Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2014 - 1 StR 150/14

published on 07/05/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2014 - 1 StR 150/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 5 0 / 1 4
vom
7. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2014 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Amberg vom 26. November 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass auf Verfall des aus den Taten Erlangten nicht erkannt werden kann, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
1. Im Zeitraum vom 30. Juni 2011 bis zum 19. Dezember 2012 erwarb der Angeklagte von dem Mitangeklagten F. zehn Elektronikartikel, die dieser aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, darunter insbesondere Flachbildfernseher und Laptops. Der Angeklagte bezahlte für die Elektronikartikel, deren „strafbare Herkunft“ er billigend in Kauf nahm, ein Drittel bis ein Viertel des üblichen Verkaufspreises und wollte sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Der reguläre Verkaufspreis dieser Gegenstände betrug 7.770,96 Euro (Fall III.1. der Urteilsgründe

).


4
2. Der Angeklagte veräußerte weiterhin zu 30 in den Urteilsgründen näher bestimmten Zeitpunkten zwischen Sommer 2011 und Ende Dezember 2012 Elektronikgegenstände, die der Mitangeklagte F. ebenfalls aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, an verschiedene Abnehmer. Der Angeklagte wollte sich auch hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. In einigen Fällen blieb es allerdings bei einem erfolglosen Angebot an potentielle Erwerber.
5
Der Angeklagte hatte die Gegenstände, bei denen die Etiketten der Firma C. abgeschnitten bzw. abgekratzt worden waren, zuvor von dem Mitangeklagten F. für ein Drittel bis ein Viertel des Ladenverkaufspreises erworben. Für den Verkauf setzte der Angeklagte jeweils einen gegenüber seinem Erwerb bei F. um einen Aufschlag von mindestens 50 Euro erhöhten Verkaufspreis an, der die Hälfte des Warenwerts nicht überstieg (Fälle III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe).

II.

6
Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten als 31 in Tatmehrheit stehende Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB eingestuft. Es hat dabei ersichtlich die Tatbestandsvariante des „Absetzens“ in den Blick genommen; denn es führt aus, die Tatvollendung setze einen Absatzerfolg nicht voraus. Nach Auffassung des Landgerichts reichte daher zur Tatvollendung der Hehlerei das bloße Tätigwerden zum Zweck des Absatzes, auch wenn dieser hier in einigen Fällen nicht gelang.

III.

7
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
8
1. Der Schuldspruch in den Fällen III.1. und III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Unabhängig davon, dass ein vollendetes Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Absatzerfolg voraussetzt (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 69/13, NJW 2014, 951), der hier in einigen Fällen nicht eingetreten ist, begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei in der Tatbestandsvariante des Absetzens durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn der Angeklagte hatte die Waren zuvor vom Vortäter angekauft.
10
Unter Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist die im Einvernehmen mit dem Vortäter, im Übrigen aber selbständig vorgenommene wirtschaftliche Verwertung einer bemakelten Sache durch ihre rechtsgeschäftliche Weitergabe an gut- oder bösgläubige Dritte gegen Entgelt zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1976 – 2 StR 634/75, NJW 1976, 1698; Stree/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 28; Walter in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 259 Rn. 15 f.). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeklagte hier beim Weiterverkauf der vom Vortäter F. erworbenen Elektronikgegenstände noch im Einvernehmen mit dem Vortäter oder allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Denn eine Bestrafung des Absetzens als Hehlerei kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Hehler zuvor die Sache angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Das Absetzen ist dann, wenn der Hehler überhaupt noch im Einvernehmen mit dem Vortäter tätig wurde und „in dessen Lager“ (vgl. Fischer aaO Rn. 16) stand, als Nachtat mitbestraft (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1975 – 1 StR 228/75, NJW 1975, 2109 sowie Walter aaO Rn. 107).
11
Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Landgericht rechtsfehlerhaft statt des „Ankaufens“ des Diebesgutes allein dessen „Absatz“ durch den Ange- klagten in den Blick genommen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die Elektronikgegenstände, die er im Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe zur Erzielung eines eigenen Gewinns verkaufte oder zumindest zum Verkauf anbot, zuvor vom Mitangeklagten F. angekauft hatte. Damit war der Ankauf der gestohlenen Elektronikgegenstände die für die Verurteilung des Angeklagten maßgebliche Hehlereihandlung im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB, nicht die spätere Verwertung der angekauften Waren.
12
Es ist dem Senat – ungeachtet etwaiger Hinweispflichten aus § 265 StPO – verwehrt, den Schuldspruch als vom Ankauf der Elektronikgegenstände durch den Angeklagten getragen anzusehen. Denn das Urteil enthält keine ausreichenden Feststellungen dazu, wann und aufgrund wie vieler Ankäufe der Angeklagte sich die zum Weiterverkauf bestimmten Elektronikgegenstände verschafft hat. Erwirbt aber ein Hehler einheitlich mehrere aus einer oder verschiedenen Vortaten stammende Sachen, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 4 StR 64/05, NStZ-RR 2005, 236). Damit kann der Senat nicht entscheiden, in wie vielen Fällen der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB sich der Angeklagte strafbar gemacht hat. Auch fehlen Feststellungen zum Schuldumfang der jeweiligen Taten.
13
b) Auch der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Zwar beschwert es den Angeklagten nicht, dass das Landgericht die sich über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erstreckenden Ankäufe von zehn aus Diebstählen stammenden Elektronikgeräten lediglich als eine Tat angesehen hat. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, durch welche Ankäufe der Angeklagte die zehn Gegenstände erworben hat. Damit bleibt auch offen, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen vom Angeklagten Gegenstände aus dem Tatkomplex III.1. der Urteilsgründe zusammen mit solchen aus dem Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe angekauft worden sind. Da sämtliche Elektronikgegenstände aus Diebstählen des Mitangeklagten F. bei der Firma C. stammten, liegt ein solcher gemeinsamer Ankauf mehrerer Gegenstände hier jedenfalls nicht fern. Der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann daher nicht isoliert bestehen bleiben. Das neue Tatgericht wird zu den Umständen des Ankaufs Feststellungen zu treffen haben.
14
2. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Ankauf der aus den Diebstählen des F. stammenden Elektronikgegenstände zu ermöglichen, hebt der Senat die bisherigen, zwar nicht fehlerhaften, aber jedenfalls lückenhaften Urteilsfeststellungen vollständig auf.
15
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StGB der Umfang des Erlangten im Urteilstenor zu bezeichnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2013 – 1 StR 162/13, Rn. 100 ff., wistra 2014, 57). Raum Jäger Cirener Radtke Mosbacher
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14/03/2015 14:21

Eine Bestrafung des Absatzes als Hehlerei kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn der Hehler die Sache zuvor angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
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Annotations

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat,
begeht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) (weggefallen)

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.