe jeweils verhängten Freiheitsstrafen entfällt.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, Urkundenfälschung in zwei Fällen sowie Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts IdarOberstein vom 21. Mai 2015 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Seine nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels zulässige Revision führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs und dem Wegfall einer Einzelstrafe. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Dem Angeklagten war nach der Versäumung der Frist zur Begründung der Revision auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom 7. September 2016 Bezug.
3
2. Der Schuldspruch war wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern.
4
a) Die Annahme zweier rechtlich selbständiger Taten der Urkundenfälschung in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe (Fälle 4 und 5 der Anklageschrift vom 2. Juni 2015) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 5 und 6 der Urteilsgründe sein mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenes Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10; Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 StR 279/15, Rn. 5; Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Nach den Feststellungen nutzte der Angeklagte sein mit falschen Kennzeichen versehenes Fahrzeug am 18. Februar 2015 um 20.15 Uhr (Fall II. 5 der Urteilsgründe) und am 19. Februar 2015 um 9.00 Uhr (Fall II. 6 der Urteilsgründe ) im öffentlichen Straßenverkehr. Aus der zugrunde liegenden Beweiswürdigung ergibt sich, dass er dazu am 19. Februar 2015 um 9.00 Uhr gegenüber einem Angehörigen des kommunalen Vollzugsdienstes angab, die (falschen) Kennzeichen am Vorabend selbst angebracht zu haben. Danach ist es nicht ausgeschlossen und bei der Beurteilung der Konkurrenzen auch zugunsten des Angeklagten anzunehmen, dass er schon beim Anbringen der Kennzeichen den Vorsatz zu einer zeitnahen Mehrfachnutzung des Fahrzeugs mit den falschen Kennzeichen hatte. Das hat zur Folge, dass der in der Fahrzeugnutzung liegende mehrfache Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 StR 279/15, Rn. 5; Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15, Rn. 10).
6
b) Im Fall II. 7 der Urteilsgründe wird die Annahme einer (tateinheitlich) verwirklichten vollendeten Nötigung von den Feststellungen nicht getragen. Danach fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw gezielt auf die Zeugen Z. , P. und M. F. zu. Dabei nahm er in Kauf, alle drei mit seinem Pkw zu erfassen und zu verletzen. Dass er dabei auch den (zumindest bedingten) Vorsatz hatte, diese Personen – wie letztendlich geschehen – zu einem Sprung auf eine Grünfläche zu zwingen, kann weder den Feststellungen, noch der sie tragenden Beweiswürdigung entnommen werden. Ergänzende Feststellungen sind unter den hier gegebenen Umständen nicht zu erwarten.
7
c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
8
3. Infolge der Schuldspruchänderung kommt eine der beiden für die Fälle II. 5 und 6 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von sechs Monaten Freiheitsstrafe in Wegfall. Die für die Fälle II. 1 bis 6 unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Idar-Oberstein vom 21. Mai 2015 gebildete Gesamtstrafe kann trotzdem bestehen bleiben, weil der Senat mit Rücksicht auf die verbleibenden Einzelstrafen (drei Mal sieben Monate Freiheitsstrafe , zwei Mal sechs Monate Freiheitsstrafe, einmal vier Monate Freiheitsstrafe und einmal 120 Tagessätze Geldstrafe) und den unverändert ge- bliebenen Schuldumfang ausschließen kann, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 – 3 StR 490/14, NStZ-RR 2015, 139, 140; Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 StR 294/12, Rn. 5; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 354 Rn. 22 aE).
9
Die im Fall II. 7 verhängte Freiheitsstrafe hat ebenfalls Bestand. Denn der Senat kann ausschließen, dass die Strafrahmenwahl und die Bestimmung der Strafe durch die fehlerhafte rechtliche Würdigung beeinflusst worden sind.
10
4. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.
Roggenbuck Cierniak Franke
Bender Quentin

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

10
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er für ein anderes Fahrzeug ausgegebene amtliche Kennzeichen an dem von ihm genutzten nicht zugelassenen Pkw anbrachte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 70). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 4 und II. 5 das mit falschen amtlichen Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; vgl. Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht , dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; insoweit in BGHSt 53, 34 nicht abgedruckt; vgl. auch Beschluss vom 7. Mai 2014 – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349; Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214). Danach hätte die Strafkammer prüfen müssen, ob neben der Nutzung des Fahrzeugs am 19. Dezember 2013 (Fall II. 4 der Urteilsgründe) auch die Fahrt am 26. Dezember 2013 (Fall II. 5) dem schon bei dem Anbringen der Kennzeichen bestehenden kon- kreten Gesamtvorsatz des Angeklagten entsprach. Dies hätte zur Folge, dass auch der mit der Fahrt am 26. Dezember 2013 verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der Fahrt am 26. Dezember 2013 begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stünden. Dass die Fahrt vom 26. Dezember 2013 nach den Feststellungen „aufgrund eines neuen Tatentschlusses“ erfolgte, steht dem nicht zwingend entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 5 2 8 / 1 3
vom
28. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. Januar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 21. August 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl, Urkundenfälschung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls zugleich mit Urkundenfälschung , wegen schwerer räuberischer Erpressung und wegen Urkundenfälschung zugleich mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Maßregelentscheidung nach §§ 69, 69a StGB getroffen. Hiergegen richtet sich die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Revision des Angeklagten ist nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Zwar begehrt der Beschwerdeführer mit seinem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag die Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich im Rechtsfolgenausspruch. Die Einzelausführungen zur Revisionsbegründung lassen jedoch erkennen, dass mit dem Rechtsmittel auch die dem Schuldspruch zugrunde liegende Beurteilung des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses angegriffen wird. Der nicht auflösbare Widerspruch zwischen ausdrücklichem Revisionsantrag und erkennbar verfolgtem Rechtsschutzziel hat zur Folge , dass die Revision im Wege der Auslegung mangels eines eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschränkungswillens als unbeschränkt zu behandeln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 1984 – 2 StR 725/83, bei Pfeiffer/ Miebach, NStZ 1985, 13, 17; Urteil vom 10. April 1959 – 4 StR 56/59, VRS 17, 47; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10 mwN).
3
2. Die Annahme mehrerer selbständiger, real konkurrierender Taten durch die Strafkammer hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte spätestens am Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug dazu, einen Banküberfall zu begehen. Zur Verwirklichung seines Tatvorhabens entwendete er die amtlichen Kennzeichen eines geparkten Pkws und brachte diese an seinem nicht zugelassenen Fahrzeug an. Mit dem so präparierten Fahrzeug fuhr der Angeklagte zur Filiale der Raiffeisenbank in B. , wo er unter Vorhalt einer nicht ausschließbar ungeladenen Softair-Pistole die Übergabe von Bargeld in Höhe von 800 € erzwang. Anschließend verließ er die Bankfiliale, stieg in sein unmittelbar vor dem Gebäude abgestelltes Fahrzeug und flüchtete vom Tatort. Als er im Zuge der eingeleiteten Fahndung von der Besatzung eines Polizeifahrzeugs auf der Bundesautobahn A 3 gesichtet wurde, setzte er, um sich der Verfolgung durch die Polizei zu entziehen, seine Fahrt mit hoher Geschwindigkeit fort, bis er auf der Bundesstraße B 505 im Bereich einer unübersichtlichen Baustelle auf Grund stark überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit der Zugmaschine eines Sattelzugs kollidierte. Infolge des Unfalls erlitt der Angeklagte lebensgefährliche Verbrennungen, die dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entstellungen zur Folge haben.
5
b) In der Nutzung des mit falschen amtlichen Kennzeichen versehenen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr, durch die den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglicht wurde (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65), liegt ein einheitliches Gebrauchmachen von einer unechten zusammengesetzten Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 71; RGSt 72, 369, 370), das nicht nur die Fahrten zu und von der Bankfiliale, sondern auch das kurzzeitige Abstellen des Fahrzeugs vor dem Bankgebäude umfasste. Da diese Nutzung des Fahrzeugs dem vom Angeklagten bereits beim Anbringen der falschen Kennzeichen verfolgten Tatvorhaben entsprach, bilden das durch das Anbringen der Kennzeichen verwirklichte Herstellen der unechten Urkunde und deren nachfolgender Gebrauch als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, StV 2009, 589, 590).
6
Die Urkundenfälschung steht nicht nur mit der vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung sowie im Wege der natürlichen Handlungseinheit mit dem Diebstahl der Kennzeichen, sondern auch mit der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit. Die schwere räuberische Erpressung war, als der Angeklagte mit seinem unmittelbar vor dem Bankgebäude abgestellten Fahrzeug die Flucht antrat, vollendet aber nicht beendet, weil der Angeklagte bis dahin noch keinen gesicherten Gewahrsam an der erpressten Tatbeute erlangt hatte. Die anschließende Fahrt mit am Fahrzeug angebrachten falschen amtlichen Kennzeichen zielte gerade auch auf die Sicherung der Beute ab. Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung einer (schweren) räuberischen Erpressung, aber vor deren tatsächlichen Beendigung vorgenommen werden, begründen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Tateinheit, wenn sie der Verwirklichung der tatbestandsmäßig vorausgesetzten Absicht dienen und zugleich weitere Strafgesetze verletzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2003 – 2 StR 294/03, NStZ 2004, 329; Urteil vom 6. November 1974 – 3 StR 200/74, BGHSt 26, 24, 27).
7
Das jeweils tateinheitliche Zusammentreffen der übrigen Delikte mit der einheitlichen Urkundenfälschung hat schließlich zur Folge, dass sämtliche Gesetzesverstöße zu einer Tat im materiell-rechtlichen Sinne verklammert werden (vgl. Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 28 ff. mwN). Dass eines der von der Zusammenfassung betroffenen Delikte – die schwere räuberische Erpressung – einen höheren Unrechtsgehalt als das die Verbindung begründende Delikt – die Urkundenfälschung – aufweist, steht einer Verklammerung nicht entgegen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013, 158; Urteil vom 14. Juli 1992 – 1 StR 243/92, NStZ 1993, 39, 40; Beschluss vom 26. März 1982 – 2 StR 700/81, BGHSt 31, 29).
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der rechtsfehlerfreie Maßregelausspruch bleibt hiervon unberührt.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin
5
b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempelplakette , die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei et- waigen polizeilichen Kontrollen“ einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten ver- wirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15).
10
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er für ein anderes Fahrzeug ausgegebene amtliche Kennzeichen an dem von ihm genutzten nicht zugelassenen Pkw anbrachte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 70). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 4 und II. 5 das mit falschen amtlichen Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; vgl. Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht , dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; insoweit in BGHSt 53, 34 nicht abgedruckt; vgl. auch Beschluss vom 7. Mai 2014 – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349; Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214). Danach hätte die Strafkammer prüfen müssen, ob neben der Nutzung des Fahrzeugs am 19. Dezember 2013 (Fall II. 4 der Urteilsgründe) auch die Fahrt am 26. Dezember 2013 (Fall II. 5) dem schon bei dem Anbringen der Kennzeichen bestehenden kon- kreten Gesamtvorsatz des Angeklagten entsprach. Dies hätte zur Folge, dass auch der mit der Fahrt am 26. Dezember 2013 verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der Fahrt am 26. Dezember 2013 begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stünden. Dass die Fahrt vom 26. Dezember 2013 nach den Feststellungen „aufgrund eines neuen Tatentschlusses“ erfolgte, steht dem nicht zwingend entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 156/08
vom
30. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur II. 5. der Gründe
Veröffentlichung: ja
Die Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: Fahrzeugschein) ist auch hinsichtlich
der Identität des zum Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugs eine öffentliche
Urkunde im Sinne des § 271 StGB.
BGH, Beschl. vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 - LG Wuppertal
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Urkundenfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung, zu 2.
auf dessen Antrag - am 30. Oktober 2008 gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19. Dezember 2007 wird, soweit es ihn betrifft,
a) die Strafverfolgung auf die unter b) aa) genannten Vorwürfe beschränkt;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Anstiftung zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt schuldig ist, bb) im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt sowie wegen Hehlerei in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Nach den Feststellungen förderte der Angeklagte die grenzüberschreitende "Verschiebung" von zwei in Italien mit falschen italienischen Fahrzeugpapieren ausgestatteten Kraftfahrzeugen ("Fahrzeugdoubletten") durch Unterstützungshandlungen bei deren Zulassung in Deutschland (II. 1. und 4. der Urteilsgründe ).
3
a) Im Fall II. 1. der Urteilsgründe war ein PKW BMW 530 D, der - zumindest nach der Vorstellung des Angeklagten sowie des Mitangeklagten N. - durch Dritte in Italien gestohlen worden war, nach Einschlagen einer falschen, einem anderen Kraftfahrzeug zugehörigen Fahrzeug-Identifizierungsnummer und Fälschung der italienischen Fahrzeugpapiere als sog. "Fahrzeugdoublette" in Italien zugelassen und sodann nach Deutschland verbracht worden. Bei dem sich anschließenden Versuch, dieses Fahrzeug zum Zwecke des Weiterverkaufs durch den hierzu von einer italienischen Tätergruppe beauftragten Mitangeklagten N. in Deutschland zuzulassen, begleitete der Angeklagte diesen am 20. Februar 2007 zunächst bei einer Fahrt von Düsseldorf zum Kraftfahrtbundesamt nach Flensburg, um dort eine für die Zulassung erforderliche Bescheinigung abzuholen.
4
Darüber hinaus verschaffte er dem Mitangeklagten N. - wie auf der gemeinsamen Fahrt nach Flensburg vereinbart - drei falsche italienische Personalausweise zur weiteren Verwendung sowohl bei der Zulassung des PKW BMW 530 D als auch bei künftigen Taten zum Zwecke der gewinnbringenden Weiterveräußerung von anderweit rechtswidrig erlangten Kraftfahrzeugen, um für N. das Risiko einer Ergreifung zu verringern. Zur Beschaffung der Ausweispapiere gab der Angeklagte bei einem ihm bekannten Fälscher die Herstellung von drei - auf unterschiedliche Aliaspersonalien lautenden - Personalausweisen in Auftrag. Die von dem Fälscher zu einem Preis von 900 Euro auftragsgemäß hergestellten Ausweispapiere reichte er umgehend an den Mitangeklagten N. weiter, wofür er von diesem insgesamt 1.500 Euro verlangte.
5
Nachdem N. den PKW BMW 530 D am 21. Februar 2007 bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung der Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung vorgeführt hatte, scheiterte der Versuch, das Fahrzeug am 22. Februar 2007 unter Vorlage eines der gefälschten Personalausweise beim Straßenverkehrsamt in Düsseldorf zuzulassen; die Mitarbeiterin der Zulassungsstelle war misstrauisch geworden und hatte die Polizei informiert.
6
b) Ende März/Anfang April 2007 verwendete N. eine Kopie eines der drei ihm vom Angeklagten überlassenen falschen Personalausweise, als er einen PKW Mercedes E-Klasse bei einer Düsseldorfer Autovermietung in betrü- gerischer Absicht anmietete. Anschließend wurde das Fahrzeug nach Italien verbracht und dort mit falscher - weil für ein anderes Fahrzeug ausgegebener - Fahrzeug-Identifizierungsnummer, falschen italienischen Fahrzeugpapieren und falschen italienischen KfZ-Kennzeichen versehen als sogenannte "Fahrzeugdoublette" zum Verkehr zugelassen. Nach Rückführung des Fahrzeuges nach Deutschland sowie nach dessen Vorführung bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung einer Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung versuchte der Mitangeklagte N. am 5. April 2007 erfolglos, es beim Straßenverkehrsamt Solingen zuzulassen. Hierbei legte er wiederum einen der drei gefälschten italienischen Personalausweise vor, die er vom Angeklagten erhalten hatte. Zur Zulassung des Fahrzeuges kam es erneut nicht (Fall II. 4. der Urteilsgründe).
7
2. Das Landgericht hat die Beschaffung und Übergabe der unechten Personalausweise durch den Angeklagten an den Mitangeklagten N. hinsichtlich des PKW BMW 530 D als mittäterschaftliche Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt bewertet. Bezüglich des PKW Mercedes E-Klasse hat es den Tatbeitrag des Angeklagten rechtlich als - zu den Taten betreffend den PKW BMW in Tatmehrheit stehend - täterschaftliche Hehlerei in Tateinheit mit mittäterschaftlicher Urkundenfälschung und Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung eingestuft.

II.


8
Die rechtliche Würdigung des Landgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte - nach Ausscheidung des Tatvorwurfs der Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt im Fall II. 1. der Urteilsgründe (Komplex PKW BMW 530 D) gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO - der Anstiftung zur Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 1. Alt., § 26 StGB) in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Hehlerei (§ 259 Abs. 1, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB) sowie zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung gegen Entgelt (§ 271 Abs. 1 und 3, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB) schuldig. Im Einzelnen :
9
1. Dadurch, dass der Angeklagte unter Übergabe dreier Passfotos an den Fälscher die Herstellung von falschen Ausweispapieren für den Mitangeklagten N. in Auftrag gab, hat er sich nicht der mittäterschaftlichen Urkundenfälschung , sondern der Anstiftung zur Urkundenfälschung schuldig gemacht. Durch die Verdingung des Fälschers, gegen Bezahlung drei falsche Ausweispapiere herzustellen, bestimmte der Angeklagte diesen zu dessen Tat nach § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB, über die nicht er, sondern allein der Fälscher Tatherrschaft hatte (vgl. BGH StV 2008, 188, 189). Gegen die Annahme eigener Tatherrschaft des Angeklagten spricht insbesondere, dass er auf die exakte Tatzeit, den Tatort sowie die Art und Weise der Erstellung der Personalausweise , d. h. unter Verwendung von Blankovordrucken oder durch Verfälschung gestohlener Ausweise, keinen Einfluss hatte.
10
2. Indem der Angeklagte die in Auftrag gegebenen, aus Blankovordrucken neu erstellten italienischen Personalausweise an sich nahm und an den Mitangeklagten N. zur weiteren Verwendung übergab, leistete er diesem Beihilfe zu dem sich anschließenden zweifachen Gebrauch der unechten Urkunden zur Täuschung im Rechtsverkehr (§ 267 Abs. 1 3. Alt., § 27 Abs. 1 StGB). Denn durch Vorlage der falschen Personalausweise bei den Zulassungsstellen in Düsseldorf und Solingen wollte N. - um sich dem Risiko einer Strafverfolgung zu entziehen - über seine Identität täuschen (vgl. BGHSt 33, 159, 160 f.). Dabei hat der Angeklagte ihn durch Beschaffung und Übergabe der falschen Ausweise unterstützt.
11
Diese Beihilfe zur zweifachen Urkundenfälschung (in der Alternative des Gebrauchens) geht indes in der Anstiftung zur Urkundenfälschung (in der Alternative des Herstellens) auf, da beide Teilnahmehandlungen eine deliktische Einheit darstellen, in der die schwerwiegendere Anstiftung der Beihilfe vorgeht (so auch Gribbohm in LK 11. Aufl. § 267 Rdn. 291 aE). Diese für die täterschaftlich begangenen Alternativen des Herstellens und Gebrauchens einer unechten Urkunde anerkannte tatbestandliche Handlungseinheit, in denen der Gebrauch der Urkunde dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGHSt 5, 291, 293; BGH GA 1955, 245, 246; Erb in MünchKomm-StGB § 267 Rdn. 217; Gribbohm aaO Rdn. 288; Cramer /Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 267 Rdn. 79, 79 b; aA Hoyer in SK-StGB § 267 Rdn. 114), gilt auch für die Teilnahme an den verschiedenen Tatvarianten der Urkundenfälschung (vgl. Erb aaO Rdn. 219; Cramer/Heine aaO Rdn. 80; Gribbohm aaO Rdn. 291 aE), und zwar selbst dann, wenn sich Anstiftung und Beihilfe jeweils auf Taten unterschiedlicher Haupttäter beziehen. Auch hier verbindet der Gesamtvorsatz des doppelten Teilnehmers, zur Fälschung der Urkunde gerade deshalb anzustiften, um einem anderen deren (mehrfachen) Gebrauch zu ermöglichen, dessen Teilnahmehandlungen zu einer einheitlichen Tat.
12
Die ebenfalls verwirklichten Tatbestände des Sich-Verschaffens (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. StGB) und des Überlassens (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 3. Alt. StGB) von falschen - auch ausländischen (BGH NJW 2000, 3148; BGHR StGB § 276 Konkurrenzen 1) - Ausweispapieren, die insgesamt nur einen einheitlichen Verstoß gegen § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen (Erb aaO § 276 Rdn. 5; Gribbohm aaO § 276 Rdn. 22), treten, da sie typische Vorbereitungshandlungen zu dem - in der Anstiftung als deliktische Einheit aufgegangenen - nachfolgenden Urkundengebrauch darstellen, als mitbestrafte Vortaten zurück (BGHR StGB § 276 Konkurrenzen 1; Gribbohm aaO Rdn. 27; Erb aaO; Cramer/Heine aaO § 276 Rdn. 11; Hoyer aaO § 276 Rdn. 6).
13
3. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in Bezug auf den PKW BMW 530 D (Fall II. 1. der Urteilsgründe) die Überlassung der unechten Personalausweise an den Mitangeklagten N. auch als Beihilfehandlung zu dessen versuchter Hehlerei in Form der Absatzhilfe an diesem Fahrzeug bewertet (§ 259 Abs. 1, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB). Die Haupttat des N. hat es zu Recht nur als Versuch einer Hehlerei angesehen. Zwar kommt es bei der Hehlerei in Form der Absatzhilfe (für die italienischen Hintermänner, die als Zwischenhehler - vgl. BGH NStZ 1999, 351, 352 m. w. N. - ihrerseits über das Fahrzeug zu eigenen Zwecken verfügen konnten) auf einen Absatzerfolg des Hehlgutes nicht an (BGHSt 22, 206, 207; 26, 358; 27, 45). Das Landgericht konnte jedoch nicht ausschließen, dass die italienische Tätergruppe den PKW BMW 530 D im Einverständnis mit dessen Eigentümer erlangt hatte, weil dieser in betrügerischer Weise einen Versicherungsschaden geltend machen wollte. Damit hätte es an der rechtswidrigen Vortat im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB gefehlt.
14
4. Nicht zutreffend hat das Landgericht dagegen in Fall II. 4. der Urteilsgründe die Überlassung der unechten Ausweispapiere Ende Februar 2007 als täterschaftliche Hehlerei des Angeklagten in Form der Absatzhilfe bewertet. Der Mitangeklagte N. hat den PKW Mercedes erst Ende März/Anfang April 2007 betrügerisch erlangt. Bei diesem zeitlichen Ablauf kommt eine Hehlerei des Angeklagten durch die vorhergehende Überlassung der Personalausweise nicht in Betracht, weil der Hehlereitatbestand in sämtlichen Handlungsalternativen eine abgeschlossene Vortat voraussetzt. Tatbeiträge, die bereits erbracht werden, bevor das Hehlgut durch eine rechtswidrige Vortat erlangt ist, sich aber erst bei der Verwertung desselben auswirken, können allenfalls als Teilnahme an der Vortat oder als Beihilfe an einer etwaigen Hehlerei eines Dritten angesehen werden (vgl. BGHSt 13, 403, 405; BGH NStZ 1994, 486). Hier trifft keine der beiden Möglichkeiten zu. Insbesondere machte sich der Angeklagte bei der Überlassung der Ausweispapiere an den Mitangeklagten N. keine Gedanken über deren Verwendung bereits bei der rechtswidrigen Erlangung von Kraftfahrzeugen. Billigend in Kauf nahm er nur, dass N. die Ausweispapiere bei der gewinnbringenden Verwertung von zuvor gestohlenen Kraftfahrzeugen verwendete , so dass es für eine Teilnahme an der betrügerischen Erlangung des PKW Mercedes am Teilnahmevorsatz fehlt.
15
5. Näherer Erörterung bedarf die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung. Da der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Ahndung dieses Delikts gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen hat, soweit dem Angeklagten die Unterstützung der versuchten Zulassung des PKW BMW 530 D am 22. Februar 2007 vorgeworfen worden ist, steht allein noch die vom Angeklagten durch Überlassung der falschen Ausweise geleistete Hilfe zu dem Versuch der Zulassung des PKW Mercedes E-Klasse am 5. April 2007 (Fall II. 4. der Urteilsgründe) in Rede; zu diesem Zeitpunkt richtete sich das Zulassungsverfahren nach der zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr vom 25. April 2006 (Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV; BGBl I 988).
16
a) Das Landgericht hat die Bemühungen des Mitangeklagten N. , den PKW Mercedes am 5. April 2007 beim Straßenverkehrsamt Solingen zum deutschen Straßenverkehr zuzulassen, als Versuch einer mittelbaren Falschbeurkundung bewertet. Bei der Subsumtion des erfolglosen Zulassungsversuchs unter den Tatbestand der § 271 Abs. 1 und Abs. 4, § 22 StGB hat es, da die Fahrzeug-Identifizierungsnummer in den Fahrzeugpapieren selbst nicht dem öffentlichen Glauben unterliege (vgl. BGHSt 20, 186), entscheidend darauf abgestellt , ob der Mitangeklagte N. dazu angesetzt habe, falsch beglaubigen zu lassen, dass das in dem Kraftfahrzeugschein nach seinen der Verwaltungsbehörde erkennbaren Merkmalen beschriebene Fahrzeug das ist, das zum öffentlichen Verkehr zugelassen werden sollte. Insoweit sei die FahrzeugIdentifizierungsnummer ein wesentliches, das jeweilige Fahrzeug kennzeichnendes Merkmal (vgl. BGHR StGB § 271 Abs. 1 Beweiskraft 1). Indem N. dem Straßenverkehrsamt Solingen einen gefälschten italienischen "Kraftfahrzeugbrief" vorgelegt habe, dessen Fahrzeug-Identifizierungsnummer ein anderes Kraftfahrzeug betraf als das, das zugelassen werden sollte, habe er den Versuch einer mittelbaren Falschbeurkundung begangen. Hierzu habe der Angeklagte durch Überlassung der Ausweispapiere Beihilfe geleistet.
17
b) Diese rechtliche Würdigung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Überlassung der auf Falschpersonalien lautenden Ausweispapiere zur Verwendung bei der Zulassung eines italienischen "Doublettenfahrzeugs" in Deutschland stellt eine Beihilfe des Angeklagten zur versuchten mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 1, §§ 22, 27 StGB) des Mitangeklagten N. dar. Bei der im Rahmen des Zulassungsverfahrens auszustellenden Zulassungsbescheinigung Teil I handelt es sich um eine Urkunde i. S. d. § 271 StGB, deren öffentlicher Glaube sich auch auf die Identität des zum Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges erstreckt.
18
Wegen der zum 1. März 2007 eingetretenen Änderung der rechtlichen Grundlagen des Zulassungsverfahrens bedarf es dabei keiner Entscheidung, ob die vom Landgericht in Bezug genommenen, auf der früheren Rechtslage zum Zulassungsverfahren nach §§ 23, 24 StVZO aF basierenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Frage, ob der Fahrzeugschein auch hinsichtlich der Identität des zugelassenen Fahrzeugs eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB darstellt (BGHSt 20, 186, 188 einerseits sowie BGHR StGB § 271 Beweiskraft 1 andererseits), miteinander vereinbar sind (verneinend Puppe JZ 1997, 490, 496 f.). Vielmehr gilt:
19
aa) Die Zulassungsbescheinigung Teil I, die nach der zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen 38. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 24. September 2004 (BGBl I 2374) den Fahrzeugschein ersetzt hat, ist wie dieser eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB, soweit sie den Zulassungsvorgang dokumentiert und ein wesentliches Legitimationspapier bei Verkehrskontrollen darstellt (Dauer in Hentschel, Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. § 11 FZV Rdn. 2 und 5). Allerdings kann nicht jede in einer öffentlichen Urkunde enthaltene Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung des gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, Gegenstand einer Straftat nach § 271 StGB sein. Strafbewehrt beurkundet im Sinne des § 271 StGB sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d. h. die "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann" , erstreckt. Welche Angaben dies im Einzelnen sind, ist, wenn es an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, den gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen, die für die Errichtung und den Zweck der Urkunde maßgeblich sind. Wesentliche Kriterien zur Bestimmung der Reichweite des öffentlichen Glaubens sind dabei - neben dem Beurkundungsinhalt als solchem - das Verfahren und die Umstände des Beurkundungsvorgangs sowie die Möglichkeit des die Bescheinigung ausstellenden Amtsträgers, die Richtigkeit des zu Beurkundenden zu überprüfen (BGHSt - GS - 22, 201, 203 f.; BGHSt 42, 131 f.; BGH NJW 1996, 470). Die den öffentlichen Glauben legitimierende erhöhte Beweiswirkung kann auf den eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten des die Urkunde ausstellenden Amtsträgers beruhen (BGH NJW 1996, 470), sie kann sich für den Urkunden- aussteller aber auch aus den im Verfahren vorzulegenden Bescheinigungen anderer öffentlicher Stellen mit erhöhter Richtigkeitsgewähr ergeben.
20
bb) Nach diesen Maßstäben umfasst der öffentliche Glaube der Zulassungsbescheinigung Teil I auch die Identität des zugelassenen Fahrzeugs. Der seit 1. März 2007 in Kraft befindliche § 6 Abs. 8 FZV schreibt in Umsetzung der EG-Richtlinie 1999/37/EG des Rates vom 29. April 1999 über Zulassungsdokumente für Fahrzeuge (ABl. EG Nr. L 138 S. 57) - erstmals - die Identifizierung des Fahrzeuges durch die Zulassungsbehörde im Rahmen der Zulassung vor. Wie die Identifizierung durchzuführen ist, entscheidet die Zulassungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Entsprechend der amtlichen Begründung (VkBl 2006, 604) kann sie von der Identität des Fahrzeuges mit dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II bezeichneten grundsätzlich ausgehen, wenn es sich um ein Neufahrzeug handelt, für das die Zulassungsbescheinigung Teil II durch den Hersteller zugeordnet oder wenn - wie hier - das Fahrzeug bereits einer Haupt- oder Sonderuntersuchung unterzogen wurde (Dauer aaO § 6 FZV Rdn. 10). Denn sowohl bei der Hauptuntersuchung (Anlage VIII a Nr. 4.10 zur StVZO, Verordnung vom 20. Mai 1998, BGBl I 1064, 1069; neu gefasst durch Verordnung vom 3. März 2006, BGBl I 485, 492) als auch bei der Abgasuntersuchung (Nr. 2.1 der Richtlinie für die Untersuchung der Abgase von Kraftfahrzeugen nach Nummer 4.8.2 Anlage VIII a StVZO - "AU-Richtlinie", VkBl 2006, 304) muss eine Identifizierung des Fahrzeuges durchgeführt werden. Nach Nr. 4.10 der Anlage VIII a zur StVZO ist dabei der Zustand der FahrzeugIdentifizierungsnummer und dessen Übereinstimmung mit den Fahrzeugdokumenten zu überprüfen, während nach der AU-Richtlinie bei der Fahrzeugidentifizierung als Identifizierungsangaben das amtliche Kennzeichen, die Emissionsschlüsselnummer /Emissionsklasse, der Fahrzeughersteller, Typ und Ausführung i. V. m. der Schlüsselnummer, die Kraftstoffart, der Stand des Wegstreckenzählers sowie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer mit dem Fahrzeugdokument abzugleichen sind.
21
cc) Nach den Feststellungen hatte der Mitangeklagte N. den PKW Mercedes unmittelbar vor dessen am 5. April 2007 beantragter Zulassung bei einer TÜV-Prüfstelle zur Erteilung einer Betriebserlaubnis und zur Abgasuntersuchung vorgeführt. Nachdem damit die Identität des PKW am Tag vor dessen Zulassung im Rahmen der Abgasuntersuchung überprüft worden war und das Ergebnis dieser Überprüfung in der AU-Bescheinigung dem zuständigen - gemäß § 6 Abs. 8 FZV zur Identifizierung des Fahrzeuges verpflichteten - Amtsträger vorlag, konnte und wollte (vgl. BGH NJW 1996, 470) dieser zu öffentlichem Glauben beurkunden, dass die von dem Antragsteller angegebenen, in die Zulassungsbescheinigung Teil I aufzunehmenden Identifizierungsmerkmale, insbesondere die Fahrzeug-Identifizierungsnummer, sich auf das Kraftfahrzeug bezogen, das am Vortag einer Abgasuntersuchung unterzogen worden war und das nunmehr zum Straßenverkehr zugelassen werden sollte. Da die mitgeteilte Fahrzeug-Identifizierungsnummer jedoch ursprünglich einem anderen Fahrzeug zugeteilt worden war, zu dem das zugelassene Fahrzeug nur eine "Doublette" darstellte, wäre im Falle der erstrebten Zulassung in der Zulassungsbescheinigung Teil I mit öffentlicher Beweiswirkung ein dahingehend unrichtiger Sachverhalt dokumentiert worden, dass das zugelassene Fahrzeug mit dem in der Zulassungsbescheinigung unter anderem anhand der FahrzeugIdentifizierungsnummer beschriebenen identisch sei.
22
c) Da der Angeklagte die strafschärfende Bereicherungsabsicht des Mitangeklagten N. , dem die Zulassungen von Kraftfahrzeugen als Mittel zur Erlangung von Vermögensvorteilen dienen sollten (vgl. BGHSt 34, 299, 303), auch hinsichtlich der Zulassung etwaiger weiterer Fahrzeuge kannte, hat er als Gehilfe auch hinsichtlich des PKW Mercedes den Qualifikationstatbestand des § 271 Abs. 3 StGB erfüllt (Cramer/Heine aaO § 271 Rdn. 45; Gribbohm aaO § 271 Rdn. 109; Puppe in NK-StGB § 271 Rdn. 66; aA Hoyer in SK-StGB § 271 Rdn. 36: besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB). Einer dahingehenden Verschärfung des Schuldspruchs steht, auch wenn das Landgericht in dem Fall des PKW Mercedes nicht vom Qualifikationstatbestand der Entgeltlichkeit ausgegangen ist, das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht entgegen (st. Rspr.; BGHSt 14, 5, 7; BGH NStZ 2006, 34, 35; StV 2008, 233, 234 sowie die Nachweise bei Kuckein in KK 6. Aufl. § 358 Rdn. 18).

III.


23
1. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvor wurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

24
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende weitere Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen , sind zulässig.
Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Schäfer

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

5
b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempelplakette , die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei et- waigen polizeilichen Kontrollen“ einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten ver- wirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15).
10
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er für ein anderes Fahrzeug ausgegebene amtliche Kennzeichen an dem von ihm genutzten nicht zugelassenen Pkw anbrachte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 70). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 4 und II. 5 das mit falschen amtlichen Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; vgl. Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR 613/88, BGHSt 36, 64, 65). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht , dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; insoweit in BGHSt 53, 34 nicht abgedruckt; vgl. auch Beschluss vom 7. Mai 2014 – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349; Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214). Danach hätte die Strafkammer prüfen müssen, ob neben der Nutzung des Fahrzeugs am 19. Dezember 2013 (Fall II. 4 der Urteilsgründe) auch die Fahrt am 26. Dezember 2013 (Fall II. 5) dem schon bei dem Anbringen der Kennzeichen bestehenden kon- kreten Gesamtvorsatz des Angeklagten entsprach. Dies hätte zur Folge, dass auch der mit der Fahrt am 26. Dezember 2013 verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der Fahrt am 26. Dezember 2013 begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stünden. Dass die Fahrt vom 26. Dezember 2013 nach den Feststellungen „aufgrund eines neuen Tatentschlusses“ erfolgte, steht dem nicht zwingend entgegen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 9 0 / 1 4
vom
22. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
hier: Revision des Nebenklägers N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 30. April 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Revisionsverfahren findet nicht statt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Bezüglich zum Nachteil des Nebenklägers begangener Missbrauchstaten hat es das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt. In einem zur Verurteilung gelangten Fall hat es den Angeklagten wegen Anstiftung des Nebenklägers zum sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, ist die Revision unzulässig.
3
Die von dem Nebenkläger erhobenen Verfahrensbeanstandungen sowie die ausgeführte Sachrüge betreffen ausschließlich die Fälle, hinsichtlich derer die Strafkammer durch Beschlüsse vom 19. Februar 2014 und 30. April 2014 das Verfahren vorläufig eingestellt hat. Gegen Einstellungsentscheidungen nach den §§ 153 ff. StPO steht der Nebenklage aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 400 Abs. 2 Satz 2 StPO aber selbst dann kein Rechtsmittel zu, wenn diese rechtsfehlerhaft ergangen sind (BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 4 StR 485/01, JR 2003, 125 mwN; Beschluss vom 8. November 2010 - 5 StR 478/10, juris).
4
Soweit die Sachrüge auch die ausgeurteilte Tat vom 13. April 2013 betreffen könnte, ist sie nicht ausgeführt und lässt deshalb eine Begründung vermissen , die deutlich macht, dass der Nebenkläger mit seiner Revision die Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich eines Nebenklagedelikts begehrt. Bleibt aufgrund der Revisionsbegründung offen, ob die Nebenklage solch ein zulässiges Ziel verfolgt oder aber entgegen § 400 Abs. 1 StPO lediglich die Rechtsfolgenentscheidung beanstanden will, ist ihre Revision als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 11. März 2004 - 3 StR 493/03, NStZ-RR 2005, 262 bei Becker).
5
Dem Nebenkläger waren die dem Angeklagten durch das unzulässige Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen nicht aufzuerlegen, weil dessen Revision ebenfalls ohne Erfolg geblieben ist (BGH aaO, insoweit in NStZ-RR 2005, 262 nicht abgedruckt).
Becker RiBGH Pfister befindet sich Hubert im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Gericke
5
2. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 9. März 2005 - 2 StR 544/02, NStZ-RR 2005, 199, 200).