Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2015 - 1 StR 169/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:031215B1STR169.15.0
bei uns veröffentlicht am03.12.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 169/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2015:031215B1STR169.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Juni 2014 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat beide Angeklagte wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt und von den verhängten Strafen drei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt.
2
Die dagegen gerichteten, auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und auf ausgeführte Sachrügen gestützten Revisionen bleiben ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
1. Die von beiden Beschwerdeführern erhobene und weitgehend gleichartig ausgeführte Rüge, an dem angefochtenen Urteil habe Richterin am Land- gericht K. mitgewirkt, obwohl sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen worden sei (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 338 Nr. 3 StPO), greift nicht durch.
4
a) Der Beanstandung liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
5
Das Strafverfahren war ursprünglich außer gegen die beiden Angeklagten auch gegen den mittlerweile rechtskräftig verurteilten jetzigen Zeugen E. sowie gegen einen weiteren gesondert Verfolgten geführt worden. Noch während des Zwischenverfahrens kam es am 21. Januar 2011 zu einem Gespräch zwischen den Mitgliedern der damals zuständigen Strafkammer des Landgerichts, Vertretern der Staatsanwaltschaft sowie den Verteidigern der vormals vier Angeklagten. Die nunmehr abgelehnte Richterin gehörte der Kammer an und nahm an dem Gespräch teil. Darin äußerten sich die Vertreter der Staatsanwaltschaft auch zu bestimmten Strafhöhen für den Fall von Geständnissen. Das Gericht verhielt sich lediglich bezüglich des gesondert Verfolgten zur Straferwartung. Seitens der Verteidigung erfolgten keine Stellungnahmen , es wurde auf die zunächst notwendige Rücksprache mit den Mandanten verwiesen. Über den Inhalt dieses Gesprächs fertigte die frühere Vorsitzende der Strafkammer einen Vermerk, der zu den Akten gelangte.
6
Nachfolgend kam es zu weiteren Kontakten jedenfalls zwischen der früheren Vorsitzenden und dem Verteidiger des jetzigen Zeugen E. . Die Vorsitzende notierte in einem ebenfalls zu den Akten genommenen Vermerk über ein Telefongespräch mit dem Verteidiger am 6. Mai 2011 u.a., dieser habe erklärt, E. sei mit der vom Gericht vorgeschlagenen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten einverstanden. Am 24. Mai 2011 eröffnete die Strafkammer das Hauptverfahren gegen E. sowie die beiden Ange- klagten. Einen Tag später beschloss sie, nach erfolgter Terminsabstimmung mit dem Verteidiger, die Abtrennung des Verfahrens gegen E. . In einer noch von der damaligen Vorsitzenden gefertigten Terminsverfügung vom selben Tage war vermerkt, dass die nunmehr abgelehnte Richterin in der auf den 22. Juni 2011 bestimmten Hauptverhandlung gegen E. den Vorsitz führen sollte.
7
In dieser Hauptverhandlung teilte Richterin am Landgericht K. als Vorsitzende gemäß § 243 Abs. 4 StPO mit, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zur Vorbereitung einer Verständigung stattgefunden hätten. Dabei habe die Strafkammer für den Fall eines der Anklage entsprechenden Geständnisses eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen drei Jahren und neun Monaten sowie vier Jahren in Aussicht gestellt. Durch ein auf einer Absprache gemäß § 257c StPO beruhendes Urteil vom selben Tage wurde E. u.a. wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen sowie wegen Bestechungs- und Steuerstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
8
Das Verfahren gegen die Angeklagten war im ersten Rechtsgang durch eine Strafkammer des Landgerichts geführt worden, der die abgelehnte Richterin nicht angehörte. Mit Urteil vom 29. Februar 2012 waren die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Auf deren Revision hin hat der Senat das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 – 1 StR 532/12).
9
Am zweiten Tag der Hauptverhandlung vor der nunmehr zuständigen Strafkammer hatte der Vorsitzende mitgeteilt, dass ausweislich der Akten ein Erörterungstermin am „10.02.2012“ nach § 202a StPO stattgefunden habe, der insoweit bislang für die Kammer ersichtlich die Angeklagten betreffend der einzige derartige Termin war und dieser nicht zu einer Verständigung geführt habe (vgl. dazu näher unter 2.a). Im Anschluss daran beantragten die Verteidiger der Angeklagten u.a. die Verlesung des Ergebnisses der Verständigung aus der Sitzungsniederschrift des Verfahrens gegen E. sowie die Einholung von dienstlichen Erklärungen verschiedener an diesem Verfahren Beteiligter. Nach Eingang eines Teils der begehrten Erklärungen stellte die Verteidigerin des Angeklagten M. am dritten Hauptverhandlungstag einen Antrag, der im We- sentlichen auf eine Feststellung abzielte, dass es „nach Aktenlage keinerlei Do- kumentation über die Verständigungsgespräche gibt, die zwischen dem damaligen Gericht, der StA und der Verteidigung E. geführt wurden“. Der Vorsitzende teilte daraufhin mit, dass weitergehende Feststellungen im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO derzeit weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Wissen der Kammer getroffen werden könnten.
10
Dies nahmen die Angeklagten zum Anlass, Richterin am Landgericht K. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Ablehnung wurde vor allem auf das Verhalten der Richterin als Vorsitzende der für die Hauptverhandlung gegen den jetzigen Zeugen E. zuständigen Strafkammer gestützt. Es wäre ihre Pflicht gewesen, die von der früheren Vorsitzenden versäumte Dokumentation von Verständigungsgesprächen mit der Verteidigung E. nachzuholen. Das gelte selbst dann, wenn sie an diesen Gesprächen nicht persönlich beteiligt gewesen sein sollte. Im Übrigen wäre es ihre Pflicht gewesen, die „bislang versäumte Information“ an die Verteidigung der Ange- klagten nachzuholen.
11
Die Revisionen sehen die Besorgnis der Befangenheit insgesamt darin begründet, dass die abgelehnte Richterin nach Übernahme des Vorsitzes im Verfahren gegen E. die unzureichende Dokumentation der früheren Vorsitzenden nicht nur nicht korrigiert, sondern sich sogar zu eigen gemacht habe und damit im Ergebnis „an einem unter Verstoß gegen das Verständigungsge- setz zustande gekommenen Verständigungsurteil mitgewirkt“ habe. In diesem Verständigungsurteil sei der jetzige Zeuge E. zudem für seine umfassen- de Aufklärungshilfe mit einer „bereits vor der Eröffnungsentscheidung exakt prognostizierten Strafe bedacht worden“.
12
Die Strafkammer hat die Ablehnungsgesuche der Angeklagten – ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin – als unbegründet zurückgewiesen.
13
b) Die Ablehnungsgesuche sind mit Recht verworfen worden. Die Angeklagten konnten, was der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hat (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 – 1 StR 602/14 Rn. 30), keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit sowie zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin haben.
14
aa) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist bei dem Ablehnenden gegeben, wenn er bei einer verständigen Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH, Urteile vom 10. November 1967 – 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341; vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08 [insoweit in BGHSt 54, 39 ff. nicht abgedruckt]; Beschlüsse vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/13, NJW 2014, 2372, 2373; vom 19. August 2014 – 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; vom 28. Juli 2015 – 1 StR 602/14 Rn. 29). Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger (BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 341; BGH, Urteil vom 13. März 1997 – 1 StR 793/96, BGHSt 43, 16, 18 mwN) bzw. verständiger Angeklagter (BGH, Beschlüsse vom 8. März 1995 – 5 StR 434/94, BGHSt 41, 69, 71; vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 2008 – 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.).
15
Knüpft die Besorgnis der Befangenheit an eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vorbefassung der abgelehnten Richter an, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe (vgl. etwa § 22 Nr. 4 und 5; § 23 StPO) dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 – 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46 Rn. 23 mwN; Beschlüsse vom 7. August 2012 – 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350 mwN; vom 19. August 2014 – 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; in der Sache nicht anders BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 489/13, NStZ 2014, 660, 662 Rn. 25). Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen, sondern auch für die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 27. April 1972 – 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337; Beschlüsse vom 7. August 2012 – 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vom 19. August 2014 – 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46 mwN). Zu der Vorbefassung in dem vorstehen- den Sinne hinzutretende besondere Umstände können etwa dann gegeben sein, wenn frühere Entscheidungen, an denen der jetzt abgelehnte Richter mitgewirkt hat, unnötige oder sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder sich der betroffene Richter bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 – 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373).
16
Dabei können Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand für sich genommen eine Ablehnung der mitwirkenden Richter grundsätzlich nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. November 2009 – 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; Cirener in BeckOK-StPO, Ed. 23, § 24 Rn. 12, 12a mwN); etwas Anderes gilt jedoch, wenn die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig erweist oder gar als willkürlich erscheint (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 – 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4, 8; Urteil vom 12. November 2009 – 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 24 Rn. 8). Besondere Umstände können aber auch dann gegeben sein, wenn sich aus der Art und Weise der Begründung von Zwischenentscheidungen die Besorgnis der Befangenheit ergibt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 12, 12a).
17
bb) An diesen Grundsätzen gemessen bestand für einen verständigen Angeklagten kein Grund für die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin.
18
Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese in ihrer Funktion als Vorsitzende der für das Strafverfahren gegen E. zuständigen Strafkammer gegen § 243 Abs. 4, § 257c StPO oder gegen sonstige Pflichten im Zusammenhang mit einer Verständigung verstoßen hat. Denn jedenfalls sind keine Rechts- oder Verfahrensfehler der abgelehnten Richterin in dem früheren Verfahren vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die dort getroffenen Entscheidungen als rechtlich völlig abwegig oder gar als willkürlich erscheinen ließen und deshalb die Besorgnis der Befangenheit in der gegen die Angeklagten geführten Hauptverhandlung begründen könnten.
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(1) Die ursprünglich für das Verfahren gegen die Angeklagten und E. zuständige Strafkammer war weder durch den Grundsatz des fairen Verfahrens noch durch sonstige Regelungen des Verfassungs- oder des Strafverfahrensrechts gehindert, das Verfahren betreffende Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten getrennt zu führen (siehe nur BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2013 – 1 StR 386/13, StV 2014, 513 mwN). Angesichts der bei dem Verurteilten E. anders als bei den Angeklagten vorhandenen Geständnisbereitschaft kann sich aus der Verfahrenstrennung selbst daher keine Besorgnis der Befangenheit ableiten lassen.
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Ebenso wenig kann die Erledigung des Verfahrens gegen einen geständigen Angeklagten durch ein auf einer Absprache beruhendes Urteil selbst einen besonderen Umstand im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Befangenheit begründen. Die Entscheidung auf diese Weise entspricht den vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten.
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(2) Dementsprechend kann auch der Umstand, dass sich die abgelehnte Richterin als Mitglied des E. verurteilenden Spruchkörpers dort auf die Überzeugung von dessen Beihilfe zu den von den Angeklagten begangenen Untreuetaten festgelegt hat, als typische Konstellation einer Vorbefassung die Befangenheit nicht stützen. Denn ein „besonderer Umstand“ im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt darin gerade nicht. Die Situation ist insoweit nicht anders als in einem gegen mehrere Angeklagte einheitlich geführten Verfahren, in dem sich wenigstens einer von diesen zur Überzeugung des Tatgerichts wahrheitsgemäß geständig einlässt und dieses Geständnis auch Grundlage der Überzeugungsbildung im Hinblick auf die nicht geständigen Angeklagten ist.
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(3) Der Inhalt des von der Revision des Angeklagten A. vollständig dargelegten Urteils gegen E. trägt die Befangenheit ebenfalls nicht. Weder die gegen E. verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten für die Beihilfe zu den Untreuetaten der Angeklagtennoch die – unter Einbeziehung weiterer Einzelstrafen – gebildete Gesamtstrafe gaben Anlass zur Besorgnis, die zuständige Strafkammer habe unter Verstoß gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens E. im Hinblick auf dessen auch die Tatbeteiligung der Angeklagten umfassendes Geständnis unvertretbar milde sanktioniert. Der von der Revision geäußerte Verdacht, es sei E. seitens der Strafkammer gesetzwidrig eine Punktstrafe zugesagt (und verhängt) worden, stützt sich insbesondere auf den handschriftlichen Vermerk der früheren Vorsitzenden vom 6. Mai 2011. Dass eine bestimmte Gesamtfreiheitsstrafe und nicht ein Strafrahmen durch die Strafkammer insgesamt zugesagt worden ist, ergibt sich daraus nicht eindeutig. Die abgelehnte Richterin hat im Rahmen der Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO in dem Verfahren gegen E. einen von der Strafkammer angegebenen Strafrahmen benannt. Ange- sichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Zusage einer „Punktstrafe“ gegen einen als Belastungszeugen in Frage kommenden (jetzigen oder früheren ) Mitangeklagten im Rahmen einer Urteilsabsprache als in schwerer Weise rechtsfehlerhaft oder gar willkürlich erscheinen und deshalb die Besorgnis der Befangenheit bei anderen Angeklagten begründen könnte.
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(4) Das zu dem Urteil gegen E. führende Verfahren ansonsten trägt die begründete Besorgnis der Befangenheit angesichts der dafür bei Vorbefassung maßgeblichen besonderen Umstände gleichfalls nicht.
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Soweit vor den Beschlüssen über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Abtrennung des Verfahrens gegen E. außer dem gemeinsamen Erörterungstermin (§ 202a StPO) am 21. Januar 2011 weitere Gespräche allein mit dem Verteidiger von E. stattgefunden haben, oblag deren Dokumentation – was die Revision nicht verkennt – der damaligen Vorsitzenden und nicht der jetzt abgelehnten Richterin. Insoweit kommt ein verfahrensfehlerhaftes Verhalten , das die Besorgnis der Befangenheit im jetzigen Verfahren auslösen konnte, durch sie ersichtlich nicht in Betracht.
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Nach Übernahme des Vorsitzes durch die abgelehnte Richterin bestanden lediglich Dokumentations- und Mitteilungspflichten in dem ausschließlich noch E. betreffenden Strafverfahren. In der Hauptverhandlung hat sie Mitteilung über außerhalb der Hauptverhandlung geführte Gespräche, den daran Beteiligten und über die von der Strafkammer für den Fall des Geständnisses in Aussicht gestellte Strafunter- und Strafobergrenze gemacht. Selbst wenn diese Mitteilung zur Erfüllung der Pflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO im dortigen Verfahren nicht genügt haben sollte, lässt sich daraus nicht die Besorgnis ableiten , sie habe im hiesigen Verfahren den Angeklagten nicht mehr mit der gebotenen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit gegenüber gestanden. Weder die Art und Weise der Erfüllung der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO noch die Handhabung von § 257c StPO durch die abgelehnte Richterin erweisen sich als rechtlich völlig unvertretbar oder willkürlich.
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Im Übrigen beziehen sich die von der Revision geltend gemachten Verstöße der abgelehnten Richterin bei der Anwendung der Regelungen über Verständigungsgespräche und das Zustandekommen einer Verständigung auf in eine in einem gesonderten Verfahren gegen einen anderen (vormals) Angeklagten getroffene Verständigung. Durch die unzureichende Erfüllung von Transparenz- und Mitteilungspflichten von Verständigungsgesprächen, die allein Mitangeklagte betroffen haben, können die daran nicht beteiligten Angeklagten selbst bei einem einheitlichen Verfahren regelmäßig nicht in eigenen Rechten betroffen sein (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528 f.; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14, NStZ 2015, 417; siehe auch BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.). Angesichts der für die mit einer Vorbefassung in Zusammenhang stehenden Besorgnis der Befangenheit geltenden Maßstäbe wird eine solche aus der Verletzung lediglich gegenüber Dritten bestehenden Pflichten allenfalls in Ausnahmefällen resultieren können.
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(5) Auch in der Gesamtschau ergeben sich aus der maßgeblichen Perspektive des verständigen Angeklagten aufgrund des Verhaltens der abgelehnten Richterin in dem früheren Strafverfahren gegen den jetzigen Zeugen E. keine die Besorgnis der Befangenheit tragenden Umstände.
28
2. Die ebenfalls durch beide Beschwerdeführer weitgehend gleich erhobene Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO wegen einer mangelnden Erfüllung der Mitteilungspflicht des jetzigen Vorsitzenden in Bezug auf die im Zwischenverfahren durch die vormals für das noch gemeinsam gegen die Angeklagten und E. geführte Verfahren zuständige Strafkammer geführten Gespräche bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
29
a) Den Rügen liegt zu einem Teil dasselbe Verfahrensgeschehen wie der vorstehend erörterten Verfahrensbeanstandung zugrunde. Der Vorsitzende der für die neue Verhandlung zuständigen Strafkammer hatte am zweiten Hauptverhandlungstag unter Hinweis auf Blatt 712 der Sachakten festgestellt, dass ein Erörterungsgespräch „am 10.2.2012“ nach § 202a StPO stattgefunden hat, der bezüglich der Angeklagten der bislang einzig ersichtliche und nicht zu einer Verständigung führende Termin gewesen sei. Am dritten und vierten Verhandlungstag teilte der Vorsitzende weitgehend inhaltsgleich jeweils mit, dass weitergehende Feststellungen im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO derzeit weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Wissen der Kammer getroffen werden könnten. Am vierten Hauptverhandlungstag ordnete der Vorsitzende die Verlesung des Aktenvermerks der früheren Vorsitzenden vom 21. Januar 2011 an. Dabei erfolgte keine Klarstellung, dass es sich dabei um jenen Vermerk handelte , bezüglich dessen am zweiten Hauptverhandlungstag der 10. Februar 2012 als Datum genannt worden war.
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Die Beschwerdeführer machen einerseits geltend, den Mitteilungen des Vorsitzenden könne bereits nicht hinreichend entnommen werden, dass es im Sinne eines Negativattests nach der Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof keine Verständigungsgespräche mit der im zweiten Rechtsgang zuständigen Strafkammer gegeben habe. Andererseits wird vor allem beanstandet , der wesentliche Inhalt des protokollierten Vermerks hätte bereits zu Beginn der Hauptverhandlung und nicht erst am vierten Hauptverhandlungstag mitgeteilt werden müssen. Eine Heilung des Verstoßes sei dadurch jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Information der Öffentlichkeit schon deshalb nicht herbeigeführt worden, weil am ersten Hauptverhandlungstag ein falsches Datum des Erörterungstermins genannt worden und keine ausreichende Klarstellung dahingehend erfolgt sei, dass der nachträglich verlesene Vermerk sich auf den fälschlich in der Erklärung des Vorsitzenden auf den 10. Februar 2012 datierten Termin bezogen habe.
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b) An der Zulässigkeit der Verfahrensbeanstandungen bestehen im Hinblick auf die notwendige Klarstellung der Angriffsrichtung (zur Maßgeblichkeit der Angriffsrichtung siehe BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 620/09, NStZ 2010, 403 f.; näher Cirener in HRRS-Gedächtnisgabe für Widmaier , 2013, S. 27 ff.) Bedenken, indem einerseits auf das Negativattest im Hinblick auf durch die jetzt zuständige Strafkammer selbst geführte mitteilungsbedürftige Gespräche abgestellt und andererseits eine unzureichende Erfüllung der auf einen von der im ersten Rechtsgang zuständigen Kammer durchgeführten Erörterungstermin bezogenen Mitteilungspflicht beanstandet wird. Da eine Verletzung der Mitteilungspflicht hinsichtlich eines Negativattests im zweiten Rechtsgang aber – wie der Generalbundesanwalt in seinen Zuschriften zutreffend aufgezeigt hat – nicht mit der notwendigen Bestimmtheit behauptet wird, verbleibt es bei der Rüge des Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hinsichtlich des von der vormals zuständigen Strafkammer durchgeführten Erörterungstermins. Jedenfalls eine solche Beanstandung lässt sich beiden Revisionen hinreichend bestimmt entnehmen.
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c) Die entsprechenden Rügen greifen in der Sache nicht durch. Der Vorsitzende hätte eine durch § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eventuell statuierte Pflicht zur Mitteilung über den Inhalt des Erörterungstermins vom 21. Januar 2011 jedenfalls durch die Verlesung des von der Vorsitzenden der vormals zuständigen Strafkammer darüber gefertigten Vermerks inhaltlich erfüllt. Ob nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht eine Pflicht des Vorsitzenden des nunmehr zuständigen Tatgerichts besteht, Erörterungstermine i.S.v. § 202a StPO, die ein im ersten Rechtsgang zuständiges Tatgericht durchgeführt, gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mitzuteilen, bedarf daher keiner Entscheidung.
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aa) Da weitere, die Angeklagten betreffende und auf eine Verständigung ausgerichtete Gespräche im ersten Rechtsgang nicht stattgefunden hatten, wäre durch die Verlesung des Vermerks über den Erörterungstermin einer even- tuellen Mitteilungspflicht jedenfalls genügt worden. Der Vermerk gibt den wesentlichen Inhalt des Gesprächs wieder. Er stellt vor allem heraus, dass sich das vormals zuständige Gericht lediglich in Bezug auf einen vormals Mitangeklagten zu einer Straferwartung bei dessen Geständnis verhalten hatte, während die Staatsanwaltschaft solche Straferwartungen in Bezug auf sämtliche damaligen Angeklagten geäußert hatte. Ebenso wird über die Reaktionen aller Verteidiger berichtet. Eine Information darüber, auf wessen Initiative vor der Hauptverhandlung geführte, auf eine mögliche Verständigung bezogene Gespräche zustande gekommen sind, gebietet § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht; es handelt sich dabei nicht um einen zum „wesentlichen Inhalt“ gehörenden Umstand (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 1 StR 422/14, NStZ 2015, 293 f.).
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bb) Unter den Umständen des konkreten Falls wäre die inhaltliche Erfüllung der Mitteilungspflicht auch nicht rechtsfehlerhaft verspätet erfolgt. Aus dem Wortlaut von § 243 Abs. 4 Satz 1 im Zusammenhang mit Abs. 3 und Abs. 5 Satz 1 StPO („Sodann“) ergibt sich, dass die Mitteilung nach der Verlesung des Anklagesatzes und vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache zu erfolgen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 – 5 StR 613/13, NStZ 2014, 287, 289). Innerhalb dieses Zeitrahmens ist vorliegend die vollständige Mitteilung erfolgt. Nachdem der Vorsitzende bereits am zweiten Hauptverhandlungstag festgestellt hatte, dass – ein allerdings von ihm falsch datierter – Erörterungstermin gemäß § 202a StPO durchgeführt worden war, erfolgte am vierten Hauptverhandlungstag vor der Belehrung der Angeklagten gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO die Verlesung des gesamten Vermerks.
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Zwar wird es im Hinblick auf die mit § 243 Abs. 4 StPO verfolgten Zwecke in den Konstellationen des Satzes 1 regelmäßig angezeigt sein, möglichst umgehend nach der Verlesung des Anklagesatzes über vor Beginn der Hauptverhandlung geführte Gespräche gemäß §§ 202a, 212 StPO zu informieren (vgl. insoweit bzgl. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.). Maßgeblich ist jedoch, dem Angeklagten um der Gewährleistung einer informierten Entscheidung über sein Einlassungsverhalten und der Öffentlichkeit um der Gewährleistung der von ihr ausgehenden Kontrollfunktion (dazu BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN) willen die gebotene Information über vor der Hauptverhandlung erfolgte verständigungsbezogene Gespräche vor der durch § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO vorgeschriebenen Belehrung zu verschaffen. Da hier nach Verlesung der Anklage bis zum vierten Hauptverhandlungstag auf Verständigung bezogene Gespräche im ersten Rechtsgang sowie das darauf bezogene Ablehnungsgesuch gegen die beisitzende Richterin Gegenstand der Erörterung gewesen sind, wäre einer eventuellen Mitteilungspflicht durch die Verlesung des Vermerks vor der Belehrung gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt.
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cc) Der Erfüllung der Mitteilungspflicht stünde das von der Revision im Hinblick auf die Information der Öffentlichkeit beanstandete Fehlen einer Klarstellung der fälschlichen Benennung des Datums des Vermerks der früheren Vorsitzenden über den Erörterungstermin vom 21. Januar 2011 nicht entgegen.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht ein zentrales Anliegen der vom Gesetzgeber mit dem Verständigungsgesetz verfolgten Regelungskonzeption in der Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit. Dem Gesetzgeber sei es maßgeblich darauf angekommen , die Transparenz der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gerade im Falle einer Verständigung zu bewahren; die Verständigung müsse sich nach dem Willen des Gesetzgebers „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (vgl. BVerfGE 133, 168, 214 f., Rn. 81 f. unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12310, S. 8, 12; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173).
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Die mit der Möglichkeit einer Beobachtung der Hauptverhandlung durch die Allgemeinheit verbundene öffentliche Kontrolle der Justiz erhalte durch die gesetzliche Zulassung der in eine vertrauliche Atmosphäre drängenden Verständigungen zusätzliches Gewicht. Dem habe der Gesetzgeber durch die Mitteilungspflicht in § 243 Abs. 4 StPO Rechnung getragen. Die Öffentlichkeit könne ihre Kontrollfunktion aber nur ausüben, wenn sie die Informationen erhalte , die zur Beurteilung der Angemessenheit einer etwaigen Verständigung erforderlich sind. Nur so bleibt der gerichtliche Entscheidungsprozess transparent und die Rechtsprechung auch in Verständigungsfällen für die Allgemeinheit durchschaubar (BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN). Zugleich dienten die Transparenzvorschriften des Verständigungsgesetzes dem Schutz des Angeklagten vor einem im Geheimen sich vollziehenden „Schulterschluss“ zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, Rn. 11; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173). Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit solle verhindern, dass „sachfremde, das Licht der Öffentlichkeit scheuende Umstände auf das Gericht und damit auf das Urteil Einfluss gewinnen“ (vgl. BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN).
39
(2) Diese Kontrollfunktion der Öffentlichkeit ist durch die fehlende Klarstellung über das Datum des Erörterungstermins und des darüber gefertigten Vermerks nicht in Frage gestellt worden. Die Öffentlichkeit hat in dem durch § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gebotenen Umfang Kenntnis von der Durchführung einer Erörterung gemäß § 202a StPO und deren Inhalt erhalten. Angesichts des Ablaufs des Verfahrens bis zu der Verlesung des Vermerks lassen sich Missverständnisse über Art und Anzahl mitteilungspflichtiger Erörterungen vor Beginn der Hauptverhandlung im ersten Rechtsgang, die sich auf die Wirksamkeit der Kontrollfunktion hinsichtlich der beiden Angeklagten ausgewirkt haben könnten, sicher ausschließen.
40
dd) Auf allein den früheren Mitangeklagten E. betreffende, verständigungsbezogene Erörterungen im ersten Rechtsgang könnten sich die Angeklagten nicht stützen (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528 f.; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14, NStZ 2015, 417; siehe auch BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.).
41
3. Die zum einen auf die Verletzung von § 244 Abs. 2 StPO abzielenden und zum anderen einen Verstoß gegen § 261 StPO beanstandenden Verfahrensrügen im Zusammenhang mit von den Angeklagten unterschriebenen „Memoranda of Unterstanding“ und darin inhaltlich Bezug genommenen „Finders Fee Agreements“ bleiben aus den in den Antragsschriften desGeneral- bundeanwalts genannten Gründen, die durch die nachfolgenden Schriftsätze der Verteidigung vom 27. Juni 2015 bzw. 6. Juli 2015 nicht in Frage gestellt werden, ohne Erfolg. Das Landgericht hat sich ohne durchgreifenden Verfahrensfehler die Überzeugung der Kenntnis der Angeklagten von dem Inhalt der „Finders Fee Agreements“ verschafft.

II.


42
Die auf die ausgeführten Sachrügen veranlasste Prüfung des angefochtenen Urteils in sachlich-rechtlicher Hinsicht hat keine den Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
Graf Jäger Cirener Radtke Fischer

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 532/12
vom
10. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Juni 2013, in der Sitzung am 10. Juli 2013, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 27. Juni 2013 -
als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 27. Juni 2013 -
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen. Mit auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in zwei Fällen.
2
Die Revisionen der Angeklagten führen auf eine Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Die Angeklagten waren im Hochseeschleppergeschäft tätig und betrieben ab dem Jahr 2005 den Bau der drei Hochseeschlepper T. , J. und U. . Eigentümerinnen der Schlepper sollten sog. Einschiffsgesellschaften - jeweils in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG - werden, die als Publikumsgesellschaften konzipiert waren. In Umsetzung dieses Vorhabens erwarben die Angeklagten Vorratsgesellschaften, die aufgrund von Gesellschaftsverträgen vom 4. März 2005 in die T. GmbH & Co. KG sowie vom 26. September 2005 in die J. GmbH & Co. KG bzw. die U. GmbH & Co. KG umfirmiert wurden. Die Angeklagten waren Geschäftsführer und - neben anderen - Mitgesellschafter der am 10. März 2005 gegründeten, in allen drei Einschiffsgesellschaften als Komplementärin fungierenden AHT GmbH und zugleich als Kommanditisten an den Einschiffsgesellschaften beteiligt.
5
Bereits am 5. Januar 2005 - „noch im Gründungsstadium und vor Beitritt weiterer Gesellschafter“- hatte die „ T. GmbH & Co. KG in Gründung“- vertreten durch die H. GmbH, deren Geschäftsführer und alleinige Gesellschafter die Angeklagten waren - einen Vertrag über den Bau des Hochseeschleppers T. mit einem Konsortium bestehend aus der M. w. GmbH und der M. AG abgeschlossen. Am 10. August 2005 folgten die Vertragsabschlüsse der „ J. GmbH & Co. KG in Gründung“ bzw. der „ U. GmbH & Co. KG in Gründung“ mit dem Konsortium hinsichtlich der Schlepper J. und U. .
6
Den Vertragsabschlüssen waren Ende des Jahres 2004 Gespräche der Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten E. vorausgegangen, der bei der M. AG als Leiter der Abteilung „… “ für den Bau von Hochseeschleppern und Tankern zuständig war. Dabei waren die Angeklagten und E. übereingekommen, dass als Gegenleistung für die Erteilung der Bauaufträge an jeden der beiden Angeklagten 750.000 € je Schiff fließen sollten. E. sollte 500.000 € je Schiff für die organisatorische Umsetzung der Vereinbarung erhalten. Mittels dieser Vereinbarung gelang es E. , die Aufträge über den Bau der Schlepper für das Konsortium zu sichern und potentielle Konkurrenten für die Herstellung der Schiffe auszustechen.
7
Um der Vereinbarung einen unverfänglichen Anstrich zu geben, schlossen die Angeklagten mit dem Konsortium M. w. GmbH / M. AG mehrere „Memoranda of Understanding“, die auf Seiten des Konsortiums von E. unterzeichnet wurden, obwohl er nicht über eine Einzelvertretungsbefugnis für das Konsortium verfügte. Inhalt der „Memoranda of Under- standing“ war zum einen die Verpflichtung desKonsortiums zur Zahlung von 750.000 € je Schiff - deklariert als „owner’s discount“ - an jeden der beiden An- geklagten. Zum anderen sollte die M. w. GmbH nach Abschluss ei- nes „finder’s fee agreement“ 500.000 €je Schiff an ein zwischengeschaltetes Unternehmen zahlen, das den Betrag nach Abzug einer Provision in Höhe von 25.000 € an E. weiterleiten sollte.
8
In Umsetzung der Vereinbarung wurden in die internen Kostenkalkulationen des Konsortiums für die Herstellung der Schlepper Leerpositionen aufgenommen bzw. reale Positionen gezielt zu hoch angesetzt und so der Betrag von 2 Mio. € je Schiff, der an die Angeklagten und E. fließen sollte, auf den von den Einschiffsgesellschaften zu zahlenden Werklohn aufgeschlagen.
9
Bei Errichtung der Gesellschaftsverträge der Einschiffsgesellschaften am 4. März 2005 bzw. 26. September 2005 ließen sich die Angeklagten die zuvor abgeschlossenen Schiffsbauverträge von den (übrigen) Gesellschaftern der jeweiligen Kommanditgesellschaft genehmigen, ohne diesen gegenüber die mit E. getroffene Schmiergeldabrede offengelegt zu haben.
10
Kurz vor Fertigstellung der Schlepper T. im April 2007 sowie J. im Oktober 2007 und U. im April 2008 wurden die vereinbarten Beträge von den Angeklagten bzw. für E. gegenüber der M. w. GmbH in Rechnung gestellt und von dieser auch beglichen.
11
Weder durch die Angeklagten noch durch E. waren Leistungen an die Einschiffsgesellschaften oder an das Konsortium erbracht worden, die diese Zahlungen rechtfertigten. Die Angeklagten verwendeten die ihnen zugeflossenen Beträge zur Leistung ihrer Kommanditeinlagen in die Einschiffsgesellschaften.
12
Der gesamte Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils von 2 Mio. € pro Schiff wurde nach Übergabe der Schlepper im Auftrag der Angeklagten von der jeweiligen Einschiffsgesellschaft an die M. AG zur Auszahlung gebracht.
13
Im Zeitpunkt der Fertigstellung der Schlepper und Zahlung des Werklohns hielten die Angeklagten sowie die von ihnen als Geschäftsführer der Komplementär-GmbHvertretene T. H. GmbH & Co. KG insgesamt 65 % der Kommanditanteile der jeweiligen Einschiffsgesellschaft , die verbleibenden 35 % der Anteile hielten angeworbene Kommanditisten. Die Komplementärin der Einschiffsgesellschaften, die AHT GmbH, deren Geschäftsführer und - neben anderen - Mitgesellschafter die Angeklagten waren, war weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der Einschiffsgesellschaft beteiligt, für die Kommanditisten war eine Gewinn - und Verlustbeteiligung im Verhältnis ihrer Einlage vereinbart.
14
2. Das Landgericht hat das Geschehen als Untreue in drei Fällen gewertet (Fall 3.2.2. T. , Fall 3.2.3. J. , Fall 3.2.4. U. ). Den Vermögensnachteil i.S.v. § 266 StGB hat es darin gesehen, dass die drei Einschiffsgesellschaften auf Veranlassung der Angeklagten den Werklohn für die Schlepper T. , J. und U. jeweils in voller Höhe an das Konsortium auszahlten, obwohl die zugrunde liegenden Verträge im Hinblick auf die Schmiergeldabrede in einem Umfang von 2 Mio. € sittenwidrig i.S.v. § 138 BGB und damit teilnichtig gewesen seien. Einen Vermögensnachteil hat das Landgericht nur angenommen, soweit die Kommanditanteile der angeworbenen Kommanditisten betroffen waren, und hat diesen unter Zugrundelegung der festgestellten Beteiligungsquote von 35 % auf 700.000 € je Schiff beziffert.
15
3. Eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB hat das Landgericht mit der Begründung verneint, die Angeklagten seien zu keinem Zeitpunkt Angestellte oder Beauftragte der jeweiligen Einschiffsgesellschaften oder deren Komplementär-GmbH gewesen und damit als Betriebsinhaber keine tauglichen Täter.

II.

16
Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
17
Die Angeklagten beanstanden zu Recht, das Landgericht habe in seine Beweiswürdigung eine nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde einbezogen und damit seine Überzeugung von der Schuld der Angeklagten unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft.
18
1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung von dem „Schmiergeldcha- rakter“ der Zahlungenan die Angeklagten, denen keine von den Angeklagten erbrachten vergütungsfähigen Leistungen zugrunde lagen, auch auf den mit dem Finanzamt H. im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft geführten Schriftverkehr, der jedoch nur teilweise ordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde.
19
Zwar wurde ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls in der Sitzung vom 17. Januar 2012 das Antragsschreiben der Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft vom 1. Dezember 2005 verlesen (Blatt 1848 der Sachakten). Darin wurde dem Finanzamt H. als Grundlage seiner Entscheidung über die Erteilung der verbindlichen Auskunft u.a. mitgeteilt, dass die Konzeption und die Bauaufsicht des bestellten Schiffs Teil der Bereederungstätigkeit seien, zu der sich die T. H. GmbH & Co. KG vertraglich gegenüber der Einschiffsgesellschaft verpflichtet habe, und dass diese Tätigkeit nach dem Willen der Beteiligten einen Wert von 500.000 € darstelle. Darüber hinaus werde durch die Werft an die Angeklagten als Gesellschafter jeweils ein Betrag von 500.000 € als Provision bezahlt (UA S. 50). In die Beweiswürdigung hat das Landgericht unter auszugsweiser Wiedergabe im Wortlaut und unter Bezugnahme auf die konkrete Aktenfundstelle jedoch auch das Antwortschreiben des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 einbezogen. Darin unterscheide das Finanzamt entsprechend den Darstellungen im Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zwischen den Themenkomplexen Vergütung für Bauaufsicht und Konzeption an den Vertragsreeder einerseits sowie Provisionszahlungen an die Angeklagten andererseits, für die nach dem Wortlaut des Antwortschreibens „eine Leistung seitens dieser Beteiligten (d.h. der Angeklagten) an die Werft nicht vorliege“ (UA S. 51).
20
2. In der Einbeziehung der Urkunde in die Beweiswürdigung liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO, wonach die Überzeugungsbildung des Tatgerichts aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen ist.
21
a) Eine förmliche Verlesung des Antwortschreibens des Finanzamts H. vom 6. Dezember 2005 gemäß § 249 Abs. 1 StPO erfolgte nicht, wie insoweit durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls belegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2000 - 2 StR 190/00, NStZ-RR 2001, 18 f. mwN). Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre ungeachtet dessen aber nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, dass der Inhalt des Schriftstücks in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 - 2 StR 111/01). Von einem Ausschluss einer anderweitigen Einführung des herangezogenen Beweismittels ist vorliegend auszugehen.
22
b) Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen vorgetragen, der Inhalt der Urkunde sei auch nicht in sonstiger prozessordnungsgemäßer Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 1990 - 3 StR 314/89, BGHR StPO § 344 Abs. 2 S. 2 Urkunden 1; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., NJW 2005, 1999, 2001 f. mwN), und haben sich dabei mit allen naheliegenden Möglichkeiten der Einführung, insbesondere dem Vorhalt an die beiden als Zeugen gehörten Steuerberater, die das Antragsschreiben an das Finanzamt verfasst hatten, auseinandergesetzt.
23
Diesen Vortrag der Angeklagten sieht der Senat als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft ist dem Revisionsvorbringen in ihrer Gegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht entgegengetreten, sondern hat den Revisionsvortrag hinsichtlich des Verfahrensablaufs ausdrücklich als richtig und vollständig bezeichnet. Auch das Tatgericht hat sich zu keiner dienstlichen Erklärung über einen anderen als den mit den Revisionen vorgetragenen Verfahrensablauf veranlasst gesehen. Für den Senat besteht angesichts dieser Umstände keine Veranlassung, die Richtigkeit des Revisionsvorbringens in tatsächlicher Hinsicht durch ihm an sich mögliche freibeweisliche Ermittlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 1998 - 1 StR 67/98, NStZ-RR 1999, 47; Urteil vom 13. Dezember 1967 - 2 StR 544/67, BGHSt 22, 26, 28; BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u.a., NJW 2005, 1999, 2003) zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, NJW 2006, 3362, und vom 22. November 2001 - 1 StR 471/01, NStZ 2002, 275, 276).
24
3. Ein Beruhen des Urteils auf dieser Verletzung des § 261 StPO lässt sich nicht ausschließen. Die Angeklagten haben sich dahingehend eingelassen, die an sie geflossenen Beträge seien als Vergütung für die von ihnen übernommene Bauaufsicht sowie für Leistungen im Bereich von Konzeption und Design der Schlepper gezahlt worden. Das Landgericht hat diese Einlassung aufgrund einer Gesamtwürdigung für widerlegt erachtet und die geflossenen Beträge als Schmiergeldzahlungen angesehen. Dabei hat es als gewichtiges Indiz im Rahmen der Beweiswürdigung gewertet, dass nach der Beurteilung des Finanzamts H. anlässlich der Erteilung einer verbindlichen Auskunft in dem fraglichen Schreiben den Zahlungen an die Angeklagten keine Leistungen zugrunde lagen.
25
4. Dieser Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts. Eines Eingehens auf die weiteren erhobenen Rügen bedarf es daher nicht.

III.

26
Die vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Fälle 3.2.3. (J. ) und 3.2.4. (U. ) der Urteilsgründe beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft , mit denen die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB beanstandet wird, bleiben ohne Erfolg.
27
Obwohl sich die Feststellungen des Tatgerichts zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen bei Abschluss der Werkverträge hinsichtlich der Schlepper J. und U. am 10. August 2005 aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegten Gründen als in Teilen widersprüchlich erweisen, hat das Landgericht dennoch im Ergebnis zu Recht eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB verneint. Denn ungeachtet des sich auf die Bezeichnung der Komplementär-GmbH der in die Vorgänge eingebundenen Kommanditgesellschaften beziehenden Widerspruchs liegen die Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 StGB auf der Grundlage der ansonsten umfassenden Feststellungen für die beiden Angeklagten nicht vor.
28
Zwar enthalten die Feststellungen Anhaltspunkte dafür, dass zu verschiedenen Zeitpunkten innerhalb des durch die verfahrensgegenständlichen Taten (§ 264 StPO) erfassten Sachverhalts ein Fordern, Sich-versprechenLassen oder Annehmen eines Vorteils und damit Verhaltensweisen seitens der Angeklagten vorlagen, die an sich als tatbestandsmäßiges Verhalten gemäß § 299 Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Auch ist das Konsortium aus M. w. GmbH und M. AG gegenüber anderen Wettbewerbern bei der Vergabe der Aufträge für den Bau der Hochseeschlepper bevorzugt worden. Eine Strafbarkeit der Angeklagten scheidet jedoch aufgrund folgender Erwägungen aus:
29
1. Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004 mit dem früheren Mitangeklagten E. die Vereinbarung über die Zahlung von 750.000 € je Schiff als Gegenleistung für die Auftragsvergabe an das Konsortium trafen und damit Vorteile forderten bzw. sich versprechen ließen, waren diese (noch) keine tauglichen Täter i.S.d. § 299 Abs. 1 StGB.
30
Der Tatbestand beschränkt den Täterkreis ausdrücklich auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes, so dass die Vorteilsannahme des Betriebsinhabers hinsichtlich seines eigenen Betriebes vom Tatbestand nicht erfasst wird (vgl. BGH, GrS, Beschluss vom 29. März 2012 - GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 211 mwN). Da der Tatbestand bereits mit dem Fordern, Sichversprechen -Lassen oder Annehmen des Vorteils vollendet ist (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 299 Rn. 21), muss die Stellung als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes und damit als tauglicher Täter des Sonderdelikts § 299 Abs. 1 StGB im Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen.
31
Daran fehlt es hier. Als die Angeklagten Ende des Jahres 2004von E. als Gegenleistung für die später geplante Auftragsvergabe an das Konsortium einen Vorteil forderten bzw. sich von ihm versprechen ließen und damit mit diesem der Sache nach eine Unrechtsvereinbarung (dazu Rogall in SK-StGB, 8. Aufl. [Stand: März 2012], § 299 Rn. 56) schlossen, waren sie (noch) keine Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs. Weder die später durch Umfirmierung aus den Vorratsgesellschaften hervorgegangenen Einschiffsgesellschaften noch die später als Komplementär-GmbH fungierende AHT GmbH existierten zu diesem Zeitpunkt. Die Angeklagten waren vielmehr als gemeinsam handelnde Alleingesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Betriebsinhaber (vgl. Fischer, aaO, § 299 Rn. 8a; Dannecker in NK-StGB, 4. Aufl., § 299 Rn. 27; Heine in Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 7) anzusehen.
32
Werden an sich unter die Tathandlungen des Forderns bzw. Sichversprechen -Lassens fassbare Verhaltensweisen vor der Begründung der erforderlichen Tätereigenschaft vorgenommen, handelt es sich nicht um straftatbestandsmäßiges Verhalten (vgl. Fischer, aaO, § 331 Rn. 24b zu der entsprechenden Konstellation bei § 331 StGB).
33
2. Auch unter dem Gesichtspunkt der zeitlich der Unrechtsvereinbarung und der Bevorzugung des Konsortiums durch Auftragsvergabe an dieses nachfolgenden Annahme eines Vorteils durch die Vereinnahmung der 750.000 € im Oktober 2007 für den Schlepper J. bzw. im April 2008 für den Schlepper U. ergibt sich keine Strafbarkeit der Angeklagten aus § 299 Abs. 1 StGB.
34
a) Zwar waren die Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts zum Zeitpunkt der Annahme des Vorteils als Geschäftsführer der Komplementärin AHT GmbH, an der neben den Angeklagten noch weitere Gesellschafter beteiligt waren, taugliche Täter des § 299 Abs. 1 StGB (vgl. Corsten, Einwilligung in die Untreue sowie in die Bestechlichkeit und Bestechung, 2011, S. 330 f.; anders für Fälle des geschäftsführenden Alleingesellschafters der Komplementär-GmbH Fischer, aaO, § 299 Rn. 8a; Heine in Schönke/Schröder, aaO, § 299 Rn. 7; Dannecker in NK-StGB, aaO, § 299 Rn. 21; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 10; Bürger wistra 2003, 130, 132).
35
b) § 299 Abs. 1 StGB setzt jedoch grundsätzlich eine Unrechtsvereinbarung dergestalt voraus, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen wird (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447). Daran fehlt es hier. Die Unrechtsvereinbarung mit E. schlossen die Angeklagten bereits Ende des Jahres 2004 (oben II.1.). Die Auftragsvergabe an das Konsortium schloss sich im Jahr 2005 an. Die von den Angeklagten im Oktober 2007 bzw. im April 2008 vereinnahmten Zahlungen stellen sich angesichts dieser zeitlichen Abläufe ausschließlich als Belohnung für in der Vergangenheit gewährte Bevorzugungen dar.
36
c) Die Annahme eines Vorteils für derartige in der Vergangenheit liegende Bevorzugungen wird nur dann ausnahmsweise von § 299 Abs. 1 StGB erfasst , wenn diese Bevorzugungen bereits Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung waren (Fischer, aaO, § 299 Rn. 13; Rogall, aaO, § 299 Rn. 61; Momsen in Beck-OK/StGB, § 299 Rn. 13; Bannenberg, in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl., 10. Kap. Rn. 100; zu den konkurrenzrechtlichen Verhältnissen vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447, 449; Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 641/93, wistra 1995, 61). Dieser Ausnahmefall verlangt aber, dass die vorangegangene Unrechtsvereinbarung ihrerseits tatbestandsmäßig i.S.v. § 299 Abs. 1 StGB gewesen ist. Dementsprechend muss derjenige, der den Vorteil als Gegenleis- tung für die erfolgte Bevorzugung angenommen hat, bereits zum Zeitpunkt der früheren Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB) sein. Die Unrechtsvereinbarung drückt das im Gesetz angelegte Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der durch den Vorteilsnehmer zu gewährenden Bevorzugung und dem vom Vorteilsgeber zuzuwendenden Vorteil aus. Angesichts der Entscheidung des Gesetzgebers für eine Beschränkung des Kreises gemäß § 299 Abs. 1 StGB tauglicher Täter auf Angestellte und Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes kann auf das Vorliegen der Tätereigenschaft bereits im Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung grundsätzlich nicht verzichtet werden.
37
An der Tätereigenschaft der Angeklagten im Zeitpunkt der mit E. bereits Ende des Jahres 2004 getroffenen Abrede fehlte es jedoch.

IV.

38
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
39
Soweit der neue Tatrichter wiederum zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Zahlungen an die Angeklagten um Schmiergeldzahlungen handelte , denen keine vergütungsfähigen Leistungen der Angeklagten zugrunde lagen und dass dementsprechend der von den Einschiffsgesellschaften zu zahlende Werklohn zur Verschleierung dieser Schmiergeldzahlungen sowie der Zahlungen an E. überhöht angesetzt wurde, gibt der Senat bezüglich des Tatbestandsmerkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB Folgendes zu bedenken:
40
1. In Fällen, in denen die Schmiergeldzahlungen zugunsten der Geschäftsführer durch Erhöhung der Zahlungsverpflichtungen auf die vertretene Gesellschaft verlagert werden, liegt ein strafrechtlich relevanter Vermögens- nachteil i.S.v. § 266 StGB regelmäßig bereits darin, dass der geleisteten Zahlung in Höhe des auf den Preis aufgeschlagenen Betrages, der lediglich der Finanzierung des Schmiergeldes dient, keine Gegenleistung gegenübersteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 314 mwN; Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 332 f. mwN). Sollte der neue Tatrichter zu der Einordnung der an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. geflossenen Zahlungen als Schmiergelder gelangen, würde nach dem vorstehend Ausgeführten die Vermögensminderung in Gestalt der Begleichung der Werklohnforderungen in ihrer jeweiligen Gesamthöhe seitens der Einschiffsgesellschaften nicht in vollem Umfang durch die Erlangung von Eigentum und Besitz an den Hochseeschleppern wirtschaftlich ausgeglichen.
41
Angesichts dessen käme es auf die zivilrechtliche Teilnichtigkeit der Verträge über die Herstellung der Hochseeschlepper, auf die das erste Tatgericht den Vermögensnachteil unter dem Aspekt des (teilweisen) Ausbleibens der Befreiung der Einschiffsgesellschaften von einer Verbindlichkeit gestützt hat, nicht an. Eine auf Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) gestützte Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit kann zwar eintreten, wenn ein aufgrund einer Schmiergeldabrede zustande gekommener Vertrag gerade wegen dieser Abrede zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Vertragsgestaltung geführt hat (BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/07, BGHZ 141, 357, 361 mwN). Selbst wenn aber von zivilrechtlich wirksamen Verträgen auszugehen wäre, käme ein Vermögensnachteil aus dem im vorstehenden Absatz genannten Grund in Betracht.
42
2. a) Allerdings kann im Rahmen von § 266 StGB eine Schädigung des Vermögens einer Kommanditgesellschaft nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich zu einem straftatbestandsmäßigen Vermögensnachteil führen, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter „be- rührt“ (vgl. zuletzt BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38 f. mwN, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733; siehe auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 113; Schünemann in LKStGB , 12. Aufl., § 266 Rn. 262 f. jeweils mwN). Diese in der Strafrechtswissenschaft gelegentlich kritisierte (etwa Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften , 2008, S. 96 ff.; Grunst BB 2001, 1537, 1538; siehe auch Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co. KG, 2010, S. 213 f., 331 f.) Rechtsprechung steht vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften wie der Kommanditgesellschaft einerseits sowie Kapitalgesellschaften als juristische Personen andererseits. Zwar ist die Kommanditgesellschaft eine rechtsfähige Personengesellschaft i.S.v. § 14 Abs. 2 BGB (siehe nur K. Schmidt, in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 2, § 105 Rn. 7; Oetker in Oetker, HGB, 3. Aufl., § 161 Rn. 3; siehe auch BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 347), die gemäß § 124 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Die Rechtsfähigkeit der Kommanditgesellschaft in dem vorgenannten Sinne und die damit einhergehende zivilprozessuale Parteifähigkeit (§ 50 ZPO; siehe auch BGH, aaO, S. 348 ff.) bringen eine Rechtsstellung mit sich, die der Selbstständigkeit einer juristischen Person in weitem Umfang entsprechen mag (Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 124 Rn. 1).
43
Dessen ungeachtet ist die Kommanditgesellschaft - anders als die Kapitalgesellschaften - aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade keine juristische Person (BGH, aaO, S. 347; siehe auch BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127, 128; zustimmend etwa Oetker , aaO, § 161 Rn. 3 mwN; insoweit ebenso Brand, aaO, S. 137 f.; aA etwa Raiser AcP 199 [1999], S. 104 ff.; zum Ganzen auch K. Schmidt, Festschrift Beuthien, 2009, S. 211 ff., 223 f.). An diesen Unterschied knüpft die von den Strafsenaten vorgenommene Auslegung des Vermögensnachteils im Sinne von § 266 StGB bei vermögenschädigendem Verhalten zu Lasten von Kommanditgesellschaften an, wonach auch auf die Auswirkungen des tatbestandsmäßigen Verhaltens auf die Vermögen der Gesellschafter abzustellen ist.
44
b) Dem Letztgenannten entsprechend kommt einem Einverständnis der jeweiligen Gesellschafter mit der Beeinträchtigung des Vermögens Bedeutung für das Vorliegen eines Vermögensnachteils und dessen Höhe zu (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 mwN; und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733, 3735). Der bisherige Tatrichter hat daher, soweit die Gesellschaftsanteile der Angeklagten und der von den Angeklagten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertretenen T. & H. GmbH & Co. KG betroffen sind, zutreffend wegen deren Einverständnis die Annahme eines Vermögensnachteils insoweit ausgeschlossen (BGH, jeweils aaO).
45
c) Bei den verbleibenden Kommanditisten der jeweiligen Einschiffsgesellschaften können dagegen Vermögensnachteile i.S.v. § 266 StGB eingetreten sein. Diese haben sich mit der Zahlung von Schmiergeldern an die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten E. nicht einverstanden erklärt.
46
aa) Angesichts der Anknüpfung des Vermögensnachteils an das Vermögen der das vermögensschädigende Verhalten nicht konsentierenden Gesellschafter kann bei der Bemessung der den Schuldumfang bestimmenden Höhe des Vermögensnachteils grundsätzlich auf deren Gesellschafteranteile im Verhältnis zur Gesamteinlage abgestellt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733, 3735; im rechtlichen Ausgangspunkt ebenso BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, wistra 1987, 216; Seier in Achenbach/Ransiek, HWSt, 3. Aufl., 5. Teil, 2. Kap., Rn. 351; ausführlicher Soyka, aaO, S. 64 f.). Maßgeblich für die Bestimmung des Vorliegens eines Vermögensnachteils - hier bezogen auf die Vermögen der Kommanditisten abgesehen von den Angeklagten selbst sowie von der T. H. GmbH & Co. KG - ist ein auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung des Täters bezogener Vermögensvergleich (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 39 Rn. 15; siehe auch BVerfGE 126, 170, 213 mwN). Spätere Entwicklungen, wie etwa Schadensvertiefung oder Schadensausgleich, berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (BGH, aaO, mwN).
47
bb) Die strafrechtlich auf den Zeitpunkt der vermögensschädigenden Handlung i.S.v. § 266 StGB zu beziehende Beurteilung der Herbeiführung eines Vermögensnachteils und dessen Höhe kann, was den relevanten Zeitpunkt betrifft , nicht durch handelsrechtliche Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung innerhalb einer Kommanditgesellschaft (§§ 167 ff. HGB) überlagert werden. Zukünftige Entwicklungen des betroffenen Vermögens im Hinblick auf den Wert der Geschäftsanteile von Gesellschaftern können strafrechtlich lediglich insoweit von Bedeutung sein, als deren Berücksichtigung mit den dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG unterworfenen straftatbestandsmäßigen Anforderungen des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGBzulässig ist (zur Bedeutung von Art. 103 Abs. 2 GG dafür BVerfGE 126, 170, 213 ff.). Von Verfassungs wegen sind die Strafgerichte bei der Auslegung des Merkmals des Vermögensnachteils gemäß § 266 Abs. 1 StGB gehalten, den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach zu beziffern und diesen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise im Urteil darzulegen (BVerfGE 126, 170, 211 und 216).
48
cc) Nach diesen Grundsätzen war es in dem angefochtenen Urteil nicht zu beanstanden, dass der Tatrichter den bei den geschädigten Kommanditisten eingetretenen Vermögensnachteil - ausgehend von einem Schmiergeldanteil an dem gezahlten Werklohn in Höhe von 2 Mio. € je Hochseeschlepper - anhand der Höhe der Einlage der Kommanditisten (§ 167 Abs. 2, § 169 Abs. 1 HGB; zur Terminologie K. Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 3 §§ 171, 172 Rn. 5) in Relation zur Gesamteinlage aller Gesellschafter bestimmt hat. Eine solche Bestimmung der Höhe des Vermögensnachteils bei Schädigungen zu Lasten von Gesellschaftern einer Kommanditgesellschaft ist auch bislang bereits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs akzeptiert worden (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 1 StR 586/11, NStZ 2013, 38, 40 Rn. 20, und vom 30. August 2011 - 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733,3735; siehe auch Soyka, aaO, S. 64 f.). Sie ermöglicht eine Bezifferung des in den Gesellschaftervermögen eingetretenen Nachteils und trägt auch den handelsrechtlichen Regelungen über die Gewinn- und Verlustverteilung bei der Kommanditgesellschaft ausreichend Rechnung.
49
(1) Der Bemessung des in den Vermögen der einzelnen Gesellschafter eintretenden Nachteils liegt die Erwägung einer anteiligen Verteilung der in der Höhe feststehenden Schmälerung des Gesellschaftsvermögens - hier in Gestalt der (verborgenen) Schmiergeldzahlungen - auf die Anteilseigner zugrunde. Dies entspricht der grundsätzlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung des Vermögensnachteils gemäß § 266 StGB (vgl. BVerfGE 126, 170, 206). Bei einer (angenommenen) Inhaberschaft des Gesellschaftsvermögens durch die Kommanditgesellschaft selbst bestünde kein Zweifel, dass aus deren Vermögen geleistete Schmiergeldzahlungen in voller Höhe zu einem entsprechenden Nachteil führen. Denn in Höhe des Schmiergeldes ist dem Gesellschaftsvermögen keine wertentsprechende Gegenleistung zugeflossen. Lediglich ein wirk- sames Einverständnis der vermögensdispositionsbefugten Gesellschafter könnte einen solchen Nachteil (bzw. die ihn verursachende Pflichtwidrigkeit der Schädigungshandlung) ausschließen.
50
(2) Der wirtschaftlich nicht ausgeglichene Abfluss von Vermögensbestandteilen aus der Kommanditgesellschaft wirkt sich auf die Vermögen der Kommanditisten aus. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Der Umfang der Beteiligung des Gesellschafters richtet sich bei den Personenhandelsgesellschaften OHG und Kommanditgesellschaft grundsätzlich an der Höhe der Einlage und damit über den Vermögensanteil, der den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen meint (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 47 III.1.a S. 1381, § 53 III 5.a S. 1544 f.), aus. Die Gewinn- und Verlustverteilung unter den Gesellschaftern bestimmt sich bei der Kommanditgesellschaft nach den §§ 167 ff. HGB i.V.m. § 120 HGB. Grundlage der Gewinn- und Verlustverteilung ist der sog. Kapitalanteil (vgl. § 167 Abs. 2 HGB), bei dem es sich um eine Rechnungsziffer handelt, die den Wert der jeweiligen wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zum Ausdruck bringt (Priester in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 2, § 120 Rn. 84 mwN). Vorbehaltlich der konkreten gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung bestimmt sich der Ausgangswert dieses Kapitalanteils anhand des Wertes der eingebrachten Einlage (vgl. Priester, aaO, § 120 Rn. 94). Der rechnerische Wert der wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters wird durch den Wert des Gesellschaftsvermögens beeinflusst. Gewinne der Gesellschaft werden nach der gesetzlichen Regelung bis zu der von § 167 Abs. 2 HGB bestimmten Höhe seinem Kapitalanteil zugeschrieben. An den Kapitalanteil des Kommanditisten sind regelmäßig seine prozentuale Beteiligung am Gewinn, sein Gewinnbezugsrecht und sein Stimmrecht geknüpft (vgl. Grunewald, in Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., Band 3, § 167 Rn. 19 i.V.m. Rn. 14; siehe auch Soyka, aaO, S. 84 f.). Die den Kapitalanteil eines Kommanditisten betreffenden Buchungen werden auf einem Kapitalkonto geführt (Grunewald, aaO). Weist dieses Kapitalkonto zu dem für die Bestimmung des Vermögensnachteils maßgeblichen Zeitpunkt einen positiven Stand auf, sind die Gesellschaftervermögen der Kommanditisten unmittelbar wirtschaftlich nachteilig betroffen, weil die daran geknüpften vermögensrechtlich relevanten Rechte entweder verringert oder - bei Verkürzung des ohne die schädigende Handlung eintretenden Gewinns - nicht erhöht werden (Soyka, aaO, S. 85).
51
Die Bezifferung des auf die betroffenen Kommanditisten entfallenden Vermögensnachteils kann daher - wie durch das bisherige Tatgericht erfolgt - anhand der Höhe der jeweiligen Einlage erfolgen. Wie ausgeführt bestimmen diese die Beteiligung der Gesellschafter u.a. am Gewinn der Kommanditgesellschaft.
52
(3) Der neue Tatrichter wird daher bei der Bestimmung der Höhe der eingetretenen Vermögensnachteile bei den Kommanditisten zu prüfen haben, ob deren Kapitalkonten im Zeitpunkt der schädigenden Handlung einen positiven Stand aufwiesen. Wahl Graf Jäger Cirener Radtke

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

30
c) Mit Recht hat hiernach die Strafkammer das Ablehnungsgesuch verworfen. Der Angeklagte konnte, was der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hatte, keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit und zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin haben.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
53
3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
54
a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
55
aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
56
bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
57
b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
58
II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
59
1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
60
Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
61
2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
62
3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
63
III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
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1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
65
Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
66
2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
67
3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
68
Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
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4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
71
Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
74
V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
75
1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
76
2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 7 2 6 / 1 3
vom
8. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Mai 2014 beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 8. April 2013 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue jeweils zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihre dagegen gerichteten , mit Verfahrensbeanstandungen und mit der Sachrüge begründeten Revisionen haben mit jeweils auf Verletzung von § 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO gestützten Verfahrensrügen Erfolg. Auf die geltend gemachten sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es daher nicht an.
2
1. Den Rügen liegt jeweils folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Am 14. Dezember 2012, dem elften von insgesamt 24 Hauptverhandlungstagen , verkündete der Vorsitzende von den Berufsrichtern der Strafkammer beschlossene, jeweils auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützte Haftbefehle gegen die Angeklagten. Für den Angeklagten S. sah das Landgericht diesen Haftgrund u.a. in der zu erwartenden langjährigen Freiheitsstrafe sowie „dringende(n) Anhaltspunkte(n) für weitere, gravierende Straftaten“, bzgl. derer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren aber noch nicht eingeleitet war, begründet. Weiterhin wird in dem Haftbefehl ausgeführt, der Angeklagte S. erkenne nunmehr, dass eine langjährige Vollzugsstrafe näher rücke.
Vor diesem Hintergrund sei auch „sein bisheriges, auf Konfrontation angelegtes Prozessverhalten zu würdigen“. Dieses lege nahe, dass der Angeklagte alles unternehmen werde, um eine Verurteilung zu vermeiden.
4
In Bezug auf den Angeklagten Dr. I. stützte das Landgericht die Fluchtgefahr u.a. auf die hohe Straferwartung und - wie bei dem Angeklagten S. - auf den dringenden Verdacht weiterer gewichtiger Straftaten. Vor allem führte es in dem Haftbefehl aus, der Angeklagte sei zwar zu allen bisher zehn Hauptverhandlungsterminen erschienen. Der Umstand jedoch, dass er nunmehr einen Verteidigerwechsel herbeigeführt habe, lasse zusammen mit dem bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme „ernsthaft befürchten“, der Angeklagte wolle dem Verfahren „bis zu seinem Abschluss nicht freiwillig beiwohnen“.
5
Hinsichtlich beider Angeklagter bezogen sich die Haftbefehle nicht lediglich auf einen dringenden Tatverdacht bzgl. der später zum Schuldspruch führenden Untreue, sondern erfassten auf der Grundlage der zum Hauptverfahren zugelassenen Anklage weitere Tatvorwürfe, u.a. verschiedene Betrugstaten, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie Insolvenzdelikte.
6
Mit Anträgen ihrer Verteidiger lehnten beide Angeklagte im Anschluss an die Verkündung der Haftbefehle die berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit, vor allem im Hinblick auf die jeweiligen Begründungen für den Haftgrund der Fluchtgefahr, ab. Der Verteidiger des Angeklagten S. machte geltend, die Ausführungen der Strafkammer zum Haftgrund der Fluchtgefahr seien floskelhaft und willkürlich. Ausführungen zu den konkreten Ergebnissen der bisherigen Beweisaufnahme fehlten. Für den Angeklagten Dr. I. führte sein neuer Verteidiger, Rechtsanwalt R. aus, es fehle in dem „aus heiterem Himmel“ erlassenen Haftbefehl an Angaben darüber, aufgrund welcher konkreten Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme sich die Anklagevorwürfe erhärtet hätten. Soweit die Strafkam- mer die Fluchtgefahr auf den „plötzlichen Verteidigerwechsel“ stütze, habe Rechtsanwalt R. dem Vorsitzenden telefonisch bereits am 12. Dezember 2012 mitgeteilt, dass er (Rechtsanwalt R. ) in die Sache ausreichend eingearbeitet sei und keinen Aussetzungsantrag stellen werde. Dies bestätigte er schriftlich in einem per Telefax übersandten Schriftsatz.
7
Die berufsrichterlichen Mitglieder des erkennenden Gerichts gaben auf die Anträge hin dienstliche Erklärungen ab. Der Vorsitzende führte unter näherer Darlegung aus, in den Befangenheitsanträgen würden die bisherigen Beweisergebnisse selektiv und einseitig wiedergegeben. Im Übrigen hätten die Haftbefehle nichts mit einer Abstrafung der Angeklagten für prozessual zulässiges Verhalten zu tun. Es zeichne sich aber immer deutlicher ab, dass die Angeklagten mit langjährigen Freiheitsstrafen zu rechnen hätten und neben den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen gravierende neue Tatsachen auftauchten , die das Verhalten der Angeklagten in einem negativeren Licht erscheinen ließen. Die beisitzende Richterin stellte in ihrer den Angeklagten Dr. I. betreffenden Stellungnahme ebenfalls eine Abstrafung für den vorgenommenen Verteidigerwechsel in Abrede. Dieser Wechsel am elften Verhandlungstag nach Durchführung einer umfassenden Beweisaufnahme lasse aber in der Zu- sammenschau mit deren bisherigen Ergebnissen darauf schließen, „daß die Wahl eines neuen Verteidigers nicht der Wahrung seiner Verfahrensrechte, sondern dazu dient, das Verfahren - etwa durch Aussetzungsanträge - ‚platzen‘ zu lassen.“ Die dienstliche Stellungnahme des weiteren Beisitzers erschöpfte sich in einer Bezugnahme auf die Begründung der Haftbefehle, die er mittrage.
8
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2012 wies die Strafkammer, ohne die Mitwirkung der abgelehnten Richter, die Befangenheitsanträge der Angeklagten als unbegründet zurück. Zwischenentscheidungen im laufenden Verfahren begründeten die Befangenheit der beteiligten Richter erst dann, wenn die darin geäußerte Rechtsansicht völlig unhaltbar sei oder den Anschein von Willkür erwecke. Dies sei vorliegend auch für den Haftgrund der Fluchtgefahr nicht der Fall. Bezüglich beider Angeklagter ergebe sich aus den Haftbefehlen nicht, dass das Bestehen von Fluchtgefahr aus der Wahrnehmung prozessualer Rechte durch die Angeklagten hergeleitet werde. Insoweit handele es sich jeweils lediglich um eines von mehreren für die Beurteilung der Fluchtgefahr herangezogenen Kriterien.
9
Auf die Beschwerden der Angeklagten hin hob das Oberlandesgericht München die Haftbefehle wegen Fehlens eines Haftgrundes auf. Fluchtgefahr bestehe nicht. Der Wechsel seines Pflichtverteidigers durch den Angeklagten Dr. I. sei ein prozessual zulässiges Verhalten, durch das im Übrigen auch keinerlei Verzögerung des Verfahrens eingetreten sei. Das Verteidigungsverhalten des Angeklagten S. , selbst wenn es als Konfliktverteidigung bezeichnet werden könne, sei ebenfalls prozessual zulässig. Zudem hätten sich die beiden Angeklagten in Kenntnis der gegen sie erhobenen Vorwürfe und des durch die Staatsanwaltschaft bereits vor Beginn der Hauptverhandlung angebrachten Haftbefehlsantrags dem Verfahren stets gestellt. Der Ausgang des erst am 17. Dezember 2012 und damit nach Erlass des Haftbefehls eingeleiteten weiteren Ermittlungsverfahrens gegen die Angeklagten sei noch völlig ungewiss.

10
2. Die Verfahrensrügen greifen durch. Die drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer haben an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt, obwohl sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden waren und die Ablehnungsgesuche jeweils zu Unrecht abgelehnt worden sind. Aus Sicht beider Angeklagter lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
11
a) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist bei dem Ablehnenden gegeben, wenn er bei einer verständigen Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08 [insoweit in BGHSt 54, 39 ff. nicht abgedruckt]). Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger (BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 341; BGH, Urteil vom 13. März 1997 - 1 StR 793/96, BGHSt 43, 16, 18 mwN) bzw. verständiger Angeklagter (BGH, Beschluss vom 8. März 1995 - 5 StR 434/94, BGHSt 41, 69, 71; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 2008 - 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.).
12
Knüpft die Besorgnis der Befangenheit an eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vorbefassung der abgelehnten Richter - wie hier die Mitwirkung an den Haftbefehlen gegen die Angeklagten - an, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe (vgl. etwa § 22 Nr. 4 und 5; § 23 StPO) dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen , wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46 Rn. 23 mwN). Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand können für sich genommen eine Ablehnung der mitwirkenden Richter grundsätzlich nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Cirener in BeckOK-StPO, Ed. 18, § 24 Rn. 15 mwN); etwas Anderes gilt jedoch, wenn die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig erweist oder gar als willkürlich erscheint (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4, 8; Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 24 Rn. 8). Besondere Umstände können aber auch dann gegeben sein, wenn sich aus der Art und Weise der Begründung von Zwischenentscheidungen die Besorgnis der Befangenheit ergibt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 15).
13
b) Nach diesen Maßstäben, die im rechtlichen Ausgangspunkt auch das Landgericht bei seiner Entscheidung über die Befangenheitsanträge zugrunde gelegt hat, konnten die Angeklagten bei verständiger Würdigung davon ausgehen , dass ihnen die abgelehnten Richter nicht (mehr) unvoreingenommen und unparteilich gegenüberstanden, nachdem sie am elften Verhandlungstag Haftbefehle mit den unter 1. dargestellten Inhalten gegen die Angeklagten erließen und an diesen auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens festhielten.
14
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bereits der Erlass der Haftbefehle während der laufenden Hauptverhandlung als solcher unter den konkreten Umständen als unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründbar und damit als zumindest objektiv willkürlich erweist. Denn jedenfalls die für das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr angeführten Erwägungen sind hin- sichtlich beider Angeklagter rechtlich in keiner Weise tragfähig und begründen deshalb die Besorgnis der Befangenheit.
15
„Fluchtgefahr“ im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht dann, wenn die Würdigung der konkreten Umstände des Falls es wahrscheinlicher macht, dass der Angeklagte sich dem Verfahren entzieht, als dass er sich zur Durchführung des Verfahrens zur Verfügung hält (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 112 Rn. 17 mwN). Das Sich-Entziehen durch den Angeklagten knüpft an Verhaltensweisen an, die bewirken, dass der Fortgang des Strafverfahrens dauerhaft oder zumindest vorübergehend durch Aufhebung der Bereitschaft des Angeklagten verhindert wird, sich für Ladungen oder Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 112 Rn. 18).
16
Die in den Haftbefehlen gegen die Angeklagten angeführten Begründungen enthalten keine Gesichtspunkte, die die vorgenannten Voraussetzungen der Fluchtgefahr stützen könnten, nachdem sich beide Angeklagten an den ersten zehn Verhandlungstagen dem Verfahren gestellt und den Ladungen Folge geleistet hatten.
17
aa) In dem Haftbefehl gegen den Angeklagten Dr. I. stellen die abgelehnten Richter für die nunmehr bestehende Fluchtgefahr ausdrücklich auf den Umstand ab, dass er einen Verteidigerwechsel herbeigeführt habe. Aus welchen Gründen das prozessual zulässige Verhalten der Wahl eines neuen Verteidigers einen Schluss auf die Bereitschaft des Angeklagten gestatten soll, sich wie bisher dem Verfahren zu stellen, lässt sich dem Haftbefehl nicht entnehmen und ist auch außerhalb dessen nicht ersichtlich. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der von dem neuen Wahlverteidiger gegenüber dem Vorsitzenden mündlich und schriftlich vor dem Erlass des Haftbefehls abgegebenen (retrospektiv eingehaltenen) Zusicherung, in die Sache eingearbeitet zu sein und keine Aussetzungsanträge zu stellen. Zwar wird in der Begründung des Haftbefehls auch ausgeführt, das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme lasse „ernsthaft befürchten, dass der Angeklagte dem Verfahren bis zu seinem Abschluss nicht freiwillig beiwohnen will“. Diese Bewertung stützen die abgelehnten Richter aber wiederum lediglich darauf, die bisherige Beweisaufnahme habe „die Anklagevorwürfe in vielen Bereichen erhärtet“. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme werden jedoch nicht näher ausgeführt, so dass bereits nicht ersichtlich ist, inwieweit sich für die Beurteilung der Fluchtgefahr relevante Änderungen der Umstände für die Angeklagten ergeben haben sollen. Vor allem aber verknüpfen die drei abgelehnten Richter in dem Haftbefehl die Ergebnisse der „bisherigen Beweisaufnahme“ und die Erkenntnis des Angeklagten, eine langjährige Freiheitsstrafe rücke näher, in einer nicht erläuterten und in der Sa- che nicht nachvollziehbaren Weise mit dem „plötzlichen Verteidigerwechsel“. Warum der zulässige Wechsel zu einem in die Sache bereits eingearbeiteten neuen Verteidiger ein auf den angeblichen Willen des Angeklagten Dr. I. , sich dem Verfahren zukünftig nicht mehr zu stellen, hindeutender Umstand sein soll, ist nicht erklärlich und wird seitens der abgelehnten Richter weder in der Haftbefehlsentscheidung noch in ihren dienstlichen Erklärungen erklärt.
18
Die Art und Weise der Begründung des gegen den Angeklagten Dr. I. ergangenen Haftbefehls begründet damit die Besorgnis der Befangenheit der an diesem beteiligten Richter. Gemessen am Maßstab des verständigen Angeklagten konnte der Angeklagte Dr. I. den Eindruck haben, die abgelehnten Richter würden ihm nicht mehr unvoreingenommen gegenüberstehen , nachdem sie zulässiges prozessuales Verhalten als wesentlichen Gesichtspunkt herangezogen haben, um den Haftgrund der Fluchtgefahr zu begründen. Ein vernünftiger Angeklagter konnte angesichts der gegebenen Begründung zu dem Eindruck gelangen, die abgelehnten Richter hätten die Haftentscheidung getroffen, um damit auf ein ihnen missliebiges, aber prozessual zulässiges Verhalten in Gestalt des Verteidigerwechsels zu reagieren. Eine solche Reaktion der Richter wäre aber mit der gebotenen inneren Haltung der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit nicht zu vereinbaren.
19
Da die Art und Weise der Begründung der Haftentscheidung die Besorgnis der Befangenheit herbeiführt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 15), bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob Rechtsfehler in Zwischenentscheidungen die Befangenheit der beteiligten Richter lediglich bei völliger Abwegigkeit oder dem Anschein von Willkür begründen oder ob dieser Maßstab lediglich dafür Bedeutung hat, ob das Ergehen der Zwischenentscheidung als solches - unabhängig von der dafür angeführten Begründung - willkürlich bzw. abwegig ist.
20
bb) Die für das Vorliegen von Fluchtgefahr bei dem AngeklagtenS. in dem gegen ihn ergangenen Haftbefehl angeführten Gründe lösen - wiederum von dem Standpunkt eines verständigen Angeklagten aus beurteilt - ebenfalls die Besorgnis der Befangenheit aus. Die abgelehnten Richter haben in einer der Begründung der Fluchtgefahr bei dem Angeklagten Dr. I. entsprechenden Weise darauf abgestellt, die bisherige Beweisaufnahme habe die Anklagevorwürfe in vielen Bereichen erhärtet. Zudem wird ebenfalls auf dringende Anhaltspunkte für weitere gravierende Straftaten, bezüglich derer aber zum Zeitpunkt des Ergehens des Haftbefehls ein Ermittlungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet war, hingewiesen. Entscheidend stellt die Begründung darauf ab, der Angeklagte erkenne nunmehr, dass eine langjährige Freiheitsstrafe nä- her rücke. „Auch vor diesem Hintergrund ist sein bisheriges, auf Konfrontation angelegtes Prozessverhalten zu würdigen.“ Denn es lege nahe, dass der Ange- klagte alles unternehmen werde, um eine Verurteilung zu vermeiden. Zwischen dem nicht näher erläuterten, durch die abgelehnten Richter als konfrontativ bezeichneten Prozessverhalten des Angeklagten S. und den Voraussetzungen der Fluchtgefahr im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht bei der gebotenen Gesamtwürdigung kein erkennbarer Zusammenhang, der eine Verknüpfung von konfrontativem Verhalten im Prozess und der Wahrscheinlichkeit des sich dem Prozess Entziehens tragen könnte. Der Angeklagte hatte sich von Anfang an dem Verfahren gestellt und war an allen bis dahin stattgefundenen Hauptverhandlungsterminen erschienen. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe hatten sich seit dem Beginn der Hauptverhandlung nicht verändert. Auch die in dem Haftbefehl weiter angeführten Erwägungen, der Angeklagte habe Privatinsolvenz angemeldet, lebe von seiner Ehefrau getrennt und habe keinen Wohnsitz im Inland mehr, bestanden bereits bei Beginn des Hauptverfahrens. Trotz dieser Umstände war der Angeklagte zu allen Hauptverhandlungsterminen anwesend. Angesichts dessen lässt die von den abgelehnten Richtern hergestellte Verknüpfung zwischen dem zulässigen Prozessverhalten des Angeklagten und der Begründung von Fluchtgefahr aus der verständigen Sicht des Angeklagten S. befürchten, die abgelehnten Richter missbilligten sein bisheriges Agieren im Strafverfahren und wollten diese Missbilligung durch die Anordnung von Untersuchungshaft zum Ausdruck bringen. Eine solche Art der Reaktion auf zulässiges Prozessverhalten ist vorliegend aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt tragfähig und ließ den Angeklagten besorgen, die Berufsrichter der Strafkammer stünden ihm nicht mehr unvoreingenommen und unparteilich gegenüber.
21
c) Das aufgrund der Begründung der beiden Haftbefehle berechtigte Misstrauen der Angeklagten gegen die Unbefangenheit der abgelehnten Richter ist auch nicht - was möglich wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 StR 208/12, wistra 2013, 155, 156 mwN) - durch die dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter ausgeräumt worden.
22
Die dienstliche Stellungnahme des beisitzenden Richters erschöpft sich bzgl. beider Angeklagter in der Bezugnahme auf die Begründung der beiden Haftbefehle. Da gerade die für das Vorliegen von Fluchtgefahr angeführten Gründe die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters begründen, kann die auf diese Gründe ausdrücklich verweisende Stellungnahme das berechtigte Misstrauen in die Unvoreingenommenheit von vornherein nicht ausräumen.
23
Die beisitzende Richterin verhält sich in ihrer den Angeklagten S. betreffenden Stellungnahme zu der Verknüpfung zwischen dem im Haftbefehl als konfrontativ bezeichneten Prozessverhalten des Angeklagten und der Fluchtgefahr nicht. Dementsprechend bleibt für den Angeklagten der aus der Begründung des Haftbefehls resultierende Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit bestehen. Mit der den Angeklagten Dr. I. betreffenden Stellungnahme verstärkt die beisitzende Richterin diesen Eindruck sogar noch (vgl. zu der Möglichkeit einer solchen Wirkung der dienstlichen Stellungnahme BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 StR 208/12, wistra 2013, 155, 156). Es wird erneut auf den erfolgten Verteidigerwechsel verwiesen und die Besorgnis geäußert , dieser Wechsel diene angesichts des umfangreichen Aktenmaterials nicht der Wahrung der Verteidigungsrechte des Angeklagten, sondern dazu, das Verfahren - etwa durch Aussetzungsanträge - „platzen“ zu lassen. Eine solche erneute Verknüpfung zwischen prozessual zulässigem Verhalten und der Begründung von Fluchtgefahr bestätigt und intensiviert den Eindruck, die abge- lehnte Richterin wolle ihre Missbilligung des Verhaltens des Angeklagten Dr. I. durch den Erlass des Haftbefehls zum Ausdruck bringen. Das gilt erst recht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der neue Wahlverteidiger vor Ergehen des Haftbefehls und vor der dienstlichen Stellungnahme versichert hatte, in die Sache eingearbeitet zu sein und keine Aussetzungsanträge zu stellen.
24
Die auf beide Angeklagten bezogene dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden stellt zwar in Abrede, dass die Haftbefehle etwas mit einer „Abstrafung … für prozessual zulässiges Verhalten“ zu tun habe. Damit allein wird der durch die Begründung der Haftbefehle hervorgerufene Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit aber nicht ausgeräumt. Der Vorsitzende verweist nämlich in der Stellungnahme auch darauf, die Tendenz der Angeklagten, „das Verfahren nicht zu einem Abschluss durch Urteilsspruch kommen zu lassen“, sei unverkennbar. Aus der Sicht verständiger Angeklagter kann diese „Tendenz“ wiederum nur aus ihrem Verhalten im Prozess abgeleitet werden. Ist dieses Verhalten aber prozessual zulässig, lässt sich nicht erkennen , wie daraus auf Fluchtgefahr geschlossen werden könne.
RiBGH Dr. Wahl ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Raum Cirener Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 8 3 / 1 4
vom
19. August 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 19. August 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. Januar 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Anstiftung zum Mord zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Y. ) bzw. von drei Jahren und zwei Monaten (C. ) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).
2
1. Der Beanstandung liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
3
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 22. November 2013, lehnte der Angeklagte C. den beisitzenden Richter am Amtsgericht P. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte der Angeklagte aus, der abgelehnte Richter - der als Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen die Angeklagten und den Mitangeklagten vom 6. Mai 2013 erlassen sowie dabei deren Untersuchungshaft angeordnet hatte - habe am 27. Mai 2013 in einem Telefonat mit seinem Verteidiger, in dem über die Einlegung und die Aussichten einer Haftbeschwerde in der vorliegenden Sache gesprochen worden war, u.a. geäußert: "Unter uns gesagt, machen Sie sich doch nichts vor, die Drei gehören dahin, wo sie sind, und zwar ganz lange und ganz tief. Solche Leute haben in Freiheit nichts zu suchen". Der Angeklagte Y. schloss sich diesem Ablehnungsgesuch an. Durch den - in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2013 verkündeten - Beschluss vom 11. Dezember 2013 wies die Strafkammer - ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters - die Ablehnungsgesuche als unbegründet zurück.
4
2. Die Ablehnung erfolgte mit Recht. Aus Sicht der Angeklagten lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
5
a) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts haben die Angeklagten die behaupteten Äußerungen des abgelehnten Richters hinreichend glaubhaft gemacht. Sie sind insbesondere auch nicht aufgrund des zwischenzeitlichen Verhaltens des Verteidigers des Angeklagten C. , der die Ablehnungsgründe im Rahmen weiterer Haftentscheidungen sowie bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht geltend gemacht hatte, oder infolge der dienstlichen Äußerung des Abgelehnten zweifelhaft.
6
b) In der Sache bestand für die Angeklagten bei verständiger Würdigung des ihnen bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme, der abgelehnte Richter nehme ihnen gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
7
Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist allerdings, soweit sie nicht die Tatbestände eines Ausschlussgrundes gemäß § 22 Nr. 4 und 5, § 23 oder § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen; denn eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in damit zusammenhängenden Verfahren ist von der Strafprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen , sondern etwa auch die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 und vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337 sowie Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 24 Rn. 12 ff. mwN). Anders verhält es sich lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies ist etwa der Fall, wenn frühere Entscheidungen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 15 f.).
8
So war es hier. Die vorliegend geltend gemachten Äußerungen des im Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten als Haftrichter tätigen beisitzenden Richters gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten C. sind besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung. Schon nach ihrem Inhalt bestand aus Sicht der Beschwerdeführer mit Recht die Besorgnis, der beisitzende Richter stehe ihnen (auch) im Hauptverfahren nicht unbefangen gegenüber , sondern habe sich in der Sache bereits eine endgültige, zu ihren Lasten gehende Meinung gebildet. Daran vermag im Ergebnis nichts zu ändern, dass sich die Äußerungen des Richters nach dem Anlass des Telefonats und seinem weiteren Inhalt (allein) auf die Erfolgsaussicht einer Haftbeschwerde des Angeklagten C. bezogen hatten, und zum Zeitpunkt der Ablehnung bereits geraume Zeit zurücklagen.
9
3. Das Ablehnungsgesuch durfte nach alledem nicht zurückgewiesen werden, weil die früheren Äußerungen des beisitzenden Richters den Eindruck der Voreingenommenheit hervorrufen mussten. Deshalb liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vor, der den Senat dazu zwingt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben.
10
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung rein vorsorglich darauf hin, dass es bei Verneinung des Vorliegens von Mordmerkmalen beim Anstifter selbst hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der (hier: geplanten) Tat für ihn darauf ankommt, ob diese für den Täter ein Mord wäre und ob dem Anstifter die hierfür maßgeblichen Umstände bewusst waren. Hätte der Täter bei Ausführung der Tat einen Mord begangen, weil er einen Menschen gegen eine Belohnung getötet und daher aus Habgier im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB ge- handelt hätte, so kommt bei dem Anstifter - bei Vorliegen der erforderlichen subjektiven tatbestandlichen Voraussetzungen - ein Schuldspruch wegen (hier: versuchter) Anstiftung zum Mord in Betracht. Hinsichtlich des für den Anstifter anzuwendenden Strafrahmen ist allerdings zu beachten, dass bei einem solchen Versuch der Beteiligung die in § 211 Abs. 1 StGB bestimmte Strafe nicht nur gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB, sondern weiter im Hinblick auf § 28 Abs. 1 StGB und mithin zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 1 StR 227/05, NStZ 2006, 34, 35 sowie Urteil vom 24. November 2005 - 4 StR 243/05, NStZ 2006, 288, 290).
Becker Pfister Hubert
Mayer Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
30
c) Mit Recht hat hiernach die Strafkammer das Ablehnungsgesuch verworfen. Der Angeklagte konnte, was der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hatte, keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit und zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin haben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 541/08
vom
6. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
__________________________
Gegen die Entscheidung des Revisionsgerichts über einen Befangenheitsantrag
ist allein die - befristete - Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO statthaft.
BGH, Beschl. vom 6. Februar 2009 - 1 StR 541/08 - LG Stuttgart
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
hier: Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2009 beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 7. Januar 2009 gegen den Beschluss des Senats vom 18. November 2008 (Zurückweisung eines Befangenheitsantrags) wird auf Kosten des Verurteilten zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Der Senat hatte erneut über eine Revision des - damals - Angeklagten zu entscheiden, nunmehr gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10. April 2008. Vier der zur Entscheidung berufenen Richter, die bereits an der ersten Revisionsentscheidung mitgewirkt hatten, lehnte der Angeklagte mit Anträgen vom 29. September 2008 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dies hat der Senat in der Besetzung gemäß § 27 Abs. 1 StPO mit Beschluss vom 18. November 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Der Senat hat dann in der Besetzung mit den erfolglos abgelehnten Richtern die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Diese Entscheidung wurde von der Geschäftsstelle am 8. Dezember 2008 versandt. Mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 7. Januar 2009, der am 8. Januar 2009 beim Bundesgerichtshof einging, erhob der Verurteilte gegen die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch „Anhörungsrüge nach § 33a StPO“.
2
2. Der Verurteilte erhebt der Sache nach die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO. Die anderweitige Bezeichnung steht dem nicht entgegen (§ 300 StPO).
3
Die Geltendmachung einer Gehörsverletzung ist statthaft (unten a). Maßgeblich ist § 356a StPO (unten b). Danach wäre die Anhörungsrüge - wohl - unzulässig (unten c). Den Verurteilten hierauf zu verweisen, verstieße im vorliegenden Fall allerdings gegen den Grundsatz der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (unten d). Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet (unten e).
4
a) Gegen die Ablehnung eines Befangenheitsantrags im Revisionsverfahren kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden; dies ist statthaft. Der in § 305 Abs. 1 Satz 1 StPO und in § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO (auch im Beschlussverfahren gemäß § 349 Abs. 2 StPO entscheiden „erkennende Richter“ i.S. von § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO [vgl. Siolek in Löwe/Rosenberg StPO, 26. Aufl. § 28 Rdn. 23]) verkörperte Rechtsgedanke, dass der endgültigen Entscheidung eines erkennenden Richters vorausgehende Entscheidungen zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen grundsätzlich nicht angefochten werden können, steht der Geltendmachung einer Gehörsverletzung im Zwischenverfahren über einen Befangenheitsantrag vor einer fachgerichtlich letztinstanzlichen Entscheidung nicht entgegen. Dies gebietet die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes. Denn andernfalls entstünde eine Rechtsschutzlücke. Die behauptete Gehörsverletzung im Zwischenverfahren der Richterablehnung könnte mit einer Anhörungsrüge gegen die spätere Sachentscheidung nicht mehr in geeigneter, den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügender Weise geltend gemacht werden (vgl. BVerfG, Beschl. vom 23. Oktober 2007 - 1 BvR 782/07; BVerfGE 119, 292, 300 - und dieser Entscheidung folgend BAG, Beschl. vom 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rdn. 5 [jeweils zu § 78a Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wonach die Anhörungsrüge gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung nicht stattfindet]; BVerfG, Beschl. vom 12. Januar 2009 - 1 BvR 3113/08 - [zu § 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO]; BFH, Beschl. vom 4. Mai 2006 - VI S 5/06 - [zu § 133a FGO]).
5
b) Bei dem Vorbringen, der Senat habe bei seiner Entscheidung über die Befangenheitsanträge vom 29. September 2009 den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, handelt es sich um eine Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO.
6
Die mit dem Anhörungsrügegesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I 3220) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eingefügte Norm regelt die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im strafrechtlichen Revisionsverfahren abschließend. Im Verhältnis zu § 33a StPO ist § 356a StPO für das Revisionsverfahren die speziellere Vorschrift (Graalmann-Scheerer in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 33a Rdn. 28). Zwar ist der Wortlaut der Bestimmung, in der von einem Anhörungsverstoß „bei einer Revisionsentscheidung“ die Rede ist, nicht völlig eindeutig. Schon nach dem Wortsinn ist die Reduzierung des Anwendungsbereichs des § 356a StPO auf die Urteilsfindung (§ 349 Abs. 5 StPO) und die Beschlussfassung (§ 349 Abs. 1 bis 4 StPO) aber nicht zwingend. Einer Einschränkung steht jedoch vor allem Sinn und Zweck der Befristung der Anhörungsrüge gemäß § 356a Satz 2 StPO (eine Woche nach Kenntniserlangung vom Gehörsverstoß) entgegen. Damit sollte im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens eine unbefristete Gefährdung der Rechtskraft der Revisionsentscheidung durch Anträge des Angeklagten oder Nebenklägers ausgeschlossen werden (vgl. BRDrucks. 663/04 S. 43; BTDrucks. 15/3706 S. 18). Die Zulassung einer zeitlich nicht begrenzten Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs bei einer vorangegangenen Entscheidung über einen Befangenheitsan- trag gegen die erkennenden Richter ist damit nicht vereinbar. Über ein entsprechendes Vorbringen muss zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bald, grundsätzlich vor der endgültigen Revisionsentscheidung befunden werden. Mit einer nach der abschließenden Sachentscheidung erhobenen Rüge - sei es gegen die Entscheidung über den Befangenheitsantrag oder gegen die Endentscheidung - kann eine behauptete Gehörsverletzung im Zwischenverfahren der Richterablehnung kaum mehr in geeigneter, den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügender Weise (vgl. BVerfG, Beschl. vom 23. Oktober 2007 - 1 BvR 782/07; BVerfGE 119, 292, 300) geltend gemacht werden. Wie den Konsequenzen eines bei der Entscheidung über den Befangenheitsantrag ausschlaggebenden Gehörsverstoßes nach der endgültigen Revisionsentscheidung auf fachgerichtlicher Ebene Rechnung getragen werden könnte - über den Befangenheitsantrag befindet ein anderes Richterkollegium als über die in Rechtskraft erwachsende endgültige Entscheidung -, kann hier dahinstehen (dies lässt auch - für eine vergleichbare Situation - der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 4. Mai 2006 - VI S 5/06 - Rdn. 11 offen).
7
c) Die Anhörungsrüge nach § 356a StPO ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs - hier also nach Empfang der Entscheidung über die Zurückweisung des Befangenheitsantrags - zu erheben (Satz 2). Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (Satz 3) und zwar innerhalb der Wochenfrist (vgl. Kuckein in Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. § 356a StPO Rdn. 11 m.w.N.). Mangels Einhaltung der Frist und schon mangels Glaubhaftmachung vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung wäre die Anhörungsrüge des Verurteilten nach dem eingangs geschilderten Ablauf - wohl - unzulässig. Einer weiteren Klärung bedarf dies jedoch nicht.
8
d) Denn in der besonderen Situation des vorliegenden Falls kann der Verurteilte nicht auf die Unzulässigkeit der Anhörungsrüge verwiesen werden. Dies verstieße gegen das Gebot der Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Die Frage, wie eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Entscheidung über einen Befangenheitsantrag im Revisionsverfahren nach der Schaffung des § 356a StPO anzubringen ist, war nicht geklärt; sie war nicht einmal in der Diskussion.
9
Es kann deshalb dahinstehen, ob dem Verteilten im Hinblick auf den - nunmehr erkannten - Rechtsirrtum seiner Verteidigerinnen gemäß § 44 Satz 1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO hätte gewährt werden können. Dies ist zwar im Grundsatz nicht ausgeschlossen. An die Voraussetzungen fehlenden Verschuldens sind im Interesse der Rechtssicherheit bei § 356a StPO aber hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Beschl. vom 13. August 2008 - 1 StR 162/08 - Rdn. 17). Ein Verteidigerverschulden ist einem Angeklagten bei verspäteter Einlegung der Gehörsrüge gemäß § 356a StPO zuzurechnen (vgl. aaO Rdn. 21 ff.).
10
e) Die Gehörsrüge ist jedoch unbegründet. Der Senat hat bei seiner Entscheidung über den Befangenheitsantrag des Verurteilten keine Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Beschwerdeführer nicht gehört wurde. Sein Vorbringen wurde vom Senat umfassend zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
11
Der - von der Verteidigung zitierte - Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 2006 - 2 BvR 836/04 - betrifft den Anwendungsbereich des § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO. Der Senat hat den Befangenheitsantrag nicht als unzulässig, sondern in der Besetzung gemäß § 27 Abs. 1 StPO als unbegründet zurückgewiesen.
Hebenstreit Graf Jäger Schäfer Sander

(1) Ein Richter, der bei einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei der Entscheidung in einem höheren Rechtszug kraft Gesetzes ausgeschlossen.

(2) Ein Richter, der bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist von der Mitwirkung bei Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ist die angefochtene Entscheidung in einem höheren Rechtszug ergangen, so ist auch der Richter ausgeschlossen, der an der ihr zugrunde liegenden Entscheidung in einem unteren Rechtszug mitgewirkt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Mitwirkung bei Entscheidungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 8 3 / 1 4
vom
19. August 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 19. August 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. Januar 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Anstiftung zum Mord zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Y. ) bzw. von drei Jahren und zwei Monaten (C. ) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).
2
1. Der Beanstandung liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
3
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 22. November 2013, lehnte der Angeklagte C. den beisitzenden Richter am Amtsgericht P. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte der Angeklagte aus, der abgelehnte Richter - der als Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen die Angeklagten und den Mitangeklagten vom 6. Mai 2013 erlassen sowie dabei deren Untersuchungshaft angeordnet hatte - habe am 27. Mai 2013 in einem Telefonat mit seinem Verteidiger, in dem über die Einlegung und die Aussichten einer Haftbeschwerde in der vorliegenden Sache gesprochen worden war, u.a. geäußert: "Unter uns gesagt, machen Sie sich doch nichts vor, die Drei gehören dahin, wo sie sind, und zwar ganz lange und ganz tief. Solche Leute haben in Freiheit nichts zu suchen". Der Angeklagte Y. schloss sich diesem Ablehnungsgesuch an. Durch den - in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2013 verkündeten - Beschluss vom 11. Dezember 2013 wies die Strafkammer - ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters - die Ablehnungsgesuche als unbegründet zurück.
4
2. Die Ablehnung erfolgte mit Recht. Aus Sicht der Angeklagten lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
5
a) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts haben die Angeklagten die behaupteten Äußerungen des abgelehnten Richters hinreichend glaubhaft gemacht. Sie sind insbesondere auch nicht aufgrund des zwischenzeitlichen Verhaltens des Verteidigers des Angeklagten C. , der die Ablehnungsgründe im Rahmen weiterer Haftentscheidungen sowie bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht geltend gemacht hatte, oder infolge der dienstlichen Äußerung des Abgelehnten zweifelhaft.
6
b) In der Sache bestand für die Angeklagten bei verständiger Würdigung des ihnen bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme, der abgelehnte Richter nehme ihnen gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
7
Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist allerdings, soweit sie nicht die Tatbestände eines Ausschlussgrundes gemäß § 22 Nr. 4 und 5, § 23 oder § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen; denn eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in damit zusammenhängenden Verfahren ist von der Strafprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen , sondern etwa auch die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 und vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337 sowie Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 24 Rn. 12 ff. mwN). Anders verhält es sich lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies ist etwa der Fall, wenn frühere Entscheidungen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 15 f.).
8
So war es hier. Die vorliegend geltend gemachten Äußerungen des im Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten als Haftrichter tätigen beisitzenden Richters gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten C. sind besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung. Schon nach ihrem Inhalt bestand aus Sicht der Beschwerdeführer mit Recht die Besorgnis, der beisitzende Richter stehe ihnen (auch) im Hauptverfahren nicht unbefangen gegenüber , sondern habe sich in der Sache bereits eine endgültige, zu ihren Lasten gehende Meinung gebildet. Daran vermag im Ergebnis nichts zu ändern, dass sich die Äußerungen des Richters nach dem Anlass des Telefonats und seinem weiteren Inhalt (allein) auf die Erfolgsaussicht einer Haftbeschwerde des Angeklagten C. bezogen hatten, und zum Zeitpunkt der Ablehnung bereits geraume Zeit zurücklagen.
9
3. Das Ablehnungsgesuch durfte nach alledem nicht zurückgewiesen werden, weil die früheren Äußerungen des beisitzenden Richters den Eindruck der Voreingenommenheit hervorrufen mussten. Deshalb liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vor, der den Senat dazu zwingt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben.
10
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung rein vorsorglich darauf hin, dass es bei Verneinung des Vorliegens von Mordmerkmalen beim Anstifter selbst hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der (hier: geplanten) Tat für ihn darauf ankommt, ob diese für den Täter ein Mord wäre und ob dem Anstifter die hierfür maßgeblichen Umstände bewusst waren. Hätte der Täter bei Ausführung der Tat einen Mord begangen, weil er einen Menschen gegen eine Belohnung getötet und daher aus Habgier im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB ge- handelt hätte, so kommt bei dem Anstifter - bei Vorliegen der erforderlichen subjektiven tatbestandlichen Voraussetzungen - ein Schuldspruch wegen (hier: versuchter) Anstiftung zum Mord in Betracht. Hinsichtlich des für den Anstifter anzuwendenden Strafrahmen ist allerdings zu beachten, dass bei einem solchen Versuch der Beteiligung die in § 211 Abs. 1 StGB bestimmte Strafe nicht nur gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB, sondern weiter im Hinblick auf § 28 Abs. 1 StGB und mithin zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 1 StR 227/05, NStZ 2006, 34, 35 sowie Urteil vom 24. November 2005 - 4 StR 243/05, NStZ 2006, 288, 290).
Becker Pfister Hubert
Mayer Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
25
aa) Die Besorgnis der Befangenheit ist aufgrund der Art und Weise der Vorbefassung des abgelehnten Vorsitzenden mit der Sache gerechtfertigt. Eine solche Besorgnis ist zwar nicht generell begründet, wenn ein Richter im Rahmen einer früheren Entscheidung mit der Sache befasst war. Das Gesetz hätte andernfalls eine Ausschließung eines solchen Richters von der weiteren Mitwirkung am Verfahren anordnen können (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1967 – 4StR 512/66, BGHSt 21, 334, 342 f.). Die Ablehnung eines mit der Sache schon früher befassten Richters ist jedoch gerechtfertigt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die der Vermutung seiner Unvoreingenommenheit widersprechen (vgl. BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 343; Urteil vom 30. Juni 2010 – 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46; Beschluss vom 10. Januar 2012 – 3 StR 400/11, NStZ 2012, 519, 520). Das ist hier der Fall.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 8 3 / 1 4
vom
19. August 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 19. August 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 10. Januar 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter Anstiftung zum Mord zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Y. ) bzw. von drei Jahren und zwei Monaten (C. ) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der von beiden Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge Erfolg, bei dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO).
2
1. Der Beanstandung liegt der folgende Verfahrensablauf zugrunde:
3
Am ersten Hauptverhandlungstag, dem 22. November 2013, lehnte der Angeklagte C. den beisitzenden Richter am Amtsgericht P. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte der Angeklagte aus, der abgelehnte Richter - der als Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen die Angeklagten und den Mitangeklagten vom 6. Mai 2013 erlassen sowie dabei deren Untersuchungshaft angeordnet hatte - habe am 27. Mai 2013 in einem Telefonat mit seinem Verteidiger, in dem über die Einlegung und die Aussichten einer Haftbeschwerde in der vorliegenden Sache gesprochen worden war, u.a. geäußert: "Unter uns gesagt, machen Sie sich doch nichts vor, die Drei gehören dahin, wo sie sind, und zwar ganz lange und ganz tief. Solche Leute haben in Freiheit nichts zu suchen". Der Angeklagte Y. schloss sich diesem Ablehnungsgesuch an. Durch den - in der Hauptverhandlung vom 13. Dezember 2013 verkündeten - Beschluss vom 11. Dezember 2013 wies die Strafkammer - ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters - die Ablehnungsgesuche als unbegründet zurück.
4
2. Die Ablehnung erfolgte mit Recht. Aus Sicht der Angeklagten lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
5
a) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts haben die Angeklagten die behaupteten Äußerungen des abgelehnten Richters hinreichend glaubhaft gemacht. Sie sind insbesondere auch nicht aufgrund des zwischenzeitlichen Verhaltens des Verteidigers des Angeklagten C. , der die Ablehnungsgründe im Rahmen weiterer Haftentscheidungen sowie bis zum Beginn der Hauptverhandlung nicht geltend gemacht hatte, oder infolge der dienstlichen Äußerung des Abgelehnten zweifelhaft.
6
b) In der Sache bestand für die Angeklagten bei verständiger Würdigung des ihnen bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme, der abgelehnte Richter nehme ihnen gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 24 Rn. 8 mwN).
7
Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist allerdings, soweit sie nicht die Tatbestände eines Ausschlussgrundes gemäß § 22 Nr. 4 und 5, § 23 oder § 148a Abs. 2 Satz 1 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO zu begründen; denn eine solche Beteiligung an Vorentscheidungen im nämlichen und in damit zusammenhängenden Verfahren ist von der Strafprozessordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen , sondern etwa auch die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 9. September 1966 - 4 StR 261/66, BGHSt 21, 142; vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 und vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337 sowie Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 24 Rn. 12 ff. mwN). Anders verhält es sich lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies ist etwa der Fall, wenn frühere Entscheidungen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 15 f.).
8
So war es hier. Die vorliegend geltend gemachten Äußerungen des im Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten als Haftrichter tätigen beisitzenden Richters gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten C. sind besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung. Schon nach ihrem Inhalt bestand aus Sicht der Beschwerdeführer mit Recht die Besorgnis, der beisitzende Richter stehe ihnen (auch) im Hauptverfahren nicht unbefangen gegenüber , sondern habe sich in der Sache bereits eine endgültige, zu ihren Lasten gehende Meinung gebildet. Daran vermag im Ergebnis nichts zu ändern, dass sich die Äußerungen des Richters nach dem Anlass des Telefonats und seinem weiteren Inhalt (allein) auf die Erfolgsaussicht einer Haftbeschwerde des Angeklagten C. bezogen hatten, und zum Zeitpunkt der Ablehnung bereits geraume Zeit zurücklagen.
9
3. Das Ablehnungsgesuch durfte nach alledem nicht zurückgewiesen werden, weil die früheren Äußerungen des beisitzenden Richters den Eindruck der Voreingenommenheit hervorrufen mussten. Deshalb liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vor, der den Senat dazu zwingt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben.
10
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung rein vorsorglich darauf hin, dass es bei Verneinung des Vorliegens von Mordmerkmalen beim Anstifter selbst hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der (hier: geplanten) Tat für ihn darauf ankommt, ob diese für den Täter ein Mord wäre und ob dem Anstifter die hierfür maßgeblichen Umstände bewusst waren. Hätte der Täter bei Ausführung der Tat einen Mord begangen, weil er einen Menschen gegen eine Belohnung getötet und daher aus Habgier im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB ge- handelt hätte, so kommt bei dem Anstifter - bei Vorliegen der erforderlichen subjektiven tatbestandlichen Voraussetzungen - ein Schuldspruch wegen (hier: versuchter) Anstiftung zum Mord in Betracht. Hinsichtlich des für den Anstifter anzuwendenden Strafrahmen ist allerdings zu beachten, dass bei einem solchen Versuch der Beteiligung die in § 211 Abs. 1 StGB bestimmte Strafe nicht nur gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 StGB, sondern weiter im Hinblick auf § 28 Abs. 1 StGB und mithin zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 1 StR 227/05, NStZ 2006, 34, 35 sowie Urteil vom 24. November 2005 - 4 StR 243/05, NStZ 2006, 288, 290).
Becker Pfister Hubert
Mayer Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 275/09
vom
12. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. November
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Februar 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte der Geldfälschung in vier Fällen, der Beihilfe zur Geldfälschung in zwei Fällen und der Urkundenfälschung in zehn Fällen schuldig ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in vier Fällen , Beihilfe zur Geldfälschung in drei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Die Rüge, bei dem Urteil hätten Richter und Schöffen mitgewirkt, nachdem sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt waren und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden war, hat keinen Erfolg.
4
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
5
Im Hauptverhandlungstermin am 17. Oktober 2008 wurde der Zeuge C. vom Vorsitzenden über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO belehrt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde der Zeuge vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass er für den Fall, dass er beabsichtige, als Angeklagter im eigenen Verfahren Angaben zur Sache machen zu wollen, damit rechnen müsse, dass es bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben deshalb zu Problemen kommen könne, weil er vorher, als Zeuge unter Wahrheitspflicht stehend , keine Angaben gemacht habe.
6
Der Verteidiger des Angeklagten und die Verteidiger der Mitangeklagten beanstandeten diese Belehrung. Diese Beanstandung wies die Strafkammer "als unzulässig" zurück, weil die Belehrung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Der Angeklagte lehnte daraufhin den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder der Strafkammer, diese wegen der Zurückweisung der Beanstandung der Belehrung, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Aus der Belehrung werde deutlich, dass der Vorsitzende den Zeugen trotz vorher eindeutig erklärter Auskunftsverweigerung zu einer den Angeklagten belastenden Aussage habe bewegen wollen. Zudem hätte der Vorsitzende dem Zeugen, der sein Auskunfts- verweigerungsrecht auf Rat seines Verteidigers ausgeübt habe, bei Hinwirkung auf eine Aussage die Möglichkeit geben müssen, seinen Verteidiger als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Dass er dies unterlassen habe, begründe ebenfalls Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit.
7
Die Ablehnungsgesuche des Angeklagten gegen den Vorsitzenden, den Beisitzer und die Schöffen wies die Strafkammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter nach Einholung dienstlicher Äußerungen des Vorsitzenden, des Beisitzers und der Schöffen als unbegründet zurück. Die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden rechtfertige nicht ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters, ohne dass es darauf ankäme, inwieweit tatsächlich die Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht durch einen Zeugen Bedeutung in einem späteren, gegen den Zeugen geführten Strafprozess haben könne. Vorliegend sei aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Zeuge, worauf sowohl der Vorsitzende als auch der Beisitzer in ihren jeweiligen dienstlichen Äußerungen unwidersprochen hingewiesen hätten, im vorangegangenen Ermittlungsverfahren noch nicht ausgesagt habe. Es könne dahinstehen, ob die Auffassung des Angeklagten und des Mitangeklagten M. zutreffe, der Hinweis habe jedenfalls nicht erfolgen dürfen , ohne dass der Zeuge sich mit seinem Anwalt, der ihm zur Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts geraten hatte, habe abstimmen können. Hierdurch werde der Rechtskreis des Angeklagten nicht berührt, sondern allenfalls derjenige des Zeugen. Auch gegen den Beisitzer und die Schöffen sei die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet, weil der die Beanstandung der Zeugenbelehrung zurückweisende Kammerbeschluss zu Recht ergangen sei.
8
2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Rüge, weil die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden lediglich inhaltlich verkürzt, nicht aber in ihrem protokollierten Wortlaut mitgeteilt wird. Die Zulässigkeit kann hier jedoch dahinstehen, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.
9
Die gegen die Mitglieder der Strafkammer gerichteten Ablehnungsgesuche sind nicht mit Unrecht verworfen worden:
10
a) Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt , wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
11
Entgegen der Auffassung der Revision kann sich ein solches Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Vorsitzenden grundsätzlich nicht daraus ergeben, dass er einen Zeugen, der berechtigt von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergänzend belehrt. Zwar kann ein Zeuge, dem ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht, nach seinem eigenen freien Ermessen darüber entscheiden, ob er hiervon Gebrauch machen will. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Richter einen Zeugen im Rahmen der gemäß § 55 Abs. 2 StPO gebotenen Belehrung über Umstände unterrichtet , die für die vom Zeugen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 21, 12, 13 zu § 52 StPO; BGH, Urteil vom 30. Juni 1988 - 1 StR 150/88, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung 2).
12
Allerdings war die Belehrung des Zeugen, er könne im Falle der Auskunftsverweigerung in dem gegen ihn gerichteten Verfahren Probleme bekommen , unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es unzulässig, Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten daraus zu ziehen, dass dieser sich als Zeuge in einem anderen, den gleichen Tatkomplex betreffenden Strafverfahren auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat, wenn er sich – wie hier - bis zur Verweigerung der Auskunft nicht zur Sache geäußert hatte (BGHSt 38, 302, 305). Dass ein Richter eine unzutreffende Rechtsmeinung geäußert hat, rechtfertigt jedoch in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Zwar gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn die vom Richter geäußerte Rechtsauffassung abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (vgl. BGHSt 48, 4, 8; Meyer-Goßner aaO § 24 Rn. 8 m.w.N.). Hierfür bestehen aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Dass der Vorsitzende den Zeugen durch seine Belehrung gezielt zu einer für den Angeklagten nachteiligen Aussage drängen wollte, musste für einen verständigen Angeklagten schon deshalb fern liegen, weil der Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht ausgesagt und den Angeklagten somit gerade nicht belastet hatte. Welchen Inhalt seine Aussage haben würde, war daher noch offen. Besonderheiten, wie sie in der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift angeführten Entscheidung BGHSt 1, 34 im Fall einer nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Ehefrau gegeben waren, liegen hier nicht vor.
13
b) Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden kann sich auch nicht daraus ergeben, dass er dem Zeugen nicht die Hinzuziehung seines Verteidigers als Zeugenbeistand ermöglicht hat, die der Zeuge im Übrigen auch nicht verlangt hatte. Wie das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO dient auch das Recht eines Zeugen, in einem solchen Fall einen Beistand hinzuzuziehen , allein dem Schutz des Zeugen, nicht aber auch dem des Angeklagten (vgl. BGHSt 11, 213, 216/217 [GSSt]; Meyer-Goßner aaO § 55 Rn. 1 m.w.N.).

II.


14
1. Der Senat hat das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag des Generalbundesanwalts durch Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1 d der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Geldfälschung verurteilt worden ist. Dies führt zur entsprechenden Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten.
15
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
16
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Annahme von Urkundenfälschung in der Form des mittäterschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 und 3 Nr. 1 StGB) durch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinreichend belegt. Dass der Angeklagte nicht eigenhändig bei der Herstellung der unechten Urkunden mitgewirkt hat, steht seiner mittäterschaftlichen Beteiligung nicht von vornherein entgegen. Die Tatbestandsvariante des Herstellens einer unechten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt. Demgemäß kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung der unechten Urkunden durch einen Anderen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 1988 - 3 StR 481/88, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 1; MünchKommStGB/Erb § 267 Rn. 213; Cramer/Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 267 Rn. 97). Soweit die Revision darauf verweist, dass dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht bekannt war, wer die bei Salvatore M. bestellten Falsifikate anfertigen würde, steht dies der Annahme der Mittäterschaft nicht entgegen. Vielmehr können mehrere eine Tat auch dann gemeinschaftlich begehen , wenn sie einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. RGSt 58, 279; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 25 Rn. 71 und § 267 Rn. 97; Schünemann in LK 12. Aufl. § 25 Rn. 173). Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten an der Herstellung der unechten Urkunden durch "die Fälscher in Italien" als Mittäterschaft gewertet, weil er mit der Weiterleitung der Personalien und der Passfotos einen unentbehrlichen Tatbeitrag zur Anfertigung der Falsifikate geleistet und wegen des erhofften finanziellen Vorteils aus der Veräußerung der Falsifikate ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung gehabt habe. Ob der Senat der engen Auffassung, dass diese Kriterien allein für die Annahme mittäterschaftlichen Herstellens einer unechten Urkunde nicht ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 Rn. 9), in dieser Allgemeinheit folgen würde, muss hier nicht entschieden werden; denn im vorliegenden Fall war das Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten, dem Vermittler und dem Fälscher von vornherein auf eine dauerhafte arbeitsteilige Zusammenarbeit im Hinblick auf bereits verfügbares Fälschungsmaterial gerichtet. Unter diesen Voraussetzungen hält sich die Wertung des Landgerichts innerhalb des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums (vgl. BGHSt 47, 384, 385).
17
b) Die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz des Wegfalls der im Fall II. 1 d der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe bestehen bleiben. Angesichts der verbleibenden 16 Einzelfreiheitsstrafen (Einsatzstrafe: zwei Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe) und des bei der Bildung der Gesamtstrafe vorgenommenen straffen Zusammenzuges schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die in dem eingestellten Fall verhängte Einzelstrafe zu einer noch niedrigeren Gesamtstrafe gelangt wäre. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Mutzbauer
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja

a) Zur Frage der Befangenheit bei Fehlern im Zusammenhang mit der Anordnung
und Durchführung der Begutachtung der Schuldfähigkeit.

b) Zur Verhältnismäßigkeit bei der vorbereitenden Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus zur Erstellung eines Gutachtens über eine
Persönlichkeitsstörung.
BGH, Beschl. vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02 - LG Mannheim -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 169/02
vom
10. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2002 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des
Landgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2001, soweit es ihn
betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.

Gründe:


I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 145 Fällen, wegen bandenmäßigen Betruges in weiteren 97 Fällen sowie wegen Kapitalanlagebetruges in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat mit der Rüge einer Verletzung der Vorschriften über die Ablehnung (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO) Erfolg. Auf die weitere Verfahrensrüge und die Sachrüge kommt es daher nicht an.
1. Das Rechtsmittel ist nach dem eindeutigen Wortlaut des gestellten Antrags und nach dem erkennbaren Willen des Angeklagten auf den Strafaus- spruch beschränkt. Der Wirksamkeit dieser Beschränkung steht nicht entgegen, daß mit der formellen Rüge beanstandet wird, an dem angefochtenen Urteil hätten mit den drei Berufsrichtern Me. , Dr. F. und T. Richter mitgewirkt, die vom Angeklagten S. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt gewesen seien und bezüglich derer das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden sei (§ 338 Nr. 3 StPO). Die Revision kann, solange sie dadurch nicht widersprüchlich wird, auch dann auf den Strafausspruch beschränkt werden, wenn, wie in den Fällen einer Rüge nach § 338 Nr. 1 bis 7 StPO, ein Verfahrensfehler beanstandet wird, der auch den Schuldspruch berührt und ohne eine Beschränkung des Rechtsmittels das Urteil insgesamt zu Fall brächte (vgl. BGH NJW 1995, 1910; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 344 Rdn. 7; Kuckein in KK StPO 4. Aufl. § 338 Rdn. 6, § 344 Rdn. 6; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl., Rdn. 157 m.w.Nachw.). 2. Die Verteidiger des Angeklagten lehnten zu Beginn des ersten Hauptverhandlungstages die drei Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Landgericht wies nach Einholung dienstlicher Erklärungen das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.
Dem Ablehnungsgesuch liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde: Der Angeklagte befand sich seit dem 5. Februar 2000 in Untersuchungshaft. Am 26. September 2000 beauftragte die Staatsanwaltschaft Prof. Dr. Sch. aus G. mit einem psychiatrischen und psychologischen Schuldfähigkeitsgutachten (§§ 20, 21 StGB). Gemäß Beschluß des Landgerichts Mannheim vom 2. Mai 2001 wurde der Gutachtenauftrag dahin erweitert,
ob infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige, insbesondere gleichartige Taten zu erwarten seien und deshalb seine Unterbringung in ei- nem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB oder wegen eines Hanges zur Begehung gleichartiger Betrugstaten eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB) erforderlich sei. Der Sachverständige erstattete sein schriftliches Gutachten am 25. Juni 2001; er vermochte das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für eine mögliche Anwendung des § 21 StGB nicht auszuschließen. Mit Beschluß vom 9. Juli 2001 ordnete die Strafkammer ein weiteres psychiatrisches Gutachten an und bestellte Prof. Dr. Gl. aus Ma. zum weiteren Gutachter. Zur Begründung führte die Kammer aus, sie halte eine zusätzliche Begutachtung "unter Anwendung ausschließlich medizinisch-psychiatrischer Maßstäbe für erforderlich". Der Gutachter Prof. Dr. Sch. sei zu seinem Ergebnis unter Unterstellung eines ausschließlich auf den Angaben des Angeklagten beruhenden und lediglich zu dessen Gunsten bewerteten Ergebnisses einer vorweggenommenen Beweisaufnahme gelangt. Die Verteidigung erhob gegen den Beschluß Gegenvorstellung. Sie habe zum Zeitpunkt des Beschlusses weder Kenntnis vom Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. noch von dem Umstand gehabt, daß das Gutachten der Staatsanwaltschaft und dem Gericht überhaupt vorgelegen habe. Sie regte an, Prof. Dr. Sch. zur Klarstellung über das Ergebnis des Gutachtens aufzufordern.
Am 31. Juli 2001 lehnte der Angeklagte ein Gespräch mit Prof. Dr. Gl. ab. Am 2. August 2001 erstellte dieser daraufhin ein auf die schriftlichen Unterlagen gestütztes psychiatrisches Gutachten. Er schlug darin eine mehrwöchige Unterbringung des Angeklagten zur Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus vor. Dort könne u.a. das Verhalten des Ange-
klagten, sein Umgang mit Menschen und Dingen außerhalb der Untersuchungssituation , seine Selbstdarstellung solchen Menschen gegenüber, deren Urteil er entweder nicht "zu befürchten" habe oder deren Urteil er für belanglos halte, beobachtet werden. Während eines mehrwöchigen Aufenthalts in einem psychiatrischen Krankenhaus sei Sorge für eine sorgfältige Dokumentation des Verhaltens sowohl im Stationsalltag als auch im Gespräch mit Fachvertretern zu tragen. Die so entstehenden Berichte des ärztlichen und nichtärztlichen Personals könnten einen erheblichen Informationsgewinn bedeuten.
Am 6. August 2001 beantragte die Verteidigung, vor einer Entscheidung über die vorgeschlagene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Gl. vom 2. August 2001 dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zuzuleiten und eine Stellungnahme einzuholen. Dieser werde bestätigen, daß eine aktive Mitwirkung des Angeklagten zur Begutachtung unabdingbar sei. Mit Beschluß vom 8. August 2001 ordnete das Landgericht an, daß der Angeklagte in das Zentrum für Psychiatrie W. zu verbringen und dort zu beobachten sei. Im Rahmen einer mündlichen Haftprüfung am gleichen Tag wurde dem Angeklagten der Beschluß der Strafkammer zur Unterbringung gemäß § 81 StPO verkündet. Es wurde erörtert , daß der Beschluß nicht vollzogen würde, wenn der Angeklagte einer Verlegung in das Vollzugskrankenhaus H. und dort einer Untersuchung durch Prof. Dr. Gl. zustimme. Dieses lehnte der Angeklagte nach Rücksprache mit seinem Verteidiger erneut ab, da er nach der langen Untersuchungshaft nicht in der Lage sei, eine weitere Begutachtung durchzustehen.
Gegen den Beschluß vom 8. August 2001 legte der Verteidiger des Angeklagten sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, die von Prof.
Dr. Gl. beschriebene Beobachtung trage ansatzweise experimentelle Züge und habe mit der von § 81 StPO gemeinten Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus wenig gemein.
Durch Beschluß vom 28. August 2001 ordnete der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe an, die Beobachtung des Angeklagten sei nicht im Zentrum für Psychiatrie in W. , sondern in der Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt St. durchzuführen. Am 30. August 2001 wurde der Angeklagte in die Justizvollzugsanstalt St. verlegt und nach einem Gespräch mit der Anstaltsärztin am 31. August 2001 auf Empfehlung von Prof. Dr. Gl. in einer Gemeinschaftszelle (Drei-Mann-Zelle) untergebracht. In einem Schreiben vom 7. September 2001 erläuterte der Gutachter dem Landgericht Mannheim nochmals, was er sich an zusätzlichen Erkenntnissen aus der Beobachtung des ärztlichen, des nichtärztlichen Personals und der Mitgefangenen erwarte.
Auf die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten erließ die Dritte Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 10. September 2001 eine einstweilige Anordnung, mit der die weitere Vollziehung der Beobachtung einstweilen außer Kraft gesetzt wurde. Mit Beschluß vom 9. Oktober 2001 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, der Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. August 2001 verletze den Angeklagten in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (Beschluß der Dritten Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 2001 - 2 BvR 1523/01 - in NStZ 2002,

98).


II.


Das Ablehnungsgesuch gegen die drei Berufsrichter ist zu Unrecht verworfen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes rechtfertigen die Mitwirkung des Richters an Zwischenentscheidungen in dem anhängigen Verfahren und die dabei geäußerten Rechtsmeinungen in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit (vgl. nur BGHSt 15, 40, 46; NStZ 1985, 492 [Pf/M]). Selbst Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen oder sogar unhaltbaren Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Dies folgt aus dem Grundsatz, daß sachliche und rechtliche Fehler für sich nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen. Allerdings gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn dessen Entscheidungen abwegig sind oder sogar den Anschein der Willkür erwecken. Auch kann sich die Befangenheit daraus ergeben, daß das Verhalten des Richters vor der Hauptverhandlung besorgen läßt, er werde nicht mehr unvoreingenommen an die Sache herangehen, indem er etwa deutlich zum Ausdruck bringt, er sei bereits vorher von der (vollen) Schuld des Angeklagten endgültig überzeugt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 24 Rdn. 14, 15; Pfeiffer in KK 4. Aufl. § 24 Rdn. 6 jeweils m.w.Nachw.).
Nach diesem Maßstab konnte der Angeklagte aus seiner Sicht die Besorgnis haben, die Strafkammer habe mit dem Beschluß über die weitere Begutachtung (1), dem dafür gewählten Verfahren (2) und ihrem Verhalten bei der Durchführung der Beobachtung (3) allein das Ziel verfolgt, das ihm scheinbar günstige Ergebnis des Erstgutachtens einer möglicherweise eingeschränkten Schuldfähigkeit zu widerlegen.

1. Nach § 73 StPO steht es zwar im Ermessen des Richters, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Jedoch ist die sich aus dem Beschluß vom 9. Juli 2001 ergebende Bewertung des Erstgutachtens schlechthin nicht vertretbar.
a) Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. hat den Angeklagten an sechs Tagen in der Justizvollzugsanstalt M. "eingehend" psychiatrisch exploriert und ein testpsychologisches Zusatzgutachten erstatten lassen. Er ist zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, beim Angeklagten liege aus medizinischer Sicht die Diagnose einer charaktergebundenen "Persönlichkeitsstörung im Sinne einer (tiefen) Selbstwertunsicherheit, sozialen Akzeptanzängsten mit Überkompensation in Richtung Erfolgs-, Geltungs- und Darstellungsstrebigkeit, teilweise ausufernd in Megalomanie und pseudologischen Verhaltensweisen im Sinne von ICD 10 F 60.8." vor (Gutachten S. 90). Er hat indes im Abschnitt VI. des Gutachtens ausdrücklich ausgeführt, es bleibe die forensisch relevante Frage offen, ob die Persönlichkeitsabweichungen nach ihrem Gewicht und ihren verhaltensbestimmenden Auswirkungen (überhaupt schon) die Schwelle einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB erreicht hätten. Dafür sei maßgeblich, ob sich die Bedingungen, die der Angeklagte aus seiner subjektiven Sicht als "Leichtmachen der Betrugshandlungen durch die Banken" empfunden habe ("Die Banken haben mir das Geld förmlich nachgetragen" ) im Sinne eines "zwanghaften Weitermachen-Müssens" zumindest in einem späten Stadium der Betrugshandlungen als zutreffend erweisen sollten. Nur in diesem Fall seien die Störungen als "schwer" anzusehen. Nur dann könne sich für das Gericht die Rechtsfrage stellen, ob die Steuerungsfähigkeit "bei der Tat" erheblich eingeschränkt gewesen sein könnte. Diese mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbare Prüfungsreihenfolge (vgl.
nur BGH NStZ 1999, 630 m.w.Nachw.) hat der Gutachter im schriftlichen Gutachten mehrfach unter den "Hauptverhandlungsvorbehalt" gestellt (S. 105, 108, 109, 110). Er hat zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der Rechtsfrage sogar ausdrücklich seine Zweifel geäußert (Gutachten S. 105). Zu der Frage, ob die Maßregel einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) in Betracht komme, hat Prof. Dr. Sch. auch dargelegt , daß es aus seiner Sicht allenfalls darum gehe, daß die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden könnten, so daß bereits aus diesem Grund die Anwendung des § 63 StGB entfalle. Allerdings sei die Anwendung einer Maßregel nach § 63 StGB erneut zu erörtern, wenn sich in der Hauptverhandlung herausstelle, daß die Schuldfähigkeitseinschränkungen auch in positiver Form zu bejahen seien (Gutachten S. 110). Eine abschließende Stellungnahme hat der Sachverständige dagegen zu der Frage einer möglichen Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB abgegeben. Er hat ausgeführt, den beim Angeklagten diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen sei nicht das prägende Gewicht beizumessen, daß seine Gesamtpersönlichkeit ihn zum "Hangtäter" qualifiziere.

b) Obwohl bei zutreffender Bewertung des vorläufigen schriftlichen Gutachtens eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei den Betrugstaten nach § 21 StGB eher fern lag, wird auch aus den Umständen nachvollziehbar , unter denen der Beschluß vom 9. Juli 2001 zustande gekommen ist, daß beim Angeklagten die Besorgnis entstehen konnte, den Richtern sei es mit dem Beschluß allein darum gegangen, das für den Angeklagten scheinbar günstige Ergebnis des Erstgutachtens zu widerlegen. Allein um die Frage, ob dieser Anschein aus der Sicht eines verständigen Angeklagten ausreicht, die Befan-
genheit der Richter festzustellen, geht es bei der Entscheidung über das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO.
Die Revision trägt vor, die Verteidigung habe beim Erlaß des Beschlusses vom 9. Juli 2001 weder Kenntnis vom Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. noch von dem Umstand gehabt, daß das Gutachten des Sachverständigen vom 25. Juni 2001 der Staatsanwaltschaft und dem Gericht überhaupt schon vorgelegen habe. Etwas anderes ergibt sich zudem aus der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden Richters Me. vom 25. September 2001 nicht. Sie geht auf die gewählte Verfahrensweise nicht ein. Vielmehr wird ausgeführt, Anlaß für die Einholung eines Zweitgutachtens sei gewesen, daß der weitere Gutachter zur Frage der Diagnose der "Megalomanie" habe Stellung nehmen sollen, "insbesondere weil die Megalomanie medizinisch in dem Bereich der Psychosen anzusiedeln ist, Prof. Dr. Sch. jedoch die Bereiche der krankhaften seelischen Störung, der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung und des Schwachsinns ausdrücklich ausgeschlossen hat". Auch diese Ausführungen zum Erstgutachten sind schlechthin unvertretbar. Zu keinem Zeitpunkt bestanden Zweifel über die Einordnung der Persönlichkeitsstörung "teilweise ausufernd in Megalomanie" in ein anderes als das vierte Merkmal des § 20 StGB.
Schließlich haben die Richter die Verteidigung vor der Bestellung des weiteren Gutachters auch nicht an der Auswahl beteiligt. Entscheidet sich der Richter nach der Einholung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit, wie hier kurz vor Beginn der Hauptverhandlung zur Erhebung eines weiteren Gutachtens, ist er, schon um den Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewährleisten, nach § 73 Abs. 1 StPO (vgl. BGHSt 44, 26, 31 und Nr. 70 Abs. 1 RiStBV) verpflichtet, die Verteidigung an der Auswahl des beizuziehenden Gutachters zu beteiligen.

2. Hinzu kommt, daß die abgelehnten Richter trotz der nachvollziehbaren Erklärung des Angeklagten, er sei nach der langen Untersuchungshaft weder physisch noch psychisch in der Lage, noch einmal an einer Exploration durch einen anderen Gutachter teilzunehmen, im Beschluß vom 8. August 2001 angeordnet haben "daß der Angeklagte in das Zentrum für Psychiatrie W. gebracht und dort - für die Dauer von sechs Wochen - beobachtet wird." Die zur Vorbereitung des Gutachtens über den psychischen Zustand angeordnete Unterbringung zur Beobachtung in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus nach § 81 StPO darf nur angeordnet werden, wenn sie unerläßlich ist und alle anderen (ambulanten) Mittel ausgeschöpft sind, um zu einer Beurteilung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu kommen. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BVerfG, Zweite Kammer des Zweiten Senats, Beschl. vom 7. März 1995 - 2 BvR 1509/94 - in StV 1995, 617; OLG Düsseldorf StV 1993, 571; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 81 Rdn. 8; Eb. Schmidt, Lehrkommentar zur StPO, Band II, 1957, § 81, Rdn. 5). Die Anforderungen an die Darlegungen zur Unerläßlichkeit sind grundsätzlich dann höher, wenn bereits eine Exploration durchgeführt worden ist. Zwar darf generell nicht von einer Untersuchung eines Beschuldigten allein deshalb Abstand genommen werden, weil dieser seine Mitwirkung verweigert. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn bei verweigerter Untersuchung ihre zwangsweise Vornahme kein verwertbares Ergebnis erbringen kann (vgl. BGH StV 1994, S. 231 f.). Zu allem verhält sich der Beschluß der Kammer nicht. 3. Zur Beurteilung des Anscheins der Befangenheit aus Sicht des Angeklagten ist schließlich das Verhalten der Richter bei der Umsetzung des von Prof. Dr. Gl. vorgeschlagenen Konzepts zur Beobachtung des Angeklagten von Bedeutung.

Nachdem der Angeklagte erklärt hatte, an der zweiten Exploration nicht mitzuwirken, und das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluß vom 28. August 2001 ausgeführt hatte, eine wörtliche Erfassung von Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beobachtung sei nur dann zulässig, wenn ihre Freiwilligkeit außer Frage stehe oder der Beschwerdeführer vor einer Befragung auf die beabsichtigte Dokumentation ausdrücklich hingewiesen werde, reduzierte sich das Konzept von Prof. Dr. Gl. auf die schlichte Beobachtung des Verhaltens des Angeklagten. Obwohl mit einem Einverständnis des Angeklagten weder der Gutachter noch die Strafkammer rechnen konnten, ließen es die Richter zu, daß der Angeklagte auf Empfehlung des Gutachters am 30. August 2001 auf der Krankenstation der Justizvollzugsanstalt St. in einer Drei-Mann-Zelle untergebracht wurde. Sie nahmen auch hin, daß ihnen Prof. Dr. Gl. im Schreiben vom 7. September 2001 mitteilte, er habe gegenüber der ärztlichen Leiterin angeordnet,
"sowohl das ärztliche als auch das nichtärztliche Personal dazu anzuhalten, die eigenen Wahrnehmungen im Umgang mit Herrn S. ebenso wie diejenigen schriftlich festzuhalten, die ihnen von Mitgefangenen berichtet werden. Eine gegebenenfalls megalomane Geltungs- und Darstellungsstrebigkeit verwirklicht sich - auch - im Beziehungsverhalten , in verbalen Bekundungen ebenso wie im mimischen und gestischen Verhalten. Die Selbstdarstellung des Herrn S. den Mitgefangenen, dem ärztlichen und nichtärztlichen Personal gegenüber kann ebenso von Bedeutung sein wie die von ihm im Gespräch bevorzugte Thematik. Sollte sich Herr S. jeder Kommunikation verweigern, so kann eine solche Verweigerung gleichfalls eine verwertbare Information darstellen. Sie wäre als ein Indiz für die Fähigkeit des Herrn S. zu registrieren , die angenommene megalomane Geltungs- und
Darstellungsstrebigkeit in Abhängigkeit von situativen Bedingungen der Wahrnehmung zu entziehen."

a) Es ist nicht nachvollziehbar, wie aufgrund dieses Konzeptes der Zweck der Unterbringung überhaupt noch erreicht werden konnte. Dafür ist auch maßgeblich, daß Prof. Dr. Gl. dem ärztlichen und dem nichtärztlichen Personal sowie sogar den Mitgefangenen auf der Krankenstation ohne nähere Vorgaben die Sammlung und Dokumentation von Äußerungen, Verhalten und Reaktionen überlassen wollte. Diese verfügten weder über Erkenntnisse noch über Erfahrungen zu den Lebensverhältnissen, in denen der Angeklagte bisher gelebt hatte und in dem es zu den außergewöhnlich umfangreichen Betrugstaten gekommen war. Nach den Feststellungen beging der Angeklagte seine Taten in einem Umfeld, das durch Reichtum, Umgang mit Prominenten und Anerkennung als erfolgreicher Geschäftsmann geprägt war. Er war deshalb im Umgang mit der Geschäftswelt im allgemeinen und mit den Banken und Leasinggesellschaften im besonderen vertraut. Bei dieser Sachlage erscheint schlechthin undenkbar, daß die auf einer Station - sei es eines psychiatrischen Krankenhauses, sei es in der Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt - gesammelten Informationen über sein dortiges Verhalten geeignet waren, ohne Kenntnis seines bisherigen Lebens und der Entwicklung zu strafbarem Handeln Rückschlüsse auf sein kriminelles Handeln zu ziehen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten offen gebliebenen Fragen, ob bei den Betrugstaten gegenüber den Banken und Leasingfirmen beim Angeklagten die inneren Hemmbarrieren herabgesetzt waren. Es ist auszuschließen, daß Informationen, die auf diesem Wege über das Verhalten des Angeklagten gewonnen werden, geeignet sein können, als Grundlage für eine wissenschaftlich begründete Aussage in einem fachpsychiatrischen Gutachten zu dienen.


b) Diese nach dem Konzept von Prof. Dr. Gl. durchgeführte Beob- achtung ohne Mitwirkung des Angeklagten war vor allem rechtlich unzulässig. Mit der angestrebten Totalbeobachtung sollten Erkenntnisse über die Persönlichkeit des Angeklagten erbracht werden, die er von sich aus nicht preisgeben wollte, von denen aber erhofft wurde, daß er sie unter der Einflußnahme Dritter offenbarte. Diese Maßnahme läuft auf die Umgehung des verfassungsrechtlich garantierten Schweigerechts des Angeklagten und einen Verstoß gegen § 136a StPO hinaus. Verfassungsrechtlich steht einer solchen Totalbeobachtung das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten entgegen. Dieser würde dadurch zum bloßen Objekt staatlicher Wahrheitsfindung gemacht, daß sein Verhalten nicht mehr als Ausdruck seiner Individualität, sondern nur noch als wissenschaftliche Erkenntnisquelle verwertet würde (vgl. BVerfG (Kammer), NStZ 2002, 98).
Trotz Kenntnis dieser Umstände unterbanden die Richter die auch durch nichtärztliches Personal und sogar durch Mitgefangene der Gemeinschaftszelle durchgeführte Beobachtung nicht. Weder unternahm der stellvertretende Vorsitzende etwas, als er am 31. August 2001 zuerst von der Verlegung des Beschwerdeführers in eine Drei-Mann-Zelle zum Zwecke seiner "Beobachtung" auch durch Zellengenossen Kenntnis erhielt, noch beendete die Strafkammer die Beobachtung des Angeklagten, bis das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 10. September 2001 die weitere Vollziehung der Beobachtung aussetzte. Daß die Beobachtung des Angeklagten durch Mitgefangene einer Drei-Mann-Zelle auf der Krankenstation einer Justizvollzugsanstalt letztlich durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts zustande kam, entlastet die Richter
nicht. Aus der Sicht des Angeklagten ist für den Anschein der Befangenheit maßgeblich, daß diese Form der Beobachtung bereits in dem von den Richtern veranlaßten und gebilligten Untersuchungskonzept des Gutachters erkennbar angelegt war.
Schäfer Wahl Boetticher
Kolz Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 275/09
vom
12. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. November
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. Februar 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte der Geldfälschung in vier Fällen, der Beihilfe zur Geldfälschung in zwei Fällen und der Urkundenfälschung in zehn Fällen schuldig ist.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in vier Fällen , Beihilfe zur Geldfälschung in drei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Die Rüge, bei dem Urteil hätten Richter und Schöffen mitgewirkt, nachdem sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt waren und das Ablehnungsgesuch mit Unrecht verworfen worden war, hat keinen Erfolg.
4
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
5
Im Hauptverhandlungstermin am 17. Oktober 2008 wurde der Zeuge C. vom Vorsitzenden über sein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO belehrt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift wurde der Zeuge vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass er für den Fall, dass er beabsichtige, als Angeklagter im eigenen Verfahren Angaben zur Sache machen zu wollen, damit rechnen müsse, dass es bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Angaben deshalb zu Problemen kommen könne, weil er vorher, als Zeuge unter Wahrheitspflicht stehend , keine Angaben gemacht habe.
6
Der Verteidiger des Angeklagten und die Verteidiger der Mitangeklagten beanstandeten diese Belehrung. Diese Beanstandung wies die Strafkammer "als unzulässig" zurück, weil die Belehrung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Der Angeklagte lehnte daraufhin den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder der Strafkammer, diese wegen der Zurückweisung der Beanstandung der Belehrung, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Aus der Belehrung werde deutlich, dass der Vorsitzende den Zeugen trotz vorher eindeutig erklärter Auskunftsverweigerung zu einer den Angeklagten belastenden Aussage habe bewegen wollen. Zudem hätte der Vorsitzende dem Zeugen, der sein Auskunfts- verweigerungsrecht auf Rat seines Verteidigers ausgeübt habe, bei Hinwirkung auf eine Aussage die Möglichkeit geben müssen, seinen Verteidiger als Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Dass er dies unterlassen habe, begründe ebenfalls Zweifel an seiner Objektivität und Unparteilichkeit.
7
Die Ablehnungsgesuche des Angeklagten gegen den Vorsitzenden, den Beisitzer und die Schöffen wies die Strafkammer ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter nach Einholung dienstlicher Äußerungen des Vorsitzenden, des Beisitzers und der Schöffen als unbegründet zurück. Die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden rechtfertige nicht ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters, ohne dass es darauf ankäme, inwieweit tatsächlich die Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht durch einen Zeugen Bedeutung in einem späteren, gegen den Zeugen geführten Strafprozess haben könne. Vorliegend sei aus der Sicht eines vernünftigen Angeklagten ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Zeuge, worauf sowohl der Vorsitzende als auch der Beisitzer in ihren jeweiligen dienstlichen Äußerungen unwidersprochen hingewiesen hätten, im vorangegangenen Ermittlungsverfahren noch nicht ausgesagt habe. Es könne dahinstehen, ob die Auffassung des Angeklagten und des Mitangeklagten M. zutreffe, der Hinweis habe jedenfalls nicht erfolgen dürfen , ohne dass der Zeuge sich mit seinem Anwalt, der ihm zur Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts geraten hatte, habe abstimmen können. Hierdurch werde der Rechtskreis des Angeklagten nicht berührt, sondern allenfalls derjenige des Zeugen. Auch gegen den Beisitzer und die Schöffen sei die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet, weil der die Beanstandung der Zeugenbelehrung zurückweisende Kammerbeschluss zu Recht ergangen sei.
8
2. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Rüge, weil die beanstandete Belehrung des Zeugen durch den Vorsitzenden lediglich inhaltlich verkürzt, nicht aber in ihrem protokollierten Wortlaut mitgeteilt wird. Die Zulässigkeit kann hier jedoch dahinstehen, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.
9
Die gegen die Mitglieder der Strafkammer gerichteten Ablehnungsgesuche sind nicht mit Unrecht verworfen worden:
10
a) Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt , wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 24 Rdn. 6, 8 m.w.N.).
11
Entgegen der Auffassung der Revision kann sich ein solches Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Vorsitzenden grundsätzlich nicht daraus ergeben, dass er einen Zeugen, der berechtigt von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergänzend belehrt. Zwar kann ein Zeuge, dem ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht, nach seinem eigenen freien Ermessen darüber entscheiden, ob er hiervon Gebrauch machen will. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Richter einen Zeugen im Rahmen der gemäß § 55 Abs. 2 StPO gebotenen Belehrung über Umstände unterrichtet , die für die vom Zeugen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 21, 12, 13 zu § 52 StPO; BGH, Urteil vom 30. Juni 1988 - 1 StR 150/88, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung 2).
12
Allerdings war die Belehrung des Zeugen, er könne im Falle der Auskunftsverweigerung in dem gegen ihn gerichteten Verfahren Probleme bekommen , unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es unzulässig, Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten daraus zu ziehen, dass dieser sich als Zeuge in einem anderen, den gleichen Tatkomplex betreffenden Strafverfahren auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat, wenn er sich – wie hier - bis zur Verweigerung der Auskunft nicht zur Sache geäußert hatte (BGHSt 38, 302, 305). Dass ein Richter eine unzutreffende Rechtsmeinung geäußert hat, rechtfertigt jedoch in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Zwar gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn die vom Richter geäußerte Rechtsauffassung abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (vgl. BGHSt 48, 4, 8; Meyer-Goßner aaO § 24 Rn. 8 m.w.N.). Hierfür bestehen aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Dass der Vorsitzende den Zeugen durch seine Belehrung gezielt zu einer für den Angeklagten nachteiligen Aussage drängen wollte, musste für einen verständigen Angeklagten schon deshalb fern liegen, weil der Zeuge im Ermittlungsverfahren nicht ausgesagt und den Angeklagten somit gerade nicht belastet hatte. Welchen Inhalt seine Aussage haben würde, war daher noch offen. Besonderheiten, wie sie in der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift angeführten Entscheidung BGHSt 1, 34 im Fall einer nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Ehefrau gegeben waren, liegen hier nicht vor.
13
b) Misstrauen in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden kann sich auch nicht daraus ergeben, dass er dem Zeugen nicht die Hinzuziehung seines Verteidigers als Zeugenbeistand ermöglicht hat, die der Zeuge im Übrigen auch nicht verlangt hatte. Wie das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO dient auch das Recht eines Zeugen, in einem solchen Fall einen Beistand hinzuzuziehen , allein dem Schutz des Zeugen, nicht aber auch dem des Angeklagten (vgl. BGHSt 11, 213, 216/217 [GSSt]; Meyer-Goßner aaO § 55 Rn. 1 m.w.N.).

II.


14
1. Der Senat hat das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag des Generalbundesanwalts durch Beschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1 d der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Geldfälschung verurteilt worden ist. Dies führt zur entsprechenden Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der wegen dieser Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten.
15
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
16
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Annahme von Urkundenfälschung in der Form des mittäterschaftlich und gewerbsmäßig begangenen Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 und 3 Nr. 1 StGB) durch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinreichend belegt. Dass der Angeklagte nicht eigenhändig bei der Herstellung der unechten Urkunden mitgewirkt hat, steht seiner mittäterschaftlichen Beteiligung nicht von vornherein entgegen. Die Tatbestandsvariante des Herstellens einer unechten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt. Demgemäß kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung der unechten Urkunden durch einen Anderen in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 1988 - 3 StR 481/88, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 1; MünchKommStGB/Erb § 267 Rn. 213; Cramer/Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 267 Rn. 97). Soweit die Revision darauf verweist, dass dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht bekannt war, wer die bei Salvatore M. bestellten Falsifikate anfertigen würde, steht dies der Annahme der Mittäterschaft nicht entgegen. Vielmehr können mehrere eine Tat auch dann gemeinschaftlich begehen , wenn sie einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. RGSt 58, 279; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 25 Rn. 71 und § 267 Rn. 97; Schünemann in LK 12. Aufl. § 25 Rn. 173). Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten an der Herstellung der unechten Urkunden durch "die Fälscher in Italien" als Mittäterschaft gewertet, weil er mit der Weiterleitung der Personalien und der Passfotos einen unentbehrlichen Tatbeitrag zur Anfertigung der Falsifikate geleistet und wegen des erhofften finanziellen Vorteils aus der Veräußerung der Falsifikate ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung gehabt habe. Ob der Senat der engen Auffassung, dass diese Kriterien allein für die Annahme mittäterschaftlichen Herstellens einer unechten Urkunde nicht ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08 Rn. 9), in dieser Allgemeinheit folgen würde, muss hier nicht entschieden werden; denn im vorliegenden Fall war das Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten, dem Vermittler und dem Fälscher von vornherein auf eine dauerhafte arbeitsteilige Zusammenarbeit im Hinblick auf bereits verfügbares Fälschungsmaterial gerichtet. Unter diesen Voraussetzungen hält sich die Wertung des Landgerichts innerhalb des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums (vgl. BGHSt 47, 384, 385).
17
b) Die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz des Wegfalls der im Fall II. 1 d der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe bestehen bleiben. Angesichts der verbleibenden 16 Einzelfreiheitsstrafen (Einsatzstrafe: zwei Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe) und des bei der Bildung der Gesamtstrafe vorgenommenen straffen Zusammenzuges schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die in dem eingestellten Fall verhängte Einzelstrafe zu einer noch niedrigeren Gesamtstrafe gelangt wäre. Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Mutzbauer

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 386/13
vom
2. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Oktober 2013 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 15. Februar 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend in Bezug auf einige der von der Revision erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat: 1. Die Rüge, das Tatgericht habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dadurch verstoßen, dass dem Verteidiger des Angeklagten trotz Nachfrage die Teilnahme an einem mit anderen Verfahrensbeteiligten im Dienstzimmer des Vorsitzenden geführten Gespräch über eine Abtrennung des Verfahrens gegen mehrere Mitangeklagte verweigert worden war, ist jedenfalls unbegründet.
Weder der Grundsatz des fairen Verfahrens noch sonstige Regelungen des Verfassungs- oder des Strafverfahrensrechts verbieten dem Tatgericht, das Verfahren betreffende Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten zunächst getrennt zu führen. Selbst bei der Vorbereitung einer - hier ohnehin nicht vorliegenden - möglichen verfahrensbeendenden Absprache dienenden Gesprächen sind derartige Vorgespräche nicht ausgeschlossen (BT-Drucks. 16/12310 S. 9 und 12; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065 [Rn. 82]). Wie sich aus der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ergibt, setzt das Gesetz in Bezug auf verfahrensbeendende Absprachen die Möglichkeit solcher Vorgespräche sogar voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen eine eventuelle Verständigung betreffende Vorgespräche nicht stets mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten zugleich geführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Allerdings bedarf es bei der Sondierung der Chancen für eine solche Absprache betreffende Gespräche der anschließenden Information sämtlicher Verfahrensbeteiligter in öffentlicher Hauptverhandlung über den Inhalt , den Verlauf und die Ergebnisse der außerhalb dieser geführten Gespräche (BGH aaO).
Diesen Anforderungen hat das Tatgericht entsprochen. Wie sich aus der diesbezüglichen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer ergibt, hat dieser in öffentlicher Hauptverhandlung über das mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern der Mitangeklagten geführte Gespräch unterrichtet. Danach hat die Strafkammer die von Seiten der Mitangeklagten angeregte Verfahrensabtrennung nicht erwogen. Aus der dienstlichen Stellungnahme der (beisitzenden ) Richterin am Landgericht Dr. E. vom 2. November 2012 lässt sich ergänzend über den Inhalt des Gesprächs entnehmen, dass das Gespräch im Dienstzimmer des Vorsitzenden sich darauf beschränkte, den Verteidigern der Mitangeklagten mitzuteilen, die Kammer verneine die von diesen angeregte Möglichkeit der Verfahrenstrennung. Diesen Gesprächsinhalt habe der Vorsitzende anschließend in der Hauptverhandlung mitgeteilt (zu nicht den gesetzlichen Regelungen über die Verständigung unterfallenden Gesprächen über die Organisation und Durchführung des Verfahrens vgl. BVerfG aaO, NJW 2013, 1058, 1065 [Rn. 84]).
2. Die Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 3 StPO wegen der Ablehnung von Befangenheitsanträgen gegen die drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die entsprechenden Anträge sind rechtsfehlerfrei abgelehnt worden. Selbst wenn der Ausschluss des Verteidigers des Angeklagten von dem außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräch über eine Verfahrenstrennung ursprünglich geeignet gewesen sein sollte, berechtigtes Misstrauen gegen die Unbefangenheit der abgelehnten Richter zu begründen, wäre dieses durch den Inhalt von deren dienstlicher Erklärungen über das Gespräch sowie durch die Mitteilung des Vorsitzenden darüber in öffentlicher Hauptverhandlung ausgeräumt worden (vgl. zu der entsprechenden Bedeutung dienstlicher Stellungnahmen BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09, NStZ 2009, 701; und vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72). Danach war klargestellt, dass die Strafkammer die seitens der Mitangeklagten angeregte Verfahrenstrennung von vornherein nicht erwogen hat. Vom maßgeblichen Standpunkt eines vernünftigen Ablehnenden (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Beschluss vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350) war daher kein Grund für Zweifel an der Unbefangenheit der Richter mehr gegeben.
3. Die Rügen, der Vorsitzende sei entgegen § 29 StPO nach (weiteren) gegen ihn gestellten Befangenheitsanträgen vor einer Entscheidung darüber mit Zeugenvernehmungen fortgefahren und habe trotz einer entsprechenden Beanstandung keine Entscheidung des Gerichts gemäß § 238 Abs. 2 StPO herbeigeführt, bleiben ebenfalls ohne Erfolg.

a) Soweit die Verletzung von § 29 StPO geltend gemacht wird, genügt die Rüge nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zwar lässt sich der Revisionsbegründung noch die erforderliche (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2002 - 4 StR 272/01, NStZ 2002, 429, 430 mwN) Beanstandung (§ 238 Abs. 2 StPO) der Fortsetzung der Zeugenvernehmung entnehmen. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. August 2013 jedoch zutreffend aufgezeigt hat, teilt die Revision weder die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden vom 3. Oktober 2012 noch den Beschluss der Strafkammer vom 8. Oktober 2012 mit. Beides wäre aber erforderlich gewesen, um dem Senat die Überprüfung zu ermöglichen , ob der Vorsitzende unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Spielraums (BGH aaO) die Unaufschiebbarkeit im Sinne von § 29 Abs. 1 StPO fehlerhaft beurteilt hat. Im Übrigen mangelt es an Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 StPO. Wie die Revision selbst vorträgt, hat sie die beiden hier maßgeblichen Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden während laufender Hauptverhandlung gestellt. Das Fortfahren mit Zeugenvernehmungen kann daher auch durch § 29 Abs. 2 Satz 1 StPO gestattet gewesen sein.

b) Mit der Rüge der Verletzung von § 238 Abs. 2 StPO dringt die Revision ebenfalls nicht durch. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das Unterbleiben einer Entscheidung des Gerichts trotz einer Beanstandung gemäß § 238 Abs. 2 StPO als solches einer Revision zum Erfolg verhelfen kann. Falls überhaupt, kann dies allenfalls dann in Frage kommen, wenn der Rechtsmittelführer durch den Fehler im Beanstandungsverfahren in seinem weiteren Prozessverhalten beschränkt worden ist (vgl. SK-StPO/Frister, 4. Aufl., § 238 Rn. 53 mwN). Dafür ist hier nichts ersichtlich, zumal die beiden Zeugen, auf deren Vernehmung sich die Beanstandung bezog, ausweislich der Sitzungsniederschrift nach ihren Aussagen im allseitigen Einvernehmen entlassen worden sind.
Raum Wahl Graf Cirener Radtke

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR587/14
vom
25. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 24. Juni 2014 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in elf Fällen, davon in drei Fällen wegen Versuchs, und wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die auf die Sachrüge und auf eine Verfahrensrüge gestützt ist. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. Dezember 2014 zutreffend dargelegt hat, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
Auch die Rüge einer Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO greift nicht durch. Nach dem Revisionsvorbringen hat in Bezug auf den Revisionsfüh- rer kein Verständigungsgespräch stattgefunden, sondern lediglich mit dem Verteidiger des Mitangeklagten D. . Durch die unzureichende Mitteilung und Protokollierung von Verständigungsgesprächen, die allein Mitangeklagte betroffen haben, ist der Beschwerdeführer im Regelfall nicht in seinen Rechten betroffen (vgl. BVerfG, StV 2014, 649; BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 123/14 Rn. 4; Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13, NJW 2014, 2514, 2516). Dass der Angeklagte bei Kenntnis des konkreten Inhalts des mit dem Verteidiger des Mitangeklagten geführten Verständigungsgesprächs sein Prozessverhalten geändert hätte, wird von der Revision nicht behauptet und es ist auch nicht ersichtlich, wie sich solche Kenntnis auf sein Verteidigungsverhalten hätte auswirken können.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 5 9 0 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Februar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, der Angeklagte K. zudem die dem Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat : 1. Die Rüge des Angeklagten K. , der Vorsitzende habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO zu Beginn der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt, ob es auf eine Verständigung abzielende Vorgespräche gegeben habe, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn der Beschwerdeführer, der insoweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. August 2014 (2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592) offensichtlich das Fehlen einer sog. Negativmitteilung rügt, teilt nicht mit, ob und ggfs. mit welchem Inhalt Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO tatsächlich stattgefunden haben (zum – verfassungsrechtlichunbedenklichen, vgl. BVerfG aaO S. 594 – Vortragserfordernis insoweit: BGH, Beschlüsse vom 25. November 2014 – 2 StR 171/14, NStZ 2015, 176 und vom 6. März 2014 – 3 StR 363/13, NStZ 2014, 419; vgl. demgegenüber auch BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 5 StR 310/13, NJW 2015, 1260 und vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 520/14).
2. Soweit die Angeklagten K. und M. Mitteilungsdefizite hinsichtlich des auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs zwischen der Strafkammer, der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern in einer Pause des ersten Hauptverhandlungstages geltend machen, gilt über die diesbezüglichen Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus Folgendes:
a) Zwar hat der Vorsitzende die gebotene Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO über dieses Gespräch erst viele Verhandlungstage später und damit deutlich zu spät vorgenommen. Auch wenn § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nach seinem Wortlaut keinen Zeitpunkt für die Mitteilung vorschreibt, ist in der Regel eine umgehende Information nach dem Verständigungsgespräch geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015,

353).


Der Senat schließt aber aus, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Bei dieser Beruhensprüfung sind Art und Schwere des Rechtsverstoßes zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170); erforderlich ist eine wertende Gesamtbetrachtung (BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15; vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, NJW 2015, 645).
Vorliegend ist eine Information über den Inhalt des außerhalb der Hauptverhandlung geführten und auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs letztlich in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgt. Relevante Informationsdefizite , die die revidierenden Angeklagten betreffen (vgl. zu Defiziten bezüglich Mitangeklagter BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528), werden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Das Vorgehen des Gerichts wurde damit in öffentlicher Hauptverhandlung transparent, ein verborge-
nes Geschehen hinter verschlossenen Türen gab es ebenso wenig wie eine unzulässige „informelle“ Absprache.
Die insoweit revidierenden Angeklagten wurden zudem vom Inhalt des Gesprächs umgehend informiert. Ausweislich der unwidersprochen gebliebenen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zu diesem Gespräch haben die Verteidiger den Verständigungsvorschlag des Gerichts zunächst alle abgelehnt und am Ende des Gesprächs zugesichert, ihre Mandanten entsprechend über den Inhalt des Gesprächs zu informieren. Dass dies offensichtlich tatsächlich auch geschehen ist, ergibt sich u.a. daraus, dass der Angeklagte K. schon wenige Tage nach dem Gespräch dessen ihn (und seine Ehefrau) betreffenden Inhalt auf einer Internetseite öffentlich machte.

b) Dass die Strafkammer in dem vorgenannten Gespräch anstelle von Strafober- und -untergrenzen jeweils nur eine bestimmt bezeichnete Strafe (Punktstrafe) bei Ablegung eines Geständnisses in Aussicht gestellt hat, ist zwar ebenfalls rechtsfehlerhaft (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 – 3StR 426/10, NStZ 2011, 648). Da eine Verständigung aber nicht zustande gekommen ist und sich die beiden insoweit revidierenden Angeklagten auch nicht geständig eingelassen haben, kann der Senat ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf das Urteil ausgewirkt hat.

c) Soweit die Revisionen der Angeklagten K. und M. eine unzureichende Erfüllung der Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 StPO bezüglich einer Mitangeklagten (Besprechung der Frage der Haftfortdauer) geltend machen, bleibt entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO schon offen, welchen Inhalt genau die diesbezüglichen Gespräche hatten, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob ein Rechtsfehler vorliegt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48). Denn bei Gesprächen über die Frage
der Haftfortdauer muss es sich nicht um mitteilungsbedürftige Verständigungsgespräche handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13). Zudem wären die Angeklagten von einem etwaigen Rechtsfehler insoweit hier ohnehin nicht betroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528).

d) Zur Mitteilung von Gesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung ohne Beteiligung des Gerichts lediglich zwischen der Staatsanwaltschaft und einzelnen Verteidigern geführt worden sind, war der Vorsitzende hier nicht nach § 243 Abs. 4 StPO verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13,NStZ 2015, 232; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Februar 2012 – 1 StR 349/11, NStZ 2013, 353 m. Anm. Kudlich). Sämtlichen Verteidigern wurde zudem in der Hauptverhandlung eine Kopie des entsprechenden Vermerks über den Gesprächsinhalt übergeben. Schließlich betraf das Gespräch auch nicht die insoweit revidierenden Angeklagten, sondern einen nichtrevidierenden Mitangeklagten (vgl. oben c).
Raum Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 620/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Baden-Baden vom 7. August 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde wegen (eines minder schweren Falles des) schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
2
Seine auf zwei Verfahrensrügen und die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Das Verfahren richtete sich ursprünglich auch gegen B. und war vor dem Amtsgericht Achern anhängig, das die Sache nach Hauptverhandlung an die Strafkammer verwies. Zum ersten Hauptverhandlungstermin vor der Strafkammer erschienen die Angeklagten nicht. Gegen beide erging Haftbefehl. Während der Haftbefehl gegen den Angeklagten alsbald vollstreckt werden konnte , konnte B. in der Folgezeit nicht ergriffen werden. Wiederholte gezielte Bemühungen der örtlich zuständigen Polizeireviere ihn aufzufinden, blieben erfolglos. Das Verfahren gegen ihn wurde abgetrennt, er wurde zur Festnahme ausgeschrieben. Ob und wann er ergriffen werden kann, ist nicht absehbar. Nachdem die Hauptverhandlung schon mehrere Wochen gedauert hatte, beantragte der Angeklagte, B. als Zeugen zu vernehmen. Als Anschrift wurde lediglich die aktenkundige frühere Anschrift genannt, wo er sich, wie der geschil- derte Verfahrensgang ergibt, nicht mehr aufhielt. Die Strafkammer lehnte den Antrag unter Schilderung des dargelegten Verfahrensgangs ab, weil der Zeuge unerreichbar sei (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Hiergegen wendet sich die Revision. Sie legt die inhaltliche Bedeutung einer Aussage B. s für das Verfahren näher dar. Zur Frage, auf welche Weise sein aktueller Aufenthaltsort hätte festgestellt werden können, äußert sie sich nicht.
4
Die Rüge versagt.
5
a) Es liegt schon kein ordnungsgemäßer Beweisantrag vor. Hierfür ist neben der Benennung eines Beweisthemas nicht nur die Benennung eines Beweismittels erforderlich, sondern es ist regelmäßig auch anzugeben, auf welchem Wege das Beweismittel (der Zeuge) erreicht werden kann (vgl. BGH, Urt. vom 14. Juni 2006 - 2 StR 65/06; StV 1996, 581; Urt. vom 10. November 1992 - 1 StR 685/92 m.w.N.). Hier war verfahrenskundig, dass B. unter seiner letzten bekannten Anschrift nicht mehr erreichbar war, und dass intensive, schon vor der Stellung des Beweisantrags vom Gericht über mehrere Wochen hin entfaltete Bemühungen, seiner habhaft zu werden, erfolglos geblieben waren. Unter diesen Umständen ist allein die Angabe der früheren Anschrift nicht ausreichend. Erforderlich gewesen wäre in dem Antrag zumindest substantiierter Vortrag dazu, warum entgegen den bisher angefallenen Erkenntnissen doch Aussicht bestehen soll, B. unter dieser Anschrift zu finden, oder mit welchen vom Gericht bisher nicht ergriffenen Mitteln realistische Aussichten bestehen, den Aufenthaltsort zu ermitteln.
6
Daher fehlte es schon an einem zulässigen Beweisantrag.
7
b) Die Zurückweisung eines Antrags, den das Tatgericht zu Unrecht als Beweisantrag behandelt hat, kann die Revision nur dann begründen, wenn eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegt (vgl. BGH StV 1996, 581; BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 13; BGH, Urt. vom 10. November 1992 - 1 StR 685/92 m.w.N.). Dies kann grundsätzlich der Fall sein, wenn bei der Suche nach einem der Sache nach nicht unbedeutenden Zeugen erkennbar sinnvolle Möglichkeiten nicht ausgeschöpft wurden (BGH, Urt. vom 10. November 1992 - 1 StR 685/92). Allerdings wäre, zumal das Gericht nach der Beweisperson schon einige Zeit vergeblich mit Haftbefehl fahndete, auch unter dem Blickwinkel einer Aufklärungsrüge vorzutragen gewesen, welche konkreten, vom Gericht bisher nicht ergriffenen Möglichkeiten dies gewesen wären (vgl. BGH, Urt. vom 14. Juni 2006 - 2 StR 65/06). Daran fehlt es.
8
c) Darauf, dass wegen des aufgezeigten Mangels auch die auf die Unerreichbarkeit eines Zeugen gestützte Ablehnung eines Beweisantrags nicht i.S.d. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ordnungsgemäß gerügt wäre (vgl. Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 228; Temming in HK StPO 4. Aufl. § 344 Rdn. 20; Frister in SK-StPO 64. Lfg. § 244 Rdn. 256), kommt es hier daher nicht mehr an.
9
d) Abgesehen davon, dass hier unter keinem Aspekt eine zulässig erhobene Verfahrensrüge vorliegt, ist es aber auch der Sache nach offensichtlich nicht zu beanstanden, wenn ein ehemaliger Mitangeklagter nicht als Zeuge vernommen wird, weil er flüchtig ist und ohne konkrete Aussicht auf Erfolg mit Haftbefehl nach ihm gefahndet wird.
10
2. Die Strafkammer fasste ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung folgenden Beschluss: “Gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO wird die Niederschrift der Angaben des … B. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Achern … verlesen.“
11
Der Beschluss wurde ausgeführt.
12
An dieses Verfahrensgeschehen knüpft die Revision an. Eine Verlesung gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO, so trägt sie vor, setze das Einverständnis der Beteiligten mit der Verlesung voraus. Hier sei, wie auch das Protokoll der Hauptverhandlung belege, ein Einverständnis mit der Verlesung tatsächlich nicht eingeholt worden. Nach Eingang der Revisionsbegründung gab der Vorsitzende der Strafkammer eine - auch dem Beschwerdeführer bekannt gemachte - dienstliche Erklärung ab. Danach habe die Strafkammer - für alle Verfahrensbeteiligten erkennbar - beschlossen, die Entscheidung über die Verlesung der Aussage B. s auf dessen Unerreichbarkeit (vgl. hierzu näher oben Ziffer 1) zu stützen. Ob er beim Diktieren der Beschlussbegründung in das Hauptverhandlungsprotokoll versehentlich nicht "§ 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO", sondern stattdessen "§ 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO" diktiert habe, oder ob er zwar "§ 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO" diktiert habe, später aber nicht bemerkt habe, dass sein Diktat falsch niedergeschrieben worden sei, wisse er nicht mehr.
13
Die Rüge bleibt im Ergebnis erfolglos.
14
a) Im Ergebnis zutreffend hat der Vorsitzende davon abgesehen, ein Verfahren zur Protokollberichtigung (vgl. BGHSt 51, 298 ff.) einzuleiten, da dies eine sichere Erinnerung der Urkundspersonen voraussetzt (BGHSt aaO 314, 316). Hier hält es der Vorsitzende für möglich, dass das Protokoll seinem Diktat entspricht. In diesem Fall gibt es aber keinen Widerspruch zwischen dem, was geschehen ist, und dem, was im Protokoll als geschehen festgehalten ist, sondern das Protokoll gibt den Geschehensablauf richtig wieder. Dies ist aber auch dann keine Grundlage für eine Berichtigung des Protokolls, wenn dem tatsächlich Geschehenen ein Versehen des Richters zu Grunde liegt.
15
Darauf, dass das Protokoll auch unbeschadet der dienstlichen Äußerung schon für sich genommen fehlerhaft und unklar erscheint - bei einer auf das Ein- verständnis der Beteiligten gestützten Verlesung einer richterlichen Vernehmung wäre nicht § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO, sondern § 251 Abs. 2 Nr. 3 StPO die maßgebliche Norm - kommt es unter den gegebenen Umständen ebenfalls nicht an.
16
b) Die Verlesung einer Aussage gemäß § 251 StPO ist durch einen mit Gründen versehenen Beschluss anzuordnen (§ 251 Abs. 4 StPO). Die bloße Angabe der einschlägigen Gesetzesbestimmung gilt hierfür nicht als ausreichend (vgl. zusammenfassend Sander/Cirener in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 251 Rdn. 97; Diemer in KK 6. Aufl. § 251 Rdn. 31 jew. m.w.N.). Hier fehlt es schon an einer über die Angabe der Gesetzesbestimmung hinausgehenden Begründung des Beschlusses; dem braucht der Senat hier jedoch nicht näher nachzugehen, weil dieser Aspekt im Rahmen der Revisionsbegründung nicht geltend gemacht wird (zur Maßgeblichkeit der "Angriffsrichtung" einer Verfahrensrüge vgl. BGH NStZ 2008, 229, 230; Sander/Cirener JR 2006, 300 jew. m.w.N.) Jedoch liegen (außerdem) die tatsächlichen Voraussetzungen der nach dem maßgeblichen Protokoll zur Begründung herangezogenen Bestimmung nicht vor.
17
c) Jedoch kann das Beruhen des Urteils auf (dem Fehlen eines näher ausgeführten Beschlusses und) der Angabe eines unzutreffenden Verlesungsgrundes ausgeschlossen werden, wenn die Voraussetzungen für die Verlesung tatsächlich gegeben waren und die Verfahrensbeteiligten durch den Mangel nicht in ihrem Prozessverhalten beeinflusst worden sein können (vgl. Sander/Cirener in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 251 Rdn. 81, 97 m.w.N.).
18
So verhält es sich hier.
19
(1) Die Voraussetzungen einer Verlesung der Aussage B. s vor dem Amtsgericht gemäß § 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO lagen vor; dass B. dort als Angeklagter und nicht als Zeuge vernommen worden war, steht nicht entgegen (Sander/Cirener aaO Rdn. 43). Der Vernehmung stand, wie im Zusammenhang mit der Unauffindbarkeit B. s näher dargelegt, für ungewisse Zeit ein nicht zu beseitigendes Hindernis entgegen (vgl. Sander/Cirener aaO Rdn. 65, 28). Es spricht, selbst wenn die dienstliche Äußerung außer Betracht bliebe, nichts dafür, dass die Strafkammer die Verlesung etwa nicht beschlossen hätte, wenn sie erkannt hätte, dass nicht das (tatsächlich nicht eingeholte) Einverständnis der Beteiligten rechtliche Grundlage der Verlesung ist, sondern hierfür die Unauffindbarkeit B. s heranzuziehen ist.
20
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob die Angabe von § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO Einfluss auf den Prozessverlauf gehabt haben kann, ist zu unterstellen, dass die Verteidigung deshalb geglaubt hätte, die Strafkammer (hielte die richterliche Vernehmung für eine nichtrichterliche Vernehmung und) verlese die Aussage, weil sie - irrig - vom Einverständnis der Beteiligten ausgehe, während die Verlesung in keinem Zusammenhang mit der Unauffindbarkeit B. s stünde. Selbst auf dieser (nicht sehr nahe liegenden) Grundlage kann der Senat nicht die Möglichkeit erkennen, dass wegen dieser Fehlvorstellung Erfolg versprechendes Prozessverhalten unterblieben sein könnte, zu dem es aber gekommen wäre, wenn § 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO genannt worden wäre.
21
(3) Freilich heißt es in der Revisionsbegründung, das Urteil beruhe auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß. Näher ausgeführt ist dies jedoch nicht. Der Senat bemerkt in diesem Zusammenhang: Von hier nicht einschlägigen Besonderheiten abgesehen, braucht eine Revisionsbegründung den ursächlichen Zusammenhang zwischen (behauptetem) Rechtsfehler und dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich darzulegen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Revisionsgerichts, die Beruhensfrage von sich aus zu prüfen. Dies sollte jedoch gerade in Fällen, in denen ein Beruhen nicht ohne weiteres nahe liegt, den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, konkret darzulegen, warum aus seiner Sicht hier ein Beruhen möglich erscheinen kann (vgl. zusammenfassend Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 65 m.w.N.). Andernfalls ist nicht auszuschließen , dass das Revisionsgericht trotz seiner umfassenden Überprüfung der Beruhensfrage eine in diesem Zusammenhang (doch) in Betracht zu ziehende Möglichkeit nicht erkennt und dementsprechend nicht in seine Erwägungen einbezieht.
22
3. Auch die auf Grund der Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 2 2 / 1 4
vom
2. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2014 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 15. April 2014 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Rüge der Verletzung formellen
Rechts:
Der Angeklagte beanstandet, das Landgericht habe gegen § 243 Abs. 4
Satz 1 StPO verstoßen, weil sich der Vorsitzende in seiner in der Hauptverhandlung
gemachten Mitteilung über die letztlich gescheiterten verständigungsorientierten
Gespräche nicht zu der Frage verhalten habe, auf wessen Initiative
die Gespräche zurückgegangen waren. Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
1. Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende mitzuteilen, ob
Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand
die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und
wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass
Gespräche, welche die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatten
, stets in der Hauptverhandlung zur Sprache kommen (Transparenzgebot;
vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., BVerfGE 133,
168, 215; BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418).
Zu dem mitzuteilenden Inhalt gehört auch dann, wenn keine Verständigung zustande
gekommen ist, jedenfalls der Verständigungsvorschlag und die zu diesem
abgegebenen Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten (vgl. BGH,
Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ 2013, 722 und vom
9. April 2014 – 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416).
2. Demgegenüber gehört die Frage, von wem die Initiative zu dem Gespräch
ausgegangen ist, in dem ein Verständigungsvorschlag unterbreitet oder
über die Möglichkeit einer Verständigung gesprochen wurde, nicht zu dem gemäß
§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mitzuteilenden wesentlichen Inhalt des Gesprächs.
Sie betrifft allein den äußeren Ablauf des Verfahrens, nicht aber den
Inhalt von Verständigungsgesprächen (vgl. Schneider, NStZ 2014, 192, 200).

a) Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 243 Abs. 4 Satz 1
StPO, der die Mitteilungspflicht lediglich auf den „Inhalt“ des Gesprächs be-
zieht, nicht aber auf die Art und Weise, wie es zustande gekommen ist. Vom
Begriff „Inhalt“ ist die Frage, auf wessen Initiative es zu einem Gespräch kam,
nicht umfasst.

b) Dieses Ergebnis entspricht auch der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts
in seinem Urteil vom 19. März 2013 (BVerfG, aaO). Das Bundesverfassungsgericht
bezieht darin die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO
nur auf den Gesprächsinhalt und nicht auf die Gesprächsgenese (BVerfG, aaO
S. 215 Rn. 85). Zu dem mitzuteilenden Gesprächsinhalt gehört nach dem Bundesverfassungsgericht
, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern
vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung
aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung
oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG, aaO). Eine Mitteilungspflicht hin-
sichtlich der Frage, wer die Initiative zur Verständigung ergriffen hat, besteht
deshalb auch nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur insoweit
, als gerade dieser Umstand Inhalt des mitzuteilenden Gesprächs war.
Deshalb unterfällt der Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 StPO lediglich die
Frage, wer in einem auf Verständigung abzielenden Gespräch die Frage der
Verständigung aufgeworfen hat.
Dies wird auch aus der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen
Differenzierung zwischen Mitteilungspflichten über außerhalb der Hauptverhandlung
geführte Gespräche einerseits und Dokumentationspflichten bezüglich
innerhalb der Hauptverhandlung geführter Gespräche andererseits deutlich.
Bei letzteren verlangt das Bundesverfassungsgericht – nicht nur im Wortlaut,
sondern auch in der Reihenfolge deutlich abweichend von den bei § 243 Abs. 4
StPO genannten Mitteilungsinhalten – die Protokollierung, wer die Anregung zu
den Gesprächen gab und welchen Inhalt die einzelnen Diskussionsbeiträge
aller Verfahrensbeteiligten sowie der Richter hatten, insbesondere von welchem
Sachverhalt sie hierbei ausgingen und welche Ergebnisvorstellungen sie
äußerten (BVerfG, aaO Rn. 86). Dies alles sind Umstände, die das in öffentlicher
Hauptverhandlung passierende Verständigungsgeschehen prägen, in dieser
wahrgenommen werden können und deshalb der erweiterten Protokollierungspflicht
unterfallen (vgl. auch § 273 Abs. 1a Satz 1 in Vergleich zu § 273
Abs. 1a Satz 2 StPO).

c) Soweit der Senat in verschiedenen Entscheidungen, auf die sich die
Revision bezieht, auch von einer Mitteilungspflicht zu der Frage ausgeht, auf
wessen Initiative es zu dem Verständigungsgespräch gekommen ist (vgl. Senat
, Beschlüsse vom 9. April 2014 – 1 StR 612/13, NStZ 2014, 416; vom
22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48; vom 8. Oktober 2014 – 1 StR
352/14 und vom 18. Dezember 2014 – 1 StR 242/14; enger hingegen noch Senat
, Beschlüsse vom 2. Oktober 2013 – 1 StR 386/13, NStZ 2014, 168 und
vom 29. November 2013 – 1 StR 200/13, NStZ 2014, 221), hält er hieran aus
den oben genannten Gründen nicht fest.
Auch die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs haben anknüpfend
an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 (BVerfG,
aaO) die aus § 243 Abs. 4 StPO folgende Mitteilungspflicht gemäß dem Wortlaut
der Norm bislang – soweit ersichtlich – tragend lediglich auf den Inhalt von
verständigungsorientierten Vorgesprächen bezogen, nicht aber auf die Art und
Weise, wie solche Gespräche zustande gekommen sind (vgl. BGH, Urteil vom
10. Juli 2013 – 2 StR 195/12, BGHSt 58, 310; Beschlüsse vom 8. Oktober 2013
– 4StR 272/13, StV 2014, 67; vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ
2013, 722 m. Anm. Mosbacher; vom 25. November 2013 – 5 StR 502/13,
NStZ-RR 2014, 52; vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13, NStZ 2014, 219;
vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418; vom 29. April 2014 – 3 StR
24/14, NStZ 2014, 529 m. Anm. Allgayer; Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR
381/13, NStZ 2014, 601 m. Anm. Grube; Beschlüsse vom 14. Juli 2014 – 5 StR
217/14, NStZ-RR 2014, 315; vom 29. Juli 2014 – 4 StR 126/14, NJW 2014,
3385).
3. Die Revision rügt nicht, dass die hier vom Vorsitzenden unter Verle-
sung seines Vermerks über das „Vorgespräch vom 26. Februar 2014“ erfolgte
Unterrichtung über den Inhalt dieses Gesprächs den Anforderungen des § 243
Abs. 4 Satz 1 StPO nicht entspricht. Der Vermerk enthielt jedenfalls die Information
, wer an dem Gespräch im Vorfeld der Hauptverhandlung teilgenommen
hatte, Angaben zum Ablauf des Gesprächs, die Mitteilung, welche Gesprächsteilnehmer
in welcher Reihenfolge welche Vorstellungen zur Strafhöhe geäu-
ßert hatten, und schließlich die Wiedergabe des dann von den Berufsrichtern
unterbreiteten Verständigungsvorschlags. Die von der Revision vermisste Angabe
, von wem die Initiative zu dem Gespräch als solchem ausgegangen war
(es war nach der unwidersprochenen dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden
der frühere Verteidiger des Angeklagten), hätte auch zum Verständnis des Inhalts
des Gesprächs nichts beitragen können.
Rothfuß Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 613/13
vom
7. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Raubes mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Januar 2014 beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 15. August 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Die 33. große Hilfsstrafkammer – Hilfsschwurgericht – des Landgerichts Kiel hat die – mittäterschaftlich handelnden – Angeklagten wegen Raubes mit Todesfolge, schweren Raubes, schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Diebstahl mit Waffen in zwei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit einer – identisch erhobenen – Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); mit dieser beanstanden sie, die Einrichtung der Hilfsstrafkammer sei nicht gesetzmäßig erfolgt, so dass diese zur Verhandlung und Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht berufen, das erkennende Gericht somit vorschriftswidrig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO i.V.m. § 21e Abs. 3 GVG).
2
1. Die Revisionen tragen hierzu folgendes Prozessgeschehen vor:
2
3
Der vom Präsidium des Landgerichts Kiel am 13. Dezember 2012 für das Folgejahr beschlossene Geschäftsverteilungsplan wies Schwurgerichtssa- chen (§ 74 Abs. 2 GVG) weiterhin der 8. großen Strafkammer zu. Deren zudem bestehende Zuständigkeit für Jugendschutzsachen war mit dem Ziel der Entlastung mit Wirkung vom 1. Januar 2013 auf die 2. große Strafkammer übertragen worden. Bis zum Jahresende waren bei der 8. großen Strafkammer zwei weite- re Haftsachen eingegangen, während sie „zwei Urteile … noch im laufenden Geschäftsjahr abzusetzen vermocht“ hatte. Am 28. Dezember 2012 zeigte der Vorsitzende der 8. großen Strafkammer deren Überlastung an. Als Reaktion hierauf bildete das landgerichtliche Präsidium durch Beschluss vom 22. Januar 2013 die 33. große Hilfsstrafkammer und wies ihr sämtliche erstinstanzlichen , im Januar 2013 bei der 8. großen Strafkammer eingegangenen bzw. noch eingehenden Schwurgerichtssachen zur Bearbeitung zu. Da bis zum Monatsende keine weitere Anklage erhoben wurde, ging allein das am 2. Januar 2013 bei der 8. großen Strafkammer anhängig gewordene hiesige Verfahren auf die Hilfsstrafkammer über. Die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende zehntägige Hauptverhandlung wurde am 25. April 2013 begonnen.
4
Das Präsidium hatte seine Überzeugung von einer „vorübergehenden Überlastung im Sinne von § 21e Abs. 3 GVG“ auf folgender Tatsachengrundla- ge gewonnen: Abgesehen von drei (jeweils einen Angeklagten betreffenden) Nichthaftsachen waren bei der 8. großen Strafkammer sieben erstinstanzliche Verfahren – einschließlich des vorliegenden – anhängig, in denen den jeweiligen Angeklagten die Freiheit entzogen war. Im Einzelnen bestanden am 22. Januar 2013 diese Verfahrenslagen: In einem wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern geführten Verfahren war die Hauptverhandlung auf drei Tage (18. Januar, 1. und 7. Februar 2013) terminiert. Für eine wegen des Vorwurfs des Mordes (durch Unterlassen) anberaumte Hauptverhandlung waren im Zeitraum vom 22. Februar bis April 2013 acht Tage vorgesehen. In einem sich wegen versuchten Mordes gegen zwei Angeklagte richtenden Verfah- ren waren vom 13. bis 21. März 2013 vier Sitzungstage angesetzt. Ferner war beabsichtigt, eine bereits am 31. Oktober 2012 begonnene Hauptverhandlung (Vorwurf: versuchter Mord) bis 8. Februar 2013 fortzusetzen. In den beiden übrigen wegen versuchten Mordes bzw. Totschlags geführten, jeweils einen Angeklagten betreffenden Verfahren bestand bereits eine – wenngleich nicht näher präzisierte – „Terminierungsperspektive“.
5
Der von den Angeklagten in der Hauptverhandlung jeweils form- und fristgerecht erhobene, ihren Rügen zugrundeliegende Besetzungseinwand gemäß § 222b Abs. 1 StPO ist vom Landgericht als unbegründet zurückgewiesen worden. Es hat ausgeführt, dass ohne die Entlastungsmaßnahme „vor allem die im Januar 2013 eingehenden Schwurgerichtsverfahren … nicht hinreichend unter Beachtung des Beschleunigungsgebots gefördert werden konnten und für etwaige Eingänge ab Februar 2013 wieder eine Förderung durch die 8. große Strafkammer als gesetzlicher Richter vorgesehen war“.
6
2. Bei diesem Prozessgeschehen erweisen sich die – nach § 338 Nr. 1
6
lit. b StPO nicht präkludierten, den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. April 2009 – 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 281) – Rügen als begründet. Denn die Annahme der zum Präsidiumsbeschluss vom 22. Januar 2013 führenden Überlastung der 8. großen Strafkammer ist nicht hinreichend belegt, so dass die Hilfsstrafkammer nicht hätte errichtet werden dürfen und die Angeklagten durch die Übertragung des Verfahrens auf diese Strafkammer unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ihrem gesetzlichen Richter entzogen wurden.
7
a) Allerdings darf das Präsidium gemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG die nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung getroffenen Anordnungen im Laufe des Geschäftsjahres ändern, wenn dies wegen Überlastung eines Spruchkörpers nötig wird. Eine solche liegt vor, wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist, so dass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht zu rechnen ist. Von Verfassungs wegen kann eine nachträgliche Änderung der Geschäftsverteilung sogar geboten sein, wenn nur auf diese Weise eine hinreichend zügige Behandlung von Strafsachen erreicht werden kann. Das Gebot zügiger Verfahrensgestaltung lässt indes das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig zurücktreten. Vielmehr besteht Anspruch auf eine zügige Entscheidung gerade durch diesen. Daher muss in derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz zügiger Verfahrensgestaltung zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden (vgl. BGH, aaO, S. 270 f. mwN).
8
Zu den grundsätzlich zulässigen Maßnahmen im Sinne des § 21e Abs. 3 GVG zählt die Einrichtung einer Hilfsstrafkammer für eine begrenzte Zeit. Die Regelung der mit der Errichtung einer Hilfsstrafkammer verbundenen Übertragung von Aufgaben der ordentlichen Strafkammer hat denselben Grundsätzen zu folgen, wie sonstige Änderungen im Sinne von § 21e Abs. 3 GVG; insbesondere ist auch insoweit das Abstraktionsprinzip zu beachten. Danach ist namentlich die Zuweisung bestimmter einzelner Verfahren regelmäßig unzulässig. Nach diesen Maßstäben steht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG einer Änderung der (funktionellen) Zuständigkeit für bereits anhängige Verfahren dann nicht entgegen , wenn die Neuregelung generell gilt, also etwa außer mehreren anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst, und nicht aus sachwidrigen Gründen erfolgt. In Ausnahmefällen kann aber auch eine Änderung der Geschäftsverteilung zulässig sein, die der Hilfsstraf- kammer ausschließlich bereits anhängige Verfahren überträgt, wenn nur so dem verfassungs- und konventionsrechtlichen Zügigkeitsgebot insbesondere in Haftsachen (siehe Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) angemessen Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1998 – 5 StR 574/97, BGHSt 44, 161, 165 ff.). Jede Umverteilung, die bereits anhängige Verfahren erfasst, muss zudem geeignet sein, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Denn Änderungen der Geschäftsverteilung , die diesen Anforderungen nicht genügen, sind nicht im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG nötig und können vor allem vor Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Bestand haben (BGH, Urteil vom 9. April 2009 – 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 271 f. mwN).
9
Wegen der erheblichen Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährleistung des gesetzlichen Richters müssen die vom Präsidium für die Überleitung bereits bei einer überlasteten Strafkammer anhängiger Verfahren auf eine Hilfsstrafkammer herangezogenen Gründe umfassend dokumentiert werden, und zwar selbst dann, wenn zugleich auch zukünftig eingehende Sachen auf die Hilfsstrafkammer übertragen werden (vgl. BGH, aaO, S. 273).
10
b) Den sich danach ergebenden Anforderungen an die Begründung für die Geschäftsverteilungsänderung nach § 21e Abs. 3 GVG genügt die hier beanstandete Entscheidung des Präsidiums nicht. Sie hält revisionsgerichtlicher Kontrolle (zu deren Umfang vgl. BGH, aaO, S. 274 ff.; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 2 StR 116/13, StV 2014, 6; s. auch BVerfG [Kammer] NJW 2005, 2689, 2690) nicht stand, weil sie die angenommene vorübergehende Überlastung der 8. großen Strafkammer, die – gemessen an Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG – eine Übertragung des gegen die Angeklagten gerichteten Verfahrens auf die Hilfsstrafkammer gerechtfertigt hätte, nicht hinreichend belegt.
Auch unter Berücksichtigung des Inhalts der Überlastungsanzeige vom 28. Dezember 2012 und des Protokolls der Präsidiumssitzung vom 22. Januar 2013 ist nicht erkennbar, dass der Geschäftsablauf bei der 8. großen Strafkammer erheblich beeinträchtigt und eine Entlastung nötig war (§ 21e Abs. 3 Satz 1 GVG).
11
Vielmehr legt es die dargestellte Verfahrenssituation nahe, dass eine Hauptverhandlung in dieser Sache noch ab April, spätestens aber ab Mai 2013 hätte terminiert werden können. Es ist aber auch mit Blick auf das Gebot zügiger Verfahrensgestaltung grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn mit einer Verhandlung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach ihrem Eingang bei einer großen Strafkammer begonnen wird (ebenso – freilich für ein gegen noch mehr Angeklagte gerichtetes Verfahren – BGH, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 2 StR 116/13, StV 2014, 6, 7). Ein Einschreiten des Präsidiums, das die entlastete Strafkammer ab 1. Februar 2013 offenbar selbst nicht mehr als überlastet angesehen hat, war während des laufenden Geschäftsjahres mithin nicht gerechtfertigt.
12
Dies gilt umso mehr, als der Präsidiumsbeschluss lediglich gut drei Wochen nach dem Inkrafttreten des neuen, für die Dauer eines Jahres angelegten (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) Geschäftsverteilungplans gefasst wurde. Wegen des Prinzips der Stetigkeit (vgl. Breidling in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 21e GVG Rn. 5) hätte die getroffene Entlastungsmaßnahme einer besonderen Begründung bedurft, aus der sich die Notwendigkeit des Eingriffs in das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergeben hätte. Hierbei hätte ausführlich dargelegt werden müssen, welche für die Belastung der 8. großen Strafkammer maßgeblichen Umstände sich seit der Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung für das Jahr 2013 geändert hatten, zumal seitdem – mit Ausnahme des auf die Hilfsstrafkammer übertragenen Verfahrens – die Zahl der anhängigen Verfahren gleich geblieben war. In diesem Zusammenhang ist weder dokumentiert noch sonst ersichtlich, dass die zwei bis zum Jahresende neu eingegangenen Verfahren von besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit gewesen wären. Hinzu kommt, dass in der die Strafkammer terminlich offenbar am meisten beanspruchenden Sache bereits seit Oktober 2012 verhandelt wurde, die hiermit verbundene Belastung mithin schon bei der zum neuen Geschäftsjahr vorgenommenen Entlastung bekannt und berücksichtigt worden war.
13
Darüber hinaus wäre eine vertiefte Begründung auch deshalb geboten gewesen, weil es angesichts der konkreten Umstände – ungeachtet des noch acht Tage in die Zukunft reichenden Entlastungszeitraumes – hochwahrscheinlich war, dass die Übertragung eine einzelne, bereits anhängige Sache betreffen würde, wie es im Ergebnis tatsächlich der Fall war. Angesichts dessen hätte es einer besonders dringlichen „Notlage“ bedurft, an der es fehlte. Diese ergab sich auch nicht aus der Erwartung, dass die 8. große Strafkammer nicht in allen anhängigen Verfahren mit der Hauptverhandlung vor dem Ablauf der sich aus § 121 StPO ergebenden Haftprüfungsfrist würde beginnen können (vgl. BGH, aaO).
14
Umgekehrt hätte dargelegt werden müssen, weshalb die Ableitung (voraussichtlich ) lediglich einer Sache auf die errichtete Hilfsstrafkammer als geeignet angesehen wurde, die nach Auffassung des landgerichtlichen Präsidiums erheblich eingeschränkte Effizienz des Geschäftsablaufs bei der 8. großen Strafkammer wiederherzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2009 – 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 272; siehe auch BVerfG [Kammer] NJW 2005, 2689, 2691). Denn im übertragenen Verfahren waren die Angeklagten bereits im Ermittlungsverfahren weitgehend geständig gewesen, so dass mit einer ausufernden Hauptverhandlung, die tatsächlich zehn Tage dauerte, nicht zu rechnen war.
15
3. Die Sache bedarf somit neuer Verhandlung und Entscheidung. Zu
15
dem übrigen Revisionsvorbringen bemerkt der Senat:
16
a) Die in der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Urteils nicht ausdrücklich abgehandelte Annahme, die Angeklagten hätten im Fall 5 der Urteilsgründe den Tod K. s durch den Raub leichtfertig (§ 251 StGB) herbeigeführt, begegnet auf der Basis der bisherigen Feststellungen schon deshalb keinen rechtlichen Bedenken, weil sie – während sie arbeitsteilig das in seiner Wohnung überfallene Ehepaar in Schach hielten, dabei nach Geld und Wertgegenständen suchten – von Kr. mehrfach eindringlich darauf hingewiesen worden waren, seine auf den Boden gesunkene, nach Luft ringende und im Gesicht bereits blau angelaufene Ehefrau benötige dringend einen Notarzt, sonst ersticke sie (UA S. 17). Bei dieser Sachlage musste sich den Angeklagten die Gefahr des Todeseintritts aufdrängen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 – 3 StR 331/99, BGHR StGB § 251 Leichtfertigkeit 1).
17
b) Das Landgericht hat in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe ohne Rechtsfehler von der Strafrahmenmilderung nach § 46a StGB abgesehen.
18
c) Hat ein Angeklagter hinsichtlich einer Katalogtat (§ 100a Abs. 2 StPO) Aufklärungshilfe geleistet, so kommt die Anwendung des § 46b StGB für jede ihm zur Last gelegte, mit einer im Mindestmaß erhöhten oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Tat in Betracht.
19
d) Die getroffenen Feststellungen legen nicht nahe, dass die Steue- rungsfähigkeit der Angeklagten durch die behauptete „Spielsucht“ bei Bege- hung der Tat erheblich vermindert (§ 21 StGB) gewesen sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2013 – 5 StR 597/12, BGHSt 58, 192, 194 f. mwN).
20
e) Die nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gebotene Mitteilung hat vor der Belehrung des Angeklagten (§ 243 Abs. 5 Satz 1 StPO) zu erfolgen. Sie muss über den wesentlichen Inhalt erfolgter Erörterungen informieren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 411/13, NStZ 2013, 722).
Basdorf Sander Schneider
Berger Bellay

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 5 9 0 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Februar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, der Angeklagte K. zudem die dem Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat : 1. Die Rüge des Angeklagten K. , der Vorsitzende habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO zu Beginn der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt, ob es auf eine Verständigung abzielende Vorgespräche gegeben habe, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn der Beschwerdeführer, der insoweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. August 2014 (2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592) offensichtlich das Fehlen einer sog. Negativmitteilung rügt, teilt nicht mit, ob und ggfs. mit welchem Inhalt Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO tatsächlich stattgefunden haben (zum – verfassungsrechtlichunbedenklichen, vgl. BVerfG aaO S. 594 – Vortragserfordernis insoweit: BGH, Beschlüsse vom 25. November 2014 – 2 StR 171/14, NStZ 2015, 176 und vom 6. März 2014 – 3 StR 363/13, NStZ 2014, 419; vgl. demgegenüber auch BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 5 StR 310/13, NJW 2015, 1260 und vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 520/14).
2. Soweit die Angeklagten K. und M. Mitteilungsdefizite hinsichtlich des auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs zwischen der Strafkammer, der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern in einer Pause des ersten Hauptverhandlungstages geltend machen, gilt über die diesbezüglichen Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus Folgendes:
a) Zwar hat der Vorsitzende die gebotene Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO über dieses Gespräch erst viele Verhandlungstage später und damit deutlich zu spät vorgenommen. Auch wenn § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nach seinem Wortlaut keinen Zeitpunkt für die Mitteilung vorschreibt, ist in der Regel eine umgehende Information nach dem Verständigungsgespräch geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015,

353).


Der Senat schließt aber aus, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Bei dieser Beruhensprüfung sind Art und Schwere des Rechtsverstoßes zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170); erforderlich ist eine wertende Gesamtbetrachtung (BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15; vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, NJW 2015, 645).
Vorliegend ist eine Information über den Inhalt des außerhalb der Hauptverhandlung geführten und auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs letztlich in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgt. Relevante Informationsdefizite , die die revidierenden Angeklagten betreffen (vgl. zu Defiziten bezüglich Mitangeklagter BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528), werden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Das Vorgehen des Gerichts wurde damit in öffentlicher Hauptverhandlung transparent, ein verborge-
nes Geschehen hinter verschlossenen Türen gab es ebenso wenig wie eine unzulässige „informelle“ Absprache.
Die insoweit revidierenden Angeklagten wurden zudem vom Inhalt des Gesprächs umgehend informiert. Ausweislich der unwidersprochen gebliebenen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zu diesem Gespräch haben die Verteidiger den Verständigungsvorschlag des Gerichts zunächst alle abgelehnt und am Ende des Gesprächs zugesichert, ihre Mandanten entsprechend über den Inhalt des Gesprächs zu informieren. Dass dies offensichtlich tatsächlich auch geschehen ist, ergibt sich u.a. daraus, dass der Angeklagte K. schon wenige Tage nach dem Gespräch dessen ihn (und seine Ehefrau) betreffenden Inhalt auf einer Internetseite öffentlich machte.

b) Dass die Strafkammer in dem vorgenannten Gespräch anstelle von Strafober- und -untergrenzen jeweils nur eine bestimmt bezeichnete Strafe (Punktstrafe) bei Ablegung eines Geständnisses in Aussicht gestellt hat, ist zwar ebenfalls rechtsfehlerhaft (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 – 3StR 426/10, NStZ 2011, 648). Da eine Verständigung aber nicht zustande gekommen ist und sich die beiden insoweit revidierenden Angeklagten auch nicht geständig eingelassen haben, kann der Senat ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf das Urteil ausgewirkt hat.

c) Soweit die Revisionen der Angeklagten K. und M. eine unzureichende Erfüllung der Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 StPO bezüglich einer Mitangeklagten (Besprechung der Frage der Haftfortdauer) geltend machen, bleibt entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO schon offen, welchen Inhalt genau die diesbezüglichen Gespräche hatten, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob ein Rechtsfehler vorliegt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48). Denn bei Gesprächen über die Frage
der Haftfortdauer muss es sich nicht um mitteilungsbedürftige Verständigungsgespräche handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13). Zudem wären die Angeklagten von einem etwaigen Rechtsfehler insoweit hier ohnehin nicht betroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528).

d) Zur Mitteilung von Gesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung ohne Beteiligung des Gerichts lediglich zwischen der Staatsanwaltschaft und einzelnen Verteidigern geführt worden sind, war der Vorsitzende hier nicht nach § 243 Abs. 4 StPO verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13,NStZ 2015, 232; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Februar 2012 – 1 StR 349/11, NStZ 2013, 353 m. Anm. Kudlich). Sämtlichen Verteidigern wurde zudem in der Hauptverhandlung eine Kopie des entsprechenden Vermerks über den Gesprächsinhalt übergeben. Schließlich betraf das Gespräch auch nicht die insoweit revidierenden Angeklagten, sondern einen nichtrevidierenden Mitangeklagten (vgl. oben c).
Raum Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR587/14
vom
25. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 24. Juni 2014 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in elf Fällen, davon in drei Fällen wegen Versuchs, und wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die auf die Sachrüge und auf eine Verfahrensrüge gestützt ist. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. Dezember 2014 zutreffend dargelegt hat, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
Auch die Rüge einer Verletzung des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO greift nicht durch. Nach dem Revisionsvorbringen hat in Bezug auf den Revisionsfüh- rer kein Verständigungsgespräch stattgefunden, sondern lediglich mit dem Verteidiger des Mitangeklagten D. . Durch die unzureichende Mitteilung und Protokollierung von Verständigungsgesprächen, die allein Mitangeklagte betroffen haben, ist der Beschwerdeführer im Regelfall nicht in seinen Rechten betroffen (vgl. BVerfG, StV 2014, 649; BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 123/14 Rn. 4; Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 StR 381/13, NJW 2014, 2514, 2516). Dass der Angeklagte bei Kenntnis des konkreten Inhalts des mit dem Verteidiger des Mitangeklagten geführten Verständigungsgesprächs sein Prozessverhalten geändert hätte, wird von der Revision nicht behauptet und es ist auch nicht ersichtlich, wie sich solche Kenntnis auf sein Verteidigungsverhalten hätte auswirken können.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 5 9 0 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Februar 2014 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, der Angeklagte K. zudem die dem Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat : 1. Die Rüge des Angeklagten K. , der Vorsitzende habe entgegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO zu Beginn der Hauptverhandlung nicht mitgeteilt, ob es auf eine Verständigung abzielende Vorgespräche gegeben habe, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn der Beschwerdeführer, der insoweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. August 2014 (2 BvR 2172/13, NStZ 2014, 592) offensichtlich das Fehlen einer sog. Negativmitteilung rügt, teilt nicht mit, ob und ggfs. mit welchem Inhalt Erörterungen nach §§ 202a, 212 StPO tatsächlich stattgefunden haben (zum – verfassungsrechtlichunbedenklichen, vgl. BVerfG aaO S. 594 – Vortragserfordernis insoweit: BGH, Beschlüsse vom 25. November 2014 – 2 StR 171/14, NStZ 2015, 176 und vom 6. März 2014 – 3 StR 363/13, NStZ 2014, 419; vgl. demgegenüber auch BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 5 StR 310/13, NJW 2015, 1260 und vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 520/14).
2. Soweit die Angeklagten K. und M. Mitteilungsdefizite hinsichtlich des auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs zwischen der Strafkammer, der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern in einer Pause des ersten Hauptverhandlungstages geltend machen, gilt über die diesbezüglichen Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus Folgendes:
a) Zwar hat der Vorsitzende die gebotene Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO über dieses Gespräch erst viele Verhandlungstage später und damit deutlich zu spät vorgenommen. Auch wenn § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO nach seinem Wortlaut keinen Zeitpunkt für die Mitteilung vorschreibt, ist in der Regel eine umgehende Information nach dem Verständigungsgespräch geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015,

353).


Der Senat schließt aber aus, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Bei dieser Beruhensprüfung sind Art und Schwere des Rechtsverstoßes zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170); erforderlich ist eine wertende Gesamtbetrachtung (BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15; vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 1 StR 315/14, NJW 2015, 645).
Vorliegend ist eine Information über den Inhalt des außerhalb der Hauptverhandlung geführten und auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs letztlich in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgt. Relevante Informationsdefizite , die die revidierenden Angeklagten betreffen (vgl. zu Defiziten bezüglich Mitangeklagter BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528), werden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Das Vorgehen des Gerichts wurde damit in öffentlicher Hauptverhandlung transparent, ein verborge-
nes Geschehen hinter verschlossenen Türen gab es ebenso wenig wie eine unzulässige „informelle“ Absprache.
Die insoweit revidierenden Angeklagten wurden zudem vom Inhalt des Gesprächs umgehend informiert. Ausweislich der unwidersprochen gebliebenen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zu diesem Gespräch haben die Verteidiger den Verständigungsvorschlag des Gerichts zunächst alle abgelehnt und am Ende des Gesprächs zugesichert, ihre Mandanten entsprechend über den Inhalt des Gesprächs zu informieren. Dass dies offensichtlich tatsächlich auch geschehen ist, ergibt sich u.a. daraus, dass der Angeklagte K. schon wenige Tage nach dem Gespräch dessen ihn (und seine Ehefrau) betreffenden Inhalt auf einer Internetseite öffentlich machte.

b) Dass die Strafkammer in dem vorgenannten Gespräch anstelle von Strafober- und -untergrenzen jeweils nur eine bestimmt bezeichnete Strafe (Punktstrafe) bei Ablegung eines Geständnisses in Aussicht gestellt hat, ist zwar ebenfalls rechtsfehlerhaft (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 – 3StR 426/10, NStZ 2011, 648). Da eine Verständigung aber nicht zustande gekommen ist und sich die beiden insoweit revidierenden Angeklagten auch nicht geständig eingelassen haben, kann der Senat ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf das Urteil ausgewirkt hat.

c) Soweit die Revisionen der Angeklagten K. und M. eine unzureichende Erfüllung der Mitteilungspflicht gemäß § 243 Abs. 4 StPO bezüglich einer Mitangeklagten (Besprechung der Frage der Haftfortdauer) geltend machen, bleibt entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO schon offen, welchen Inhalt genau die diesbezüglichen Gespräche hatten, so dass der Senat nicht beurteilen kann, ob ein Rechtsfehler vorliegt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Juli 2014 – 1 StR 210/14, NStZ 2015, 48). Denn bei Gesprächen über die Frage
der Haftfortdauer muss es sich nicht um mitteilungsbedürftige Verständigungsgespräche handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 2 StR 410/13). Zudem wären die Angeklagten von einem etwaigen Rechtsfehler insoweit hier ohnehin nicht betroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 587/14; BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528).

d) Zur Mitteilung von Gesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung ohne Beteiligung des Gerichts lediglich zwischen der Staatsanwaltschaft und einzelnen Verteidigern geführt worden sind, war der Vorsitzende hier nicht nach § 243 Abs. 4 StPO verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 5 StR 258/13,NStZ 2015, 232; vgl. auch Senat, Beschluss vom 22. Februar 2012 – 1 StR 349/11, NStZ 2013, 353 m. Anm. Kudlich). Sämtlichen Verteidigern wurde zudem in der Hauptverhandlung eine Kopie des entsprechenden Vermerks über den Gesprächsinhalt übergeben. Schließlich betraf das Gespräch auch nicht die insoweit revidierenden Angeklagten, sondern einen nichtrevidierenden Mitangeklagten (vgl. oben c).
Raum Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.