vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 9 K 17.34564, 24.11.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Beweisanträge des Klägers abgelehnt und keine von ihm benannte Erkenntnisquelle herangezogen, hingegen in verfassungswidriger Weise eine Liste mit der Beklagtenpartei zuzurechnenden, demgemäß parteiischen Erkenntnisquellen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, ohne diese an den Kläger zu übersenden, macht er sinngemäß eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend, die nur zur Zulassung der Berufung führen kann, wenn sie mit einem nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG rügefähigen Verfahrensfehler einhergeht (Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 68 ff.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 78 Rn. 152). In Betracht kommt allein eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO). Insofern ist unschädlich, dass der Kläger keinen der in § 78 Abs. 3 AsylG normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen ausdrücklich benannt hat. Solange sich durch Auslegung eindeutig ermitteln lässt, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, ist den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG noch genügt (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – juris Rn. 13).

Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO besteht nach obergerichtlicher Rechtsprechung darin, jedem Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu dem gesamten, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5/17 D u.a. – juris Rn. 8 m.w.N.; Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 272, 274). Sie verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, jedoch nicht, ihnen in der Sache zu folgen (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 261). Ferner gebietet sie dem Gericht, formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisanträgen nachzugehen (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 355). Die Ablehnung eines Beweisantrags verletzt das rechtliche Gehör folglich nur dann, wenn sie im Prozessrecht objektiv keine Stütze findet (BVerwG, B.v. 17.6.2013 – 10 B 8.13 – juris Rn. 8 m.w.N.; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 32). Kommt das Verwaltungsgericht einem hilfsweise gestellten Beweisantrag bzw. Anregungen des Klägers zur Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung nicht nach, setzt eine Aufklärungsrüge regelmäßig die substantiierte Darlegung voraus, welche tatsächlichen Umstände aufklärungsbedürftig gewesen wären, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und erforderlich gewesen wären, weshalb sich die unterbliebene Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen oder auf welche Weise, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Aufklärungsmaßnahme hingewirkt worden ist, welches Ergebnis die Aufklärung voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 1 B 60.16 – juris Rn. 8; B.v. 19.8.2010 – 10 B 22.10 u.a. – juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist die prozessrechtliche Frage, ob das erstinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus zu beurteilen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 17.6.2013, a.a.O.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 48). Von vornherein nicht geeignet ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mit dem Ziel, eine – vermeintlich – fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhaltes einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 262).

Soweit sich der Zulassungsantrag gegen die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisanträge wendet, ist ein Verfahrensmangel gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG bereits nicht hinreichend dargelegt. Eine den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Darlegung eines Verfahrensfehlers erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 59, 74). „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105/92 – juris Rn. 3 m.w.N.). Aus der pauschalen Behauptung, das Verwaltungsgericht habe die Beweisanträge entgegen jeglicher rechtsstaatlicher Grundsätze abgelehnt, ergibt sich indes nicht, dass dies rechtsfehlerhaft geschehen ist.

Das Verwaltungsgericht hat die beantragte Einvernahme eines nicht im Dienst der Beklagten stehenden Sachverständigen sowie von zwei in der Ukraine wohnhaften Zeugen zum Beweis der Behauptungen, dass die Ukraine seit spätestens 2015 eine allgemeine Mobilmachung für den Bürgerkrieg im Lande durchführe, dass die im Rahmen dieser Mobilmachung Eingezogenen regelmäßig im Rahmen der sogenannten ATO gegen die Bürger ihres eigenen Landes eingesetzt würden, dass die Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung in der Ukraine sehr eingeschränkt sei und nicht religiöse Gewissensgründe ausgeschlossen seien, dass das ukrainische Strafgesetzbuch die Kriegsdienstverweigerung unter erhebliche Strafen stelle und dass bei Befehlsverweigerung von Einberufenen im schlimmsten Fall sogar die standrechtliche Erschießung drohe, nicht „einfach als unglaubwürdig abgebügelt“, sondern gemäß § 86 Abs. 2 VwGO durch Gerichtsbeschluss als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Dazu hat es in den Urteilsgründen weiter ausgeführt, dass dem Kläger kein Einberufungsbefehl zugestellt worden sei. Er habe lediglich vorgetragen, die Entgegennahme einer Aufforderung, sich einer Tauglichkeitsuntersuchung zu unterziehen, zurückgewiesen zu haben. Ferner seien die Anträge auf Einvernahme der Zeugen unsubstantiiert und verspätet (§ 87b Abs. 3 VwGO). In den gemäß § 77 Abs. 2 AsylG in Bezug genommenen Bescheidsgründen und den Urteilsgründen ist dargelegt, dass die letzte Mobilisierungswelle Ende Oktober 2016 abgeschlossen worden ist, seither verstärkt Berufssoldaten in die Armee aufgenommen werden und das erste Beweisthema damit überholt sei. Der Kläger habe nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Einberufung zu rechnen. Da er nicht einberufen worden sei, drohe ihm bei einer Rückkehr auch keine Bestrafung.

Ob ein Beweisantrag entscheidungserheblich ist, ist im Rahmen der konkreten Verfahrenssituation und auf der Grundlage des einfachen Rechts zu beurteilen (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015, a.a.O.).

Nachdem das Verwaltungsgericht mit der aktuellen Rechtsprechung des Senats von einer seit Herbst 2016 beendeten Mobilisierung von Wehrdienstleistenden in der Ukraine und davon ausgegangen ist, dass auch eine zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst nur unter bestimmten, in der Ukraine derzeit nicht gegebenen Voraussetzungen asylrechtlich relevant wäre, ist die gerichtliche Annahme, dass eine Beweiserhebung zu einer „seit spätestens 2015“ durchgeführten allgemeinen Mobilmachung und der Möglichkeit einer Wehrdienstverweigerung nicht entscheidungserheblich sei, nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat das Gericht mit dem Bundesamt die Auffassung des Klägers geteilt, dass er den Wehrdienst nur unter Berufung auf die religiöse Überzeugung und eine entsprechende Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Gemeinschaft verweigern könnte (vgl. Bescheid vom 15.8.2017, S. 6). Aus den vorgenannten Gründen und im Hinblick auf eine bisher nicht erfolgte Einberufung des Klägers sowie seine vom Verwaltungsgericht auch für nicht hinreichend wahrscheinlich erachtete Einberufung war auch eine Beweiserhebung zu voraussichtlichen Einsatzorten, den Folgen einer Befehlsverweigerung und zum Maß einer Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen ist die Wertung, ob es sich bei den für die Wehrdienstentziehung im ukrainischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen um „erhebliche“ Strafen handelt, eines Tatsachenbeweises bereits nicht zugänglich. Schließlich durfte die Einvernehmung der in der Ukraine lebenden Zeugen auch als unsubstantiiert abgelehnt werden, weil der Kläger nicht darlegt hat, welche Wahrnehmungen die Zeugen in Bezug auf das Beweisthema selbst gemacht haben sollen. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung muss bei einem Beweisantrag zur Vernehmung eines (sachverständigen) Zeugen in nachvollziehbarer Weise dargelegt werden, weshalb die betreffende Person Kenntnis von der in ihr Wissen gestellten Tatsache haben kann und welche rechtlich erheblichen Bekundungen über ihre konkreten Wahrnehmungen zu erwarten sind (vgl. BVerwG, B.v. 29.6.2001 – 1 B 131/00 – juris Rn. 7; B.v. 27.3.2000 – 9 B 518/99 – InfAuslR 2000, 412 = juris Rn. 11; BGH, B.v. 3.11.2010 – 1 StR 497/10 – juris Rn. 11 ff.; BSG, B.v. 10.5.2017 – B 9 V 75/16 B – juris Rn. 12; Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 27). Darauf, ob in der Ukraine ansässige Personen überhaupt geeignete Beweismittel sein können (verneint durch BayVGH, B.v. 8.12.2017 – 11 ZB 17.31712 – juris Rn. 6 m.w.N.) oder ob die Voraussetzungen einer Präklusion gemäß § 87b Abs. 3 VwGO vorgelegen haben, kommt es somit nicht mehr an.

Der Zulassungsantrag führt auch nicht zum Erfolg, soweit er sich gegen die Auswahl und Einführung der der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisse, insbesondere wegen der Beteiligtenstellung der Bundesrepublik Deutschland, richtet. Ungeachtet der nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Darlegung, die sich weder mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 4 f. der Urteilsgründe auseinandersetzt noch Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der in das Klageverfahren eingeführten Erkenntnisse nennt, hat das Verwaltungsgericht hierdurch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt.

Nach § 86 Abs. 1 VwGO gilt, dass das Gericht bei der Erforschung des Sachverhalts nicht an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten gebunden ist. Es bestimmt daher grundsätzlich den Umfang der Beweisaufnahme und die Art der Beweismittel nach seinem Ermessen (BVerwG, B.v. 13.9.1988 – 1 B 22.88 – NVwZ 1989, 67 = juris Rn. 8; Dawin in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017 § 86 Rn. 84 f.). Welche Beweiserhebungen es für seine Entscheidung im Einzelfall für erforderlich hält, richtet sich – ausgehend von seiner Rechtsauffassung – nach den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, B.v. 30.12.1997 – 11 B 3.97 – NVwZ 1998, 634 = juris Rn. 19). Dabei kann es sich auch auf im Rahmen von § 99 VwGO erteilte Auskünfte und gutachtliche Stellungnahmen von Behörden stützen (BVerwG, a.a.O., m.w.N.).

Allgemein anerkannt ist, dass es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs regelmäßig genügt, Erkenntnismittel im Wege der Übersendung einer – wie hier – Datum, Autor und Thema bezeichnenden Liste in das Verfahren einzuführen, ohne dass jene selbst mitübersandt werden, sofern die Möglichkeit der Einsichtnahme bei Gericht besteht, und ohne dass das Gericht verpflichtet wäre mitzuteilen, welche Erkenntnismittel es im Einzelnen seiner Entscheidung zugrunde legen wird (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 333 ff., 344 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.7.2006 – 8 ZB 06.30606 – juris Rn. 7 ff.; B.v. 24.9.2002 – 15 ZB 99.31675 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 18.9.2017 – A 11 S 2067.17 – juris Rn. 19 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 1.6.2010 – A 5 A 236.08 – juris Rn. 7).

Weiter entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass Auskünfte des Auswärtigen Amts in Asylsachen, auch wenn ihr Inhalt in einer gutachtlichen Äußerung besteht, zulässige selbstständige Beweismittel sind, die ohne förmliches Beweisverfahren verwertet werden können (BVerwG, B.v. 14.10.2013 – 10 B 20/13 – juris Rn. 4; B.v. 18.5.1999 – 9 B 256/99 – juris Rn. 2 m.w.N.; Berlit, GK-AsylG, § 78 Rn. 400; Marx, AsylG, vor § 78 Rn. 32). Die Verwaltungsgerichte sind sogar gehalten, sich auf der Grundlage des jeweils aktuellsten Lageberichts ein Bild über die politischen Verhältnisse im Herkunftsland zu machen (BVerwG, B.v. 17.12.2007 – 10 B 92.07 – juris Rn. 1; B.v. 9.5.2003 – 1 B 217.02 – InfAuslR 2003, 359 = juris Rn. 2). Daraus, dass die ein Gutachten oder eine Auskunft erstellende Behörde demselben Rechtsträger angehört wie der Beklagte, ergibt sich kein Ablehnungsgrund im Sinne von § 54 Abs. 2, § 98 VwGO i.V.m. § 406 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 ZPO (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1991 – 8 C 11/90 – NVwZ-RR 1992, 311 = juris Rn. 10 ff.). Die immer vorhandene Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland als Partei im Asylrechtsstreit macht die Auskünfte des Auswärtigen Amts weder schlechthin zu untauglichen oder unzuverlässigen Beweismitteln noch stellt sie einen fallbezogenen Anhaltspunkt für eine mögliche Unrichtigkeit der Auskunft dar (NdsOVG, B.v. 27.8.2001 – 1 LA 1100.01 – juris Rn. 7). Vielmehr hat ein Gericht den Inhalt und das Gewicht der Auskünfte anhand anderer Erkenntnisquellen erst dann nachzuprüfen, wenn ihre Richtigkeit fallbezogen und hinreichend konkretisiert in Zweifel gezogen wird (vgl. BVerwG, B.v. 18.2.1983 – 9 B 3597.82 – DÖV 1983, 647 = juris Rn. 2; Berlit, a.a.O. Rn. 400, 403 m.w.N. aus der Rspr), was im Klageverfahren nicht geschehen ist.

Schließlich entscheidet das Verwaltungsgericht gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO nach seinem tatrichterlichen Ermessen, ob es weitere Auskünfte oder Gutachten einholt, wenn zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vorliegen (BVerwG, B.v. 4.3.2015 – 1 B 9.15 – juris Rn. 4; B.v. 24.3.2000 – 9 B 530.99 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO Nr. 308 = juris Rn. 13). Nach § 412 Abs. 1 ZPO kann das Gericht eine weitere Begutachtung anordnen, wenn es die vorliegenden Auskünfte oder Gutachten für ungenügend erachtet. Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen (stRspr BVerwG, U.v. 15.7.2016 – 9 C 3.16 – juris Rn. 26 m.w.N.). Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen, Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (BVerwG, a.a.O., m.w.N.). Dafür, dass die im Fall des Klägers thematisch einschlägigen, in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ungenügend oder ungeeignet sind, hat der Klägerbevollmächtigte aber weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Zulassungsantrag ansatzweise Anhaltspunkte mitgeteilt.

Dahinstehen kann, ob die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass es die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisse nicht verwertet hat, weil es zur Begründung seiner Entscheidung auf das – allerdings nicht in der Erkenntnismittelliste aufgeführte – Urteil des Senats vom 24. August 2017 (11 B 17.30392 – juris) Bezug genommen habe, oder ob es hierdurch nicht doch mittelbar die dort verwendeten Erkenntnismittel verwertet hat (vgl. Berlit in GK-AsylG, § 78 Rn. 325, 341 m.w.N.) mit der Folge, dass das Urteil in der Erkenntnismittelliste hätte aufgeführt werden müssen (vgl. VGH BW, B.v. 18.8.2017 – A 11 S 1740/17 – juris Rn. 19). Abgesehen davon, dass der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amts vom Februar 2017, die Auskunft des Auswärtigen Amts vom 24. Mai 2017, der Bericht des österreichischen Amts für Fremdenwesen und Asyl vom Mai 2017 und der Länderbericht des US-State Departments für das Jahr 2015, auf die die Entscheidung des Senats im Wesentlichen gestützt ist, und der in der Klageschrift angeführte Bericht der Connection e.V. vom März 2015 in der dem Klägerbevollmächtigten rund einen Monat vor der mündlichen Verhandlung übersandten Erkenntnismittelliste enthalten sind, wird dies mit dem Zulassungsvorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG beschränkt ist, nicht gerügt. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht das Urteil des Senats vom 24. August 2017 bereits in seinem Gerichtsbescheid vom 28. September 2017 zitiert. Es war den Verfahrensbeteiligten somit bekannt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 99


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

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(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 78


(1) Die Klage ist zu richten 1. gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,2

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 54


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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
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2.
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3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft das Verwaltungsprozessrecht und richtet sich gegen die Verwerfung eines Antrags auf Zulassung der Berufung als unzulässig.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin wandte sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Ausbildungsförderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für zwei jeweils ein Jahr umfassende Bewilligungszeiträume. Die Aufhebung der entsprechenden Bewilligungsbescheide war erfolgt, weil sich im Zeitpunkt der erstmaligen, mündlichen Antragstellung auf einem Konto der Beschwerdeführerin weiteres Vermögen in Höhe von 15.000 Euro befunden hatte, das die Beschwerdeführerin weder bei der mündlichen Antragstellung noch bei der etwa drei Wochen später erfolgten förmlichen Antragstellung unter Verwendung eines entsprechenden Formulars angegeben hatte und das nach Auffassung der zuständigen Behörde die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin im ersten Bewilligungszeitraum ganz und im zweiten Bewilligungszeitraum überwiegend entfallen ließ.

3

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ohne Zulassung der Berufung ab und legte der Beschwerdeführerin die außergerichtlichen Kosten der durch einen Rechtsanwalt vertretenen beklagten Behörde auf. Den Einwand der Beschwerdeführerin, bei den 15.000 Euro habe es sich in der Sache um Vermögen ihrer Eltern gehandelt, die das Geld auf ihren Namen angelegt und das entsprechende Konto verwaltet hätten, um es so vor dem Zugriff ihrer Gläubiger im Falle des Scheiterns ihrer selbstständigen Tätigkeit zu schützen, hielt das Verwaltungsgericht für nicht durchgreifend. Vielmehr kam es nach Einvernahme der Eltern als Zeugen und unter Würdigung der eigenen Angaben der Beschwerdeführerin zu der Überzeugung, die Beschwerdeführerin sei weder aus rechtlichen Gründen an der Verwertung des betreffenden Geldvermögens gehindert noch aufgrund eines Treuhandvertrages einem Herausgabeanspruch ihrer Eltern ausgesetzt gewesen. Das Vermögen war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts der Beschwerdeführerin auch weiterhin zuzurechnen, obwohl sie den Geldbetrag nach der mündlichen Antragstellung ihren Eltern überwiesen hatte, weil die Vermögensverfügung im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck stehe.

4

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machte die Beschwerdeführerin, vertreten durch einen Rechtsanwalt, diverse Einwände gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend, ohne allerdings die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO zu erwähnen. Unter anderem trug sie vor, das Urteil setze sich nicht mit ihren Einwänden auseinander, es berücksichtige die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend, das Gericht hätte im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht das Bestehen eines Treuhandverhältnisses prüfen müssen und hätte auch nicht die besondere Art des Kontos berücksichtigt, zumal ein solchermaßen geführtes Treuhandkonto noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen sei.

5

Das Oberverwaltungsgerichts verwarf den Antrag unter Belastung der Beschwerdeführerin mit den außergerichtlichen Kosten der beklagten Behörde im Berufungszulassungsverfahren mit der Begründung als unzulässig, die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, auf welchen der gesetzlichen Zulassungsgründe der Zulassungsantrag gestützt werden solle. Es sei unklar, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen zur Begründung des Zulassungsantrags möglicherweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts, besondere Schwierigkeiten der Rechtssache, eine Divergenz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu den von ihr genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts oder einen Verfahrensmangel geltend machen wolle und welches Vorbringen dem jeweiligen Zulassungsgrund zuzuordnen wäre. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, das Vorbringen der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin den möglicherweise in Betracht kommenden Zulassungsgründen zuzuordnen. Greife der Kläger lediglich inhaltlich in der Art einer Berufungsbegründungsschrift die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung an, so sei es ausgeschlossen, dieses Vorbringen ohne weiteres dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen, da andernfalls die mit dem Zulassungsverfahren verbundenen Darlegungserfordernisse ins Leere liefen.

6

2. Mit ihrer ausschließlich gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, das Oberverwaltungsgericht habe die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung zu erreichen, in nicht mehr vertretbarer Weise erschwert und deshalb Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Ihr Vorbringen hätte zumindest dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet werden müssen. Die Anrechnung der 15.000 Euro als Vermögen der Beschwerdeführerin verstoße zudem gegen Art. 6 GG. Schließlich sehe sie sich auch dadurch in ihrem Justizgewährleistungsanspruch verletzt, dass die Beklagte einen Rechtsanwalt beauftragt habe und ihr diese Kosten auferlegt worden seien.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, denn die von ihr aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerfGE 74, 228 <234>; 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 96, 27 <39>). Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, denn sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet, und hat daher keine Aussicht auf Erfolg. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist deshalb entsprechend § 114 Satz 1 ZPO wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen.

8

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 6 GG geltend macht und sich gegen die Auferlegung außergerichtlicher Kosten wendet, ist die Verfassungsbeschwerde mangels einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig. Was die Belastung mit den außergerichtlichen Kosten der beklagten Behörde betrifft, hat sich die Beschwerdeführerin nicht mit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts auseinander gesetzt, wonach die Frage, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Beklagte notwendig war, nicht im Rahmen der Kostengrundentscheidung, sondern nach § 162 Abs. 1 VwGO bei der Festsetzung der Höhe der Kosten zu prüfen ist. Vor diesem Hintergrund leuchtet es nicht ein, warum die Beschwerdeführerin durch die Kostengrundentscheidung im Hinblick auf die Rechtsanwaltskosten der Beklagten beschwert sein soll.

9

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Die Beschwerdeführerin ist nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

10

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <231>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 92, 365 <410>; 104, 220 <231>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber mehrere Instanzen, so darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 84, 366 <369 f.>; 104, 220 <231 f.>). Das bedeutet für die Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO, dass die Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags nicht überspannt werden dürfen, so dass die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leer läuft (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalts mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 10; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Juni 2005 - 1 BvR 2615/04 -, juris, Rn. 17).

11

b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen ist das Oberverwaltungsgericht gerecht geworden.

12

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat die Anforderung an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht dadurch überspannt, dass es in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 4 S 588/00 -, juris, Rn. 4 ff.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 19 ZB 09.7 -, juris, Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 6 AD 2/08 -, juris, Rn. 2 f.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 1 L 122/08 -, juris, Rn. 3 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 124 Rn. 49; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 188) für erforderlich gehalten hat, dass das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags zumindest der Sache nach eindeutig einem oder mehreren Zulassungsgründen zuzuordnen ist. Die abschließende Aufzählung von Zulassungsgründen in § 124 Abs. 2 VwGO legt es nahe, dies als Mindestvoraussetzung für eine den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechende Darlegung zu verlangen (zur Verfassungsmäßigkeit von § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 11 f.).

13

Für eine den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe ist zwar nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich eine der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Ziffern oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt. Ebenso ist es unschädlich, wenn der Antragsteller sein Vorbringen dem falschen Berufungszulassungsgrund zuordnet oder verschiedene Gesichtspunkte, die bei unterschiedlichen Zulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO relevant sein können, miteinander vermengt. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet das Oberverwaltungsgericht vielmehr dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und durch sachgerechte Auslegung selbstständig zu ermitteln, welche Zulassungsgründe der Sache nach geltend gemacht werden und welche Einwände welchen Zulassungsgründen zuzuordnen sind (vgl. insoweit auch BVerfGK 5, 369 <375 f.>). Wenn aber aus einer nicht auf einzelne Zulassungsgründe zugeschnittenen Begründung auch durch Auslegung nicht eindeutig ermittelt werden kann, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird, stellt die Verwerfung des Antrags als unzulässig keine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz dar. Auch einem durchschnittlichen, nicht auf das Verwaltungsprozessrecht spezialisierten Rechtsanwalts ist es zumutbar, durch einen hinreichend strukturierten Vortrag zumindest der Sache nach deutlich zu machen, welcher gesetzlich normierte Zulassungsgrund geltend gemacht wird.

14

bb) Das Oberverwaltungsgericht war nicht aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, das Vorbringen der Beschwerdeführerin durch Auslegung zumindest dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen. Es kann dahinstehen, ob die im Ansatz auch vom Oberverwaltungsgericht vertretene Auffassung, wonach eine entsprechende Auslegung im Hinblick auf die gesetzessystematische Unterscheidung zwischen der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und der Begründung der Berufung (§ 124a Abs. 3, Abs. 6 VwGO) grundsätzlich nicht in Betracht kommen soll, wenn der Antragsteller in der Art einer Berufungsbegründungsschrift die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils angreift (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 19 ZB 09.7 -, juris, Rn. 4; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 1 L 122/08 -, juris, Rn. 4; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 4 S. 588/00 -, juris, Rn. 4 ff.; kritisch Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124a Rn. 90 ), mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist. In jedem Fall ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall für unklar gehalten hat, welchen Zulassungsgrund die Beschwerdeführerin geltend machen und ob sie sich insbesondere auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stützen wollte. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin waren überhaupt nicht auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO ausgerichtet. Eine Darlegung der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. dazu BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris, Rn. 16 m.w.N.) war nicht hinreichend klar erkennbar. Die Beschwerdeführerin hat weder hinreichend deutlich tragende Rechtssätze des Verwaltungsgerichts, gegen die sie sich wenden wollte, herausgearbeitet, noch hinreichend konkretisiert, welche Tatsachenfeststellung sie angreift.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt.

2

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer im Ergebnis nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.

3

a) Allerdings liegt der Verwerfung der Gehörsrüge als unzulässig durch den angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts vom 12. Juli 2013 eine fehlerhafte Rechtsanwendung des § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugrunde. Entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts war gegen den die Berufung als unbegründet zurückweisenden Beschluss vom 13. Mai 2013 die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) nicht eröffnet, weil die durch das Berufungsgericht auf 2.535,39 € festgesetzte Beschwer die für Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundesgerichtshof geltende Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO von 20.000 € nicht überschritt, für eine relevante Fehlerhaftigkeit dieser Festsetzung nichts ersichtlich ist und eine Nichtzulassungsbeschwerde deshalb offensichtlich unzulässig gewesen wäre. In dieser unvertretbaren Behandlung der Anhörungsrüge als unzulässig liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da der Beschwerdeführer infolgedessen entgegen der Gewährleistung des Art. 103 Abs. 1 GG mit seiner Anhörungsrüge nicht substantiell beim Oberlandesgericht ankam (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. März 2007 - 1 BvR 2748/06 -, NJW 2007, S. 2241 <2242>).

4

b) Die angegriffene Entscheidung beruht jedoch nicht auf dieser Verfassungsrechtsverletzung, denn auch bei zutreffender Bewertung der Zulässigkeit des Rechtsmittels wäre das Verfahren mangels Gehörsverletzung im vorangegangenen Vollstreckungsabwehrklageverfahren nicht nach § 321a Abs. 5 ZPO fortzuführen gewesen. Hier wäre es reine Förmelei, von Verfassungs wegen die Fortführung des Verfahrens zu verlangen, obwohl sich das Gericht schon unter Berücksichtigung des Vortrags des Beschwerdeführers eine abschließende Überzeugung gebildet hat und klar ist, dass eine für den Beteiligten günstigere Lösung ausgeschlossen ist, also die Entscheidung nicht auf der Gehörsverletzung beruht. Etwas anderes würde nur gelten, wenn im vorausgegangenen Vollstreckungsabwehrklageverfahren ein weiterer, nicht geheilter Gehörsverstoß - etwa durch Übergehen von erheblichem Vortrag oder Beweisangeboten - vorgelegen hätte (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 -, juris, Rn. 27). Dies ist hier nicht der Fall.

5

aa) Wann ein Beweisantrag entscheidungserheblich ist, ist prinzipiell von den Fachgerichten im Rahmen der konkreten Verfahrenssituation und auf der Grundlage des einfachen Rechts zu beurteilen. Die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen wird erst dann überschritten, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2006 - 2 BvR 194/05 -, juris, Rn. 22). Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>).

6

bb) Sowohl das Urteil des Landgerichts vom 18. Januar 2013 als auch der die Berufung des Beschwerdeführers zurückweisende Beschluss des Oberlan-desgerichts vom 13. Mai 2013 haben sich mit der wesentlichen Argumentation des Beschwerdeführers, bei den im Kostenfestsetzungsverfahren ergangenen Beschlüssen des Landgerichts vom 1. August 2011 beziehungsweise des Oberlandesgerichts vom 12. Januar 2012 festgesetzten Beträgen handele es sich um zusätzliche Erstattungsbeträge zum Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23. Mai 2011, in tatsächlicher und rechtlicher Sicht auseinandergesetzt.

7

Angesichts des nur sehr knappen Wortlauts der Beschlussformel der Beschwerdeentscheidung vom 12. Januar 2012 und des ebenso knappen, vor allem aber nicht eindeutigen Tenors der (Teil-)Abhilfeentscheidung vom 1. August 2011, insbesondere des Fehlens eines Hinweises auf das Verhältnis zur ursprünglichen Kostenentscheidung, liegt eine Auslegung, wie sie das Landgericht im angegriffenen Urteil und das Oberlandesgericht im angegriffenen Berufungszurückweisungsbeschluss vorgenommen haben, jedenfalls nicht völlig fern und entbehrt nicht jeder sachlichen Grundlage. Ob ein Verständnis der Kostenentscheidungen im Sinne des Beschwerdeführers, dass gerade auch vor dem Hintergrund des durch ihn geführten Beschwerdeverfahrens durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 12. Januar 2012 nur weitere ihm zu erstattende Kosten festgesetzt worden seien, näher gelegen hätte, kann dahin stehen, denn selbst bei Annahme einer rechtlichen Fehlbeurteilung durch die angegriffenen Entscheidungen wäre spezifisches Verfassungsrecht nicht verletzt.

8

cc) Auch die Ablehnung der Beweisanträge des Beschwerdeführers entbehrt nicht jeder prozessrechtlichen Grundlage.

9

(1) Einem erheblichen Beweisangebot ist nach den Bestimmungen des Zivilprozessrechts dann nicht nachzukommen, wenn das angebotene Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse erbringen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1992 - 2 BvR 1179/91 -, NJW 1993, S. 254 <255>; Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 284 Rn. 8b, 10a). Beweisbedürftig sind nach allgemeinen zivilprozessualen Regeln aber nur Tatsachenbehauptungen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, Vorbem. § 284 Rn. 1), sodass bei bloßen Rechtsbehauptungen eine Zurückweisung aufgrund fehlender Beweisbedürftigkeit erfolgen kann (vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 284 Rn. 8b, 10).

10

(2) Die angegriffenen Entscheidungen stützen sich auf die vertretbare Ansicht, für die entscheidungserhebliche Frage, was der Beschwerdeführer vollstrecken könne, sei der Tenor der Kostenbeschlüsse auszulegen. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung ist die Ablehnung der Zeugenvernehmung wie auch die Beiziehung der Akten des Kostenfestsetzungsverfahrens sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden. Bei der Auslegung eines Tenors handelt es sich um eine Rechtsfrage, für die es nicht auf die subjektive Absicht der an der Festsetzung mitwirkenden Beteiligten ankommt.

11

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

12

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 497/10
vom
3. November 2010
in der Strafsache
gegen
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Bedarf es der Darlegung der Konnexität, so hat der Antragsteller
die Tatsachen, die diese begründen sollen, bestimmt
zu behaupten.
BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10 - LG
Mosbach
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2010 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mosbach vom 27. Mai 2010 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 2. September 2010 dargelegten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der ergänzenden Erörterung bedarf allein die neben der ausgeführten Sachrüge erhobene Verfahrensrüge , das Landgericht habe § 244 Abs. 3 StPO verletzt.
2
1. Dieses hat aufgrund der eintägigen Hauptverhandlung festgestellt, der inhaftierte Angeklagte habe den Mitinsassen S. durch mehrere Schläge gegen die Brust und durch die Drohung, ihm anderenfalls mit einer Billardkugel auf den Kopf zu schlagen, dazu gebracht, ihm einen Teil der von diesem gekauften Lebensmittel auszuhändigen, ohne dass der Angeklagte hierauf einen Anspruch gehabt hätte. Seine diesbezügliche Überzeugung hat es insbesondere auf die Angaben des als Zeugen gehörten S. sowie auf den Inhalt eines von diesem an seine Eltern gerichteten, im Rahmen der Postkontrolle sichergestellten Briefes gestützt, in dem er die Tat schildert.
3
2. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Im Rahmen seines Plädoyers stellte der Verteidiger „für den Fall, dass das Gericht den Angeklagten wegen … schwerer räuberischer Erpressung verurteilen möchte“, den Antrag, S. s Mutter als Zeugin zu hören zum Beweis der Tatsache, dass dieser ihr gegenüber „nach Abfassen des Briefes geschildert hat, dass er dem Angeklagten die Sachen freiwillig gegeben hat als Gegenleistung für Tabak und von anderen ´abgezockt` wurde“. In der Antragsbegründung heißt es, es sei „davon auszugehen, dass der Zeuge“ S. „von seiner Mutter bei dem nächsten Besuch nach dem Brief auf die Vorgänge angesprochen wurde und diese wie“ - nach den Feststellungen des Landgerichts zunächst durch den Angeklagten eingeschüchtert - „in der Hauptverhandlung geschildert“, d.h. sinngemäß angegeben hat, er hätte dem Angeklagten die Lebensmittel auch ohne Auseinandersetzung, also freiwillig gegeben. Die dem Verteidiger seitens der Strafkammer daraufhin gestellte Frage, ob ihm „nähere Informationen vorliegen, dass ein derartiges Gespräch zwischen dem Geschädigten und seiner Mutter stattgefunden hat“, wurde von diesem verneint. Diesbezüglich wurde - von der Revision nicht vorgetragen - im Hauptverhandlungsprotokoll folgendes protokolliert : „Auf Frage erklärte der Verteidiger, er wisse nicht, ob und was der Zeuge S. mit seiner Mutter gesprochen habe. Sein Hilfsbeweisantrag beruhe insoweit allein auf einer Vermutung“. Das Landgericht hat in seinem Urteil ausgeführt , „die Beweistatsache“ sei „demnach aufs Geratewohl behauptet, so dass nur ein Beweisermittlungsantrag vorliegt, dem nachzukommen die Aufklärungspflicht nicht geboten hat“.
4
3. Der Verfahrensrüge bleibt der Erfolg versagt.
5
a) Der Senat hat bereits erhebliche Bedenken, ob die Rüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Denn nach dieser Bestimmung sind die Verfahrenstatsachen so vollständig und aus sich heraus verständlich anzugeben, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber - unter der Voraussetzung der Erweisbarkeit - endgültig zu entscheiden (BGH, Urteil vom 30. April 1999 - 3 StR 215/98, NStZ 1999, 396, 399 mwN). Hierzu hätte vorliegend die - wie dargelegt unterbliebene - Mitteilung gehört, dass das zwischen der Strafkammer und dem Verteidiger geführte Gespräch über dessen mögliche Erkenntnisse hinsichtlich der behaupteten Angaben des Zeugen S. seiner Mutter gegenüber einen - wie sich dem Hauptverhandlungsprotokoll entnehmen lässt - weitergehenden Inhalt gehabt hat, als ihn die Revision vorgetragen hat. Dieser lässt sich auch den ergänzend heranzuziehenden Urteilsgründen nicht vollständig entnehmen. Die Frage der Zulässigkeit kann jedoch offen bleiben, da die Verfahrensrüge jedenfalls unbegründet ist.
6
b) Denn die Verfahrensweise des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand, weil es den Antrag im Ergebnis zutreffend nicht als Beweisantrag angesehen hat. Der Senat lässt allerdings offen, ob das Landgericht den Antrag zu Recht als „aufs Geratewohl“ gestellt bewertet hat (aa). Denn jedenfalls handelte es sich deshalb lediglich um einen Beweisermittlungsantrag, weil die für einen Beweisantrag notwendige Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel nicht hinreichend bestimmt behauptet worden ist (bb).
7
aa) Allerdings muss einem Beweisbegehren nach bisheriger Rechtsprechung nicht (oder nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht) nachgegangen werden, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl, d.h. „ins Blaue hinein“ aufgestellt wird, so dass es sich in Wahrheit nur um einen nicht ernst gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handelt. Ob es sich um einen solchen handelt, ist aus der Sicht eines "verständigen" Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen zu beurteilen (zusammenfassend BGH, Beschluss vom 12. März 2008 - 2 StR 549/07, NStZ 2008, 474 mwN; s. auch BGH, Urteil vom 12. Juni 1997 - 5 StR 58/97, NJW 1997, 2762, 2764; BGH, Beschluss vom 5. März 2003 - 2 StR 405/02, NStZ 2003, 497).
8
Was den insofern geltenden Maßstab angeht, soll einerseits von einer "ins Blaue hinein" aufgestellten Beweisbehauptung nicht schon dann gesprochen werden können, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache objektiv ungewöhnlich oder unwahrscheinlich erscheint oder andere Möglichkeiten näher gelegen hätten (BGH, Beschluss vom 12. März 2008 - 2 StR 549/07, NStZ 2008, 474). Andererseits soll bei Sachverhalten, in denen keine sachlichen Anhaltspunkte dafür bestehen, eine sich aufdrängende Tatsache in Frage zu stellen, auf eine strenge Einhaltung der Anforderungen an einen Beweisantrag zum Zweck der Abgrenzung von sog. Pseudobehauptungen oder von „ins Blaue hinein“ bzw. aufs Geratewohl angestellten Vermutungen nicht verzichtet werden können (BGH, Urteil vom 14. April 1999 - 3 StR 22/99, NJW 1999, 2683, 2684).
9
Hieran gemessen hat der Senat Zweifel, ob den von der Revision (erstmals mit ihrer Begründungsschrift) vorgebrachten, nach ihrer Auffassung für die aufgestellte Vermutung „ausreichenden Anhaltspunkte“ ein hinreichendes Gewicht zukommt, nämlich der Mitinhaftierte S. sei zum Zeitpunkt des Verfassens des Briefes 19 Jahre alt gewesen, aus diesem ergebe sich ein gutes Verhältnis zu der als Zeugin benannten Mutter, diese wohne ca. 180 Straßenkilometer von der Justizvollzugsanstalt entfernt und es sei schließlich die Regel, dass Gefangene von ihren Eltern besucht würden. Er braucht dies aber - wie ausgeführt - nicht zu entscheiden.
10
Ebenso braucht er sich nicht zu der vom 3. Strafsenat aufgeworfenen Frage zu äußern, ob überhaupt an der Rechtsprechung festzuhalten sei, dass einem Antrag, mit dem zum Nachweis einer bestimmten Beweistatsache ein konkretes Beweismittel bezeichnet wird, dennoch die Eigenschaft eines Beweisantrags fehlt, wenn es sich bei der Beweistatsache um eine ohne jede tatsächliche und argumentative Grundlage aufs Geratewohl aufgestellte Behauptung handelt (BGH, Beschluss vom 19. September 2007 - 3 StR 354/07, StV 2008, 9; BGH, Beschluss vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10).
11
bb) Ein Beweisantrag i.S.d. § 244 StPO setzt als erstes Erfordernis die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache voraus. Zweitens ist ein bestimmtes Beweismittel zu benennen, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann je nach der Fallgestaltung eine dritte hinzutreten, die sog. Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung. Darunter ist im Falle des Zeugenbeweises zu verstehen, dass der Antrag erkennen lassen muss, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll (BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09), etwa weil er am Tatort war, in der Nachbarschaft wohnt, eine Akte gelesen hat usw. (BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f. mwN).
12
Dieser Zusammenhang zwischen Beweistatsache und Beweismittel wird sich in vielen Fällen von selbst verstehen. Es sind aber auch Konstellationen denkbar, in denen - vergleichbar gerade den in der Rechtsprechung unter den Begriffen der aufs Geratewohl aufgestellten, aus der Luft gegriffenen Behauptung abgehandelten Fällen - zwar konkrete und bestimmte Behauptungen aufgestellt werden, denen eigene Wahrnehmungen eines Zeugen zugrundeliegen sollen, der Antrag jedoch nicht erkennen lässt, weshalb der Zeuge seine Wahr- nehmung hat machen können. Verhält es sich so, bedarf es der näheren Darlegung des erforderlichen Zusammenhangs, der Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel (BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 330).
13
Ebenso wie die Beweistatsache - auch wenn sie ggf. vom Antragsteller lediglich als möglicherweise geschehen erachtet werden darf (BGH, Beschluss vom 10. November 1992 - 5 StR 474/92, NStZ 1993, 143; BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 3 StR 482/01, NStZ 2002, 383; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 3 StR 201/05, NStZ 2006, 585, 586; BGH, Beschluss vom 4. April 2006 - 4 StR 30/06, NStZ 2006, 405) - und das Beweismittel bestimmt bezeichnet werden müssen, hat der Antragsteller auch die Tatsachen bestimmt zu behaupten , aus denen sich die Konnexität ergibt. Denn es muss dem Tatgericht plausibel gemacht werden, dass der benannte Zeuge in der Lage gewesen ist, die Beweistatsache wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284, 287). In der Antragsbegründung ist daher insoweit ein nachvollziehbarer Grund anzugeben (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 3 StR 201/05, NStZ 2006, 585, 586), zumal dann, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, weshalb der Zeuge S. gegenüber seiner Mutter das Gegenteil dessen gesagt haben soll, was er zuvor in seinem ebenfalls an diese gerichteten Brief bekundet hatte (zur vergleichbaren Konstellation bei einer Aufklärungsrüge BGH, Beschluss vom 3. Juli 2007 - 1 StR 168/06, NStZ 2007, 165).
14
Diesem Erfordernis wird der vorliegend gestellte Antrag nicht gerecht. Denn er bezeichnet - worauf schon der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat - die Wahrnehmungssituation nicht bestimmt genug. Vielmehr lässt bereits der Antrag in seiner Gesamtheit erkennen, dass ihm lediglich die Vermutung zugrunde liegt, es habe ein - im Übrigen vor allem zeitlich nicht näher spezifiziertes - Gespräch mit dem behaupteten Inhalt gegeben. Der infolge dessen seitens des Gerichts mit dem Antragsteller aus Gründen der Fairness (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - 5 StR 38/08, BGHSt 52, 284, 288) und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 2 BvR 2580/08, NStZ 2010, 155) gesuchte Dialog hat dann dementsprechend eindeutig bestätigt, der „Hilfsbeweisantrag beruhe … allein auf einer Vermutung“.
15
c) Angesichts der gesamten Sach- und Beweislage brauchte sich das Landgericht auch nicht zu der in Rede stehenden weiteren Aufklärung gemäß § 244 Abs. 2 StPO gedrängt zu sehen.
VRiBGH Nack ist wegen Wahl Graf Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Wahl Jäger Sander

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Verfahrensmangel gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wegen Ablehnung der ersten fünf von insgesamt sechs in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisanträge nicht hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) und auch nicht vorliegt.

1. Die Darlegung eines Verfahrensfehlers erfordert die konkrete Bezeichnung des Mangels in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 74; Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth, VwGO, 6. Auflage 2014, § 124 Rn. 60). Ob das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft vorgegangen ist, muss stets aus dem Blickwinkel seines materiellrechtlichen Standpunktes beurteilt werden (Happ a.a.O. § 124 Rn. 48; Stuhlfauth a.a.O.). Dabei bedeutet „darlegen“ schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – juris Rn. 3 m.w.N.).

Hat das Gericht einen Beweisantrag durch Beschluss abgelehnt, so ist es nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG insbesondere erforderlich, dass der Kläger unter Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erläutert, dass der Beweisantrag sich auf eine für die Entscheidung erhebliche Tatsache bezogen hat und warum die vom Verwaltungsgericht für die Ablehnung angeführten Gründe im formellen oder materiellen Recht keine Stütze finden (OVG Berlin-Bbg, B.v. 27.2.2015 – OVG 10 N 14.13 – NVwZ 2015, 758 = juris Rn. 12; Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 664). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Mit der Begründung des Berufungszulassungsantrags wird lediglich geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe fünf in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge mit unzureichender Begründung abgelehnt. Eine Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründungen findet nicht statt. Dies reicht für die Darlegung eines Verfahrensmangels nicht aus.

2. Das Verwaltungsgericht hat durch die Ablehnung der Beweisanträge den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach § 138 Nr. 3 VwGO auch nicht verletzt. Die Ablehnung von Beweisanträgen i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn.10 m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist aber nur versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.; vgl. BayVGH, B.v. 4.11.2016 – 9 ZB 16.30468 – juris Rn. 4).

Das bezeichnete Beweismittel muss dabei geeignet sein, für den entsprechenden Umstand Beweis zu erbringen (Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 27). Bei einem Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen oder eines sachverständigen Zeugen muss in nachvollziehbarer Weise dargelegt werden, weshalb die betreffende Person Kenntnis von der in ihr Wissen gestellten Tatsache haben kann und welche rechtlich erheblichen Bekundungen über ihre konkreten Wahrnehmungen zu erwarten sind (vgl. BVerwG, B.v. 27.3.2000 – 9 B 518.99 – InfAuslR 2000, 412 = juris Rn. 11).

3. Die Ablehnung der Zeugeneinvernahme der in der Ukraine ansässigen Personen (Beweisanträge 1 bis 4) war zulässig, da diese völlig ungeeignet i.S.d. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO sind (vgl. BVerwG, B.v. 9.5.1983 – 9 B 10466.81 – DVBl 1983, 1001). Zwar ist die Ukraine dem Haager Beweisaufnahmeübereinkommen vom 18. März 1970 (HBÜ – BGBl 2002 II S. 1161) beigetreten. Allerdings hat sie einer Beweisaufnahme durch Beauftragte nach Art. 17 HBÜ widersprochen und die deutsche Auslandsvertretung in Kiew kann daher nur Personen vernehmen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (vgl. Rechtshilfeordnung für Zivilsachen [ZRHO] – Länderteil Ukraine, abrufbar unter www.bundesjustizamt.de). Selbst wenn eine entsprechende Anwendung dieses Rechtshilfeabkommens für Asylstreitsachen möglich wäre, müsste die Beweisaufnahme durch Behörden oder Gerichte der Ukraine stattfinden. Damit scheidet die Vernehmung der als Zeugen benannten, in der Ukraine lebenden Personen aus, da sie zur Wahrheitsfindung untauglich sind. Der Kläger hat vor dem Bundesamt schlüssig vorgetragen, dass eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wegen seiner Religionszugehörigkeit in der Ukraine möglich erscheint, gegen die der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG). Es kann damit nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Staat, der die Vernehmung durchführen müsste, um einen Staat handelt, der eine Verfolgung duldet. Den in dieser Weise gewonnenen Aussagen würde daher zwangsläufig ein so hohes Maß nicht klärbarer Zweifel an ihrer Glaubhaftigkeit innewohnen, dass sie als Beweismittel schlechthin unverwertbar wären (vgl. BVerwG a.a.O. juris Rn. 6 f.).

4. Die Ablehnung der Beweisanträge Nummer 1, 2 und 5 mit der Begründung, die unter Beweis gestellten Tatsachen könnten als wahr unterstellt werden, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die Wahrunterstellung ist im Verwaltungsprozess nur eingeschränkt möglich (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 42). Es darf sich dabei nicht um entscheidungserhebliche Tatsachen handeln, da nach § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 VwGO die volle richterliche Überzeugung hinsichtlich der für die Entscheidung rechtserheblichen Tatsachen erforderlich ist (BVerwG, U.v. 23.3.2000 – 5 C 25.99 – DVBl 2000, 1533 = juris Rn. 18; U.v. 17.1.1990 – 9 C 39.89 InfAuslR 1990, 128 = juris Rn. 12).

Hinsichtlich des Beweisthemas im ersten Beweisantrag sind sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) als auch das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger und seine Ehefrau der Religionsgemeinschaft der Zeugen J. angehören. Ob der Kläger darüber hinaus noch als ausgebildeter und offiziell eingesetzter Geistlicher tätig war, war nicht entscheidungserheblich, denn der Kläger hatte weder bei der Anhörung beim Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, aufgrund dieser Tätigkeiten Verfolgung erlitten zu haben. Er hat stets ausgeführt, er habe Probleme wegen seiner – unstreitigen – Religionszugehörigkeit zu den Zeugen J. ohne konkrete, gegen ihn selbst gerichtete Vorfälle zu berichten. Eine weitere Aufklärung seiner tatsächlichen Tätigkeiten war daher nicht veranlasst.

Hinsichtlich der Angriffe gegenüber der Ehefrau des Klägers bei ihren Missionierungsversuchen, die Gegenstand des zweiten Beweisantrags waren, ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass eine Missionierungstätigkeit von der Religionsausübungsfreiheit nicht umfasst ist und durch eine Beschränkung der Religionsausübung im Kreis der Mitglieder der Religionsgemeinschaft diesbezügliche Konflikte vermieden werden können. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts war daher eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich dieser Vorfälle nicht entscheidungserheblich.

Auch die Frage im fünften Beweisantrag, ob die vom Bundesamt zugezogene Dolmetscherin allgemein beeidigt gewesen ist, war nicht relevant. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, aus der Bundesamtsakte ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich bei seiner Anhörung mit der Dolmetscherin nicht verständigen konnte. Darüber hinaus habe er auch mit seiner Unterschrift bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll mit seinen Angaben übereinstimme. Es entbehrt daher jeder Grundlage, dass es Verständigungsschwierigkeiten gegeben haben könnte, weil die Dolmetscherin ggf. nicht allgemein beeidigt war. Darüber hinaus ergibt sich aus § 17 Abs. 1 AsylG auch nicht, dass bei der Anhörung vor dem Bundesamt nur allgemein beeidigte Dolmetscher hinzugezogen werden dürften. Danach dürfen Dolmetscher, Übersetzer oder sonstige Sprachmittler hinzugezogen werden und eine formale Qualifikation des Sprachmittlers ist nicht erforderlich (Sieweke in BeckOK AuslR, Kluth/Heusch, Stand 1.8.2017, § 17 AsylG Rn. 6). Im Übrigen bleibt es jedem Asylbewerber unbenommen, gemäß § 17 Abs. 2 AsylG auf eigene Kosten einen geeigneten Sprachmittler seiner Wahl hinzuzuziehen.

5. Auch die Ablehnung der Beweisanträge im Übrigen findet eine Stütze im Gesetz.

Die Ablehnung der Einvernahme des Klägers als Zeuge zum zweiten Beweisantrag als ungeeignet, weil er nach seinen eigenen Angaben bei den Vorfällen nicht zugegen war, lässt keine Rechtsfehler erkennen.

Die Ablehnung des dritten und vierten Beweisantrags als unsubstantiiert und eines Zeugenbeweises nicht zugänglich, da die Fragen, ob der Kläger von Separatisten verfolgt werde und ob die ihm und seiner Ehefrau in der Ukraine gewährte medizinische Behandlung ausreichend gewesen sei, eines Tatsachenbeweises nicht zugänglich seien, da es sich um rechtliche Bewertungen handele, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Ablehnung des fünften Beweisantrags als unsubstantiiert lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen. Aus den beigezogenen Behördenakten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich mit der Dolmetscherin nicht verständigen konnte. Er führte bei seiner Anhörung beim Bundesamt auf Nachfrage aus, dass seine Asylgründe und die Asylgründe seiner Frau alle angesprochen worden seien, es diesbezüglich nichts hinzuzufügen gebe und er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern. Der Kläger hat auch weder in seiner Klageschrift, in der Begründung des fünften Beweisantrags noch in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung ausgeführt, welcher Art die Verständigungsschwierigkeiten gewesen sein sollen und was ggf. falsch übersetzt worden sein soll. Dies wäre aber für einen hinreichend substantiierten Beweisantrag erforderlich gewesen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

7. Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

Gründe

1

Die Beschwerde, mit der der Kläger Verfahrensmängel des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.

2

Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung die Vernehmung eines instruierten Vertreters des Auswärtigen Amtes zu der Tatsache beantragt, dass es aufgrund des gerichtlichen Schreibens vom 16. Januar 2008 weitere Ermittlungen durch den Vertrauensanwalt der (deutschen) Botschaft in der Türkei gegeben habe, dass insbesondere die Ehefrau des Dorfvorstehers F.C., der Sohn von S.B., M.B., S.B., sowie der Vater des Klägers, R.C. von dem Vertrauensanwalt angerufen worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beweisantrag als unbehelflich abgelehnt und den Beschluss weiter damit begründet, dass zum einen die unter Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungsrelevant sei. Ob der Vertrauensanwalt nach der ersten Auskunft des Auswärtigen Amtes (vom 4. Dezember 2007) nochmals vor Ort Recherchen angestellt habe, sei für die Erkenntnislage insoweit ohne Bedeutung, als ersichtlich keine weiterführenden Informationen hätten ermittelt werden können. Im Übrigen stehe eine derartige weitergehende Anfrage nicht im Widerspruch zum Wortlaut der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. April 2008. Zum anderen stellten amtliche Auskünfte des Auswärtigen Amtes in Asylsachen selbstständige Beweismittel dar, die ohne förmliches Beweisverfahren im Wege des Freibeweises verwertet werden könnten, ohne dass die Beteiligten einen Anspruch darauf hätten, dass die zugrunde liegenden Informationsquellen genannt würden oder der Verfasser der Auskunft zur mündlichen Erläuterung geladen werde.

3

Die Beschwerde macht dazu im Wesentlichen geltend, das rechtliche Gehör werde durch die Ablehnung des Beweisantrags verletzt. Die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs finde im Prozessrecht keine Stütze, da das Berufungsgericht die Beweiswürdigung in unzulässiger Weise vorweggenommen habe. Stelle sich nämlich die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache heraus, lägen entsprechende weitere, vom Auswärtigen Amt nicht mitgeteilte Informationen vor. Darüber hinaus ergäben sich in diesem Fall erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit von dessen Auskünften. Im Übrigen seien Tatsachengerichte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann zur näheren Prüfung der Auskünfte des Auswärtigen Amtes verpflichtet, wenn durch bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar seien. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keinen Verfahrensmangel des Berufungsgerichts auf.

4

Auskünfte des Auswärtigen Amtes in Asylsachen stellen, auch wenn ihr Inhalt in einer gutachtlichen Äußerung besteht, zulässige selbstständige Beweismittel dar, die ohne förmliches Beweisverfahren verwertet werden können. Dadurch soll es ermöglicht werden, das besondere Fachwissen einer Behörde in das Verfahren einzuführen, ohne dass das Gericht gezwungen wäre, den Verfasser der Auskunft oder weitere bei der Erstellung beitragende Bedienstete zu vernehmen. Aus dieser Besonderheit der Beweiserhebung durch Einholung einer amtlichen Auskunft ergibt sich, dass die Beteiligten - anders als im förmlichen Verfahren einer Beweiserhebung durch Sachverständige - nicht nach § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO verlangen können, dass das Gericht das Erscheinen ihres Verfassers zwecks mündlicher Erläuterung der Auskunft anordnet, weil dadurch die amtliche Auskunft ihre Eigenschaft als selbstständiges schriftliches Beweismittel verlieren und ein Wechsel vom Freibeweis in den formalisierten Sachverständigenbeweis eintreten würde. Vielmehr kann unter Heranziehung des in §§ 402, 397 und § 411 Abs. 3 ZPO enthaltenen Rechtsgedankens nur eine Verpflichtung des Gerichts in Betracht kommen, auf schriftlichem Wege erneut an das Auswärtige Amt heranzutreten, wenn eine Erläuterung des Gutachtens durch einen Verfahrensbeteiligten verlangt wird (Urteil vom 22. Januar 1985 - BVerwG 9 C 52.83 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 5 = NVwZ 1986, 35).

5

Demzufolge war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, einen instruierten Vertreter des Auswärtigen Amtes zu laden und ihn zu der unter Beweis gestellten Tatsache einzuvernehmen. In dem hier vorliegenden Fall war es auch nicht gehalten, der Behauptung des Klägers durch eine weitere Anfrage beim Auswärtigen Amt nachzugehen. Denn das Verwaltungsgericht hatte bereits eine Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 4. Dezember 2007 u.a. zu der Frage der politischen Betätigung des Klägers, anhängigen Ermittlungsverfahren sowie Fahndungsersuchen eingeholt. Diese hatte es aufgrund von Einwänden des Klägers durch eine ergänzende Stellungnahme vom 3. April 2008 seitens des Auswärtigen Amtes erläutern lassen. Zu einer nochmaligen Nachfrage bestand mangels hinreichend substanziiert vorgetragener Eignung der nunmehr aufgestellten Behauptung zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, nämlich einer Gefährdung des Klägers bei Rückkehr in die Türkei, kein Anlass. Weder bei Stellung des Beweisantrags noch mit der Beschwerde wurde ausreichend substanziiert, aus welchen Gründen die unter Beweis gestellte Tatsache, der Vertrauensanwalt der deutschen Botschaft in der Türkei habe aufgrund des gerichtlichen Schreibens vom 16. Januar 2008 weiter durch Anrufe der von der Klägerseite benannten Personen ermittelt, zur Klärung des für die Verfolgungsprognose relevanten Sachverhaltskerns bedeutsam ist. Das Vorbringen des Klägers dazu ist spekulativ. Auch die von ihm vorgelegte schriftliche Stellungnahme des Dorfvorstehers vom 7. Januar 2008 begründet keine Zweifel am Beweiswert der eingeholten Auskunft, da das Auswärtige Amt darin unter Nr. 6 nur über die mangelnde Erinnerung des Dorfvorstehers an Hausdurchsuchungen beim Kläger zu dem genannten Zeitpunkt berichtet.

6

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1993 geborene Kläger ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 23. Juli 2014 mit einem griechischen Schengen-Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 17. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag und legte dabei die Kopie eines Schriftstücks vor, das er als Einberufungsbescheid ansieht.

Zur Begründung seines Asylantrags trug der Kläger vor, er habe vom Frühjahr 2012 bis Frühjahr 2013 Wehrdienst geleistet und sei dabei als Fahrer für das höherrangige Militär eingesetzt gewesen. Am 26. Mai 2014 sei in seinem Dorf eine Liste ausgehängt worden, auf der gestanden habe, dass er nach Donezk einberufen werden solle. Seine Mutter habe eine Kopie der Ladung organisiert, worin stehe, dass er sich am 26. August 2014 beim Militärkommissariat in Kizman melden müsse. Das Original befinde sich noch beim Kommissariat, da die Ladung nur gegen Unterschrift ausgehändigt werde. Mit der Unterschrift verpflichte man sich, Wehrdienst zu leisten. Er habe kein Original der Ladung bekommen, da er die Unterschrift nicht geleistet habe.

Das Bundesamt lehnte den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung mit Bescheid vom 1. Dezember 2015 als offensichtlich unbegründet ab. Den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes lehnte es ebenfalls ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen. Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, sonst werde er in die Ukraine abgeschoben. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Der Kläger sei offensichtlich kein Flüchtling und auch nicht asylberechtigt, da eine mögliche Bestrafung wegen der Entziehung vom Militärdienst nicht an ein flüchtlingsschutzrelevantes Merkmal gemäß § 3 AsylG anknüpfe. Es könne ihm auch kein subsidiärer Schutz gewährt werden. Zwar werde eine Mobilisierungsentziehung in der Ukraine nach Art. 336 des ukrainischen Strafgesetzbuchs (UStGB) mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. Eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen der Verweigerung des Militärdienstes gem. § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG gelte jedoch nur dann als Verfolgung, wenn der Kläger im Rahmen des Militärdienstes gezwungen wäre, Verbrechen oder Handlungen zu begehen, die als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit gelten würden. Das sei aber nicht ersichtlich. Ebenso lägen keine Abschiebungsverbote vor.

Im Klageverfahren legte der Kläger die Kopie einer weiteren Ladung des Militärkommissariats Kizman vor, nach der er am 8. Februar 2016 zur Präzisierung von Registrierdaten und zur medizinischen Untersuchung erscheinen solle. Er trug vor, er habe das Original nicht erhalten, da er nicht anwesend gewesen sei. Vielmehr hätte seine Mutter eine Kopie bekommen und ihm diese dann geschickt.

Mit Urteil vom 7. November 2016, zugestellt am 12. Januar 2017, hat das Verwaltungsgericht Würzburg die Klage abgewiesen. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in die Ukraine eine Haftstrafe wegen Wehrdienstentziehung drohe und er dort unmenschlichen Haftbedingungen im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt sein werde. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 15. Februar 2016 (11 ZB 16.30012 – juris Rn. 20) und des Artikels von Connection e.V. vom 22. April 2015 (www.c...de/a...) ergebe sich, dass überwiegend Bewährungsstrafen verhängt würden.

Mit seiner vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, er beabsichtige, den Militärdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, dies sei in der Ukraine aber nicht möglich. Zudem müsse er im Rahmen des Militäreinsatzes an Kriegsverbrechen teilnehmen. Darüber hinaus drohe ihm eine unmenschliche Bestrafung, da er sich der Mobilisierung entzogen habe.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. November 2016 sowie den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 1. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen oder festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Ukraine vorliegen.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.

Die Erkenntnismittelliste „Ukraine“ (Stand: 7.7.2017) wurde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Über die Berufung konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2017 entschieden werden, da die Beklagte unter Hinweis darauf, dass auch beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, ordnungsgemäß geladen worden ist.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. November 2016 ist rechtmäßig, denn der Kläger hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (I.) noch auf Feststellung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz (II.) oder nationalen Abschiebungsverboten (III.).

I.

Nach § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 2. September 2008 (AsylG, BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl I S. 2780), ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

1. Als Verfolgung in diesem Sinne kann nach § 3a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 AsylG eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG kann dabei auch in einer unverhältnismäßigen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung bestehen (vgl. EuGH, U.v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 56; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 1. Aufl. 2009, § 9 Rn. 178). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Staat ein legitimes Recht hat, eine Streitkraft zu unterhalten, seine Staatsangehörigen zum Wehrdienst in dieser Streitkraft heranzuziehen und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, angemessen zu bestrafen. Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung kann regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK, BGBl 1952 II S.685), zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004, verletzt wird (vgl. EGMR, U.v. 7.7.2011 – 23459/03 – BeckRS 2012 80059 Rn 112 ff.). Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (Marx a.a.O. Rn. 192; EGMR a.a.O. Rn. 111).

Die Furcht vor Verfolgung ist nur dann begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 – juris Rn. 8). Die Gefahr kann nicht bereits dann verneint werden, wenn gegenwärtig oder unmittelbar bevorstehend keine politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten sind, sondern erst dann, wenn bei einer auf absehbare Zeit ausgerichteten Zukunftsprognose nicht ernstlich mit asylrechtlich erheblichen Maßnahmen gerechnet werden muss (BVerwG, U.v. 18.10.1983 – 9 C 158.80 – BVerwGE 68, 106 = juris Rn. 14). Wurde der Betroffene bereits verfolgt oder hat er einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten bzw. war er von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht, so ist dies nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (RL 2011/95/EU – Qualifikationsrichtlinie, ABl Nr. L 337 S. 9) ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden.

Gemessen an diesen Vorgaben droht dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung.

Den aktuellen Erkenntnismitteln ist zu entnehmen, dass keine neue Mobilisierungswelle geplant ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 7.2.2017, Stand: Januar 2017 – Lagebericht 2017 – Nr. II.1.6, S. 9), sondern dass verstärkt Berufssoldaten in die Armee aufgenommen werden (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Fact Finding Mission Report Ukraine, May 2017 – BFA-Report – Chapter 3.1.2, S. 24 f. und Chapter 3.1.3.3, S. 31). Für den Kläger als Reservist besteht daher bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland auf absehbare Zeit keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er eingezogen wird.

Der Kläger hat darüber hinaus auch keine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Militärdienst glaubhaft gemacht. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat er geäußert, er habe zwar Wehrdienst geleistet, er sei aber für den Krieg nicht bereit und könne weder schießen noch wolle er erschossen werden. Vor dem Verwaltungsgericht hat er ausgeführt, er sei das einzige Kind in seiner Familie und habe bereits Wehrdienst geleistet. Er habe damals nur ein einziges Mal eine Waffe in der Hand gehalten und habe Angst, getötet zu werden. Erstmals mit seiner Berufungsbegründung hat er ausgeführt, seiner Militärdienstentziehung liege eine echte Gewissensentscheidung zugrunde. Weitere Ausführungen hat er dazu nicht gemacht. Diesem pauschalen Vortrag ist keine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung zu entnehmen.

2. Nach § 3a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 AsylG kann auch eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, als Verfolgung gelten. Dabei umfasst der Schutz auch solche Personen, bei denen es bei vernünftiger Betrachtung plausibel erscheint, dass sie sich bei der Ausübung ihrer Funktionen in den Streitkräften in hinreichend unmittelbarer Weise an solchen Handlungen beteiligen müssen (vgl. EuGH, U.v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 38). Die Prüfung kann sich dabei nur darauf stützen, ob ausreichende Indizien vorliegen, die geeignet sind, in Anbetracht aller relevanten Umstände zu belegen, dass die bei diesem Dienst bestehende Situation die Begehung solcher Handlungen plausibel erscheinen lässt (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 40). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob in der Rechtsordnung des betreffenden Staates Rechtsvorschriften enthalten sind, die Kriegsverbrechen unter Strafe stellen und Gerichte existieren, die ihre tatsächliche Ahndung sicherstellen (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 42). Es obliegt dem Betreffenden, mit hinreichender Plausibilität darzulegen, dass die Streitkräfte, zu denen er ggf. herangezogen werden soll, Einsätze durchführen oder in der Vergangenheit durchgeführt haben, bei denen Handlungen unter Verletzung des Völkerrechts mit hoher Wahrscheinlichkeit begangen werden oder wurden (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 43).

Abgesehen davon, dass keine neue Mobilisierungswelle geplant ist (s.o. Nr. 1) und eine Einberufung des Klägers daher nicht hinreichend wahrscheinlich ist, würde dem Kläger bei einer Verweigerung des Militärdienstes auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Strafverfolgung oder Bestrafung gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG drohen. Den in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnismitteln kann nicht entnommen werden, dass der Dienst im staatlichen ukrainischen Militär hinreichend plausibel und mit hoher Wahrscheinlichkeit völkerrechtswidrige Handlungen umfassen würde. Soweit der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auf einen Bericht von Connection e.V. vom 19. März 2015 verwiesen hat, können diesem Bericht keine Ausführungen zu den Umständen bei Ableistung des Militärdienstes entnommen werden. Der vom Kläger ebenfalls genannte Bericht von Amnesty International vom Mai 2015 mit dem Titel „Breaking Bodies: Torture and summary killings in eastern Ukraine“ (Amnesty-Bericht Mai 2015) bezieht sich auf den Zeitraum Juli 2014 bis April 2015. Er schildert die Situation nach Ausbruch des Konflikts im März 2014, wo es auch nach anderen Auskunftsmitteln, insbesondere in den von Separatisten kontrollierten Gebieten und auch in den nicht von den ukrainischen Streitkräften selbst, sondern von sogenannten „Freiwilligen-Bataillonen“ kontrollierten Gebieten zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen ist (vgl. Lagebericht 2017, Nr. II.4, S. 12). Zwar wird auch weiterhin von Übergriffen der Streitkräfte berichtet (vgl. Office of the United Nations High Commissioner for Human rights, Report on the human rights situation in Ukraine 16 August to 15 November 2016 – OHCHR-Report November 2016, Chapter II.A und II.D.1). Es kam jedoch zu einer Deeskalation (vgl. OHCHR-Report November 2016, Chapter II.A, S. 8 Rn. 17) und teilweise findet auch eine Strafverfolgung bei Übergriffen statt (vgl. OHCHR-Report November 2016, Chapter I, S. 7 Rn. 11). Unabhängig davon, ob die im Amnesty-Bericht Mai 2015 beschriebenen Probleme tatsächlich Verbrechen oder Handlungen der Streitkräfte umfassten, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG gefallen wären, hat sich die Situation durch das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk verbessert. Zwar gibt es weiterhin Verstöße gegen das Waffenstillstandsabkommen und ggf. gelegentliche Übergriffe der Streitkräfte. Aktuelle Erkenntnisse, nach denen im ukrainischen Militärdienst mit hoher Wahrscheinlichkeit völkerrechtswidrige Handlungen begangen werden, hat der Kläger aber nicht genannt und sind nicht ersichtlich.

3. Eine Gesamtbetrachtung aller Umstände ergibt damit, dass eine Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht und damit kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gegeben ist. Eine Einberufung des Klägers ist derzeit ohnehin nicht zu erwarten und er hat weder eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung aufgezeigt noch mit hinreichender Plausibilität dargelegt, dass in den Streitkräften eine Verletzung des Völkerrechts mit hoher Wahrscheinlichkeit drohe.

II.

Es liegen auch keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG vor. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Voraussetzung ist, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den geschützten Rechtsgütern droht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 20). Die Beweiserleichterungen des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU finden nach Art. 18 RL 2011/95/EU ebenfalls Anwendung. Nach Überzeugung des Gerichts droht dem Kläger in der Ukraine keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.

1. Dem Kläger droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Bestrafung, denn eine strafbare Mobilisierungsentziehung liegt nach Überzeugung des Senats nicht vor. Es kann dabei offen bleiben, ob die vom Kläger vorgelegten Kopien von echten Schreiben des Militärkommissariats Kizman angefertigt worden sind, denn die Schreiben sind dem Kläger nicht persönlich zugestellt worden und es handelt sich dabei auch nicht um Einberufungsbefehle. Sie können daher keine negativen Folgen für den Kläger haben.

Nach der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 24. Mai 2017 an das Bundesamt (Gz. 508-516.80/49347) dürfen Einberufungsbefehle dem Betroffenen nur persönlich mit Empfangsbestätigung übergeben werden. Die Aushändigung an Dritte kann keine rechtlichen Konsequenzen für den Betroffenen nach sich ziehen. Unstreitig sind die beiden an den Kläger gerichteten Schreiben des Militärkommissariats Kizman nicht ihm persönlich ausgehändigt worden, da er sich nach eigenen Angaben zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht in der Ukraine, sondern in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Der Kläger hat vor dem Bundesamt selbst angegeben, das Original des ersten Schreibens liege noch beim Militärkommissariat, da er es nicht angenommen habe. Vor dem Verwaltungsgericht hat er ausgeführt, er habe auch kein Original des zweiten Schreibens erhalten, da er keine Unterschrift geleistet habe. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, die Schreiben seien von seiner Großmutter entgegengenommen und die Empfangsbestätigungen von ihr unterzeichnet worden, stellt dies ebenfalls keine persönliche Zustellung dar. Darüber hinaus erscheint dieser Vortrag auch nicht glaubhaft, da weder ersichtlich ist, aus welchen Gründen seine Großmutter die Schreiben entgegengenommen haben sollte, während der Kläger sich im Ausland befunden hat, noch weshalb er sowohl beim Bundesamt als auch vor dem Verwaltungsgericht bisher stets vorgetragen hat, er habe die Schreiben nicht im Original erhalten, sondern seine Mutter habe Kopien besorgt und ihm geschickt.

Darüber hinaus gibt es nach der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 24. Mai 2017 für den Wehrdienst in der Ukraine drei unterschiedliche Benachrichtigungen/Einberufungsbefehle. Zuerst erfolgt eine Benachrichtigung, zu einem bestimmten Zeitpunkt zwecks Abgleich der persönlichen Daten beim Kreiswehrersatzamt zu erscheinen. Dann erfolgt eine Einladung zu einer medizinischen Untersuchung. Erst danach wird der tatsächliche Einberufungsbefehl zugestellt, mit der Vorgabe, wann und wo der betreffende ukrainische Staatsbürger zu erscheinen hat und welche persönlichen Gegenstände mitzuführen sind. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem ersten Schreiben nur um eine Aufforderung, zum Datenabgleich zu erscheinen. Das zweite Schreiben enthält auch eine Einladung zu einer medizinischen Untersuchung. Eine Einberufung zum Militärdienst ist aber von beiden Schreiben nicht umfasst.

2. Auch wenn gleichwohl bei seiner Rückkehr ein Strafverfahren gegen den Kläger eingeleitet werden würde, so wie er befürchtet, weil er die Aufforderungen zur Registrierung und medizinischen Untersuchung nicht beachtet hat, wäre nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Verurteilung zu rechnen.

Nach Art. 337 des Ukrainischen Strafgesetzbuchs (UStGB) kommen für die Vermeidung der militärischen Registrierung nur Geldstrafe, Arbeitsstunden oder Freiheitsstrafe für bis zu sechs Monate in Betracht (Lagebericht 2017, Nr. II.1.6, S. 10). Dem Kläger ist aber keines der beiden Schreiben persönlich zugestellt worden und es können daraus keine Rechtswirkungen folgen. Ein gleichwohl angestrengtes Strafverfahren müsste mangels Nachweises einer Straftat eingestellt werden.

Im Übrigen haben nach der Auskunftslage im März/April 2014 z.B. 70 Prozent der Reservisten in Kiew die Ladungen ignoriert und sind nicht bei den Rekrutierungsbüros erschienen (BFA-Report, Chapter 3.3.3.1, S. 35 ff.). Um 1.000 Männer zu mobilisieren, seien bis zu 40.000 Ladungen notwendig gewesen (BFA-Report a.a.O. S. 37). Angesichts dieser Zahlen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass fast ein Jahr nach der Demobilisierung aller tatsächlich eingezogenen Soldaten im Oktober 2016 (Lagebericht 2017, Nr. II.1.6, S. 9) nunmehr ein großer Teil der männlichen Bevölkerung mit Strafverfahren überzogen wird, weil sie die Ladungsschreiben nicht entgegen genommen haben. Den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lässt sich nicht entnehmen, dass eine solche Vorgehensweise der Strafverfolgungsbehörden bisher erfolgt oder noch zu erwarten ist, sondern es wird berichtet, es seien zahlreiche Strafverfahren gegen solche Personen eingeleitet worden, die vom Militärdienst desertiert sind oder sich der Einberufung entzogen haben (vgl. Home Office, Country Policy and Information Note Ukraine: Militäry Service, Version 4.0 April 2017, Nr. 9.2.4 ff.). Der Kläger hat auch keine Erkenntnismittel genannt, die für die von ihm befürchtete Vorgehensweise der Strafverfolgungsbehörden sprechen würden, und selbst vorgetragen, dass ihm keinerlei weitere Schreiben, Nachfragen oder Nachforschungen der Militär-, Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden an der Adresse seiner Mutter bekannt seien, obwohl er telefonischen Kontakt mit ihr halte.

3. Selbst wenn sich der Kläger einer Mobilisierungsentziehung schuldig gemacht haben sollte – wovon der Senat nicht überzeugt ist –, wäre aber jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zu rechnen, in deren Vollzug eine menschenrechtswidrige Behandlung drohen würde.

Zwar kann nach Art. 336 UStGB eine Mobilisierungsentziehung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden (Lagebericht 2017, Nr. II.1.6, S. 10) und eine Strafverfolgung von Fahnenflüchtigen findet auch statt (vgl. BFA-Report, Chapter 3.3.3, S. 39). Auch Verurteilungen zu Freiheitsstrafen wegen Mobilisierungsentziehung werden berichtet, die in einzelnen Fällen auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden (vgl. BFA-Report a.a.O. S. 39 f.; UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine – Update III, September 2015, Nr. 34, S. 13; Anfrage des Bundesamt an das Auswärtige Amt vom 28.7.2016 [Gz. 9206-230; 7406-374/16; UKR-454]). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass in jedem konkreten Fall das Gericht die Schwere der Schuld des Betreffenden unter den aktuellen Gegebenheiten feststellt und bei Personen, die mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren, keine Freiheitsstrafen ohne Aussetzung zur Bewährung verhängt werden (vgl. BFA-Report a.a.O. S. 40). Angesichts der Umstände, dass der Kläger bei seiner Ausreise noch sehr jung war und immer noch ist, seine Ausreise zur Vermeidung des Militärdienstes nicht politisch motiviert war und er nicht vorbestraft ist, erscheint es dem Senat nicht hinreichend wahrscheinlich, dass er zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden würde.

Darüber hinaus erscheint es auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei der Vollstreckung einer kurzen Freiheitsstrafe eine menschenrechtswidrige Behandlung droht. Zwar sind trotz erheblicher Fortschritte in den Haftanstalten, da aufgrund einer Reform der Ukrainischen Strafprozessordnung die Zahl der Insassen stark rückläufig ist, schlecht bezahltes und unzureichend ausgebildetes Wachpersonal, überbelegte Großraumzellen, mangelhafte Ernährung, unzureichende medizinische Betreuung, unzulängliche hygienische Verhältnisse sowie unverhältnismäßig starke Beschränkungen von Kontakten zur Außenwelt weiterhin nicht völlig verschwunden (Lagebericht 2017, Nr. II.4, S. 14) und in einigen Untersuchungshaft- und psychiatrischen Einrichtungen herrschen weiterhin sehr schlechte Zustände (Lagebericht 2017 a.a.O.). Auch ist der Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 11. Februar 2016, Stand Januar 2016, noch davon ausgegangen, die Missstände in den Gefängnissen seien in der Regel anzutreffen. Die Änderung der Formulierung im Lagebericht 2017 legt jedoch eine spürbare Verbesserung zumindest in Haftanstalten zur Verbüßung kürzerer Freiheitsstrafen nahe. Die Bedingungen im Polizeigewahrsam sowie in Untersuchungshaft sind schlechter als in Gefängnissen mit niederer oder mittlerer Sicherheitsstufe (vgl. USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2016 Ukraine, USDOS Country Report, Section 1.c., S. 4) und stellen manchmal eine ernsthafte Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Gefangenen dar. Auch zu lebenslanger Haft Verurteilte erleiden oft erhebliche Rechtsverletzungen (USDOS Country Report a.a.O.). Das Auswärtige Amt hat auch seit 2013 in neun Fällen „Monitoring“ durch die Botschaft Kiew nach erfolgter Auslieferung veranlasst. Die Auslieferungen erfolgen jeweils nach Einzelfallprüfungen und Abgabe von Zusicherungen, u.a. hinsichtlich EMRK-konformer Behandlung und Unterbringung (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt vom 30.8.2016, Gz. 508-516.80/48541). Demgegenüber ist es aber für die Häftlinge und ihre Familienangehörigen möglich, beim Ombudsmann für Menschenrechte eine Beschwerde zu erheben und es finden auch unabhängige Kontrollen der Gefängnisse durch internationale und lokale Menschenrechtsorganisationen statt (USDOS Country Report a.a.O. S. 4 f.). Nach Auskunft des Foreign and Commonwealth Office soll jedes Gefängnis über eine medizinische Abteilung verfügen, in der medizinische Hilfe gewährleistet ist (vgl. Home Office, Country Policy and Information Note, Ukraine: Prison conditions, Version 2.0, April 2017, Chapter 7.1.4 und 7.2.3, S. 11 f.). Vom 21. bis 30. November 2016 hat das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe die Ukraine besucht und festgestellt, dass durch die Gefängnisreform die Auslastung der Haftanstalten stark zurückgegangen ist. Die Gesundheitsversorgung sowie die Personalausstattung seien weiterhin verbesserungsbedürftig. In den besuchten Haftanstalten seien aber keine aktuellen Misshandlungen der Gefangenen durch das Personal festgestellt worden und die Ausstattung sei überwiegend in Ordnung gewesen. In den besuchten Untersuchungsgefängnissen sei es jedoch zu Misshandlungen durch Mitgefangene gekommen. Hinsichtlich der zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefängnisinsassen komme es immer wieder zu inakzeptablen Maßnahmen (vgl. insgesamt Council of Europe, Report to the Ukrainian government on the visit to Ukraine carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 21 to 30 November 2016, Straßburg 19.6.2017).

Angesichts dieser Auskunftslage wäre nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass dem Kläger eine unmenschliche Behandlung in Haft drohen würde. Zum einen käme wohl nur eine kurze Haftstrafe in Betracht, die in einem Gefängnis mit niederer oder mittlerer Sicherheitsstufe verbüßt werden könnte. Solche Haftanstalten weisen – wie ausgeführt – einen besseren Standard auf. Dass der Kläger in Untersuchungshaft oder Polizeigewahrsam genommen werden oder eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen werden würde, in denen die Zustände weit schlechter sind, ist demgegenüber nicht zu erwarten. Zum anderen haben sich die Verhältnisse in den ukrainischen Gefängnissen in den von der Regierung kontrollierten Landesteilen durch die Reform der Prozessordnung und der Gefängnisreform verbessert und die Zahl menschenrechtswidriger Verstöße ist zurückgegangen.

4. Eine Gesamtbetrachtung ergibt daher, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG hat, da ihm nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden in seinem Herkunftsland droht. Nach Überzeugung des Senats hat er sich nicht strafbar gemacht. Selbst im Falle einer Verurteilung würde eine mögliche Haftstrafe wohl zur Bewährung ausgesetzt und bei der Verbüßung einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe würde auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche Behandlung in der Strafhaft drohen.

III.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

1. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl 1952 II S.685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Der sachliche Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist dabei weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über dieses nicht hinaus (BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8 = juris Rn. 25). Eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung droht dem Kläger aber nicht (s. II.).

2. Auch ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht ersichtlich. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei dem Kläger handelt es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen, jungen Mann. Seine Mutter und seine Großmutter leben in der Westukraine und es ist nicht ersichtlich, dass er nicht an seinen früheren Wohnort bei seiner Mutter zurückkehren und dort wieder eine Arbeit aufnehmen könnte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

V.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.