Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2014 - 1 StR 150/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass auf Verfall des aus den Taten Erlangten nicht erkannt werden kann, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
- 2
- Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
- 3
- 1. Im Zeitraum vom 30. Juni 2011 bis zum 19. Dezember 2012 erwarb der Angeklagte von dem Mitangeklagten F. zehn Elektronikartikel, die dieser aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, darunter insbesondere Flachbildfernseher und Laptops. Der Angeklagte bezahlte für die Elektronikartikel, deren „strafbare Herkunft“ er billigend in Kauf nahm, ein Drittel bis ein Viertel des üblichen Verkaufspreises und wollte sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Der reguläre Verkaufspreis dieser Gegenstände betrug 7.770,96 Euro (Fall III.1. der Urteilsgründe
).
- 4
- 2. Der Angeklagte veräußerte weiterhin zu 30 in den Urteilsgründen näher bestimmten Zeitpunkten zwischen Sommer 2011 und Ende Dezember 2012 Elektronikgegenstände, die der Mitangeklagte F. ebenfalls aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, an verschiedene Abnehmer. Der Angeklagte wollte sich auch hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. In einigen Fällen blieb es allerdings bei einem erfolglosen Angebot an potentielle Erwerber.
- 5
- Der Angeklagte hatte die Gegenstände, bei denen die Etiketten der Firma C. abgeschnitten bzw. abgekratzt worden waren, zuvor von dem Mitangeklagten F. für ein Drittel bis ein Viertel des Ladenverkaufspreises erworben. Für den Verkauf setzte der Angeklagte jeweils einen gegenüber seinem Erwerb bei F. um einen Aufschlag von mindestens 50 Euro erhöhten Verkaufspreis an, der die Hälfte des Warenwerts nicht überstieg (Fälle III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe).
II.
- 6
- Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten als 31 in Tatmehrheit stehende Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB eingestuft. Es hat dabei ersichtlich die Tatbestandsvariante des „Absetzens“ in den Blick genommen; denn es führt aus, die Tatvollendung setze einen Absatzerfolg nicht voraus. Nach Auffassung des Landgerichts reichte daher zur Tatvollendung der Hehlerei das bloße Tätigwerden zum Zweck des Absatzes, auch wenn dieser hier in einigen Fällen nicht gelang.
III.
- 7
- Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
- 8
- 1. Der Schuldspruch in den Fällen III.1. und III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- a) Unabhängig davon, dass ein vollendetes Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Absatzerfolg voraussetzt (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 69/13, NJW 2014, 951), der hier in einigen Fällen nicht eingetreten ist, begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei in der Tatbestandsvariante des Absetzens durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn der Angeklagte hatte die Waren zuvor vom Vortäter angekauft.
- 10
- Unter Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist die im Einvernehmen mit dem Vortäter, im Übrigen aber selbständig vorgenommene wirtschaftliche Verwertung einer bemakelten Sache durch ihre rechtsgeschäftliche Weitergabe an gut- oder bösgläubige Dritte gegen Entgelt zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1976 – 2 StR 634/75, NJW 1976, 1698; Stree/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 28; Walter in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 259 Rn. 15 f.). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeklagte hier beim Weiterverkauf der vom Vortäter F. erworbenen Elektronikgegenstände noch im Einvernehmen mit dem Vortäter oder allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Denn eine Bestrafung des Absetzens als Hehlerei kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Hehler zuvor die Sache angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Das Absetzen ist dann, wenn der Hehler überhaupt noch im Einvernehmen mit dem Vortäter tätig wurde und „in dessen Lager“ (vgl. Fischer aaO Rn. 16) stand, als Nachtat mitbestraft (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1975 – 1 StR 228/75, NJW 1975, 2109 sowie Walter aaO Rn. 107).
- 11
- Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Landgericht rechtsfehlerhaft statt des „Ankaufens“ des Diebesgutes allein dessen „Absatz“ durch den Ange- klagten in den Blick genommen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die Elektronikgegenstände, die er im Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe zur Erzielung eines eigenen Gewinns verkaufte oder zumindest zum Verkauf anbot, zuvor vom Mitangeklagten F. angekauft hatte. Damit war der Ankauf der gestohlenen Elektronikgegenstände die für die Verurteilung des Angeklagten maßgebliche Hehlereihandlung im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB, nicht die spätere Verwertung der angekauften Waren.
- 12
- Es ist dem Senat – ungeachtet etwaiger Hinweispflichten aus § 265 StPO – verwehrt, den Schuldspruch als vom Ankauf der Elektronikgegenstände durch den Angeklagten getragen anzusehen. Denn das Urteil enthält keine ausreichenden Feststellungen dazu, wann und aufgrund wie vieler Ankäufe der Angeklagte sich die zum Weiterverkauf bestimmten Elektronikgegenstände verschafft hat. Erwirbt aber ein Hehler einheitlich mehrere aus einer oder verschiedenen Vortaten stammende Sachen, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 4 StR 64/05, NStZ-RR 2005, 236). Damit kann der Senat nicht entscheiden, in wie vielen Fällen der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB sich der Angeklagte strafbar gemacht hat. Auch fehlen Feststellungen zum Schuldumfang der jeweiligen Taten.
- 13
- b) Auch der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Zwar beschwert es den Angeklagten nicht, dass das Landgericht die sich über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erstreckenden Ankäufe von zehn aus Diebstählen stammenden Elektronikgeräten lediglich als eine Tat angesehen hat. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, durch welche Ankäufe der Angeklagte die zehn Gegenstände erworben hat. Damit bleibt auch offen, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen vom Angeklagten Gegenstände aus dem Tatkomplex III.1. der Urteilsgründe zusammen mit solchen aus dem Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe angekauft worden sind. Da sämtliche Elektronikgegenstände aus Diebstählen des Mitangeklagten F. bei der Firma C. stammten, liegt ein solcher gemeinsamer Ankauf mehrerer Gegenstände hier jedenfalls nicht fern. Der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann daher nicht isoliert bestehen bleiben. Das neue Tatgericht wird zu den Umständen des Ankaufs Feststellungen zu treffen haben.
- 14
- 2. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Ankauf der aus den Diebstählen des F. stammenden Elektronikgegenstände zu ermöglichen, hebt der Senat die bisherigen, zwar nicht fehlerhaften, aber jedenfalls lückenhaften Urteilsfeststellungen vollständig auf.
- 15
- 3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StGB der Umfang des Erlangten im Urteilstenor zu bezeichnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2013 – 1 StR 162/13, Rn. 100 ff., wistra 2014, 57). Raum Jäger Cirener Radtke Mosbacher
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der versuchten Hehlerei schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen sowie der nicht näher ausgeführten Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts bemühte sich der Angeklagte im Einverständnis mit dem Zeugen B. sowie in dessen Interesse selbständig um den Verkauf mehrerer Gemälde im Gesamtwert von mindestens 1,5 Mio. Euro. Diese waren Jahre zuvor von Unbekannten aus dem Atelier-Magazin des Malers entwendet und von B. in Kenntnis des Diebstahls entgegengenommen worden. Nach dem Tod des Malers hatte B. den Angeklagten damit beauftragt, einen Käufer für die Bilder zu suchen, und ihm dreizehn der Bilder überbracht. Der Angeklagte hielt es für möglich, dass es sich bei B. entgegen dessen Behauptung nicht um den Eigentümer der Bilder, sondern einen Hehler handelte. Dies war ihm aber vor allem wegen der versprochenen Provision in Höhe von 10 % des Verkaufserlöses gleichgültig. Im Rahmen seiner Bemühungen fertigte er Fotografien von den Werken und sprach verschiedene ihm bekannte Personen an, von denen er hoffte, dass sie ihm beim Verkauf dienlich sein könnten. Die Bemühungen des Angeklagten hatten keinen Erfolg.
- 3
- Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als (vollendete) Hehlerei durch Absetzen der von B. hehlerisch erworbenen Bilder gewürdigt. Es sei zwar zu keinem Verkauf gekommen. Dies sei jedoch nicht erforderlich ; vielmehr sei für die Vollendung das bloße Tätigwerden durch vorbereitende oder ausführende Tätigkeiten zum Zwecke des Absatzes ausreichend.
- 4
- II. Soweit sich die Revision gegen die Feststellungen des Landgerichts wendet, bleibt sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 5
- III. Der Schuldspruch hält indes materiellrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter Hehlerei in Form des Absetzens nicht. Diese setzt einen Absatzerfolg voraus. Bleiben die Absatzbemühungen ohne Erfolg, kommt nur eine Verurteilung wegen versuchter Hehlerei in Betracht.
- 6
- 1. Mit seiner abweichenden Würdigung befindet sich das Landgericht allerdings im Einklang mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung gründet auf mehrere Entscheidungen des Reichsgerichts. Dieses hat wiederholt die Auffassung vertreten, dass für die Absatzhilfe der Eintritt eines Absatzerfolges nicht erforderlich sei. Zur Begründung hat das Reichsgericht unter Hinweis auf die damalige Fassung des § 253 StGB, in der die Tathandlung - abweichend von der heutigen Fassung ("absetzt oder absetzen hilft") - mit "zu deren Absatze bei anderen mitwirkt" beschrieben war, betont , dass danach nicht die Mitbewirkung des Absatzes, sondern die Mitwirkung zum Absatz unter Strafe gestellt sei. Ein weiteres Argument für das Reichsgericht war die fehlende Strafbarkeit des Versuchs (RGSt 5, 241, 242 f.; RGSt 40, 199; RGSt 55, 58, 59; RGSt 56, 191 f.). An dieser Rechtsprechung hielt der Bundesgerichtshof - trotz der mit Wirkung vom 15. Juni 1943 erfolgten Einführung der Versuchsstrafbarkeit - fest (BGH, Urteile vom 24. Januar 1952 - 3 StR 927/51, BGHSt 2, 135, 136 und vom 7. Dezember 1954 - 2 StR 471/54, NJW 1955, 350, 351).
- 7
- Auch die am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Neufassung des § 259 StGB mit der noch heute gültigen Formulierung "absetzt oder absetzen hilft" durch Art. 19 Nr. 132 EGStGB führte zu keiner Rechtsprechungsänderung. Zwar entschied der 2. Strafsenat unter Bezugnahme auf den Wortlaut zunächst (Urteil vom 26. Mai 1976 - 2 StR 634/75, NJW 1976, 1698, 1699), dass die Tathandlung des Absetzens nur bei Eintritt eines Absatzerfolges vollendet sei. Diese Rechtsprechung gab er jedoch bereits wenige Monate später auf Anfrage des 4. Strafsenats wieder auf, der unter Verweis auf den "eindeutigen" Gesetzgeberwillen an der bisherigen Auslegung festhielt (Urteil vom 4. November 1976 - 4 StR 255/76, BGHSt 27, 45, 48 ff.).
- 8
- Eine Einschränkung dieser Rechtsprechung fand in der Folgezeit nur insoweit statt, als verlangt wurde, dass das Bemühen um Absatz geeignet sein müsse, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen , was bei einer Lieferung an einen verdeckten Ermittler bzw. an eine Vertrauensperson der Polizei nicht der Fall sei (BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - 1 StR 119/97, BGHSt 43, 110 sowie Beschluss vom 19. April 2000 - 5 StR 80/00, NStZ-RR 2000, 266).
- 9
- 2. An dieser ständigen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest.
- 10
- a) Für die Auslegung des Tatbestands der Hehlerei als Erfolgsdelikt auch in den Fällen des Absetzens und der Absatzhilfe spricht der Wortlaut der Vorschrift. Schon der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet zwischen dem erfolgreichen Absetzen und bloßen Absatzbemühungen. Im Verkehr unter Kaufleuten, aus dem der Begriff stammt, würde niemand davon sprechen, dass ein Händler Waren abgesetzt hat, wenn er sich nur vergeblich um den Verkauf bemüht hat. Von diesem Verständnis ging auch das Reichsgericht aus, das den Verzicht auf den im Absatzbegriff enthaltenen Erfolg - wie dargelegt - allein aus der Handlungsformulierung des Mitwirkens herleitete (RGSt 5, 241, 242 f.).
- 11
- b) Zudem führt die bisherige Auslegung zu einem systematischen Bruch zwischen den Tathandlungsalternativen des Absetzens und der Absatzhilfe einerseits sowie des Ankaufens und des sonstigen sich Verschaffens anderer- seits, wenn nur bei letzteren zur Vollendung - wie es einhelliger Auffassung entspricht - der Übergang der Verfügungsgewalt verlangt wird (vgl. Zieschang, Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter, 2002, 403, 409). Wie wenig sachgerecht dieser systematische Bruch ist, wird besonders deutlich beim Blick auf die Konsequenzen für die Absatzhilfe: Diese ist vor allem deshalb als eigenständige, täterschaftliche Tatbestandsalternative ausgestaltet, weil die Absatzbemühungen des Vortäters ihrerseits § 259 StGB nicht unterfallen, mithin keine taugliche Vortat darstellen können. Kommt jedoch dem Absatzhelfer im Vergleich zum Gehilfen des Ankäufers schon die zwingende Strafrahmenverschiebung des § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nicht zugute, sollte dies nicht noch dadurch verstärkt werden, dass ihm die Möglichkeit einer solchen nach § 23 Abs. 2 StGB zusätzlich genommen wird (so auch Küper, JuS 1979, 633, 635 f.).
- 12
- Dem Argument aus der systematischen Auslegung kann nicht überzeugend entgegengehalten werden, die einzelnen Stadien der auf Absatz zielenden Tätigkeiten - Vorbereitung, Versuch, Vollendung - seien anders als beim Sichverschaffen einer klaren Abgrenzung nicht zugänglich (vgl. hierzu Wessels /Hillenkamp, Strafrecht, BT 2, 35. Auflage, Rn. 864). Denn gerade durch das Erfordernis eines Absatzerfolges wird eine klare Grenze zwischen den Stadien vor und nach Vollendung geschaffen. Die bisherige Rechtsprechung lässt demgegenüber - systemwidrig - die Versuchsstrafbarkeit im Bereich des Absetzens und der Absatzhilfe weitestgehend leerlaufen. Ihr Anliegen ist es, befürchtete Strafbarkeitslücken zu vermeiden, die bei einem Abstellen auf einen Absatzerfolg entstehen könnten (so ausdrücklich Wessels/Hillenkamp, aaO), und die deswegen als besonders misslich angesehen werden, weil die Hehlerei in Form des Absetzens durch das Schaffen von Anreizen zur Begehung von (weiteren ) Diebstahlstaten als besonders gefährlich gelten müsse (in diese Richtung Rosenau, NStZ 1999, 352, 353). Solche Lücken entstehen indes nicht, weil, soweit der Täter zum Absetzen (oder der Absatzhilfe) unmittelbar angesetzt hat, die dann angemessene Versuchsstrafbarkeit zum Tragen kommt, und, sofern sie - etwa in Fällen des Rücktritts - entfällt, dies dem Willen des Gesetzes entspricht. Im Übrigen ist die Schließung von Strafbarkeitslücken nicht Sache der Rechtsprechung, sondern die der Gesetzgebung.
- 13
- c) Das Verständnis des Absetzens als Erfolgsdelikt verdient schließlich auch bei teleologischer Auslegung den Vorzug. Denn wenn das Wesen der Hehlerei in der Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage besteht, "die durch das Weiterschieben der durch die Vortat erlangten Sache im Einverständnis mit dem Vortäter erreicht wird" (BTDrucks. 7/550, S. 252, sogenannte Perpetuierungstheorie), liegt die Annahme von Vollendung fern, wenn diese Weiterschiebung noch nicht abgeschlossen ist (so auch Küper, aaO, 635). Dies stellt keinen Rückfall in das Verständnis der Hehlerei als Restitutionsvereitelungsdelikt dar (so aber Rosenau, aaO, 352 f.), sondern berücksichtigt, dass der Absetzende im Lager des Vortäters steht (Zieschang, aaO, 411).
- 14
- d) Der beabsichtigten Auslegung steht der Wille des Gesetzgebers nicht entgegen. Soweit es in der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum EGStGB vom 11. Mai 1973 heißt, die Änderung diene "nur der Klarstellung , dass Hehler auch derjenige ist, der die Sache zwar im Einverständnis mit dem Vortäter, aber sonst völlig selbständig auf dessen Rechnung absetzt" (BTDrucks. , aaO, S. 253), folgt daraus zwar, dass eine Änderung der Rechtslage mit der Neuformulierung nicht beabsichtigt war. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich , dass der Gesetzgeber die bisherige Auslegung durch die Rechtsprechung , die sich von Beginn an systematischer und teleologischer Kritik ausgesetzt sah, festschreiben wollte (vgl. Zieschang, aaO, 410).
- 15
- 3. Der Auffassung des Senats haben sich die anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs auf Anfrage unter Aufgabe entgegenstehender Rechtsprechung angeschlossen (1. Strafsenat: Beschluss vom 21. August 2013 - 1 ARs 6/13; 2. Strafsenat: Beschluss vom 15. August 2013 - 2 ARs 299/13; 4. Strafsenat: Beschluss vom 8. Oktober 2013 - 4 ARs 7/13; 5. Strafsenat: Beschluss vom 20. August 2013 - 5 ARs 34/13).
- 16
- 4. Da ausgeschlossen ist, dass in einer erneuten Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine vollendete Hehlerei in Form des Absetzens belegen, ändert der Senat den Schuldspruch in versuchte Hehlerei ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 17
- 5. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht unter Anwendung des nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens eine geringere Strafe verhängt hätte.
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.
(3) Der Versuch ist strafbar.